Urteil des FG Düsseldorf vom 31.01.2005

FG Düsseldorf: prozessvertreter, gebühr, schenkung, hauptsache, vorverfahren, einheit, behörde, steuerfestsetzung, unterliegen, steuerberechnung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 4 Ko 3099/04 KF
31.01.2005
Finanzgericht Düsseldorf
4. Senat
Beschluss
4 Ko 3099/04 KF
Unter Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 2. März 2004 werden die dem
Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf insgesamt 7.730,30 EUR
(15.119,16 DM) festgesetzt. Die weitergehende Erinnerung wird
zurückgewiesen.
Der Erinnerungsführer trägt die Kosten des Verfahrens zu 57 %, der
Erinnerungsgegner zu 43 %.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
G r ü n d e:
I.
Der Erinnerungsführer begehrt im vorliegenden Verfahren noch die Berücksichtigung einer
Verhandlungsgebühr im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision
durch das Finanzgericht vor dem Bundesfinanzhof sowie einer Erledigungsgebühr für das
Verfahren im II. Rechtszug vor dem Finanzgericht. An seiner Auffassung, es seien auch
zwei Besprechungsgebühren im Vorverfahren entstanden, hat er im Laufe des Verfahrens
nicht mehr festgehalten.
Das seinerzeit noch zuständige Finanzamt X, dessen Zuständigkeit im Laufe des
Verfahrens auf den Erinnerungsgegner übergegangen war, setzte mit zwei
Schenkungsteuerbescheiden vom 26. Januar 1993 und 2. März 1993 Schenkungsteuer i.
H. v. 39.600 DM und 33.000 DM gegen den Erinnerungsführer fest. Das anschließende
Klageverfahren - vertreten durch den Prozessvertreter -, das zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung mit der Klage des Cousins des Klägers verbunden worden
war, blieb erfolglos (Urteil des Senats vom 2. Oktober 1998 im Verfahren 4 K 2628/93 Erb).
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde durch den Erinnerungsführer wegen
Nichtzulassung der Revision ließ der Bundesfinanzhof durch Beschluss vom 12. Oktober
1999 die Revision zu (II B 22/99). Durch weiteren Beschluss vom 4. März 2002 trennte der
Bundesfinanzhof die zuvor zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
verbundenen Verfahren wieder.
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Durch Urteil vom 6. März 2002 - II R 85/99 - hob der Bundesfinanzhof das Urteil des
Finanzgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 1998 auf und verwies die Sache an das
Finanzgericht zurück.
Mit Verfügung des Gerichts vom 29. Mai 2002 wurde der Erinnerungsgegner gebeten, zur
Sache unter Beachtung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs Stellung zu nehmen. Mit
Schreiben vom 13. Januar 2003 teilte der Erinnerungsgegner daraufhin mit, dass er
beabsichtige, den Schenkungsteuerbescheid entsprechend den Vorgaben des
Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 6. März 2002 zu ändern. Hinsichtlich des Werts der
Bereicherung verwies er auf eine in der Anlage befindliche Steuerberechnung. Mit
Schreiben vom 24. Februar 2003 teilte der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers
mit, dass er sich zu der nunmehr vorliegenden Steuerberechnung des Erinnerungsgegners
äußern werde, sobald eine solche Berechnung auch im Verfahren des Cousins des
Erinnerungsführers vorgelegt werde. In einem Telefonat vom 30. April 2003 teilte der
Sachbearbeiter des Erinnerungsgegners dem Berichterstatter des Senats mit, dass in
Kürze geänderte Steuerbescheide auf Grundlage der vorgelegten Berechnung ergehen
würden. Der Erinnerungsführer habe Bereitschaft signalisiert, die Hauptsache dann für
erledigt zu erklären.
Mit Steueränderungsbescheid vom 7. Mai 2003 ermäßigte der Erinnerungsgegner die
Schenkungsteuer unter Berücksichtigung von Vorschenkungen auf 1.079,85 EUR (2.112
DM).
