Urteil des FG Düsseldorf vom 23.01.2001

FG Düsseldorf (Verrechnung, Bilanzstichtag, Geschäftsjahr, Einkünfte, Einspruch, Gesellschaftsvertrag, Verfügung, Befund, Gesellschaftsvermögen, Innenverhältnis)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 12 K 3294/96 F
23.01.2001
Finanzgericht Düsseldorf
12. Senat
Urteil
12 K 3294/96 F
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e:
Die Beteiligten streiten um die Ausgleichsfähigkeit eines Verlustes nach § 15a
Einkommensteuergesetz -EStG-.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Alleinige Kommanditistin mit einer eingezahlten
Einlage von 1 Mio. DM war bis zum 28.09.1994 die "A"-bank GmbH & Co. KG; alleinige
und nach dem Gesellschaftsvertrag nicht am Verlust der Klägerin beteiligte
Komplementärin ist die "A"-leasing Beteiligungs-GmbH. Das vom Kalenderjahr
abweichende Wirtschaftsjahr der Klägerin endet jeweils zum 30.September. Am
27.09.1993 erteilte die Kommanditistin der Klägerin folgende schriftliche Erklärung:
"Hierdurch erklären wir uns bereit, den auf uns entfallenden Jahresverlust im
Geschäftsjahr 1992/1993 von ca. 13 Mio. DM in voller Höhe zu übernehmen. Nach Prüfung
durch den Wirtschaftsprüfer schreiben wir Ihrem Verrechnungskonto den entsprechenden
Betrag mit Valuta 30.09.1993 gut."
Die Klägerin erwirtschaftete im Geschäftsjahr 1992/1993 einen Verlust in Höhe von
14.313.779,45 DM. Hiervon übernahm die Kommanditistin aufgrund der vorgenannten
Vereinbarung einen Betrag in Höhe von 13.098.419,53 DM im Wege der Verrechnung.
Unter Anwendung des § 15a EStG stellte der Beklagte einen verrechenbaren Verlust fest
und ermittelte das Kapitalkonto der Kommanditistin wie folgt:
DM
DM
Kommanditeinlage
1.000.000
abzgl. Verrechnungskonto - Forderung aus laufender
Verrechnung - Verlustübernahme
6.347.329
13.098.419
19.535.748
abzgl. Verlust aus Ergänzungsbilanzen
2.005.362
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Kapital zum 30.09.1993
./.
16.530.386
Gegen den Feststellungsbescheid vom 25.01.1995 erhob die Klägerin am 23.02.1995
Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, daß die von der Kommanditistin erklärte
Verlustübernahme zu einem ausgleichsfähigen Verlust geführt habe. Die Erklärung vom
27.09.1993 sei ein abstraktes Schuldversprechen und als einlagefähiger
Vermögensgegenstand zu werten. Die entsprechende Einlage sei bereits vor Ablauf des
Geschäftsjahres erfolgt. Hilfsweise handele es sich um einen Geschäftsvorfall außerhalb
des Gesellschaftsverhältnisses, der keinen Einfluß auf das Kapitalkonto der
Kommanditistin habe. Desweiteren komme in Betracht, die Erklärung vom 27.09.1993 als
Änderung des Gesellschaftsvertrages anzusehen, welche zu einer -durch die Verrechnung
erfüllten- Nachschußpflicht der Kommanditistin führe. Im übrigen sei die Saldoermittlung
des Verrechnungskontos fehlerhaft, da eine Forderung aus laufender Verrechnung in Höhe
von ca. 6 Mio. DM nicht in die Berechnung des negativen Kapitalkontos einzustellen sei.
Am 09.01.1996 erließ der Beklagte einen inhaltsgleichen Feststellungsbescheid 1993
gegen die Kommanditistin, die hiergegen ebenfalls Einspruch erhob. Im Rahmen der hier
wegen der näheren Einzelheiten in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung vom
17.05.1996 änderte der Beklagte die bisherigen Feststellungen gegenüber der Klägerin
und der Kommanditistin dahingehend, daß er den Verlust mit 14.313.779 DM ansetzte und
hiervon 3.005.362 DM als ausgleichsfähig und 11.308.417 DM als verrechenbar feststellte.
Im übrigen wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der verbleibende
Verlustanteil in Höhe von 11.308.417 DM sei nach § 15a Abs. 4 EStG nicht
ausgleichsfähig. Selbst wenn die Verlustübernahmeerklärung als wirksam zu qualifizieren
sei, fehle es an einer tatsächlichen Einlageleistung. Nach § 167 Abs. 3 Handelsgesetzbuch
-HGB- nehme der Kommanditist nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils und seiner noch
rückständigen Einlage am Verlust der Gesellschaft teil. Zur Abdingung dieser Vorschrift sei
eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich. Dies habe die einseitige
Verlustübernahmeerklärung nicht bewirkt, da die nach dem Gesellschaftsvertrag
erforderlichen Formalitäten nicht erfüllt seien. Selbst wenn eine zivilrechtlich wirksame
Änderung des Gesellschaftsvertrages vorliege, stehe § 15a EStG einer Verrechenbarkeit
des Verlustes entgegen, da die Kommanditistin die Einlage nicht bis zum Abschluß des
Wirtschaftsjahres geleistet habe.
Mit der am 05.06.1996 beim Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin
die Anerkennung des Gesamtverlustes als verrechenbar. Zur Begründung trägt sie vor, daß
im Hinblick auf die Verlustübernahme für die Kommanditistin kein negatives Kapitalkonto
entstanden sei. Zum einen habe eine wirksame Änderung des Gesellschaftsvertrages und
daher eine Abbedingung des § 167 Abs. 3 HGB stattgefunden. Zum anderen sei die
Verlustübernahmeerklärung am Bilanzstichtag 30.09.1993 handelsrechtlich als Ertrag zu
qualifizieren und steuerrechtlich mangels abweichender Vorschriften dem
Maßgeblichkeitsgrundsatz folgend entsprechend zu behandeln.
Der Beklagte hat am 12.02.1999 auf der Grundlage der Ergebnisse einer Außenprüfung
einen geänderten Feststellungsbescheid 1993 erlassen und einen Gesamtverlust in Höhe
von 14.324.266 DM (hiervon 11.318.904 DM verrechenbar) festgestellt und der
Kommanditistin zugerechnet. Die Klägerin hat den Antrag nach § 68
Finanzgerichtsordnung -FGO- gestellt und beantragt nunmehr,
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1. den geänderten Feststellungsbescheid 1993 zu ändern und den ausgleichsfähigen
Verlust 1993 auf 14.324.266 DM festzustellen und der Kommanditistin zuzurechnen;
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, daß
die dort getroffenen Rechtsausführungen vom Bundesfinanzhof -BFH- im Urteil vom
14.12.1995 IV R 106/94 bestätigt worden seien. Nach dieser Entscheidung führe selbst
eine zivilrechtlich wirksame Verlustübernahmeerklärung nicht zu einer erweiterten
Ausgleichsmöglichkeit nach § 15a EStG.
Die Höhe der von der Klägerin im Streitjahr erzielten Einkünfte ist zwischen den Beteiligten
unstreitig, verfahrensgegenständlich ist daher nur der mit dem Bescheid über die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verbundene Bescheid über die
Feststellung des verrechenbaren Verlustes 1993. Die hiergegen gerichtete Klage ist
unbegründet; denn der Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids vom 12.02.1999 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am
Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb
noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein
negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch
nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Im Streitfall ist im Wirtschaftsjahr 1993 ein
Verlust in der zwischen den Beteiligten unstreitigen Höhe von 14.324.266 DM entstanden,
der nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen der Klägerin in voller Höhe auf die
Kommanditistin entfiel und für diese ein negatives Kapitalkonto in Höhe von 11.318.904
DM entstehen ließ. Nach der eingangs zitierten Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG
kommt in dieser Höhe ein Ausgleich des Verlustes mit anderen Einkünften der
Kommanditistin nicht in Betracht. Der Verlust ist nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert
festzustellen, diese Feststellung kann -wie vorliegend geschehen- nach Satz 5 der
Vorschrift mit der Feststellung der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte verbunden
werden.
Die schriftliche Erklärung der Kommanditistin vom 27.09.1993 ändert an diesem Befund
nichts; denn sie führt nicht zu einem erweiterten Verlustausgleich.
Der ausgleichsfähige Verlust ist nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich auf die Höhe
der tatsächlich bereits geleisteten Einlage beschränkt. Entgegen der Auffassung der
Klägerin war die hier in Rede stehende Einlage zum Bilanzstichtag 30.09.1993 noch nicht
geleistet. Ob eine Einlage tatsächlich geleistet ist, bestimmt sich nach handelsrechtlichen
Grundsätzen. §15 a EStG knüpft insoweit an die in §171 Abs. 1 HGB getroffene Regelung
an. Der steuerrechtliche Anspruch des Kommanditisten auf Verlustausgleich soll seiner
gesellschaftsrechtlichen Haftung angeglichen werden (vgl. BFH vom 28.05.1993 VIII B
11/92 BStBl 1993 II 665). Eine Einlage ist i. S. von §171 Abs. 1 HGB dann
haftungsbefreiend, wenn der Kommanditist der Gesellschaft einen der Einlage
entsprechenden Betrag zur Verfügung gestellt hat. Der Gegenwert muß in das Vermögen
der Gesellschaft fließen. Dementsprechend ist auch eine Einlage i. S. von §15 a EStG erst
dann geleistet, wenn dem Gesellschaftsvermögen von außen etwas zugeflossen ist, was
das Vermögen und damit die Deckungsunterlage für die Gläubiger erhöht (BFH vom
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16.12.1997 VIII R 76/93 BFH/NV 1998 576). Vorliegend begründete die Erklärung vom
27.09.1993 lediglich im Innenverhältnis die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übernahme
eines in seiner genauen Höhe noch zu bestimmenden Verlustes und damit zu einer
Einlage. Die hieraus folgende Einlageverpflichtung der Kommanditistin war am
Bilanzstichtag 30.09.1993 noch nicht erfüllt.
Die aus der Erklärung vom 27.09.1993 folgende schuldrechtliche Verpflichtung, den Verlust
der Klägerin zu übernehmen, ermöglicht keinen über die Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 1
EStG hinausgehenden Verlustausgleich.
Die vertragliche Verpflichtung des Klägers zu 2, Verluste der Klägerin zu 1 bis zur Höhe
von 500 000 DM abzudecken, kann auch nicht in der Weise zu einem (erweiterten)
Verlustausgleich führen, daß diese Verpflichtung durch Passivierung einer Rückstellung in
der Sonderbilanz der Kommanditistin erfaßt wird, für welche die Beschränkungen des
Verlustausgleichs nach §15 a EStG nicht gelten; denn die Verpflichtung zur Leistung einer
Einlage wirkt -wie auch die Erfüllung dieser Verpflichtung- erfolgsneutral (vgl. BFH vom
16.12.1997 VIII R 76/93 a. a. O.).
Die Revision war nicht zuzulassen; denn Revisionsgründe wurden von der Klägerin nicht
vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO