Urteil des FG Düsseldorf vom 22.06.2004

FG Düsseldorf: tantieme, verdeckte gewinnausschüttung, berechnung der steuer, geschäftsführer, gesellschafter, höchstbetrag, anteil, unternehmen, meinung, kapitalgesellschaft

Finanzgericht Düsseldorf, 6 K 417/04 K,F
Datum:
22.06.2004
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 417/04 K,F
Tenor:
Unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom
23.10.2000 und Abänderung der Bescheide über Körperschaft-steuer,
Solidaritätszuschlag und zur gesonderten Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz
werden
die Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag 1997 unter Ansatz
einer auf EUR 5.850,71 (DM 11.443) reduzierten verdeckten
Gewinnausschüttung - unter Korrektur der Gewerbesteuerrückstellungen
- festgesetzt; die Einkommensbeträge und die Tarifbelastung werden
entsprechend festgestellt.
Die Berechnung der geänderten Steuer- und Feststellungsbeträge wird
dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens trägt
der Beklagte.
G r ü n d e :
1
Die Klägerin ist eine GmbH, die mit x Filialen im Einzelhandel mit kosmetischen
Erzeugnissen und Körperpflegemitteln tätig ist.
2
Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer ist seit der Gründung 19.. Herr
B.
Tätigkeit als Geschäftsführer erhielt Herr
A
DM 240.000 eine gewinnabhängige Tantieme. Diese ermittelte sich auf Grund der
schriftlichen Tantiemevereinbarung vom 15.12.19.. wie folgt:
3
20 % für einen Gewinn bis DM 100.000,
4
30 % für einen Gewinn zwischen DM 100.000 und DM 200.000,
5
40 % für den darüberhinausgehenden Gewinn.
6
Als Bemessungsgrundlage für die Tantiemeberechnung war der Steuerbilanzgewinn
vor Ertragssteuern vereinbart. Eine Begrenzung der Gesamtausstattung des
Geschäftsführers auf einen Höchstbetrag war nicht vorgesehen. Die Tantieme sollte drei
Jahre nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres ausgezahlt werden.
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Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 1991 wurde die Tantieme abweichend von der
Vereinbarung insoweit gewährt, als für die Wirtschaftsjahre ab 1989 die Höhe der
Tantieme nunmehr auf die Höhe des Festgehaltes (DM 240.000) begrenzt und die
Tantieme regelmäßig im Folgejahr ausgezahlt wurde.
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Eine weitere Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung
A-Stadt
FA für Groß BP - fand 1998 für die Jahre 1994-1997 statt. Die Prüferin war der Ansicht,
dass die Gesamtausstattung des Geschäftsführers mit DM 480.000 zwar grundsätzlich
angemessen sei; das Aufteilungsverhältnis von Tantieme zu Festgehalt mit 50:50 könne
aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 05.10.1994 I R 50/94
Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 549) nach Ablauf der vom Bundesministerium für
Finanzen festgelegten Übergangsfrist zum 31.12.1996 (Bundesministerium der
Finanzen - BMF - Schreiben vom 03.01.1996, BStBl I 1996, 53) nicht mehr anerkannt
werden. Bei dem vom BFH geforderten Verhältnis von 25:75 von Tantieme zu
Festgehalt ergebe sich eine maximale Tantiemehöhe von DM 80.000. Die Prüferin
schlug vor, neben einem weiteren - hier nicht streitigen - Betrag von DM 11.443, den
über die als angemessen angesehene Tantieme von DM 80.000 hinaus gezahlten
Betrag von DM 160.000 als verdeckte Gewinnausschüttung - vGA - anzusehen, gemäß
§ 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz - KStG - dem Einkommen hinzuzurechnen sowie
hierfür die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. herzustellen.
9
Der Beklagte folgte dem Vorschlag und erließ am 06.01.1999 einen entsprechend
geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1997. Aufgrund des Einspruchs der Klägerin
änderte er den Bescheid erneut, indem er, weil die Tantieme für 1997 erst in 1998
abgeflossen war, die Ausschüttungsbelastung für die Tantiemezahlung 1997 nicht mehr
herstellte. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Klage.
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Mit Urteil vom 11.02.2003 hat der Senat der Klage stattgegeben und im wesentlichen
ausgeführt, eine vGA liege nicht vor, weil die Gesamtausstattung des Gesellschafter-
Geschäftsführers, was auch zwischen den Beteiligten unstrittig war, angemessen sei.