Die Beteiligten des Klageverfahrens erklärten sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt. Durch Beschluss vom 30. Juni 2003 wurden dem
Erinnerungsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Am 23. Oktober 2003 stellte der Erinnerungsführer einen Kostenfestsetzungsantrag und
machte einen Erstattungsbetrag i. H. v. 11.617,60 EUR geltend. Unter anderem beantragte
er:
- Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde
(Gegenstandswert: 72.600 DM)
Verhandlungsgebühr gem. §§ 117, 31 Abs. 1, 11 Abs. 1 Satz 2 der
Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO)
1.845,00 DM
Instanzenzuschlag gem. § 11 Abs. Satz 4 BRAGO 553,00 DM
- Verfahren vor dem Finanzgericht im II. Rechtszug
(Gegenstandswert: 72.600 DM)
Erledigungsgebühr gem. § 24 BRAGO
1.845,00 DM
jeweils zzgl. 16 % Umsatzsteuer.
In seiner Stellungnahme vom 14. November 2003 führte der Erinnerungsgegner u.a. an, im
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Verfahren über die Nichtzulassung der Beschwerde sei nur die Prozessgebühr mit 13/20
erstattungsfähig. Eine Verhandlungsgebühr sei nicht verdient, da in der Regel eine
mündliche Verhandlung bei einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgesehen sei. Im
Streitfall sei zudem eine solche Verhandlung nicht angeordnet worden, deshalb könne auf
sie auch nicht verzichtet werden. Schließlich sei im Klageverfahren (II. Rechtszug) vor dem
Finanzgericht keine zusätzliche Erledigungsgebühr entstanden, da der
Änderungsbescheid nach den Vorgaben der Entscheidung des Bundesfinanzhofs
ergangen sei. Daraufhin machte der Erinnerungsführer geltend, die Verhandlungsgebühr
im Verfahren auf Nichtzulassung der Beschwerde beruhe auf § 117 BRAGO. Ferner sei
auch eine Erledigungsgebühr im Verfahren des II. Rechtszugs vor dem Finanzgericht
entstanden. Denn parallel zu den hier besteuerten Schenkungen seien dem Cousin des
Erinnerungsführers Schenkungen gemacht worden, die in allen relevanten
Sachverhaltsmerkmalen mit dem vorliegenden Fall deckungsgleich gewesen seien. Die
Schenkungen hätten in den ursprünglichen Bescheiden folgerichtig auch zu einer Steuer i.
H. v. jeweils insgesamt 72.600 DM geführt. Demgegenüber habe der Rechtsstreit P (4 K
2851/02 Erb) mit einer Steuerfestsetzung i. H. v. 8.074 DM geendet, während in seinem
Verfahren (4 K 2832/02 Erb) 2.112 DM Schenkungsteuer festgesetzt worden sei. Es sei
daher zweifelhaft, ob es dem Erinnerungsgegner tatsächlich gelungen sei, die Vorgaben
des Bundesfinanzhofs in seinen Steueränderungsbescheiden tatsächlich umzusetzen.
Jedenfalls wäre es wegen der Divergenz naheliegend gewesen, die Frage im II. Rechtszug
noch einmal durch das Gericht abschließend prüfen zu lassen. Wenn es dem
Prozessvertreter in dieser Situation gelungen sei, bei seinen Mandanten stattdessen auf
Erledigung des vor fünfzehn Jahren ausgelösten Rechtsstreits hinzuwirken und die
entsprechenden Erledigungserklärungen auch zu erreichen, sei damit wohl die
Erledigungsgebühr verdient worden.
Daraufhin erwiderte der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 22. Januar 2004, dass § 61
BRAGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens und § 117 BRAGO die Kosten des Klage-
/Revisionsverfahrens regeln würden. Hinsichtlich der Erledigungsgebühr sei darauf
hinzuweisen, dass sich die unterschiedlichen steuerlichen Ergebnisse (Zahllasten) allein
aus den Vorschenkungen ergeben würden, was ohne weiteres plausibel zu erklären
gewesen wäre.
