Urteil des FG Hamburg vom 29.01.2015

FG Hamburg: unwirksamkeit der kündigung, behinderung, freier mitarbeiter, umstrukturierung, betriebsrat, freie mitarbeit, qualifikation, verwaltungsverfahren, unternehmen, ermächtigung

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1. Für die nach § 85 SGB IX zu treffende Ermessensentscheidung ist es nicht von Relevanz, ob der Arbeitgeber die Schwerbehindertenquote (vgl. §§ 71 ff. SGB IX) erfüllt hat.
2. Der besondere Schutz der §§ 85 ff. SGB IX tritt zusätzlich neben den allgemeinen arbeitsrechtlichen (Kündigungs-) Schutz. Das Integrationsamt hat nicht parallel zum Arbeitsgericht
über die Frage der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu befinden. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung
evident ist.
3. Da die Fragen, ob anderweitige Arbeitsplätze der gleichen oder einer anderen Hierarchieebene zuzuordnen sind und ob mit Blick darauf zumutbare
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten, die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der Kündigung betreffen, unterliegen auch sie, weil sie keine behinderungsbedingte Komponente
aufweisen, im Verfahren nach den §§ 85 ff. SGB IX nur einer Evidenzkontrolle.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 4. Senat, Urteil vom 10.12.2014, 4 Bf 159/12
§ 71ff SGB 9, § 85ff SGB 9
Verfahrensgang
vorgehend VG Hamburg, 28. Juni 2012, Az: 13 K 1030/11, Urteil
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2012 ergangene Urteil des
Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Gerichtskosten
werden nicht erhoben.
Hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die
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Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die
Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Zustimmung der Beklagten zu ihrer Kündigung.
Die 46 Jahre alte Klägerin war seit Januar 1999 bei der Beigeladenen, einem Zeitschriftenverlag, als Redakteurin für die Zeitschrift „V...“
im Ressort Kosmetik/Fitness/Mode tätig. Sie ist – seit Februar 2011 mit einem Grad der Behinderung von 80 sowie den festgestellten
Merkzeichen „G“, „aG“ und „B“ – als schwerbehindert anerkannt.
Im Mai 2010 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Zustimmung zur ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Klägerin:
Aufgrund der Krise des Zeitschriftenmarktes werde eine Neuorganisation der Zeitschriftenredaktionen vorgenommen. Künftig würden
die Redaktionen mit einem „Blattmacherteam“, bestehend aus Chefredaktion, Artdirektion, Textchef und einer Anzahl von Ressortleitern,
besetzt werden, während es keine fest angestellten Redakteure und Graphiker mehr geben solle. Deren Aufgaben sollten an freie
Journalisten und Graphiker vergeben werden. Mit der neuen Organisationsstruktur sei der Fortfall von ca. 60 Arbeitsplätzen verbunden.
Darunter sei auch der Arbeitsplatz der Klägerin.
Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 28. Mai 2010: Diese sei sozial ungerechtfertigt, weil eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestehe. Sie habe sich kürzlich auf die ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende
Ressortleiterin im Ressort „Beauty“ in der Redaktion der Zeitschrift „P...“ sowie bereits vor einiger Zeit als stellvertretende Ressortleiterin
im Ressort „Gesundheit“ in der Redaktion der Zeitschrift „V...“ beworben. Die Beigeladene habe sich jedoch in beiden Fällen für eine
andere Bewerberin bzw. für einen anderen Bewerber entschieden. In einer gemeinsamen Stellungnahme vom 7. Juni 2010 wiesen der
Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung ergänzend darauf hin, dass zwar alle Redakteursstellen weggefallen seien. In den
Redaktionen seien jedoch neue Stellen für stellvertretende Ressortleiter geschaffen worden, die nahezu identische Arbeitsinhalte hätten.
Daher gebe es Möglichkeiten, die Klägerin weiter zu beschäftigen.
In der Folgezeit verwies die Beigeladene, die zwischenzeitlich eine Massenentlassungsanzeige nach §§ 17 ff. KSchG an die Agentur für
Arbeit gerichtet und Ende Juni 2010 mit dem Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart hatte, in mehreren Stellungnahmen darauf, dass es
sich bei den ausgeschrieben gewesenen Stellen als stellvertretende Ressortleiter(in), für die sie überdies Tendenzschutz gemäß Art. 5 GG
in Anspruch nehmen könne, um im Vergleich zu Redakteursstellen höherwertige Stellen gehandelt habe. Die redaktionelle
Organisationsstruktur und -hierarchie (Ressortleitung, stellvertretende Ressortleitung, Redakteure) habe bereits vor der Umstrukturierung
bestanden. Für die ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende(r) Ressortleiter(in) weise die Klägerin nicht die ausweislich der
Stellenausschreibungen benötigte Qualifikation auf, während die ausgewählten Bewerber die notwendigen Anforderungen erfüllten.
Insbesondere habe die Klägerin keine Führungserfahrung, fehle ihr der gewachsene Kontakt zu wichtigen Anzeigenkunden, habe sie
keine Erfahrung in der Anleitung und im „Briefing“ externer Mitarbeiter und fehle ihr die fachliche Eignung in den einschlägigen
Themengebieten. Auch habe sie als Redakteurin für die „V...“ in erster Linie, auch wenn es mitunter Überschneidungen gegeben habe,
rein redaktionelle Tätigkeiten in ihrem Themenressort ausgeübt und insbesondere auch nicht die Ressortleiterin im Falle ihrer
Abwesenheit vertreten.
Die Klägerin trat dem in mehreren Schreiben unter Hinweis auf ihre bisherigen Arbeits- und Aufgabengebiete sowie erworbene
Erfahrungen entgegen: Sie habe bei der „V...“ faktisch ein Unterressort „Kosmetik“ geleitet. Die in Teilzeit beschäftigte Ressortleiterin
habe sie regelmäßig vertreten. Die Koordination und das „Briefing“ freier Mitarbeiter habe sie stets eigenverantwortlich für ihren
Themenbereich durchgeführt. Auch habe sie Anzeigengespräche mit Kunden geführt und selbständig und eigenverantwortlich Themen
entwickelt. Wiederholt machte sie überdies geltend, sie sei für die beiden Stellen als stellvertretende Ressortleiterin bei der „V...“ und bei
der „P...“, auf die sie sich ohne Erfolg beworben habe, besser geeignet als die Bewerber, für die die Beigeladene sich entschieden habe.
Zudem seien diese Stellen gegenüber den bisherigen Redakteursstellen nur scheinbar höherwertig, denn sie beinhalteten in erheblichem
Umfang Redakteurstätigkeiten und seien im Ergebnis nicht besser dotiert als Redakteursstellen.
Nachdem auch in zwei Erörterungsterminen eine einvernehmlichen Lösung nicht erzielt werden konnte, erteilte die Beklagte mit
Bescheid vom 27. September 2010 die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin: Die unternehmerische Entscheidung der Beigeladenen
sei nicht offenbar unsachlich oder willkürlich. Sie müsse daher als bindend hingenommen werden. Die Beigeladene habe zudem darauf
verwiesen, dass ein gleichwertiger Arbeitsplatz für die Klägerin nicht zur Verfügung stehe. Dem habe die Klägerin zwar widersprochen.
Dem Integrationsamt sei aber eine abschließende Klärung des komplexen Sachverhalts nicht möglich. Diese sei auch nicht erforderlich,
weil das Verfahren nach §§ 85 ff. SGB IX einen Kündigungsschutzprozess nicht vorwegnehmen solle. Jedenfalls eine offensichtliche
Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, die keinen Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin aufweise, könne nicht
angenommen werden.
Die Beigeladene kündigte mit Schreiben vom 29. September 2010 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. März 2011.
Hiergegen erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage. Zuvor hatte sie die Beigeladene bereits auf Schadensersatz wegen
Diskriminierung aufgrund ihrer Nichtberücksichtigung bei den ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende Ressortleiterin bei der „P...“
und bei „V...“ verklagt.
Mit ihrem Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2010 machte die Klägerin ergänzend geltend: Die
Arbeitsinhalte der früheren Redakteursstellen unterschieden sich nicht von den Arbeitsinhalten der Stellen der stellvertretenden
Ressortleiter nach der Umstrukturierung. Die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass es in der Vergangenheit jedenfalls zwei
Arbeitsplätze gegeben habe, auf die sie hätte umgesetzt werden können. Auch gegenwärtig gebe es wieder freie Stellen als
(stellvertretende[r]) Ressortleiter(in) in verschiedenen Ressorts der „V...“ und der „P...“. Ferner habe die Beklagte nicht beachtet, dass die
Beigeladene in ihrem Betrieb die Schwerbehindertenquote nicht erfülle. Auch habe die Beklagte die besondere Schwere ihrer
Behinderung nicht ausreichend bei der getroffenen Abwägungsentscheidung berücksichtigt.
