Urteil des FG Hamburg vom 19.09.2013
FG Hamburg: schengen, visum, einreise, aufenthaltserlaubnis, ausweisungsgrund, verordnung, rechtsschutz, straftat, familiennachzug, entstehungsgeschichte
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--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
1. Reist ein Drittstaatsangehöriger mit einem Schengen-Visum in die Bundesrepublik ein, bei dessen
Beantragung er den beabsichtigten Daueraufenthalt zwecks Familienzusammenführung verschwiegen hat,
hängt das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG nicht davon ab,
dass er zuvor gerade auf die Rechtsfolge der Ausweisung (im Sinne des deutschen Aufenthaltsrechts)
hingewiesen wurde. Für den Hinweis "auf die Rechtsfolgen" gemäß § 55 Abs. 2 AufenthG reicht die im
einheitlichen Antragsformular nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über den Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex - Abl. L
243, S. 1) enthaltene Erklärung des Ausländers aus, ihm sei "bewusst, dass falsche Erklärungen zur
Ablehnung meines Antrags oder zur Annullierung eines bereits erteilten Visums führen und die
Strafverfolgung nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der den Antrag bearbeitet, auslösen
können."
2. Die Einreise mit einem durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Schengen-Visum
erfüllt regelmäßig auch den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 95 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 3
AufenthG.
3. Nach der Einreise ohne das gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG zum Familiennachzug erforderliche Visum, die
lediglich mit einem durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Schengen-Visum
erfolgt, steht der damit bewirkte Ausweisungsgrund regelmäßig der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
entgegen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 3. Senat, Beschluss vom 19.09.2013, 3 Bs 226/13
Art 11 Abs 1 S 1 Anl 1 EGV 810/2009, § 5 Abs 1 AufenthG, § 5 Abs 2 AufenthG, § 6 Abs 3 AufenthG, § 27 Abs 3 S
2 AufenthG, § 555 Abs 2 Nr 1 AufenthG, § 555 Abs 2 Nr 2 AufenthG, § 95 Abs 1 Nr 3 AufenthG, § 95 Abs 6
AufenthG
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. Juli 2013
wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, eine … 1987 geborene nepalesische Staatsangehörige, begehrt nach Ablehnung ihres
Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Nachzugs zu ihrem Ehemann einstweiligen
Rechtsschutz. Sie reiste mit einem von der Auslandsvertretung Frankreichs in Bukarest erteilten Schengen-
Visum, das für einen Aufenthalt von 15 Tagen im Zeitraum vom 13. Oktober 2012 bis 13. November 2012
gültig war, am 13. Oktober 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und heiratete am 25. Oktober 2012 in
Dänemark den nepalesischen Staatsangehörigen …, der sich aufgrund einer Niederlassungserlaubnis in der
Bundesrepublik Deutschland aufhält. Nach der Heirat reiste die Antragstellerin wieder in das Bundesgebiet ein
und beantragte eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit
Verfügung vom 23. Januar 2013, zugestellt am 24. Januar 2013, ab, weil die allgemeinen
Erteilungsvoraussetzungen nicht vorlägen, insbesondere die Antragstellerin nicht mit dem erforderlichen
Visum eingereist sei. Zudem drohte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Abschiebung an. Über den am
25. Februar 2013, einem Montag, erhobenen Widerspruch hat die Antragsgegnerin bisher noch nicht
entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 31. Mai 2013 mit Beschluss vom
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2. Juli 2013 abgelehnt. Die Antragstellerin erfülle nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen,
insbesondere sei sie nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG mit dem für einen Ehegattennachzug
erforderlichen nationalen Visum eingereist. Wegen der Eheschließung im Ausland komme die Einholung
eines Aufenthaltstitels nach § 39 Nr. 3 AufenthV im Bundesgebiet nicht in Betracht. Von der Nachholung des
Visumverfahrens könne nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden. Denn die
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach §
30 AufenthG seien mangels Vorliegens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Insbesondere habe die Antragstellerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG einen Ausweisungsgrund
verwirklicht, weil sie bei Beantragung des Visums gegenüber der Botschaft in Rumänien falsche Angaben
gemacht und schon zu diesem Zeitpunkt eine Umgehung des Visumverfahrens für die beabsichtigte
Eheschließung geplant habe. Die Ausreise sei der Antragstellerin auch zumutbar.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht
gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des
Verwaltungsgerichts nach Maßgabe des Beschwerdeantrags zu ändern.
