Urteil des FG Hamburg vom 08.05.2014

FG Hamburg: überwachung, erlass, verwahrung, gericht erster instanz, eugh, entziehung, zollamt, finnland, ukraine, erfahrung

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Zollrecht: Erlass von Zoll im Falle der Entziehung einer Ware in vorübergehender
Verwahrung
1. Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung, hier: Entziehung aus der vorübergehenden Verwahrung.
2. Erlass nach Art. 239 Zollkodex.
3. Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO betrifft nur Fälle der Entziehung aus einem Zollverfahren. Eine entsprechende Anwendung
dieser Bestimmung auf Fälle, in denen sich eine Ware - wie dies bei der vorübergehenden Verwahrung der Fall ist - zwar
unter zollamtlicher Überwachung, nicht jedoch in einem Zollverfahren befindet, kommt nicht in Betracht.
4. Zum Vorliegen eines besonderen Falles und der offensichtlichen Fahrlässigkeit i. S. v. Art. 239 Abs. 1, 2. Beistrich ZK i. V.
m. Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO.
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 08.05.2014, 4 K 43/13
Art 239 ZK, Art 203 ZK, Art 899 ZKDV, Art 900 ZKDV, Art 900 Abs 1 ZKDV, Art 905 ZKDV
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den Erlass von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin stellt Kraftfahrzeuge her und vertreibt diese weltweit. Am 10. und 11.04.2005
ließ sie insgesamt 1.012 Kraftfahrzeuge mit zwei Schiffen von Finnland nach A befördern
und durch die B AG (B) gestellen. 12 Kraftfahrzeuge verblieben zunächst in A und wurden
im Eisenbahnversandverfahren ordnungsgemäß in die Ukraine ausgeführt. Für 594
Kraftfahrzeuge waren Versandpapiere T2L der finnischen Zollbehörden ausgestellt und
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vorgelegt worden, mit denen die Kraftfahrzeuge per Bahn über Polen in die Ukraine
befördert werden sollten. In der Annahme, es handele sich dabei um alle nach A
beförderten Kraftfahrzeuge, und aufgrund der vorgelegten Nachweise über den
Gemeinschaftsstatus wurden die 1.012 Kraftfahrzeuge zollrechtlich nicht weiter behandelt.
Die polnischen Zollbehörden verweigerten die Ausfuhr der 594 Kraftfahrzeuge in die
Ukraine, weil sie in Bezug auf den zollrechtlichen Status Unstimmigkeiten festgestellt
hatten. In der Folge legte die B dem Zollamt A die Frachtpapiere vor, aus denen sich
ergab, dass insgesamt 1.012 Kraftfahrzeuge befördert worden waren, die mit der Bahn
nach Polen weiterbefördert worden waren. Mit Schreiben vom 15.12.2005 bestätigten die
finnischen Zollbehörden, dass es sich bei den 594 Kraftfahrzeugen um
Gemeinschaftswaren gehandelt habe. Daraus schloss der Beklagte, dass die
verbleibenden 406 Kraftfahrzeuge als Nichtgemeinschaftswaren durch den Abtransport
vom Betriebsgelände der B ohne vorherige Eröffnung eines externen gemeinschaftlichen
Versandverfahrens der zollamtlichen Überwachung gemäß Art. 203 Zollkodex entzogen
worden seien.
In der Folge bat die Klägerin darum, für die 406 Kraftfahrzeuge nachträglich den T1-Status
auf den Eisenbahnfrachtbriefen zu bescheinigen und einen entsprechenden
Versandschein auszustellen. Dies lehnte der Beklagte ab. Aus einem Vermerk des
Beklagten vom 09.05.2005 (Sachakte im Verfahren 4 K 159/08) ergibt sich, dass die
Klägerin dargelegt hat, dass sich alle 1.012 Fahrzeuge vor der Beförderung in einem
Zolllager in Finnland befunden hätten.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 28.02.2007 nahm der Beklagte die Klägerin im Hinblick
auf die 406 Kraftfahrzeuge wegen Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 1.590.979,69 €
gemäß Art. 203 Zollkodex in Anspruch. Die Inanspruchnahme erfolgte
gesamtschuldnerisch mit der B und der Firma C (einem von der Klägerin mit der
Abwicklung betrauten Dienstleister, C). Den dagegen von der Klägerin mit Schreiben vom
22.03.2007 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom
31.01.2008 zurück. Das von der Klägerin eingeleitete Klageverfahren (4 K 159/08) ruht
gemäß Beschluss vom 30.03.2009 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den
Erlassantrag.
