Urteil des FG Düsseldorf vom 01.03.2007
FG Düsseldorf: kapitalvermögen, depot, einkünfte, aufteilung, kontokorrent, investmentfonds, verwaltungsgebühr, widersprüchliches verhalten, kapitalanlage, vermögensverwaltung
Finanzgericht Düsseldorf, 11 K 2959/04 E
Datum:
01.03.2007
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 2959/04 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist, ob und inwieweit eine einheitliche Vermögensverwaltungsgebühr als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.
2
Der Kläger zu 1. und die frühere Klägerin, die von den Klägern zu 2. bis 5. beerbt
worden ist, waren verheiratet und wurden im Streitjahr zur Einkommensteuer
zusammenveranlagt. Sie erzielten u. a. Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus
privaten Veräußerungsgeschäften. Im Streitjahr 2000 übertrug der Kläger und seine
Ehefrau die Verwaltung ihres bei der A-Bank geführten Vermögens auf die Firma Finanz
AG (im Folgenden: Finanz AG). Grundlage der Tätigkeit der Finanz AG waren Verträge
über die "individuelle Vermögensverwaltung", jeweils vom 1. März 2000 bzw. vom 7.
September 2000. Es wurden insgesamt vier Verträge geschlossen. Neben den von dem
Kläger und seiner Ehefrau geschlossenen Einzelverträgen, schlossen der Kläger und
seine Ehefrau als GbR zwei weitere Vermögensverwaltungsverträge mit der Finanz AG.
Als Gegenstand der Vermögensverwaltung waren unter der Ziffer 3 "Verwaltete
Vermögenswerte" jeweils bei der A- Bank geführte Depots sowie Girokonten
bezeichnet. Zu dem Umfang der Vermögensverwaltung heißt es in Ziffer 1 der Verträge:
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"Der Mandant bevollmächtigt die Finanz AG, die Verwaltung der Vermögenswerte
im Namen und auf Rechnung des Mandanten durchzuführen. Bei
Einzeldispositionen sind keine weiteren Weisungen oder Zustimmungen des
Mandanten erforderlich.
4
Die Finanz AG ist insbesondere befugt, in jeder Weise über die Vermögenswerte
zu verfügen, Käufe und Verkäufe vorzunehmen, Wertpapiere umzutauschen oder
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zu konvertieren, Bezugsrechte auszuüben, zu verkaufen oder zu kaufen, Devisen
anzuschaffen oder zu veräußern sowie alle übrigen Maßnahmen auszuführen, die
bei der Verwaltung der Vermögenswerte zweckmäßig und sinnvoll erscheinen.
Die Finanz AG ist weiterhin berechtigt, Termin- und Optionsgeschäfte an in- und
ausländischen Terminbörsen sowie Optionsscheingeschäfte, denen Wertpapiere,
Devisen oder Indizes als Basiswert zu Grunde liegen, zu tätigen."
6
Nach Ziffer 6 der Verträge erhält die Finanz AG eine Verwaltungsvergütung von 0,65 %
zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 0,754 % pro anno, bezogen auf den jeweiligen
Vermögenswert am Ende eines Kalenderhalbjahres. Die Vergütung wird monatlich
abschlagsweise erhoben. Entsprechend zu der halbjahresweisen Abrechnung der
Verwaltungsvergütung war die Finanz AG verpflichtet, zum Ende eines jeden
Kalenderhalbjahres einen Rechenschaftsbericht vorzulegen, in dem die
Wertentwicklung der Vermögenswerte in der jeweiligen Periode, die jeweiligen Depot-
und Kontenbestände, die Darstellung der aktuellen Strukturierung der Vermögenswerte
sowie eine Übersicht über entsprechende Entwicklungen an den Kapitalmärkten
mitgeteilt wurden.
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Gemäß Ziffer 2 der Verträge waren von den Vertragsparteien unterzeichnete sog.
"Anlagerichtlinien" Bestandteil der jeweiligen Verträge. In diesen Anlagerichtlinien
wurden u. a. die Aufteilung bzw. die Schwankungsbreiten von Aktien- und
Rentenanteilen festgelegt. Des Weiteren wurde fixiert, inwieweit andere Geschäfte in
börsengehandelten Terminprodukten, Optionsscheinen und Devisentermingeschäften
getätigt werden konnten. Im Einzelnen war für den Kläger ein Aktienanteil zwischen 30
% und 40 % und ein Rentenanteil zwischen 60 % und 70% vorgesehen. Der Anteil von
Optionen bzw. Optionsscheinen wurde auf 10 % des gesamten Vermögenswertes
begrenzt. Nach den von der Ehefrau des Klägers vereinbarten Anlagegrundsätzen sollte
ihr Aktienanteil zwischen 75 % und 100 %, entsprechend der Rentenanteil zwischen 0
% und 25 % liegen. Optionen und Optionsscheine wurden gleichfalls auf 10 % des
gesamten Vermögenswertes begrenzt. Für die Depots der Familien-GbR war ein
Aktienanteil zwischen 50 % und 70 % vereinbart, wobei der maximale Anteil eines
Einzeltitels auf 10 % beschränkt war. Der Rentenanteil sollte zwischen 30 % und 50 %
betragen. Auch hier war eine entsprechende Begrenzung hinsichtlich der Optionen und
Optionsscheine auf 10 % vorgesehen.
8
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Kopien der Verträge und Anlagerichtlinien in
der Gerichtsakte Bezug genommen (vgl. Bl. 47 ff. der Gerichtsakte).
9
Aus dem verwalteten Vermögen erzielte der Kläger im Streitjahr Erträge in Höhe von
74.527,62 DM. Unter Ansatz erklärter Werbungskosten in Höhe von 17.871,88 DM
beliefen sich die Einkünfte auf 56.655,74 DM. Die Ehefrau des Klägers erzielte Erträge
in einer Gesamthöhe von 33.676,47 DM; abzüglich erklärter Werbungskosten in Höhe
von 12.632,24 DM ergaben sich Einkünfte in Höhe von 21.044,23 DM. Die GbR erzielte
Erträge in Höhe von 34.626,40 DM, die unter Ansatz von Werbungskosten in Höhe von
13.659,75 DM zu Einkünften in Höhe von 20.930,65 DM führten.
10
Die im Rahmen der Werbungskosten zu § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
geltend gemachten, an die Finanz AG gezahlten Verwaltungsgebühren betrugen für den
Kläger 13.854,43 DM, für die Ehefrau des Klägers 9.586,25 DM sowie für die GbR
8.486,66 DM.
11
Aus der von der Finanz AG zum 31. Dezember 2000 erstellten Vermögensaufstellung
für die Portfolios VV 001 000014, 0015, 0016 und 0162 ergeben sich folgende Stände
des von der Finanz AG jeweils verwalteten Vermögens:
12
Portfolio 0016 (Ehefrau des Klägers)
13
Aktien 517.075,96 EUR 62,11 %
14
Investmentfonds 303.981,69 EUR 36,51 %
15
Optionsscheine 7.400,00 EUR 0,89 %
16
Kontokorrent 4.105,48 EUR 0,49 %
17
Gesamtvermögen 832.561,13 EUR 100 %
18
Portfolio 0014 (Kläger)
19
Aktien 192.754,03 EUR 15,38 %
20
Anleihen 435.159,48 EUR 34,72 %
21
Investmentfonds 517.234,14 EUR 41,27 %
22
Optionsscheine 3.848,00 EUR 0,31 %
23
Zerobonds 99.138,10 EUR 7,91 %
24
Kontokorrent 5.221,25 EUR 0,42 %
25
Gesamtvermögen 1.253.355,00 EUR 100 %
26
Portfolio 0162 (GbR)
27
Aktien 6.707,40 EUR 3,14 %
28
Anleihen 79.585,30 EUR 37,30 %
29
Investmentfonds 122.365,64 EUR 57,35 %
30
Kontokorrent 4.724,92 EUR 2,21 %
31
Gesamtvermögen 213.383,26 EUR 100 %
32
Portfolio 0015 (GbR)
33
Aktien 297.132,40 EUR 43,11 %
34
Anleihen 94.556,54 EUR 13,72 %
35
Investmentfonds 246.118,34 EUR 35,71 %
36
Optionsscheine 3.848,00 EUR 0,56 %
37
Zerobonds 42.923,16 EUR 6,23 %
38
Kontokorrent 4.690,50 EUR 0,68 %
39
Gesamtvermögen 689.268,94 EUR 100 %
40
Die einzelnen in den jeweiligen Anlagegruppen enthaltenen Vermögenswerte ergeben
sich aus den Seiten 2 ff. der jeweiligen Vermögensaufstellungen. Auf die Kopien im
Einspruchshefter wird Bezug genommen.
41
Anlässlich der Erstveranlagung zur Einkommensteuer 2000 im Juni 2002 wurden die
Vermögensverwaltungsgebühren in Höhe von insgesamt 31.927,34 DM in vollem
Umfang bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften als Werbungskosten
berücksichtigt. In den Einkommensteuererklärungen hatten der Kläger und seine
Ehefrau hingegen einen voll umfänglichen Abzug dieser Gebühren bei den Einkünften
aus Kapitalvermögen beantragt.
