Urteil des FG Düsseldorf vom 04.05.2005

FG Düsseldorf: einvernehmliche regelung, gestaltung, beachtliche gründe, gemeinschaftliches testament, pflichtteil, nachlass, verzicht, erwerb, missbrauch, freibetrag

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 247/03 Erb
04.05.2005
Finanzgericht Düsseldorf
4. Senat
Urteil
4 K 247/03 Erb
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger sind die Kinder der Eheleute A und B . Diese errichteten am 20. November 1980
ein gemeinschaftliches Testament, mit dem sie sich gegenseitig als Erben einsetzten.
Erben des Überlebenden von ihnen sollten die Kläger zu gleichen Teilen sein. Unter 3. des
Testaments bestimmten die Eltern der Kläger:
"Falls eines unserer Kinder beim Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil begehrt,
soll es beim Tode des Überlebenden von uns auch nur den Pflichtteil erhalten".
Der Vater der Kläger verstarb zwischen dem 17. und 18. November 1996. Am 18.
Dezember 1996 unterzeichneten die Kläger und ihre Mutter eine Vereinbarung folgenden
Inhalts:
"Die Parteien vereinbaren, dass Frau B an die Erschienenen zu 2. und 3. - ihre Kinder -
je einen Abfindungsbetrag in Höhe von DM 100.000 zahlt. Dieser Abfindungsbetrag wird
von Frau B dafür gezahlt, dass Frau C und Herr D auf die Geltendmachung von
Pflichtteilsansprüchen nach dem am 18. November 1996 verstorbenen Vater verzichten.
Die jeweiligen Abfindungsbeträge sind fällig zur Zahlung nach dem Ableben von Frau B ".
Die Mutter der Kläger machte die Abfindungsbeträge als Nachlassverbindlichkeiten
geltend. Dies lehnte das seinerzeit für die Besteuerung noch zuständige Finanzamt mit
Schreiben vom 16. April 1998 unter Hinweis darauf ab, dass die Abfindungszahlungen erst
nach ihrem Ableben zu berücksichtigen seien und dann zum Nutzen ihrer Erben zu einer
Änderung der Steuerfestsetzung führen würden. Dementsprechend setzte das Finanzamt
gegen die Mutter der Kläger letztmalig mit Bescheid vom 17. August 1998 Erbschaftsteuer
fest, ohne die Abfindungsbeträge erwerbsmindernd zu berücksichtigen. Dabei ging es von
einem steuerpflichtigen Erwerb von (abgerundet) 72.300 DM aus.
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Die Mutter der Kläger (Erblasserin) verstarb am 21. November 2000 und wurde ausweislich
des Erbscheins des Amtsgerichts vom 2. Februar 2001 von den Klägern zu jeweils 1/2
Anteilen beerbt. In seiner Erbschaftsteuererklärung vom 10. Oktober 2001 machte der
Kläger unter anderem die Abfindungsbeträge von insgesamt 200.000 DM als
Nachlassverbindlichkeiten geltend. Dem folgte das beklagte Finanzamt nicht und setze
gegen die Kläger mit Bescheiden vom 29. Oktober 2001 jeweils 31.185 DM
Erbschaftsteuer fest.
Mit ihrem gegen diese Bescheide eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend: Die
Erblasserin habe ihnen nach dem Tode ihres Vaters eine Abfindung von jeweils 100.000
DM zugesagt. Diese Beträge seien nicht ausgezahlt, sondern auf Grund der mit ihr
abgeschlossenen Vereinbarung erst nach ihrem Ableben zur Zahlung fällig gestellt
worden. Sie sei mit ihnen übereingekommen, dass ihnen als Kinder nach dem Tode ihres
Vaters ein Pflichtteil habe zustehen sollen. Dementsprechend sei eine einvernehmliche
Regelung über den Pflichtteil getroffen worden, ohne dass der Schutzzweck der
Strafklausel des gemeinschaftlichen Testaments berührt worden wäre. Wären die 200.000
DM seinerzeit ausgezahlt worden, wäre der ihnen verbliebene Nachlass entsprechend
geringer. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
(ErbStG) seien die Beträge als von ihrem Vater zugewendet anzusehen und könnten nicht
nochmals als von der Erblasserin vererbt angesetzt werden.
