Urteil des FG Hamburg vom 19.06.2014

FG Hamburg: eintragung im handelsregister, unterdeckung, baukosten, gewerbesteuer, hinzurechnung, gewinnausschüttung, kapitalgesellschaft, verrechnung, form, darlehen

Rechtsprechung
Suche
Erweiterte Suche
Gerichte
Rechtsgebiete
Gesetze/Verordnungen
1
2
DRUCKEN
WEITEREMPFEHLEN
Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer: Verdeckte Gewinnausschüttung; Risikoentgelt als Entgelt
für Schulden i. S. des § 8 Abs. 1 Buchst. a) GewStG
1. Die Übernahme einer durch eine Bürgschaft der Gesellschafter-Geschäftsführerin gesicherten Darlehensverbindlichkeit
stellt keine vGA dar, wenn das eigenbetriebliche Interesse der Gesellschaft das auslösende Moment für die Zahlung war.
2. Ein Risikoentgelt, das zur Abgeltung eines erhöhten Finanzierungsrisikos gezahlt wird, unterfällt der
Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Buchst. a) GewStG.
FG Hamburg 3. Senat, Urteil vom 19.06.2014, 3 K 74/13
§ 8 Abs 3 S 2 KStG, § 8 Nr 1 Buchst a GewStG
Verfahrensgang
Tatbestand
A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine im Streitjahr 2009 durch die Klägerin
vorgenommene Forderungsabschreibung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu
behandeln ist und ob im Streitjahr 2010 für ein gezahltes Risikoentgelt eine
Hinzurechnung gem. § 8 Abs. 1 Buchst. a) Gewerbesteuergesetz -GewStG- vorzunehmen
ist.
I.
1. a) Die klagende GmbH wurde mit notariellem Vertrag am ... 2004 gegründet (Akte
Allgemeines -AllgA- Bl.4 ff.). Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist Frau A
(...). Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist laut Eintragung im Handelsregister
Zur Hauptnavigation springen
.
Zur Suche springen
.
Zum Inhalt springen
.
Stichwort, Adresse oder Veranstaltung
Suchen
Hamburger Justiz
Justizportal Hamburg
Gerichte
Staatsanwaltschaften
Behörde für
Justiz und Gleichstellung
E-Justice
Impressum
Unternehmen
Sitemap
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
"die Vermittlung des Abschlusses von Kauf- und Mietverträgen ..., Vorbereitung oder
Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen für eigene oder fremde
Rechnung ..." (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bd. I Bl. 7). Frau A war ab 2005 bis ...
2007 zugleich alleinige Geschäftsführerin Gesellschafterin der A Immobilien GmbH (A
GmbH), die ebenfalls als Bauträgerin tätig war (BpAA Bd. I Bl. 32).
b) Da sich die A GmbH zunehmend Gewährleistungsansprüchen von Käufern ausgesetzt
sah und langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen fürchtete, beschloss Frau A im
Jahr 2007, ihre GmbH-Anteile zu veräußern. Am ... 2007 traf die Klägerin (C GmbH) mit
der A GmbH über die Abwicklung von Bauvorhaben der A GmbH folgende Vereinbarung
(Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 37):
"Die Gesellschaft A Immobilien GmbH soll verkauft werden, zum jetzigen Zeitpunkt ist
ungewiss, ob die momentanen Bauvorhaben bis zu diesem Zeitpunkt vollständig
abgewickelt worden sind. Aus diesem Grund wird vereinbart, dass Herr B als
Generalbevollmächtigter beider Firmen die Endabwicklung der noch nicht übergebenen
Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Firmenübergabe übernimmt.
Herr B behält im Auftrag von C [Klägerin] weiterhin die Bankvollmachten über die
betreffenden Bauvorhaben. Die Bauüberwachung wird damit von C [Klägerin]
gewährleistet. Soweit Kosten entstehen, die nicht durch den Kaufpreis ausgeglichen
werden können, werden diese von C [Klägerin] übernommen und an A GmbH
weiterberechnet.
