Urteil des FG Düsseldorf vom 24.11.2010

FG Düsseldorf (kläger, rechnung, höhe, buchwert, personengesellschaft, vorschrift, gesellschaft, lex specialis, entgelt, gegenleistung)

Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 931/09 F
Datum:
24.11.2010
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 931/09 F
Tenor:
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften 2003
vom 22. April 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.
Februar 2009 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb 2003 herabgesetzt werden auf 95.717,65 EUR.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
Die Beteiligten streiten über den Ansatz eines Gewinns aus der Einbringung eines
Betriebes.
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Der Kläger ist Kommanditist der mit notariellem Vertrag vom 28. Dezember 2002
gegründeten Beigeladenen. Weitere Gesellschafter sind die "X-GmbH" als
Komplementärin und die Ehefrau des Klägers, "F", sowie seine beiden Töchter, "E" und
"I", als Kommanditisten. Die Einlagen erbrachte der Kläger durch die Einbringung
seines Einzelunternehmens "Q"; die Kommanditistinnen wurden im Wege der
Schenkung vom Kläger in die Beigeladene aufgenommen. Die Vorbemerkung des
Vertrages sieht dazu Folgendes vor: "Der Kläger nimmt seine Ehefrau und seine beiden
Töchter im Wege der Schenkung in sein Unternehmen auf, wechselt selbst auch in die
Stellung eines Kommanditisten und gründet mit den anderen Gesellschaftern eine
GmbH & Co KG. Diese beginnt mit ihrer Eintragung. Erst nach dieser Eintragung bringt
der Kläger sein Einzelunternehmen ein. Im Innenverhältnis wird die Einbringung mit
schuldrechtlicher Wirkung auf den 1. Januar 2003 zurückbezogen." Die Einbringung
erfolgte zu den Buchwerten lt. Schlussbilanz des Einzelunternehmens; soweit das dort
ausgewiesene Eigenkapital des Klägers seinen neuen Kommanditkapitalanteil
(150.000 EUR) überstieg, wurde der Mehrbetrag entsprechend der notariellen
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Vereinbarung (§ 3 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages) seinem "Darlehenskonto"
gutgeschrieben (440.217,80 EUR). Auf diesem Darlehenskonto des Klägers (geführt
neben dessen Kapital, Rücklagen- und Verlustvortragskonten) werden die
entnahmefähigen Gewinnanteile, Entnahmen, Zinsen, Ausgabenersatz, Vorabvergütung
und sonstiger Zahlungsverkehr zwischen Beigeladener und ihm gebucht. Die Verluste
der Gesellschaft, die nicht durch Guthaben auf den Rücklagenkonten gedeckt sind,
werden auf Verlustvortragskonten gebucht. Für den Kläger wurde im Rahmen der
Gesamtbilanz der Beigeladenen keine Ergänzungsbilanz gebildet.
Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung –BP- des Finanzamts für
Groß- und KonzernBP "C" gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Einbringung
des Einzelunternehmens in die Beigeladene an sich dem Anwendungsbereich des § 24
des Umwandlungssteuergesetzes –UmwStG- unterfalle. Das dortige
Bewertungswahlrecht (Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens zum Buchwert
oder mit einem höheren Wert) gelte indes uneingeschränkt nur, wenn dem
Einbringenden außer Gesellschaftsrechten keine weitere Gegenleistung erbracht
werde. Das sei hier nicht der Fall, weil dem Kläger zusätzlich eine Gutschrift auf seinem
Darlehenskonto erteilt worden sei; insoweit führe der – aufzuteilende –
Einbringungsvorgang zur Steuerentstrickung. Der Prüfer berechnete den
Einbringungsgewinn mit 392.865,30 EUR (BP-Bericht vom 18. Dezember 2007, Tz. 2.3:
440.217,80 EUR abzgl. anteiliges Kapitalkonto). Der Beklagte schloss sich den
Feststellungen an und erließ am 28.02.2008 einen Bescheid zur gesonderten
Feststellung von Einkünften 2003 über 392.865 EUR.
