Urteil des FG Hamburg vom 25.09.2013

FG Hamburg: ware, pos, einreihung, zollrechtliche tarifierung, verordnung, landkarte, widerruf, motiv, kommission, bestandteil

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Tarifrecht: Tarifierung eines Puzzlebuchs
Ob bei einem Puzzlebuch dem Text bzw. Druckinhalt oder aber dem Puzzle übergeordnete Bedeutung
beikommt, ist im Einzelfall zu ermitteln. Dass nach der Einreihungsverordnung (EG) Nr. 1655/2005 ein der
dortigen Beschreibung entsprechendes Puzzlebuch als Spielzeug in Pos. 9503 KN einzureihen ist, steht
der Einreihung eines anderen Puzzlebuchs als Buch in Pos. 4901 KN nicht entgegen.
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 25.09.2013, 4 K 191/12
Allgemein ZK
Tatbestand
(Überlassen von Datev)
Die Beteiligten streiten über die zolltarifliche Einreihung eines sog. Puzzlebuchs.
1.Die streitgegenständliche Ware ist aufgemacht wie ein Buch, hat insgesamt 12 Seiten im Querformat und
trägt den Titel "...". Auf den sechs linken Seiten sind jeweils kurze Informationstexte zu einem bestimmten
historischen Entdecker abgedruckt. Neben anderen Illustrationen ist eine Landkarte der jeweiligen
Entdeckungstour abgebildet, die ebenfalls kleine Bilder enthält. Diese, um geografische Angaben und
Angaben zu den kleinen Bildern ergänzte, Landkarte ist auch auf der gesamten jeweiligen rechten Seite
abgedruckt, wobei diese Seite aus insgesamt 48 Puzzleteilen besteht, die in dem von der Seite gebildeten
Rahmen gefasst sind. Unter den abzunehmenden Puzzleteilen ist eine einfarbige Fläche. Auf der Rückseite
heißt es: " ... Mit Forschern und Entdeckern in sechs lehrreichen Puzzles um die Welt. Sechs farbenfrohe,
detailreiche Puzzlespiele zu je 48 Teilen zeigen die Welt auf den Spuren der Forscher und Entdecker.
Kindgerecht formulierte Texte mit anschaulichen Illustrationen vermitteln Mädchen und jungen ab 6 Jahren
beim Spielen erstes Sachwissen."
2.Die Klägerin beantragte am 13.05.2009 die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA).
Der Beklagte erteilte der Klägerin am 16.12.2009 die vZTA Nr. DE ...2.../...-1, mit der die Ware als "Puzzle,
nicht aus Holz" in die Unterposition 9503 00 69 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht wurde.
Auf den Einspruch der Klägerin vom 05.01.2010 hob der Beklagte diese vZTA auf und erließ am 13.09.2010
die vZTA Nr. DE ...1.../...-1, mit der die Ware in die Unterposition 4901 99 00 KN - "Bücher, Broschüren und
ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern" / "andere" - eingereiht wurde.
Der Beklagte erließ am 27.03.2012 einen Bescheid, mit dem er diese vZTA widerrief; nach geänderter
Einreihungsauffassung sei die Ware in die Pos. 9503 KN einzureihen.
3.Die Klägerin legte am 29.03.2012 Einspruch gegen den Widerruf ein.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 02.11.2012 als unbegründet zurück. Das
Puzzlebuch werde zwar wegen seiner objektiven Beschaffenheit, seinem Erscheinungsbild und im Hinblick
auf seine Textseiten vom Wortlaut der Pos. 4901 KN erfasst. Die Seiten mit den Puzzleteilen seien allerdings
ihrer Beschaffenheit nach Puzzle im Sinne der entsprechenden Unterposition zu Pos. 9503 KN, ohne dass es
hierfür darauf ankomme, was auf den Puzzleteilen abgebildet sei oder ob ein und gegebenenfalls, welcher
Bezug zu den Textseiten bestehe. Selbst wenn die Puzzle bzw. Puzzleteile wegen eines etwaigen
Textaufdrucks auch die Eigenschaft eines Druckerzeugnisses gemäß Kapitel 49 haben sollten, wären sie
doch durch die Anmerkung 1 Buchst. c) zu Kapitel 49 als Waren des Kapitels 95 aus Kapitel 49
ausgewiesen. Das streitgegenständliche Puzzlebuch sei unter Anwendung der AV 1, 3 Buchst. b) und 6 als
"Puzzle, nicht aus Holz" in die Codenummer 9503 00 69 KN einzureihen, weil es sich zolltarifrechtlich um
eine aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte Ware handele, deren wesentlicher Charakter in
Anlehnung an die Verordnung (EG) Nr. 1655/2005 der Kommission vom 10. Oktober 2005 durch das Puzzle
aus Pappe bestimmt werde. Das streitgegenständliche Puzzlebuch sei in seiner Beschaffenheit mit dem
Puzzle-Pappbuch vergleichbar, das Gegenstand der genannten Verordnung und dort in Pos. 9503 KN
eingereiht worden sei.