Ziel von C [Klägerin] ist es bei der Abwicklung der Bauvorhaben einen Gewinn zu
erwirtschaften, der dann C [Klägerin] zusteht als Vergütung für die Restabwicklung.
Dieser Gewinn berechnet sich aus dem Veräußerungserlös abzüglich Banksaldo des
jeweiligen Bauvorhabens und evtl. zusätzlicher Kosten.
Die von C [Klägerin] verauslagten Kosten werden über ein Verrechnungskonto bei C
[Klägerin] gebucht. Dieses Verrechnungskonto ist ebenso entsprechend bei der A GmbH
zu führen. Dieses Verrechnungskonto wird zum Jahresende mit einem Zinssatz von 6 %
verzinst."
2. a) In der Bilanz zum 31.12.2007 wies die A GmbH einen nicht durch Eigenkapital
gedeckten Fehlbetrag von ... € aus (loser Hefter in der Betriebsprüfungsakte -BpA- Bl. 4
ff.).
b) Mit Vertrag vom ... 2008 übertrug Frau A ihre Anteile an der A GmbH an die Fa. D,
deren Geschäftsführerin seit dem ... 2007 Frau E (...) war, mit Sitz in F, für ... € (loser Hefter
in der BpA Bl.1 ff.). Die A GmbH verlegte ihren Sitz am ... 2007 zunächst nach G, sowie
am ... 2008 nach H (BpAA Bd. I Bl. 160) und wurde am ... 2010 wegen
Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.
3. a) Bei dem von der A GmbH übernommenen Bauprojekt X-Weg verblieb beim Verkauf
im ... 2008 eine Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Darlehen Nr. 1 - für
dessen Rückzahlung sich Frau A persönlich verbürgt hatte - in Höhe von ... €; zudem
hatte die Klägerin aufgrund eines Wasserschadens zusätzliche Baukosten in Höhe von ...
€ zu tragen.
Zur Begleichung des Darlehens und der Baukosten schloss die Klägerin am 13.11.2008
folgende Vereinbarung mit der Bank-1 (RbA Bl. 4):
" (...)
Wir werden für die o. a. Einheit des Bauvorhabens "X-Weg" der A Immobilien GmbH
Löschungsbewilligung gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von EUR ... erteilen,
sofern die Unterdeckung in Höhe der Differenz zwischen EUR ... (Erteilung der
Löschungsbewilligung) und der Kreditvaluta des Bauvorhabens "X-Weg" aus dem
Bauvorhaben "Y-Straße" der C GmbH erbracht wird. Die Liquiditätsfinanzierung des
Bauvorhabens "Y-Straße" wird dann um den Betrag gekürzt. (...)"
b) Die Zahlungen an die Bank sowie die Handwerker buchte die Klägerin auf dem
Verrechnungskonto als Forderungen gegenüber der A GmbH (BpAA Bl.170 f.). Auf dem
Verrechnungskonto war zuletzt am 26.09.2008 ein Zahlungseingang in Höhe von ... € von
der A GmbH verbucht worden. In der Bilanz auf den 31.12.2008 wies die Klägerin eine
Forderung gegenüber der A GmbH in Höhe von ... € aus.
c) Mit Schreiben vom 25.11.2008, 20.12.2008 und 12.01.2009 mahnte die Klägerin die A
GmbH, die offenen Forderungen über ... € zu begleichen (BpAA Bd. II Bl.132 ff.).
Nachdem diese Mahnungen erfolglos blieben, buchte die Klägerin die Forderung zum
31.12.2009 gewinnwirksam aus.
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
4. a) Am 05.10.2009 vereinbarte die Klägerin mit der Bank-2 im Zusammenhang mit der
Finanzierung eines weiteren Bauvorhabens in der Z-Straße die Zahlung eines
Risikoentgelts in Höhe von ... €.