Mit Beschluss vom 2. März 2004 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die vom
Erinnerungsgegner an die Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf 6.636,03 EUR
(12.978,96 DM) einschließlich Umsatzsteuer fest und lehnte den weitergehenden Antrag
des Erinnerungsführers, sofern er noch aufrecht erhalten worden war, ab. Eine
Verhandlungsgebühr im Beschwerdeverfahren sei nicht entstanden, insoweit sei nur eine
13/20 Prozessgebühr gemäß § 61 BRAGO festzusetzen gewesen. Darüber hinaus sei
auch die beantragte Erledigungsgebühr nicht verdient worden, da ausweislich des Inhalts
der Finanzgerichtsakte die Erledigung des Rechtsstreits nicht auf einer besonderen
Tätigkeit des Bevollmächtigten beruhe, sondern den Vorgaben des Bundesfinanzhofs
entspreche.
Mit der hiergegen am 22. März 2004 eingelegten Erinnerung wiederholt der
Erinnerungsführer sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: § 117 BRAGO
billige dem Rechtsanwalt im finanzgerichtlichen Verfahren die Verhandlungsgebühr für alle
Fälle einer irgendwie gearteten Entscheidung zu, ohne dass es darauf ankomme, ob es
sich hierbei um eine Entscheidung handele, die nach der Finanzgerichtsordnung nach
mündlicher Verhandlung ergehen müsse, aber im Einvernehmen der Partein auch im
schriftlichen Verfahren ergehen könne. Anderenfalls hätte die Vorschrift des § 117 BRAGO
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keinen Sinn; eine Bezugnahme auf § 35 BRAGO hätte vielmehr ausgereicht. Der
Rechtsanwalt erhalte die in § 31 BRAGO bestimmten Gebühren nach den Sätzen des § 11
Abs. 1 Satz 2, somit jeweils 13/20. Bereits nach alter Rechtslage sei im
Beschwerdeverfahren neben der Prozessgebühr auch eine Verhandlungsgebühr zu
erstatten gewesen. Diese Auffassung sei durch Änderung des § 114 BRAGO bestätigt
worden. Er könne der Berechnung des Gebührenanspruchs nach § 61 BRAGO nicht
folgen. Zutreffend hätte der Berechnung § 114 Abs. 4 BRAGO zu Grunde gelegt werden
müssen. Hiernach erhalte der Prozessbevollmächtigte "im Verfahren über den Antrag auf
Zulassung des Rechtsmittels ... die für das Verfahren über das zuzulassende Rechtsmittel
bestimmte Gebühr". Dass dem Revisionskläger neben der Prozessgebühr auch die
Verhandlungsgebühr zustehe, könne keinem Zweifel unterliegen und werde auch im
Kostenfestsetzungsbeschluss so gesehen. Dann könne nach dem Wortlaut des § 114 Abs.
4 BRAGO für die Kostenfestsetzung im Beschwerdeverfahren nichts anderes gelten. Die
Versagung der Erledigungsgebühr verstoße gegen anerkannte Rechtsgrundsätze und
finde auch in der Rechtsprechung des Senats keine Stütze. Entscheidend sei die Tatsache,
dass das Verfahren unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten außergerichtlich habe
erledigt werden können. Im vorliegenden Falle sei mit Erfolg darauf hingewirkt worden,
dass man sich mit einem Teilerfolg zufrieden geben solle. Es habe dabei keine Rolle
gespielt, wie das Veranlagungsergebnis durch den Erinnerungsgegner im Einzelnen
ermittelt worden sei.
Das Gericht hat den Erinnerungsführer im Laufe des Verfahrens darauf hingewiesen, dass
eine Verhandlungsgebühr im Verfahren auf Nichtzulassung der Beschwerde nicht verdient
sein dürfte, und zur Begründung seiner Auffassung gerichtliche Entscheidungen übersandt.
Dem hat der Erinnerungsführer sich nicht anschließen können und mit Schriftsatz vom 19.
Januar 2005 seinen Standpunkt wegen der seiner Ansicht nach entstandenen
Verhandlungsgebühr noch vertieft. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug
genommen.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,
unter Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle vom 2. März 2004 die erstattungsfähigen Kosten auf insgesamt 9.152,55
EUR (17.900,84 DM) einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er ergänzend vor: Hinsichtlich der Erledigungsgebühr sei noch darauf
hinzuweisen, dass der Bundesfinanzhof der Rechtsansicht des Bevollmächtigten nicht
gefolgt sei und entschieden habe, dass grundsätzlich eine Schenkung vorliege. Allerdings
habe der Bundesfinanzhof weiter ausgeführt, dass die Schenkung nicht mit dem
Nominalwert bewertet werden könne. Weiterhin habe der Bundesfinanzhof ausdrücklich
festgelegt, wie zu verfahren sei, und klargestellt, dass nur ein Teilerfolg zu erzielen sei.
Dementsprechend sei der Steueränderungsbescheid ergangen. Eine Erledigungsgebühr
könne nicht verdient werden, wenn der Verfahrensbevollmächtigte bzw. seine Auftraggeber
die Ermittlung des Werts der Bereicherung und somit des Werts der Schenkung nicht
beanstanden würden. Die daraus resultierende Steuerfestsetzung habe wegen der
unterschiedlichen Höhe der Kapitalkonten, der unterschiedlichen Höhe der
Vorschenkungen und der unterschiedlichen Zeitpunkte der Vorschenkungen zu
unterschiedlichen Steuerfestsetzungen geführt.
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Durch Beschluss vom 24. Januar 2005 hat der Senat die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
II.
Die zulässige Erinnerung ist nur insoweit begründet, als für das Verfahren im II. Rechtszug
vor dem Finanzgericht eine Erledigungsgebühr nicht festgesetzt worden ist; im Übrigen ist
die Erinnerung unbegründet.
Die Erinnerung ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Ansatz der Gebühren für das
Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesfinanzhof
richtet.
Die Festsetzung der Prozessgebühr durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle für
das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof wegen Nichtzulassung der Revision
mit 13/20 der vollen Gebühr ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 6 BRAGO
entstehen in Verfahren vor Rechtsmittelgerichten über die Zulassung eines Rechtsmittels
die Gebühren nach den Sätzen des § 11 Abs. 1 Satz 4 und 5 BRAGO. Gemäß § 11 Abs. 1
Satz 4 BRAGO erhöht sich im Revisionsverfahren die Gebühr um 3/10. Ist das Verfahren
über die Zulassung eines Rechtsmittels - wie hier - als Beschwerdeverfahren ausgestaltet,
erhält der Rechtsanwalt gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO in der hier bis zum 31. Dezember
2001 gültigen Fassung 5/10 der so ermittelten Gebühr, also 13/20 der vollen Gebühr. Dies
sind bei einem Streitwert von 72.600 DM und einer Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO) aufgerundet (§ 11 Abs. 2 BRAGO) 1.199,30 DM zzgl. 16 % Umsatzsteuer (§ 25
Abs. 2 BRAGO).
Eine weitergehende Verhandlungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist nicht
entstanden. Der Erinnerungsführer kann sich zur Begründung seiner Auffassung
insbesondere nicht auf § 114 Abs. 4 BRAGO in der durch Art. 33 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe a)
des Gesetzes vom 18. Juni 1997 (BGBl. I 1430) mit Wirkung vom 27. Juni 1997 gültigen
Fassung berufen. Nach dieser Vorschrift erhält der Rechtsanwalt im Verfahren über den
Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels die für das Verfahren über das zuzulassende
Rechtsmittel bestimmten Gebühren. Um ein solches Rechtsmittelverfahren handelt es sich
im finanzgerichtlichen Verfahren jedoch nicht, weil gemäß § 116 Abs.1 FGO die
Nichtzulassung der Revision - hier durch das Urteil des Senats vom 2. Oktober 1998 im
Verfahren 2 K 2628/93 Erb - nur durch Beschwerde angefochten werden kann. Das
Rechtsmittel, um das es vorliegend nur gehen kann, ist daher erkennbar die Beschwerde
gegen die Nichtzulassung der Revision, so dass die Vorschrift im finanzgerichtlichen
Verfahren keine Anwendung findet (vgl. Finanzgericht (FG) Berlin, Beschluss vom 15. Juli
1999 - 2 G 2073/98 - Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1094; FG Bremen,
Beschluss vom 3. Juni 2003 - 2 Ko 139/03 - EFG 2003, 1411).