1. Zu Recht nimmt das Verwaltungsgericht an, die Antragstellerin sei nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
AufenthG mit dem erforderlichen Visum eingereist, wie es regelmäßig für die Erteilung eines Aufenthaltstitels
erforderlich ist. Nachdem die Antragstellerin mit einem Schengen-Visum für Kurzaufenthalte, das zu einem
Aufenthalt für 15 Tage berechtigte, eingereist ist und nur 12 Tage später in Dänemark geheiratet hat, um
sodann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Ehegattennachzugs zu beantragen, liegt es auf der Hand,
dass sie schon bei ihrer Einreise beabsichtigte, wenige Tage später zu heiraten und dauerhaft im
Bundesgebiet zu verbleiben. Hierzu hätte sie mit einem nationalen Visum nach § 6 Abs. 3 AufenthG statt mit
einem bloßen Schengen-Visum einreisen müssen.
2. Des Weiteren geht das Verwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass von der Einhaltung des
Erfordernisses der Einreise mit dem richtigen Visum nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht aufgrund
von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden kann. Dies würde voraussetzen,
dass entweder die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind oder
es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Beides
ist vorliegend nicht der Fall.
a.) In der ersten Alternative setzt § 5 Abs. 2 Satz 2 einen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis voraus. Ein bloßer Anspruch auf Erteilung im Ermessenswege genügt nicht, auch nicht,
wenn das Ermessen auf Null reduziert wäre (OVG Hamburg, Beschl. v. 3.6.2012, 2 Bs 136/13 m.w.N.). Die
Antragstellerin hat bereits deshalb keinen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis,
weil aufgrund ihrer falschen Angaben zur Erlangung ihres Schengen-Visums ein Ausweisungsgrund vorliegt,
was gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, von dem beim Familiennachzug gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG
nur im Ermessenswege abgesehen werden kann, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht. Es
liegt sowohl ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG (aa.) als auch nach
§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (bb.) vor.
aa.) Nach § 55 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG kann ein Ausländer u.a. dann ausgewiesen werden
kann, wenn er falsche Angaben zur Erlangung eines Schengen-Visums gemacht hat, soweit er zuvor auf die
Rechtsfolgen einer solchen Handlung hingewiesen wurde. Ersichtlich hat die Antragstellerin falsche Angaben
zur Erlangung eines Schengen-Visums gemacht, da ihr ein solches für einen Aufenthalt von 15 Tagen erteilt
worden ist, obwohl sie einen Daueraufenthalt plante. Da zur Erlangung eines Schengen-Visums in Art. 11
Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli
2009 über den Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex - Abl. L 243, S. 1) vorgeschrieben ist, dass ein
ausgefülltes und unterzeichnetes Antragsformular („einheitliches Antragsformular“) nach Anhang I der
Verordnung einzureichen ist, ist davon auszugehen, dass dies vorliegend auch geschehen ist. Die
Antragstellerin behauptet nichts Gegenteiliges. Ein Schengen-Visum wird nach Art. 1 und Art. 2 Nr. 2 lit. a)
des Visakodex nur für die Durchreise oder einen geplanten Aufenthalt von höchstens drei Monaten erteilt.