Sie sei nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden. Zwar habe der Beklagte die
Tantieme auf Grundlage des Urteils des BFH vom 05.10.1994 (I R 50/94, BStBl II 1995,
549) und der darin aufgestellten 75:25-Aufteilungsregel zwischen fixen und variablen
Gehaltsbestandteilen zutreffend mit einem Drittel als vGA angesehen. Die Klägerin
habe auch keine vernünftigen und tragfähigen Gründe für die Regelabweichung
vorgebracht. Richtigerweise komme es jedoch nicht auf eine derartige Aufteilung an,
sondern nur darauf, ob die Gesamtausstattung insgesamt angemessen sei. Eine starre
75:25-Begrenzung sei nicht hinzunehmen. Sie führe zu dem befremdlichen Ergebnis,
dass der Prozentsatz der Tantiemeteilhabe sinken müsse, je erfolgreicher der
Geschäftsführer sei. Bei gleichbleibendem Festgehalt würde er am Unternehmenserfolg
immer weniger partizipieren.
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Auf die zugelassene Revision des Beklagten hat der BFH mit Urteil vom 19.11.2003 (I R
42/03, GmbHRundschau 2004, 512-514, Sammlung von Entscheidungen des BFH -
BFH/NV - 2004, 669-670) das Urteil vom 11.02.2003 aufgehoben und die Sache zur
erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, sofern die
Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers angemessen sei, müsse
nicht schon deshalb eine vGA vorliegen, weil die Vergütung zu mehr als 25 v.H. aus
variablen Anteilen bestehe. Im Rahmen der anzustellenden Angemessenheitsprüfung
seien aber Überlegungen zum Verhältnis der variablen zur fixen
Geschäftsführervergütung anzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das
Urteil des BFH vom 11.02.2003 I R 42/03 verwiesen.
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Die Klägerin ist der Ansicht, eine vGA liege nicht vor, weil nicht gegen den
Verteilungsmaßstab 25:75 verstoßen worden sei. Dieser Maßstab sei im Streitfall nicht
anwendbar. Denn die für die Anwendung des Verhältnismaßstabes vom BFH geforderte
Prognose aus der Sicht des Zusagezeitpunkts sei - sofern sie überhaupt einmal
angestellt sein sollte - nicht mehr rekonstruierbar. Weil die Ertragslage der Klägerin
starken Schwankungen unterlegen habe, sei im übrigen eine seriöse Prognose der
Ertragslage schlicht unmöglich und wäre überaus spekulativ. Denn die Klägerin eröffne
bei sich bietenden Gelegenheiten kurzfristig, mit einer Vorlaufzeit von drei Monaten,
neue Filialen, was erhebliche Vorlaufkosten verursache. Im jeweiligen Folgejahr
steigerten sich dann die Erträge, wenn nicht wiederum neue Filialen eröffnet werden
würden, was sich jedoch nicht vorhersehen ließe.
14
Eine vGA liege auch nicht aus anderen Gründen vor. Denn der von der Klägerin
festgelegte Tantiemesatz habe nicht zu einer Gewinnabsaugung geführt. Auch sei der
Höchstbetrag der Tantieme, wie vom BFH verlangt, begrenzt worden.
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Hilfsweise sei darauf zu verweisen, dass die schnelle Expansion der Klägerin nur durch
den erheblichen Einsatz des Geschäftsführers ermöglicht worden sei, so dass
besondere betriebliche Gründe für die Abweichung von dem Aufteilungsmaßstab 25:75
bestünden.
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Schließlich ist die Klägerin der Auffassung, der Beklagte sei schon wegen einer
tatsächlichen Verständigung, die im Rahmen einer früheren Betriebsprüfung zu Stande
gekommen sei, daran gehindert, einen anderen als den Aufteilungsmaßstab von 50:50
für die Beurteilung der Angemessenheit des Verhältnisses von Festgehalt und Tantieme
anzulegen. Die Klägerin stützt ihre Ansicht im Wesentlichen auf den
Betriebsprüfungsbericht vom 08.11.1991 und die Schreiben des FA für Groß-BP vom
20.06.1991 und März 1999, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
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Die Klägerin beantragt,
18
die Bescheide für 1997 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und
Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG vom 06.01.1999 und die
Einspruchsentscheidung vom 23.10.2000 dahin zu ändern, dass die
Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag in der Höhe festgesetzt und die
Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG in der Höhe getroffen werden, die sich
ergibt, wenn bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens lediglich eine
verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von DM 11.443 berücksichtigt wird;
19
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
20
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Meinung, die Tantiemevereinbarung verstoße gegen den Aufteilungsmaßstab
von 25:75 für Tantieme und Festgehalt, dessen Gültigkeit der BFH mit seinem Urteil
vom 11.02.2003 (I R 42/03) nochmals bestätigt habe. Deshalb läge eine vGA vor. Zwar
sei die Ertragslage der Klägerin aufgrund der Filialeröffnungen durchaus schwankend,
die Klägerin sei aber nicht in einer stark risikobehafteten Branche tätig. Ein Abweichen
vom Regelmaßstab sei daher nicht zu rechtfertigen. Die bei Anwendung des
Aufteilungsmaßstabes erforderliche Prognose könne indessen nicht das Jahresergebnis
1996 berücksichtigen. Denn die Verhältnisse des Jahres 1996 seien wegen der
Übernahme eines sanierungsbedürftigen Geschäfts mit 4 Filialen nicht repräsentativ.