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Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011 zurück: Die Kündigungsgründe seien
betriebsbedingter Art und stünden nicht im Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin. Die unternehmerische Entscheidung der
Beigeladenen zur Neustrukturierung ihres Betriebs sei jedenfalls nicht offensichtlich unvernünftig, willkürlich oder unsachlich. Dass eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestehe bzw. die von der Beigeladenen vorgenommene Sozialauswahl fehlerhaft sei,
sei zumindest nicht ohne Weiteres erkennbar. Die Beigeladene habe zu den von der Klägerin konkret genannten alternativen
Arbeitsplätzen nachvollziehbar vorgetragen, dass diese höherwertig seien bzw. die Klägerin nicht die hierfür erforderliche Qualifikation
erfülle. Die konkrete Prüfung obliege insoweit den Arbeitsgerichten. Vor diesem Hintergrund falle die Interessenabwägung im Ergebnis
zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten der unternehmerischen Dispositionsfreiheit der Beigeladenen aus. Die Klägerin stehe mitten im
Berufsleben, besitze eine abgeschlossene Ausbildung und verfüge über mehrjährige Berufserfahrung. Übermäßige oder unüberbrückbare
Schwierigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nicht erkennbar. Auch sei sie ledig und nicht zum Unterhalt verpflichtet. Zwar
sei sie schwerbehindert, aber die Kündigungsgründe hätten im behinderungsunabhängigen Bereich ihre Ursache. Sie sei daher nicht
besser zu stellen als ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer.
Nachdem das Arbeitsgericht Hamburg der gegen die Kündigung gerichteten Kündigungsschutzklage zunächst stattgegeben hatte, änderte
das Landesarbeitsgericht Hamburg dieses Urteil auf die Berufung der Beigeladenen mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 7. Mai 2012 und wies die Kündigungsschutzklage ab (7 Sa 41/11): Die Kündigung der Klägerin sei sozial gerechtfertigt. Die
Beigeladene habe im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung eine Organisationsmaßnahme getroffen und umgesetzt, die zur
Folge gehabt habe, dass ein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin – und zahlreicher weiterer Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer – nicht mehr bestanden habe. Dass die unternehmerische Entscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich
gewesen sei, habe die Klägerin nicht dargelegt. Sie habe insbesondere nicht substantiiert dargelegt, dass die Redakteure vor der
Umstrukturierung die gleichen Aufgaben gehabt hätten wie die stellvertretenden Ressortleiter nach der Umstrukturierung, eine
konzeptionelle Umstrukturierung also in Wahrheit gar nicht erfolgt sei. Die stellvertretenden Ressortleiter schrieben nicht nur bzw.
schwerpunktmäßig Texte, was bisher Aufgabe der Redakteure gewesen sei und zukünftig von freien Journalisten zugeliefert werden
solle. Vielmehr obliege ihnen die Wahrung der Gesamtbelange des Objekts, die Teamkonzipierung und die Wahrnehmung der
Einsatzplanung und Kontrolle freier Mitarbeiter. Die Klägerin habe diesbezüglich selbst nicht bestritten, dass ein erheblicher Teil der
Aufgaben, die sie bislang erledigt habe, künftig von freien Journalistinnen und Journalisten erledigt werde. Für die Klägerin bestehe auch
nicht die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem vorhandenen freien Arbeitsplatz. Einen Anspruch auf Versetzung auf eine
Position als stellvertretende Ressortleiterin habe sie nicht, denn hierbei handele es sich um eine hierarchisch über den Redakteursstellen
angesiedelte Position. Die redaktionelle Organisationsstruktur mit Ressortleitern und stellvertretenden Ressortleitern sei bei der
Beigeladenen im Übrigen bereits vor der Umstrukturierung vorhanden gewesen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist rechtskräftig.
Ebenfalls mit – inzwischen rechtskräftigem – Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2012 wies das
Landesarbeitsgericht Hamburg die Berufung der Klägerin gegen das Urteil, mit dem das Arbeitsgericht Hamburg zuvor die
Schadensersatzklage der Klägerin abgewiesen hatte, zurück (7 Sa 86/11): Die Klägerin habe einen Schadensersatzanspruch aus § 15
AGG schon deshalb nicht, weil sie für die ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende Ressortleiterin bei der „P...“ und bei „V...“ nicht
die ausweislich der nicht zu beanstandenden Stellenausschreibungen erforderliche Eignung aufweise. Was die Stelle bei der „P...“
anbelange, verfüge sie nicht über die erforderliche Fähigkeit zum eigenständigen Produzieren von Beauty-Themen. Auch habe sie keine
sehr guten Kontakte zu führenden Herstellern der Beauty-Branche. Ferner fehlten ihr die geforderte Führungskompetenz und, was die
Beigeladene ebenfalls habe voraussetzen dürfen, die Reisebereitschaft. Was die Stelle bei der „V...“ anbelange, fehle ihr die geforderte
Führungskompetenz sowie ein abgeschlossenes Studium. Die Klägerin könne zudem kein umfangreiches medizinisches Fachwissen
nachweisen.
Gegen den Bescheid vom 27. September 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011 hat die Klägerin am 6. Mai 2011
Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie geltend
gemacht: Auch der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung hätten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für sie – die Klägerin –
gesehen und ihrer Kündigung deshalb widersprochen. Selbst die Beklagte sei anfangs davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen
beabsichtigte Kündigung unter schwerbehindertenrechtlichen Gesichtspunkten offensichtlich sachwidrig betrieben worden sei. Die ihr
vorgezogenen Bewerber auf die ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende(r) Ressortleiter(in) seien vorher ebenfalls – wie sie selbst –
nur einfache Redakteure gewesen und auch aus diesem Grund nicht besser als sie qualifiziert. Die Beklagte verkenne die spezielle
Situation auf dem Medienarbeitsmarkt und die Art ihrer Behinderung, wenn sie meine, sie – die Klägerin – könne dort ohne Weiteres
wieder Fuß fassen. Sie habe ohne Erfolg eine Vielzahl von Bewerbungen verfasst. Auch die Bundesagentur für Arbeit räume ihr kaum
Vermittlungschancen ein. Aufgrund ihrer Gehbehinderung sei ihr bisheriger Arbeitsplatz für sie ideal und leidensgerecht gewesen. Einen
vergleichbaren Arbeitsplatz werde sie anderswo nicht finden. Sie befürchte, in der Zukunft auf öffentliche Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts angewiesen zu sein.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2011
zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ergänzend geltend gemacht: Die Kündigungsgründe seien betriebsbedingt und nicht lediglich vorgeschoben. Die
unternehmerische Entscheidung der Beigeladenen sei nicht willkürlich oder unsachlich. Eine arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der
Kündigung dränge sich jedenfalls nicht auf. Die Interessenabwägung sei vor diesem Hintergrund zu Gunsten der Beigeladenen und zu
Lasten der Klägerin vorgenommen worden.
Die Beigeladene hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladene hat ergänzend geltend gemacht: Mit der Umstrukturierungsmaßnahme habe sie zwei Ziele verfolgt: Zum einen habe sie
die Attraktivität ihrer Publikationen steigern wollen, indem sie auf die am Markt verfügbare Vielfalt zurückgreife. Zum anderen habe sie
aufgrund der angespannten Wirtschaftslage die laufenden Kosten reduzieren wollen. Dass die stellvertretenden Ressortleiter nach der
Umstrukturierung hierarchisch auf die unterste Ebene gerückt seien, ändere nichts an der Höherwertigkeit dieser Stellen im Vergleich zu
den nicht mehr vorhandenen Redakteursstellen und daran, dass die Klägerin hierfür die erforderliche Qualifikation nicht habe.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2012 abgewiesen: Die Beklagte
habe die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin auf der Grundlage des § 85 SGB IX ermessensfehlerfrei erteilt. Der Kündigungsgrund
sei ausschließlich betriebsbedingt und beruhe auf der Entscheidung der Beigeladenen zur Neuorganisation ihres Betriebs, die mit dem
Wegfall aller Redakteurs-Arbeitsplätze verbunden gewesen sei. Dass die unternehmerische Entscheidung zur Betriebsreorganisation
willkürlich oder unsachlich sei, sei nicht anzunehmen. Die Kündigung der Klägerin sei auch nicht offensichtlich unwirksam, da eine
Umsetzungsmöglichkeit und ein Anspruch auf Versetzung auf einen höherwertigen Arbeitsplatz nicht bestanden hätten. Auch das
Landesarbeitsgericht sei zu der Einschätzung gelangt, dass die Kündigung der Klägerin sozial gerechtfertigt gewesen sei und eine
Weiterbeschäftigungspflicht der Beigeladenen nicht bestanden habe. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie
aufgrund ihrer Behinderung einen anderen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht finden werde. Aufgrund der Krise der Printmedien und der
Umwälzungen im Verlagsbereich gebe es kaum noch festangestellte Redakteure. Die Klägerin könne nicht verlangen, wegen ihrer
Behinderung besser gestellt zu werden bzw. trotz fehlender Eignung bei der Besetzung einer höherwertigen Stelle bevorzugt zu werden.
Mit Beschluss vom 12. Mai 2014, der der Klägerin am 20. Mai 2014 zugestellt worden ist, hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher
Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.
Mit ihrer am 18. Juni 2014 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Klägerin geltend: Die von der Beigeladenen behaupteten
betriebsbedingten Kündigungsgründe seien lediglich vorgeschoben. In Wahrheit sei ihr – der Klägerin – wegen ihrer Schwerbehinderung
gekündigt worden. Dies zeige sich daran, dass vor allem Mütter, Alleinerziehende, Behinderte und Betriebsrätinnen von den
Kündigungen wegen der vermeintlichen Umstrukturierung im Verlag betroffen gewesen seien. Mit der Abschaffung der
Redakteursstellen seien aber teilweise Stellen als stellvertretende Ressortleiter neu geschaffen worden, die mit früheren Redakteuren
besetzt worden seien. Dies habe dazu gedient, Personal abzubauen, ohne eine Sozialauswahl vornehmen zu müssen. Die Stellen als
stellvertretende Ressortleiter hätten den gleichen Inhalt wie die früheren Redakteursstellen und seien im Ergebnis – unter
Berücksichtigung der Arbeitszeit sowie einbezogener Sonderzahlungen – auch nicht besser vergütet. Dies gelte jedenfalls für die
Redaktion der „V...“, in der es in der Vergangenheit keine stellvertretenden Ressortleiter gegeben habe. Deren Aufgaben hätten in der
Vergangenheit die Redakteure erledigt. So habe sie – die Klägerin – die Leiterin des Ressorts, in dem sie tätig gewesen sei, während
deren urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit vertreten. Auch habe sie – die Klägerin – innerhalb des Ressorts das Teilressort
„Beauty“ eigenverantwortlich geleitet und ebenfalls eigenverantwortlich Beiträge für die Expertenseite im Medizin-Ressort geliefert,
während die Ressortleiterin den Fitness-Bereich verantwortet habe. Im Rahmen ihres Teilressorts habe sie freie Redakteure
eigenverantwortlich gebrieft und angeleitet. Es habe zu ihrem Aufgabengebiet gehört, Anzeigengespräche mit Kosmetikfirmen zu führen.
Die Beklagte habe nicht ausreichend geprüft, ob ein anderer Arbeitsplatz im Unternehmen der Beigeladenen zur Verfügung stehe, auf
den sie hätte umgesetzt werden können. Die Beklagte habe außer Acht gelassen, dass bei der Beigeladenen mehrere Stellen als
„Assistentin“ ausgeschrieben gewesen seien. Sie habe überdies ungeprüft die Angabe der Beigeladenen übernommen, wonach die Stellen
als stellvertretende Ressortleiterin höherwertig seien und eine Umsetzung daher nicht verlangt werden könne. Tatsächlich weise sie – die
Klägerin – aber die ausweislich der Stellenausschreibungen erforderliche Qualifikation sowohl für die Stelle als stellvertretende
Ressortleiterin „Gesundheit“ bei der „V...“ als auch für die Stelle als stellvertretende Ressortleiterin „Beauty“ bei der „P...“ auf. Sie habe
während ihres Studiums im Rahmen einer Nebentätigkeit fundierte medizinische Fachkenntnisse erworben. Sie habe bereits während
ihres Studiums eine Affinität zu Psychologie-Themen entwickelt. Dies habe der ehemalige Chefredakteur der „V...“ bescheinigt. Sie habe
aufgrund ihrer Vertretungstätigkeit für die Ressortleiterin und aufgrund ehrenamtlicher Tätigkeit als Seminarleiterin Führungserfahrung.
Sie habe sich im Rahmen ihrer Redakteurstätigkeit mit Luxusprodukten und -marken beschäftigt und insoweit gute Kontakte zur Branche
geknüpft, auf die sie weiter zurückgreifen könne. Sie habe regelmäßig an Anzeigengesprächen mit den Anzeigenkunden der
Beigeladenen teilgenommen. Sie habe eigenständig Beauty-Themen konzipiert und produziert und das Briefing freier Autoren
übernommen. Sie habe auch im medizinischen Bereich gute Kenntnisse erworben und zu einschlägigen Themen Texte verfasst. Die
Beklagte habe bei ihrer Ermessensentscheidung auch nicht hinreichend die Art und Schwere ihrer Behinderung sowie den Umstand, dass
der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung ihrer Kündigung widersprochen hätten, beachtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2012 zu ändern und den
Bescheid der Beklagten vom 27. September 2010 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist darauf, dass sie den Sachverhalt, soweit er für ihre Entscheidung von Relevanz gewesen sei, vollständig ermittelt
habe. Die Prüfung arbeitsrechtlicher Fragen obliege ihr nicht. Es sei zumindest nicht offenkundig, dass die von der Beigeladenen
genannten Kündigungsgründe lediglich vorgeschoben gewesen seien. Auch sei es jedenfalls nicht offenkundig, dass es
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin bei der Beigeladenen gegeben habe. Die Arbeitsgerichte hätten diese Fragen im
Übrigen ebenfalls verneint. Ein atypischer Fall, der es gleichwohl gerechtfertigt hätte, die beantragte Zustimmung zu versagen, liege nicht
vor. Hätte sie – die Beklagte – die Zustimmung versagt, hätte sie hierdurch in übermäßiger Weise in die unternehmerische Freiheit der
Beigeladenen eingegriffen.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren sowie aus dem erstinstanzlichen Verfahren
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Die Beigeladene wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren sowie aus dem erstinstanzlichen Verfahren
und tritt den Ausführungen der Klägerin in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen. Dass sie den angeführten Kündigungsgrund,
wie die Klägerin behaupte, nicht vorgeschoben habe, sondern ihr Restrukturierungskonzept konsequent fortführe, belege auch der
Umstand, dass es bei der „V...“ mittlerweile keine stellvertretenden Ressortleitungen mehr gebe. Die – schon vor der Umstrukturierung,
wenn auch nicht als durchgängiges Organisationsprinzip vorhandenen – stellvertretenden Ressortleiterinnen und -leiter hätten dessen
ungeachtet andere (Leitungs-) Aufgaben und Verantwortlichkeiten gehabt als die Redakteurinnen und Redakteure vor der
Umstrukturierung. Es habe auch keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin gegeben. Die nunmehr angeführten
Assistenzstellen seien hierarchisch den Redakteursstellen untergeordnet, mit vorrangig zu berücksichtigenden Arbeitnehmerinnen der
betreffenden Hierarchieebene besetzt worden und erforderten Kenntnisse, die die Klägerin nicht habe. Für die Positionen als
stellvertretende Ressortleiterin bei der „P...“ oder bei der „V...“ habe die Klägerin nicht die erforderliche Qualifikation aufgewiesen. Die
Anforderungen, wie sie aus den betreffenden Stellenausschreibungen ersichtlich seien, erfülle die Klägerin sämtlich nicht. Die Beklagte
habe schließlich auch die Art und Schwere der Behinderung der Klägerin berücksichtigt und im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung
gewürdigt. Ihr sei die Einschätzung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung bekannt gewesen und sie habe auf der
Grundlage dieser Einschätzungen weitere Sachverhaltsermittlungen vorgenommen. Die im Ergebnis gefundene Auffassung der
Beklagten, dass der Klägerin gleichwohl eine berufliche Neuorientierung zumutbar sei, sei rechtlich nicht zu beanstanden, denn sie weise
jedenfalls keine Ermessensfehler auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie auf die Sachakte der
Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage in seinem mit der Berufung angefochtenen Urteil
abgewiesen. Denn die Klage, mit der sich die Klägerin gegen die Zustimmungsentscheidung der Beklagten in dem Bescheid vom 27.
September 2010 und in dem Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011 richtet, ist zulässig (hierzu I.), aber unbegründet (hierzu II.).
I.
Die Klage ist zulässig. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 91 VwGO für die Zulässigkeit einer
Klageänderung erfüllt sind. Zwar hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren und mit ihrer Berufungsbegründung zunächst den
Antrag formuliert, es seien die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese sei überdies zu verpflichten, über den
Zustimmungsantrag der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In der Sache hat die
Klägerin aber, was sie in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 auf Nachfrage auch klargestellt hat, von Beginn an die –
aus Rechtsschutzgründen einzig gebotene – Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt. Ihre bislang gestellten Anträge sind daher
mit Blick auf §§ 125 Abs. 1, 88 VwGO in diesem Sinne auszulegen. Der in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 allein
noch gestellte und aus dem Tatbestand ersichtliche Aufhebungsantrag stellt vor diesem Hintergrund keine Klageänderung, sondern eine
bloße Konkretisierung bzw. Präzisierung des bisherigen Antrags dar.
Der Klägerin fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis deshalb, weil die Kündigungsschutzklage gegen die von der
Beigeladenen ausgesprochene Kündigung mittlerweile rechtskräftig aufgrund des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 7. Mai
2012 abgewiesen ist. Denn die Klägerin hätte, wenn die angefochtene Zustimmungsentscheidung der Beklagten in dem vorliegenden
Verfahren aufgehoben würde, die Möglichkeit der arbeitsgerichtlichen Restitutionsklage gemäß § 79 ArbGG i.V.m. § 580 Nr. 6 ZPO
(vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, 5 C 16.11, BVerwGE 143, 325, juris Rn. 13; BAG, Urt. v. 25.11.1980, 6 AZR 210/80, BAGE 34,
275, juris Rn. 15 ff.). Eine (erfolgreiche) Restitutionsklage hätte gemäß § 79 ArbGG i.V.m. § 590 Abs. 1 ZPO zur Folge, dass die
Hauptsache – das wäre die Kündigungsschutzklage – von neuem verhandelt würde.
Für die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Klage braucht nicht weiter aufgeklärt zu werden, ob die Klägerin in dem
Kündigungsschutzverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg, das mit dem Urteil vom 7. Mai 2012 abgeschlossen worden ist,
geltend gemacht hatte, dass die Zustimmung der Beklagten zu ihrer Kündigung noch nicht bestandskräftig ist. Allerdings hat das
Bundesarbeitsgericht eine Restitutionsklage schon als unzulässig angesehen, weil es der Arbeitnehmer versäumt hatte, den vorgenannten
Umstand – die fehlende Bestandskraft der Zustimmungsentscheidung und damit die Möglichkeit, dass die besonderen Schutznormen des
Schwerbehindertenrechts einer Kündigung ggf. entgegenstehen können – im Kündigungsschutzprozess geltend zu machen. Es fehle dann
jedenfalls an einem fehlenden Verschulden i.S.v. § 582 ZPO, den Restitutionsgrund im früheren Verfahren geltend zu machen (vgl.
BAG, Urt. v. 17.6.1998, 2 AZR 519/97, juris Rn. 17 ff.). Es kommt in Betracht, dass diese Rechtsprechung auch in einem etwaigen von
der Klägerin anzustrengenden Restitutionsverfahren relevant würde, denn im Tatbestand des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg
vom 7. Mai 2012 ist zwar erwähnt, dass die Beklagte die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin erteilt und den hiergegen erhobenen
Widerspruch zurückgewiesen habe. Davon, dass der Widerspruchsbescheid angefochten worden sei, ist in dem genannten Urteil des
Landesarbeitsgerichts aber nicht die Rede (vgl. UA S. 7).
Allerdings sind die Kriterien des Bundesarbeitsgerichts bei der Anwendung der §§ 580 Nr. 6, 582 ZPO offenbar nicht abschließend
geklärt bzw. nicht einheitlich (vgl. BAG, Urt. v. 17.6.1998, a.a.O., juris Rn. 19). Es obläge deshalb – im Falle eines Erfolgs der
vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Klage – letztlich den Arbeitsgerichten zu entscheiden, ob eine etwaige Restitutionsklage
gleichwohl aufgrund ggf. unzureichenden Vorbringens im arbeitsgerichtlichen Vorprozess unzulässig wäre. Das Rechtsschutzbedürfnis
der Klägerin für die vorliegende verwaltungsgerichtliche Klage wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Der Senat würde das Bestehen
eines Rechtsschutzinteresses mithin selbst dann nicht verneinen, wenn die Klägerin im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht vorgetragen
haben sollte, dass die Zustimmung der Beklagten zu ihrer Kündigung seinerzeit noch nicht unanfechtbar war. Angesichts dessen war es
nicht geboten, die Akten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens beizuziehen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 27. September 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011, mit denen die
Beklagte die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin durch die Beigeladene erteilt hat, sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Beklagte die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin durch die Beigeladene erteilt hat, sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 85 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl I S. 1046), zuletzt geändert durch
Gesetz vom 14. Dezember 2012 (BGBl I, S. 2598) – SGB IX –, bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten
Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Der schwerbehindertenrechtliche Kündigungsschutz
ist zusätzlich zum allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz gegeben. Das Integrationsamt hat bei der Entscheidung über die
Zustimmung zur Kündigung das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des
schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.2004, 5 B 90.03,
KirchE 46, 79, juris Rn. 6; Urt. v. 2.7.1992, 5 C 51.90, BVerwGE 90, 287, juris Rn. 23).
Bei der Zustimmungsentscheidung nach § 85 SGB IX handelt es sich um eine nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüfbare
Ermessensentscheidung. Das bedeutet, dass das Gericht anhand der verlautbarten Gründe der Verwaltungsentscheidung zu prüfen hat, ob
die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig war, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder von
dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Maßgeblich für die
Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zustimmungsentscheidung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Zugangs der
arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei dem schwerbehinderten Menschen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, 5 C
16.11, BVerwGE 143, 325, juris Rn. 14, m.w.N.; Beschl. v. 22.1.1993, 5 B 80.92, DVBl. 1993, 803, juris Rn. 2; Beschl. v. 7.3.1991, 5
B 114.89, NZA 1991, 511, juris Rn. 4 f.). Denn für die Entscheidung über den Widerspruch gegen die Zustimmung zur Kündigung eines
Schwerbehinderten ist der der Kündigung zugrundeliegende historische Sachverhalt maßgebend. Das schließt es aus, Tatsachen und
Umstände zu berücksichtigen, die erst nach der Kündigung eingetreten sind und nicht zu dem der Kündigung zugrunde liegenden
Sachverhalt gehören. Anderenfalls würde die Widerspruchsbehörde die Zustimmung zu einer Kündigung bestätigen oder versagen, die so
gar nicht ausgesprochen worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.3.1991, a.a.O., juris Rn. 5).
Werden diese Maßstäbe zugrunde gelegt, so erweist sich die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden getroffene
Entscheidung als rechtmäßig. Die Beklagte hat auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Kündigung am 29. September 2010 gegebenen
Sachverhalts ihre Zustimmung zur Kündigung der Klägerin ermessensfehlerfrei erteilt.
1. Ein Ermessensnichtgebrauch liegt nicht vor, denn die Beklagte hat das ihr zukommende Ermessen tatsächlich betätigt (zum Begriff des
Ermessensnichtgebrauchs: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 40 Rn. 86). Die Beklagte hat sowohl in dem angefochtenen
Ausgangsbescheid vom 27. September 2010 als auch und insbesondere in dem Widerspruchsbescheid vom 14. April 2011 erkannt, dass
sie gemäß § 85 SGB IX eine Ermessensentscheidung zu treffen hat und nicht etwa – in die eine oder andere Richtung – gebunden ist. Sie
hat das ihr zustehende Ermessen auch ausgeübt, indem sie eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Klägerin an der Erhaltung
ihres Arbeitsplatzes einerseits und andererseits der Beigeladenen an der Durchführung ihrer unternehmerischen Entscheidung, alle im
Verlag vorhandenen Redakteursstellen – auch die der Klägerin – abzuschaffen und zukünftig stattdessen auf Beiträge freier
Journalistinnen und Journalisten zurückzugreifen, vorgenommen und im Ergebnis dem Interesse der Beigeladenen den Vorrang
eingeräumt hat (vgl. insbesondere S. 10 des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2011).
Die in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 geäußerte Einschätzung der Bevollmächtigten der Klägerin, die Beklagte
habe in Wahrheit eine Abwägung gar nicht durchgeführt, sondern – da nach Auffassung der Beklagten eine betriebsbedingte Kündigung
im Raum gestanden habe – sich dahingehend für gebunden gehalten, die von der Beigeladenen beantragte Zustimmung zur Kündigung
der Klägerin erteilen zu müssen, teilt der Senat nicht. Sie lässt sich weder mit den gesamten Verfahrensablauf, in dem die Beklagte sich
eingehend mit dem der (beabsichtigten) Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalt, den Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung der
Klägerin im Unternehmen der Beigeladenen und den Folgen einer Zustimmungsentscheidung für die Klägerin befasst hat, noch mit der
Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides, in dem die Beklagte ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer
Interessenabwägung verwiesen und diese – wenn auch zum Nachteil der Klägerin – durchgeführt hat, in Einklang bringen. Allein daraus,
dass die Entscheidung der Beklagten im Ergebnis zu Ungunsten der Klägerin ausgefallen ist, lässt sich nicht der Rückschluss ableiten,
dass eine Abwägung der widerstreitenden Interessen gar nicht stattgefunden habe.
2. Auch ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Ein Fehlgebrauch des Ermessens ist anzunehmen, wenn die Behörde von dem ihr
vom Gesetz eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes, d.h. den darin zum Ausdruck kommenden Zwecksetzungen und
Zweckvorgaben, Gebrauch macht. Dies kann entweder dadurch geschehen, dass Gesichtspunkte, die dem Zweck der Ermächtigung nicht
entsprechen, berücksichtigt werden (Sachwidrigkeit, hierzu a]), oder dadurch, dass die Behörde nicht sämtliche Gesichtspunkte
berücksichtigt, die dem Zweck der Ermächtigung entsprechen (Ermessensdefizit, hierzu b]; zum Vorstehenden Kopp/Ramsauer, VwVfG,
15. Aufl. 2014, § 40 Rn. 88).
a) Sachfremde Erwägungen hat die Beklagte nicht angestellt. Sie hat im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung (nur) solche
Gesichtspunkte berücksichtigt und abgewogen, die nach der Zweckrichtung des § 85 SGB IX im Rahmen der danach zu treffenden
Ermessensentscheidung zu berücksichtigen und abzuwägen sind, nämlich die Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers am Erhalt
seines Arbeitsplatzes und die Interessen des Arbeitgebers an der Um- und Durchsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung,
zukünftig auf die Arbeitskraft des betreffenden Arbeitnehmers zu verzichten.
b) Der Senat vermag auch ein Ermessensdefizit nicht zu erkennen. Ein Ermessensdefizit folgt nicht daraus, dass die Beklagte die Art und
Schwere der Behinderung der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt hätte (hierzu aa]). Auch ist die Ermessensentscheidung nicht
fehlerhaft, weil die Beklagte unberücksichtigt gelassen hätte, dass die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat der Kündigung
der Klägerin widersprochen haben und dass die Beigeladene möglicherweise die Schwerbehindertenquote nicht erfüllt (hierzu bb]). Die
Beklagte hat auch nicht verkannt, dass es sich bei der beabsichtigten Kündigung in Wahrheit nicht um eine betriebsbedingte, sondern um
eine personen- bzw. behinderungsbedingte Kündigung gehandelt hat (hierzu cc]). Ein Ermessensdefizit folgt schließlich auch nicht
daraus, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung eine etwaige arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der (beabsichtigten)
Kündigung der Klägerin nicht berücksichtigt hätte (hierzu dd]).