§ 114 Abs. 4 BRAGO gilt demgegenüber nur im Verfahren der (allgemeinen)
Verwaltungsgerichtsbarkeit, denn gemäß § 124a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
gibt es gegen erstinstanzliche Entscheidungen das besondere Verfahren auf Zulassung
der Berufung und gemäß § 146 Abs. 4 bis 6 VwGO das der besonderen Zulassung der
Beschwerde (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 26. April 1999 - 5
KSt 1/99 - Juristisches Büro (JurBüro) 1999, 183, wonach die Vorschrift auch im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision
durch die zweite Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls keine Anwendung
findet). In diesen Fällen ist die Zulassung des Rechtsmittels nicht im Wege der Beschwerde
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gegen eine ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts, sondern durch Antrag bei
dem Gericht zweiter Instanz geltend zu machen. Bei Zulassung des Rechtsmittels bildet
das vorgeschaltete verwaltungsgerichtliche Zulassungsverfahren - anders als das
finanzgerichtliche Beschwerdeverfahren (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BRAGO) - mit dem
eigentlichen Rechtsmittelverfahren eine Einheit, so dass die Gebühren auch nur einmal
entstehen können (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 BRAGO).
Klarstellend sei daher angemerkt, dass § 114 Abs. 4 BRAGO die Gebührentatbestände für
das Rechtsmittelverfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht erweitert oder gar
verdoppelt, wovon der Prozessvertreter des Erinnerungsführers offenbar ausgeht, sondern
auf "die für das Verfahren über das zuzulassende Rechtsmittel" beschränkt, weil es
gebührenrechtlich mit dem Zulassungsverfahren - wie dargestellt - eine Einheit bildet. Wäre
die Auffassung des Prozessvertreters demnach zutreffend und § 114 Abs. 4 BRAGO auch
im finanzgerichtlichen Verfahren anwendbar, könnte nicht einmal die Prozessgebühr für
das Beschwerdeverfahren - wie hier geschehen (s.o.) - isoliert geltend gemacht werden.
Der Prozessvertreter des Erinnerungsführers kann einen Anspruch auf eine
Verhandlungsgebühr für das Beschwerdeverfahren im Übrigen auch nicht aus § 114 Abs. 1
in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO herleiten, weil der Bundesfinanzhof über die
Beschwerde gemäß § 116 Abs. 5 Satz 1 FGO durch Beschluss entscheidet und für dieses
Verfahren eine mündliche Verhandlung grundsätzlich nicht vorgesehen ist (§ 90 Abs. 1
Satz 2 FGO). Eine Verhandlungsgebühr ohne mündliche Verhandlung entsteht nur in den
Fällen des § 117 BRAGO; dazu zählt das Verfahren über die Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision eindeutig nicht.
Dagegen ist die Erinnerung begründet, soweit der Erinnerungsführer eine
Erledigungsgebühr für das Verfahren im II. Rechtszug vor dem Finanzgericht beantragt hat.
Nach § 24 BRAGO erhält der Rechtsanwalt eine volle Gebühr, wenn sich eine
Rechtssache nach Zurücknahme oder - wie hier - Änderung des mit einem Rechtsbehelf
angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt, sofern der Rechtsanwalt bei der Erledigung
mitgewirkt hat.
Nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschrift entsteht
eine Erledigungsgebühr nur bei einer besonderen, auf die Erledigung der Sache ohne
Urteil gerichteten Tätigkeit des Anwalts, die über die Tätigkeiten hinausgehen muss, die
bereits durch andere Gebühren (Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr, Erörterungsgebühr)
erfasst werden (vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 21. August
1981 - 4 C 60.79 - Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1982, 36 und vom 4.
Oktober 1985 - 8 C 68/83, Bayerische Verwaltungsblätter (BayVBl) 1986, 158;
Bundesfinanzhof (BFH), Beschlüsse vom 16. Dezember 1969 - VII B 45/68 -
Bundessteuerblatt (BStBl) II 1970, 251, 252 und vom 6. August 1968 - VII B 120/67 - BStBl
II 1968, 772; vgl. ferner die Nachweise bei Tipke/Kruse,
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 139 FGO Rn. 99). So ist ein besonderes
Bemühen des Rechtsanwalts dann nicht erkennbar, wenn die Behörde ohne dessen
besonderes Zutun dem Klage- bzw. Antragsbegehren entspricht (a.a.O., Rn. 100 m.w.N.).
Auch ist das Entstehen einer Erledigungsgebühr bei einer vom Bundesfinanzhof
zurückverwiesenen Sache im II. Rechtszug nicht prinzipiell ausgeschlossen, sondern etwa
in einem Fall möglich, in dem der Anwalt aufgrund überzeugenden Vortrags unter
Beifügung von weiteren Unterlagen im II. Rechtszug erreicht hat, dass sein Mandant durch
die Behörde klaglos gestellt worden ist (vgl. FG Köln, Beschluss vom 28. Juni 2004 - 10 Ko
1588/04 - EFG 2004, 508).
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Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall die Erledigungsgebühr entstanden, weil der
Prozessvertreter an der Erledigung des Rechtsstreits im II. Rechtszug in besonderem Maße
mitgewirkt hat. Zwar erscheint es vordergründig betrachtet so, dass der Erinnerungsgegner
durch seinen Steueränderungsbescheid vom 7. Mai 2003 "nur" die Entscheidung des
Bundesfinanzhofs in dieser Sache umgesetzt und der Prozessvertreter die
verfahrensrechtlichen Konsequenzen hieraus gezogen habe, indem er den Rechtsstreit in
der Hauptsache für erledigt hat. Eine solche Betrachtung wird allerdings den
Besonderheiten des Falles nicht gerecht.
Denn nach Eingang der zurückverwiesenen Sache vom Bundesfinanzhof an den
erkennenden Senat am 24. Mai 2002 ist bis zum Steueränderungsbescheid des
Erinnerungsgegners ungefähr ein Jahr vergangen, in dem dieser mit dem Prozessvertreter
des Erinnerungsführers um die streitige Bewertung der Zuwendungen "gerungen" hat. Die
besondere Schwierigkeit des vorliegenden Falls lag nämlich darin, dass detaillierte
Kapitalübersichten für die Jahre 1987 und 1988 nicht mehr vorlagen und daher eine
gewisse Unsicherheit bei der Bewertung bis zuletzt bestand. Deswegen ist dem
Prozessvertreter des Erinnerungsführers auch zunächst eine Berechnung des
Erinnerungsgegners vor Ergehen eines Steueränderungsbescheids übersandt worden, um
von dort aus zu prüfen, ob auf der Grundlage der nunmehr ermittelten Werte das
Klageverfahren beendet werden könne. Erschwerend kam weiterhin hinzu, dass die
streitigen Schenkungen immerhin aus 1987 und 1988 stammten, hierüber seit 1993 ein
finanzgerichtliches Verfahren anhängig war und erstmals - aus welchen Gründen auch
immer - insgesamt ein gegenüber dem Verfahren des Cousins des Erinnerungsführers
abweichendes steuerliches Ergebnis gefunden worden war. Noch am 30. April 2003 - vor
Ergehen des Steueränderungsbescheids - hat der Berichterstatter des Senats mit dem
Sachbearbeiter des Erinnerungsgegners ein Telefonat geführt, in dem sinngemäß erklärt
wurde, dass in Kürze Steueränderungsbescheide ergehen würden, da die Klägerseite
Bereitschaft signalisiert habe, das Verfahren auf der Grundlage des nunmehr vorliegenden
Zahlenwerks zu beenden.
Wenn ein Prozessvertreter in einer solchen Situation auf seinen Mandanten in der Weise
"einwirkt", das Verfahren nunmehr unter Zurückstellen von Bedenken zu beenden, liegt
darin nach Ansicht des Senats ein besonderes Bemühen, das über die durch die
Prozessgebühr abgedeckte allgemeine Tätigkeit des Anwalts oder Steuerberaters
hinausgeht.
Danach ist für das Verfahren im II. Rechtszug vor dem Finanzgericht bei einem Streitwert
von 72.600 DM zusätzlich eine 10/10 Gebühr nach § 24 BRAGO in Höhe von 1.845 DM
zzgl. 16 % Umsatzsteuer (§ 25 Abs. 2 BRAGO), mithin 2.140,20 DM entstanden. Die dem
Erinnerungsführer zu erstattenden Verfahrenskosten sind daher insgesamt auf 15.119,16
DM, also 7.730,30 EUR festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO und entspricht dem
gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen, wobei bemerkt wird, dass das Verfahren
gerichtsgebührenfrei ist.