Die Prognose für das Streitjahr 1997 sei vielmehr auf der Grundlage der Ergebnisse von
1994 und 1995 anzustellen. In beiden Jahren habe die Klägerin einen Gewinn vor
Ertragsteuern und Tantiemen von durchschnittlich DM 1.100.000 erzielt. Daraus ergebe
sich - unter Berücksichtigung des Verteilungsmaßstabes von 25:75 - ein angemessener
Tantiemesatz von 11%. Für das Streitjahr (1997) ergebe sich somit eine angemessene
Tantieme von DM 938.383 x 11% = 103.222. Die Differenz zur tatsächlich gezahlten
Tantieme (240.000 DM) in Höhe von DM 136.778 sei eine vGA. Besondere betriebliche
Gründe, die ein Abweichen von dem Aufteilungsmaßstab zuließen, habe die Klägerin
nur allgemein behauptet, nicht aber konkret dargelegt. Im Übrigen sei es üblich und
keine Besonderheit, wenn das Unternehmensergebnis auch vom Engagement des
Geschäftsführers abhänge.
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Der Beklagte ist schließlich der Ansicht, eine tatsächliche Verständigung, die ihn an der
Annahme einer vGA hindere, liege nicht vor. Aus der Formulierung im
Betriebsprüfungsbericht vom 08.11.1991, es sei in allen Punkten "Übereinstimmung
erzielt worden" könne nicht auf den Abschluss einer tatsächlichen Verständigung in
Bezug auf sämtliche Prüfungsfeststellungen, insbesondere nicht über eine
Gehaltszusammensetzung in der Zukunft, geschlossen werden.
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Die Klage ist begründet.
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Der Beklagte hat die Tantiemezahlung 1997 mit DM 160.000 zu Unrecht als vGA
angesehen.
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Die Tantieme ist mit dem, die Relation von 25:75 im Verhältnis zu den Festbezügen
übersteigenden, Anteil von 160.000 DM keine vGA.
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Es kann dahinstehen, ob auf Grund der Betriebsprüfung 1991, der in deren Rahmen
stattgefundenen Schlussbesprechungen oder einem anschließenden Schriftwechsel ein
bis zum Streitjahr fortdauerndes schützwürdiges Vertrauen der Klägerin entstanden ist,
das der Behandlung von Tantiemezahlungen als vGA entgegenstehen würde. Denn die
Tantiemezahlung ist nicht als vGA anzusehen.
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Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei
einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung)
zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des
29
Unterschiedsbetrages im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz auswirkt und in
keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. BFH Urteile vom 29.10.1997 I R 24/97, BStBl II 1998, 573; vom 19.01.2000 I R
24/99, BStBl II 2000, 545; vom 15.03.2000 I R 40/99, BStBl II 2000, 504; vom 09.08.2000
I R 12/99, BStBl II 2001, 140). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-
Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes) einem gesellschaftsfremden
Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte (BFH
Urteil vom 27.03.2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111).
