Urteil des FG Düsseldorf vom 04.08.2006

FG Düsseldorf: spiel, nachtarbeit, kopie, berufssportler, prämie, zulage, aufteilung, begünstigung, erschwernis, gestaltung

Finanzgericht Düsseldorf, 18 K 2736/04 E
Datum:
04.08.2006
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 K 2736/04 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Streitig ist, inwieweit Prämien eines Fußballspielers nach § 3b des
Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.
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Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als
Lizenzfußfallspieler beim "A"- Verein. Er erhielt ein monatliches Grundgehalt und
verschiedene Prämien, u.a. folgende:
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Eine Jahresleistungsprämie (Tantieme), die als Abschlag pro Einsatz in
Meisterschaftsspielen gezahlt wurde (Einsatzprämie) und ihrer Höhe nach
abhängig von der Ligazugehörigkeit und dem Einsatz in der ersten oder zweiten
Halbzeit war.
Eine Punkteprämie, die jeweils zu Beginn der Saison mit dem Vertreter der
Mannschaft vereinbart wurde. Die Punkteprämie war abhängig vom Spielergebnis.
Sie wurde an die Lizenzspieler gezahlt, die zum Mannschaftskader am Spieltag
gehörten.
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Eine vertragliche Regelung der Arbeitszeit bestand nicht. Wegen der Einzelheiten wird
auf die Kopie des Lizenzspielervertrages und die Anlage zu § 11 (Kopie Bl. 53 bis 64
d.A. 18 K 2736/04 E) Bezug genommen. Die Spiele fanden u.a. dienstags und freitags
um 19 Uhr, sonntags und samstags um 15 Uhr und montags um 20:15 Uhr statt. Wegen
der Einzelheiten bezüglich der Daten und Spielzeiten in den Streitjahren wird auf die
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Aufstellungen des Klägers (Bl. 39 d.A. 18 K 3336/04 E und Bl. 66 bis 69 d.A. 18 K
2736/04 E) Bezug genommen.
Im Kalenderjahr 2001 erhielt der Kläger ein Grundgehalt von 12.500 DM monatlich, eine
Sonderleistungsprämie in Höhe von 10.000 DM und Punkte- sowie Einsatzprämien in
Höhe von 40.150 DM und 99.750 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Aufstellungen des Klägers (Bl. 40 bis 51 und 62 bis 64 d.A. 18 K 3336/04 E) Bezug
genommen. Insgesamt hatte der Kläger Einnahmen in Höhe von 296.736 DM.
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Im Kalenderjahr 2002 erhielt der Kläger ein Grundgehalt in Höhe von 6.391,15 EUR
(Januar bis Juni) bzw. 7.669,38 EUR (ab Juli), eine Sonderleistungsprämie in Höhe von
51.129,19 EUR, Punkteprämien in Höhe von 13.685,66 EUR und Einsatzprämien in
Höhe von 72.092,17 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellungen des
Klägers (Bl. 41 bis 52 und 89 d.A. 18 K 2736/04 E) Bezug genommen. Insgesamt hatte
der Kläger Einnahmen in Höhe von 220.521,68 EUR.
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Die Arbeitgeberin behandelte Gehalt und Prämien als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn.
Der Kläger erklärte diesen zunächst wie auf der Lohnsteuerkarte bescheinigt. Die gegen
die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 eingelegten Einsprüche hatten –
jedenfalls hins. der Frage der steuerfreien Lohnzuschläge – keinen Erfolg.
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Dagegen richteten sich die zunächst für die Streitjahre getrennt erhobenen Klagen. Der
Kläger macht geltend, von dem Bruttoarbeitslohn entfielen im Veranlagungszeitraum
2001 6.666,40 DM und im Veranlagungszeitraum 2002 7.043,60 EUR auf steuerfreie
Lohnzuschläge. Bei der Berechnung des Grundlohnes geht der Kläger von einer
Wochenarbeitszeit von 30 Stunden aus; der Grundlohn pro Stunde beträgt danach
102,56 DM in 2001 und 81,94 EUR bzw. 91,77 EUR in 2002. Wegen der Berechnung
des Grundlohnes wird Bezug genommen auf Bl. 16 f. d.A. 18 K 3336/04 E und Bl. 26
d.A. 18 K 2736/04 E.
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Hinsichtlich der Berechnung, in welchem Umfang diese Prämien nach § 3b EStG
begünstigt sind, führt der Kläger aus: Der Zeitaufwand pro Spieltag betrage acht
Stunden. Die Mannschaft treffe sich zu Meisterschafts- und Pokalheimspielen ca. vier
Stunden vor der Anstoßzeit zur Spielvorbereitung. Nach dem Spiel vergingen zwecks
medizinischer Behandlung und einschließlich der Waschzeiten ca. zwei weitere
Stunden. Bei Auswärtsspielen sei der Zeitaufwand erheblich höher anzusetzen; es
werde meistens einen Tag vor dem Auswärtsspiel angereist. Wegen der Einzelheiten
wird auf die klärgerische Berechnung der steuerfreien Zuschläge auf Bl. 36 f. und 39
d.A. 18 K 3336/04 E bzw. 35 f. und 66 bis 69 d.A. 18 K 2736/04 E Bezug genommen.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Einsatz- und Punkteprämien, sofern die
Arbeitszeit auf Sonn- oder Feiertage bzw. Nachtarbeitszeiten entfalle, nach § 3b EStG
steuerfrei seien. Die Punkteprämie stünde erst nach dem Spiel fest, so dass alle
Punkteprämien zur Nachtzeit oder an Sonntagen erspielt worden seien. Die
Arbeitgeberin zahle auch für tatsächlich vom Kläger geleistete Arbeit. Auch die
Einsatzprämie knüpfe an die tatsächlich geleistete Arbeit des Klägers an bestimmten
Spieltagen an. Die Jahresleistungsprämie werde für 30 Spiele gezahlt. Bestreite der
Spieler weniger als 30 Spiele, verringere sich die Einsatzprämie pro Saison. Weiterhin
sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber gerade wegen der in den Streitjahren
legalen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit für Berufssportler ab dem
Veranlagungszeitraum 2004 die Steuerfreiheit nach § 3b EStG eingeschränkt habe.
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Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 13.09.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 10.05.2004 und den Einkommensteuerbescheid
2002 vom 24.10.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2004
dahin abzuändern, dass die Lohnzuschläge im Jahr 2001 i.H.v. 6.666,40 DM und
die Lohnzuschläge im Jahr 2002 i.H.v. 7.043,60 EUR jeweils steuerfrei belassen
werden;
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Finanzamt ist der Auffassung, der Kläger habe keine Sonntags-, Feiertags- oder
Nachtzuschläge im Sinne des § 3b EStG erhalten. Die Punkteprämien seien nicht für
die Tätigkeit, sondern für einen Erfolg gezahlt worden. Ihr Zweck sei es, die Spieler zu
guten Leistungen zu motivieren, und nicht, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der
Kläger sonntags, feiertags oder nachts arbeite. Auch bei den Einsatzprämien fehle es an
einem ursächlichen Zusammenhang mit der Arbeit an Sonn-, Feiertagen oder zur
Nachtzeit. Hins. der Einsatzprämie folge dies bereits daraus, dass es sich grundsätzlich
um eine Jahresleistungsprämie handele. Die Prämie sei zudem – unabhängig davon,
wann das Spiel stattgefunden habe – immer gleich hoch gewesen.
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Der Senat hat die Verfahren bezüglich Einkommensteuer 2001 und 2002 mit Beschluss
vom 4.8.2006 in der mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung und
Entscheidung verbunden.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2001 und
2002 sind rechtmäßig.
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1. An den Kläger sind keine Lohnzuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nacharbeit
im Sinne des § 3b EStG gezahlt worden. Nach § 3b EStG sind Zuschläge, die für
tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn
gezahlt werden, unter weiteren Voraussetzungen steuerfrei. Der Kläger hat zwar
unstreitig Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit im Sinne des § 3b Abs. 2 S. 2 und 3
EStG geleistet. Die Einsatz- und Punkteprämien stellen auch grundsätzlich Zulagen
neben dem Grundlohn dar. Darüber hinaus setzt § 3b EStG jedoch voraus, dass die
Zuschläge gerade die mit den ungünstigen Arbeitszeiten verbundenen Erschwernisse
vergüten sollen (von Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3b EStG
Rn. B16 ff.). An einer entsprechenden Zweckbestimmung der Prämien fehlt es im
Streitfall.
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Hinsichtlich des Feststellung dieser Zweckbestimmung der Zulagen kommt es nicht auf
die vertragliche Bezeichnung der Zulage oder ihre ausdrückliche betragsmäßige
Festlegung an, sondern darauf, ob aus der vertraglichen Grundlage ein Zuschlag für den
steuerfreien Erschwernisgrund dem Grunde und der Höhe nach abgeleitet werden kann
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(Bundesfinanzhof –BFH– Urteil vom 13.10.1989 VI R 79/86, BStBl. II 1991, 8 sowie
Beschluss vom 4.11.2004 VI B 175/03, BFH/NV 2005, 346). Daran fehlt es im Streitfall.
Wenn auch in den Streitjahren bei Berufssportlern eine entsprechende vertragliche
Gestaltung möglich gewesen wäre, nach der die Arbeit zu den nach § 3b EStG
begünstigten Zeiten steuerfrei zusätzlich vergolten worden wäre, so haben der Kläger
und seine Arbeitgeberin im Streitfall eine solche Vereinbarung gerade nicht getroffen.
Im Einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden:
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a) Einsatzprämie/ Jahresleistungsprämie
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Die Einsatzprämie knüpft zwar an einen bestimmten Spiel-Einsatz eines Spielers an
und hat insoweit wenigstens im weitesten Sinne einen Bezug zu den Arbeitzeiten eines
Fußballspielers. Entscheidend ist, dass ein Zusammenhang zwischen der
Prämienzahlung und der tatsächlichen Arbeit zu den nach § 3b EStG begünstigten
Zeiten nicht festgestellt werden kann. Die Einsatzprämie wird unabhängig davon
gezahlt, ob bzw. in welchem Umfang ein Spiel zu den nach § 3b EStG begünstigten
Zeiten stattgefunden hat. Es ist auch nicht so, dass die Spiele ausschließlich oder
nahezu ausschließlich zu den nach § 3b EStG begünstigten Zeiten stattgefunden
hätten. Vielmehr dient die Einsatzprämie erkennbar als Leistungs-Anreiz für die Spieler
und hat nichts mit den ungünstigen Arbeitszeiten zu tun. Es fehlt daher an der gem. § 3b
EStG vorausgesetzten Zweckbestimmung eines Zuschlags, die mit den ungünstigen
Arbeitzeiten verbundene Erschwernis zu vergüten.
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b) Punkteprämie
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Hins. der Punkteprämie ist schon gar nicht ersichtlich, dass sie überhaupt für die zu
bestimmten Zeiten tatsächliche geleistete Arbeitszeit – als Zeitzuschlag – und nicht
vielmehr für einen Erfolg des Spielers bzw. der Mannschaft gezahlt wurde. Jedenfalls
wurden die Punkteprämien – wie die Einsatzprämie – vollkommen unabhängig von der
Dauer oder zeitlichen Lage der Spiele an Sonn- oder Feiertagen bzw. zur Nachtzeit
gezahlt. Sie wurde nicht wegen der ungünstigen Arbeitszeit gezahlt. Vielmehr stand
auch insofern der Gesichtspunkt des Leistungsanreizes eindeutig im Vordergrund.
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Soweit der Kläger demgegenüber darauf hinweist, dass das Spielergebnis erst nach
Spielende und damit, sofern nicht ohnehin an Sonn- oder Feiertagen, so doch jedenfalls
erst zur Nachtzeit i.S.d. § 3b Abs. 2 EStG feststehe, so kann dies nicht zu einem
anderen Ergebnis führen. Aus dem Umstand, dass die fraglichen Spiele zur Nachtzeit
endeten, folgt nicht, dass die Punkteprämie für Feiertags-, Sonntags- und Nachtarbeit
gezahlt würde. Zwar stand die Höhe der Punkteprämie selbstverständlich erst nach
Spielende fest; die Spielzeit erstreckte sich jedoch dessen ungeachtet auch z.T. auf
nicht begünstigte Zeiten. Letztlich bestätigt der Einwand des Klägers damit nur, dass es
für die Punkteprämie unerheblich war, wann das Spiel stattfand.
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c) Für die Begünstigung der Einsatz- und Punkteprämien nach § 3b EStG genügt es
nicht, dass die Spiele überwiegend in den nach § 3b EStG begünstigen Zeiten
stattgefunden haben (vgl. BFH Urt. v. 24.11.1989 VI R 92/88, BStBl. II 1990, 315 Tz. 14
bei juris; siehe auch FG Münster Urt. v. 30.1.1991 12 K 5094/89 E – nur Tenor – bei
juris). Eine nachträgliche rechnerische Ermittlung der Zeiten, die nach § 3b EStG
begünstigt sind, und eine entsprechende Aufteilung der Prämien kann die Vereinbarung
von besonderen Zulagen für die gesetzlich privilegierten Erschwernisgründe neben dem
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Grundlohn nicht ersetzen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der
Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.
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