Nachdem das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen die Kläger mit Bescheiden
vom 20. März 2002 wegen zwischenzeitlich erfolgter Feststellung des Grundbesitzwertes
für das zum Nachlass gehörende Grundstück V auf jeweils 15.832 EUR neu festgesetzt
hatte, wies es ihre Einsprüche mit Entscheidungen vom 16. Dezember 2002 zurück. Zur
Begründung führte es aus: Ein Verzicht auf die Geltendmachung eines
Pflichtteilsanspruchs könne steuerlich nur anerkannt werden, wenn er seinen Rechtsgrund
im Erbrecht habe. Dies setze voraus, dass er tatsächlich zur Abwendung der
Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs vereinbart worden sei. Es bestünden jedoch
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin die Geltendmachung von
Pflichtteilsansprüchen haben abwenden müssen. Auf Grund der testamentarischen
Anordnungen habe sie nicht ernstlich mit einer Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen
durch die Kläger rechnen müssen. Die Erblasserin habe die Vereinbarung mit den Klägern
über die Abfindungen freiwillig getroffen, um sie am Nachlass nach ihrem Vater zu
beteiligen. Dabei habe sie keine Zahlungsverpflichtung übernommen. Den Klägern sei im
Ergebnis etwas eingeräumt worden, worauf sie bereits auf Grund des gemeinschaftlichen
Testaments einen Anspruch gehabt hätten. Es liege daher eine Zuwendung der
Erblasserin vor, die eine entsprechende Nachlassverbindlichkeit mindere.
Die Kläger haben am 16. Januar 2003 Klage erhoben. Mit Bescheiden vom 22. Juli 2003
hat das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen sie auf jeweils 15.444 EUR neu
festgesetzt, indem es die Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG gewährt hat.
Die Kläger tragen vor: Bei der mit der Erblasserin vereinbarten Abfindungszahlung handele
es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die noch aus dem Erbe nach ihrem
vorverstorbenen Vater herrühre. Die testamentarische Strafklausel sei im Streitfall
unerheblich, weil sie sich nicht bewusst gegen den Willen ihres Vaters aufgelehnt hätten.
Sie hätten vielmehr eine einvernehmliche Regelung über ihren Pflichtteil getroffen. Dabei
hätten sie von vornherein nur einen Teil ihres Pflichtteilsanspruchs in der Annahme geltend
machen wollen, dass ihnen ein Freibetrag von jeweils 100.000 DM zugestanden habe. Die
mit der Erblasserin getroffene Vereinbarung habe auch eine wirtschaftliche Bedeutung
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gehabt. Sie sei als unbeschränkte Erbin keinen Verfügungsbeschränkungen ausgesetzt
gewesen. Der Nachlass nach ihrem Vater sei deshalb für sie nicht gesichert gewesen. Ein
Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten habe nicht vorgelegen. Es sei eine
zivilrechtlich zulässige Gestaltungsmöglichkeit wahrgenommen worden.
Die Kläger beantragen,
die Erbschaftsteuerbescheide vom 22. Juli 2003 dahingehend zu ändern, dass
Nachlassverbindlichkeiten von jeweils 100.000 DM erwerbsmindernd berücksichtigt
werden.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: Mit der am 18. Dezember 1996 getroffenen Vereinbarung
hätten die Kläger keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht. Sie hätten nach ihrem
eigenen Vorbringen nicht die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tode ihres
Vaters verlangt. Die mit der Erblasserin abgeschlossene Vereinbarung habe keine
wirtschaftliche Bedeutung gehabt und könne daher nur als Scheingeschäft angesehen
werden. Denn auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments habe festgestanden, dass die
Kläger Schlusserben werden würden. Ferner sei die Erblasserin durch die
Enterbungsklausel vor einer Schmälerung des Nachlasses geschützt gewesen. Eine
steuerliche Berücksichtigung der Abfindungsvereinbarung scheide zudem deshalb aus,
weil sie für die Erblasserin im Zeitpunkt ihres Ablebens keine wirtschaftliche Belastung
dargestellt habe. Überdies stehe § 42 der Abgabenordnung (AO) einem Abzug als
Nachlassverbindlichkeit entgegen. Wegen der vereinbarten Fälligkeitsbestimmung strebten
die Kläger in Wirklichkeit keine Teilhabe an dem Nachlass ihres vorverstorbenen Vaters
an, weil sie sich mit dem zufrieden gäben, was beim Tode der Erblasserin noch vorhanden
sei. Ein Erwerb in dieser Höhe falle ihnen jedoch auch ohne Abfindungszahlung an. Ein
außersteuerlicher Zweck für die getroffene Vereinbarung sei nicht ersichtlich.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klage ist unbegründet. Die Erbschaftsteuerbescheide vom 22. Juli 2003, die gemäß §
68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sind,
sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Das beklagte Finanzamt hat die Erbschaftsteuer in zutreffender Höhe gegen sie festgesetzt.
