Urteil des FG Hamburg vom 28.05.2014

FG Hamburg: vollziehung, aussetzung, malaysia, nicht wiedergutzumachender schaden, insolvenz, china, eugh, sicherheitsleistung, olaf, ausstellung

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Zollrecht: Aussetzung der Vollziehung
Zur Möglichkeit eines unersetzbaren Schadens gemäß Art. 244 ZK für ein im EU-Ausland ansässiges Unternehmen im
Hinblick auf eine existenzgefährdende Insolvenz.
FG Hamburg 4. Senat, Beschluss vom 28.05.2014, 4 V 63/14
Art 244 ZK, § 10 Abs 1 EUBeitrG
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines
Einfuhrabgabenbescheides, mit dem Drittlandszoll (ZollEU) und Antidumpingzoll
nacherhoben wird.
1. Die Antragstellerin meldete in der Zeit vom 30.07.2012 bis 05.10.2012 mit insgesamt
sechs Zollanmeldungen Waren unter der Warencodenummer 7616 9910 91 0 mit einem
Gesamtzollwert von rund EUR 950.000 zur Abfertigung in den zollrechtlich freien Verkehr
mit steuerbefreiender Lieferung an. Unter Hinweis auf Ursprungszeugnisse nach
Formblatt A, die vom malaysischen Ministry of International Trade and Industrie (im
Folgenden: malaysisches Ministerium) ausgestellt worden waren und einen Ursprung der
Ware in Malaysia bescheinigen, beantragte die Antragstellerin die Anwendung eines
Präferenzzollsatzes. Die Ursprungszeugnisse enthalten in Feld 12 eine Erklärung des
Ausführers, dass die Ware in Malaysia produziert worden sei, und in Feld 11 die
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Erklärung des malaysischen Ministeriums, dass - "on the basis of control carried out" -
bestätigt werde, dass die Erklärung des Ausführers zutreffend sei.
Das Zollamt nahm die Zollanmeldungen an und erteilte anmeldungsgemäße
Einfuhrabgabenbescheide unter Anwendung des Zollsatzes von 2,5% für Waren mit
Ursprung aus Malaysia. Die Abgaben wurden über ein Aufschubkonto entrichtet.
2. Der Antragsgegner erhob mit einem Abgabenbescheid vom 04.11.2013
Einfuhrabgaben mit der Begründung nach, die Waren hätten ihren Ursprung in der
Volksrepublik China, von wo aus sie nach Malaysia verschifft und von dort nach
Umladung ohne weitere Be- oder Verarbeitung nach Deutschland verbracht worden
seien. Die vorgelegten Ursprungszeugnisse könnten nicht anerkannt werden. Der
Bescheid setzt die Differenz zwischen dem Drittlandszollsatz von 6% und dem
Präferenzzollsatz von 2,5% in Höhe von rund EUR 30.000 EUZoll fest und
Antidumpingzoll von 61,4% in Höhe von rund EUR 580.000.
Den Einspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung
vom 26.02.2014 als unbegründet zurück.
Zu den von der Antragstellerin ebenfalls gestellten Anträgen auf Erlass der Abgaben ist
noch keine Entscheidung ergangen (Antrag nach Art. 239 Zollkodex -ZK -) bzw. sind nach
Ablehnung der Anträge (nach Art. 236 und Art. 238 ZK) Einsprüche eingelegt worden,
über die noch nicht entschieden worden ist.
3. Den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der
Antragsgegner mit Bescheid vom 25.02.2014 ab. Es bestünden keine begründeten
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids. Das Europäische Amt für
Betrugsbekämpfung (im Folgenden: OLAF) habe in Zusammenarbeit mit verschiedenen
malaysischen Behörden ermittelt, dass Ursprungsland der Waren die Volksrepublik China
sei. Von dort seien sie in die Freihandelszone A in Malaysia verschifft worden, in der jede
Form von Produktionstätigkeit streng verboten sei. Die Ware sei weder be- noch
verarbeitet, sondern lediglich umgeladen und dann nach Deutschland verbracht worden.