In Ihrem Einspruch vom 22.03.2007 hatte die Klägerin zugleich einen Antrag auf Erlass
der Einfuhrabgaben gestellt.
Mit Bescheid vom 26.10.2010 wies der Beklagte diesen Erlassantrag zurück. Es sei
davon auszugehen, dass die streitigen 406 Kraftfahrzeuge bei der Ankunft per Seeschiff
in A als erstmals verbrachte Nichtgemeinschaftswaren zu behandeln gewesen seien, da
der erforderliche Statusnachweis - wie die T2L für die 594 Kraftfahrzeuge - nicht vorgelegt
worden sei. Die 406 Kraftfahrzeuge seien ordnungsgemäß gestellt worden und damit
gemäß Art. 50 Zollkodex kraft Gesetzes in die vorübergehende Verwahrung
übergegangen. Dass die Kraftfahrzeuge, wie die Klägerin vorgetragen habe, bereits in
Finnland durch Entfernung aus dem Zolllager der zollamtlichen Überwachung entzogen
worden seien, habe sie nicht nachgewiesen, so dass ein Erlass nach Art. 236 Zollkodex
nicht in Betracht komme. Auch die Voraussetzungen eines Erlasses nach Art. 239
Zollkodex lägen nicht vor.
Am 22.11.2010 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein. Es sei bereits keine Zollschuld
entstanden, weil die Zollbehörden spätestens durch Vorlage der Ausfuhrnachweise
ständig hätten feststellen können, an welchem Ort sich die Ware befunden habe. Daher
habe durchweg die Möglichkeit der zollamtlichen Prüfung bestanden. Sie sei auch nicht
Zollschuldnerin gemäß Art. 203 Abs. 3 Anstrich 2 Zollkodex geworden. Zudem sei bereits
das Zolllagerverfahren in Finnland nicht ordnungsgemäß beendet worden, so dass die
Zollschuld in Finnland entstanden sei. Die Zollschuld könne dann nicht erneut in
Deutschland entstanden sein. Jedenfalls seien die Einfuhrabgaben nach Art. 239
Zollkodex zu erlassen. Sie habe sich in einer außergewöhnlichen Situation befunden. Die
1.012 Kraftfahrzeuge seien per Seefracht nach A und anschließend per Bahnfracht über
Polen nach D transportiert worden. Dem zuständigen Zollamt A seien nur die T2L -
Papiere, nicht jedoch die Schiffsmanifeste, in welchen die Nichtgemeinschaftswaren (418
Fahrzeuge) als solche gekennzeichnet gewesen seien, ausgehändigt worden. Neben den
594 Kraftfahrzeugen mit Gemeinschaftsursprung seien auch 406 Kraftfahrzeuge ohne
Gemeinschaftsursprung unmittelbar auf Eisenbahnzüge verladen und mit der Absicht der
anschließenden Wiederausfuhr in die Ukraine versandt worden. Der Versandvorgang sei
durch den Dienstleister C betreut worden. Dieser habe keine Kenntnis davon gehabt,
dass diese Kraftfahrzeuge den Status von Nichtgemeinschaftswaren gehabt hätten, und
daher auch kein Versandverfahren eröffnet. Das Zollamt A habe die nachträgliche
Eröffnung eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens abgelehnt, obwohl die
Kraftfahrzeuge nach A hätten zurückgebracht werden können. Der Fall sei deshalb
besonders, weil allein auf Grundlage der Aussagen des Zollamts A auf den Rücktransport
verzichtet worden sei und weil anderen Wirtschaftsbeteiligten ein solcher Rücktransport
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ermöglicht werde, so dass es nicht zur Zollschuldentstehung komme (Dienstvorschrift Z
09 01 Nr. 21). Der Fall entspreche Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO. Sie habe auch nicht
offensichtlich fahrlässig gehandelt, vielmehr liege ein einfacher Arbeitsfehler vor.