Nach Ansicht des BFH (Urteil vom 19.11.2003 I R 42/03, GmbHR 2004, 512) kann für
die in diesem Zusammenhang erforderliche Angemessenheitsprüfung nach wie vor das
Verhältnis variabler Bezüge des Geschäftsführers zu dessen fixen Gehaltsbestandteilen
als tauglicher Maßstab herangezogen werden. Dazu hat er entschieden, dass ein
Gesellschafter-Geschäftsführer variable Bezüge regelmäßig nur insoweit akzeptieren
wird, als sie 25 v.H. der Gesamtausstattung nicht überschreiten (BFH Urteil vom
05.10.1994 I R 50/94 BStBl II 1995, 549). Daraus folge aber nicht - so der BFH im Urteil
vom 19.11.2003 (I R 42/03) -, dass der Höhe nach angemessene Gesamtbezüge
generell allein deshalb teilweise vGA seien, weil sie zu mehr als 25 v.H. aus Tantiemen
bestehen. Vielmehr müsse in einer solchen Situation jeweils im Einzelfall ermittelt
werden, ob der auf der Grundlage einer aus Sicht des Zusagezeitpunktes (Erkenntnisse
aus späteren Jahren sind grundsätzlich unbeachtlich) anzustellenden Gewinnprognose
ermittelte höhere Tantiemeanteil darauf hinweise, dass die gewählte Gestaltung in ihrer
Gesamtheit oder ggf. in Teilen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Eine
solche Veranlassung kann u.a. dann zu verneinen sein, wenn die Ertragslage der
Kapitalgesellschaft starken Schwankungen unterliegt (vgl. BFH Urteile vom 27.02.2003 I
R 46/01, BStBl II 2004, 132, vom 04.06.2003 I R 24/02, BStBl II 2004, 136).
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Im Streitjahr überschreitet die von der Klägerin gezahlte Tantieme die vom BFH im Urteil
vom 05.10.1994 (I R 50/94, a.a.O.) aufgestellte Grenze von einem Anteil in Höhe von 1/3
des Festgehaltes. Bei einem Festgehalt von DM 240.000 hat der Gesellschafter-
Geschäftsführer eine Tantieme in gleicher Höhe erhalten. Das Verhältnis von variablen
zu festen Bezügen betrug im Streitjahr 50:50. Gesellschaftsrechtliche Gründe hierfür
lassen sich indessen nicht feststellen. Zwar hat die Klägerin Gründe, die grundsätzlich
ein Abweichen von dem Aufteilungsmaßstab zulassen, nicht dargetan. Insbesondere ist
von der Klägerin nicht dargelegt worden, inwieweit der Erfolg der deutlich
expandierenden Klägerin erst aufgrund eines durch die Tantiemevereinbarung
motivierten besonderen Engagements ihres Geschäftsführers möglich gemacht worden
sein soll. Aus der vom BFH als allein maßgeblich angesehenen Sicht des
Zusagezeitpunktes beruht die Abweichung von dem Aufteilungsmaßstab aber auf einer
im Zusagezeitpunkt am 15.12.1984 zu erwartenden stark schwankenden Ertragslage
und demnach allein auf betrieblichen Gründen (vgl. BFH I R 42/03 a.a.O.). Die Klägerin
hat, wie sie unwidersprochen vorgetragen hat, ihr Unternehmen stets dadurch zu
erweitern gesucht, dass sie ohne längeren Vorlauf regelmäßig bei sich bietender
Gelegenheit neue Filialen eröffnete, was - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist -
zu deutlichen Schwankungen der Ertragslage führte. Die Erwartung schwankender
Erträge bestand auch zu recht, wie die tatsächlich erzielten Jahresüberschüsse zeigen,
die sich gegenüber dem jeweiligen Vorjahreswert sprunghaft und ohne jede erkennbare
Tendenz in einer Bandbreite zwischen -67 % und + 422 % veränderten. Die Klägerin
hat, wie der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung ausführt, schwankende
Jahresüberschüsse wie folgt erzielt:
31
32
Jahr
Jahresüberschuss
Veränderung in %
1985
82.055,00 DM
1986
109.763,00 DM
34%
1987
65.830,00 DM
-40%
1988
343.571,00 DM
422%
1989
479.202,00 DM
39%
1990
758.222,00 DM
58%
1991
473.736,00 DM
-38%
1992
1.017.556,00 DM
115%
1993
937.657,00 DM
-8%
1994
769.842,00 DM
-18%
1995
265.535,00 DM
-66%
1996
87.100,00 DM
-67%
1997
293.100,00 DM
237%
33
Auch bei einer - bei Änderung der Zusage - in 1989 angestellten Prognose konnte, unter
Einbeziehung der Ertragslage ab 1984, für die Zeit ab 1989 keine stetige Ertragslage
erwartet werden. Denn auch 1989 ließ sich der Umfang und auch der Erfolg der
künftigen allgemein beabsichtigten weiteren Filialeröffnungen nicht zuverlässig
abschätzen.