4
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, die Einbringung sei
hinsichtlich der Aufnahme der nahen Angehörigen in § 6 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes –EStG- geregelt und unterliege insoweit, da hier eine
Schenkung erfolgt sei, einem Buchwertzwang. Die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG
erstrecke sich darüber hinaus auf die gesamte Einbringung des Einzelunternehmens,
weil das anteilige Entgelt die Buchwerte nicht übersteige und somit nach der sog.
Einheitstheorie ein Einbringungsgewinn insgesamt entfalle.
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Der Beklagte half dem Einspruch mit Bescheid vom 22. April 2008 teilweise ab, indem
er den Gewinn auf 375.682 EUR herabsetzte; hierbei trug er dem Einspruchsvorbringen
insoweit Rechnung, als er die Werte, die auf die Einbringung für Rechnung der nahen
Angehörigen des Klägers entfielen, ausschied. Im Übrigen wies er den Einspruch mit
Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2009 als unbegründet zurück. Der
Einbringungsvorgang sei insoweit entgeltlich, als der Kläger neben der
Mitunternehmerstellung eine Gutschrift auf dem Darlehenskonto erhalten habe. In Höhe
dieses Betrages sei der Beigeladenen als Übernehmerin kein Eigenkapital zugeführt
worden. Der Vorgang stelle sich wie eine Kaufpreiszahlung der Beigeladenen dar, weil
die dem Kläger gewährten Gesellschaftsrechte um den Wert des Darlehens geringer
seien als das eingebrachte Betriebsvermögen. Es liege insoweit ein entgeltlicher
Veräußerungsvorgang vor, der zur Gewinnrealisierung führe. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
6
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Einspruchsentscheidung
beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der von der Finanzverwaltung
vertretenen sog. Trennungstheorie. Stattdessen sei hier der sog. Einheitstheorie zu
folgen. Die gesetzlich vorgegebene Buchwertfortführung des § 6 Abs. 3 EStG lasse
keinen Raum für einen Veräußerungsgewinn. Es finde keine Aufteilung in einen voll
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entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil statt. Selbst Teilentgelte seien
unschädlich, soweit sie den Buchwert der betrieblichen Einheit nicht überschritten.
Sofern man für den Einbringenden nicht insgesamt die Regelung des § 6 Abs. 3 EStG
für maßgeblich halte, sondern auch auf die Vorschrift des § 24 UmwStG abstelle – bei
Einbringung (wie hier) eines Betriebes statt eines einzelnen Wirtschaftsgutes lex
specialis gegenüber § 16 EStG -, entstehe ebenfalls kein Veräußerungsgewinn. Auch
hier sei die Einheitstheorie maßgeblich. Insgesamt und einheitlich liege ein
tauschähnliches Geschäft und damit eine Veräußerung vor. Eine Gewinnrealisierung
trete nur ein, sofern die Gegenleistung den Buchwert übersteige; diese Voraussetzung
sei hier nicht erfüllt.
Hilfsweise – bei Anwendung der Trennungstheorie – sei jedenfalls der
Einbringungsgewinn zu reduzieren. Denn wie sich anlässlich einer
Gesellschafterversammlung bei der "Q" GmbH herausgestellt habe, hätten
zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossene zivilrechtliche Gerichtsverfahren
ergeben, dass sämtliche seit dem 3. Mai 2000 gefassten Gesellschafterbeschlüsse
nichtig seien (Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Juni 2007 I-9 U 7/07,
Der Betrieb 2007, 2308; Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 2008 II ZR 171/07 zurückgewiesen – juris). Daher sei
auch die Einbringung des im ehemaligen Einzelunternehmen enthaltenen
Gesellschaftsanteils an der "Q" GmbH, "D-Stadt", unwirksam – mit der Folge, dass diese
Anteile im Sonderbetriebsvermögen des Klägers verblieben seien und sich die
Gutschrift auf dessen Darlehenskonto auf 102.356,12 EUR vermindere.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, eine
geänderte Einbringungsbilanz vorlegen zu können bzw. wollen, die auch auf der
Grundlage der Trennungstheorie zu einem Einbringungsgewinn von 0 EUR führe.
