Urteil des FG Hessen vom 10.06.2008

FG Frankfurt: juristische person, nahestehende person, zuwendung unter lebenden, unentgeltliche zuwendung, kapitalgesellschaft, bereicherung, prüfer, einlage, gesellschaftsvermögen, werterhöhung

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Gericht:
Hessisches
Finanzgericht 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1995, 1996, 1997,
1998
Aktenzeichen:
1 K 4127/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 Nr 1 EStG 1991, § 7
Abs 1 Nr 1 EStG 1997, § 13
GmbHG, R 18 Abs 4 ErbStR
1998, § 1 Abs 1 Nr 2 ErbStG
1991
(Vorteilsgewährung an eine Kapitalgesellschaft stellt keine
freigebige Zuwendung an die dahinter stehenden
Personen dar)
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Vater der Klägerin, Herr Z, der Klägerin
durch Einräumung unangemessener Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen
der Y und Z GmbH & Co KG in … (nachstehend: YuZ) und der A … GmbH in …
(nachstehend A) in den Jahren 1995-1998 etwas freigebig zugewandt hat und
hierfür zu Recht Schenkungsteuer festgesetzt worden ist.
Gegenstand der YuZ war u.a. die Fertigung und der Vertrieb von … für … . An ihr
waren der Vater der Klägerin und … LY als Kommanditisten mit je 50 % beteiligt.
Alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Vater der Klägerin.
Die Klägerin war zuletzt einzige Gesellschafterin der A . Diese war ursprünglich in
1991 unter der Firma B GmbH als Vertriebsgesellschaft für die O
GmbH (nachstehend: O) und für die YuZ durch Übernahme des Stammkapitals
einer bereits bestehenden GmbH entstanden. Die Klägerin und die O hielten
zunächst je 50 % der Geschäftsanteile. Zu einer Vertriebstätigkeit der A ist es
aufgrund der Marktgegebenheiten nicht gekommen. Um die vorhandenen
Einrichtungen zu nutzen, hat die YuZ Verarbeitungsaufträge an die A vergeben.
Die A ist in der Folge ausschließlich für die YuZ tätig gewesen, und zwar in der
Weise, dass die YuZ der A bereits zugeschnittene … Teile gegen Rechnung
geliefert hat, die von der A nach Vorgaben der YuZ zu … verarbeitet und von der
YuZ gegen Rechnung zurückgeholt und vertrieben worden sind. Laut notariell
beurkundetem Gesellschafterbeschluss der A vom xx.xx.1994 sollte - was bereits
in 1992 in einer Gesellschafterversammlung bei Übersehen der Notwendigkeit
einer notariellen Beurkundung beschlossen worden sein soll - das alleinige
Gewinnbezugsrecht der Klägerin zustehen. Mit Vertrag vom xx.xx.1996 hat die
Klägerin alsdann die Anteile der O übernommen.
Bei einer von der Großbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts … bei der YuZ und
bei der A als verbundenem Unternehmen durchgeführten Betriebsprüfung (Bp)
gelangte der Prüfer aufgrund einer Funktionsanalyse zu der Feststellung, dass die
von der YuZ an die A, die aufgrund ihrer eingeschränkten Funktion und dem stark
eingeschränkten wirtschaftlichen Risiko lediglich als „verlängerte Werkbank“ der
YuZ anzusehen sei, gezahlten Verrechnungspreise unangemessen hoch gewesen
seien. Die A habe durch die Geschäftsbeziehung einen weit über 50 % liegenden
Reingewinnsatz erzielt, die YuZ hingegen nur einen solchen zwischen 3 und 5 %.
Der Prüfer reduzierte deshalb die gezahlten Preise unter Anwendung einer
Kostenaufschlagsmethode. Die Differenz zwischen den tatsächlichen und den als
angemessen angesehenen Verrechnungspreisen sah er unter Berücksichtigung
eines Sicherheitsabschlags von 50 % mit xxx.xxx DM (1995), xxx.xxx DM (1996),
xxx.xxx DM (1997) bzw. xxx.xxx DM (1998) - im Einvernehmen mit den Beteiligten -
als verdeckte Entnahme des Vaters der Klägerin bei der YuZ und als verdeckte
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als verdeckte Entnahme des Vaters der Klägerin bei der YuZ und als verdeckte
Einlage bei der A durch eine der Gesellschafterin (Klägerin) nahestehende Person
an.
Zu derselben Beurteilung gelangte der Prüfer hinsichtlich der von der YuZ in den
Jahren 1995-1998 an die A gezahlten Lizenzgebühren „E“ (xx.xxx DM, xx.xxx DM,
xx.xxx DM bzw. xx.xxx DM) und aufgrund von Kooperationsverträgen gezahlten
Marketinggebühren (xxx.xxx, xxx.xxx DM, xxx.xxx DM bzw. xxx.xxx DM):
Zwischen der A und E war 1992 ein Zusammenarbeits- und Lizenzvertrag
betreffend ein Verfahren zur Herstellung von … geschlossen worden. Die A hatte
mit Zustimmung von E die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag der YuZ u.a.
gegen Zahlung einer halbjährlichen Lizenzgebühr von 3 %, wie sie laut Vertrag von
der A vom Umsatz zu zahlen gewesen wäre, übertragen. Eine laufende
Lizenzgebühr ist aber tatsächlich nie an E gezahlt worden, laut E, weil eine solche
nicht vereinbart gewesen sei, laut A mit Zustimmung von E, weil dieser das
Verfahren auch noch anderweit vergeben gehabt habe. Nach Auffassung des
Prüfers hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer unter diesen
Umständen keine Zahlungen an die A geleistet, vorliegend umso mehr, als der
Vater der Klägerin als Verhandlungspartner des E über den Sachverhalt voll
informiert gewesen sei.
Zahlungen für Marketingleistungen erkannte der Prüfer nicht an, weil solche
Leistungen von der A mangels eigenen kaufmännischen Personals nicht hätten
erbracht werden können und nicht erbracht worden seien.
Hinsichtlich der schenkungsteuerrechtlichen Auswirkungen seiner Feststellungen
ging der Prüfer davon aus, dass die steuerbare Zuwendung in der Erhöhung der
Anteilswerte an der A zu sehen sei. Auf dieser Grundlage ermittelte der Prüfer
entsprechend H 18 Nr. 1 Amtliches Erbschaftsteuer-Handbuch 2003 eine
Bereicherung der Klägerin als Differenz des Wertes der GmbH-Anteile vor und nach
Einlage jeweils zum 31.12. in Höhe von xxx.xxx DM (1995), xxx.xxx DM (1996),
xxx.xxx DM (1997) und xxx.xxx DM (1998).
Nachdem der Beklagte die A zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung
aufgefordert und die Klägerin eine solche eingereicht hatte, hat der Beklagte auf
der Grundlage der Feststellungen des Prüfers gegen die Klägerin mit Bescheid
vom xx.10.2003 für Schenkungen zum 31.12.1995-31.12.1998 - jeweils unter
Berücksichtigung von Vorschenkungen - Schenkungsteuer in Höhe von xxx.xxx €
(xxx.xxx DM) festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid nebst
Anlagen Bezug genommen.
Mit dem Einspruch hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass bei ihr
durch die streitigen Vorgänge schon objektiv keine steuerlich quantifizierbare
Bereicherung eingetreten sei. So seien die Verrechnungspreise keineswegs
unangemessen hoch, sondern vielmehr marktgerecht gewesen. Der Kürzung der
Verrechnungspreise sei im Rahmen der Bp in der Schlussbesprechung lediglich im
Interesse einer Gesamtverständigung und weil sich dadurch ohnehin keine
negativen steuerlichen Auswirkungen ergeben hätten, zugestimmt worden.
Schenkungsteuerliche Aspekte seien nicht Gegenstand der Erörterung gewesen.
Da der Beklagte insoweit die objektive Beweislast trage, möge er die
Unangemessenheit nachweisen.