Zum Aufenthaltszweck und zur geplanten Dauer des Aufenthalts sind im Antragsformular konkrete Angaben
zu machen. Um das Schengen-Visum zu erhalten, musste die Antragstellerin somit falsche Angaben hierzu
machen, insbesondere ihren geplanten Daueraufenthalt verschweigen. Wenn die Antragstellerin
demgegenüber lediglich pauschal vorträgt, die Annahme, sie habe falsche Angaben gemacht, sei spekulativ,
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ohne näher darzulegen, was sie zum Reisezweck und zur beabsichtigten Dauer ihres Aufenthalts tatsächlich
angegeben hat und was ihre tatsächlichen Absichten waren, so vermag dies die Richtigkeit des
verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nicht in Frage zu stellen.
Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragstellerin im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG auf
die Rechtsfolgen der Falschangaben hingewiesen wurde. In dem einheitlichen Antragsformular, dessen
Verwendung vorgeschrieben ist und vorliegend auch nicht bestritten wird, heißt es
„Ich versichere, dass ich die vorstehenden Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht
habe und dass sie richtig und vollständig sind. Mir ist bewusst, dass falsche Erklärungen zur
Ablehnung meines Antrags oder zur Annullierung eines bereits erteilten Visums führen und die
Strafverfolgung nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der den Antrag bearbeitet, auslösen
können.“
Anders als zum Teil vertreten (VG Karlsruhe, Urt. v. 29.4.2008, 5 K 970/06, juris Rn. 31; Bauer, in:
Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 55 AufenthG, Rn. 17; Discher, in: GK-AufenthG,
Stand August 2013, § 55 AufenthG, Rn. 286) ist der Senat der Auffassung, dass das Vorliegen eines
Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG nicht davon abhängt, dass gerade auf die
Rechtsfolge der Ausweisung hingewiesen wurde. Nach dem Wortlaut ist nicht auf bestimmte Rechtsfolgen
hinzuweisen. Sinn und Zweck einer solchen Belehrung ist, bezogen auf die hier in Rede stehenden Angaben
zur Erlangung eines Schengen-Visums, dem Ausländer die Bedeutung der Richtigkeit seiner Angaben und
mögliche Konsequenzen vor Augen zu führen. Der Hinweis auf die mögliche Annullierung im Antragsformular
zeigt deutlich, dass falsche Angaben zum Entfallen des Aufenthaltstitels und in der Konsequenz zu einer
Ausreisepflicht führen können. Darüber hinaus wird sogar auf eine mögliche Strafbarkeit hingewiesen, die den
Ausländer typischerweise sogar schärfer trifft als eine Ausweisung. Diese Auslegung der Norm wird durch die
Entstehungsgeschichte bestätigt. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG entspricht nahezu wörtlich
der Vorgängervorschrift des § 46 Nr. 1 AuslG 1990, die durch den am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Art.
11 Nr. 7 des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz)
vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361 ff.) in das seinerzeit geltende Ausländergesetz eingefügt worden ist. Der
Gesetzgeber hat mit Art. 11 Nr. 7 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes insbesondere im Hinblick auf die
von internationalen gewalttätigen Gruppierungen ausgehenden Gefahren eine Ergänzung der bestehenden
Möglichkeiten der Ermessensausweisung bezweckt. Der neue Ausweisungstatbestand sollte die bisherigen
Gründe auch insoweit ergänzen, als nunmehr auch unrichtige Angaben gegenüber ausländischen
Auslandsvertretungen zur Erlangung eines Schengen-Visums erfasst werden sollten (vgl. BT-Drucks.
14/7386, S. 56; siehe hierzu bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2010, 3 Bs 2/10, juris Rn. 35).
Angesichts des unionsrechtlich vorgegebenen einheitlichen Antragsformulars mit der genannten Belehrung
wäre es vor diesem Hintergrund mit diesem Gesetzeszweck nicht vereinbar, hinsichtlich etwaiger
Falschangaben zur Erlangung eines Schengen-Visums für das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach §
55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AufenthG eine über die vorgesehenen Hinweise auf die Rechtsfolgen hinausgehende
Belehrung zu verlangen. Solchen weitergehenden Anforderungen könnten praktisch, falls dies unionsrechtlich
überhaupt zulässig wäre, nur deutsche Auslandsvertretungen nachkommen, was nicht nur eine mit dem
Visakodex schwerlich zu vereinbarende uneinheitliche Praxis bei der Beantragung und Erteilung von
Schengen-Visa bedeuten würde, sondern faktisch den Ausweisungstatbestand und die gesetzlich gerade
bezweckte Erweiterung des Tatbestands auf Falschangaben zumindest gegenüber anderen
Auslandsvertretungen insoweit auch leerlaufen lassen würde.