9
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften 2003 vom 22. April
2008 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2009 ersatzlos
aufzuheben,
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hilfsweise, den Rechtsstreit zum Zwecke der Vorlage einer geänderten
Einbringungsbilanz zu vertagen,
12
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
15
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
16
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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Der Beklagte erklärt sich einverstanden, dem neuen Klagevortrag zur Unwirksamkeit der
Anteilsübertragung an der "Q" GmbH, "D-Stadt", durch eine Herabsetzung des
laufenden Veräußerungsgewinns zu folgen. Im Übrigen hält er an seiner bisherigen
Rechtsauffassung fest.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend klargestellt,
dass das auf den Kläger entfallende Kapitalkonto bei Einbringung (unter
Berücksichtigung der im Verlauf des Klageverfahrens bekannt gewordenen
Unwirksamkeit der Übertragung betr. "Q" GmbH, "D-Stadt") insgesamt 252.356,12 EUR
(150.000 EUR Kommanditanteil zzgl. 102.356,12 EUR "Mehrbetrag" bzw.
Darlehensforderung) betrug.
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Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakten
Bezug genommen.
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Die Klage ist teilweise begründet.
21
Der angefochtene Bescheid ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung –FGO-). Im Übrigen hat der Beklagte indes eine steuerliche
Behandlung des Einbringungsvorgangs als insgesamt steuerneutral bzw. eine weitere
Herabsetzung des Gewinns aus der Einbringung des Einzelunternehmens zutreffend
abgelehnt. Eine Vertagung des Rechtsstreits kam ebenfalls nicht in Betracht.
22
Soweit der Kläger sein bisheriges Einzelunternehmen für Rechnung seiner Ehefrau und
der beiden Töchter eingebracht hat, die hierfür kein Entgelt leisten mussten, waren die
anteilig auf die nahen Angehörigen entfallenden Buchwerte fortzuführen; eine
Aufdeckung der anteiligen stillen Reserven ist insoweit nicht erfolgt. Diese sich aus § 6
Abs. 3 EStG ergebende Rechtsfolge hat der Beklagte mit dem geänderten
Feststellungsbescheid vom 22. April 2008 zutreffend umgesetzt; bezogen auf die
unentgeltliche Aufnahme der Ehefrau und der Kinder hat er keinen (anteiligen)
Veräußerungsgewinn (mehr) berücksichtigt.
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Soweit die Einbringung des Betriebes nicht unentgeltlich für Rechnung der nahen
Angehörigen, sondern für eigene Rechnung des Klägers erfolgt ist, findet die Vorschrift
des § 6 Abs. 3 EStG indes keine Anwendung. In den Fällen der Einbringung eines
Betriebes auf eigene Rechnung gilt die Bestimmung des § 24 UmwStG. Das gilt auch
dann, wenn ein Einzelunternehmen in einem einheitlichen Vorgang teils für eigene
Rechnung und teils (unentgeltlich) für nahe Angehörige eingebracht wird. Die sich aus §
6 Abs. 3 EStG ergebende Steuerneutralität kann nicht etwa i. S. einer Einheitstheorie
auf die gesamte Einbringung erstreckt werden, sondern beschränkt sich auf die
unentgeltliche Aufnahme der nahen Angehörigen (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH-
vom 12. Oktober 2005 X R 35/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter
Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 2006, 521; Reiß in Kirchhof, EStG, 9. A., § 16 Rdn.
39).
24
Die – somit getrennt zu betrachtende und hier allein streitige – Einbringung des
Einzelunternehmens des Klägers (anteilig) auf dessen eigene Rechnung richtet sich
folglich nach der Bestimmung des § 24 UmwStG. Diese Vorschrift findet gemäß Abs. 1
Anwendung, wenn ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine
Personengesellschaft eingebracht und der Einbringende Mitunternehmer der
Gesellschaft wird. Nach § 24 Abs. 2 UmwStG darf die aufnehmende
Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder
einem höheren Wert, max. dem Teilwert, ansetzen.
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Die (anteilige) Einbringung des Einzelunternehmens in die Beigeladene auf eigene
Rechnung des Klägers erfolgte zu den Buchwerten lt. Schlussbilanz des
Einzelunternehmens. Der Kläger erhielt hierfür ein Mischentgelt, nämlich
Gesellschaftsrechte (Kommanditanteil des Klägers 150.000 EUR) und außerdem eine
sonstige Ausgleichsleistung, hier in Gestalt der Gutschrift auf seinem "Darlehenskonto"
bei der Beigeladenen in Höhe des Betrages, um den das ehemalige Eigenkapital des
Klägers im Einzelunternehmen den neuen Kommanditanteil überstieg – d. s. (unter
Berücksichtigung der o. a. Nichtigkeit der seit dem 3. Mai 2000 gefassten
Gesellschafterbeschlüsse) unstreitig 102.356,12 EUR. Die Gutschrift auf dem
Darlehenskonto stellt hier Fremdkapital der Gesellschaft dar – wie auch die Beteiligten
übereinstimmend annehmen. Für die Einordnung der Gutschrift als Darlehen des
Klägers (Sonderbetriebsvermögen; "echte", unentziehbare Forderung des
Gesellschafters) statt als Eigenkapital der Gesellschaft (in deren Gesamthand) spricht
insbesondere der Umstand, dass auf diesem Konto keine Verlustanteile des Klägers
verbucht werden durften; nach § 4 des Gesellschaftsvertrages waren die Verluste auf
(gesonderten) Verlustvortragskonten zu buchen (vgl. auch Urteil des BFH vom 12.
Oktober 2005 X R 35/04, BFH/NV 2006, 521).
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Im Hinblick auf diese Ausgestaltung der Gegenleistung als Mischentgelt ist der
Einbringungsvorgang für den Kläger in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
erfolgswirksam. Die Einbringung war – ungeachtet dessen, dass der Kläger insgesamt
nicht mehr als den Buchwert des eingebrachten Betriebes erhalten hat - nur insoweit
erfolgsneutral möglich, als dem Kläger im Gegenzug Gesellschaftsrechte gewährt
worden sind.
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Bringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft einzelne Wirtschaftsgüter seines
Betriebsvermögens gegen ein ausgewogenes (drittübliches) Mischentgelt, d.h. gegen
die Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstige Ausgleichsleistungen, in die
Personengesellschaft ein, so ist die Fortführung der Buchwerte der eingebrachten
Wirtschaftsgüter bei der aufnehmenden Personengesellschaft nur insoweit möglich, als
die Übertragung gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Die Tatsache,
dass der Gesellschafter im Rahmen des Entgelts auch Gesellschaftsrechte erlangt, kann
nicht dazu führen, dass der Einbringungsvorgang als Ganzes erfolgsneutral gestaltet
werden kann. Der für die Einräumung des Realisationswahlrechts i. S. von § 24
UmwStG betonte Gedanke der Fortsetzung des unternehmerischen Engagements in
anderer, sodann mitunternehmerischer Form greift insoweit nicht ein, als der
Gesellschafter für die Übernahme des Wirtschaftsguts ein über die Gewährung von
Gesellschaftsrechten hinausgehendes Entgelt erhält. Insoweit erbringt der
Gesellschafter seine Leistung nämlich nicht zur Stärkung der Gesellschaft oder seiner
Gesellschafterstellung, sondern im Rahmen eines Leistungsaustauschs wie unter
Fremden. Es entspricht zudem den Regeln der Logik, in den "Mischentgeltsfällen" die
für die beiden Grundkonstellationen geltenden unterschiedlichen
Realisationsgrundsätze (Einbringung 100 % erfolgsneutral, wenn 100 % zu
Gesellschaftsrechten; Einbringung 100 % erfolgswirksam, wenn 100 % sonstige
Ausgleichsleistung) im Wege der Aufspaltung des Übertragungsvorgangs miteinander
zu kombinieren. Führt ein vollentgeltlicher Einbringungsvorgang zur vollständigen (100
%igen) Aufdeckung der stillen Reserven, wenn die dem Einbringenden gewährte
Gegenleistung zu 100 % aus "sonstigen Entgelten" besteht, so muss derselbe Vorgang
eine quotale Aufdeckung der stillen Reserven nach sich ziehen, wenn die "sonstigen
Entgelte" lediglich eine (entsprechende) Quote betragen (z. B.: 80 %) und nur im
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Übrigen (z. B. 20 %) Gesellschaftsrechte gewährt werden; die stillen Reserven können