Darüber hinaus führe eine verdeckte Einlage als Folge der Kürzung der
Verrechnungspreise auch nicht zu einem einlagefähigen Wirtschaftsgut i.S.v. § 4
Einkommensteuergesetz und nicht zu einer Erhöhung des Vermögenswerts (R 18
Abs. 6 Satz 3 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 -ErbStR-). Bei der Ermittlung des
Ertragshundertsatzes im Rahmen der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren
sei zudem die Veränderung der Ertragsaussichten zu berücksichtigen (R 18 Abs. 6
Satz 4 ErbStR). Durch die Kürzung der Verrechnungspreise seien die
Ertragsaussichten der A wesentlich gesunken und würden dadurch auch zukünftig
nachhaltig sinken. Bei der Bewertung der Anteile unter Berücksichtigung des
Vermögens und der Ertragsaussichten ergebe sich folglich insgesamt ein
gesunkener Wert der Anteile.
Im Übrigen habe auch der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung
nicht vorgelegen. Die von der Bp vorgenommenen Korrekturen lägen letztlich
unter 20 %, so dass ein offenbares und erhebliches Missverhältnis, welches nach
der Rechtsprechung und Literatur die Annahme des Bewusstseins der
Unentgeltlichkeit rechtfertigen könne, nicht vorgelegen habe. Jedenfalls seitens
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Unentgeltlichkeit rechtfertigen könne, nicht vorgelegen habe. Jedenfalls seitens
des Gesellschafters LY habe keinerlei Schenkungsabsicht gegenüber der Klägerin
bestanden. Dieser mache vielmehr wegen der Prüfungsfeststellungen
Ersatzansprüche gegen den Vater der Klägerin geltend.
Der Beklagte hat den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen und hierzu in der
Einspruchsentscheidung vom xx.11.2004, auf die wegen weiterer Einzelheiten
Bezug genommen wird, u.a. ausgeführt, dass als Empfänger der Zuwendung
vorliegend nicht die A als juristische Person, deren Vermögen direkt vermehrt
worden sei, sondern die Klägerin als Alleingesellschafterin anzusehen sei, welche
von ihrem Vater eine Leistung erhalten habe, welche gleichsam zur Abkürzung des
Zahlungsweges unmittelbar an die A erbracht worden sei. Da sowohl die A als
auch die Klägerin durch die Erhöhung des Werts der Anteile bereichert worden sei,
entscheide die anhand objektiver Kriterien zu ermittelnde Willensrichtung des
Zuwendenden darüber, wer als Bedachter anzusehen sei. Da zwischen dem
zuwendenden Vater und der Klägerin persönliche Beziehungen bestünden, liege es
nach der Lebenserfahrung näher, die Klägerin als natürliche Person als
Zuwendungsempfängerin anzusehen (R 18 Abs. 4 ErbStR). Hiervon sei auch die
Klägerin in ihrer Schenkungsteuererklärung ausgegangen.
Die Klägerin habe für die Zuwendung auch keinerlei Gegenleistung erbracht.
Insoweit sei allein auf das Verhältnis zwischen dem Vater und der Klägerin
abzustellen. In diesem Verhältnis gehe es um die Schenkung einer Bareinlage und
nicht um die Bewertung der vertraglichen Beziehungen zwischen YuZ und A.
Unentgeltlich zugewendet worden sei die Erhöhung des Werts der Anteile an der A
durch die Bareinlage mit Mitteln des Vaters. Hierbei habe man sich an die
Feststellungen des Prüfers gehalten, die mit allen Beteiligten abgestimmt und
anerkannt sowie den Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin und des Vaters
zugrunde gelegt worden seien. Die Klägerin könne sich deshalb nicht mehr darauf
berufen, der Finanzbehörde obliege nochmals der Nachweis der fehlenden
Angemessenheit der Verrechnungspreise für Zwecke der Schenkungsteuer.
Auch der Wille des zuwendenden Vaters zur Unentgeltlichkeit habe vorgelegen.