Wegen ihres genauen Inhalts wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
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4.Die Klägerin hat am 27.11.2012 Klage erhoben.
Die Voraussetzungen für einen Widerruf der zuletzt erteilten vZTA nach Art. 9 Abs. 1 ZK seien nicht erfüllt,
weil die Einreihung in die Pos. 4901 KN nicht gegen geltendes Recht verstoße, sondern zutreffend sei.
Die Anmerkung 1 Buchst. c) zu Kapitel 49 sei nicht einschlägig. Sie komme nur zur Anwendung, wenn eine
einheitliche Ware vorliege, die insgesamt dem Kapitel 95 unterfalle. Das Puzzlebuch sei hingegen eine
gemischte Ware, die in Anwendung der AV Nr. 3 Buchst. b) nach dem Stoff oder Bestandteil vorzunehmen
sei, der der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihe. Der sich aus dem Gesamteindruck ergebende
"wesentliche Charakter" werde nicht allein durch die stoffliche Qualität und den optischen Eindruck geprägt,
sondern auch die innere Beschaffenheit der Ware sei von Bedeutung, im Rahmen der Pos. 4901 also die
Wissens- und Informationsvermittlung. Hier überwiege der Buchcharakter sowohl nach dem ersten optischen
und haptischen Eindruck als auch nach dem Informationsgehalt des Inhalts. Die Puzzles seien ergänzend
zum reinen Textteil zu lesen. Durch die ausführlichen Informationen auf jeweils beiden Seiten des Buches
trete der Spielcharakter deutlich hinter dem Informationscharakter zurück. Das streitgegenständliche
Puzzlebuch unterscheide sich wesentlich von dem durch die VO (EG) 1655/2005 eingereihten Puzzlebuch.
Dass die Puzzleseite dort lediglich das Bild der Textseite wiederhole ohne einen eigenen Informationswert zu
haben, mache deutlich, dass diese einen ausschließlich spielerischen Zweck habe. Die Klägerin meint, dass
auch ein Vergleich mit umsatzsteuerbegünstigten Waren des Buchhandels zeige, dass die Einordnung des
streitgegenständlichen Puzzlebuches unter Kapitel 95 nahezu willkürlich erscheine. Auch hinter der
Begünstigung von Waren des Kapitels 49 im Zolltarif stünden kulturelle und bildungspolitische Erwägungen,
denen die streitgegenständliche Ware in besonderer Weise entspreche.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 23.03.2012 über den Widerruf der verbindliche Zolltarifauskunft DE
Nr. ...1.../...-1 vom 13.09.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 02.11.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Argumentation in seiner Einspruchsentscheidung und
vertieft diese.
Ergänzend führt der Beklagte aus, dass die Eintarifierung nicht nach etwaigen Zwecken des Tarifs zu
erfolgen habe und auch umsatzsteuerliche Regeln für die Auslegung und Anwendung der Kombinierten
Nomenklatur ohne Bedeutung seien.
5.Dem Gericht lagen außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen ein Hefter mit der Verfahrensakte
des Beklagten und ein Muster der streitgegenständlichen Ware (Umschlag mit der Grundfarbe rot) sowie des
Nachfolgeprodukts (Umschlag mit der Grundfarbe blau). Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll
des Erörterungstermins am 26.04.2013, in dem die Beteiligten übereinstimmend ihren Verzicht auf eine
mündliche Verhandlung und ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als
Einzelrichter erklärt haben.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2, § 79a Abs. 2, 4 FGO ohne
mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter.
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, denn der angefochtene Widerruf der vZTA Nr. DE ...1.../...-1
und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1
FGO.
1.Rechtsgrundlage für den Widerruf ist die Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 Zollkodex (ZK), nach der eine
begünstigende Entscheidung widerrufen wird, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren
oder nicht mehr erfüllt sind. Hier waren und sind die Voraussetzungen für den Erlass der genannten vZTA
erfüllt, insbesondere ist die Ware auch zutreffend in die Unterpos. 4901 99 00 eingereiht worden.
Die vZTA vom 08.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2012 ist rechtswidrig und
verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat nach Art. 12 Zollkodex einen Anspruch auf Erteilung
der begehrten verbindlichen Zolltarifauskunft unter einheitlicher Einreihung der Warenzusammenstellung in die
Position 4202 der Kombinierten Nomenklatur.