in einem solchen Fall von der aufnehmenden Personengesellschaft nur in Höhe von 20
% fortgeführt werden. Die Gegenauffassung, wonach auch bei Einbringung gegen
Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstige Ausgleichsleistungen eine
zwingende Aufdeckung der stillen Reserven nur insoweit geboten sei, als die Summe
der "sonstigen Entgelte" den Buchwert des eingebrachten Wirtschaftsguts überschreitet,
vermag nicht zu überzeugen. Sie führt zu einer einseitigen und unangemessenen
vollständigen Zuordnung des Buchwerts zu den "sonstigen Ausgleichsleistungen" des
"gemischten" Gesamtentgelts und ist daher ebenso abzulehnen, wie es die umgekehrte
alleinige Zuordnung des Buchwerts zu dem in der Gewährung von Gesellschaftsrechten
bestehenden Entgeltsteil wäre. § 24 UmwStG erlaubt sowohl im Bereich der direkten
Anwendung der Vorschrift, also bei der Einbringung strukturierter Einheiten in eine
Personengesellschaft gegen "Mischentgelt", als auch bei sinngemäßer Heranziehung
der Vorschrift im Fall einer Einbringung von Einzelwirtschaftsgütern gegen Mischentgelt
eine erfolgsneutrale Gestaltung des Einbringungsvorgangs maximal bis zur Höhe des
Werts der gewährten Gesellschaftsrechte (Urteil des BFH vom 11. Dezember 2001 VIII
R 58/98, BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420).
Der o. a. Entscheidung lag zwar, wie der Kläger zutreffend einwendet, die Einbringung
nicht – wie vorliegend - eines Betriebes, sondern eines einzelnen Wirtschaftsgutes, und
zudem gegen ein (Misch-)Entgelt nicht – wie vorliegend – in Höhe des Buchwertes des
eingebrachten Vermögens, sondern des Teilwerts zugrunde. Dennoch sind die dort vom
BFH überzeugend dargelegten Grundsätze aus Sicht des Senates auf die hier
vorliegende Gestaltung übertragbar mit der Folge, dass der Kläger in Höhe der
("schädlichen") sonstigen Ausgleichsleistung, soweit diese die entsprechende Quote an
dem von ihm eingebrachten Kapitalkonto übersteigt, einen laufenden
Veräußerungsgewinn erzielt hat.
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Der BFH hat in seiner o. a. Entscheidung die Aussage, dass § 24 UmwStG eine
Fortführung der Buchwerte nur insoweit zulasse, als die Übertragung gegen die
Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolge, ausdrücklich auch für den Fall der
unmittelbaren Gesetzesanwendung – d. h. Einbringung einer strukturierten Einheit
(eines Betriebes) statt lediglich eines Wirtschaftsgutes – getroffen.
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Darüber hinaus überzeugen die dort vom BFH dargelegten Grundsätze nach Ansicht
des Senats nicht nur für den (dort entschiedenen) Fall eines Mischentgelts in
Teilwerthöhe, sondern auch für das vorliegende Mischentgelt in Höhe des Buchwertes
des eingebrachten Vermögens. Die Entgelthöhe ist insoweit für die Anwendung der
Vorschrift des § 24 UmwStG, die hierzu keine Differenzierung enthält, nicht maßgeblich.
Der bloße Umstand, dass der Kläger hier kein den Buchwert übersteigendes Entgelt
erhalten hat, steht der Annahme eines Veräußerungsgewinns nicht entgegen. Im
(vorrangig vor § 16 EStG zu beurteilenden) Anwendungsbereich des § 24 UmwStG lässt
sich das Bewertungswahlrecht nach Abs. 2 der Vorschrift nicht allein auf die Buchwert-
Höhe des Entgelts stützen; außerhalb der Erlangung von Gesellschaftsrechten handelt
es sich um einen zwingend erfolgswirksamen, gesondert zu beurteilenden Teil des
Einbringungsvorgangs.
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Dass die Einbringung eines Betriebes auf eigene Rechnung zwar dem
Anwendungsbereich des § 24 UmwStG unterfällt, indes das Bewertungswahlrecht der
steuerneutralen Gestaltung zu versagen ist, soweit der Einbringende keine Gutschrift auf
einem "echten" Kapitalkonto (Eigenkapital der Gesellschaft) erhält, sondern auf einem
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"echten" Darlehenskonto (Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters), ergibt sich –
im Wege eines Umkehrschlusses - auch aus den Gründen des o. a. BFH-Urteils vom 12.