Der Beklagte bat die finnische Zollverwaltung um Prüfung des Sachverhalts. Von dort
wurde mit Schreiben vom 12.09.2011 mitgeteilt, dass 418 Kraftfahrzeuge der Klägerin mit
dem Status Nichtgemeinschaftsware nach Deutschland versandt worden seien. Auf
entsprechende Nachfrage des Beklagten ergänzte die finnische Zollverwaltung mit
Schreiben 08.02.2012, dass die Kraftfahrzeuge sich nicht in einem Zolllagerverfahren
befunden hätten. Sie hätten sich nach der Zollabfertigung in der Freizone von E
(Finnland) befunden und seien nach Deutschland verschifft worden. Die Abfertigung in
die Freizone sei erledigt worden, als die Kraftfahrzeuge an Bord des Schiffes verbracht
worden seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2013 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Die gestellten 406 Kraftfahrzeuge hätten sich als Nichtgemeinschaftswaren in der
Rechtsstellung von Waren in der vorübergehenden Verwahrung (Art. 50 Zollkodex)
befunden. Mit dem Abtransport der Kraftfahrzeuge ohne Eröffnung eines externen
gemeinschaftlichen Versandverfahrens seien diese aus der zollamtlichen Überwachung
entzogen worden. Sie seien ohne Wissen des Zollamts A nach Polen transportiert
worden. Erst nach ihrer dortigen Ankunft habe das Zollamt A nachträglich darüber
Kenntnis erlangt. In der Zwischenzeit sei eine zollamtliche Überwachung nicht
sichergestellt gewesen. Die Klägerin sei Zollschuldnerin gemäß Art. 203 Abs. 3 Anstrich 2
Zollkodex geworden. An dem Entziehen sei sie objektiv beteiligt gewesen. Auch der
subjektive Tatbestand sei erfüllt, die Klägerin hätte die Zahl der Fahrzeuge und deren
Status gekannt. Die finnischen Zollbehörden hätten mitgeteilt, dass sich die
Kraftfahrzeuge nicht in einem Zolllagerverfahren befunden hätten, sondern in der
Freizone E abgefertigt worden seien. Ein Erlass nach Art. 239 Zollkodex komme nicht in
Betracht. Auf Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO könne sich die Klägerin nicht berufen, da dies
die irrtümliche Entziehung aus einem Zollverfahren voraussetze. Die 406 Kraftfahrzeuge
hätten sich jedoch in der vorübergehenden Verwahrung und nicht in einem Zollverfahren
befunden. Auch Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO greife nicht. Es liege kein besonderer Fall vor,
das normale berufliche und geschäftliche Risiko sei nicht überschritten worden. Jeder
Wirtschaftsteilnehmer habe die gleichen zollrechtlichen Folgen zu tragen, wenn
eingeführte Nichtgemeinschaftswaren der zollamtlichen Überwachung entzogen würden.
Insofern sei die Lage der Klägerin nicht außergewöhnlich. Sie werde es auch nicht durch
etwaige Aussagen des Zollamts A zur nachträglichen Bescheinigung des T 1 Status, weil
das Zollamt nicht berechtigt gewesen sei, diesen Status zu bescheinigen, weil für die
Kraftfahrzeuge durch das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung bereits eine
Zollschuld entstanden sei. Bei jedem anderen Wirtschaftsteilnehmer wäre es in einer
vergleichbaren Situation ebenfalls zu einer Zollschuldentstehung gekommen. Zudem
liege offensichtliche Fahrlässigkeit vor. Dass die Waren ohne Überführung in ein
Zollverfahren nicht vom Verwahrungsort hätten entfernt werden dürfen, ergebe sich
eindeutig aus Art. 50 bis Art. 53 Zollkodex.
Mit ihrer am 22.03.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr
Begehren weiter. Sie erläutert, dass wirtschaftlicher Hintergrund der gesamten
Beförderung eine Änderung ihrer Vertriebsstruktur in Osteuropa gewesen sei. Zu diesem
Zweck hätte sie erstmalig die Kraftfahrzeuge in Finnland zusammengeführt, dort
zwischengelagert und per Schiff nach A befördert, um sie über Polen in die Ukraine zu
exportieren. Die rechtlichen und tatsächlichen Einzelheiten seien streitig, die Auffassung
des Beklagten werde jedoch (nur) für das Erlassverfahren nach Art. 239 Zollkodex als
zutreffend unterstellt. Die Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung sei irrtümlich
erfolgt, da die beteiligten Vertreter bei der Gestellung in A angenommen hätten, alle
Kraftfahrzeuge seien Gemeinschaftswaren. Der Beklagte habe verhindert, dass die
Kraftfahrzeuge nach Feststellung des Irrtums wieder ihren ursprünglichen zollrechtlichen
Status erhielten. Er habe es abgelehnt, dass die Kraftfahrzeuge nach A zurückgebracht
würden, um dort das externe Versandverfahren zu eröffnen. Schließlich liege keine
offensichtliche Fahrlässigkeit vor. Das Verfahren über See sei eine komplexe
Rechtsmaterie, da verschiedene Nachweismöglichkeiten zur Verfügung stünden,
Schiffsmanifeste zum Statusnachweis genügten und Sonderregelungen für den Linien-
oder Fährverkehr gelten würden. Es hätte ihr auch hinsichtlich dieser Art des
Seetransports die Erfahrung gefehlt. Bei der streitgegenständlichen Ausfuhr aus der
Europäischen Union habe es sich um eine einmalige Ausnahme gehandelt. Sie sei dem
Irrtum unterlegen, es hätte sich bei allen Kraftfahrzeugen, die in die Ukraine hätten
ausgeführt werden sollen, um Gemeinschaftswaren gehandelt. Sie habe auch auf
erfahrene Dienstleister vertraut. Die unterlassene Überführung der Waren in ein
Zollverfahren sei auf einen einfachen Arbeitsfehler zurückzuführen. Es liege auch ein Fall
vor, der mit denen in 2.1.2 A. bzw. 2.3.1 des ZK-Informationspapiers vergleichbar sei.
