Urteil des FG Hamburg vom 26.04.2013

FG Hamburg: kreuzung, offensichtlicher mangel, umbau, grundstück, eingriff, realisierung, verkehrssicherheit, passiven, aktiven, leistungsfähigkeit

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Für den Umbau einer Kreuzung mit einer Bundesfernstraße, der die Verbesserung des Verkehrsflusses auf
der Bundesstraße bezweckt, kann auch dann ein fernstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren
erforderlich sein, wenn der bautechnische Schwerpunkt der Umbaumaßnahmen (hier: Bau eines
Rechtsabbiegestreifens) in der in die Bundesstraße einmündenden Straße liegt.
Beim Umbau einer Kreuzung, bei der es - isoliert betrachtet - nur auf der in die Bundesstraße
einmündenden Straße zu einem erheblichen baulichen Eingriff kommt, ist auch zu ermitteln, ob und
inwieweit es infolge des Umbaus zu Veränderungen der Verkehrsbelastung auf der Bundesstraße und
dadurch bedingt zu Veränderungen der Lärmbelastung von Anwohnern kommen kann. Wird dies
unterlassen, kann ein im Sinn von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblicher Abwägungsmangel vorliegen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 5. Senat, Urteil vom 26.04.2013, 5 E 10/11.P
§ 17 FStrG, § 17e Abs 6 FStrG, § 41 BImSchG, § 1 Abs 2 BImSchV 16
Tenor
Der Planfeststellungsbeschluss vom 3. März 2011 (Az.: …) ist rechtswidrig und nicht vollziehbar. Im Übrigen
wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Kostengläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 3. März 2011 "B 433, S… Weg/M... Weg,
Umbau des Knotenpunktes S... Weg/M... Weg-W... Weg". Sie ist Eigentümerin des am nordöstlichen Ende des
M... Wegs gelegenen Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung Niendorf (M... Weg 128), das zu einem mit
Bebauungsplan ausgewiesenen reinen Wohngebiet gehört.
Der S... Weg ist Teil der Umgehung Fuhlsbüttel, die mit Planfeststellungsbeschluss vom Januar 1998
festgestellt wurde. Die Verkehrsbelastung des S... Wegs, die damals für das Jahr 2010 mit einem
durchschnittlichen täglichen Verkehr von 31.100 Fahrzeugen westlich und 32.000 Fahrzeugen östlich des M...
Wegs prognostiziert worden war, hat sich hiervon abweichend entwickelt: Der durchschnittliche tägliche
Verkehr betrug im Jahr 2001 35.000 Fahrzeuge, im Jahr 2004 42.000 Fahrzeuge und liegt seitdem im
wesentlichen bei 43.000 Fahrzeugen. Wegen dieser Entwicklung hat die Klägerin im August 2011 einen Antrag
auf nachträgliche Schutzvorkehrungen gestellt, über den noch nicht entschieden wurde.
Nach Fertigstellung der Straße kam es an der Kreuzung mit dem M... Weg/W... Weg immer wieder zu Unfällen
zwischen Fahrzeugen, die aus dem S... Weg nach links in den M... Weg einbiegen wollten, und solchen, die
auf dem S... Weg entgegenkamen. Aus diesem Grund wurde im November 2005 an der Ampelanlage der
Kreuzung eine gesonderte Linksabbiegephase für Fahrzeuge eingerichtet, die auf dem S... Weg von Osten
kommend nach links in den M... Weg einbiegen wollen. Seitdem kommt es trotz einer verkehrsabhängig mit
variabler Umlaufzeit gesteuerten Ampelphase immer wieder zu erheblichen Rückstauungen auf dem S... Weg
in Fahrtrichtung Ost (K. Tunnel, Flughafen).
Um diese Probleme zu beheben, beantragte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer im September
2010 bei der damals zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) die Durchführung eines
Planfeststellungsverfahrens für den Umbau des Knotenpunktes S... Weg/M... Weg-W... Weg. Die Planung
sieht vor, die Zufahrt vom M... Weg zum S... Weg (Fahrtrichtung Norden) um einen Rechtsabbiegefahrstreifen
zu erweitern und die östliche Fußgänger- und Radfahrerfurt über den S... Weg aufzuheben. In der Folge würde
es möglich sein, den Eckverkehr Ost – Süd und zurück gleichzeitig abzuwickeln und damit die Grünzeiten der
Ampelanlage für den Durchgangsverkehr auf dem S... Weg wieder verlängern zu können. Im M... Weg sollen –
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innerhalb der vorhandenen Straßenbegrenzungslinien und ohne Inanspruchnahme fremder Grundstücke – die
Fahrbahnbreite von derzeit ca. 7,0 m auf künftig 9,5 m erhöht und außerdem die Kurve nach rechts in den S...
Weg ausgeweitet werden. Dabei soll die Fahrbahn des M... Wegs etwa 50 cm näher an das östlich gelegene
Grundstück der Klägerin heranrücken; die übrigen ca. 2 m der Verbreiterung kommen auf der Westseite der
Straße hinzu. Auf dem S... Weg sieht die Planung im wesentlichen den Rückbau der Bordsteinabsenkungen
einschließlich einiger befestigter Nebenflächen und die Entfernung der Markierungen für Fußgänger und
Radfahrer auf der Ostseite der Kreuzung vor.
Die BSU beteiligte die Träger öffentlicher Belange. Außerdem schrieb sie die betroffenen Eigentümer, darunter
die Klägerin, unmittelbar an, wies auf die einzusehenden Planunter-lagen hin und räumte eine Frist für die
Erhebung von Einwendungen ein. Innerhalb der Frist erhob die Klägerin Einwendungen, die sich v.a. auf die
geplante Beseitigung einer an ihrer westlichen Grundstücksgrenze befindlichen Buchenhecke und auf
Lärmschutzaspekte bezogen. In diesem Zusammenhang rügte die Klägerin die fehlende Darstellung der
derzeitigen Verkehrssituation, das Fehlen einer nachvollziehbaren Verkehrsprognose für das Prognosejahr
2025 sowie den Umstand, dass die vorgesehene Änderungsplanung für die Anwendung der
Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) als eigenständige Maßnahme behandelt werde. In Wirklichkeit
handle es sich aber um die Behebung eines Fehlers der Planfeststellung von 1998, so dass die Regeln des
ergänzenden Verfahrens anzuwenden seien. Demnach müssten insgesamt die Verhältnisse aus der Zeit vor
der Planfeststellung für die Umfahrung Fuhlsbüttel mit den Verhältnissen nach Realisierung der jetzigen
Planung verglichen werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einwendungsschreiben vom 18. Oktober und
4. November 2010 verwiesen.
Die BSU verzichtete auf die Durchführung eines förmlichen Erörterungstermins, gab aber den Einwendern
Gelegenheit, die Einwendungen mit ihr und mit Vertretern des Vorhaben-trägers zu besprechen.
Am 3. März 2011 erließ die BSU den Planfeststellungsbeschluss. Darin wird der Plan u.a. hinsichtlich der
Eckausrundung der Rechtsabbiegespur geringfügig geändert. Ferner werden die Einwendungen der Klägerin im
Ergebnis zurückgewiesen. Da die während des Verfahrens überarbeitete lärmtechnische Untersuchung zum
Ergebnis kam, dass es infolge der Realisierung der Planung auf dem Grundstück der Klägerin zu Erhöhungen
der Beurteilungspegel kommen werde, stellt der Planfeststellungsbeschluss dementsprechend einen Anspruch
auf passiven Lärmschutz dem Grunde nach an zwei Immissionspunkten am Gebäude der Klägerin (jeweils
Erdgeschoss Westseite) fest. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Planfeststellungsbeschluss
verwiesen.
