Urteil des FG Hamburg vom 09.12.2013
FG Hamburg: pos, einreihung, ware, zollrechtliche tarifierung, zahl, eugh, einzelrichter, einspruch, herkunft, form
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Zolltarifierung: Einreihung von Sudoku-Rätsel-Büchern
Eine Ware aus bedrucktem Papier im Taschenbuchformat, die neben 160 Seiten mit Sudoku-Rätseln noch mehrere
Druckseiten enthält zum einen mit einer Einleitung über die Herkunft der Rätsel sowie Lösungsregeln nebst -hinweisen und
zum anderen mit den Lösungen der abgedruckten Rätsel, ist nicht in die Pos. 4901 KN einzureihen, weil es an einem Text
zum Lesen fehlt, sondern in die Pos. 4911.
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 09.12.2013, 4 K 203/12
Pos 4901 KN, Pos 4911 KN
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Druckerzeugnis als Buch unter die Codenummer
4901 der Kombinierten Nomenklatur (KN) oder als anderes Druckerzeugnis unter die
Position 4911 KN einzureihen ist.
1.
a) Die Klägerin beantragte am 09.12.2011 die Erteilung einer verbindlichen
Zolltarifauskunft (vZTA) für einen Rätselbuch "Sudoku XX" und schlug zur Einreihung aus
der Position 4901 "Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder
Blättern" die Codenummer 4901 0099 00 vor.
Die im Taschenbuchformat auf Papier gedruckte Ware enthält auf den ersten fünf
Inhaltsseiten Informationen zu der Herkunft der Sudoku-Rätsel und eine Anleitung sowie
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Tipps zu ihrer Lösung. Es folgten 160 Seiten mit jeweils einem Sudoku-Rätsel und
abschließend einige Seiten, auf denen die Auflösungen der Rätsel abgedruckt sind. Die
einzelnen Sudoku-Rätsel bestehen jeweils aus der Darstellung einer quadratischen
Fläche, die in drei mal drei Unterquadrate aufgeteilt ist, wobei jedes dieser Unterquadrate
wiederum aus drei mal drei Feldern besteht. Einige der Felder sind mit einer Zahl aus der
Zahlengruppe von 1 bis 9 bedruckt. Um das Rätsel zu lösen, müssen allen freien Feldern
ebenfalls Zahlen von 1 bis 9 zugeordnet werden und zwar in der Weise, dass jede Zahl in
jeder Zeile, in jeder Spalte und in jedem Unterquadrat genau einmal vorkommt.
2. Der Beklagte erließ auf den Antrag der Klägerin am 28.02.2012 die vZTA DE .../...-1, mit
der die Ware in die Unterposition 4911 9900 KN als "andere Drucke" eingereiht wurde.
Den Einspruch der Klägerin vom 02.03.2012 wies der Beklagte mit
Einspruchsentscheidung vom 09.11.2012 als unbegründet ab. Entscheidendes Merkmal
für eine Einreihung von Waren in die Pos. 4901 sei nicht die stoffliche Beschaffenheit des
Druckerzeugnisses, sondern ein Inhalt, der durch Text charakterisiert und zum Lesen
bestimmt sei. Sudoku-Rätsel beinhalteten keinen derartigen Text; die Rätsel würden
bestimmungsgemäß gelöst, nicht jedoch gelesen. Die im vorderen Teil des
Druckerzeugnisses zur Lektüre bestimmte allgemeine Information und Lösungsanleitung
begründeten noch keine Einreihung in die Pos. 4901. Die für die streitgegenständliche
Ware zutreffende Pos. 4911 umfasse alle Druckerzeugnisse, die nicht dem Wortlaut der
vorstehenden Positionen des Kapitels 49 unterfielen. Wegen ihrer Einzelheiten wird auf