aa) Dafür, dass die Beklagte die Art und Schwere der Behinderung der Klägerin nicht (hinreichend) berücksichtigt hat, gibt es keine
durchgreifenden Anhaltspunkte. Die Klägerin sieht als Beleg hierfür, dass ihre Behinderung in den Unterlagen des
Widerspruchsausschusses lediglich mit „Klappfuß“ bezeichnet worden ist. Diese Angabe ist zwar weder präzise noch zutreffend bzw.
erschöpfend. Sie rechtfertigt aber nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss. Denn die Beklagte hat einen persönlichen Eindruck von
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erschöpfend. Sie rechtfertigt aber nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss. Denn die Beklagte hat einen persönlichen Eindruck von
der Klägerin und ihrer Behinderung anlässlich zweier dort durchgeführter Erörterungstermine sowie anlässlich der Sitzung des
Widerspruchsausschusses gewinnen können. Außerdem lag der Beklagten der seinerzeit aktuelle Schwerbehindertenausweis der Klägerin
vor, aus dem sich der Grad der Behinderung sowie das für die Klägerin festgestellte Merkzeichen ergeben. Auf dieser Grundlage hat die
Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 14. April 2014 (dort S. 10) ausdrücklich auch „die Art der Behinderung“ gewürdigt. Dass
die Beklagte darüber hinaus weitere Informationen benötigt hätte bzw. insoweit vorhandene Informationen nicht berücksichtigt hätte, ist
nicht erkennbar.
bb) Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist ferner nicht deshalb defizitär, weil sie unberücksichtigt gelassen hätte, dass die
Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat der Kündigung der Klägerin widersprochen haben. Ungeachtet der Frage, ob dieser
Gesichtspunkt im Rahmen der nach § 85 SGB IX zu treffenden Entscheidung überhaupt relevant ist, gibt es auch hierfür keine
durchgreifenden Anhaltspunkte. Dass Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung der (beabsichtigten) Kündigung der Klägerin
widersprochen haben, ist aktenkundig. Dieser Umstand ist zwar in der Vorlage für die Sitzung des Widerspruchsausschusses nicht
ausdrücklich erwähnt. Dort ist aber zumindest die gemeinsame Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates
vom 7. Juni 2010 in Auszügen wiedergegeben, der zufolge eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin gesehen werde. Im
Übrigen haben Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung an dem ersten Erörterungstermin am 29. Juni 2010 und an der Sitzung des
Widerspruchsausschusses teilgenommen. Davon, dass die Beklagte die Sicht der Dinge von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung
nicht hinreichend zur Kenntnis genommen bzw. berücksichtigt hätte, kann danach nicht die Rede sein.
Ermessensdefizitär ist die Entscheidung der Beklagten auch nicht deshalb, weil sie unberücksichtigt gelassen hat, dass die Beigeladene
möglicherweise die Schwerbehindertenquote (vgl. §§ 71 ff. SGB IX) nicht erfüllt (hat). Dabei kann offen bleiben, ob – was der Senat
nicht geprüft hat – dies tatsächlich der Fall (gewesen) ist. Denn hierauf kommt es für die nach § 85 SGB IX zu treffende Entscheidung
der Beklagten nicht an. Bei der in § 71 Abs. 1 SGB IX normierten Beschäftigungspflicht handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche
Verpflichtung des Arbeitgebers, die ausschließlich gegenüber dem Staat besteht. Der schwerbehinderte Mensch hat – unabhängig davon,
ob der Arbeitgeber die Quote erfüllt – weder gegenüber dem Arbeitgeber einen Einstellungsanspruch, noch kann er von der zuständigen
Behörde verlangen, seine Einstellung und/oder Beschäftigung durchzusetzen (vgl. Goebel, in: jurisPK-SGB IX, Stand 6/2013, § 71 Rn.
16, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund erhalten die §§ 71 ff. SGB IX eine subjektiv-rechtliche Komponente auch nicht über den
„Umweg“ des § 85 SGB IX, indem sie bei der danach zu treffenden Ermessensentscheidung zu Gunsten des behinderten Menschen zu
berücksichtigen sind.
cc) Die Beklagte hat auch nicht in ermessensfehlerhafter Weise verkannt, dass es sich bei der beabsichtigten Kündigung der Klägerin in
Wahrheit nicht, wie die Beigeladene angegeben hat, um eine betriebsbedingte, sondern um eine personen- bzw. behinderungsbedingte
Kündigung gehandelt hat. Im Gegenteil konnte bzw. musste die Beklagte den von der Beigeladenen angegebenen Kündigungsgrund
zugrunde legen. Denn auch arbeitsrechtlich ist der der Kündigung zugrunde liegende Sachverhalt auf die von dem Arbeitgeber
vorgegebenen Kündigungsgründe und den dahinterstehenden Lebenssachverhalt eingegrenzt. Die Zustimmung des Integrationsamtes zu
dieser Kündigung ist wiederum öffentlich-rechtliche Voraussetzung für deren Wirksamkeit. Dies setzt zwingend voraus, dass der
Gegenstand der öffentlich-rechtlichen Prüfung demjenigen der arbeitsrechtlichen Prüfung entspricht, ohne dass es darauf ankommt, ob der
vom Arbeitgeber genannte Kündigungsgrund die Kündigung arbeitsrechtlich rechtfertigt. Diese Frage ist nicht im Zustimmungsverfahren
nach den §§ 85 ff. SGB IX, sondern im arbeitsgerichtlichen Kündigungsrechtsstreit zu überprüfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, 5 C
16.11, BVerwGE 143, 325, juris Rn. 18; Beschl. v. 18.9.1996, 5 B 109.96, juris Rn. 3; Urt. v. 2.7.1992, 5 C 39.90, BVerwGE 90, 275,
juris Rn. 20 ff.). Allenfalls dann, wenn die vom Arbeitgeber genannten Kündigungsgründe offensichtlich vorgeschoben sind, kann etwas
anderes gelten (hierzu sogleich unter dd] [2]).
dd) Ein Ermessensdefizit folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung eine etwaige
arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der (beabsichtigten) Kündigung der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat.
Der besondere Schutz der §§ 85 ff. SGB IX tritt zusätzlich neben den allgemeinen arbeitsrechtlichen (Kündigungs-) Schutz. Das
Integrationsamt hat nicht parallel zum Arbeitsgericht über die Frage der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu befinden. Bei
der Entscheidung des Integrationsamtes, die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen oder zu versagen, können vielmehr nur Erwägungen
eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der
Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es
keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.2004, 5 B 90.03, KirchE 46, 79, juris
Rn. 6; Urt. v. 19.10.1995, 5 C 24.93, BVerwGE 99, 336, juris Rn. 18; Beschl. v. 20.10.1994, 5 B 19.94, juris Rn. 2; Beschl. v. 2.7.1992,
5 C 51.90, BVerwGE 90, 287, juris Rn. 24 f.). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der
ausgesprochenen Kündigung evident ist (so etwa OVG Magdeburg, Urt. v. 22.6.2011, 3 L 246/09, juris Rn. 32; VGH München, Urt. v.
28.9.2010, 12 B 10.1088, juris Rn. 30; in diese Richtung auch BVerwG, Urt. v. 11.11.1999, 5 C 23.99, BVerwGE 110, 67, juris Rn. 20;
Beschl. v. 18.9.1996, 5 B 109.96, juris Rn. 4; noch offen gelassen bei BVerwG, Beschl. v. 2.7.1992, 5 C 51.90, BVerwGE 90, 287, juris
Rn. 25).
Nach diesen Maßstäben liegt eine sich aus arbeitsrechtlichen Gründen ergebende Unwirksamkeit der (beabsichtigten) Kündigung, die die
Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung hätte berücksichtigen müssen, nicht vor:
(1) Dies gilt im – auch vorliegend gegebenen (s.o.) – Fall einer betriebsbedingten Kündigung zunächst für die mit Blick auf § 1 Abs. 2
Satz 1 KSchG relevante Frage nach der Vertretbarkeit der unternehmerischen Entscheidung der Beigeladenen, die zum Wegfall des
Arbeitsplatzes der Klägerin geführt hat. Da die Organisation und Struktur eines Betriebes allein der unternehmerischen Entscheidung
unterliegen, können die hierauf bezogenen Entscheidungen des Unternehmers von der Behörde – und nichts anderes gilt im Grundsatz für
die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit, die diese Frage im Kündigungsschutzrechtsstreit ebenfalls zu beantworten haben (vgl. BAG, Urt.
v. 23.4.2008, 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939, juris Rn. 13 ff., m.w.N.) – grundsätzlich nicht inhaltlich überprüft werden. Solche
Entscheidungen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen, darf das Integrationsamt zur Verhinderung von Missbrauch (vgl. BAG, Urt.
v. 23.4.2008, a.a.O., juris Rn. 18) allenfalls darauf überprüfen, ob sie unsachlich oder willkürlich sind (vgl. VGH München, Beschl. v.
1.3.2012, 12 ZB 10.587, juris Rn. 9, m.w.N.).