42
Zur Begründung des hiergegen gerichteten Einspruchs legten der Kläger und seine
Ehefrau ein Schreiben der Finanz AG vom 4. Juli 2002 vor. In diesem Schreiben stellte
die Firma zunächst ihre im Rahmen der bestehenden Vertragsverhältnisse
übernommenen Aufgaben dar. Ergänzend hierzu wird dort ausgeführt:
43
"Die Erzielung von sonstigen Einkünften oder privaten Veräußerungsgewinnen ist
nicht ausdrückliche Zielsetzung. Gleichwohl können im Laufe eines Jahres
Transaktionen anfallen, die einer dieser Einkunftsarten zuzuordnen sind.
44
Die durch uns aus dem betreuten Vermögen erzielten ordentlichen Erträge (...)
werden (...) mittels der Erträgnisaufstellung und/oder der
Jahressteuerbescheinigung nachgewiesen. Zusätzlich zeigen wir aus
Servicegedanken die Geschäfte auf, die möglicherweise als sonstige Einkünfte
und/oder private Veräußerungsgeschäfte eine steuerliche Relevanz haben."
45
Unter Hinweis auf die BFH-Entscheidung vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134,
113, BStBl II 1982, 37) vertritt die Finanz AG in diesem Schreiben die Auffassung, dass
Aufwendungen für die Verwaltung der Depots grundsätzlich auch dann in vollem
Umfang Werbungskosten darstellten, wenn neben den steuerpflichtigen Einnahmen
auch steuerfreie Vermögensvorteile erzielt würden.
46
Lt. der Anlage SO erzielte der Kläger Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in
Höhe von ./. 17.265 DM. Aus der von der Finanz AG erstellten Liste über die privaten
Veräußerungsgeschäfte ergeben sich weitere Einkünfte des Klägers in Höhe von ./.
41.567,78 DM, die der Beklagte im Rahmen eines Änderungsbescheides im
Einspruchsverfahren antragsgemäß berücksichtigte. Für die Klägerin beliefen sich die
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf ./. 97.607 DM.
47
Mit Änderungsbescheid über Einkommensteuer 2000 vom 3. Februar 2004 setzte der
Beklagte die Einkommensteuer auf 228.234,05 EUR fest. Der zum 31. Dezember 2000
48
verbleibende Verlustabzug zur Einkommensteuer aus privaten
Veräußerungsgeschäften wurde für den Kläger auf 63.400 DM sowie für die Ehefrau des
Klägers auf 103.424 DM festgestellt.
Hinsichtlich der Berücksichtigung der Vermögensverwaltungsgebühren nahm der
Beklagte nunmehr folgende Aufteilung vor: Es wurden auf der Grundlage der
Depotbestände vom 31. Dezember 2000 die jeweiligen Wertpapiere den Gruppen sog.
ertragbringender bzw. ertragloser Papiere zugeordnet. Des Weiteren errechnete der
Beklagte die Summe der in jedem Portfolio im Laufe des gesamten Jahres
entstandenen positiven und negativen Veräußerungserlöse aus privaten
Veräußerungsgeschäften. Diese ermittelte der Beklagte für das Depot 0014 in Höhe von
353.945,35 EUR, für das Depot 0016 in Höhe von 677.368,70 EUR sowie für die Depots
0162 und 0015 in Höhe von insgesamt 501.578,29 EUR.
49
Aus den Gruppen der ertragbringenden und ertraglosen Papiere sowie der Summe der
Veräußerungsgeschäfte bildete der Beklagte sodann eine
Gesamtbemessungsgrundlage und errechnete die auf die jeweiligen Gruppen
entfallenden quotalen Anteile. Auf der Grundlage dieser vom-Hundert-Sätze ordnete der
Beklagte die auf die ertragbringenden Papiere entfallende Verwaltungsgebühr den
Werbungskosten zu § 20 EStG zu. Der auf die privaten Veräußerungsgeschäfte
entfallende Gebührenanteil wurde bei den Werbungskosten zu § 23 EStG erfasst, der
auf die ertraglosen Papiere entfallende Anteil blieb unberücksichtigt.
50
Mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2004 wies der Beklagte den nunmehr gegen
den Einkommensteueränderungsbescheid vom 3. Februar 2004 gerichteten Einspruch
als unbegründet zurück.
51
Er wies darauf hin, dass die Struktur des von der Finanz AG verwalteten Vermögens
einen Aktienanteil von durchschnittlich 50 % ausgemacht habe. Wie sich aus den
Verträgen ergebe, sei das Vermögen mit einem mittleren bis relativ hohen, zeitweisen
sogar einem eindeutig hohen Risiko angelegt worden. Es stehe daher fest, dass die
Gebühren nicht für die Sicherung und Mehrung von Kapitalerträgen, sondern auch für
die Erhalten und Vermehrung der Vermögenssubstanz geleistet worden seien. Zudem
seien in einem nicht unerheblichen Maß private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des §
23 EStG getätigt worden.
52
Somit sei deutlich, dass die Vermögensverwaltungsgebühren nicht ausschließlich durch
die Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen veranlasst worden seien. Es seien
sowohl Vorgänge auf der steuerlich unbeachtlichen Vermögensebene als auch private
Veräußerungsgeschäfte getätigt worden. Eine Aufteilung der Kosten habe damit
zwingend zu erfolgen. Im Übrigen sei mit dem Änderungsbescheid lediglich die
Berechnungsmethode angewendet worden, die der Kläger und seine Ehefrau im
Folgejahr 2001 einvernehmlich akzeptiert hätten.
53
Der Kläger und seine Ehefrau haben am 21. Mai 2004 Klage erhoben, mit der sie
weiterhin die vollständige Berücksichtigung der Vermögensverwaltungsgebühren bei
ihren Einkünften aus Kapitalvermögen verfolgen. Zur Begründung weisen sie darauf hin,
dass der Beklagte den Nachrang der Einkünfte aus § 23 EStG zu den übrigen
Einkunftsarten übersehen habe. Dies gelte entsprechend auch für die in der jeweiligen
Einkunftsart angefallenen Werbungskosten. Da der Kläger und seine Ehefrau mit ihren
Depots u. a. Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 EStG erzielt hätten und
54
im Zusammenhang mit dieser Einkunftserzielung die Aufwendungen in Form der
Vermögensverwaltungsgebühren angefallen seien, seien diese Aufwendungen auch
insgesamt bei den Werbungskosten zu § 20 EStG zu erfassen. Soweit im Streitjahr
private Veräußerungsgeschäfte getätigt worden seien, könnten die
Verwaltungsgebühren diesen privaten Veräußerungsgeschäften nicht eindeutig
zugeordnet werden, da die Verwaltungsgebühren unabhängig von den
Veräußerungsgeschäften entstanden und berechnet worden seien. Dies mache den
Veranlassungszusammenhang zu den Einkünften aus Kapitalvermögen deutlich. Die
entgegenstehende Rechtsauffassung des Beklagten stehe ferner nicht mit der
Rechtsprechung des BFH im Einklang. So habe der BFH in mehreren Entscheidungen
ausgeführt, dass der Abziehbarkeit von Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen
der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht entgegenstehe, dass bei Erwerb der
Kapitalanlage auch die Hoffnung auf Wertsteigerungen eine Rolle gespielt habe (BFH-
Urteil vom 15. Dezember 1987 VIII R 281/83, BStBl II 1989, 16), soweit insgesamt auf
Dauer gesehen eine Überschusserzielungsabsicht bestünde. Sei dies, wie auch im
vorliegenden Fall, eindeutig festgestellt, sei es unerheblich, wenn daneben auch
steuerfreie Vermögensvorteile erzielt würden. Maßgeblich für die Beurteilung sei daher
der zugrunde liegende Verwaltervertrag. Soweit sich daraus ergebe, dass das Entgelt
vertragsgemäß nicht ausdrücklich auf nichtsteuerbare Wertsteigerungen entfalle,
sondern als einheitliches Entgelt für die dauerhaft erfolgreiche Anlage vereinbart sei,
könne dieses einheitliche Entgelt in vollem Umfang als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen angesetzt werden.
Im Übrigen sei festzuhalten, dass die vom Beklagten vorgenommene Zuordnung der
einzelnen Wertpapiere zu ertragbringenden bzw. ertraglosen Kapitalanlagen teilweise
nachweislich falsch sei. So seien u. a. die Fonds "DVG Europa-Finanzen", "DVG
Europa-Versorger" und "DVG Europa-Industrie" zu Unrecht als ertraglose Wertpapiere
behandelt worden. Dies ergebe sich bereits aus den in den vorgelegten Aufstellungen
ausgewiesenen Erträge dieser Fonds. Unklar sei auch, weshalb der Beklagte im
Klageverfahren die Auffassung vertrete, dass auch die Wertpapiere Unilever, ING Groep
sowie DWS Biotech-Aktien Typ 0 ertraglos seien sollen. Wie sich aus dem
Rechenschaftsbericht der DWS (auszugsweise vorgelegt Bl. 82 ff. der Gerichtsakte)
ergebe, führten etliche der "DWS 0 Fonds" zu steuerpflichtigen Zuflüssen. Soweit
seitens der Finanz AG tatsächlich ertraglose Optionsscheine erworben worden seien,
hätten diese ausschließlich dem Erhalt und der Sicherung des Kapitalstammes gedient.
