Urteil des FG Düsseldorf vom 26.03.2002
FG Düsseldorf: vermietung, verpachtung, forstwirtschaft, kaufvertrag, umgestaltung, hof, verfügung, form, einkünfte, privatvermögen
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 9 K 8263/99 F
26.03.2002
Finanzgericht Düsseldorf
9 Senat
Urteil
9 K 8263/99 F
Es wird festgestellt:
Der Betrieb des Klägers wurde im Streitjahr nicht aufgegeben, der Kläger
hat die Grundstücke, auf dem die vermieteten Eigentumswohnungen
errichtet wurden, entnommen.
T a t b e s t a n d
Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15.4.1993 unentgeltlich von
seinem Vater einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Der Betrieb war bereits vom
Vater verpachtet worden, der Kläger setzte die Verpachtung fort. Die Gesamtfläche des
Betriebes betrug ca. 44 ha eigene Fläche, der Pachtzins betrug ca. DM 84.500 pro Jahr. Mit
Kaufvertrag vom 29.7.1994 veräußerte der Kläger eine Teilfläche von ca. 4.300 qm der
unter Denkmalschutz stehenden Hofstelle für DM 2.100.000 an einen Bauträger, der auf
diesem Grundstück durch Altbausanierung und Neubauten Wohnungen errichten wollte.
Der Veräußerungsgewinn von DM 2.054.853,16 wurde in eine Rücklage nach §6b
Einkommensteuergesetz - EStG - eingestellt.
Gleichzeitig mit dem obigen Kaufvertrag wurde ein Werkvertrag abgeschlossen. Darin
verpflichtete sich der Bauträger, auf einem dem Kläger verbleibenden Teil der Hoffläche
durch Sanierung, Restaurierung und Umbau von Altgebäuden und durch Neubauten
ebenfalls Wohnungen zu errichten. Der Grundstückskaufpreis, den der Bauträger
aufzuwenden hatte, wurde dabei gemäß Vertrag mit den Herstellungskosten des Klägers
verrechnet.
Für den 1. Bauabschnitt, die Umgestaltung der Altgebäude, erteilte die Stadt "Q" die
Baugenehmigung im Mai 1995. Sie versagte dann die zunächst mündlich zugesagte
Baugenehmigung für in einem 2. Bauabschnitt zu errichtende Neubauten, ein Verfahren vor
dem Verwaltungsgericht ist anhängig. Dadurch minderte sich auf Grund entsprechender
Vereinbarungen die im Kaufvertrag übertragene Fläche und somit der Veräußerungspreis
auf nunmehr DM 1.132.038,00. Der Kläger berichtigte daher die Rücklage nach §6b EStG
in der Bilanz auf den 30.6.1996 auf DM 1.080.474,98.
Mit einem Gesamtaufwand in Höhe von ca. DM 3.916.600,00 wurden Ende 1996 für den
Kläger 13 Wohnungen nebst Stellplätzen fertig gestellt und nach und nach von ihm
fremdvermietet. Die Wohnungen und dazugehörenden Stellplätze wurden als gewillkürtes
Betriebsvermögen, die Mieteinnahmen als Betriebseinnahmen des land- und
forstwirtschaftlichen Betriebes behandelt.
Nach dem Umbau existiert noch ein unveränderter Gebäudeteil aus dem Altbestand, bei
dem es sich um einen teilweise baufälligen Unterstand in Massivbauweise handelt, der zur
ehemaligen Hofseite hin offen ist. Das Dach des Unterstandes fällt von rund 3,5 m auf 1,5
m Höhe ab. Im Rahmen der vorhergehenden Umbauarbeiten wurde zu den Wohnungen
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auf der Hofseite bis unmittelbar an den Schuppen heran ein Erdwall aufgeschüttet, sodass
ein Zugang zur ursprünglich offenen Seite des Unterstandes nicht mehr gegeben ist.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheiden vom
5.8.1997 wurden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1995 zunächst
mit DM 31.701,00 festgestellt, für das Jahr 1996 mit Bescheid vom 15.12.1998 mit DM -
154.331,00. Beide Bescheide wurden nach einer Betriebsprüfung durch die
landwirtschaftliche Betriebsprüfungsstelle geändert. Der Beklagte ging dabei von einer
Betriebsaufgabe auf den 30.6.1995 aus, weil die erste Baugenehmigung im Mai 1995 erteilt
worden war. Er erfasste zusätzlich im Jahr 1995 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von
DM 4.792.513,00 und stellte mit Bescheid vom 16.9.1999 Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft in Höhe von DM 4.823.637,00 fest. Für das Jahr 1996 erließ der Beklagte
einen negativen Feststellungsbescheid. Gegen beide Bescheide legte der Kläger am
1.10.1999 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.1999 als unbegründet
zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am 15.12.1999 Klage gegen den negativen Feststellungsbescheid 1996
sowie den Feststellungsbescheid 1995 über die gesonderte Feststellung von Einkünften
aus Land- und Forstwirtschaft unter dem AZ 9 K 8263/99 F erhoben. Der Senat hat das
Verfahren bezüglich des Streitjahres 1996 mit Beschluss vom 26.3.2002 zur gesonderten
Verhandlung und Entscheidung unter dem AZ 9 K 9034/99 F abgetrennt.
Der Kläger trägt vor, auf weiteren, bisher im Privatvermögen gehaltenen
landwirtschaftlichen Flächen, dem "A"-hof, eine neue Hofstelle zu errichten zu wollen.
Gemeinsam mit den verbleibenden Flächen des "B"-hofs ergebe dies einen Betriebsfläche
von rund 79 ha. Eine entsprechende Baugenehmigung für die Hofstelle liege vor, das
Vorhaben sei wegen finanzieller Unsicherheiten vorerst zurückgestellt worden. Es sei
unbillig zu fordern, dass erst die neue Hofstelle hätte errichtet werden müssen, bevor man
die alte hätte umgestalten dürfen. Danach hätte man nämlich zunächst eine erhebliche
Verschuldung in Kauf nehmen müssen.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, der verbleibende, unverändert gebliebene Gebäudeteil
könne ohne weiteres zur Unterstellung der zur Eigenbewirtschaftung notwendigen
Maschinen und Geräte dienen. Eine Beeinträchtigung durch die Wohnbebauung läge
demzufolge nicht vor. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung sei außerdem durch den
Einsatz von Lohnunternehmen jederzeit möglich, ohne einen sehr umfangreichen
Maschinen- und Gerätepark vorrätig halten zu müssen. Daher läge in der Umgestaltung der
Hoffläche auch keine Betriebsaufgabe.
Der Restaurierung und Gestaltung der geschützten Wirtschaftsgebäude für eine
zeitgemäße landwirtschaftliche Betriebsführung hätten Auflagen der
Denkmalschutzbehörden entgegengestanden. Eine Entnahme der für die Errichtung von
Wohnungen und Stellplätzen umgestalteten Grundstücke sei nicht erfolgt. Es handele sich
vielmehr um gewillkürtes Betriebsvermögen. Die Wohnungen könnten als gewillkürtes
Betriebsvermögen anerkannt werden, da ihr Anteil am Gesamtergebnisertrag des Betriebes
geringfügig sei. Es sei entgegen dem Beklagten nicht von den Mieteinnahmen
auszugehen, sondern von den Erträgen, die wesentlich niedriger lägen.
Der Kläger beantragt, den Feststellungsbescheid für 1995 vom 16.9.1996
und die Einspruchsentscheidung, soweit sie diesen betrifft, aufzuheben,
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der verbleibende, unverändert gebliebene Gebäudeteil könne nicht mehr
zur Unterstellung von gängigen Landmaschinen dienen. Somit bliebe durch die
Umgestaltung der Hoffläche in Wohnungen kein weiteres Wirtschaftsgebäude mehr zur
Verfügung, sodass keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr vorhanden sei.
Dementsprechend müsse eine zwangsweise Betriebsaufgabe vorliegen. Die Wohnungen
und Stellplätze könnten kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein, sondern sie seien dem
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Betrieb entnommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist nicht begründet, soweit der Kläger sich gegen die Behandlung der zu
Vermietungszwecken errichteten Wohnungen als Privatvermögen wendet, sie ist
begründet, soweit er sich gegen die Annahme wendet, er habe seinen Betrieb in 1995
aufgegeben.
Der Betrieb ist nicht aufgegeben worden.
Durch die Verpachtung des Hofes seitens des Vaters, fortgeführt durch den Kläger, ist eine
Betriebsaufgabe nicht eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
- BFH.- ( s. unlängst BFH - Urteil vom 18. März 1999 IV R 65/98, Bundessteuerblatt - BStBl
- II 1999, 398 m.w.N.) führt der Übergang von der Eigenbewirtschaftung zur
Betriebsverpachtung ohne ausdrückliche Aufgabeerklärung, die hier nicht abgegeben
worden ist, nicht zur Einstellung der betrieblichen Tätigkeit; vielmehr wird der Betrieb, wenn
auch in anderer Form, fortgeführt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Zwangsaufgabe des landwirtschaftlichen
Betriebes nicht deshalb anzunehmen, weil dem Kläger eine Hofstelle nicht zur Verfügung
stand. Auch wenn man mit dem Beklagten davon ausgeht, dass das dem Kläger
verbleibene Restgebäude nicht als Hofstelle geeignet ist, liegt eine Betriebsaufgabe nicht
vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ( s. Urteil IV R 65/898 m.w.N.) ist auch dann,
mit der Hofstelle das bisherige eigentliche Lebenszentrum der Landwirtschaft fehlt, eine
Fortsetzung des landwirtschaftlichen Betriebes anzunehmen, wenn dieser über wertvolles
Eigenland verfügt. Nach zutreffender Auffassung des BFH ist dies jedenfalls der Fall, wenn
zum Betrieb 32,5 ha umfassendes Eigenland gehört. Angesichts der Größe des
Eigenlandes erscheint es wirtschaftlich nicht vertretbar, in einem solchen Fall eine
Zwangsaufgabe anzunehmen. Gemessen am Wert des Eigenlandes käme selbst dem
lebenden und toten Inventar kein entscheidendes Gewicht mehr zu (vgl. Senatsurteil vom
28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, so auch BMF -
Schreiben vom 1.12.2000 IV A 6 - S 2242 - 16/00, BStBl I 2000, 1556, nach dem das
Schicksal der Wirtschaftsgebäude für die Annahme einer Zwangsbetriebsaufgabe
unerheblich sein soll).