Am 7. April 2011 hat die Klägerin beim Oberverwaltungsgericht die vorliegende Klage erhoben, die sie am 19.
Mai 2011 begründet hat. Sie macht geltend:
Der Planung fehle schon die Planrechtfertigung; das Vorhaben sei nicht vernünftigerweise geboten. Entgegen
der knappen Darlegung im Erläuterungsbericht diene die Maßnahme nicht der Erhöhung der Verkehrssicherheit,
sondern einer Erhöhung der Verkehrskapazität. Aber auch insoweit fehle es an einer Planrechtfertigung. Sie
fehle im übrigen auch deshalb, weil die Planung sich wegen der Hecke im M... Weg nicht realisieren lasse. Die
Hecke stelle eine Grenzeinrichtung im Sinn von §§ 921, 922 BGB dar und könne ohne ihre (der Klägerin)
Zustimmung nicht entfernt werden; sie sei mit der Entfernung der Hecke nicht einverstanden.
Darüber hinaus sei das beantragte Vorhaben nicht planfeststellungsfähig, weil es gegen ihre grundrechtlich
geschützten Positionen verstoße. Die auf ihr Grundstück einwirkende Lärmbelastung beeinträchtige ihr
Eigentum in unzulässiger Weise. Obwohl selbst der Planfeststellungsbeschluss einräume, dass im
Prognosejahr 2025 mit Lärmbelastungen von 70 dB (A) tags und 63 dB (A) nachts zu rechnen sei, werde die
Forderung nach aktiven Schallschutzmaßnahmen und sogar die Forderung nach einer Entschädigung für
Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs zurückgewiesen und der Schutz auf eine Anordnung passiven
Schallschutzes dem Grunde nach für zwei Immissionspunkte an der Westseite des Erdgeschosses ihres
Hauses beschränkt. Die Planung verstoße im übrigen wegen der durch die Lärmimmissionen hervorgerufenen
Gesundheitsstörungen gegen Art. 2 Abs. 2 GG. Zu Unrecht habe sich die Beklagte auf die bloße Anwendung
der 16. BImSchV beschränkt. Die Verordnung schließe aber nicht aus, im Rahmen des Abwägungsgebots
einzelfallbezogen verfassungskonforme Ergebnisse zu erzielen, indem über die Anforderungen der Verordnung
hinaus Maßnahmen des aktiven Schallschutzes vorgesehen würden oder die Planung verworfen werde.
Aber schon für die Anwendung der 16. BImSchV seien die Grundlagen der Lärmermittlung und die ihr zugrunde
liegende Verkehrsprognose nicht nachvollziehbar und rechtlich nicht haltbar. Weder in den Antragsunterlagen
noch im Erläuterungsbericht fänden sich Ausführungen zu den projektbezogenen Verkehrsveränderungen.
Auch die lärmtechnische Untersuchung liefere außer der Angabe, dass die der Berechnung zugrundeliegenden,
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auf einer Zählung beruhenden Zahlen von der BSU zur Verfügung gestellt worden seien, keine konkreten
Hinweise auf die zugrunde gelegten Verkehrsströme und die Grundlagen der Prognose. Ohne eine hinreichende
Betrachtung des Ist-Zustandes der Lärmbelastung sei zwangsläufig auch die Lärmprognose fehlerhaft. Hinzu
komme, dass keine wirkliche Gesamtlärmbetrachtung vorgenommen worden sei. Damit beruhe die getroffene
Entscheidung bereits auf einer unzureichenden Ermittlung der in die Abwägung einzustellenden Belange.
Bei der lärmtechnischen Untersuchung und letztlich im Planfeststellungsbeschluss sei fälschlicherweise nur
auf die Auswirkungen abgestellt worden, die unmittelbar von den baulichen Veränderungen am M... Weg
ausgingen. Vorliegend handle es sich aber um eine fernstraßenrechtliche Planfeststellung, die den Umbau
eines Knotens auf einer Fernstraße mit ihrer Schnittstelle zum nachgeordneten Straßennetz zum Gegenstand
habe. Deshalb müsse auch der Verkehr auf der Bundesstraße in die Betrachtung der Auswirkungen mit
einbezogen werden. Im übrigen spreche selbst der Erläuterungsbericht von einem "ergänzenden Verfahren"
bzw. einer "Änderung" bzw. einer "Fehlerbehebung" der vorherigen Planfeststellung von 1998.
Dementsprechend hätte die 16. BImSchV bezogen auf die Gesamtmaßnahme angewendet werden müssen.
Hierfür müssten die aufgrund des Istzustandes 1992 prognostizierten Beurteilungspegel mit den nun für das
Jahr 2025 prognostizierten Werten des nochmals geänderten Vorhabens verglichen werden. Dabei ergäben sich
verschiedentlich Anstiege der Beurteilungspegel um mehr als 3 dB (A) auf 67 dB (A) tagsüber. Der
Planfeststellungsbeschluss verwerfe auch vorschnell weitergehende aktive Schallschutzmaßnahmen. Für die
Gesamtlärmbelastung durch Verkehrslärm bestünden durchaus Optimierungsmöglichkeiten durch aktiven
Schallschutz, die auch erforderlich seien. Sie (die Klägerin) habe bei der Besprechung am 18. Februar 2011
ihre Bereitschaft erklärt, Teile ihres Grundstücks für Schallschutzmaßnahmen in Anspruch nehmen zu lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 03.03.2011 zum Az. ... "B433, S... Weg/M... Weg,
Umbau des Knotenpunktes S... Weg/ M... Weg-W... Weg" aufzuheben,
hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss vom 03.03.2011 zum Az. 60.18-52/080-002 "B433, S...
Weg/M... Weg, Umbau des Knotenpunktes S... Weg/M... Weg-W... Weg" für rechtswidrig und nicht
vollziehbar zu erklären,
weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
über weitergehende Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zu entscheiden,
die zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf die Rechte der Klägerin erforderlich sind, z.B.
Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes,
weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
über eine angemessene Entschädigung der Klägerin zu entscheiden, z.B. wegen Beeinträchtigungen
der wohnähnlich genutzten Außenbereiche ihres Grundstückes,
weiter hilfsweise durch die Einholung eines oder mehrerer Sachverständigengutachten Beweis zu
erheben
1. zu der Frage, zu welchen verkehrlichen Veränderungen die planfestgestellten Maßnahmen
bezogen auf den Prognosezeitraum bis 2025 sowohl für den S... Weg als auch für den M... Weg
führen,
2. zu welchen zusätzlichen Lärmbelastungen diese verkehrlichen Veränderungen für die Klägerin
führen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die 16. BImSchV stelle Anforderungen an den Lärmschutz u.a. infolge einer wesentlichen Änderung von
öffentlichen Straßen. Die Änderung sei nur dann wesentlich, wenn ein erheblicher baulicher Eingriff bestimmte
Pegelerhöhungen verursache. Bauliche Änderungen sollten nur am M... Weg, nicht am S... Weg vorgenommen
werden. Sie hätten weder eine Veränderung der für die Berechnung nach Anlage 1 zur 16. BImSchV
maßgeblichen Immissionsachsen am S... Weg zur Folge, noch hätten sie Einfluss auf die zu erwartende
Verkehrsstärke oder auf die übrigen Berechnungsfaktoren der Anlage 1. Daher könne es nach den
Berechnungsverfahren der Anlage 1 zur 16. BImSchV auch nicht zu Pegelerhöhungen kommen.
Dementsprechend sei für die Anwendung der 16. BImSchV ausschließlich der Verkehr auf dem M... Weg
prognostiziert worden. Die zugrunde zu legenden Verkehrszahlen seien aus den vorhandenen Erkenntnissen
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und Erfahrungen abgeleitet und prognostiziert worden. Grundlage der Prognose sei eine Verkehrszählung vom
17. Juni 2004. Deren Ergebnisse lägen zwar über den bisher aus anderem Anlass prognostizierten
Verkehrszahlen, korrespondierten aber widerspruchsfrei mit Werten, die Zählungen und Prognosen an
benachbarten Knoten ergeben hätten. Die gezählten Verkehrsströme könnten daher als durchschnittlicher
täglicher Verkehr an Werktagen (DTV/w) herangezogen werden. Der gemäß der Anlage 1 zur 16. BImSchV
heranzuziehende, über alle sieben Wochentage zu ermittelnde durchschnittliche tägliche Verkehr (DTV) werde
erfahrungsgemäß durch einen 10%igen Abschlag auf den DTV/w ermittelt. Zur Sicherheit seien diese 10% hier
aber wieder aufgeschlagen worden, um die mögliche Zunahme des Verkehrs bis 2025 abbilden zu können.
Alle Erwägungen der Klägerin, aus denen sie Ansprüche auf stärkeren Lärmschutz herleite, setzten voraus,
dass das neue Vorhaben zu der gerügten Lärmbelastung jedenfalls beitrage. Das sei hier aber nicht der Fall.
Entgegen den Annahmen, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde lägen, ergebe sich bei Realisierung
der Planung an allen Beurteilungspunkten keine wesentliche Änderung der Lärmbelastung und somit auch kein
Anspruch auf Lärmschutz dem Grunde nach. Der Gutachter, der die lärmtechnische Untersuchung erstellt
habe, habe mitgeteilt, dass die Ergebnisse auf einem Eingabefehler beruhten. Er habe die Emissionslinie für
die Rechtsabbiegespur im M... Weg versehentlich mit der zweifachen Verkehrsbelastung belegt; dadurch
hätten sich die Pegelerhöhungen an den Berechnungspunkten ergeben. Nach Korrektur der Eingabewerte
komme die geänderte Untersuchung zum Ergebnis, dass das Vorhaben an keinem Immissionspunkt auf dem
Grundstück der Klägerin zu einer Pegelerhöhung führen werde, weshalb keine "wesentliche Änderung" im Sinn
der 16. BImSchV vorliege. Damit ergäben sich auch keine Lärmschutzansprüche der Klägerin. Der Umstand,
dass es in der jetzigen Fassung der Untersuchung sogar zu geringfügigen Pegelminderungen komme, erkläre
sich daraus, dass die westliche Emissionsachse im M... Weg (Fahrstreifen Richtung Süden) nach dem Umbau
etwas weiter vom Grundstück der Klägerin entfernt sei als jetzt.
Der geplante Umbau der Kreuzung, der keine neuen Verkehrsbeziehungen schaffe, sei auch nicht Folge eines
erwarteten höheren Verkehrsaufkommens; weder sei es im Einzugsbereich der Kreuzung zu relevanten
Änderungen von Ziel- oder Quellverkehr gekommen, noch seien solche zu erwarten. Es gehe vielmehr darum,
die Leistungsfähigkeit der Kreuzung auf das Maß anzuheben, das ursprünglich einmal bestanden habe. Die
Änderung der Ampelschaltung im November 2005 sei v.a. zu Lasten der Kapazität des stadteinwärts
gerichteten Verkehrsstroms zur morgendlichen Spitzenzeit gegangen. Die Änderungen am M... Weg
ermöglichten es, die Ampel so zu schalten, dass die Grünphase für den S... Weg Richtung Osten pro Umlauf
um 9 Sekunden verlängert werden könne. Bei 40 Umläufen pro Stunde und einem Zeitbedarf pro PKW von 1,8
Sekunden könnten bei zwei Fahrspuren 400 Fahrzeuge pro Stunde mehr die Kreuzung Richtung Flughafen
passieren, so dass der Rückstau auf der Westseite des S... Wegs deutlich verringert werde. In der
Nachmittagsspitze werde die Leistungsfähigkeit der Kreuzung für den S... Weg in Richtung Osten theoretisch
sogar um 720 Fahrzeuge pro Stunde erhöht; dies sei in der Praxis aber weniger relevant.
Es sei aber nicht zu erwarten, dass sich die Verkehrsbelastung selbst erhöhe. Ein Mehr-verkehr durch höhere
Attraktivität des S... Wegs könne sich nur dann ergeben, wenn solche Verkehrsteilnehmer nun diese Strecke
benutzen würden, die ihr Ziel bisher gar nicht, mit anderen Verkehrsmitteln oder über alternative Ost-West-
Verbindungen erreicht hätten. Attraktive Alternativverbindungen hätten aber auch bisher nicht zur Verfügung
gestanden. Allenfalls werde Ausweichverkehr, der bisher den M... Weg benutzt habe, reduziert, was aber
ebenfalls nicht zu einer nennenswerten nachteiligen Veränderung der Verkehrsbelastung im Einwirkungsbereich
des klägerischen Grundstücks führe.
Bei der Buchenhecke am westlichen Rand des Grundstücks der Klägerin handle es sich nicht um eine
Grenzeinrichtung im Sinn von § 921 BGB. Die Hecke stehe zur Gänze auf dem Straßengrundstück; dies habe
eine Grenzherstellung durch den Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung im April 2010 ergeben. Die
Hecke stehe von der Straße her gesehen vor einer Mauer, die sich auf dem Grundstück der Klägerin befinde;
diese Mauer habe einen Abstand zum Straßengrundstück von lediglich 20-25 cm. Aber selbst wenn die Hecke
eine Grenzeinrichtung wäre, stünde dies der Durchführung der geplanten Maßnahme nicht zwingend entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die im Klageverfahren gewechselten
Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat überwiegend Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Das von der Klägerin angerufene Oberverwaltungsgericht ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für die
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Entscheidung des Rechtsstreits sachlich zuständig. Hierfür ist allein entscheidend, dass für den Bau oder die
Änderung einer Bundesfernstraße, hier für die Änderung einer Kreuzung der B 433 mit einer anderen Straße,
ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 48 Rn. 3,
11; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 48 Rn. 23).
Die Klägerin ist als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... (M... Weg 128), das unmittelbar an den von der
Planung betroffenen Abschnitt des M... Wegs angrenzt, im Sinn von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie
macht u.a. eine stärkere Beeinträchtigung durch Lärm bei Umsetzung der planfestgestellten Maßnahme
geltend.
Die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist eingehalten. Der Planfeststellungsbeschluss vom 3.
März 2011 wurde dem Klägerbevollmächtigten am 7. März 2011 zugestellt; die Klage ging per Telefax am 7.
April 2011 beim Oberverwaltungsgericht ein.
2. Die Klage ist mit dem ersten Hilfsantrag begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet
zwar nicht an den von der Klägerin dargelegten Verfahrensfehlern oder an einer mangelnden Planrechtfertigung
(2.1.), wohl aber an einem Abwägungsfehler, weil es an einer hinreichenden Verkehrsprognose fehlt (2.2.).
Dieser Fehler führt aber nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil der Fehler in einem
ergänzenden Verfahren behoben werden kann (2.3.).