Der Vater habe primär die Klägerin begünstigen wollen, die als alleinige
Gesellschafterin der A von der Erhöhung der Vermögens- und Ertragslage profitiert
habe. Auch der Einwand, es könne keine Schenkung vorliegen, da der
Mitgesellschafter LY keinerlei Schenkungsabsicht gegenüber der Klägerin gehabt
habe, sei unbeachtlich, da der im Rahmen der Bp einvernehmlich als
unangemessen bewertete Teil der Verrechnungspreise allein dem Vater der
Klägerin als Entnahme und Vorweggewinn bei der YuZ zugerechnet worden sei.
Auch die Erhöhung der Anteilswerte als Schenkungsgegenstand sei zutreffend
bewertet worden. Die Bewertung des gemeinen Werts der Anteile nach dem
Stuttgarter Verfahren mit dem um die verdeckten Einlagen geminderten
Einkommen entspreche dem, wie die A bei von Anfang an zutreffender
Behandlung der Verrechnungspreise zu bewerten gewesen wäre. Tatsächlich
zugeflossen seien jedoch die überhöhten Erlöse, welche zu einer Erhöhung des
Unternehmenswerts geführt hätten. In der Differenz beider Werte liege die mittels
der unangemessenen Verrechnungspreise bewirkte Bereicherung. Diese sei
entgegen der Auffassung der Klägerin auch quantifizierbar. Denn die überhöhten
Preise seien bei der A als Forderungen gegen die YuZ bilanziert und auch
tatsächlich gezahlt worden. Allein die Tatsache, dass die Zahlungen nachträglich
als verdeckte Einlage gewertet worden seien, nehme ihnen nicht ihren Charakter
als Vermögensgegenstand.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr auf Aufhebung des
angefochtenen Bescheids gerichtetes Begehren weiter. Zur Begründung
wiederholt sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im außergerichtlichen
Rechtsbehelfsverfahren.
Die Klägerin beantragt, den Schenkungsteuerbescheid vom xx.10.2003
aufzuheben, hilfsweise für den Fall der Klageabweisung die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er nimmt im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung
Bezug.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Klageverfahren
wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Klägerin vom 07.12.2004 und
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wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Klägerin vom 07.12.2004 und
vom 14.06.2005 sowie den Schriftsatz des Beklagten vom 11.01.2005 verwiesen.
Dem Senat hat ein Band Schenkungsteuerakte des Beklagten vorgelegen und war
Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid ist
rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1
Finanzgerichtsordnung -FGO-). Denn die Klägerin ist nicht Bedachte i.S.v. § 7
Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) und damit
nicht Erwerberin und Steuerschuldnerin der Schenkungsteuer i.S.v. § 20 Abs. 1
ErbStG in Bezug auf die Vorteile, die der A im Rahmen der Leistungsbeziehungen
zwischen der YuZ und der A durch die nicht berechtigte Zahlung von
Lizenzgebühren, Marketingprovisionen und (möglicherweise) überhöhte
Verrechnungspreise gewährt worden sind.
Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch
sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Sie
setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer substanziellen
Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die
Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger über
das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei
verfügen kann. Dafür, ob dies der Fall ist, kommt es ausschließlich auf die
Zivilrechtslage an (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 28.06.2007 II R
21/05, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2007, 669).
Nach der Rechtsprechung des für das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht
zuständigen II. Senats des BFH ist bei Zuwendungen eines Gesellschafters oder
eines Dritten an eine Kapitalgesellschaft - z.B. eine GmbH - als Empfänger der
Zuwendung ausschließlich die Kapitalgesellschaft anzusehen. Begründet wird diese
Auffassung mit einer rein zivilrechtlichen (gesellschaftsrechtlichen)
Betrachtungsweise. Zwar werde der Wert der Geschäftsanteile der Gesellschafter
wesentlich durch den Bestand des Gesellschaftsvermögens bestimmt, so dass
eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens regelmäßig zugleich den Wert der
Geschäftsanteile erhöhe. Hieraus dürfe jedoch entgegen einer in der Literatur
vertretenen Auffassung nicht geschlossen werden, dass eine unentgeltliche
Zuwendung an eine GmbH insoweit bei den Gesellschaftern zu erfassen sei, als sie
sich zugleich in einer Erhöhung des Wertes ihrer Geschäftsanteile niederschlage.