Der für solche Waren aus der VR China geltende Einfuhrzoll und Antidumpingzoll sei
nach Art. 220 Abs. 1 ZK ohne Fristenverstoß nacherhoben worden. Die Voraussetzungen
der Ausnahmetatbestände des Art. 220 Abs. 2 ZK seien nicht gegeben. Ein die
Nacherhebung von Antidumpingzoll ausschließender Irrtum der deutschen Zollbehörden
liege nicht vor. Ein Irrtum der malaysischen Behörden - der allerdings ohnehin nur für den
nacherhobenen Drittlandszoll beachtlich wäre - liege gleichfalls nicht vor, weil die
malaysische Ausstellerbehörde durch nachgewiesen unrichtige Angaben des Ausführers
zur Ausstellung der falschen Bescheinigungen veranlasst worden sei. Der Umstand, dass
die Behörde die Bescheinigungen unter der Angabe "on the basis of control carried out"
erteilt habe, lasse weder Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umstände der Ausstellung
und das für einen Vertrauensschutz vorausgesetzte aktive Verhalten der Behörden zu
noch begründe er, dass die Behörde von der Unrichtigkeit der Ursprungsangabe des
Ausführers gewusst habe oder hätte wissen müssen. Wegen der Einzelheiten seines
Inhalts wird auf den Ablehnungsbescheid Bezug genommen.
4. Die Antragstellerin hat sich mit Schriftsatz vom 26.03.2014 wegen Aussetzung der
Vollziehung an das Finanzgericht gewandt.
Die Antragstellerin trägt vor, die Voraussetzungen des maßgeblichen Art. 244 ZK lägen in
beiden Alternativen vor, denn es bestünden sowohl begründete Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Nacherhebungsbescheide als auch die Gefahr eines unersetzbaren
Schadens für die Antragstellerin.
a) Die Antragstellerin hält die Nacherhebungsbescheide für rechtswidrig, weil der
Vertrauenstatbestand des Art. 220 Abs. 2 Buchst b) ZK einer Nacherhebung
entgegenstehe. Das malaysische Ministerium sei eine Zollbehörde im Sinne der
Vorschrift. Ihm sei beim Ausstellen der Ursprungszeugnisse gegebenenfalls ein
sogenannter aktiver Irrtum unterlaufen, denn es habe offensichtlich nicht bloß die
Angaben des Ausführers übernommen, sondern den Ursprung der Waren selbst ermittelt.
Das ergebe sich aus der verwendeten Formulierung "on the basis of control carried out".
Es könne dahinstehen, ob der Ausführer unrichtige Angaben gemacht habe, denn
unrichtige Angaben des Ausführers führten nicht zur Versagung des Vertrauensschutzes,
wenn die Behörde von den unrichtigen Angaben gewusst habe oder hätte wissen
müssen, wovon vorliegend auszugehen sei, weil das malaysische Ministerium eigene
Untersuchungen vorgenommen habe. Im Übrigen trage der Antragsgegner die
Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, der Ausführer habe unrichtige Angaben
gemacht. Die Antragstellerin sei wegen der Erklärungen des Ausführers, dass die Waren
in Malaysia ursprungsbegründend verarbeitet bzw. hergestellt worden seien, gutgläubig
gewesen. Zu Zweifeln an der Richtigkeit der Erklärungen habe sie keinen Anlass gehabt.
Ihre Gutgläubigkeit ergebe sich nach Art. 220 Abs. 2 Buchst b) Unterabs. 2 ZK bereits aus
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dem Umstand, dass das malaysische Ministerium die Präferenznachweise ausgestellt
habe.
b) Der Antragstellerin, die seit 30 Jahren bestehe und derzeit knapp 300 Mitarbeiter
beschäftige, drohe ein unersetzbarer Schaden. Da die ihr von den Banken gewährte
Kreditlinie nahezu vollständig ausgeschöpft sei, würde die Bezahlung des
Abgabenbetrags oder die Leistung einer entsprechenden Sicherheit zur Kündigung der
Kreditverträge durch die Banken führen, was unausweichlich die Insolvenz der
Antragstellerin zur Folge hätte. Allein der drohende Abgabenbetrag würde die Insolvenz
der Antragstellerin verursachen.