Die Vereinbarung lautet wie folgt:
"(...)
Wie Ihnen bereits dargelegt, ist aus unserer Sicht in dem Vorhaben jedoch für uns ein
erhöhtes Finanzierungsrisiko zu sehen. Dieses resultiert insbesondere aus:
- dem fehlenden, echten Eigenkapitaleinsatz in Form von Liquidität
- der nicht vorhandenen Vorabverkaufsquote von üblichen 50 % der zu erstellenden
Einheiten
- der Eilbedürftigkeit Ihres Antrags
- Ihren weiteren Finanzierungsverpflichtungen gegenüber Ihrer Hausbank Bank-1 wegen
nicht verkaufter Immobilien
- der von uns zu übernehmenden Restfinanzierung Ihres Objektes Y-Straße Hamburg in
Höhe von € ....
Vor diesem Hintergrund wird zwischen Ihnen und unserem Bankhaus zur Abgeltung des
erhöhten Finanzierungsrisikos die Zahlung eines Risikoentgeltes nach den folgenden
Maßgaben vereinbart:
1. (...) Wird ein höherer bzw. niedriger Verkaufserlös erzielt, ändert sich der an uns zu
zahlende Betrag nicht.
2. Das Risikoentgelt ist zur Zahlung fällig nach Fertigstellung der Immobilie und
Abschluss eines Kaufvertrages/bzw. Kaufverträgen über die Immobilie (...).
3. Sollte bis zum 30.09.2010 (Anlauf der durch uns gewährten Bauträgerfinanzierung) die
Immobilie nicht fertiggestellt und/oder vermietet/durch die Mieter bezogen und/oder
verkauft worden sein, ist ein Betrag in Höhe von EURO ... dennoch an die Bank
auszuzahlen."
b) Die Klägerin zahlte das Risikoentgelt am 29.12.2010 und verbuchte die Zahlung auf
dem Konto 1 Finanzierungskosten. Das Konto 1 wies zum 31.12.2010 einen Saldo in
Höhe von ... € auf.
II.
1. In ihren am 07.03.2011 beim FA eingereichten Gewerbe- und
Körperschaftsteuererklärungen für 2009 erklärte die Klägerin einen Gesamtbetrag der
Einkünfte von ... € sowie einen Gewerbeertrag in Höhe von ... €. Das FA setzte mit
Bescheiden vom 07.06.2011 die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag
2009 nach Verrechnung mit Verlustvorträgen jeweils erklärungsgemäß auf 0,00 € fest.
2. Das FA führte bei der Klägerin aufgrund der Prüfungsanordnung vom 29.07.2011 eine
Außenprüfung betreffend die Jahre 2007 bis 2009 durch. Die Betriebsprüferin kam neben
weiteren - nicht streitigen - Prüfungsfeststellungen zu dem Ergebnis, dass die
Forderungsabschreibung in 2009 als vGA dem Gewinn hinzuzurechnen sei, weil die
Forderungen gegen die A GmbH auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses entstanden
seien. Für einen fremden Dritten hätte die Klägerin keine laufenden Rechnungen
beglichen, ohne dafür einen entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil (z. B. in Form einer
Verzinsung) zu erlangen. Diesbezügliche Vereinbarungen seien nicht vorgelegt worden.
Ein wirtschaftlicher Vorteil sei für die Klägerin nicht gegeben (BpA Bl. 5).
3. Das FA erließ am 15.05.2012 jeweils einen entsprechend geänderten
Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2009.
4. In ihrer am 11.09.2012 beim FA eingereichten Gewerbesteuererklärung für 2010
erklärte die Klägerin einen Gewerbeertrag in Höhe von -... €. Das FA setzte mit Bescheid
vom 01.11.2012 den Gewerbesteuermessbetrag 2010 erklärungsgemäß auf 0,00 € fest.
Mit Bescheid vom selben Tag stellte es den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum
31.12.2010 auf ... € fest.
Bezüglich des Gewerbesteuermessbetrags forderte das FA die Klägerin auf, bis zum
15.11.2012 im Einzelnen zu erläutern, welche Kosten im Konto 1 (Finanzierungskosten)
enthalten seien, und diese Aufwendungen insbesondere im Hinblick auf die
Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer zum Konto 2 (Zinsaufwand) abzugrenzen (GewA
Bl. 22). Nachdem die Klägerin trotz Nachfristsetzung nicht auf die Aufforderung des FA
reagierte, erhöhte das FA die Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 GewStG um ... € (Saldo
des Kontos 1), änderte mit Bescheid vom 02.01.2013 die Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags für 2010 auf ... € und hob mit Bescheid vom 02.01.2013 die
gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 auf.
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
III.
1. a) Gegen die Änderungsbescheide für 2009 vom 15.05.2012 legte die Klägerin am
12.06.2012 Einspruch ein und trug zur Begründung vor, die Forderungsabschreibung sei
als tatsächliche Vermögensminderung anzuerkennen (RbA Bl. 6).
b) Gegen die Änderungsbescheide für 2010 vom 02.01.2013 legte die Klägerin am
09.01.2013 Einspruch ein und beantragte, die Hinzurechnung der Finanzierungskosten
wieder rückgängig zu machen (RbA Bl. 30).
c) Mit Änderungsbescheid vom 24.01.2013 setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag
für 2010 geringer auf ... € fest; dabei reduzierte es die Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1
Buchst. a) GewStG um auf dem Konto 1 verbuchte sonstige Kosten in Höhe von ... € auf ...
€.
2. Mit Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013 änderte das FA den Bescheid über den
Gewerbesteuermessbetrag 2009 in der Weise, dass es einen Vorläufigkeitsvermerk
hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag nach §
8 Nr. 1 Buchst. a), d) und e) GewStG aufnahm; im Übrigen wies das FA die Einsprüche
der Klägerin als unbegründet zurück (RbA Bl. 48).
IV.
Die Klägerin hat am 06.05.2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, bei
Übernahme der Bauvorhaben der A GmbH durch sie sei sie davon ausgegangen, dass
die noch auflaufenden Kosten von den zu erzielenden Erlösen beglichen und abgedeckt
werden würden. Das Verrechnungskonto, über das die Unterdeckung des Darlehns und
die Baukosten verbucht worden seien, habe überwiegend einen H-Saldo aufgewiesen
(Verbindlichkeit gegenüber der A GmbH). Daher habe bei der Vornahme der Zahlung
keine Veranlassung bestanden, anzunehmen, dass die A GmbH den Ausgleich nicht
mehr vornehmen würde.
Beim Objekt X-Weg sei es nur drei Tage vor der geplanten Übergabe des Objekts zu
einem Wassereinbruch im Keller gekommen. Ursprünglich habe sie, die Klägerin, bei
dem Objekt mit einem Gewinn von ... € bis ... € gerechnet. Durch den Wasserschaden
seien aber die zusätzlichen Sanierungskosten und die Unterdeckung bei der
Finanzierung entstanden.
Um das Darlehen und die letzten Rechnungen begleichen zu können, habe sie, die
Klägerin, eine gesonderte Vereinbarung mit der Bank-1 getroffen, dass die Zahlungen von
dem Baufinanzierungskonto Y-Straße gezahlt werden dürften. Sie habe befürchtet, dass
ihre Konten gesperrt würden bzw. dass zumindest die Finanzierungsmittel für das Objekt
Y-Straße gekürzt würden, wenn nicht ein Ausgleich für die Unterdeckung des Objektes X-
Weg erfolgen würde. Ihre Motivation zum Ausglich der Verbindlichkeiten habe in dem
Wunsch zur ungehinderten Fortführung des Bauvorhabens Y-Straße gelegen und sei kein
Resultat einer Gesellschafterbeziehung. Die einzige Gesellschafterbeziehung bestehe
darin, dass bei beiden Gesellschaften bei Abschluss der jeweiligen Darlehnsverträge
Frau A die Gesellschafterin gewesen sei. Daher habe sie, die Klägerin, befürchtet, dass
die Bank-1 Rückschlüsse zu ihrem Nachteil ziehen würde. Frau A sei kein
Einkommenszuwachs entstanden, da sie keine eigene Zahlungsverpflichtung gehabt
habe.