Oktober 2005 X R 35/04 (BFH/NV 2006, 521). Der BFH hat für den dortigen Fall der
Einbringung eines Betriebes (teils unentgeltlich auf Rechnung von Angehörigen, teils
auf eigene Rechnung des Einbringenden) für die Frage der Anwendung des § 24
UmwStG darauf abgestellt, ob das dem Einbringenden gewährte Entgelt – dort eine
Gutschrift auf einem "variablen Konto" - als Eigen- oder als Fremdkapital der
aufnehmenden Gesellschaft einzuordnen sei. Erst nach Bejahung eines
Eigenkapitalcharakters des Entgelts hat der BFH a.a.O. das Ansatzwahlrecht des § 24
Abs. 2 UmwStG zuerkannt; umgekehrt wäre demnach eine steuerneutrale Behandlung
der Einbringung des Betriebes gegen die Gewährung eines "echten" Darlehens des
Einbringenden (d. h. Fremdkapital der Gesellschaft; Sonderbetriebsvermögen) zu
verneinen gewesen.
Diese Auffassung entspricht derjenigen der Finanzverwaltung (Schreiben des
Bundesministers der Finanzen –BMF- vom 21. August 2001, BStBl I 2001, 543, Tz.
24.08). Sie wird auch in der Literatur vertreten (etwa Dötsch in Dötsch/Jost/Jung/Witt,
UmwStG, 6. A., § 24 Rdn. 51: Bei Übertragung gegen Mischentgelt ist der
Einbringungsvorgang aufzuteilen in eine Komponente "Entgelt Gesellschaftsrechte" und
"übriges Entgelt"; Schmitt, UmwStG, 4. A. 2006, § 24 Rdn. 39 und 132).
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Zugleich hat der BFH mit seinem o. a. Urteil vom 11. Dezember 2001 (VIII R 58/98,
BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420) einer Anwendung der sog. Einheitstheorie
jedenfalls für die Fälle der Einbringung i. S. von § 24 UmwStG gegen ein Mischentgelt
eine Absage erteilt. Insbesondere führe eine derartige einheitliche Betrachtung zu einer
einseitigen, unangemessen Zuordnung des Buchwertes.
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Für die Anwendung einer sog. Einheitstheorie kann der Kläger ebenso wenig das Urteil
des BFH vom 24. Januar 2008 IV R 37/06 (BFHE 220, 374, BStBl II 2008, 761) mit
Erfolg anführen. Diese Entscheidung betrifft eine anders gelagerte Rechtsproblematik,
nämlich die Frage einer Einlage i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG 2000. Soweit das Urteil
Ausführungen zum Anwendungsbereich der Vorschrift des § 24 UmwStG dahin trifft,
dass ebenso insoweit von einer Gegenleistung (Einräumung einer
Mitunternehmerstellung) auszugehen sei, als das eingebrachte Betriebsvermögen
neben dem Festkapitalkonto auch variablen Kapitalunterkonten oder einer
gesamthänderisch gebundenen Rücklage gutgeschrieben werde und auch im letzteren
Fall eine "einheitliche" Betrachtung des Einbringungsvorgangs geboten sei, ist dies hier
ebenfalls nicht weiter führend. Denn ein derartiger Sachverhalt liegt im hier zu
entscheidenden Fall, in dem die sonstige Ausgleichsleistung nicht der Gesamthand der
Personengesellschaft zugute gekommen ist, nicht vor.
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Ohnehin ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Recht keine Festlegung auf eine
bestimmte Theorie (Einheits- oder Trennungstheorie) bzw. einen bestimmten
dogmatischen Ansatzpunkt zu entnehmen. Abgesehen davon, dass der "Theorienstreit"
nicht die Problematik des "Mischentgelts" betrifft, sondern diejenige der
Teilentgeltlichkeit bzw. der gemischten Schenkung, hat sich die Wertung im Einzelfall
nach der sachgerechten Ausfüllung des insoweit lückenhaften Gesetzes zu richten (vgl.
BFH-Urteile vom 17. Juli 1980 IV R 15/76, BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11 zu § 17
EStG; vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811 zu § 16 EStG;
ebenso die zivilrechtliche Rechtsprechung, vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 68. A., §
516 Rdn. 14; Kollhosser in Münchner Kommentar, BGB, 4. A., § 516 Rdn. 30 ff.). Vor
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diesem Hintergrund vermögen auch die vom Kläger angeführten Urteile des BFH vom
16. Dezember 1992 XI R 34/92 (BFHE 170, 183, BStBl II 1993, 346) und vom 22.
September 1994 IV R 61/93 (BFHE 176, 350, BStBl II 1995, 367) keine abweichende
Entscheidung zu rechtfertigen, die nicht den Anwendungsbereich des § 24 UmwStG
betreffen, sondern die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns allein im Bereich des §
16 EStG.
Im Ergebnis stellt sich die vorliegende Einbringung des Betriebes zu einem
Mischentgelt, das neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten (auch) in der
Einräumung einer "echten" Darlehensforderung des Klägers in dessen
Sonderbetriebsvermögen besteht, dar wie eine Betriebseinbringung gegen eine
Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden. Auch in derartigen Fällen löst der
Vorgang, soweit der Einbringende eine Vergütung in Geld erhält, eine
Gewinnrealisierung aus. Die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung stützt
sich auf den Gedanken, dass § 24 UmwStG eine Betriebsvermögenseinbringung nur
erfasst, "soweit" der Einbringende die Rechtsstellung eines Gesellschafters oder
Mitunternehmers erlangt (Urteil des BFH vom 8. Dezember 1994 IV R 82/92, BFHE 176,
392, BStBl II 1995, 599; vgl. auch Reiß in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rdn. E
267, 272). Auch im hier vorliegenden Fall einer "Zuzahlung" ins
Sonderbetriebsvermögen hat der Kläger insoweit keine Gesellschaftsrechte erlangt,
sondern außerhalb des Gesamthandvermögen einen unentziehbaren, allein ihm
zustehenden Anspruch. Gesellschafterrechte – und ebenso Haftungsrisiken des Klägers
– bestehen demgegenüber nur in Höhe des Kommanditanteils von 150.000 EUR.
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Die Urteile des BFH vom 26. Januar 1994 III R 39/91 (BFHE 1994, 458, BStBl II 1994,
458) und vom 24. Juni 2009 VIII R 13/07 (BFHE 225, 402, BStBl II 2009, 993) stehen der
o.a. Rechtsprechung zur Zuzahlung ins Privatvermögen nicht entgegen. Der BFH
bestätigt am 24. Juni 1994 seine Rechtsprechung (etwa lt. o. a. Urteil vom 8. Dezember
1994 IV R 82/92, BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599), dass in derartigen Fällen die
Tatbestände der Veräußerung und der Einbringung verbunden würden; hinsichtlich der
Zuzahlung stelle sich der Vorgang als Veräußerung dar. Die weitere dortige Aussage,
dass eine Anwendung des § 24 UmwStG nicht eine Gegenleistung ausschließlich in
Gestalt von Gesellschaftsrechten voraussetze, steht mit der vorliegend vom Senat
bejahten Steuerneutralität (i. S. von § 24 UmwStG) für den "unschädlichen" Teil des
Mischentgelts (Kommanditkapitalanteil 150.000 EUR) im Einklang; zudem liegt die
dortige Konstellation, dass der Unternehmer nicht das gesamte Betriebsvermögen des
ehemaligen Einzelbetriebes eingebracht, sondern hieraus einen Teil zurückbehalten
hat, hier nicht vor. Die in den o. a. Urteilen entschiedene Rechtsfrage der Berechnung
der Vergünstigung nach § 24 Abs. 3 UmwStG stellt sich vorliegend ebenfalls nicht.