Zur Verdeutlichung der behaupteten Insolvenzgefahr hat die Antragstellerin verschiedene
betriebswirtschaftliche Unterlagen und eine eidesstattliche Versicherung ihres
Geschäftsführers vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
Die Antragstellerin meint, der Antragsgegner habe die Ablehnung ihres Antrags auf
Aussetzung der Vollziehung zu Unrecht unter Bezugnahme auf das Urteil des FG
Düsseldorf vom 08.03.1995 (4 V 3012/94 A) damit begründet, dass Deutschland
angefochtene Abgabenbescheide aufgrund des Beitreibungsrechts nicht in Polen
vollstrecke. In der aktuellen Fassung des deutschen EU-Beitreibungsgesetzes bestehe
das Beitreibungsverbot nicht mehr ausnahmslos, sondern gewähre den Behörden in § 10
Abs. 1 Sätze 2 und 3 EUBeitrG insoweit einen Beurteilungsspielraum. Außerdem komme
es für den Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung nicht auf die Vollstreckbarkeit an.
Denn die Antragstellerin habe sich grundsätzlich rechtstreu zu verhalten und habe dem
ihr gegenüber ergangenen Zahlungsbefehl unabhängig von dem Bestehen einer
Möglichkeit, im Falle der Nichtzahlung bei ihr zu vollstrecken, zu folgen. Der ihr drohende
unersetzbare Schaden - die Insolvenz - sei durch das dafür vorgesehene rechtsstaatliche
Instrument, die Aussetzung der Vollziehung, zu vermeiden. Die Antragstellerin habe sich
nicht auf eine rechtswidrige Missachtung hoheitlicher Anordnungen, hier der
Zahlungsaufforderung, verweisen zu lassen.
c) Die Antragstellerin macht weiterhin geltend, der Antragsgegner verstoße gegen das
Verbot der unzulässigen Rechtsausübung, das es verbiete, eine Leistung zu fordern, die
sofort wieder herausgegeben werden müsste. Im vorliegenden Fall sei es nicht
ausgeschlossen, dass der vom Antragsgegner geltend gemachte Anspruch auf Zahlung
der streitigen Nacherhebungsbeträge wieder erlöschen werde aufgrund des Erlasses der
Abgaben nach Art. 238 oder Art. 239 ZK oder infolge Aufhebung des Bescheids durch das
Gericht.
5. Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheids vom 04.11.2013 (AT/...) in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 26.02.2014 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
6. Der Antragsgegner nimmt zur Begründung seines Antrags Bezug auf seine
Ablehnungsentscheidung vom 25.02.2014.
7. Dem Gericht lag außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen der
Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (332 Blatt) vor.
Entscheidungsgründe
II. Der gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. Art 244 Zollkodex (ZK)
zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes geklärt, dass im Geltungsbereich
des Zollkodex auch im finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO
die Vorschriften des Art. 244 Unterabs. 2 ZK über die Aussetzung der Vollziehung im
Verwaltungsverfahren anzuwenden sind (vgl. nur BFH, Beschluss vom 11.07.2000, VII B
41/00). In Art. 244 Unterabs. 2 ZK ist bestimmt, dass die Zollbehörden die Vollziehung der
Entscheidung ganz oder teilweise aussetzen, wenn sie begründete Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein
unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Für die zweite Alternative kommt es nicht
darauf an, ob die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids zweifelhaft ist.
Begründete Zweifel im Sinne des Art. 244 Unterabs. 2 ZK bestehen, wenn bei der im
Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der angefochtenen
Entscheidung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen auch gegen
die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die eine Unentschiedenheit in der
Beurteilung der Rechtslage oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken
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(BFH, Beschluss vom 11.08.2005, VII B 292/04). Bei der Auslegung des Begriffs
"unersetzbarer Schaden" ist an den Begriff "nicht wiedergutzumachender Schaden"
anzuknüpfen, der zu den Voraussetzungen für die in Art. 278 AEUV vorgesehene
Aussetzung der Durchführung einer Handlung gehört. Ein durch die Vollziehung der
Entscheidung der Zollbehörde drohender finanzieller Schaden ist nur dann als
unersetzbarer Schaden i. S. des Art. 244 Unterabs. 2 ZK anzusehen, wenn er im Fall des
Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht vollständig ersetzt werden
könnte, so etwa im Fall der Insolvenz des Abgabenschuldners (vgl. EuGH-Urteil vom
17.07.1997, C-130/95; BFH, Beschluss vom 11.08.2005, VII B 292/04). Ein unersetzbarer
Schaden in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprung des Gerichtshofs der Europäischen
Union nur dann vor, wenn dieser schwer und nicht wiedergutzumachen ist. Letzteres soll
nur dann der Fall sein, wenn der Schaden im Falle des Obsiegens im
Hauptsacheverfahren nicht vollständig ersetzt werden könnte, weil etwa die
Existenzgefährdung des Unternehmens droht (vgl. Nachweise bei Alexander in Witte,
Zollkodex, Art. 244 Rdnr. 29). Die Zollbehörden dürfen die Aussetzung der Vollziehung
einer angefochtenen zollrechtlichen Entscheidung auch dann von einer
Sicherheitsleistung abhängig machen, wenn dem Beteiligten bei sofortiger Vollziehung
ein unersetzbarer Schaden droht. Denn die Gefahr eines unersetzbaren Schadens
rechtfertigt zwar nach Artikel 244 Unterabs. 2 ZK die Aussetzung der Vollziehung einer
angefochtenen Entscheidung, spielt aber im Hinblick auf das Erfordernis einer
Sicherheitsleistung keine Rolle. Soweit jedoch die Forderung einer Sicherheitsleistung
aufgrund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder
sozialer Art führen kann, brauchen die Zollbehörden keine Sicherheitsleistung zu fordern.
Dies ist der Fall, wenn der Schuldner nicht über ausreichende Mittel für eine
Sicherheitsleistung verfügt (vgl. EuGH, Urteil vom 17.07.1997, C-130/95).
2. Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Einfuhrabgabenbescheides sind nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall nicht
gegeben. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass der Antragsgegner zu Recht ZollEU
und Antidumpingzoll nacherhoben hat.
a) Rechtsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 ZK. Die Voraussetzungen
dieser Norm sind erfüllt. Bei der Einfuhr der Waren wurden die Einfuhrabgaben zunächst
unter Zugrundelegung einer Präferenz für Waren aus Malaysia unzutreffend festgesetzt.
Die Abgaben waren zu niedrig festgesetzt worden, denn bei der im vorliegenden
Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass Ursprungsland
der eingeführten Waren China gewesen ist und daher die Zollsätze und der
Antidumpingzoll für chinesische Waren gelten.
Nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung hatten die von der Antragstellerin in die
Union eingeführten Waren ihren Ursprung nicht in Malaysia. Der Senat geht davon aus,
dass sie in China hergestellt und in Malaysia nicht mehr ursprungsbegründend
weiterverarbeitet wurden. Es ist durch die Unterlagen in der Akte des Antragsgegners
belegt, dass die Waren in dem Zollfreigebiet A in Malaysia keine ursprungsbegründende
Bearbeitung erfahren haben. Dem Bericht von OLAF (über die Gemeinschaftsmission
vom 14.-18.01.2013 wegen Glasfasergewebe) ist zu entnehmen, dass sämtliche Waren,
die von außerhalb in das Zollfreigebiet eingeführt werden, mit einer sog. ZB1-Anmeldung
unter Angabe auch des Herkunftslandes angemeldet werden, und von dort, ohne weitere
Bearbeitung, mit einer sog. ZB2-Anmeldung, die auch die Nummer der ZB1-Anmeldung
nennt, wieder ausgeführt werden. Die Mitteilung von OLAF vom 07.05.2013 enthält als
Anlage 3c (Bl. 27 der Verfahrensakte des Antragsgegners) eine Liste der ZB2-
Anmeldungen, mit denen die Waren, die die Antragstellerin mit den
streitgegenständlichen Zollanmeldungen in die Union eingeführt hatte, aus Malaysia
ausgeführt wurden. In der Anlage ist den ZB2-Anmeldungen jeweils eine ZB1-Anmeldung
zugeordnet, die China als Herkunftsland ausweist.
Auch die Antragstellerin, der das Schreiben von OLAF vom 07.05.2013 nebst erwähnter
Anlage in Kopie zur Verfügung gestellt worden ist, hat die auf dieser Grundlage vom
Antragsgegner getroffene Sachverhaltsfeststellung, dass die Waren aus China stammen
und in Malaysia nicht ursprungsbegründend behandelt wurden, nicht wirklich in Zweifel
gezogen.
b) Der Nacherhebung des Zolls steht die Vertrauensschutznorm des Art. 220 Abs. 2
Buchstabe b) ZK nicht entgegen. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 1 ZK erfolgt
keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete
Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden
ist, sofern dieser Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte
und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die
Zollerklärung beachtet hat.
aa) Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 2 ZK gilt im Rahmen eines Systems der
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administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung einer drittländischen Behörde die
Ausstellung einer Präferenzbescheinigung durch diese Behörde, falls sich die
Bescheinigung später als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der vernünftigerweise nicht
erkannt werden konnte (vgl. BFH, Beschluss vom 29.06.2010, VII R 31/09).