2.1. Mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und die Planrechtfertigung kann die
Klägerin nicht durchdringen. Zu Recht hat die Beklagte ein eigenständiges fernstraßenrechtliches
Planfeststellungsverfahren durchgeführt (a und b). Für die Planung spricht ein ausreichendes Bedürfnis, das
die Maßnahme als vernünftigerweise geboten erscheinen lässt (c). Die Planrechtfertigung fehlt insbesondere
nicht deshalb, weil sich das Vorhaben wegen der am westlichen Rand des klägerischen Grundstücks
befindlichen Buchenhecke objektiv nicht verwirklichen ließe (d). Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf eine
fehlende Unabhängigkeit der Beklagten als Planfeststellungsbehörde vom Vorhabenträger und auf eine
fehlende Abwägungsbereitschaft (e).
a) Die Beklagte hat zu Recht ein fernstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren nach §§ 17 ff. FStrG
durchgeführt, obwohl der bautechnische Schwerpunkt der geplanten Umbaumaßnahmen im M... Weg liegt, der
nicht zu den in § 1 Abs. 4 FStrG aufgeführten Bestandteilen und Nebenanlagen etc. einer Bundesfernstraße
gehört. Gleichwohl ergeben sich die Planungskompetenz des Trägers der fernstraßenrechtlichen Planung und
die Zuständigkeit der fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbehörde aus §§ 17 ff. FStrG. Die geplante
Maßnahme bezweckt die Vermeidung von Stauungen auf dem westlichen Teil des S... Wegs in den
Verkehrsspitzenzeiten. Eine hierfür gebotene ausreichend lang bemessene Grünphase an der Kreuzungsampel
für den Geradeaus-Verkehr auf dem S... Weg (v.a. Richtung Osten) erfordert Maßnahmen, die in der verkürzten
Grünphase für den Verkehr aus dem M... Weg ein rasches Abfließen dieses Verkehrs ermöglichen. Dem soll
die Ausweitung des nördlichen Teils des M... Wegs dienen, um dort eine separate Rechtsabbiegespur
einrichten zu können. Folgemaßnahmen an Anlagen, die an sich einer anderen Planungszuständigkeit
unterliegen, dürfen allerdings über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (vgl. BVerwG,
Beschl. v. 13.7.2010, NVwZ 2010, 1244 [Rn. 4]). Diese Grenze ist hier nicht überschritten.
Es kann daher dahinstehen, ob sich die Rechtfertigung, hier ein fernstraßenrechtliches
Planfeststellungsverfahren durchzuführen, daneben auch aus § 12 Abs. 4 bzw. Abs. 6 Satz 1 FStrG ergibt,
wonach über eine wesentliche Änderung bestehender Kreuzungen zwischen einer Bundesfernstraße und
anderen öffentlichen Straßen bzw. entsprechender Einmündungen durch die Planfeststellung entschieden wird.
Zu den Änderungen einer Kreuzung oder Einmündung zählen u.a. Maßnahmen, die die Verkehrssicherheit oder
den Verkehrsfluss an einer höhengleichen Kreuzung verbessern, wie die Herstellung von Ein- und
Ausfahrtstreifen (vgl. Stahlhut in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 20, Rn. 23).
b) Zu Recht hat die Beklagte ein eigenständiges Planfeststellungsverfahren durchgeführt und nicht, wie die
Klägerin dies für geboten hält, ein Verfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 VwVfG. Die Klägerin möchte mit
ihrem Einwand im Ergebnis erreichen, dass das mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 29. Januar 1998 für
den Ausbau des S... Wegs abgeschlossene Verfahren wiederaufgegriffen wird. § 76 VwVfG ist hier aber nicht
anwendbar, da das mit dem Planfeststellungsbeschluss von 1998 festgestellte Vorhaben (Umgehung
Fuhlsbüttel – Teil 2 – Ausbau des S... Wegs) im Zeitpunkt der Antragstellung für das hier streitgegenständliche
Vorhaben (September 2010) längst fertiggestellt war. Dass im Erläuterungsbericht (S. 3 unter 1.1.3) von einem
"ergänzenden Planfeststellungsverfahren" die Rede ist, ist insoweit ohne rechtlichen Belang. Es kann daher
beim Lärmschutz, um den es der Klägerin vordringlich geht, nur auf diejenigen Auswirkungen ankommen, die
die jetzt planfestgestellte Maßnahme bewirkt; damals nicht vorhersehbare Auswirkungen der Planfeststellung
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von 1998 können nur zu Ansprüchen nach § 17 Satz 3 FStrG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG führen, die
nach Maßgabe von § 17 Satz 3 FStrG i.V.m. § 75 Abs. 3 VwVfG geltend zu machen sind. Einen
entsprechenden Antrag hat die Klägerin bei der Beklagten gestellt.
c) Ohne Erfolg rügt die Klägerin eine unzureichende Planrechtfertigung.
Das erkennende Gericht geht für die weitere Prüfung zugunsten der Klägerin davon aus, dass sie die Frage der
Planrechtfertigung im vorliegenden Verfahren zulässigerweise aufwerfen kann, auch wenn ihr Grundstück für
die Durchführung der planfestgestellten Maßnahme nicht in Anspruch genommen werden soll und sie daher von
dem Vorhaben nur mittelbar betroffen ist (für ein Rügerecht auch für nur mittelbar Betroffene: BVerwG [4.
Senat], Urt. v. 9.11.2006, BVerwGE 127, 95, 102 [Rn. 33 ff.]; a.A. BVerwG [9. Senat], Urt. v. 24.11.2011, NuR
2013, 184, 186 [Rn. 27]). Die erforderliche Planrechtfertigung ist gegeben.
Eine Planung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Fachgesetz
verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht, die Maßnahme
unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist. Die Planrechtfertigung erfordert mithin die Prüfung, ob
das Vorhaben mit den Zielen des Gesetzes übereinstimmt (fachplanerische Zielkonformität) und ob das
Vorhaben für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein. Das ist nicht erst
bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist
(vgl. BVerwG, Urt. v. 9.11.2006, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.; Dürr in: Kodal, a.a.O., Kapitel 36, Rn. 27.1).
Nach diesen Maßstäben besteht für den geplanten Umbau des Knotens S... Weg/M... Weg-W... Weg eine
ausreichende Planrechtfertigung. Dabei ist es nicht entscheidend, dass es in Ziffer 1.2 des
Erläuterungsberichts heißt, die Maßnahme werde "im Rahmen der Erhöhung der Verkehrssicherheit
durchgeführt". Auch wenn die Verbesserung des Verkehrsflusses und die Erhöhung der Verkehrssicherheit in
engem Zusammenhang stehen mögen, geht es vorrangig darum, "die notwendige Leistungsfähigkeit [des S...
Wegs] wiederherzustellen", wie sich aus dem Erläuterungsbericht (Ziffer 2 am Ende) ergibt. Die
Planrechtfertigung unterliegt – vorbehaltlich prognostischer Einschätzungen, um die es in diesem
Zusammenhang aber nicht geht – der vollständigen gerichtlichen Kontrolle. Dabei kann das Gericht eine im
Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung für die Planrechtfertigung anders als die
Planfeststellungsbehörde beurteilen und dennoch die Planrechtfertigung insgesamt bejahen. Maßgebend ist
insoweit nicht, wie die Planfeststellungsbehörde die Frage der Erforderlichkeit bewertet hat, sondern ob sich
nach der objektiven Rechtslage für das geplante Vorhaben hierauf bezogene "vernünftige" Gründe ergeben
(BVerwG, Urt. v. 24.11.1989, BVerwGE 84, 123, 131).