den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
3. Mit Klage vom 11.12.2012 verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.
Die Klägerin meint, die Ware sei ein Buch im Sinne der Pos. 4901. Maßgeblich für die
Einreihung sei, dass ein Druckwerk mit zur Lektüre bestimmtem Text vorliege. Als zur
Lektüre bestimmter Text sei auch die Wiedergabe von Zahlen auf den Rätselseiten
anzusehen, da durch sie Inhalte an den Leser kommuniziert würden, die dieser lesen
könne und bei Verwendung der Ware sogar lesen müsse. Die maßgebliche
Positionsbeschreibung setzte hingegen nicht voraus, dass es sich um einen
geschlossenen Text handele. Die Lückenhaftigkeit des durch die Zahlen gebildeten
Textes sei für die Einreihung unter Pos. 4901 unschädlich. Die Klägerin meint zudem,
dass es für die Einreihung nicht wesentlich sein könne, ob die Position der Zahlen in dem
Raster der Sudoku-Rätsel in der vom Beklagten beanstandeten Weise dargestellt werden
oder aber ob ihre Angabe durch einen deskriptiven Text erfolge, was auch nach den vom
Beklagten formulierten - zu engen - Kriterien eindeutig zur einer Einreihung als Buch unter
Pos. 4901 führen würde. Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass jedenfalls die
Einleitungsseiten unstreitig Text im Sinne des - zu engen - Verständnisses des Beklagten
enthielten und schon deswegen eine Einreihung unter Pos. 4901 zutreffend sei.
Die Klägerin begründet ihr Einreihungsergebnis auch damit, dass hinter der
Begünstigung von Waren im Sinne der Nomenklatur der Verordnung (EG) Nr. 948/2009
(KN-Kapitel Nr. 49) und durch § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 i. V. m. Anlage 2, Nr. 49
Umsatzsteuergesetz (UStG) kulturelle und bildungspolitische Erwägungen stünden, die
auch die Sudoku-Bücher erfassten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskunft DE .../...-1 vom
28.02.2012 und der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2012 zu verpflichten, der
Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, in der die streitgegenständliche
Ware "Sudoku XX" in die Position 4901 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf seine
Einspruchsentscheidung.
4. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13.11.2013 gemäß § 6
Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung
übertragen.
Dem Gericht lagen außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen noch folgende,
den Sachverhalt betreffende Akten des Beklagten vor:
- ein Konvolut, dessen erstes Blatt mit "Übersicht vZTA-Antrag" überschrieben ist (11
Blatt),
- ein Konvolut, dessen erstes Blatt die streitgegenständliche vZTA ist (6 Blatt),
- ein Heft, "Einspruch gegen vZTA-Nr. DE .../...-1 (124 Blatt).
Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am
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09.12.2013.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch den
Einzelrichter.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtene vZTA ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
100 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92
(Zollkodex - ZK) des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl
EG Nr. L 302/1) keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständliche Ware "Sudoku
XX" unter der Pos. 4901 KN eingereiht wird; die Ware ist vielmehr zutreffend der
Warennummer 4911 9900 KN zugewiesen worden.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
sowie des Bundesfinanzhofs (- BFH -; vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95;
BFH, Urteile vom 18.11.2001, VII R 78/00; vom 09.10.2001, VII R 69/00; vom 14.11.2000,
VII R 83/99; vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das
entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren
objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen
und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des
Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die
Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen
nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen
Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es
nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und
Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die
von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht
verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen
(vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, C-143/96; vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den
Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der
Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug
genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/99; und vom 05.10.1999, VII
R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).
2. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware führen zu der vom Beklagten
vorgenommenen Einreihung in die Pos. 4911 KN. Die Voraussetzungen für die von der
Klägerin begehrte Einreihung in die Pos. 4901 KN sind nicht gegeben. Ihrem Wortlaut
nach umfasst die Pos. 4901 "Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen
Bogen oder Blättern".
a) Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus - und es bedarf daher hier
insoweit keiner weiteren Begründung -, dass die streitgegenständliche Ware nicht allein
wegen ihrer stofflichen Beschaffenheit, die der eines "Taschenbuches" entspricht, in die
Pos. 4901 eingereiht werden kann, sondern dass darüber hinaus eine inhaltliche Qualität
der Art erforderlich ist, dass die Ware einen Text zum Lesen enthält (vgl. insoweit auch Erl
(HS) Pos. 4901 Rz. 01.0, 02.2).