Für eine unsachliche oder willkürliche unternehmerische Entscheidung ist vorliegend nichts ersichtlich. Insoweit kann auf die
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Für eine unsachliche oder willkürliche unternehmerische Entscheidung ist vorliegend nichts ersichtlich. Insoweit kann auf die
Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Hamburg in seinem im Kündigungsschutzstreit ergangenen Urteil vom 7. Mai 2012 (UA S. 15
ff.) Bezug genommen werden: Danach hat die Beigeladene aus wirtschaftlichen Gründen und als Reaktion auf tatsächlich existierende
Veränderungen in der Verlagsbranche eine grundlegende strukturelle Reorganisation ihres Betriebs und nicht nur eine generelle Personal-
bzw. Kosteneinsparung beschlossen, die (u.a.) zu einem Wegfall aller Redakteursarbeitsplätze geführt hat. Diese umfassende
Reorganisationsmaßnahme hat sich nach außen manifestiert, indem die Beigeladene zunächst den Betriebsrat und anschließend die
gesamte Belegschaft im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung hierüber informiert hat. Ferner ist über einen Sozialplan verhandelt und
dieser auch vereinbart worden. Des Weiteren hat die Beigeladene eine Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit gerichtet und
in der Folge insgesamt 56 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gekündigt. All dies zeigt, dass die Beigeladene eine weitgehende
unternehmerische Entscheidung nicht nur behauptet, sondern tatsächlich getroffen und umgesetzt hat. Die hiergegen von der Klägerin im
Kündigungsrechtsstreit erhobenen Einwände (vgl. UA S. 18 ff.) betreffen die Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit der von der
Beigeladenen beschlossenen Neustrukturierung. Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der allenfalls durchzuführenden
Missbrauchskontrolle – zumal im schwerbehindertenrechtlichen Verfahren – nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht den Schluss
rechtfertigen, die unternehmerische Entscheidung der Beigeladenen sei unsachlich oder willkürlich gewesen.
(2) Eine – offensichtliche – Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung der Klägerin folgt auch nicht daraus, dass diese in Wahrheit
nicht aus betriebsbedingten, sondern aus in der Person bzw. in der Behinderung der Klägerin liegenden Gründen erfolgen sollte.
Hiergegen spricht schon, dass das Landesarbeitsgericht Hamburg im Kündigungsschutzstreit zu der eingehend begründeten (vgl. Urt. v.
7.5.2012, UA S. 13 ff.) Einschätzung gelangt ist, es habe sich bei der Kündigung der Klägerin um eine Kündigung aus betriebsbedingten
Gründen gehandelt. Dass diese Einschätzung offensichtlich unzutreffend ist, sich der Beklagten im Gegenteil im Verwaltungsverfahren
hätte aufdrängen müssen, dass die von der Beigeladenen genannten Kündigungsgründe in Wahrheit nicht existiert haben, liegt fern.
Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Einschätzung. Die Klägerin hat darauf verwiesen, die vermeintliche
Reorganisation des Unternehmens und die sich hieraus ergebende Betriebsbedingtheit der Kündigung(en) seien lediglich zur Umgehung
von Schutzvorschriften für besonders schutzbedürftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgeschoben worden (zur
Berücksichtigungsfähigkeit dieses Gesichtspunktes: VGH München, Beschl. v. 1.3.2012, 12 ZB 10.587, juris Rn. 9; OVG Bautzen,
Beschl. v. 25.8.2003, 5 BS 107/03, SächsVBl. 2004, 36, juris Rn. 19 ff.; zum auch insoweit geltenden Evidenzmaßstab: OVG
Schleswig, Beschl. v. 12.6.2002, 2 M 50/02, juris Rn. 3). Denn von den Kündigungen seien vor allem Redakteure mit besonderer
Schutzbedürftigkeit (Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder, Mütter) betroffen gewesen. Dieser Ansatz greift schon deshalb nicht
durch, weil die Beigeladene – unstreitig – allen Redakteurinnen und Redakteuren ohne Rücksicht auf soziale Gesichtspunkte und
insbesondere ungeachtet einer etwaigen Schwerbehinderteneigenschaft gekündigt hat. Allein der Umstand, dass von den Kündigungen
auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit besonderer Schutzbedürftigkeit betroffen gewesen sind, rechtfertigt nicht den – evidenten
– (Umkehr-) Schluss, die Kündigungen seien in Wahrheit erfolgt, um sich von diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu trennen.
Hiergegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, es spreche für die Annahme, die Betriebsbedingtheit der Kündigungen sei
vorgeschoben gewesen, dass die Beklagte die neu geschaffenen, nur vermeintlich höherwertigen Stellen für stellvertretende
Ressortleiterinnen und Ressortleiter mit solchen ehemaligen Redakteurinnen und Redakteuren besetzt habe, die nicht besonders
schutzwürdig seien. Denn abgesehen davon, dass die Beigeladene dieser Darstellung substantiiert widersprochen hat (vgl. insbesondere
S. 2 des Schriftsatzes der Beigeladenen vom 3. Dezember 2012), ohne dass die Klägerin dem wiederum entgegen getreten ist, betreffen
die genannten Gesichtspunkte bei Lichte betrachtet nicht die Frage, ob die Kündigungsgründe vorgeschoben sind, sondern die
Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung der Klägerin auf verbliebenen Arbeitsplätzen im Unternehmen und die Notwendigkeit, insoweit
eine (Sozial-) Auswahl unter mehreren Beschäftigten durchzuführen und hierbei die Belange schutzbedürftiger Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer zu berücksichtigen (hierzu sogleich unter [3]).
(3) Es ist auch nicht ersichtlich, dass es fehlerhaft gewesen ist, der Klägerin keine anderweitige Weiterbeschäftigung im Unternehmen der
Beigeladenen anzubieten und im Hinblick auf im Unternehmen weiterhin vorhandene bzw. neu geschaffene (freie) Arbeitsplätze auf eine
Sozialauswahl zu verzichten. Auch dies könnte allenfalls dann im Zustimmungsverfahren nach den §§ 85 ff. SGB IX relevant sein, wenn
die Arbeitsrechtswidrigkeit dieses Vorgehens der Beigeladenen derart offensichtlich ist, dass sie ohne jeden vernünftigen Zweifel in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt, sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.1996,
5 B 109.96, juris Rn. 4). Dies ist vorliegend zu verneinen. Hierzu im Einzelnen:
Die Beigeladene hat der Klägerin eine Weiterbeschäftigung nicht angeboten und eine Sozialauswahl im Hinblick auf (neu) zu besetzende
Stellen nicht durchgeführt, weil alle Stellen auf der Hierarchieeben der Redakteursstellen weggefallen seien und es sich bei den
vorhandenen freien Stellen, auf die sich die Klägerin beworben und die sie im Verwaltungsverfahren für sich reklamiert hatte, um
höherwertige (Beförderungs-) Stellen gehandelt habe. Der dem zugrunde liegende rechtliche Ansatz ist nicht evident unzutreffend, im
Gegenteil: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Kündigung, die auf Grund einer zum Wegfall des bisherigen
Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochen worden ist, zwar nur dann durch ein dringendes betriebliches
Erfordernis i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG "bedingt", wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu
beschäftigen. Die Weiterbeschäftigung muss aber sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar
sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren)
Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (vgl. BAG,
Urt. v. 25.4.2002, 2 AZR 260/01, NZA 2003, 605, juris Rn. 24, m.w.N.). Dementsprechend ist auch eine soziale Auswahl auf die
miteinander vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschränkt, wobei sich der Vergleich auf derselben Ebene der
Betriebshierarchie (sog. horizontale Vergleichbarkeit) vollzieht. Im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes ist der Arbeitgeber
regelmäßig nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung eine Beförderungsstelle anzubieten (vgl.
BAG, Urt. v. 30.9.2010, 2 AZR 88/09, BAGE 135, 361, juris Rn. 20, m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11.11.1999, 5 C 23.99,
BVerwGE 110, 67, juris Rn. 20).
Soweit die Klägerin hiergegen in tatsächlicher Hinsicht einwendet, bei den (nur vermeintlich neu geschaffenen) Stellen für stellvertretende
Ressortleiter handele es sich in Wahrheit nicht um höherwertige Stellen, da sie – die Klägerin – als Redakteurin keine anderen Arbeiten
bzw. Aufgaben verrichtet bzw. gehabt habe als die stellvertretenden Ressortleiterinnen und -leiter nach der Umstrukturierung, in Wahrheit
also gar nicht alle „Redakteursstellen“ weggefallen seien, führt dies nicht zu der Annahme, dass die Beklagte vom Vorhandensein einer
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin hätte ausgehen müssen. Zwar hat die Behörde im Zustimmungsverfahren nach den §§
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Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin hätte ausgehen müssen. Zwar hat die Behörde im Zustimmungsverfahren nach den §§
85 ff. SGB IX zu prüfen, ob Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, da es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, den Schwerbehinderten
nach Möglichkeit umzusetzen, d.h. ihm im Rahmen der vorhandenen Arbeitsplätze einen geeigneten Arbeitsplatz zuzuweisen (vgl.
BVerwG, Beschl. v. 11.9.1990, 5 B 63.90, juris Rn. 4; Urt. v. 5.6.1975, V C 57.73, BVerwGE 48, 264, juris Rn. 7). Ferner muss die
Behörde für den Fall, dass wegen Wegfalls nur eines Teils miteinander vergleichbarer Arbeitsplätze eine Sozialauswahl zu treffen ist,
prüfen, ob bei deren Durchführung behinderungsspezifische Gesichtspunkte gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG hinreichend eingeflossen
sind (vgl. zum letztgenannten Gesichtspunkt: BVerwG, Urt. v. 11.11.1999, 5 C 23.99, BVerwGE 110, 67, juris Rn. 20). Da aber die
Fragen, ob anderweitige Arbeitsplätze der gleichen oder einer anderen Hierarchieebene zuzuordnen sind und ob mit Blick darauf
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten, die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der ausgesprochenen Kündigung betreffen,
unterliegen auch sie im Verfahren nach den §§ 85 ff. SGB IX nur einer Evidenzkontrolle, wenn und weil sie eine behinderungsbedingte
Komponente nicht aufweisen und sofern das (Nicht-) Vorhandensein bzw. die (Nicht-) Eignung alternativer Arbeitsplätze zwischen den
Beteiligten nicht unstreitig sind. Würde hingegen angenommen, (auch) im Zustimmungsverfahren nach den §§ 85 ff. SGB IX sei im
Einzelnen und nicht nur im Rahmen einer Evidenzkontrolle die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu prüfen, würde die Wirkweise
des schwerbehindertenrechtlichen Schutzes überspannt, indem einem schwerbehinderten Arbeitnehmer eine zusätzliche arbeitsrechtliche
Kontrollebene eröffnet würde, die einem nichtbehinderten Arbeitnehmer, für den sich zumal im Fall einer betriebsbedingten Kündigung
die Frage nach einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in gleicher Weise stellt, nicht offen steht. Indes sollen die §§ 85 ff. SGB IX die
schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht gegenüber Nichtbehinderten bevorzugen, sondern lediglich ihre
behinderungsbedingten Nachteile ausgleichen. Der Schwerbehinderte muss sich deshalb, was die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der
Kündigung anlangt, auf die Überprüfung (allein) durch die Arbeitsgerichte verweisen lassen und kann von der Behörde – abgesehen von
einer Evidenzkontrolle – nur verlangen, dass diese seine spezifischen, in der Behinderung wurzelnden Schutzinteressen gegenüber den
vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründen in die Abwägung einbringt und prüft, ob diesen Schutzinteressen der Vorrang
vor den geltend gemachten Auflösungsgründen zukommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.1992, 5 C 39.90, BVerwGE 90, 275, juris Rn. 23).
Werden diese Maßstäbe zugrunde gelegt, so ist nicht anzunehmen, dass der – von der Beklagten im Ergebnis geteilte – Ansatz der
Beigeladenen, die Stellen der stellvertretenden Ressortleiter seien einer anderen Hierarchieebene zuzuordnen, offenkundig unzutreffend
ist. Gegen eine Offenkundigkeit spricht schon, dass das Landesarbeitsgericht Hamburg im Kündigungsschutzprozess aus den von der
Beigeladenen geltend gemachten Gründen ebenfalls die Auffassung vertreten hat, es habe weder der Durchführung einer Sozialauswahl
bedurft, noch habe aufgrund der Höherwertigkeit der von der Klägerin für sich reklamierten Stellen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
bzw. eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beigeladenen bestanden (vgl. Urt. v. 7.5.2012, UA S. 21 f.). Dagegen spricht des Weiteren,
dass die Beigeladene der Einschätzung der Klägerin, sie habe als Redakteurin immer schon solche Aufgaben erledigt, die nach der
Umstrukturierung den stellvertretenden Ressortleitern oblägen, substantiiert entgegen getreten ist und nachvollziehbar dargestellt hat, dass
sich die jeweiligen Aufgabenbereiche allenfalls teilweise überschnitten (vgl. S. 5 ff. der Berufungserwiderung vom 7. November 2014).
Sie hat ferner eingehend ausgeführt, dass und warum die Klägerin nicht die erforderliche Qualifikation besitze, um auf einer der (ehedem)
ausgeschriebenen Stellen als stellvertretende Ressortleiterin beschäftigt zu werden (vgl. S. 16 ff. der Berufungserwiderung vom 7.
November 2014). Ob dies – was das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat (s.o.) – letztlich zutreffend ist, ist für die von der
Beklagten zu treffende Ermessensentscheidung und damit für das vorliegende Verfahren nicht entscheidend. Jedenfalls ist kein Raum für
die Annahme, es hätte offenkundig eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung der Klägerin gegeben und die Beklagte hätte aus diesem
Grund die beantragte Zustimmung zur Kündigung der Klägerin nicht erteilen dürfen.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen geht auch der Einwand der Klägerin ins Leere, die Ermessensentscheidung sei
deshalb unzureichend und defizitär, weil die Beklagte nicht das zur Klärung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten Erforderliche
ermittelt habe, sondern die Darstellung der Beigeladenen, die Stellen als stellvertretende(r) Ressortleiter(in) seien auf einer anderen
Hierarchieebene angesiedelt, im Ergebnis ungeprüft übernommen und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Zwar wird die
Aufklärungspflicht (§ 20 SGB X) verletzt, wenn die Behörde sich damit begnügt, das Vorbringen des Arbeitgebers, soweit es im Rahmen
der nach § 85 SGB IX gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen (vgl.
BVerwG, Beschl. v. 24.11.2009, 5 B 35.09, juris Rn. 4; Urt. v. 19.10.1995, 5 C 24.93, BVerwGE 99, 336, juris Rn. 14). Dies war aber
vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte hat sich, indem sie die Stellungnahmen der Beteiligten entgegengenommen, Stellungnahmen der
Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats berücksichtigt und immerhin zwei Erörterungstermine durchgeführt hat, ein
vollständiges Bild von dem der (beabsichtigten) Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalt gemacht. Sie hat sich – was geboten war
(s.o.) – auf dieser Grundlage lediglich einer abschließenden (arbeits-) rechtlichen Bewertung enthalten und es bei einer Evidenzkontrolle
auch im Hinblick auf die Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung der Klägerin belassen (vgl. insbesondere S. 9 f. des
Widerspruchsbescheides vom 14. April 2011). Für weitergehende Ermittlungen bestand deshalb keine Notwendigkeit, denn die Behörde
hat – nur – das zu ermitteln und zu berücksichtigen, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen von Klägerin und
Beigeladener im Rahmen der ihr zustehenden Prüfungskompetenz gegeneinander abwägen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.1992, 5
C 51.90, BVerwGE 90, 287, juris Rn. 26, m.w.N.; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 1.3.2012, 12 ZB 10.587, juris Rn. 9).
Ohne Erfolg beanstandet die Klägerin schließlich, dass die Beklagte nicht ermittelt habe, ob – abgesehen von den Stellen als
stellvertretende(r) Ressortleiter(in) – weitere Arbeitsplätze, auf die sie hätte versetzt werden können, zur Verfügung gestanden hätten.
Insbesondere habe die Beklagte unberücksichtigt gelassen, dass die Beigeladene mehrere Stellen als „Assistentin“ ausgeschrieben habe,
für die sie in Betracht gekommen sei. Indes findet die Verpflichtung des Integrationsamtes zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung ihre
Grenzen u.a. in der sich aus § 21 Abs. 2 SGB X ergebenden allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen. Die Behörde muss nur
solchen Umständen nachgehen, die sich ihr bei vernünftiger Überlegung aufdrängen. Dagegen besteht für die Behörde grundsätzlich kein
Anlass, in Richtung auf alle denkbaren Umstände, auch wenn sie im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht werden, von Amts
wegen zu ermitteln (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.11.1994, 5 B 16.94, juris Rn. 5). Nach diesen Maßgaben brauchte die Beklagte im
Verwaltungsverfahren nicht zu ermitteln, ob es weitere Arbeitsplätze bei der Beigeladenen gab bzw. ob Arbeitsplätze bei der
Beigeladenen ausgeschrieben waren, auf die die Klägerin theoretisch hätte versetzt werden können. Denn die Klägerin selbst hatte –
ungeachtet der Frage, ob sie die erforderliche Qualifikation für eine Tätigkeit als „Assistentin“ aufweist (dies stellt die Beigeladene in
Abrede, vgl. S. 15 f. der Berufungserwiderung vom 7. November 2014) – im Verwaltungsverfahren auf die Möglichkeit, dass derartige
Stellen für sie in Betracht kämen, nicht hingewiesen, sondern vielmehr deutlich gemacht, dass sie für sich eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als (stellvertretende) Ressortleiterin sehe. Es musste sich der Beklagten deshalb nicht aufdrängen, dass
bei der Klägerin möglicherweise die Bereitschaft bestanden hätte, eine Tätigkeit bei der Beigeladenen auszuüben, die ihrer bisherigen
beruflichen Ausrichtung nicht entsprach.
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beruflichen Ausrichtung nicht entsprach.
3. Schließlich liegt auch eine Ermessensüberschreitung nicht vor. Eine Ermessensüberschreitung ist anzunehmen, wenn die Behörde sich
nicht im Rahmen der ihr vom Gesetz gegebenen Ermächtigung hält und so die Grenzen des ihr zukommenden Ermessens überschreitet.
Hiernach darf die Ausübung des Ermessens insbesondere nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung eines Betroffenen führen
(vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 40 Rn. 91 f.).
Dass die vorliegend angefochtene Zustimmungserteilung gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt,
vermag der Senat nicht zu erkennen. Die von der Beklagten erklärte Zustimmung ist geeignet, erforderlich und angemessen, um den
hiermit verbundenen Zweck, dem Arbeitgeber – vorliegend also der Beigeladenen – die Kündigung des schwerbehinderten
Arbeitnehmers – vorliegend der Klägerin – zur Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung zu ermöglichen, zu erreichen.
a) Die Zustimmungserteilung ist zur Zweckerreichung geeignet. Das Zustimmungserfordernis aus § 85 SGB IX begründet ein
Kündigungshindernis, wenn einem schwerbehinderten oder einem einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Menschen (vgl.