Die Beseitigung bzw. zumindest nachhaltige Reduzierung der alltäglichen Stauungen auf dem S... Weg ist ein
fernstraßenrechtlich zulässiges Ziel. Bundesfernstraßen sind dazu bestimmt, einem weiträumigen Verkehr zu
dienen (§ 1 Satz 1 FStrG). Jedenfalls für Strecken außerhalb der geschlossenen Ortslage rechtfertigt diese
Bestimmung Maßnahmen, die darauf abzielen, den Verkehr möglichst störungsfrei fließen zu lassen und
unvermeidbare Störungen auf ein Minimum zu reduzieren.
Die geplante und planfestgestellte Maßnahme ist objektiv auch vernünftigerweise geboten und damit im
Rechtssinn erforderlich. Die zum Zweck der Vermeidung von Unfällen eingerichtete Linksabbiegephase an der
Kreuzungsampel für den Verkehr auf dem S... Weg aus Richtung Osten hat nach unbestrittener Darstellung im
Erläuterungsbericht trotz verkehrsangepasster Ampelschaltungen zu langen Rückstaus auf dem S... Weg,
Fahrtrichtung Ost, geführt, die sich in den Spitzenverkehrszeiten fast bis zur Autobahn A7 zurück erstrecken.
Mit dem Bau einer Rechtsabbiegespur im M... Weg wird nach der plausiblen Darstellung der Beklagten eine
gleichzeitige Abwicklung der Verkehrsbeziehungen aus dem S... Weg (Ost) in den M... Weg und aus dem M...
Weg nach rechts in den S... Weg möglich. Hierdurch kann die Grünphase für den Verkehr auf dem S... Weg in
der Morgenspitze von bisher 44 auf künftig 53 Sekunden pro 90-Sekunden-Umlauf und damit um 20%
verlängert werden. Rechnerisch wird hierdurch auf den beiden Fahrstreifen Richtung Osten ein um insgesamt
400 Fahrzeuge pro Stunde erhöhter Abfluss erreicht. In der Nachmittagsspitze kann die Grünphase sogar um
16 Sekunden von bisher 37 auf künftig 53 Sekunden verlängert werden, was theoretisch zu einer stündlichen
Erhöhung der Durchfluss-Kapazität um 720 Fahrzeuge führt.
d) Die Planrechtfertigung fehlt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht wegen der Hecke, die sich südlich
ihrer Grundstückszufahrt befindet und für die Realisierung der Planung beseitigt werden soll. Die Klägerin hält
diese etwa 20 m lange Buchenhecke für eine Grenzeinrichtung im Sinn von §§ 921, 922 BGB, die gemäß § 922
Satz 3 BGB nicht ohne ihre Zustimmung beseitigt werden könne; sie werde ihre Zustimmung zur Beseitigung
nicht erteilen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010, NVwZ 2010,
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1486, 1487 [Rn. 22]) fehlt die Planrechtfertigung, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bereits im Zeitpunkt
des Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen werden kann, weil sie objektiv unmöglich ist. Eine objektive
Unmöglichkeit ist im Zusammenhang mit der Hecke jedoch nicht gegeben. Selbst dann, wenn die Hecke eine
Grenzeinrichtung wäre, dürfte schon keine objektive Unmöglichkeit vorliegen, da der Fortbestand der Hecke
dann vom Willen der Klägerin abhängig wäre und über eine Beseitigung in der Folge zwischen den Beteiligten
noch verhandelt werden könnte. Die Hecke ist aber entgegen der Ansicht der Klägerin keine Grenzeinrichtung
im Sinn von § 921 BGB.
§ 921 BGB setzt voraus, dass zwei Grundstücke durch eine Einrichtung, z.B. eine Hecke, die zum Vorteil
beider Grundstücke dient, voneinander geschieden werden. Hierzu ist es erforderlich, dass die Anlage – nicht
notwendig in der Mitte – von der Grenzlinie geschnitten wird. Eine Hecke kann auch dann als Ganzes eine
Grenzeinrichtung sein, wenn aktuell nur wenige Stämme von Heckenpflanzen dort, wo sie aus dem Boden
austreten, die Grenze geringfügig überschreiten (BGH, Urt. v. 15.10.1999, BGHZ 143, 1, 3 f. m.w.N.). Im
vorliegenden Fall spricht schon viel dafür, dass die Hecke gar nicht von der Grenzlinie zwischen dem
Grundstück der Klägerin und dem Straßengrundstück durchschnitten wird, sondern insgesamt auf dem
Straßengrundstück steht. Denn die Hecke befindet sich zur Straße hin noch vor einer auf dem Grundstück der
Klägerin verlaufenden Mauer, die ihrerseits – wie eine von der Klägerin nicht angefochtene Grenzherstellung
vom April 2010 ergeben hat – nur 20 bis 25 cm von der Grundstücksgrenze entfernt steht.
Eine Grenzeinrichtung liegt außerdem nur dann vor, wenn der Nachbar der Errichtung, Anlegung bzw.
Anpflanzung mindestens konkludent zugestimmt hat. Von einer Zustimmung des Nachbarn kann nur dann
ausgegangen werden kann, wenn dieser von der Grenzüberschreitung wusste oder jedenfalls mit ihr rechnete
(BGH, Urt. v. 15.10.1999, a.a.O., S. 5). Ob dies hier der Fall war, erscheint fraglich, kann letztlich aber
offenbleiben. Entscheidend ist, dass eine Grenzeinrichtung gemäß § 921 BGB nur dann vorliegt, wenn die
Einrichtung funktionell (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 7.3.2003, BGHZ 154, 139) "zum Vorteil beider Grundstücke
dient". Auch hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Soweit in der Rechtsprechung in typischen
Nachbarschaftskonfliktsfällen die objektive Vorteilhaftigkeit einer Hecke aus ihrer Funktion als Lärm- und
Sichtschutz hergeleitet wird (BGH, Urt. v. 15.10.1999, a.a.O., S. 5; AG Hannover, Urt. v. 23.4.2009, 414 C
6373/08, juris, Rn. 19), kann dies vorliegend keine Rolle spielen. Für die Klägerin wird der Sichtschutz, den ihr
allerdings bereits die hinter der Hecke stehende Mauer verschafft, vorteilhaft sein, für die Beklagte als
Straßengrundeigentümerin spielt diese Funktion keine Rolle.
e) Ohne Erfolg bezweifelt die Klägerin die Unabhängigkeit der Beklagten als Planfeststellungsbehörde vom
Vorhabenträger, dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. Der gerügte Mangel komme darin zum
Ausdruck, dass der Vorhabenträger deutliche Zeitvorstellungen für die Umsetzung der Baumaßnahme geäußert
und entsprechende zeitliche Wünsche für das Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses geäußert habe.
Letztlich sei der Planfeststellungsbeschluss dann genau innerhalb des Wunsch-Zeitfensters erlassen worden,
obwohl noch zwei Wochen vor Erlass des Beschlusses eine Besprechung der Beklagten mit der Klägerin
stattgefunden habe, in der verabredet worden sei, das Gesamtproblem der sehr hohen Lärmbelastung
nochmals zu beleuchten und nach unstreitigen Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Dies rechtfertigt nicht die Annahme, die Planfeststellungsbehörde sei nicht unabhängig vom Vorhabenträger
gewesen. Eine Weisungsbefugnis – die Klägerin spricht in diesem Zusammenhang von einer in eine Bitte
gekleidete Dienstanweisung – steht dem Landesbetrieb gegenüber der Planfeststellungsbehörde nicht zu.
Durch die Verselbständigung der für die Realisierung und Erhaltung baulicher Infrastrukturanlagen zuständigen
Stelle als Landesbetrieb ist organisatorisch eine Trennung von der Stelle innerhalb der zuständigen
Fachbehörde vorgenommen worden, die die gesetzliche Aufgabe als Planfeststellungsbehörde wahrnimmt.