Das beklagte Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger die Erblasserin
beerbt haben, wie sich dies aus dem Erbschein des Amtsgerichts vom 2. Februar 2001
ergibt (§ 2365 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -). Ihr Erwerb durch Erbanfall unterliegt
deshalb nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer. Der Senat
ist mit den Beteiligten der Auffassung, dass die Pflichtteilsklausel unter 3. des Testaments
vom 20. November 1980 im Streitfall nicht zum Tragen kommt. Denn die Kläger haben
nach dem Ableben ihres Vaters nicht bewusst in Kenntnis der Verwirkungsklausel den
Pflichtteil von der Erblasserin verlangt (hierzu Bayerisches Oberstes Landesgericht,
Beschluss vom 20. Januar 2004 1Z BR 134/02, BayObLGZ 2004, 5, NJW-RR 2004, 654).
Sie haben im Gegenteil in der am 18. Dezember 1996 unterzeichneten Vereinbarung auf
die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen verzichtet.
Die Abfindungsbeträge von jeweils 100.000 DM können nicht als von der Erblasserin
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herrührende Schulden (§ 1967 Abs. 2 BGB) gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG von dem
Erwerb der Kläger abgezogen werden. Dem steht § 42 Abs. 1 AO entgegen. § 42 AO ist
auch im Erbschaftsteuerrecht anwendbar (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 24. Mai
2000 II B 74/99, BFH/NV 2001, 162).
Durch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz
nicht umgangen werden (§ 42 Abs. 1 Satz 1 AO). Von einer Umgehung ist auszugehen,
wenn eine Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel -
unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst
beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Eine rechtliche Gestaltung ist
unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorgegebene typische
Gestaltung zur Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, sondern hierfür
einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das
Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein soll. Die Unangemessenheit einer
Rechtsgestaltung tritt insbesondere zutage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck
dient (BFH, Urteil vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BFHE 202, 219, BStBl II 2003, 854; Urteil
vom 17. Dezember 2003 IX R 60/98, BFHE 204, 485, BStBl II 2004, 646). So liegt es im
Streitfall.
Die zwischen den Klägern und der Erblasserin getroffene Vereinbarung über die Zahlung
einer Abfindung für den Verzicht auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen ist
unangemessen, soweit die Abfindungsbeträge hiernach erst nach ihrem Ableben fällig
werden sollten. Denn auf Grund der testamentarisch bereits festgelegten Erbfolge stand
fest, dass die Kläger als Schlusserben die Abfindungsbeträge wegen der durch die
Gesamtrechtsnachfolge eingetretenen zivilrechtlichen Konfusion ohnehin nicht - an sich
selbst - zahlen mussten. Die Erblasserin hatte für den Verzicht auf die Geltendmachung der
Pflichtteilsansprüche im Ergebnis selbst nichts mehr zu zahlen.
Nach Überzeugung des Senats sollte die gewählte Gestaltung auch ausschließlich der
Steuerminderung dienen. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt
und ergibt sich im Übrigen aus Folgendem: An sich hätte die Zahlung einer Abfindung für
den Verzicht auf die in der Person der Kläger entstandenen Pflichtteilsansprüche (§ 2303
Abs. 1 BGB) noch durch die Erblasserin im Erbfall nach dem vorverstorbenen Vater als
Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG berücksichtigt werden
müssen (BFH-Urteil vom 18. März 1981 II R 89/79, BFHE 133, 79, BStBl II 1981, 473;
Gebel in Troll, ErbStG § 3 Rdnr. 332, 338). Denn bei den Abfindungsbeträgen hätte es sich
gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG um von dem Vater der Kläger zugewendete Erwerbe von
Todes wegen gehandelt. Die Fälligkeitsbestimmung in der Vereinbarung vom 18.