Die zu niedrige oder unterlassene buchmäßige Erfassung muss jedenfalls auf einem
Irrtum der Zollbehörden beruhen. In ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union ist ein Irrtum im Sinne der Vorschrift jeder Irrtum bei der Auslegung
oder Anwendung der Vorschriften über Eingangs- oder Ausfuhrabgaben, falls er auf ein
Handeln der zuständigen Behörde zurückzuführen ist (vgl. Alexander in Witte, Zollkodex,
Art. 220 Rdnr. 14 m. w. N.). Danach müssen die Zollbehörden selbst die Grundlage, auf
der das Vertrauen des Abgabepflichtigen beruht, geschaffen haben (Alexander a. a. O.).
Dem entspricht das Konzept des so genannten aktiven Irrtums, wie er in der deutschen
Rechtsprechung als Voraussetzung des Vertrauensschutzes gemäß Art. 220 Abs. 2 ZK
gesehen wird. Ein sog. aktiver Irrtum, wie ihn Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) ZK voraussetzt,
liegt vor, wenn die Zollbehörde den Irrtum aktiv begangen hat und ihm nicht lediglich
unterlegen ist, etwa weil sie ungeprüft die Angaben in der Zollanmeldung übernommen
hat. Vielmehr muss der Irrtum auf ein Handeln der Zollbehörde zurückzuführen sein (vgl.
BFH, Beschluss vom 28.11.2005, VII B 116/05; FG Hamburg, Urteil vom 24.01.2008, 4 K
274/07). Liegen der zu niedrigen buchmäßigen Erfassung unrichtig angemeldete
Tatsachen zugrunde, setzt der nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) ZK erhebliche Irrtum
tatsächliche Feststellungen der Zollbehörde voraus, die sie der Festsetzung zugrunde
gelegt haben muss (vgl. Alexander in Witte, Zollkodex, Art. 220 Rdnr. 18 m. w. N.).
Insoweit genügt die bloße Annahme der Zollanmeldung nicht, wie sie beispielsweise im
Vermerk "wie angemeldet angenommen" zum Ausdruck kommt. In diesen Fällen trägt
allein der Zollschuldner das Risiko der Erklärung und kann sich bei einer Unrichtigkeit
nicht auf einen Irrtum der Zollbehörden berufen (Alexander in Witte, Zollkodex, Art. 220
Rdnr. 18 m. w. N.).
bb) Ausnahmsweise kann auch jede andere Behörde, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit
Gesichtspunkte beiträgt, die bei der Zollerhebung zu berücksichtigen sind und so beim
Abgabenschuldner ein berechtigtes Vertrauen entstehen lassen können, einen
beachtlichen Irrtum begehen (Alexander in Witte, Zollkodex, Art. 220 Rdnr. 22).
Ein beachtlicher Irrtum kann auch mit Maßnahmen drittländischer Zollbehörden begründet
werden, wenn bindende Gemeinschaftsregelungen auf deren Tätigkeit abstellen, so etwa
bei dem gesetzlichen Erfordernis der Vorlage von Präferenznachweisen (vgl. Alexander
in Witte, Zollkodex, Art. 220 Rdnr. 23 m. w. N.). Allerdings bezieht sich dieser
Vertrauensschutz nur auf einen Rechtsirrtum der drittländischen Zollbehörde, nicht aber
auf die bloße Hinnahme von Erklärungen über die tatsächlichen Verhältnisse (FG
Hamburg, Urteil vom 19.04.2011, 4 K 293/09; vgl. Alexander in Witte, Zollkodex, Art. 220
Rdnr. 23).
cc) Wenn sich bei einer nachträglichen Prüfung keine Bestätigung für die im
Ursprungszeugnis nach Formblatt A enthaltene Angabe über den Warenursprung finden
lässt, ist daraus zu schließen, dass die Ware unbekannten Ursprungs ist und dass das
Zeugnis demnach zu Unrecht ausgestellt und der Vorzugstarif zu Unrecht gewährt worden
ist (vgl. EuGH, Urteil vom 08.11.2012, C-438/11, m. w. N.). Haben die Behörden des
Ausfuhrstaats unrichtige Ursprungszeugnisse nach Formblatt A ausgestellt, ist diese
Ausstellung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 und 3 ZK daher als Irrtum dieser
Behörden anzusehen, es sei denn, es stellt sich heraus, dass diese Zeugnisse auf einer
unrichtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer beruhen. Wurden die genannten
Zeugnisse auf der Grundlage falscher Erklärungen des Ausführers ausgestellt, müssen
die Einfuhrabgaben nacherhoben werden, sofern insbesondere nicht offensichtlich ist,
dass die Behörden, die die Zeugnisse ausgestellt haben, wussten oder hätten wissen
müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht
erfüllten (EuGH, Urteil vom 08.11.2012, C-438/11 m. w. N.).