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2010 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.02.2013 zu verpflichten, die mit Bescheid vom
28.02.2007 erhobenen Einfuhrabgaben zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und betont, ein Erlassanspruch aus Art.
239 Zollkodex i. V. m. Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO bestehe nicht, da dort nur
Entziehungshandlungen aus einem Zollverfahren, nicht jedoch aus der vorübergehenden
Verwahrung erfasst seien. Eine Heilung, etwa durch nachträgliche Eröffnung eines
externen Versandverfahrens, sei in Art. 203 Zollkodex nicht vorgesehen. Die
einschlägigen Vorschriften seien nicht komplex. Es handele sich nicht um solche, die den
Seeverkehr beträfen, sondern um die Art. 50 bis 53 Zollkodex, aus denen sich eindeutig
ergebe, dass gestellte Nichtgemeinschaftswaren während der vorübergehenden
Verwahrung nicht vor der Überführung in ein Zollverfahren vom Verwahrungsort entfernt
werden dürften. Aus dem Vortrag der Klägerin, dass das Zolllagerverfahren in Finnland
nicht ordnungsgemäß beendet worden sei, lasse sich entnehmen, dass sie gewusst habe,
dass es sich bei den streitgegenständlichen Kraftfahrzeugen um
Nichtgemeinschaftswaren gehandelt hätte. Sie könne sich auch nicht auf mangelnde
Erfahrung berufen und müsse sich etwaige Versäumnis ihres Vertreters zurechnen
lassen. Es liege auch kein einfacher Arbeitsfehler vor. Die Firma C habe sich am
04.04.2005 mit der Frage an die Klägerin gewandt, wer die erforderlichen Zolldokumente
an die Firmen C und B sende (Sachakte im Verfahren 4 K 159/08, Bl. 108). Auf leichte
Fahrlässigkeit könne sich die Klägerin nicht berufen, wenn sie diese gezielte Frage zu
den Zollförmlichkeiten nicht beantwortet habe. Die Nr. 2.3.1 des ZK-Informationspapiers
sei nicht einschlägig, sie betreffe Pflichtverletzungen im Versandverfahren und nicht - wie
hier - die Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des
Verfahrens 4 K 159/08 und die in den genannten Gerichtsverfahren vorgelegten
Sachakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
I.
Der Bescheid vom 26.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2013 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 101 S. 1 FGO. Die Klägerin
hat keinen Anspruch auf Erlass der mit Bescheid vom 28.02.2007 erhobenen
Einfuhrabgaben.
Für das vorliegende Verfahren, in dem es ausschließlich um einen Erlassanspruch nach
Art. 239 Zollkodex geht, unterstellt der Senat, dass die 406 Kraftfahrzeuge nach ihrer
Gestellung beim Zollamt A gemäß Art. 203 Zollkodex aus der zollamtlichen Überwachung
entzogen worden sind und die Klägerin Schuldnerin der Einfuhrabgaben ist. Die
Voraussetzungen eines Erlassanspruchs nach Art. 239 Zollkodex liegen indes nicht vor.
Nach Art. 239 Abs. 1 Zollkodex können Einfuhrabgaben in anderen als den in den
Artikeln 236, 237 und 238 Zollkodex genannten Fällen erstattet oder erlassen werden.