Denn anders als bei einer Personengesellschaft, bei der das (Gesamthands-
)Vermögen den Gesamthändern und nicht der Gesellschaft zusteht (§ 718 des
Bürgerlichen Gesetzbuches) und sich Zuführungen in das Gesellschaftsvermögen
somit im gesamthänderischen Vermögen der Gesellschafter auswirken (Urteil des
BFH vom 14.09.1994 II R 95/92, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 81), ist bei einer
GmbH als Kapitalgesellschaft das Gesellschaftsvermögen Vermögen der GmbH
selbst (§ 13 Abs. 1, 2. Halbsatz, und Abs. 2 des Gesetzes betreffend die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Sie sei deshalb selbst Bedachte einer
Zuwendung in das Gesellschaftsvermögen und werde durch die Zuwendung als
Inhaberin des Gesellschaftsvermögens i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereichert.
Eine (mögliche) Werterhöhung der Geschäftsanteile der Gesellschafter spiegele
zwar die auf der unentgeltlichen Zuwendung beruhende Werterhöhung des
Gesellschaftsvermögens wider. Die Gesellschafter seien insoweit jedoch nicht auf
Kosten des Zuwendenden bereichert. Die Werterhöhung der Geschäftsanteile sei
lediglich Folge der Gesellschafterstellung und beruhe auf ihr. Rechtsgrund der
„Bereicherung“ der Gesellschafter sei allein die im Geschäftsanteil verkörperte
Mitgliedschaft der Gesellschafter, welche die Teilhabe am Gesellschaftsvermögen
vermittele (vgl. grundlegend das Urteil des BFH vom 25.10.1995 II R 67/93, BStBl II
1996, 160, sowie die Urteile vom 17.04.1996 II R 16/93, BStBl II 1996, 454, und
vom 19.06.1996 II R 83/92, BStBl II 1996, 616).
Demgegenüber kann nach Auffassung der Verwaltung auch die reine
Werterhöhung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft Gegenstand einer
freigebigen Zuwendung sein. Nach den gleichlautenden Erlassen der obersten
Finanzbehörden der Länder vom 15.03.1997, BStBl I 1997, 350, und hierauf
zurückgehend R 18 Abs. 4 ErbStR ist - in nicht kenntlich gemachter Abweichung
von der Rechtsprechung des BFH - bei unentgeltlichen Leistungen eines nicht an
der Gesellschaft beteiligten Dritten an die Gesellschaft hinsichtlich der Beurteilung
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der Gesellschaft beteiligten Dritten an die Gesellschaft hinsichtlich der Beurteilung
der Frage, ob eine Zuwendung an die Gesellschaft selbst oder aber eine
Zuwendung an einen, mehrere oder alle Gesellschafter vorliegt, die zur Abkürzung
des Leistungsweges unmittelbar an die Gesellschaft erbracht worden ist, nicht der
Umstand maßgeblich, dass die Kapitalgesellschaft als juristische Person selbst
Empfänger einer steuerbaren Zuwendung sein kann. Maßgebend ist danach
vielmehr die anhand objektiver Kriterien zu ermittelnde Willensrichtung des
Zuwendenden, wobei in der Regel und insbesondere dann, wenn zwischen dem
Zuwendenden und den Gesellschaftern persönliche Beziehungen bestehen, davon
auszugehen ist, dass der Wille des Zuwendenden darauf gerichtet ist, natürliche
Personen zu bereichern.
Die Rechtsprechung des BFH ist zwar auch in der Literatur bis heute nicht
unumstritten (vgl. statt vieler der Auffassung der Verwaltung zustimmend z.B.