Weitere Vorkehrungen zur Sicherung der institutionellen oder organisatorischen Unabhängigkeit können aus
dem Grundsatz des fairen Verfahrens nicht hergeleitet werden. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn
Vorhabenträgerschaft und Planfeststellung in der Hand einer einzigen Behörde lägen (vgl. hierzu BVerwG, Urt.
v. 24.11.2011, NVwZ 2012, 557, 559 [Rn. 20 - 23 m.w.N.]), bedarf hier keiner Entscheidung.
Auch lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit nicht schon darauf gründen, dass die
Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss innerhalb des Zeitraums erlässt, der den
Zeitvorstellungen des Vorhabenträgers entspricht, nachdem dieser eine zeitliche Dringlichkeit geltend macht
hat. Enge Zeitvorstellungen werden bei Trägern von Bauvorhaben, die bereits etliche Zeit in die Erstellung der
Planunterlagen investiert haben, nicht selten gegeben sein. Der Umstand, dass der Planfeststellungsbeschluss
zwei Wochen nach der letzten Besprechung mit der Klägerin erlassen wurde, rechtfertigt nicht den Vorwurf der
Befangenheit. Zwar trägt die Klägerin vor, in dieser Besprechung sei abgesprochen worden, das
Gesamtproblem der hohen Lärmbelastung nochmals zu beleuchten und nach unstreitigen
Lösungsmöglichkeiten zu suchen. In dem von der Planfeststellungsbehörde verfassten Schreiben vom 21.
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Februar 2011 über die Besprechung am 18. Februar 2011 heißt es aber deutlich zurückhaltender, dass u.a.
aktive Lärmschutzmöglichkeiten "angedacht" worden seien. Am Ende des Schreibens heißt es von der
Klägerin unwidersprochen: "Zusagen habe ich nicht gemacht. Ich werde dem Vorhabenträger über die
Besprechung berichten."
2.2. Der Planfeststellungsbeschluss leidet jedoch an einem Abwägungsfehler aufgrund unzureichender
Ermittlung der Auswirkungen der geplanten Umbaumaßnahme auf die Belange der Klägerin.
Die Klägerin ist mit den im Klageverfahren geltenden gemachten Einwendungen nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz
1 FStrG präkludiert. Sie hat am 18. Oktober und am 4. November 2010 und damit innerhalb der von der
Anhörungsbehörde gemäß § 17 Satz 3 FStrG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 2 VwVfG bis zum 5. November 2010
zulässigerweise bestimmten Einwendungsfrist die auch im Klageverfahren vorgebrachten Belange als
Einwendungen geltend gemacht.
Die Klägerin hat ihre Belange auch im Klageverfahren rechtzeitig innerhalb der Sechswochenfrist des § 17e
Abs. 5 Satz 1 FStrG vorgebracht. Diese Frist beginnt erst mit der Klageerhebung, nicht schon mit der
Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses (BVerwG, Beschl. v. 17.2.1997, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
127; Urt. v. 30.8.1993, NVwZ 1994, 371, 372). Die Klage wurde am 7. April 2011 erhoben, die Begründung ging
exakt sechs Wochen später, am 19. Mai 2011, beim Oberverwaltungsgericht ein.
a) Die unzureichende Ermittlung der Auswirkungen des geplanten Kreuzungsumbaus auf die Belange der
Klägerin stellt einen Abwägungsfehler dar. Dadurch dass die Planfeststellungsbehörde infolge unrichtiger bzw.
unzureichender Grundannahmen bei der Verkehrsprognose die auf dem Grundstück der Klägerin zu
erwartenden Belastungen durch Lärm zu ihrem Nachteil unzureichend ermittelt hat, verstößt der
Planfeststellungsbeschluss gegen den aus § 17 Satz 2 FStrG folgenden Anspruch der Klägerin auf gerechte
Abwägung ihrer rechtlich schutzwürdigen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen (vgl. BVerwG, Urt.
v. 13.5.2009, NVwZ 2009, 1498, 1501 [Rn. 50 = in juris Rn. 51]).
Die Beklagte hat es fehlerhaft unterlassen zu untersuchen, ob die geplante Änderung des Knotens S...
Weg/M... Weg-W… Weg voraussichtlich zu einer Änderung der Verkehrsstärke v.a. auf dem S... Weg und
damit zu einer Änderung der Lärmbelastung führen wird, wobei es im vorliegenden Verfahren nur um die
Auswirkungen für die Klägerin gehen kann. Das Ermittlungsdefizit beruht auch auf einer unzutreffenden
rechtlichen Einschätzung, auf welche Änderungen es im vorliegenden Fall ankommen kann.
b) Im vorliegenden Fall kann ein Anspruch der Klägerin auf Lärmvorsorge gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m.
§ 1 der 16. BImSchV aufgrund des geplanten Vorhabens bestehen.
Das Bundesimmissionsschutzgesetz gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG für den Bau öffentlicher Straßen
nur nach Maßgabe der §§ 41 bis 43. § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 1 der 16. BImSchV enthält keine
allgemeine Pflicht zur Lärmsanierung, sondern begründet eine Pflicht zum Lärmschutz nur aus Anlass
baulicher Maßnahmen am Verkehrsweg (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, NVwZ 2006, 331, 333 [Rn. 31]); Urt. v.
21.3.1996, BVerwGE 101, 1, 9).
Im vorliegenden Fall geht es weder um einen Neubau noch um eine bauliche Erweiterung im Sinn von § 1 Abs.
2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV. Der M... Weg soll nur zwischen der Einmündung des G... Wegs und dem S...
Weg auf einer Länge von etwa 70 m ausgeweitet werden, damit ein etwa 35 m langer Rechtsabbiegestreifen
eingerichtet werden kann. Bei einem solch kurzen Abbiegestreifen handelt es sich nicht um einen weiteren
durchgehenden Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr im Sinn von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16.
BImSchV (ebenso OVG Lüneburg, Urt. v. 4.12.1992, 7 L 3711/91, juris, Rn. 48; Strick, Lärmschutz an
Straßen, 2. Aufl. 2006, Rn. 87).
Allerdings liegt hier ein erheblicher baulicher Eingriff vor, der bei Erfüllung der weiteren in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 bzw. Satz 2 der 16. BImSchV genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Lärmvorsorge auslöst. Ein
solcher Eingriff wird zwar noch nicht in der geringfügigen Verlängerung des Fahrbahn-Trennstreifens auf dem
S... Weg im östlichen Teil der Kreuzung einschließlich des Rückbaus der dortigen Fußgänger- und
Radfahrerfurt gesehen werden können. Hingegen erfüllen die geplanten Fahrbahn-Erweiterungsmaßnahmen im
M... Weg die Anforderungen an einen erheblichen baulichen Eingriff. Hierfür sind Maßnahmen kennzeichnend,
die in die bauliche Substanz und in die Funktion der Straße als Verkehrsweg eingreifen, sofern der Eingriff auf
eine Steigerung der verkehrlichen Leistungsfähigkeit der Straße abzielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.1995,
BVerwGE 97, 367, 369 f.; Strick, a.a.O., Rn. 92). Dementsprechend nennt Abschnitt 10.1, Absatz 2 der
VLärmSchR 1997 den Bau von Abbiegestreifen ausdrücklich als Beispiel für einen erheblichen baulichen
Eingriff.