Nach Art. 239 Abs. 1 Anstrich1 Zollkodex werden diese Fälle nach dem
Ausschussverfahren festgelegt. Darüber hinaus können sich diese Fälle nach Art. 239
Abs. 1 Anstrich 2 Zollkodex aus den Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische
Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Die
Vorschrift des Art. 239 Abs. 1 Anstrich 2 Zollkodex stellt nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union eine auf Billigkeitserwägungen beruhende
Generalklausel dar, die andere als die praktisch am häufigsten vorkommenden Fälle, für
die eine besondere Regelung (vgl. Art. 900 bis 903 ZK-DVO) geschaffen werden konnte,
erfassen soll (vgl. hierzu nur EuGH, Urteil vom 25.02.1999, C-86/97, Rn. 18; EuGH, Urteil
vom 27.09.2001, C-253/99, Rn. 56).
Gem. Art. 239 Abs. 1 ZK i. V. m. Art. 899 Abs. 1 Anstrich 1 und Abs. 2 ZK-DVO kann der
Beklagte - auf, wie hier gegeben, fristgerechten Antrag hin, vgl. Art. 239 Abs. 2 Zollkodex -
dementsprechend Einfuhrabgaben erstatten oder erlassen, wenn ein Fall der Art. 900 bis
903 ZK-DVO vorliegt oder - ausgenommen bei einer gebotenen Befassung der
Kommission gemäß Art. 905 ZK-DVO - in besonderen Fällen, die sich aus Umständen
ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des
Beteiligten zurückzuführen sind. Gem. Art. 905 Abs. 1 Satz 1 ZK-DVO übermittelt der
entscheidungsbefugte Mitgliedstaat den Fall der Kommission zur Entscheidung, wenn
einer der in den drei Beistrichen genannten Fallgruppen betroffen ist und die Begründung
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des Antrags auf Erstattung oder Erlass gem. Art. 239 Abs. 2 ZK auf einen besonderen Fall
schließen lässt, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische
Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt.
Keiner der Fälle des Art. 900 bis 903 ZK-DVO liegt vor. In Betracht käme allein eine
Anwendung von Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO, wonach Einfuhrabgaben erstattet oder
erlassen werden, wenn Nichtgemeinschaftswaren dem Zollverfahren mit vollständiger
oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben, in dem sie sich befanden, irrtümlich
entzogen worden sind, sofern diese Waren sofort nach Feststellung des Irrtums in dem
Zustand, in dem sie sich befanden, als sie dem Zollverfahren entzogen wurden, wieder
ihren ursprünglichen zollrechtlichen Status erhalten. Unabhängig von der Frage des
Wiedererhalts des ursprünglichen zollrechtlichen Status scheitert eine Anwendung dieser
Bestimmung schon daran, dass die Kraftfahrzeuge nicht einem Zollverfahren entzogen
worden sind. Die Kraftfahrzeuge befanden sich nach der Gestellung beim Zollamt A in
vorübergehender Verwahrung gemäß Art. 50 Zollkodex. Dabei handelt es sich nicht um
ein Zollverfahren im Sinne von Art. 4 Nr. 16 Zollkodex (Witte in Witte, Zollkodex, Art. 4 Rn.
2 Stichwort "Vorübergehende Verwahrung"). Angesichts des eindeutigen Wortlauts von
Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO, der ausdrücklich von Entziehung aus dem "Zollverfahren"
und nicht wie Art. 203 Zollkodex - weiter gefasst - von Entziehung aus der "zollamtlichen
Überwachung" spricht, kommt eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung auf
Fälle, in denen sich eine Ware - wie dies bei der vorübergehenden Verwahrung der Fall
ist - zwar unter zollamtlicher Überwachung, nicht jedoch in einem Zollverfahren befindet,
nicht in Betracht. Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vom 08.05.2014 erwogen hat, handelt es sich bei der Formulierung in Art.
900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO "Nichtgemeinschaftswaren dem Zollverfahren ... entzogen ..."
auch nicht um einen Übersetzungsfehler in dem Sinne, dass statt "Zollverfahren"
"zollamtliche Überwachung" gemeint wäre. Die englische und die französische
Sprachfassung belegt jeweils, dass in der genannten Bestimmung der auch in Art. 4 Nr.