Hübner in Deutsches Steuerrecht -DStR- 1997, 897, und Groh in DStR 1999, 1050;
dagegen der Rechtsprechung zustimmend z.B. Viskorf in DStR 1998, 150, und
Gebel in Betriebs-Berater 1998, 510). Die Rechtsprechung hat jedoch trotz
abweichender Verwaltungsauffassung und Literaturstimmen an ihrer Auffassung
festgehalten (vgl. die Urteile des BFH vom 30.05.2001 II R 6/98, Sammlung amtlich
nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2002, 26, und vom
06.03.2002 II R 85/99, BFH/NV 2002, 1030; ebenso Urteile des Finanzgerichts -FG-
Düsseldorf vom 26.11.2003 4 K 1210/02 Erb, Juris, und des FG Münster vom
18.10.2007 3 K 3325/05 Erb, Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 313). In
Bestätigung seiner Rechtsprechung hat der BFH gerade jüngst für den
„umgekehrten“ Fall entschieden, dass bei Zahlung überhöhter Vergütungen durch
eine GmbH auf Veranlassung eines Gesellschafters an eine diesem nahestehende
Person (Ehefrau) regelmäßig keine Zuwendung des Gesellschafters an die
nahestehende Person, sondern allenfalls eine (gemischt) freigebige Zuwendung
der GmbH vorliege (Urteil vom 07.11.2007 II R 28/06, BStBl II 2008, 258).
Der erkennende Senat schließt sich der - soweit ersichtlich - einhelligen Auffassung
der Rechtsprechung an. Denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist als (Rechts-)
Verkehrsteuer eine Steuerart, welche an bürgerlich-rechtliche Vorgänge anknüpft
und welche einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht oder zumindest nur
nach Sachlage des Einzelfalls zugänglich ist (Urteil des BFH vom 22.09.1982 II R
61/80, BStBl II 1983, 179, m.w.N.). Für eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs.
1 Nr. 1 ErbStG kommt es deshalb ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht
darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder
Einkommen zuzurechnen ist (Urteil des BFH vom 29.11.2006 II R 42/05, BStBl II
2007, 319). Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, bei unentgeltlich an eine
GmbH erbrachten Leistungen die rechtliche Eigenständigkeit des
Gesellschaftsvermögens der GmbH als juristische Person durch die Annahme
einer (mittelbar) freigebigen Zuwendung an die Gesellschafter zu überspielen.
Folglich kann in diesem Zusammenhang auch die Frage, wer auf Kosten des
Zuwendenden objektiv bereichert ist, nicht vom Willen des Zuwendenden
abhängen (vgl. Viskorf, a.a.O.).
Da im Streitfall Rechts- und Leistungsbeziehungen nur im Verhältnis der YuZ zur A
bestanden haben und Leistungen nur an die A erbracht worden sind, kann nach
allem eine objektive Bereicherung nur bei der A, nicht aber bei der Klägerin
eingetreten sein, wobei dahinstehen kann, ob die YuZ oder der Vater der Klägerin
als Zuwendender anzusehen wäre. Der gegen die Klägerin zu Unrecht ergangene
Schenkungsteuerbescheid ist deshalb aufzuheben.
Da der Beklagte im Rechtsstreit unterliegt, hat er die Kosten des Verfahrens zu
tragen (§ 135 Abs. 1 FGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt
sich aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 Satz 1
Zivilprozessordnung.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da die
Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO nicht vorliegen. Denn die
Frage, ob eine Zuwendung an eine Kapitalgesellschaft schenkungssteuerlich bei
den Gesellschaftern in Gestalt der Erhöhung des Wertes ihrer Geschäftsanteile
erfasst werden kann, ist als durch die oben angeführte und in Kenntnis der
abweichenden Auffassung der Verwaltung und eines Teils der Literatur ergangene
Rechtsprechung hinlänglich geklärt anzusehen. Eine neuerliche Befassung des BFH
mit dieser Frage erscheint deshalb nicht geboten (vgl. a. das Urteil des FG
mit dieser Frage erscheint deshalb nicht geboten (vgl. a. das Urteil des FG
Düsseldorf vom 26.11.2003 4 K 1210/02 Erb, a.a.O.).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.