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Eine Prognose für die Jahre ab 1994, wie sie der Beklagte anstellt - offenbar davon
ausgehend, dass ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter die
Angemessenheit einer Tantiemevereinbarung regelmäßig überprüfen wird -, führt
ebenfalls zu dem Ergebnis, dass auch künftig mit schwankenden Erträgen zu rechnen
war. Die Aufgabe der Absicht der weiteren Expansion, was eine Verstetigung der
Ertragslage hätte erwarten lassen, lässt sich nämlich weder für 1994, noch für einen
späteren Zeitpunkt feststellen und ist auch vom Beklagten nicht behauptet worden.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es bei der Überprüfung, ob
gesellschaftsrechtliche Gründe für die Tantiemezusage auszuschließen sind, nicht
darauf an, ob die Klägerin in einer stark risikobehafteten Branche tätig ist. Zwar dürfte
ein Unternehmen, das in einer stark risikobehafteten Branche tätig ist, regelmäßig mit
schwankenden Erträgen zu rechnen haben. Die Branchenzugehörigkeit dürfte indessen
kein taugliches Kriterium zur Rechtfertigung einer Abweichung vom Aufteilungsmaßstab
sein; für die Meinung des Beklagten lässt sich in der BFH-Rechtsprechung keine
Grundlage finden.
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Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird im Allgemeinen aber auch
darauf achten, dass die Tantieme in Verbindung mit den übrigen Gehaltsbestandteilen
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nicht zu einer unangemessen hohen Gesamtausstattung führt (BFH I R 42/03 a.a.O.).
Dazu kann er eine Prognose über die zukünftigen Gewinnaussichten der Gesellschaft
anstellen und auf dieser Basis ermitteln, welcher Tantiemesatz zu der angestrebten
angemessenen Gesamtausstattung führt (vgl. BFH Urteil vom 05.10.1994 I R 50/94,
BStBl II 1995, 549). Erweist sich eine Prognose indessen als schwierig oder als eher
spekulativ oder lässt sie sich - zumal Jahre später - kaum noch in tragfähiger Weise
rekonstruieren, kann es auch genügen, wenn der Tantiemesatz als solcher einem
Fremdvergleich standhält (vgl. BFH Urteil vom 19.11.2003 I R 42/03, a.a.O.). Es kann
dann auch erforderlich sein, einen angemessenen Höchstbetrag zu ermitteln, bei
dessen Überschreiten in entsprechendem Umfang eine vGA anzunehmen ist (BFH
Urteil vom 19.11.2003 I R 42/03, a.a.O.).
Aufgrund der zu erwartenden - und tatsächlich auch eingetretenen - schwankenden
Ertragslage war zum Tantiemezusagezeitpunkt 1984 eine Prognose, wie die Klägerin
zutreffend meint, zuverlässig nicht anzustellen. Eine Prognose wäre in hohem Maße
spekulativ gewesen. Daher kommt es darauf an, ob die Ausstattung des
Geschäftsführers unter Einbeziehung der Tantieme angemessen ist, was z.B. durch
einen Fremdvergleich ermittelt werden kann. In diesem Punkt sind die Beteiligten
indessen einig, dass die Gesamtausstattung des Geschäftsführers der Klägerin mit DM
480.000 nicht unangemessen ist. Zweifel an der hier übereinstimmenden Auffassung
der Beteiligten bestehen nicht. Bei einem der Klägerin verbleibenden Jahresüberschuss
(nach Tantieme und Steuern), der durchschnittlich DM 437.167 betrug (1985-1997) und
zwischen 82.055 DM (1985) und 1.017.556 (1992) schwankte, liegen insbesondere
keine Anhaltspunkte für eine Gewinnabsaugung vor. Solches wird vom Beklagten auch
nicht behauptet. In ihrer absoluten Höhe ist die Tantieme, was gleichfalls zwischen den
Beteiligten unstreitig ist, nicht unangemessen. Auch hat die Klägerin die Höhe der
Tantieme, wie vom BFH gefordert, seit 1989 in der absoluten Höhe begrenzt.
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Letztlich scheidet also eine Behandlung eines Teils der Gesamtausstattung als vGA
aus. Das Einkommen der Klägerin in 1997 ist folglich - unter Korrektur der
Gewerbesteuerrückstellung - um DM 160.000 zu mindern.
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Die Berechnung der Steuer- und Feststellungsbeträge wird dem Beklagten übertragen
(§ 100 Abs. 2 S. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 2, 135 Abs. 1 FGO.
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