Zwischen den Beteiligten ist insoweit lediglich streitig, ob das "Sudoku-Buch" einen
derartigen Inhalt aufweist.
Diese Frage ist zu Lasten der Klägerin zu verneinen.
b) Entscheidend für die Einreihung sind der umfangmäßig ganz deutlich überwiegenden
Seitenanteil mit den Sudoku-Rätseln. Die auf diesen Seiten enthaltene Angabe von
Zahlen auf einem neun-mal-neun-Felder-Quadrat ist kein Text.
Der Begriff Text bezeichnet im allgemeinen, nichtwissenschaftlichen Sprachgebrauch
eine abgegrenzte, zusammenhängende, meist schriftliche sprachliche Äußerung im Sinne
einer Sprachinformation (vgl. z. B. wikipedia, Stichwort Text), Aus
sprachwissenschaftlicher Sicht ist ein Text die sprachliche Form einer kommunikativen
Handlung, wobei unter Umständen auch statt einer Schriftsprache eine Bildersprache o.
ä. in Betracht kommt (vgl. z. B. wikipedia, Stichwort Text). Unter Berücksichtigung der in
der insoweit heranzuziehenden Erl (HS) Pos. 4901 Rz. 01.0, 02.2 vorgesehenen
Bestimmung des Textes zum Lesen, kommt der kommunikativen Funktion erhebliche
Bedeutung zu. Erforderlich ist, dass mit dem Text und somit in dem Buch Informationen -
Wissen, Erkenntnis, Erfahrung o. ä. - transportiert wird. Diesen Anforderungen vermag die
Angabe von Zahlen in dem Sudoku-Rätsel-Raster nicht zu genügen. Die Zahlen eines
Sudoku-Rätsels transportieren keine Information, sondern markieren die Bedingungen,
unter denen weitere Zahlen nach den vorgegebenen Lösungsregeln platziert werden
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sollen. Dass es sich bei den Zahlen nicht um einen Text im obigen Sinne handelt, zeigt
sich insbesondere darin, dass alle Zahlen gegeneinander ausgetauscht werden können,
ohne dass dies für den Vorgang oder das Ergebnis des Rätsellösens von Bedeutung
wäre. Beispielsweise kann jede Zahl durch die nächst höhere ersetzt werden oder es
kann anstelle jeder Zahl ein beliebiges Symbol verwendet werden (Bilder-Sudoku).
c) Vor dem Hintergrund, dass die Sudoku-Rätsel keine Textqualität im Sinne der Pos.
4901 haben, kann auch die einführende Einleitung und die Rätsellösungsseiten am Ende
des "Rätselbuches" keine Einreihung unter Pos. 4901 rechtfertigen. Die Einführung stellt
nichts anderes als eine Art Bedienungsanleitung für die Rätselsammlung dar.
Entsprechendes gilt für die Rätsellösungen.
d) Ob ein Sudoku-Rätsel, dass nicht in der dargelegten Weise - Raster mit Zahlen -
dargestellt ist, sondern in einer sprachlichen Form, bei der die Positionen der Zahlen in
dem Raster sprachlich beschrieben werden, als Text zu qualifizieren wäre, kann hier
dahinstehen, weil die streitgegenständliche Ware eben nicht dieser Art ist.
e) Ohne Bedeutung für die Einreihung sind, wie sich aus den Ausführungen unter Ziffer 1)
ergibt, eine Erforschung von Sinn und Zweck des Tarifsystems oder der Rückschluss aus
der umsatzsteuerlichen Behandlung bestimmter Waren.
3. Da eine Einreihung unter Pos. 4901 demnach ausscheidet und auch die
Beschreibungen der anschließenden Positionen von der streitgegenständlichen Ware
nicht erfüllt werden, verbleibt es bei der Einreihung in der "Auffang"- Position 4911.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor.