Urteil des FG Düsseldorf vom 28.06.2005

FG Düsseldorf: einkünfte, unterhaltsaufwendungen, bestreitung, belastung, verkehrswert, grundstück, verwertung, einspruch, unterhaltspflicht, kapitalwert

Finanzgericht Düsseldorf, 17 K 1731/03 E
Datum:
28.06.2005
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 K 1731/03 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Kläger und der Beklagte streiten darum, ob Zahlungen der Kläger an die Tochter der
Klägerin, Frau T, als Unterhaltszahlungen i.S.v. § 33 a EStG Einkommensteuergesetz -
EStG - zu berücksichtigen sind.
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Die Tochter der Klägerin wurde am 22.04.1967 geboren. Sie hat zwei minderjährige
Kinder.
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Die Tochter der Klägerin ist seit November 1999 Eigentümerin eines land- und
forstwirtschaftlichen Betriebs, zu dem Grund und Boden (ca. 4.76 ha), Gebäude, Traktor,
Anhänger, Silo und vier Pferde gehören. Der Kaufpreis für diesen Betrieb betrug
349.000 DM. Bei Kauf des Betriebs übernahm Frau T eine Grundschuld i.H. des
Kaufpreises.
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Außerdem hält die Tochter seit November bzw. Dezember 1999 (Vertrag vom
20.12.1999, URNr. und Vertrag vom 04.11.1999, Miteigentumsanteile i.H.v. 50 % an den
Mietwohngrundstücken I-straße 1,2 und 3 und dem sonstig bebauten Grundstück I-
straße. Laut Kaufvertrag beträgt der Wert des maßgeblichen Grundbesitzes 826.362 DM
(2* 413.181 DM). Auf Grund einer Veräußerungs- und Belastungssperre, die bis zum
Tode der Klägerin gilt, kann der Grundbesitz nicht verwertet werden (Punkt VI des
Vertrags vom 20.12.1999). Außerdem besteht lebenslänglicher Nießbrauch zu Gunsten
der Klägerin sowie zu Gunsten von Herrn M. Der Kapitalwert der Nießbrauchsrechte
beträgt nach der Ermittlung des Finanzamtes:
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Einheitswert DM
DM
I-str. 1, Mietwohngrundstück
123.700
I-str. 2, Mietwohngrundstück
74.700
I-str. 3, Mietwohngrundstück
123.700
I-str., sonstig bebautes Grundstück
26.900
Summe der Einheitswerte
349.000
§ 121 a BewG 140 %
488.600
§ 16 BewG, Begrenzung
26.268
Maximaler Jahreswert
26.268
Aufteilung
Anteil Kläger
Anteil M
13.134
13.134
Vervielfältiger (Anlage 9 zum BewG)
13,62 (47 Jahre)
10,987 (58 Jahre)
Kapitalwert
178.885
144.303
Wert der übertragenen Objekte
413.181
413.181
Verbleibender Wert
234.296
268.878
Summe 503.174 DM
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Die Kläger leisteten an die Tochter der Klägerin Zahlungen für die Bestreitung ihres
Unterhalts i.H.v. 12.000 DM. Außerdem trugen die Kläger Zinsen und
Tilgungsleistungen auf die Darlehensverbindlichkeiten, welche die Tochter im
Zusammenhang mit dem Erwerb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
übernommen hatte, in Höhe von 35.625 DM.
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Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2000 berücksichtigte das Finanzamt
die Zahlungen an die Tochter T auf Grund des Vermögens der Tochter nicht als
außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 a EStG.
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Daraufhin legten die Kläger gegen den Bescheid des Finanzamtes Einspruch ein und
beantragten erneut die Anerkennung der Unterhaltsleistungen. Zur Begründung wiesen
sie darauf hin, dass die Tochter gegenüber den Klägern einen gesetzlichen
Unterhaltsanspruch habe, soweit sie ihren Unterhalt nicht aus eigenem Einkommen und
Vermögen bestreiten könne. Unstreitig sei, dass das Einkommen von Frau T keinesfalls
ausreiche, ihren Unterhalt zu decken. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass Frau T
ihren Unterhalt auch nicht aus ihrem Vermögen bestreiten könne. Die Kläger trugen vor,
die Pflicht, das Vermögen einzusetzen, gelte dann nicht, wenn die Unterhaltsberechtigte
zwar über Vermögen verfüge, objektiv aber nicht in der Lage sei, dieses Vermögen
einzusetzen. Die Tatsache, dass Frau T nicht in der Lage sei, das Vermögen
einzusetzen, ergebe sich aus der grundbuchlich gesicherten Belastungs- und
Veräußerungssperre. Es dürfe nicht Aufgabe des Fiskus sein, Steuerpflichtigen
vorzuschreiben, dass diese sich ihrer Unterhaltspflicht dadurch entledigen, dass sie
Vermögensstämme auf die Unterhaltsberechtigten übertragen. Die Vertragsgestaltung -
Auferlegung eines Nießbrauchsrechtes und einer Veräußerungssperre - sei aus
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Gründen der Altersvorsorge gewählt worden.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit folgender Begründung zurück: Gem. § 33 a Abs.
1 Satz 3 EStG sei Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der einem
Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsenden Aufwendungen für den Unterhalt einer
Person, dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitze.
Diese Bestimmung stehe neben der Vorschrift des § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG, nach der
zur Bestreitung des Unterhalts bestimmte oder geeignete Einkünfte oder Bezüge der
unterhaltenen Person den maximalen Unterhaltsbetrag i.H.v. 13.500 DM verminderten,
soweit sie einen Betrag von 1.200 DM überstiegen. Aus diesem Nebeneinander der
Sätze 3 und 4 des § 33 a Abs. 1 EStG trete die Berücksichtigung eines nicht nur
geringen Vermögens der unterhaltenen Person selbstständig neben die in Satz 3
vorgeschriebene Anrechnung von Einkünften und Bezügen derselben Person. Das
Gesetz meine offensichtlich mit einem "geringen Vermögen" ein Vermögen von einem
bestimmten Wert, ungeachtet der durch seinen Einsatz von der unterhaltenen Person
erzielten oder erzielbaren Erträge.
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Das Merkmal des Fehlens eines mehr als geringen Vermögens konkretisiere
typisierend, was § 33 a Abs. 1 EStG mit der Zwangsläufigkeit der von dem
Steuerpflichtigen erbrachten Unterhaltsleistungen meine. Zwangsläufig könnten
Unterhaltsleistungen nur sein, wenn die unterhaltene Person unfähig sei, für ihren
Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Ob das der Fall sei, hänge nicht allein von ihren
Einkünften und Bezügen ab. Auch wenn sie mit ihren Einkünften und Bezügen ihren
Lebensunterhalt nicht bestreiten könne, sei es ihr, wenn sie vermögend sei, im
Allgemeinen möglich, dies durch die Verwertung des Vermögens zu tun. Das
bürgerliche Unterhaltsrecht mute es einem Unterhaltsberechtigten auch grundsätzlich
zu, sein Vermögen ggf. durch Substanzverbrauch für seinen Unterhalt einzusetzen; es
schone bei einer volljährigen Person den Vermögensstamm grundsätzlich nicht. Habe
ein volljähriger Unterhaltsberechtigter also Vermögen, beruhten gleichwohl erfolgende
Unterhaltszahlungen im Allgemeinen nicht auf einer bürgerlich-rechtlichen Verpflichtung
und seien nicht zwangsläufig (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.08.1997, III R 68/96).
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Im Streitfall - so der Beklagte - verfüge die Unterhaltsempfängerin über erhebliches
Vermögen. Als geringfügiges Vermögen werde in der Regel ein Vermögen bis zu einem
gemeinen Wert von 30.000 DM angesehen. Selbst wenn im Streitfall bei der Prüfung, ob
ein geringes Vermögen vorliege, ein angemessenes Hausgrundstück sowie der land-
und forstwirtschaftliche Betrieb (wegen der Grundschuld) außer Betracht bleibe,
verbleibe trotzdem ein erhebliches Vermögen. Denn Frau T sei Miteigentümerin der
Mietwohngrundstücke I-str. 1, 2, 3 und des sonstig bebauten Grundstücks I-straße. Zwar
schmälerten die eingetragenen Nießbrauchsrechte zu Gunsten der Klägerin sowie zu
Gunsten des Herrn M den Verkehrswert der Objekte. Diese geschehe jedoch nicht in so
erheblichem Umfang, dass es sich um geringes Vermögen handeln könnte. Nach
Berücksichtigung der Nießbrauchsrechte verbleibe noch ein Wert von 251.587 DM
(Miteigentumsanteil i.H.v. 50 % von 503.174 DM). Offensichtlich handele es sich dabei
nicht um geringes Vermögen.
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Das Argument, Frau T könne dieses Vermögen auf Grund der Veräußerungs- und
Belastungssperren nicht verwerten, ändere nichts. Denn Frau T könne allein deshalb
die Objekte nicht verwerten, weil die Veräußerungs- und Belastungssperren durch die
Kläger und Herrn M auferlegt worden seien. Die geltend gemachten
Unterhaltsaufwendungen hätten durch die Aufhebung der Veräußerung- und
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Belastungssperren abgewendet werden können. Hätten die Kläger die Veräußerung-
und Belastungssperren aufgehoben, so hätte Frau T wenigstens einen Teil des
Vermögens verwerten und daraus ihren Unterhalt bestreiten können.
Die Kläger haben hierauf Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, die
Unterhaltsaufwendungen könnten nicht deshalb vom Abzug ausgenommen werden,
weil die Tochter Eigentümerin des land- und forstwirtschaftliche Betriebes seien. Denn
dem Verkehrswert des Betriebes hätten Darlehensverbindlichkeiten in nahezu gleicher
Höhe gegenüber gestanden. Insoweit sei kein für den Unterhalt verwertbares Vermögen
vorhanden gewesen.
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Außerdem wenden sich die Kläger gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, trotz
der mangelnden Verwertbarkeit der Mietwohngrundstücke sei die Zwangsläufigkeit der
Unterhaltsaufwendungen zu verneinen, da sie durch den Nießbrauchsvorbehalt und die
verfügte Veräußerungs- und Belastungssperre die Bedürftigkeit der unterhaltenen
Personen selbst herbeigeführt hätten. Im Ergebnis laufe dies darauf hinaus, dass sie als
Unterhaltsverpflichtete eigene Einkunftsquellen bzw. Vermögensstämme zu Gunsten
der Unterhaltsberechtigten einzusetzen hätten, um eine Unterhaltspflicht zu vermeiden.
Die Klägerin habe sich den Nießbrauch vorbehalten, da die Einkünfte aus diesem Anteil
Baustein ihrer Altersversorgung sein sollten. Die Belastungs- und Veräußerungssperre
habe verhindern sollen, dass die Einkunftsquelle durch Veräußerung wegfalle oder
durch Belastung entwertet werde. Bei der von § 39 Abs. 2 Abgabenordnung - AO -
vorgeschriebenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei die Klägerin wirtschaftliche
Eigentümern, nicht die unterhaltene Tochter.
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Die Kläger meinen, berücksichtigungsfähig nach § 33 a EStG seien nicht nur die der
Tochter bar und per Überweisung gezahlten 12.000 DM, sondern - bis zum
Höchstbetrag von 13.500 DM - auch die von ihnen getragenen Zins- und
Tilgungsleistungen. Sie hätten entsprechend den Wunsch der Tochter im Sinne eines
verkürzten Zahlungsweges an die Sparkasse gezahlt. Sie verweisen im Übrigen auf
eine Entscheidung des Finanzgerichts - FG - Hamburg vom 06.09.1978 (II 172/76,
Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1979, 126), in der Aufwendungen für Zins-
und Tilgungsleistungen einer vom Unterhaltsempfänger selbstgenutzten Wohnung als
Unterhaltskosten i.S.v. § 33 a EStG anerkannt worden seien.
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Die Kläger beantragen,
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den Einkommensteuerbescheid für 2000 dahin zu ändern, dass
Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Höchstbetrages von 13.500 DM als
außergewöhnliche Belastung gem. § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt
werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die Unterhaltsaufwendungen auf
Grund des erheblichen Vermögens der Unterhaltsberechtigten nicht als
außergewöhnliche Belastung anzusetzen seien. Er verweist auf das Urteil des BFH vom
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12.12.2002 (III R 41/01, Bundessteuerblatt - BStBl - 2003, 655). Nach dieser
Entscheidung sei sogar ein selbst genutztes Haus bei der Prüfung, ob der
Unterhaltsberechtigte über Vermögen verfüge, einzubeziehen. Demnach sei bei der
Frage, ob ein Unterhaltsempfänger über kein oder nur ein geringes Vermögen verfüge,
unabhängig von der Anlageart, nach dem Verkehrswert zu entscheiden. Somit sei es
unerheblich, ob die Unterhaltsempfängerin ein angemessenes Hausgrundstück zu
eigenen Wohnzwecken nutze oder nicht.
Nach Auffassung des Beklagten ist die Veräußerungs- und Belastungssperre bei den
Mietwohngrundstücken und dem sonstig bebauten Grundstück ohne Bedeutung. Denn
zum einen - so der Beklagte - hätte die Klägerin die Unterhaltszahlungen dadurch
vermeiden können, dass sie die Veräußerungs- und Belastungssperre aufhebt, zum
anderen werde das betreffende Eigentum durch die Veräußerungs- und
Belastungssperre nicht wertlos. Diese Auffassung werde auch in der BFH-Entscheidung
vom 14.08.1997 (III R 68/9, BStBl II 1998,241) vertreten. Ebenso ergebe sich aus dem
Urteil des BFH vom 19.05.1999 (XI R 99/96, BFH/NV 2000, 22) des Finanzgerichts - FG
- Hamburg vom 24.11.2000 (V 230/96, V 120/99 Juris STRE 200171280), dass das
Vermögen der Unterhaltsberechtigten unabhängig von der Anlageart nach dem
Verkehrswert zu bemessen und auch anzusetzen sei.
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Der Beklagte ist im Übrigen der Auffassung, berücksichtigungsfähig nach § 33 a EStG
könnten allenfalls die gezahlten 12.000 DM, nicht aber die übernommenen Zins- und
Tilgungsleistungen sein. Für den Unterhalt bestimmt i.S.d. § 33 a EStG seien nur
Aufwendungen, die den laufenden Lebensbedarf der unterstützten Person zumindest für
eine gewisse Zeit deckten. Die Übernahme von Annuitäten gehöre nicht dazu. Die
Unterhaltsbegriff des § 33 a EStG sei enger als der des § 1610 BGB.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet. Der von dem Beklagten erlassene
Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Der Beklagte hat zu Recht den Abzug der von den Klägern geltend gemachten
Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung versagt.
27
I.
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Nach § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt eine Ermäßigung der Einkommensteuer durch
einen Abzug von Aufwendungen, wenn einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den
Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem
Ehegatten gegenüber unterhaltsberechtigten Person erwachsen. Voraussetzung ist
dabei nach § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG ist, dass die unterhaltene Person "kein oder nur
geringes Vermögen besitzt". Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Die
Tochter der Kläger besitzt ein nicht nur geringes Vermögen. Ein geringes Vermögen ist
von der Rechtsprechung nur angenommen worden, wenn dieses bis zu 30.000 DM
beträgt. Demgegenüber bemisst sich der Wert der Mietwohngrundstücke der Tochter
nach Abzug der Nießbrauchsbelastung nach den Berechnungen des Beklagten allein
schon auf über 250.000 DM. Dass die Mietwohngrundstücke nicht veräußert oder
belastet werden dürfen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen (a.A. FG Hamburg
vom 24.11.2000, V 230/96, V 120/99, Juris STRE 20011280).
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Nach dem Wortlaut des § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG ist ein Abzug von
30
Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nur möglich, wenn die
unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Ein nicht nur geringes
Vermögen ist schädlich. Danach, ob das Vermögen Erträge bringt oder verwertbar ist,
fragt der Wortlaut des § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht.
§ 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG unterscheidet sich von § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG, der die
Kürzung um eigene Bezüge der unterhaltenen Personen vorsieht, "die zur Bestreitung
des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind". Der Umstand, dass § 33 a Abs. 1 Satz 3
EStG insoweit anders formuliert ist, spricht dafür, dass § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht
nur ein Vermögen als schädlich ansieht, das durch Verwertung zur Bestreitung des
Unterhalts geeignet ist.
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Eine Auslegung von § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG nach seinem Wortlaut entspricht auch
der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der eigenen "Einkünfte" in § 33 a Abs. 1 Satz
4 EStG durch den BFH. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Anrechnung
eigener Einkünfte der unterhaltenen Person - anders als die von Bezügen - nicht voraus,
dass die Einkünfte zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Der
entsprechende Relativsatz beziehe sich nicht auf "Einkünfte" und "Bezüge", sondern
nur auf das Tatbestandsmerkmal der Bezüge. Deshalb stehe es der Anrechnung von
Einkünften nicht entgegen, wenn sie für den Unterstützten nicht oder noch nicht
verfügbar seien (z.B. weil dem vertragliche Vereinbarungen oder andere
Hinderungsgründe entgegenstehen) oder wenn sie zwangsläufig für bestimmte
Aufwendungen (z.B. Steuerzahlungen) verwendet werden müssten. Ebensowenig
dürften bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte Sonderausgaben oder
außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (vgl. BFH vom 22.07.1988, III R
175/86, BStBl II 1988, 939). Es sei entsprechend dem typisierenden Charakter der
Regelung des § 33 a EStG für die Anrechnung von Einkünften auf die empfangenen
Unterstützungsleistungen ohne Bedeutung, ob diese für den Unterhaltsempfänger
verfügbar seien (BFH vom 11.07.1990, III R 111/86, BStBl II 1991, 62).
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Entsprechend hat der BFH auch für § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG a.F. die
Auffassung vertreten, es würde dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel widersprechen,
wenn beim Vorliegen steuerpflichtiger Einkünfte irgendwelchen Bestimmungen über
Einschränkungen in der Verfügungsmöglichkeit eine Bedeutung beigemessen werde.
Auch Einkünfte, die dem Kind nicht oder nicht sogleich zur Verfügung stünden, trügen
"regelmäßig" jedenfalls zur Vermehrung des Vermögens des Unterhaltenen bei.
Deshalb stehe es der Anrechnung von steuerpflichtigen Einkünften nicht entgegen,
wenn diese für das Kind nicht oder noch nicht verfügbar seien (z. B. weil dem
vertragliche Vereinbarungen oder andere Hinderungsgründe entgegenstünden) oder
wenn sie vom Kind zwangsläufig für bestimmte Aufwendungen (z.B.
Einkommensteuerzahlungen) verwendet werden müssten (BFH vom 08.11.1972, VI R
257/71, BStBl II 1973, 143). Wenn aber Einkünfte auch dann schädlich sind, wenn sie
nicht verfügbar sind, ist eine entsprechende typisierende Regelung auch im Fall des §
33 a Abs. 1 Satz 3 EStG anzunehmen, wenn dessen Wortlaut voraussetzt, dass die
unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen hat.
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§ 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. setzte eine Zwangsläufigkeit der
Unterhaltsaufwendungen voraus. Die Voraussetzung, dass die unterhaltene Person
kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen darf, stellte im Rahmen dieser damaligen
Regelung eine Konkretisierung des in § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG enthaltenen Begriffs
der Zwangsläufigkeit dar (Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, §
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33 a Rdnr. 140). Auf das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit wurde in der Folge
verzichtet. Es wurde die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen bei den jeweiligen
Abzugstatbeständen typisierend unterstellt (Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 5. Auflage, §
33 a Rdnr. ). Entsprechend wird typisierend ein Abzug versagt, wenn die unterhaltene
Person ein nicht nur geringes Vermögen besitzt. Diese Typisierung führt zu
Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Entscheidungen sowie zu einer
Vereinfachung (vgl. hierzu BFH, BStBl II 1988, 319).
§ 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG setzt für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen voraus,
dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Hat die
unterhaltene Person eigenes Vermögen, wird eine Unterstützungsbedürftigkeit verneint,
da die unterhaltene Person ihren Unterhalt aus den Erträgen oder der Verwertung
dieses Vermögens bestreiten kann. Dieser Zweck des Merkmals des Fehlens von
eigenem Vermögen bei der unterhaltenen Person spricht dafür, eigenes Vermögen nur
dann als schädlich anzusehen, wenn es entsprechende Erträge bringt oder zumindest
verwertbar ist. Einer derartigen Berücksichtigung der Verwertbarkeit des Vermögens
steht aber entgegen, dass der Gesetzgeber die § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG zu Grunde
liegende Überlegung nicht vollumfänglich tatbestandlich umgesetzt hat, sondern eine
typisierende Regelung getroffen hat, nach der ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen
immer dann versagt wird, wenn die unterhaltene Person kein nicht nur geringes
Vermögen hat. § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG geht typisierend davon aus, dass eine
Unterstützungsbedürftigkeit regelmäßig nur dann gegeben ist, wenn die unterhaltene
Person über kein oder nur ein geringes Vermögen verfügt. Er verzichtet auf die Prüfung
im Einzelfall, ob tatsächlich eine Unterstützungsbedürftigkeit fehlt.
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Das Ergebnis, dass eigenes Vermögen der unterhaltenen Person auch dann schädlich
ist, wenn es nicht verwertbar ist, entspricht nicht nur der vorstehend wiedergegebenen
Rechtsprechung des BFH zu dem Tatbestandsmerkmal der Einkünfte, sondern auch der
Rechtsprechung des BFH, nach der das Gesetz - seinem Wortlaut entsprechend - mit
einem geringen Vermögen typisierend ein Vermögen von einem bestimmten Wert
ungeachtet der durch seinen Einsatz von der unterhaltenen Person erzielten oder
erzielbaren Erträge meint (BFH vom 14.08.1997, III R 68/96, BStBl II 1998, 241) sowie
der Rechtsprechung des BFH, nach der das Vermögen des Unterhaltsempfängers
unabhängig von der Anlageart (im Streitfall: selbstgenutztes Eigentum) mit dem
Verkehrswert anzusetzen ist (BFH vom 12.12.2002, III R 41/01, BStBl II 2003, 655).
36
II.
37
Da ein Abzug der Aufwendungen der Kläger bereits daran scheitert, dass die
unterhaltene Tochter über ein nicht geringes Vermögen verfügt, kann die weitere Frage
unentschieden bleiben, ob die Übernahme der Finanzierungsaufwendungen für den
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Tochter Aufwendungen für deren "Unterhalt"
sind.
38
III.
39
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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IV.
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Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO zuzulassen, da sowohl die Fortbildung
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Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO zuzulassen, da sowohl die Fortbildung
des Rechts als auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. die
Entscheidung des FG Hamburg vom 24.11.2000, V 230/96, V 120/99) eine
Entscheidung des BFH erfordert.
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