Nach diesen Grundsätzen liegt eine Zwangsbetriebsaufgabe nicht vor. Die dem Kläger
verbleibenden eigenen Grundflächen übersteigen mit rund 44 ha die vom BFH als für die
Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes ausreichend angesehene Fläche
beträchtlich. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass der Kläger seinen Betrieb,
möglicherweise im Zusammenhang mit dem "A"-hof, in Zukunft wieder wird aufnehmen
wird.
Soweit der Kläger sich gegen die Entnahme der zur Vermietung bestimmten Wohnungen
samt Stellplätzen wendet, ist die Klage nicht begründet.
Nach Auffassung des Senats hat der Kläger die fraglichen Flächen dem Betriebsvermögen
entnommen, sie konnten nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden.
Mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 8.5.2000 X B 142/99,
BFH/NV 2001, 16) setzt eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen eine eindeutige
Entnahmehandlung voraus. Eine Entnahme ohne ausdrückliche Erklärung des
Betriebsinhabers ist nur ausnahmsweise, u.a. dann steuerlich wirksam, wenn anlässlich
der Verpachtung eines Betriebes die wesentlichen Betriebsgrundlagen so umgestaltet
werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können. Allein die
Bebauung und anschließende Vermietung eines bisher land- und forstwirtschaftlichen
Grundstücks durch den Eigentümer führt noch nicht zur Annahme notwendigen
Privatvermögens beim Eigentümer. Wird allerdings der Charakter des landwirtschaftlichen
Betriebes durch die Nutzungsänderung derart beeinträchtigt, dass die
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Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt, ist eine Entnahme
dieses Grundstücks oder Überführung in ein anderes Betriebsvermögen zwingend.
Umfasst die Nutzungsänderung nur eine Fläche, die im Vergleich zur Gesamtfläche des
Betriebes von geringer Bedeutung ist, ist in der Regel nicht von einer Entnahme
auszugehen (st. Rspr. des BFH, s. Beschluss vom 1.2.2000, IV B 138/98, BFH/NV 2000,
713 m.w.N.). Eine Entnahme des umgestalteten Grundstücks wird allerdings dann
anzunehmen sein, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ( vgl. hierzu BFH-
Beschluss IV B 138/98 ) für dieses Grundstück von einer Verselbstständigung der
Vermögensverwaltung auszugehen ist. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn bei
einem verpachteten Betrieb, bei dem wegen des Umfangs der verpachteten Flächen trotz
Wegfalls der Hofstelle von einem fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen
ist, die Hofstelle teilweise veräußert, die zurückbehaltenen Teile der Hofstelle aber zu einer
Vielzahl von zur Vermietung an betriebsfremde Dritte bestimmte Wohnungen umgebaut
werden. In diesem Fall erlangt die Vermietung ein Eigengewicht, das eine Zuordnung der
Wohnungen zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nicht mehr rechtfertigt (vgl. auch
Urteil des FG Düsseldorf vom 18.7.2000, 11 K 7478/96 E). Der Senat stellt dabei darauf ab
auf den Wert der errichteten Wohnungen ab, der bei einem Herstellungsaufwand von
beinahe DM 4.000.000,00 absolut und auch im Vergleich zu den landwirtschaftlich
genutzten Flächen beträchtlich ist. Weiterhin hat er in die Betrachtung einbezogen, dass
die Einnahmen aus der Vermietungstätigkeit mit langfristig rund DM 220.000,00 die
Pachterträge von rund 85.000,00 bei weitem übersteigen und dass schließlich der für die
Vermietung von 13 Wohneinheiten zu betreibende Verwaltungsaufwand den aus der
Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen resultierenden Aufwand hierbei weitaus höher.
Die Feststellung der sich hieraus ergebenden Beträge bleibt einem Schlussurteil
vorbehalten.
Die Kostenentscheidung ergeht zusammen mit der Endentscheidung