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Der auf den Kläger entfallende Buchwert bzw. sein Kapitalkonto bei Einbringung betrug
insgesamt 252.356,12 EUR (Kommanditkapitalanteil 150.000 DM zzgl. "Mehrbetrag"
von unstreitig 102.356,12 EUR). Der steuerschädliche Teil der Einbringung macht
(entsprechend der Darlegung des Beklagten in der Anlage zum Schriftsatz vom 18. Juni
2009 sowie in der mündlichen Verhandlung erörtert; insoweit unbestritten vom Kläger)
2,6306 % aus (Wert der Gegenleistung insgesamt unstreitig 3.890.954,53 EUR; Wert der
vom Kläger zu 60 % erlangten Gesellschaftsrechte unstreitig 3.788.598,41 EUR =
97,3694 %; Darlehensforderung 102.356,12 EUR = 2,6306 %). Die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb berechnen sich demnach wie folgt:
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Veräußerungspreis
102.356,12
EUR
Kapitalkonto des Einzelunternehmers (252.356,12 EUR) x
steuerschädlicher Anteil (2,6306 %)
./. 6.638,48
EUR
Gewinn
95.717,65
EUR.
40
Der Hilfsantrag des Klägers hat keinen Erfolg. Eine Vertagung der mündlichen
Verhandlung kommt nur aus erheblichen Gründen i. S. von § 155 der
Finanzgerichtsordnung –FGO- i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung in Betracht. Ein
derartiger Grund liegt hier bereits deshalb nicht vor, weil in der Verhandlung keine
neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erörtert worden sind – auch nicht etwa
zum Inhalt der Einbringungsbilanz –, zu denen der Kläger einer weiteren Frist zur
Stellungnahme bedurft hätte (vgl. Koch in Gräber, FGO, 7. A., § 91 Rdn. 4). Nachrichtlich
merkt der Senat an, dass die der Entscheidung zugrunde gelegte Einbringungsbilanz
des Kläger keinen eine Bilanzberichtigung i. S. von § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG
rechtfertigenden "Fehler" enthält. Eine demnach zwecks anderweitiger steuerlicher
Gestaltung der Einbringung vom Kläger ggf. in Aussicht genommene bloße
Bilanzänderung i. S. von § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG kann indes grundsätzlich nur bis zur
Einreichung der Bilanz beim Finanzamt erfolgen (Heinicke in Schmidt, EStG, 29. A., § 4
Rdn. 751).
41
Der telefonische Einwand des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. November
2010 (dem Tag nach der mündlichen Verhandlung), angesichts der vorgetragenen
Unwirksamkeit der Einbringung der "Q" GmbH, "D-Stadt", fehle es an einer wirksamen
Eröffnungsbilanz der Beigeladenen, bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung i. S. von § 93 FGO. Die vorliegend vorzunehmende
Beurteilung der gewählten steuerlichen Gestaltung durch die Beigeladene beruht nicht
auf deren Eröffnungsbilanz, sondern auf den Regelungen des Gesellschaftsvertrages
vom 28. Dezember 2002. Dieser Vertrag bestimmt in § 3 Ziffer 3, dass das in der
Schlussbilanz des Einzelunternehmens ausgewiesene Eigenkapital des Klägers,
soweit es den neuen Kommanditanteil (150.000 EUR) übersteigt, als Mehrbetrag
seinem Darlehenskonto gutgeschrieben wird. Damit haben die Gesellschafter den
(wirksamen) Beschluss gefasst, den über 150.000 EUR hinaus gehenden Betrag – in
noch zu beziffernder (und vorliegend erst nach Abschluss der genannten zivilrechtlichen
Verfahren präzise bezifferbarer) Höhe – dem Darlehenskonto des Klägers
gutzuschreiben. An diesen Gesellschafterbeschluss ist die Beigeladene bzw. sind deren
Gesellschafter (auch der Kläger) ungeachtet der (anderweitig, im Bereich der GmbH
begründeten) Unwirksamkeit der Übertragung der GmbH-Anteile gebunden.
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Die Kostenentscheidung folgt, soweit der Kläger unterlegen ist, aus § 135 Abs. 1 FGO.
Soweit der Kläger obsiegt hat, fallen ihm die Kosten nach § 137 FGO ebenfalls zu Last,
weil er die insoweit entscheidungserhebliche Nichtigkeit früherer
Gesellschafterbeschlüsse bereits mit der – schon im Verlauf des
Rechtsbehelfsverfahrens eingetretenen - Rechtskraft der zivilrechtlichen Urteile hätte
vorbringen können und müssen.
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Die Revision war gemäß § 115 Ab. 1 Nr. 1 FGO zuzulassen.
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