§§ 2 Abs. 3, 68 Abs. 1 SGB IX) gekündigt werden soll. Die Erteilung der Zustimmung ermöglicht es dem Arbeitgeber, innerhalb eines
Monats nach Zustellung dieser Entscheidung (§ 88 SGB IX) die Kündigung zu erklären, was vorliegend auch geschehen ist.
b) Die Zustimmungserteilung ist zur Zweckerreichung ferner erforderlich. Mildere, aber gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich.
Insbesondere gibt es keine bzw. hätte es keine Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung der Klägerin auf einer anderen Stelle im Betrieb der
Beigeladenen gegeben, die im Rahmen des schwerbehindertenrechtlichen Zustimmungsverfahrens nach den §§ 85 ff. SGB IX zu
berücksichtigen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
c) Schließlich ist die Erteilung der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne.
Dabei gilt zunächst im Ausgangspunkt, dass die Belange des schwerbehinderten Menschen umso weniger Gewicht haben, je weniger ein
Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist, während umgekehrt das Interesse des Arbeitgebers an der
Um- und Durchsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung an Gewicht gewinnt, wenn der Kündigung betriebsbedingte Gründe
zugrunde liegen, die – wovon vorliegend auszugehen ist (s.o.) – mit der Behinderung nicht im Zusammenhang stehen (vgl. BVerwG,
Beschl. v. 22.5.2013, 5 B 24.13, juris Rn. 13; Urt. v. 19.10.1995, 5 C 24.93, BVerwGE 99, 336, juris Rn. 16; Beschl. v. 16.6.1990, 5 B
127.89, juris Rn. 3; VGH München, Urt. v. 28.9.2010, 12 B 10.1088, juris Rn. 30).
Werden diese Maßstäbe zugrunde gelegt, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Klägerin durch die von der Beklagten erteilte
Zustimmung zu ihrer Kündigung unangemessen belastet wird. Zwar ist mit der Kündigung für die Klägerin eine erhebliche Härte
verbunden, die über die regelmäßig mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundene Härte hinausgeht. Denn die Klägerin wird
voraussichtlich nicht ohne Weiteres eine mit ihrem bisherigen Arbeitsplatz vergleichbare Festanstellung als Journalistin finden können.
Allerdings vertritt der Senat die Einschätzung, dass diese Schwierigkeiten nicht in erster Linie auf der Behinderung der Klägerin beruhen.
Vielmehr ist die allgemeine Arbeitsmarktlage dadurch gekennzeichnet, dass (Zeitschriften-) Verlage zunehmend – wie die Beigeladene –
auf fest angestellte Redakteurinnen und Redakteure verzichten und stattdessen auf die Arbeit freier Journalistinnen und Journalisten
zurückgreifen. Sind es aber nicht vornehmlich behinderungsbedingte Gründe, die die Schwierigkeiten des behinderten Menschen auf dem
Arbeitsmarkt begründen, so können diese Gesichtspunkte bei der im Rahmen des § 85 SGB IX vorzunehmenden Abwägung nicht
berücksichtigt werden. Denn es gehört nicht zu den Aufgaben des Integrationsamtes, die allgemeinen sozialen Interessen des einzelnen
Schwerbehinderten als Arbeitnehmer zu wahren (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.1992, 5 C 51.90, BVerwGE 90, 287, juris Rn. 24).
Der Senat gelangt weiter zu der Einschätzung, dass – ungeachtet der vorstehend beschriebenen Schwierigkeiten – die vergleichsweise
junge Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne jede Chance ist, als Journalistin zu arbeiten. So zeigt ihre seit Oktober 2012
und auch gegenwärtig noch ausgeübte Tätigkeit als Online-Redaktionsleiterin, dass es journalistische Beschäftigungsmöglichkeiten gibt,
denen die Behinderung der Klägerin nicht entgegensteht. Dass dieses Beschäftigungsverhältnis, wie die Klägerin in dem Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 mitgeteilt hat, mit dem Ablauf dieses Jahres endet, steht dieser Einschätzung nicht
entgegen, zumal dies offenbar auf der Entscheidung der Klägerin beruht.
Daneben und darüber hinaus hat die Klägerin die Möglichkeit, sich als freie Journalistin zu etablieren. Ihre Einschätzung, sie habe auf
dem Markt der „Freien“ keine Chance, teilt der Senat nicht. Dass die mit jahrelanger Erfahrung als Redakteurin ausgestattete Klägerin
insoweit Fuß fassen könnte, zeigt sich schon daran, dass die Beigeladene ihr im Rahmen der bereits im Verwaltungsverfahren geführten
Vergleichsgespräche eine freie Mitarbeit und die garantierte Abnahme von Artikeln für einen begrenzten Zeitraum angeboten hatte. Auch
die Klägerin selbst hat wiederholt darauf verwiesen, dass die Beigeladene die Artikel aus ihrem früheren Ressort bei der „V...“ ständig
von einer „festen Freien“ beziehe. Warum es der Klägerin nicht möglich sein sollte, ihre auch von der Beigeladenen nicht bestrittene
Expertise in vergleichbarer Weise als freie Journalistin einzusetzen und der Beigeladenen sowie deren Wettbewerbern anzubieten, ist vor
diesem Hintergrund nicht erkennbar. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung größere
Schwierigkeiten als nicht (geh-) behinderte Journalistinnen und Journalisten haben würde, insbesondere Auswärtstermine – etwa für
Produktpräsentationen – wahrzunehmen. Dass es sich hierbei um unüberbrückbare Schwierigkeiten handeln würde, die auch nicht durch
organisatorische Vorkehrungen beherrscht werden könnten, ist aber nicht anzunehmen und lässt sich auch dem Vorbringen der Klägerin
nicht entnehmen. Zum einen hat der Senat nicht den Eindruck gewonnen, dass eine freie journalistische Tätigkeit – zumal im Bereich
Beauty und Kosmetik – mit der Wahrnehmung von Außenterminen „steht und fällt“. Zum anderen ist die Mobilität der Klägerin zwar
eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Sie war auch in der Vergangenheit in der Lage, von ihrem Wohnort in Niedersachsen aus täglich
zu ihrem Arbeitsplatz nach Hamburg zu gelangen, und sie hat sich selbst in der Lage gesehen, Tätigkeiten bei der Beigeladenen zu
übernehmen, die ausweislich der Stellenausschreibungen mit Reisetätigkeit verbunden sind.
Die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin ist auch nicht deshalb unangemessen, weil die Beigeladene die Möglichkeit hätte, die
Klägerin sinnvoll weiter zu beschäftigen. Zutreffend hat die Klägerin zwar darauf hingewiesen, dass redaktionelle Tätigkeiten – selbst in
dem Ressortbereich, in dem sie in der Vergangenheit tätig war – von der Beigeladenen unverändert nachgefragt würden. Würde die
Beigeladene aber zu einer Weiterbeschäftigung der Klägerin verpflichtet, indem die Zustimmung zu ihrer Kündigung verweigert wird,
liefe dies der Organisationsentscheidung der Beigeladenen zuwider, redaktionelle Beiträge vornehmlich von freien Journalistinnen und
Journalisten einzukaufen. Hierdurch würde in erheblicher Weise in die unternehmerische Freiheit der Beigeladenen eingegriffen, denn
diese würde inhaltlich – jedenfalls in einem Teilbereich – eingeschränkt. Dies aber stünde im Widerspruch zu dem Grundsatz, wonach –
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diese würde inhaltlich – jedenfalls in einem Teilbereich – eingeschränkt. Dies aber stünde im Widerspruch zu dem Grundsatz, wonach –
sowohl von den Gerichten als auch vom Integrationsamt im Zustimmungsverfahren nach den §§ 85 ff. SGB IX – die
Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers grundsätzlich hinzunehmen sind und allenfalls darauf überprüft werden können, ob sie
unsachlich oder willkürlich sind (s.o.). Deshalb führt auch der Einwand der Bevollmächtigten der Klägerin in dem Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 nicht weiter, wonach ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer stets (weiter-) beschäftigen
könne, wenn er dies nur wolle. Denn die Beigeladene „will nicht“, und dies ist grundsätzlich hinzunehmen, weil dem eine weder
unsachliche noch willkürliche unternehmerische Organisationsentscheidung zugrunde liegt. Zwar kann es in besonderen Fällen
gleichwohl für den Arbeitgeber geboten sein, einen schwerbehinderten Arbeitnehmer „durchzuschleppen“, und kann es mit Blick hierauf
gerechtfertigt sein, die vom Arbeitgeber beantragte Zustimmung zur Kündigung zu verweigern (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.6.1975, V C
57.73, BVerwGE 48, 264, juris Rn. 7). Ein solcher Sonderfall ist vorliegend aber angesichts der persönlichen Situation der Klägerin und
der auch für sie bestehenden alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten nicht anzunehmen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Revisionsgrund nicht vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verfahren wirft keine Rechtsfrage auf, die der revisionsgerichtlichen Klärung bedürfte.
Dies gilt auch für die Frage, in welchem Umfang das Integrationsamt eine etwaige arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der beabsichtigten
Kündigung bei seiner nach § 85 SGB IX zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat. In der Rechtsprechung ist geklärt,
dass insoweit allenfalls evidente Unwirksamkeitsgründe Berücksichtigung finden und die Verweigerung der Zustimmung rechtfertigen
können. Es spricht nichts dafür, dass für bestimmte Unwirksamkeitsgründe – etwa für das (Nicht-) Bestehen zumutbarer
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten – ein anderer Maßstab anzulegen ist.