Beruht - wie bei Einfuhren aus Malaysia - die Präferenzgewährung auf dem Allgemeinen
Präferenzsystem (APS), nicht jedoch auf einem zwischenstaatlichen Abkommen, trägt im
Fall einer - wie hier - zu Unrecht erteilten Präferenzbescheinigung der Zollschuldner die
Feststellungslast, dass die drittländische Ausstellungsbehörde einen Irrtum begangen hat,
und muss beweisen, dass der Ausführer gegenüber dieser Behörde zutreffende Angaben
gemacht hat (Krüger, ZfZ 2014, 2, 7; vgl. EuGH, Urteil vom 08.11.2012, C-438/11; vgl.
auch EuGH, Urteil vom 15.12.2011, C-409/10).
dd) Auf dieser Grundlage kann die Antragstellerin keinen Vertrauensschutz in Anspruch
nehmen.
Es steht fest, dass der Ausführer unzutreffende Angaben gegenüber der malaysischen
Behörde gemacht hat. Denn in Feld 12 der Präferenznachweise findet sich jeweils eine
"declaration by the exporter", in der versichert wird, dass die Waren malaysischen
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Ursprungs sind, was, wie dargelegt, als nicht zutreffend anzusehen ist.
Davon, dass das malaysische Ministerium von der Unrichtigkeit der Erklärung des
Ausführers wusste oder hätte wissen müssen, kann nicht ausgegangen werden. Die
Antragstellerin argumentiert mit dem Wortlaut der erstellten Bescheinigung - "It is hereby
certified, on the basis of control carried out, that the declaration by the exporter ist correct."
- und meint, weil das malaysische Ministerium den Ursprung der Waren offensichtlich
aktiv untersucht habe, hätte es gegebenenfalls erkennen müssen, wenn die
Ursprungsangaben des Ausführers nicht korrekt gewesen wären. Die zitierte Erklärung
trägt die Schlussfolgerung der Antragstellerin nicht. Denn es ist zumindest ebenso
möglich, dass mit "Kontrolle" eine bloße Schlüssigkeitsprüfung der Angaben zur
Ausfuhrware sowie der Erklärung des Ausführers gemeint ist, bei der nicht ohne weiteres
davon auszugehen ist, dass sie eine inhaltliche Unrichtigkeit der Ausführererklärung
aufdeckt. Andere Anhaltspunkte für das behauptete Kennen müssen hat offenbar auch die
Antragstellerin nicht.
Da somit kein gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 1, 2, 3 ZK
vertrauensschutzbegründender Irrtum einer Behörde festzustellen ist, kommt es auf die
Frage der Gutgläubigkeit der Antragstellerin nicht mehr an; der gute Glaube des
Anmelders bezüglich der Ursprungseigenschaften allein begründet keinen
Vertrauensschutz.
3. Im Rahmen der summarischen Prüfung kann auch nicht erkannt werden, dass der
Antragstellerin durch die Vollziehung ein unersetzbarer Schaden im Sinne von Art. 244
Unterabs. 2 2. Fall ZK entstehen könnte, der unabhängig von den Erfolgsaussichten des
eingelegten Rechtsbehelfs eine Aussetzung der Vollziehung des streitigen
Nacherhebungsbescheides rechtfertigt.
Die Antragstellerin behauptet, durch eine drohende Insolvenz in ihrer Existenz gefährdet
zu sein. Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind nach polnischem Recht
- ebenso wie in Deutschland - die Überschuldung oder die Zahlungsunfähigkeit des
Betroffenen.
Dass eine Insolvenz infolge der Vollziehbarkeit der Abgabennachforderung eintritt, hat die
Antragstellerin indes nicht hinreichend glaubhaft gemacht und zwar weder im Hinblick auf
eine Überschuldung oder eine Zahlungsunfähigkeit noch in Folge einer Kreditkündigung
ihrer Banken. Außerdem ist eine Existenzgefährdung auch wegen der Wirkung des
Gesetzes über die Durchführung der Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in
Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen zwischen den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EUBeitrG) nicht zu erwarten.
a) Überschuldung
Der Senat kann nicht feststellen, dass, wie die Antragstellerin vorträgt, allein der drohende
Abgabenbetrag bereits ihre Insolvenz verursacht.
Von einer Überschuldung ist im Allgemeinen immer dann auszugehen, wenn das
Vermögen des Schuldners die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, wobei für die
Bewertung des Vermögens von einer Fortführung des Unternehmens auszugehen ist,
wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Die Feststellung der
Überschuldung ist insofern das Ergebnis einer Bilanz, die an dem alleinigen Zweck
ausgerichtet ist, das Schuldendeckungspotential zu ermitteln. Eine solche Bilanz hat die
Antragstellerin nicht vorgelegt. Die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen
genügen insoweit nicht, denn sie weisen insbesondere die hierfür zu berücksichtigenden
stillen Reserven nicht aus. Es ist darauf hinzuweisen, dass bei kursorischer Prüfung der
von der Antragstellerin vorgelegten Buchhaltungsunterlagen zum dort aktuellsten Stand,
dem 30.11.2013, die Sorge der Überschuldung auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar
ist. Denn der Summe der Aktiva von ... PLN stehen Verbindlichkeiten von zusammen nur
... PLN gegenüber; das ausgewiesene Eigenkapital von rund ... PLN übersteigt den
streitgegenständlichen Abgabenbetrag von rund ... PLN bei Weitem.
Außerdem ist Folgendes anzumerken: Der Senat versteht den Vortrag der Antragstellerin,
allein der drohende Abgabenbetrag verursache ihre Insolvenz, in dem Sinne, dass schon
aufgrund der bilanziellen Berücksichtigung der streitigen Nachforderung die
Überschuldung der Antragstellerin und damit ihre Insolvenz eintrete. Selbst wenn dieser
Vortrag zutreffend wäre - was der Senat, wie dargelegt, nicht zu erkennen vermag - läge
die Voraussetzung für die begehrte Aussetzung der Vollziehung nicht vor. Denn in diesem
Falle hätte der in ihrer Insolvenz liegende Schaden der Antragstellerin seine Ursache
nicht in der Vollziehbarkeit des angefochtenen Abgabenbescheids. Denn
Abgabenverbindlichkeiten sind grundsätzlich spätestens mit ihrer Festsetzung zu
bilanzieren und zwar unabhängig von einer Zahlung oder der Vollziehbarkeit des
Bescheids. Sie sind auch im Rahmen einer Überschuldungsbilanz unabhängig von einer
etwaigen Anfechtung des Bescheids zu passivieren, sofern ein hinreichendes Risiko
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besteht, dass die Festsetzung Bestand haben wird. Das ist hier der Fall, weil, wie oben
dargelegt, keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen.
b) Zahlungsunfähigkeit
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass mit der Entrichtung der streitgegenständlichen
Abgabennachforderung Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin eintreten wird.
Die Antragstellerin trägt vor, die ihr von den Banken gewährte Kreditlinie sei nahezu
vollständig ausgeschöpft, so dass die Bezahlung des Abgabenbetrags oder die Leistung
einer entsprechenden Sicherheit dazu führen werde, dass die Banken die Kreditverträge
kündigten. Dieser Vortrag ist nach Ansicht des Senats nicht anders zu verstehen, als dass
es der Antragstellerin eben nicht unmöglich ist, Zahlung des streitigen Betrags zu leisten.
Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin in ihrer
Antragsbegründung darauf hinweist, dass ihre liquiden Mittel zum 30.11.2013 mit einem
Minusbetrag von ... PLN zu beziffern seien und im 1. Quartal noch ein Fehlbetrag von ...
PLN zu prognostizieren sei.
Die Behauptung, über keine liquiden Mittel zu verfügen, steht bereits im Widerspruch zu
dem zitierten Vortrag der Antragstellerin, wenn sie Zahlung leiste, sei eine Kündigung
ihrer Kredite zu erwarten. Außerdem weisen die vorgelegten Buchführungsunterlagen und
der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin
einen Betrag liquider Mittel zum 30.11.2013 von ... PLN aus. Der Senat verkennt nicht,
dass dieser Betrag deutlich hinter den streitgegenständlichen Abgaben ... zurückbleibt.