16 Zollkodex definierte Begriff des Zollverfahrens verwandt und gemeint ist. So heißt es in
der englischen Sprachfassung in Art. 900 Abs. 1 lit. b) ZK-DVO "non-Community goods ...
withdrawn from the customs procedure ..." und auch in Art. 4 Nr. 16 Zollkodex wird die
Auflistung der verschiedenen Zollverfahren überschrieben mit "Customs procedure
means:". In der französischen Sprachfassung ist an den entsprechenden Stellen jeweils
vom "regime douanier" die Rede. Auch die einschlägigen Kommentierungen sprechen
nicht für das Vorliegen eines Übersetzungsfehlers bzw. die Möglichkeit einer
erweiternden Auslegung auf die Fälle der Entziehung aus der vorübergehenden
Verwahrung (Gellert in Dorsch, Art. 239 Zollkodex Rn. 29, 30; Alexander in Witte, Art. 239
Zollkodex Rn. 7). Selbst wenn man dies anders sähe, käme eine Anwendung von Art. 900
Abs. 1 lit. b) ZK-DVO nicht in Betracht, da ein Erlass nach dieser Bestimmung gemäß Art.
899 Abs. 1 Beistrich 1 ZK-DVO voraussetzt, dass keine offensichtliche Fahrlässigkeit
vorliegt. Indes ist der Klägerin, wie unter b. noch auszuführen sein wird, der Vorwurf
offensichtlicher Fahrlässigkeit zu machen.
Auch ein Erlass nach Art. 239 Abs. 1, 2. Beistrich ZK i. V. m. Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO
scheidet aus. Da die Abgabenforderung, deren Erlass beantragt wird, mehr als 500.000 €
beträgt, ist ein Anwendungsfall des Art. 905 Abs. 1 Anstrich 3 ZK-DVO gegeben, so dass
die Entscheidungszuständigkeit der Kommission eröffnet ist. Daher hatte der Beklagte nur
zu prüfen, ob die Begründung des Antrags auf einen besonderen Fall schließen lässt, der
sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine
offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt. Sofern ein besonderer Umstand, bei
dem weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit gegeben sind,
vorliegt, muss der Antrag der Kommission vorgelegt werden, andernfalls lehnt ihn der
Beklagte ab.
Im Streitfall ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass nach der
Antragsbegründung nicht auf einen besonderen Fall geschlossen werden kann (a.) und
dass jedenfalls offensichtliche Fahrlässigkeit gegeben wäre (b.).
a.
Der Begriff des besonderen Falles ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs der Europäischen Union kann auf einen im vorbezeichneten Sinne
besonderen Fall geschlossen werden, wenn im Lichte des an der Billigkeit ausgerichteten
Regelungszweckes des Art. 239 Zollkodex Umstände festgestellt werden, aufgrund deren
sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer
Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist (vgl. EuGH,
Urteil vom 27.09.2001, C-253/99, Rn. 56; Urteil vom 25.02.1999, C-86/97, Rn. 22). Ferner
stellt die Erstattung oder der Erlass von Einfuhrabgaben, die nur unter bestimmten
Voraussetzungen und in den eigens dafür vorgesehenen Fällen gewährt werden können,
eine Ausnahme vom gewöhnlichen Einfuhr- und Ausfuhrsystem dar, so dass die
Vorschriften, die eine solche Erstattung oder einen solchen Erlass vorsehen, eng
auszulegen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 13.03.2003, C-156/00, Rn. 91; EuGH, Urteil vom
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11.11.1999, C-48/98, Rn. 52; Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften -
EuG -, Urteil vom 12.02.2004, T-282/01, Rn. 55). Besondere Umstände liegen - mit
anderen Worten - mithin vor, wenn das normale berufliche und geschäftliche Risiko des
Beteiligten überschritten wird.
Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die Antragsbegründung der Klägerin
nicht auf einen derart besonderen Fall schließen lässt. Letztlich hat sich im Streitfall das
normale geschäftliche Risiko der Klägerin verwirklicht. Die streitgegenständlichen 406
Kraftfahrzeuge wurden, nachdem sie beim Zollamt A gestellt worden waren, vor dem
Weitertransport Richtung Ukraine nicht in ein Zollverfahren überführt und insofern der
zollamtlichen Überwachung entzogen. Die Folgen dieses Verhaltens treffen die Klägerin
unabhängig von der Frage des Verschuldens so, wie sie auch alle anderen
Wirtschaftsbeteiligte in einer vergleichbaren Situation treffen würden. Der Fall weist
keinerlei Besonderheiten auf, die die Annahme besonderer Umstände rechtfertigen
könnte. Insbesondere kann dahinstehen, welche Erörterungen zwischen Vertretern der
Klägerin und dem Zollamt A in Bezug auf einen Rücktransport der Kraftfahrzeuge nach A
stattgefunden haben. Die Einfuhrabgaben sind mit dem Entzug aus der vorübergehenden
Verwahrung entstanden, ohne dass es - wie etwa bei Art. 204 Zollkodex i. V. m. Art. 859
ZK-DVO - eine Heilungsmöglichkeit gäbe, die der Beklagte bzw. das Zollamt A mit der
Folge verwehrt haben könnte, dass auf einen besonderen Fall geschlossen werden
könnte. Auch das Vorbringen zu den wirtschaftlichen Hintergründen des Transports der
Kraftfahrzeuge lässt nicht auf einen besonderen Fall schließen. Selbst wenn die Klägerin
- so wie sie vorträgt - einen vergleichbaren Transport von Finnland in einen deutschen
Seehafen und von dort in die Ukraine zuvor noch nie hat durchführen lassen, weist der
Fall keine Besonderheiten auf. Die Klägerin befindet sich in einer Lage, die mit der
anderer Wirtschaftsteilnehmer in einer vergleichen Situation vergleichbar ist. Zu einer
anderen Betrachtung gelangt man auch nicht im Lichte der Nrn. 2.1.2 und 2.3.1 des
Informationspapiers über die Anwendung der Artikel 220 Abs. 2 lit. b) und 239 des
Zollkodex. Die dortigen Beispielsfälle für das Vorliegen eines besonderen Umstandes
greifen im Streitfall nicht. Insbesondere ist für die Entstehung der Einfuhrabgaben kein
zollbehördlicher Irrtum oder gar ein zollbehördliches Fehlverhalten ursächlich. Auch
handelt es sich im Streitfall nicht um ein Versandverfahren.
b.
Darüber hinaus sind die Umstände, die zur Entstehung der Einfuhrabgabenschuld führten
- nämlich die unterbliebene Überführung der 406 Kraftfahrzeuge in ein Zollverfahren - der
Klägerin als im Sinne des Art. 239 Abs. 1 Zollkodex offensichtlich fahrlässig anzulasten.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat, wie eingangs bereits dargelegt, wiederholt
darauf hingewiesen, dass die Erstattung oder der Erlass von Einfuhr- oder
Ausfuhrabgaben, die nur unter bestimmten Voraussetzungen und in den eigens dafür
vorgesehenen Fällen gewährt werden können, eine Ausnahme vom gewöhnlichen
Einfuhr- und Ausfuhrsystem darstellen, so dass die Vorschriften, die eine solche
Erstattung oder einen solchen Erlass vorsehen, eng auszulegen sind. Der Gerichtshof der
Europäischen Union hat zudem mehrfach hervorgehoben, dass die in den Art. 239 und
220 Zollkodex vorgesehenen Verfahren das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Zahlung
bzw. Nachzahlung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben auf Fälle zu beschränken, in
denen eine solche Zahlung gerechtfertigt und mit einem wesentlichen Grundsatz wie dem
des Vertrauensschutzes vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteil vom 20.11.2008, C-375/07, Rn.
57; EuGH, Urteil vom 01.04.1993, C-250/91, Rn. 46), woraus sich ergibt, dass die
Tatbestände dieser Artikel - bei Art. 239 Abs. 1 Beistrich 2 Zollkodex das Fehlen der
offensichtlichen Fahrlässigkeit des Betroffenen, bei Art. 220 Zollkodex das Fehlen eines
Irrtums der Zollbehörden, der von dem Abgabenschuldner erkannt werden konnte - in
gleicher Weise ausgelegt werden müssen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.11.2008, C-
357/07, Rn. 58). Aus dieser Erkenntnis folgt weiterhin, dass für die Beurteilung, ob einem
Wirtschaftsteilnehmer "offensichtliche Fahrlässigkeit" im Sinne von Art. 239 Abs. 1
Beistrich 2 Zollkodex vorzuwerfen ist, die Kriterien, die im Rahmen von Art. 220 Zollkodex
für die Prüfung, ob der Irrtum der Zollbehörde für einen Wirtschaftsteilnehmer erkennbar
war, herangezogen worden sind, entsprechend anzuwenden sind (EuGH, Urteil vom
20.11.2008, C-357/07, Rn. 59; EuGH, Urteil vom 13.03.2003, C-156/00, Rn. 92).