Dezember 1996 bewirkte nicht nur, dass ein Abzug als Nachlassverbindlichkeit nach § 10
Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ausschied, weil die Abfindungsbeträge der Erblasserin nicht
mehr als Kosten entstanden sind, die im Zusammenhang mit der Erlangung ihres Erwerbs
standen. Mit dieser Fälligkeitsbestimmung wurde vielmehr ersichtlich auch das Ziel
verfolgt, die Verpflichtung zur Zahlung der Abfindungsbeträge in den Erbfall nach der
Erblasserin als von dieser herrührende Schulden (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) zu verlagern,
damit sie sich dort weitaus mehr nachlasswertmindernd auswirken konnte. Dies beruht
nicht nur auf dem Umstand, dass im Erbfall nach der Erblasserin erwartungsgemäß ein
größeres Gesamtvermögen vererbt werden würde als im Erbfall nach dem vorverstorbenen
Vater. Die Kläger hatten auch deshalb mit einer höheren Steuerbelastung zu rechnen, weil
sie einen geringeren Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG und überhaupt keinen
Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG beanspruchen konnten. So hätten sich die
vereinbarten Abfindungsbeträge von insgesamt 200.000 DM im Erbfall nach dem
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vorverstorbenen Vater nach dem Erbschaftsteuerbescheid vom 17. August 1998 nur noch
in Höhe von (abgerundet) 72.300 DM erwerbsmindernd ausgewirkt, während sie sich im
Erbfall nach der Erblasserin in voller Höhe für die Kläger erwerbsmindernd auswirken
würden. Im Ergebnis würde die gewählte Gestaltung neben der bereits zugebilligten
Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG zu einer weiteren Steuerermäßigung führen, ohne
dass die Kläger die vereinbarten Abfindungsbeträge tatsächlich zahlen mussten. Diese
machen sich vielmehr die Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG zunutze. Die Kläger weisen zwar
zu Recht darauf hin, dass die Erblasserin auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments
keinen Verfügungsbeschränkungen unterlag. Gleichwohl konnten sie bereits bei Abschluss
der Vereinbarung vom 18. Dezember 1996 davon ausgehen, dass sich die
Abfindungsbeträge wegen der geringeren Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG und eines
fehlenden Versorgungsfreibetrags nach § 17 Abs. 1 ErbStG im Erbfall nach ihrer Mutter
weitaus mehr nachlasswertmindernd auswirken würden als im Erbfall nach ihrem
vorverstorbenen Vater.
Die gewählte Gestaltung ist auch nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche
nichtsteuerliche Gründe zu rechtfertigen. Unbeschadet dessen, dass der Kläger in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, die mit der Erblasserin getroffene Vereinbarung
habe ausschließlich der Steuerminderung dienen sollen, bestand keine Notwendigkeit,
Abfindungsbeträge zuzusagen, die erst nach dem Ableben der Erblasserin fällig werden
sollten. Auf Grund der testamentarischen Verwirkungsklausel musste sie nicht ernsthaft mit
einer Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die Kläger rechnen. Diese haben
nach ihrem Vortrag auch keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, sondern eine
einvernehmliche Regelung mit der Erblasserin getroffen. Insbesondere hatte die
Fälligkeitsbestimmung auf den Zeitpunkt nach dem Ableben der Erblasserin keinen
sinnvollen wirtschaftlichen Grund. Nach dem gemeinschaftlichen Testament konnten die
Beteiligten davon ausgehen, dass die Kläger Schlusserben werden würden und sie als
Gesamtrechtsnachfolger durch die Abfindungsbeträge nicht wirtschaftlich belastet würden.
Die von der Erblasserin in der Vereinbarung vom 18. Dezember 1996 übernommene
Verpflichtung zur Zahlung der Abfindungsbeträge erlosch zivilrechtlich durch das
Zusammentreffen von Recht und Verbindlichkeit in der Person der Kläger.
Die Kläger haben auch mit der erforderlichen Missbrauchsabsicht gehandelt. Bei einer den
wirtschaftlichen Verhältnissen unangemessenen Gestaltung spricht eine tatsächliche
Vermutung für die Missbrauchsabsicht des Steuerpflichtigen, wenn für diese Gestaltung -
wie im Streitfall - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (BFH, Urteil vom 7.
Juli 1998 VIII R 10/96, BFHE 186, 534, BStBl II 1999, 729; Urteil vom 18. März 2004 III R
25/02, BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787).
Liegt ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor, entsteht der
Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen
rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 As. 1 Satz 2 AO). Das hat zur Folge, dass die Kläger
die vereinbarten Abfindungsbeträge jedenfalls nicht im Erbfall nach der Erblasserin
nachlasswertmindernd geltend machen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 138 Abs. 2 Satz 2, 137 Satz 1 FGO.
Soweit das beklagte Finanzamt dem Klagebegehren entsprochen hat, hätten die Kläger die
Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG früher darlegen können
und sollen.
Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.