Doch so wie der Geschäftsführer der Antragstellerin in seiner eidesstattlichen
Versicherung bei der Angabe der liquiden Mittel die kurzfristigen Verbindlichkeiten der
Antragstellerin berücksichtigt wissen will - und sich erst dadurch der in der
Antragsbegründung genannte Minuswert "liquider Mittel" erklärt -, darf bei der Prüfung
einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit auch der Bestand an Forderungen der Antragstellerin
aus Lieferungen und Leistungen nicht unbeachtet bleiben, der zum 30.11.2013 über ein
Vielfaches der streitgegenständlichen Abgaben betrug. Die Antragstellerin hat nicht
dargetan, dass in der Zwischenzeit von diesen Forderungen kein für die Zahlung
hinreichender Teil erfüllt worden ist bzw. dass ein Teil der Forderungen in der benötigen
Höhe nicht liquidiert werden kann. Es ist für den Senat jedenfalls nicht mit hinreichender
Sicherheit erkennbar, dass ein Versuch der Antragstellerin, die streitgegenständlichen
Abgaben zu zahlen, unmittelbar zu ihrer Zahlungsunfähigkeit führen würde.
Gegebenenfalls müsste die Antragstellerin auch dartun, dass keine
Zahlungserleichterungen erreicht werden können.
c) Kreditkündigung
Soweit sich aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt, dass sie sich im Fall einer Zahlung
der streitgegenständlichen Abgabe jedenfalls mittelbar in ihrer Existenz bedroht sieht,
weil ihr die Banken die Kreditverträge kündigen werden, fehlt es an einer hinreichenden
Glaubhaftmachung. Die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der
Antragstellerin genügt insoweit schon deswegen nicht, weil diese Erklärung keine
Darlegung enthält, dass die Banken bei Abgabenzahlung durch die Antragstellerin ihre
Kreditverträge tatsächlich kündigen werden, sondern nur, dass die Banken nach erfolgter
Zahlung das Recht hätten, zu kündigen. Diese bloße Möglichkeit der Kündigung reicht
jedenfalls nicht aus, um die von Art. 244 ZK vorausgesetzte Erwartung eines
unersetzbaren Schadens zu begründen.
d) Dass der Antragstellerin ein unersetzbarer Schaden infolge der Vollziehung des
angefochtenen Abgabenbescheids droht, ist auch deswegen nicht zu erwarten, weil Sitz
der Antragstellerin in Polen ist und sie dort ihr Unternehmen betreibt. Denn der
Antragsgegner ist zur Stellung eines Beitreibungsersuchens gegenüber Polen nach § 10
Abs. 1 Nr. 2 EUBeitrG solange nicht berechtigt, wie der Abgabenbescheid wegen
Rechtsmitteleinlegung noch nicht rechtskräftig ist. Die Antragstellerin weist zwar zu Recht
darauf hin, dass in § 10 Abs. 1 Satz 2, 3 EUBeitrG auch Ausnahmen vom
Beitreibungsgebot vorgesehen sind. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch vorliegend
nicht gegeben. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Einspruch lediglich der
Verzögerung der Vollstreckung dient. Umstände, die für eine Verzögerungsabsicht der
Antragstellerin sprechen, hat keiner der Beteiligten aufgezeigt und sind dem Senat auch
ansonsten nicht ersichtlich. Da es sich bei der Verzögerungsabsicht um eine
Voraussetzung handelt, die neben einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit erfüllt sein
muss, könnte die Behauptung einer Verzögerungsabsicht der Antragstellerin auch nicht
bloß mit mangelnder Erfolgsaussicht ihres Einspruchs begründet werden.
4. Die Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht deswegen beansprucht werden, weil
der Antragsgegner den Abgabenbetrag im Falle seiner Zahlung wieder zurück zu
gewähren hat. Es steht nicht fest, dass der Antragstellerin der Abgabenbetrag zu erlassen
oder zu erstatten ist.
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Es ist auch im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nicht zu prüfen, ob
die Voraussetzungen für einen Erlass oder eine Erstattung vorliegen. Ob etwas anderes
gilt, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen offensichtlich ist, kann dahinstehen. Denn
ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Selbst die Antragstellerin spricht nur von der
Möglichkeit eines Erlasses.
5. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung
der Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.