Bei dem gezahlten Risikoentgelt handele es sich um eine Art Umsatzprovision, da der
kalkulierte Gewinn bei der Kreditvergabe bereits festgestanden habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. den Körperschaftsteuerbescheid für 2009 und den Gewerbesteuermessbescheid 2009,
jeweils vom 15.05.2012 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013,
dahingehend zu ändernd, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. der Gewerbeertrag
um die hinzugerechnete verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von ... € gemindert
werden;
2. den Gewerbesteuermessbescheid für 2010 vom 02.01.2013 in Gestalt des
Änderungsbescheides vom 24.01.2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
03.04.2013 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 vom 02.01.2013 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
ergänzend vor, die Zahlung des Bankdarlehens sowie der Baukosten für das Objekt X-
Weg sei durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Da Frau A offensichtlich privat für
die Abwicklung des Bauvorhabens X-Weg eingestanden habe, sei die Klägerin nicht
verpflichtet gewesen, Zahlungen zu leisten. Die Klägerin habe die Baukosten für das
Objekt X-Weg übernommen, um Frau A vor einer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu
bewahren. Eine betriebliche Veranlassung sei nicht zu erkennen. Die Klägerin sei nicht
die Hauptverantwortliche, sondern lediglich die Abwicklerin für das Bauvorhaben
gewesen; dies sei auch der Bank-1 bekannt gewesen.
Das Gericht hat im Erörterungstermin am 17.02.2014 Beweis erhoben durch
Zeugenvernehmung des Herrn J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 17.02.2014 (FGA Bl. 68 ff.) Bezug genommen. Im
Übrigen wird Bezug genommen auf die weiteren Sitzungsniederschriften der
Erörterungstermine vom 26.08.2013 (FGA Bl. 31 ff.) und vom 06.12.2013 (FGA Bl. 48 ff.).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin
einverstanden erklärt und auf mündliche Verhandlung verzichtet (FGA Bl. 49).
Dem Gericht haben jeweils Band I der Gewerbesteuer-, Körperschaftsteuer-,
Betriebsprüfungs-, Umsatzsteuer-, Bilanzakte, Band I der Feststellungsakte gem. §§ 27,
28, 36, 37 und 38 KStG, Band I und II der Betriebsprüfungsarbeitsakte sowie jeweils 1
Band Allgemeines und Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
B. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin
(§ 79a Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO-) und ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs.
2 FGO).
I.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
Die angefochtenen Bescheide vom 15.05.2012, jeweils in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in
ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit die
Forderungsabschreibung als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet wurde (1.).
Der angefochtene Bescheid für 2010 über den Gewerbesteuermessbetrag vom
02.01.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.01.2013 und in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013 sowie der Bescheid über die gesonderte
Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 vom 02.01.2013
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2013 sind dagegen rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das FA hat zu Recht die Hinzurechnung
des gezahlten Risikoentgelts gem. § 8 Abs. 1 Buchst. a) GewStG vorgenommen (2.).
1. a) Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz KStG- (für die
Gewerbesteuer i. V. m. § 7 Satz 1 GewStG), ist bei einer Kapitalgesellschaft eine
Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages
gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem
Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (BFH-Urteile vom 23.10.2013 I R
60/12, BFHE 244, 256, HFR 2014, 421; vom 11.09.2013 I R 26/12, BFH7NV 2014, 728).
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei
Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem
Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteile vom 23.10.2013 I R 60/12, BFHE
244, 256, HFR 2014, 421; vom 26.06.2013 I R 39/12, BFHE 242, 305, BStBl II 2014, 174).
Steht die Absicht, einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuzuwenden, im
Vordergrund, so verdrängt diese Veranlassung die möglicherweise daneben bestehende
eigenbetriebliche Absicht der Kapitalgesellschaft. Es ist nicht ausreichend, eine
eigenbetriebliche Mitveranlassung festzustellen. Aufgrund einer Gewichtung und
Abwägung der die Aufwendungen auslösenden Momente ist festzustellen, welches
auslösende Moment das letztlich maßgebende war (BGH-Urteil vom 28.11.1991 I R
13/90, BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359).
Die objektive Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen einer vGA vorliegen,
obliegt grundsätzlich dem Finanzamt. Das betrifft sowohl das Vorliegen einer
Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung) als auch die Frage nach
der Veranlassung dieser Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung)
durch das Gesellschaftsverhältnis. Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass diese
48
49
50
51
52
53
54
55
56
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Steuerpflichtigen
sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen. Es gelten die allgemeinen
Grundsätze zur Beweisrisikoverteilung (vgl. BFH-Urteil vom 04.04.2002, I B 140/01,
BFH/NV 2002, 1179)
b) Im Streitfall liegen im Ergebnis die Voraussetzungen einer vGA nicht vor, da es nicht
genügend Anzeichen dafür gibt, dass das ausschlaggebende Motiv für die Übernahme
der Verbindlichkeiten ein gesellschaftliches war. Vielmehr stellt es sich vorliegend so dar,
dass sich die Klägerin aufgrund der getroffenen Vereinbarung vom ... 2007
schuldrechtlich zu der Übernahme der Verbindlichkeiten verpflichtet hatte.
In dem Abschluss der Vereinbarung vom ... 2007 ist seinerseits keine durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung zu sehen, da zu diesem
Zeitpunkt der Wasserschaden bei dem Objekt X-Weg und die damit verbundenen
nachträglichen Baukosten sowie die Unterdeckung beim Darlehen noch nicht absehbar
waren, sondern die Klägerin gemäß ihren eigenen unbestrittenen Angaben noch mit
einem Gewinn durch die Bauabwicklung in Höhe von ... bis ... € rechnete.
Es ist mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers
vereinbar, wenn eine Gesellschaft, die von einer anderen Gesellschaft die Abwicklung
von Bauvorhaben übernommen hat, auch zunächst nicht absehbare Aufwendungen in
Form einer Darlehens-Unterdeckung sowie von nachträglichen Baukosten aufgrund eines
Wasserschadens übernimmt und diese Aufwendungen - ebenso wie die übrigen Kosten -
über ein Verrechnungskonto, das mit jährlich 6 % verzinst wird, verbucht. Dies gilt umso
mehr, als dass nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass
die Klägerin diese Aufwendungen nicht zur Abwendung der Inanspruchnahme von Frau A
aus der übernommenen Bürgschaft, sondern aus eigenbetrieblichen Interessen
übernommen hat, insbesondere um gegenüber der finanzierenden Bank, die gerade ein
weiteres, großes Bauprojekt der Klägerin betreute, als verlässlicher Geschäftspartner
aufzutreten.
Der Zeuge J bekundete insoweit zwar, er könne sich nicht mehr konkret daran erinnern,
ob der Ausgleich der Unterdeckung beim Objekt X-Weg eine Kreditauflage beim Objekt Y-
Straße gewesen sei, er bestätigte aber glaubhaft den Vortrag von Herrn B, wonach die
Zusammenarbeit mit der Klägerin kritisch geworden wäre, wenn bei dem Objekt X-Weg
die Unterdeckung nicht ausgeglichen worden wäre. Aufgrund der erwarteten
Überschüsse beim Objekt Y-Straße habe die Bank-1die gesamte Situation aber nicht als
besonders kritisch gewertet. Der Kredit beim Objekt X-Weg sei durch Grundschulden
sowie die persönliche Bürgschaft der Frau A abgesichert gewesen. Eine
Inanspruchnahme aus der Bürgschaft sei aber zu keinem Zeitpunkt eine Option gewesen.
Bei dem Objekt Y-Straße - für das Frau A ebenfalls gebürgt hatte - hätten sie mit
erheblichen Überschüssen gerechnet, so dass eine Verrechnung nahegelegen habe. Die
Verrechnung habe dann auch so wie vereinbart stattgefunden.
Für die Bank-1 habe keine Veranlassung bestanden, sich an die A GmbH zwecks
Ausgleichs der Unterdeckung zu wenden, da die Klägerin mitgeteilt habe, sie würde die
Bauvorhaben abwickeln und für eine ggf. entstehende Unterdeckung einstehen.
2. a) Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG wird in dem Streitjahr 2010 ein Viertel der Entgelte
für Schulden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der
Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von
100.000 Euro übersteigt.
Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG sind Gegenleistungen für
die Nutzung von Fremdkapital. Dazu gehören alle Leistungen, bei denen es sich im
weitesten Sinne um Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdmitteln
handelt (vgl. BFH-Urteil vom 25.02.1999 IV R 55/97, BFHE 188, 406, BStBl II 1999, 473).
Umsatzprovisionen sind dann keine Entgelte für Schulden, soweit sie das Entgelt für
Leistungen des Kreditinstituts bilden, die nicht in der Überlassung des Kapitals bestehen,
sondern darüber hinausgehende weitere Leistungen darstellen; entsprechend gilt, dass
Risikoprämien keine Entgelte für Schulden darstellen, wenn sie z. B.
Verwaltungsgebühren vergleichbar sind (Köster in Lenski/Steinberg,
Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Buchst. a) Rn. 130, 138).
aa) Bei dem von der Klägerin in 2009 aufgenommenen Kredit für das Bauvorhaben Z-
Straße handelt es sich unstreitig um eine Schuld im Sinne § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG.
bb) Das von der Klägerin in 2009 gezahlte und gewinnmindernd verbuchte "Risikoentgelt"
stellt ein Entgelt für Schulden im Sinne des § 8 Abs. 1 Buchst. a) GewStG dar. Aus der
Vereinbarung vom 05.10.2009 ergibt sich, dass die Bank das Risikoentgelt zur Abgeltung
des erhöhten Finanzierungsrisikos verlangte. Sie ermittelte das Risikoentgelt zwar auf der
Grundlage der Projektkalkulation und damit umsatzabhängig, stellte jedoch gleichzeitig
57
58
59
60
klar, dass sich der Betrag nicht verringert, auch wenn das Objekt nicht rechtzeitig
fertiggestellt/verkauft werden würde. Hieraus wird deutlich, dass mit dem Risikoentgelt die
Inanspruchnahme von Fremdkapital durch die Klägerin und keine darüberhinausgehende
Leistungen bzw. ein erhöhter Verwaltungsaufwand abgegolten wurden.
II.
1. Die Übertragung der weiteren Berechnung auf das FA beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO.
2. Die Kosten waren entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu 30
% der Klägerin und zu 70 % dem FA aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die
Klägerin hat bezüglich der vGA obsiegt, die steuerliche Auswirkung beläuft sich bei der
Körperschaftsteuer 2009 auf ... € und beim Gewerbesteuermessbetrag auf ca. ... €
(Auswirkung auf die Gewerbesteuer ca. ... €), bezüglich des Gewerbesteuermessbetrags
2010 und der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 ist
die Klägerin unterlegen, die steuerliche Auswirkung beläuft sich beim
Gewerbesteuermessbetrag auf ... € (Auswirkung auf die Gewerbesteuer ... €) und beim
Verlustvortrag auf ... € (zu 10% berücksichtigt bei der Berechnung der Kostenquote).
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3
FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
4. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.