Entsprechend diesen Kriterien müssen bei der Beantwortung der Frage, ob
"offensichtliche Fahrlässigkeit" im Sinne des Art. 239 Abs. 1 Beistrich 2 Zollkodex vorliegt,
insbesondere die Komplexität der Vorschriften, deren Nichterfüllung die Zollschuld
begründet, sowie die Erfahrung und die Sorgfalt des Wirtschaftsteilnehmers berücksichtigt
werden. Hinsichtlich der Erfahrung des Wirtschaftsteilnehmers ist zu untersuchen, ob er
im Wesentlichen im Einfuhr- und Ausfuhrgeschäft tätig ist und ob er bereits über eine
gewisse Erfahrung mit der Durchführung dieser Geschäfte verfügt. Was die Sorgfalt des
Wirtschaftsteilnehmers betrifft, muss sich dieser, sobald er Zweifel an der richtigen
Anwendung der Vorschriften hat, deren Nichterfüllung eine Abgabenschuld begründen
kann, nach Kräften informieren, um die jeweiligen Vorschriften nicht zu verletzen (vgl.
EuGH, Urteil vom 11.11.1999, C-48/98, Rn. 56 ff.).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Beklagte - soweit ihm diese Prüfung nach Art.
905 ZK-DVO zustand - im Streitfall zu Recht von einer offensichtlichen Fahrlässigkeit der
Klägerin ausgegangen.
Zunächst sind die für den Streitfall maßgeblichen Vorschriften nicht komplex, sondern
eindeutig und im zollrechtlichen Gesamtkontext naheliegend. Dass
Nichtgemeinschaftswaren, die sich in der vorübergehenden Verwahrung befinden, einem
Zollverfahren zugeführt werden müssen, ergibt sich unproblematisch aus Artikel 50 ff.
Zollkodex. Dem liegt der generelle Gedanke zu Grunde, dass Nichtgemeinschaftswaren
nicht "einfach so" in das Zollgebiet der Union verbracht werden dürfen, sondern in eines
der in Art. 4 Nr. 16 Zollkodex genannten Zollverfahren überführt werden müssen. Die den
Seetransport betreffenden rechtlichen Vorgaben sind vorliegend nicht erheblich, ihre
Beachtung bzw. Nichtbeachtung war auch nicht Ursache der Entstehung der
Einfuhrabgaben. Der Klägerin bzw. den von ihr mit der Beförderung bzw. der
zollrechtlichen Abwicklung beauftragten Vertretern oblag es, sicherzustellen, dass die
Kraftfahrzeuge - sofern es sich um Nichtgemeinschaftswaren handelte - zollrechtlich
behandelt werden. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht auf mangelnde Erfahrung
berufen. Selbst wenn von ihr zuvor keine vergleichbaren Transporte in die Ukraine
durchgeführt worden sind, ist die Klägerin ein Unternehmen, das Kraftfahrzeuge herstellt
und weltweit vertreibt. Die zollrechtliche Behandlung von auszuführenden
Kraftfahrzeugen gehört damit zwangsläufig zu ihrem täglichen Geschäft. Es kann
unterstellt werden, dass sie jedenfalls über generelle Erfahrungen verfügt, um zu wissen,
dass der zollrechtlichen Status einer Ware und die zollrechtlichen Voraussetzungen vor
einem bzw. für einen jeweiligen Beförderungsschritt geklärt werden müssen. Zu Recht hat
der Beklagte auch auf eine E-Mail in der Sachakte zum Klageverfahren 4 K 159/08 (Bl.
108) hingewiesen, in der die Klägerin am 04.04.2005, also kurz vor der Ankunft der
Kraftfahrzeuge, von der Firma C nach den Zolldokumenten für die Sendung nach A
gefragt wurde, so dass bei ihr spätestens dadurch das Problembewusstsein hätte geweckt
sein müssen. Zur gebotenen Sorgfalt eines Wirtschaftsteilnehmers gehört neben der
Klärung der angesprochenen Fragen auch die entsprechende Instruktion von Vertretern,
deren Verhalten sich die Klägerin zurechnen lassen muss (FG Düsseldorf, Urteil vom
25.06.2008, 4 K 3738/07 Z). Sicherlich liegt hier ein Arbeitsfehler vor, dieser hätte jedoch
bei erforderlicher Sorgfalt und bei sachgerechter Organisation nicht zur Entziehung aus
der zollamtlichen Überwachung führen dürfen. Insgesamt liegt die Annahme
offensichtlicher Fahrlässigkeit nahe.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen
(§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.