bb.) Darüber hinaus hat die Antragstellerin durch die Falschangaben den Ausweisungstatbestand des § 55
Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Der Anwendbarkeit steht nicht entgegen, dass bereits ein
Ausweisungstatbestand nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erfüllt ist, da beide Ausweisungsvorschriften
selbstständig nebeneinander stehen (siehe eingehend hierzu m.w.N. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2010, 3
Bs 2/10, juris Rn. 32 ff.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sind in der
Variante des nicht nur geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften erfüllt. Vorsätzliche Straftaten
können grundsätzlich nicht als nur geringfügig angesehen werden (BVerwG, Urt. v. 24.9.1996, 1 C 9/94,
BVerwGE 102, 63, 66; BayVGH, Beschl. v. 22.8.2008, 10 CE 08.1380, juris Rn. 10; OVG Bautzen, Beschl.
v. 17.8.2006, 3 Bs 130/06, juris Rn. 5), was sich auch aus der letzten Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 2
AufenthG ergibt, wonach auch eine außerhalb des Bundesgebiets begangene Straftat einen
Ausweisungsgrund darstellt, wenn sie im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist. Vorliegend
spricht alles dafür, dass sich die Antragstellerin nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 6 AufenthG strafbar
gemacht hat. Gemäß dem durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970, 1988) in § 95 AufenthG ergänzten
Absatz 6 steht der unerlaubten Einreise ohne erforderlichen Aufenthaltstitel u.a. ein Handeln aufgrund eines
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durch unrichtige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich. Ob damit die mit einem solchen
Aufenthaltstitel vorgenommene Einreise als unerlaubt anzusehen ist (dies verneint das BVerwG für ein
erschlichenes Schengen-Visum, Urt. v. 11.1.2011, BVerwGE 138, 353, 362 Rn. 20; Urt. v. 16.11.2010,
BVerwGE 138, 122, 130 Rn. 19, allerdings jeweils unter Bezugnahme auf die überholte Rechtsprechung des
BGH, Urt. v. 27.4.2005, NJW 2005, 2095; siehe nunmehr BGH, Beschl. v. 24.5.2012, BGHSt 57, 239) oder
sie lediglich der unerlaubten Einreise gleichgestellt wird, bedarf keiner Entscheidung. Der Gesetzgeber hat
deutlich gemacht, dass der Unrechtsgehalt einer Einreise mit einem erschlichenen Schengen-Visum genauso
schwer wiegt wie bei einer Einreise ohne Aufenthaltstitel (hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 6.3.2002, 3 Bf
205/01, AuAS 2002, 139 ff.), so dass es sich in beiden Fällen grundsätzlich um nicht geringfügige
Rechtsverstöße im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG handelt. Besondere Umstände der Tat, die es
rechtfertigen könnten, ausnahmsweise nur einen geringfügigen Verstoß anzunehmen, sind vorliegend nicht
ersichtlich.
b.) Schließlich kann auch nach der zweiten Alternative von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht von dem
Erfordernis der Einreise mit dem richtigen Visum abgesehen werden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend
ausgeführt hat, sind besondere Umstände, die es für die Antragstellerin als unzumutbar erscheinen lassen,
das Visumverfahren nachzuholen, nicht ersichtlich. Insbesondere droht keine dauerhafte Trennung der
Eheleute. Soweit die übrigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht ohnehin inzwischen vorliegen,
können die erforderlichen Voraussetzungen jedenfalls von der Antragstellerin bzw. ihrem Ehemann
geschaffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2
Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.