2.Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes
(vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.11.2001, VII R 78/00, vom
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09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998,
VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren
objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen
und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl.
die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den
Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen
Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem
Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die
Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden,
ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen
darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den
Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in
den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom
14.11.2000, VII R 83/9, und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02). Für die
Einreihung ohne Bedeutung sind teleologische Gesichtspunkte, die Sinn und Zweck des Tarifgefüges
betreffen. Auch umsatzsteuerlich begründete Auslegungen oder Analogien haben außer Betracht zu bleiben.
3.In Ansehung dieser Rechtsgrundsätze ist die streitgegenständliche Ware als Buch in die Pos. 4901 KN
einzureihen.
a) Nach ihrem Wortlaut umfasst die Position "Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen
oder Blättern".
Aus den zur Auslegung heranzuziehenden Erl(HS) zu Pos. 4901 Rz. 01.0 und 03.0 ergibt sich, dass hierher
im Allgemeinen alle Erzeugnisse des Buchhandels und andere Waren zum Lesen, gedruckt, mit oder ohne
Illustrationen gehören und dass Buchumschläge und ähnliche Schutzhüllen, Buchzeichen und anderes
Zubehör, zusammen mit den Büchern geliefert, als Bestandteile der Bücher angesehen werden. Zu Recht
geht auch der Beklagte davon aus, dass die Ware dem Wortlaut nach der Pos. 4901 KN unterfällt.
b) Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob unter Anwendung der AV 3 Buchst. b) und / oder der
Ausweisung in Anm. 1 Buchst. c) zu Kapitel 49 eine anderweitige Einreihung - hier unter Pos. 9503 KN -
vorrangig ist. Nach AV 3 Buchst. b) werden Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder
Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach AV 3
Buchst. a) nicht eingereiht werden können, nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren
wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann. Nach Anmerkung
1 Buchst c) zu Kapitel 49 gehören nicht zu Kapitel 49 Spielkarten und andere Waren des Kapitels 95
("Spielzeuge, Spiel, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör"); die Unterpos. 9503
0061 KN umfasst ausdrücklich "Puzzles".
c) Zur Auslegung herangezogen werden kann weiterhin VO (EG) Nr. 1655/2005 der Kommission vom 10.
Oktober 2005 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur. Nach Art. 1 i. V. m.
Anhang Nr. 4 dieser Verordnung ist ein Puzzle-Pappbuch für Kinder - "bestehend aus sechzehn Seiten: Acht
der Seiten (jeweils linke Seite) enthalten eine kurze Kindergeschichte mit einer Abbildung, die sich auf die
Geschichte bezieht. Sieben der Seiten (jeweils die rechte Seite) enthalten ein Puzzle, das aus jeweils neun
Puzzleteilen besteht und die farbige Abbildung der gegenüberliegenden Seite wiederholt." - gemäß AV 1, 3
Buchst. b) und 6 in Pos. 9503 KN einzureihen; die Einreihung als Buch in Pos. 4901 oder als Bilderbuch für
Kinder in Pos. 4903 ist ausgeschlossen, weil dem Text und den Bildern gegenüber dem Puzzle nur eine
untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Begründung dieser Verordnung für eine ihrem äußeren Aufbau nach
vergleichbare Ware spricht dafür, dass auch hier zunächst in Anwendung von AV 3 Buchst. b) zu fragen ist,
ob den für ein Buch nach Pos. 4901 charakteristischen Warenbestandteilen - Seiten mit Druckinhalt wie Text,
Bilder, Grafik - oder den für eine Einreihung unter Pos. 9503 KN maßgeblichen Bestandteilen - in Puzzleteile
gestanzte Bilder bzw. Grafiken - eine unter- bzw. übergeordnete Bedeutung beikommt, also eine dieser
beiden Funktionen der streitgegenständlichen Ware ihren wesentlichen Charakter verleiht. Weiterhin kann der
Verordnung entnommen werden, dass eine Ware "Puzzlebuch" nicht allein deswegen, weil sie auch aus
Bestandteilen besteht, die Puzzleteile sind und als solche der Pos. 9503 KN unterfallen, aufgrund der - auch
bei Erlass der VO (EG) Nr. 1655/2005 bereits gültigen - Anm. 1 Buchst. c) zu Kapitel 49 aus dem Kapitel 49
ausgewiesen wären.
d) Zur Prüfung, ob ein Teil der Bestandteile, aus denen das streitgegenständliche Puzzlebuch besteht, der
Ware ihren wesentlichen Charakter verleiht, ist die Ware im Erörterungstermin in Augenschein genommen
worden.
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Als Ergebnis ist zunächst festzuhalten, dass das streitgegenständliche Puzzlebuch mit dem durch die VO
(EG) 1655/2005 eingereihten Puzzlebuch Gemeinsamkeiten aufweist - insbesondere den strukturellen
Aufbau, bei dem in einer Buchform jeweils einer Seite mit Druckinhalt eine Seite gegenüber gestellt ist, die
den Rahmen für ein enthaltenes Puzzle bildet, dessen Motiv sich auch auf der Seite mit dem Druckinhalt
findet. Es sind allerdings auch Unterschiede festzustellen: Das Buch der Verordnung enthält im Druckteil
jeweils eine "kurze Kindergeschichte", also einen Text mit geringem Sachinhalt, der zudem offenbar für
kleine Kinder bestimmt ist, denn es handelt sich jeweils nur um wenige, nämlich neun je Puzzle und damit
um ein Format, das für Kinder deutlich unterhalb des Schulalters angemessen ist. Das dem Text beigefügte
Bild bezieht sich auf die Geschichte und wird auf der Puzzleseite als Motiv schlicht wiederholt. Zudem wird
durch die Begründung der Einreihungsverordnung, nach der dem Text der Verordnungsware nur eine
untergeordnete Bedeutung zukommt, einerseits deutlich, dass es für die Einreihung auf diesen Kontext
ankommt. Andererseits wird auch deutlich, dass die kurze Kindergeschichte für die bestimmungsgemäße
Verwendung des Puzzlebuchs der Verordnung nachrangig ist - möglicherweise, weil die Kinder der Zielgruppe
den Text typischerweise selbst gar nicht lesen können oder aber weil im Falle des Vorlesens das Vorlesen
der kurzen Geschichte die Nutzer offenbar deutlich weniger in Anspruch nimmt als das Legen des Puzzles.
Hinsichtlich des streitgegenständlichen Puzzlebuchs ist festzustellen, dass es zwar ebenfalls für Kinder
bestimmt ist, allerdings für eine andere Zielgruppe, nämlich Schulkinder. Dies ergibt sich daraus, dass hier
Sachthemen behandelt werden, zu denen vielfache, komplex miteinander verknüpfte Informationen gegeben
werden. Diese Erkenntnis ist bereits bei schlichtem Betrachten des Puzzlebuchs zu gewinnen, ohne, dass es
hierfür einer besonderen Befassung mit dem konkreten Inhalt bedarf. Auf den reinen Druckseiten befindet
sich neben einer kurzen Darstellung des Sachthemas - des jeweiligen Entdeckers - eine Reihe von
Informationsfragmenten, die jeweils mit einer Illustration versehen sind. Diese Illustrationen finden sich
sodann auf dem Puzzle-Motiv - einer Landkarte - wieder. Offensichtlich ist bezweckt, dass der Nutzer die
Informationsfragmente über die jeweilige Illustration mit dem Puzzle-Motiv in einen Zusammenhang bringt -
vorliegend erschließt sich dann ein chronologischer und geographischer Zusammenhang der
Informationsfragmente dadurch, dass sie nunmehr der Route des Entdeckers, aber auch den Namen von
Städten, Flüssen, Personen etc. zugeordnet werden können. Diese Zuordnung gelingt allerdings nur mit der
Landkarte auf der Puzzleseite, denn nur sie ist groß genug und nur sie ist beschriftet; die Abbildung der
Landkarte auf der rechten Druckseite erfüllt dies Funktion nicht, denn sie ist recht klein und ist auch nicht
beschriftet, sie dient erkennbar nur als Vorlage, um das Puzzle zusammenzulegen, wenn es denn aus
seinem Rahmen entfernt worden sein sollte. Für diese beschriebene Verwendung der großen Landkarte spielt
es keine Rolle, dass sie aus einem Puzzle besteht. Bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Buches
dürfte der Puzzle-Funktion eher eine geringere Bedeutung zukommen. Denn Kinder, die sich
adressatengerecht mit den Themen des Buches auf dem durch die Sachinformationen und ihrer Struktur
vorgegebenen Niveau beschäftigen können, halten sich - was gerichtsbekannt ist und auch allgemein
bekannt sein dürfte - mit dem Zusammenfügen von nur 48, deutlich unterscheidbaren Puzzleteilen nach
Vorlage nicht lange auf.
Aus alledem ergibt sich in der Gesamtschau, dass hier die gedruckten Informationen der Ware den
wesentlichen Charakter verleihen. Entscheidend ist die relativ hohe Komplexität der in dem Buch enthaltenen
Druckinformationen. Diese Komplexität ist ohne weiteres augenfällig; die zutreffende Einreihung bedarf also
keiner inhaltlichen Beschäftigung mit dem Buch. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass sich der Nutzer der
Ware mit den Druckinformationen auf den linken Textseiten unter Zuhilfenahme der Abbildungen auf den
gestanzten rechten Buchseiten beschäftigen soll, ist doch festzustellen, dass die Puzzleteile eine deutlich
nachgeordnete Bedeutung für den Charakter des Puzzlebuchs haben.
4.Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 151, 155 i. V. m. § 708, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor; die Entscheidung beruht auf einer
Sachverhaltswürdigung durch das Gericht.
Die Notwendigerklärung erfolgt gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.