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c) Weder der Vorhabenträger noch die Planfeststellungsbehörde haben hinreichend ermittelt, ob und ggf. in
welchem Umfang es infolge der baulichen Veränderung des Knotens S... Weg/M... Weg-W….. Weg zu einer
Veränderung der Verkehrsstärke und des dadurch vom zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden
Verkehrslärms kommen wird (vgl. zur Kausalitätsbeziehung zwischen baulichem Eingriff und Lärmsteigerung:
BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, NVwZ 2006, 331, 333 [Rn. 27 ff.]). Zwar hat die Beklagte bei der Frage, ob und in
welchem Umfang bauliche Maßnahmen zu einer Steigerung des Verkehrsaufkommens und damit der
Lärmbelastung führen, einen Prognosespielraum. Diesen Spielraum hat die Beklagte aber nicht in der
gebotenen Weise ausgefüllt. Vielmehr liegen hier Fehler vor, die das Gericht ohne Missachtung des Spielraums
rügen kann und muss.
Die im Rahmen der Planung erstellte und im Planfeststellungsverfahren überarbeitete lärmtechnische
Untersuchung des Ingenieurbüros Roland A... (IBA) enthält hinsichtlich der voraussichtlichen Verkehrsstärke
keine Differenzierung zwischen einem Prognose-Nullfall (Verkehrsstärke ohne Umbau der Kreuzung) und einem
Prognose-Planfall (Verkehrsstärke nach Umbau der Kreuzung). So heißt es im Erläuterungsbericht der
lärmtechnischen Untersuchung unter "Berechnungsgrundlagen/Verkehrszahlen" (S. 4, unter 3): "Die der
Berechnung zugrunde liegenden Verkehrszahlen wurden von der BSU V5211 zur Verfügung gestellt. Im
Knotenpunktsbereich ist die Zählung K 4632 vom 17.06.2004 ausgewertet und für die Prognose 2025
hochgerechnet worden." Anschließend weist eine Tabelle die verschiedenen Verkehrsströme ohne
Differenzierung ohne/mit baulichen Veränderungen aus. Sowohl die Planer des Vorhabenträgers als auch die
Planfeststellungsbehörde gehen davon aus, dass sich die zahlenmäßige Verkehrsdichte infolge des Umbaus
der Kreuzung nicht verändert. Dies ist indes nicht ausreichend plausibel.
aa) Die einmalige Zählung vom 17. Juni 2004, die eingestandenermaßen lediglich ein Tagesereignis
widerspiegelt, ist für die Prognose der Auswirkungen des geplanten Kreuzungsumbaus schon deshalb nur von
eingeschränkter Aussagekraft, weil sie vor der Einrichtung der gesonderten Linksabbiegephase der
Kreuzungsampel für Linksabbieger aus dem S... Weg Ost in den M... Weg (November 2005) stattfand. Die
Stauungen auf dem S... Weg (v.a. Fahrtrichtung Ost) an der hier in Rede stehenden Kreuzung haben sich nach
dem Erläuterungsbericht jedoch erst infolge der Einrichtung der separaten Linksabbiegephase an der
Kreuzungsampel ergeben. Welche Auswirkungen dies auf die Verkehrsströme auf den verschiedenen Straßen,
die zu der Kreuzung hin- bzw. von ihr wegführen, mit sich gebracht hat, ist der Zählung vom Juni 2004
naturgemäß nicht zu entnehmen. Die an der Dauerzählstelle am G... Weg (ca. 1,1 km östlich der Kreuzung S...
Weg/M... Weg) ermittelten DTV- bzw. DTV/w-Werte sind zwar ein Indiz dafür, dass sich die geänderte
Ampelschaltung am M... Weg wenig auf die Verkehrsstärke ausgewirkt haben mag, besagen aber nicht,
welchen Weg die Verkehre genommen haben, bevor sie von Westen kommend die Zählstelle an der
Einmündung des G... Wegs passieren. Für den M... Weg gibt es keinerlei Zählungen nach derjenigen vom 17.
Juni 2004. Die Annahme eines für Straßenprojektentwicklung zuständigen Mitarbeiters der BSU (vgl. die in der
Sachakte befindlichen E-Mails von Herrn ….. vom 12. Januar und 20. April 2010), das Wohngebiet ... eigne
sich nicht als Ausweichstrecke für den verstopften S... Weg, ist zu pauschal. So führte bei der
Einwendungserörterung am 11. Januar 2011 auch ein anderer BSU-Bediensteter aus, zwar "biete sich die
Strecke über den M... Weg nicht sehr für Ausweichverkehre an, es gebe aber sicher Verkehrsteilnehmer, die
trotzdem über den M... Weg ausweichen" (Zusammenfassung der Besprechung, Schreiben vom 21. Januar
2011, S. 2). Ebenso vertrat ein Mitarbeiter des BKP Ingenieurbüros die Ansicht, im M... Weg sei eine Erhöhung
der Verkehrsbelastung infolge der Umfahrung der Staus im S... Weg zu verzeichnen. Die spätere Optimierung
der Ampelschaltungen habe insoweit keine signifikante Änderung gebracht (a.a.O., S. 2).
bb) Wenn aber damit gerechnet wird, dass nach Verwirklichung des geplanten Kreuzungsumbaus ein
Ausweichen über den M... Weg nicht mehr erforderlich sein werde und sich die Verkehrsbelastung im M... Weg
in den morgendlichen Spitzenstunden reduzieren werde (a.a.O., S. 3), wird schon der im M... Weg wegfallende
Teil des Verkehr anders, am ehesten wohl wieder unmittelbar über den S... Weg, laufen.
Daneben ist bisher überhaupt nicht in den Blick genommen worden, ob und ggf. in welchem Umfang der S...
Weg nach der Behebung der Stauproblematik infolge des Umbaus der hier in Rede stehenden Kreuzung für
solche Verkehrsteilnehmer (wieder) attraktiv wird, die ihn bisher wegen der Stauungen gemieden haben. Ein
Durchfahren des Stadtteils ..., bei dem der S... Weg letztlich über den M... Weg erreicht wird, mag bisher
allenfalls für eher lokale Verkehre eine hinreichend attraktiv erscheinende Stauumfahrungsmöglichkeit gewesen
sein. Hingegen gibt es für Verkehre, die aus der Stadtmitte oder aus dem Süden Hamburgs z.B. den Flughafen
Hamburg ansteuern, im Fall von Stauungen auf dem S... Weg derzeit ganz anders gelagerte
Alternativstrecken, z.B. über die A... oder die F... Straße. Fällt der tägliche Stau auf dem S... Weg weitgehend
weg und verändert sich auf diese Weise der sog. Netzwiderstand des Verkehrsnetzes, kann für solche
Verkehrsteilnehmer die Benutzung der Autobahn A7 bis zur Ausfahrt Schnelsen-Nord und die Weiterfahrt über
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die O... Straße zum S... Weg wieder attraktiv sein. Ohne nähere Untersuchungen kann dieser Möglichkeit nicht
einfach die "händische" Deckelung der Kapazität der O... Straße entgegen gehalten werden, die in den bereits
erwähnten E-Mails eines BSU-Mitarbeiters vom 12. Januar und 20. April 2010 zum Ausdruck kommt.
d) Das Ermittlungsdefizit beruht auch darauf, dass die Beklagte – wie sie in der mündlichen Verhandlung
nochmals verdeutlicht hat – davon ausgegangen ist, sie brauche aus rechtlichen Gründen nur Veränderungen
am M... Weg zu berücksichtigen. Zwar finden bei isolierter Betrachtung nur dort "erhebliche bauliche
Veränderungen" i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 der 16. BImSchV statt; für die Auswirkungen auf die
Lärmbetroffenheit der Anlieger ist aber die gesamte Kreuzung zu betrachten. Gegenstand der Planfeststellung
ist schließlich der Umbau der Kreuzung, nicht allein des M... Wegs. Der geplante Umbau der Kreuzung
bezweckt die Verbesserung des Verkehrsflusses gerade im S... Weg.
Wenn es in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sowie Satz 2 der 16. BImSchV heißt, die Änderung eines Verkehrswegs
sei dann wesentlich, wenn durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel "des von dem zu
ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms" sich in bestimmter Weise erhöht, so heißt dies nicht,
dass nur die Auswirkungen auf dem Teil des Gesamtbauvorhabens zu berechnen sind, auf dem die
hauptsächlichen baulichen Veränderungen stattfinden. Auch der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV ist dies
nicht zu entnehmen. "Zu ändernder Verkehrsweg" ist beim Umbau einer Kreuzung die gesamte Kreuzung mit
der Folge, dass jedenfalls für Grundstücke im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Kreuzung die
Veränderungen auf allen Kreuzungsästen zu betrachten sind. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, wenn es dort heißt, Schutzanspruch und Änderungsmaßnahme seien räumlich
miteinander verknüpft, Schallschutz nach § 41 BImSchG und der 16. BImSchV werde nur im räumlichen
Zusammenhang mit der Baumaßnahme gewährt (BVerwG, Urt. v. 23.11. 2005, NVwZ 2006, 331, 333 (Rn. 28]).
Wenn es dort heißt, Lärmsteigerungen, die infolge der baulichen Veränderung des Verkehrswegs an anderer
Stelle im Verkehrsnetz aufträten, könnten demgegenüber nicht anspruchsbegründend wirken, so sind damit
weiter entfernt auftretende Auswirkungen gemeint.
Auch der Kausalzusammenhang zwischen der geplanten Baumaßnahme und der möglicherweise sich auf dem
klägerischen Grundstück ergebenden Lärmsteigerung durch eine etwaige Erhöhung des Verkehrs auf dem S...
Weg ist nicht zu bestreiten. Hierbei geht es, wie das Bundesverwaltungsgericht ausführt (Urt. v. 23.11.2005,
a.a.O., [Rn. 28]), "um eine Zurechnungsfrage, nämlich darum, welche Lärmsteigerungen derart mit dem
Vorhaben zusammenhängen, dass der Baulastträger für sie einzustehen hat". Wenn aber die Maßnahme
gerade auf die Verbesserung des Verkehrsflusses auf dem S... Weg zielt, ist es nur sachgerecht, die etwaige
Lärmsteigerung, die durch die umbaubedingt bewirkte Erhöhung der Verkehrsbelastung auf dem S... Weg
entstehen mag, dem Baulastträger der Kreuzungsumbaumaßnahme zuzurechnen.
2.3. Der vorliegende Abwägungsfehler ist im Sinn von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich (a). Er rechtfertigt
hier allerdings nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da der Mangel durch Planergänzung
oder ein ergänzendes Verfahren behebbar ist (§ 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Daher ist nur die Feststellung
gerechtfertigt, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist (b).
a) Mängel bei der Abwägung der vom Vorhaben berührten privaten und öffentlichen Belange sind gemäß § 17e
Abs. 6 Satz 1 FStrG nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss
gewesen sind.
Ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang darf nur dann angenommen werden, wenn konkrete
Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten. Es genügt dagegen nicht, wenn lediglich nicht
ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet (vgl. BVerwG, Beschl. v.
29.1.1992, NVwZ 1992, 662, 663; Dürr in: Kodal, a.a.O., Kapitel 37, Rn. 32.23).
Vorliegend ist ein offensichtlicher Mangel in diesem Sinn gegeben. Der Umstand, dass etwaige Änderungen der
Lärmemissionen vom S... Weg bei der Planung und der Planfeststellung gar nicht in den Blick genommen
worden sind, ergibt sich bereits aus der lärmtechnischen Untersuchung, in deren Erläuterungsbericht (S. 4) es
hinsichtlich der Verkehrsbelastung auf dem S... Weg heißt: "nur für Dimensionierung berücksichtigt". Ferner ist
im Planfeststellungsbeschluss im Zusammenhang mit der Behandlung der Einwendungen der Klägerin nur von
Auswirkungen "der baulichen Änderung des M... Wegs" (s. 28 unten/ S. 29 oben) die Rede. Kurz darauf (S. 29)
heißt es, bei der Dimensionierung des (dort der Klägerin noch zugesprochenen) passiven Lärmschutzes werde
"der Verkehr auf dem unveränderten S... Weg" mit berechnet. Bereits dies sowie wiederholte Ausführungen der
Beklagten im gerichtlichen Verfahren belegen, dass etwaige umbaubedingte Änderungen in der
Verkehrsbelastung des S... Wegs überhaupt nicht in den Blick genommen oder von vornherein ausgeschlossen
worden sind.
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Der Mangel ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Hätte eine Untersuchung ergeben,
dass der Kreuzungsumbau zu einer erhöhten Verkehrsbelastung des S... Wegs und zu einer hieraus folgenden
Erhöhung der Lärmbelastung auf dem klägerischen Grundstück führt, wäre zumindest mit weitergehenden
Anordnungen zum Zweck des Lärmschutzes zugunsten der Klägerin zu rechnen gewesen. Hierfür spricht
bereits, dass – wovon die Beklagte selbst im Planfeststellungsbeschluss (S. 28 f.) spricht – die Lärmbelastung
des klägerischen Grundstücks, das in einem durch Bebauungsplan ausgewiesenen reinen Wohngebiet gelegen
ist, schon ohne die geplante bauliche Änderung der Kreuzung in einem Bereich liegt, wo nahezu jede Erhöhung
des Beurteilungspegels aufgrund eines erheblichen baulichen Eingriffs Lärmvorsorgeansprüche auslösen kann
(§ 1 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV).
b) Die Klägerin kann allerdings nicht verlangen, dass das Oberverwaltungsgericht den
Planfeststellungsbeschluss wegen des festgestellten Abwägungsfehlers aufhebt. Ein erheblicher
Abwägungsmangel rechtfertigt gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nur dann die Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses, wenn der Mangel nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes
Verfahren behoben werden kann. Eine solche Mangelbehebung ist im vorliegenden Fall jedoch denkbar. Es
lässt sich nicht feststellen, dass der Mangel für die Planungsentscheidung von so großem Gewicht wäre, dass
die Ausgewogenheit der Gesamtplanung insgesamt in Frage steht. Mängel im Lärmschutzkonzept können
grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen daher in der Regel nicht die Aufhebung
des Planfeststellungsbeschlusses (BVerwG, Urt. v. 23.11. 2005, NVwZ 2006, 331, 332 [Rn. 17]).
Die Beklagte (oder der Vorhabenträger) kann die Auswirkungen des geplanten Kreuzungsumbaus auf die
künftige Verkehrsbelastung des S... Wegs im Kreuzungsbereich und die daraus ggf. resultierende Erhöhung
des Beurteilungspegels des von dort ausgehenden Verkehrslärms ermitteln. Im Anschluss hieran kann sie
prüfen, ob (zumindest) der Klägerin weitergehende Ansprüche auf Lärmvorsorge zustehen bzw. ob die
Maßnahme, ggf. mit Modifikationen, durchgeführt werden soll. Die Klägerin hat selbst keinen Anspruch auf
Durchführung eines ergänzenden Verfahrens; ihrem Interesse wird mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit
und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ausreichend Rechnung getragen
(vgl. BVerwG, Urt. v. 21.3.1996, BVerwGE 100, 370, 372 f.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Gründe, aus denen das
Oberverwaltungsgericht die Revision zuzulassen hätte (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.