Es sei üblich, dass im Rahmen der Depotabsicherung über Verkaufsoptionsscheine für
einzelne Aktien, bei denen der Anleger Kursverluste vermeiden wolle, eine
entsprechende Verkaufsoption gegen Zahlung einer Prämie erworben werde. Aus
Praktikabilitätsgründen fassten Vermögensverwalter die abzusichernden Aktien
zusammen und nähmen die Absicherung dann beispielsweise über den DAX-Index vor,
da sich die gebildete Gruppe sehr ähnlich wie der entsprechende Aktienindex entwickle.
55
Soweit der Beklagte auf ein widersprüchliches Verhalten des Klägers und seiner
Ehefrau hinweise, werde dies entschieden zurückgewiesen. In dem am 25. März 2003
losgelöst von einzelnen Verfahren seitens der Prozessbevollmächtigten mit dem
Beklagten geführten Gespräche sei es lediglich darum gegangen, unter Zurückstellung
von rechtlichen Bedenken auf beiden Seiten eine wirtschaftlich vertretbare Lösung für
die Erledigung verschiedener Rechtsbehelfsverfahren im Zusammenhang mit der
Abzugsfähigkeit von Werbungskosten bei Kapitaleinkünften zu finden. Wie sich dem
Besprechungsvermerk (vgl. Bl. 73 der Gerichtsakte) entnehmen lasse, hätten sich beide
Seiten ausdrücklich vorbehalten, im Einzelfall von dem aufgezeigten Verfahren
56
abzuweichen und den Rechtsweg zu beschreiten.
Während des laufenden Klageverfahrens wurde der angefochtene
Einkommensteuerbescheid 2000 am 28. Juli 2005 im Hinblick auf geänderte
Beteiligungseinkünfte erneut geändert.
57
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte auf der Grundlage seiner
Berechnungen im Schriftsatz vom 4. Oktober 2004 die Berücksichtigung weiterer
Werbungskosten i. H. v. 158,60 DM) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und den
Erlass eines entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheides zugesagt.
58
Die Kläger beantragen im Hinblick auf die Änderungszusage nunmehr,
59
den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 28. Juli 2005 dahingehend zu ändern,
dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen weitere Werbungskosten bei dem
Kläger in Höhe von 5.361,09 DM und bei der Ehefrau des Klägers in Höhe von
6.504,93 DM berücksichtigt werden,
60
hilfsweise,
61
die Revision zuzulassen.
62
Der Beklagte beantragt,
63
die Klage abzuweisen.
64
Er trägt vor: Auf Grund des relativ hohen Risikos mit einem durchschnittlichen
Aktienanteil von 50 % sowie der Tatsache, dass im Durchschnitt je Portfolio für 383.223
EUR private Veräußerungsgeschäfte getätigt worden seien und dieser Anteil an
privaten Veräußerungsgeschäften in Relation zu den Depotbeständen einen Anteil von
durchschnittlich 34,2 % ausmache, stehe für ihn fest, dass die Erzielung von Einkünften
aus § 23 EStG nicht von nachrangiger Bedeutung gewesen sein könne. Da nach der
Rechtsprechung des BFH die Überschusserzielungsabsicht nicht für die Gesamtheit
des Kapitalvermögens, sondern für jede einzelne Kapitalanlage gegeben sein müsse,
komme für die ertraglosen Kapitalanlagen weiterhin ein anteiliger
Werbungskostenansatz nicht in Betracht. Im Rahmen des Änderungsbescheides vom 3.
Februar 2004 seien jedoch irrtümlich die drei DVG Fonds den ertraglosen Papieren
zugeordnet worden. Umgekehrt seien in der damaligen Aufstellung die Wertpapiere
Unilever N. V. Cert. V. Aandelen, ING Groep N. V. Cert. V. Aandelen sowie DWS
Biotech-Aktien Typ 0 versehentlich zumindest teilweise als ertragsbringend beurteilt
worden.
65
Auf Grund einer berichtigten Zuordnung zu den ertraglosen Kapitalanlagen (vgl. Bl. 35
der Gerichtsakte) seien für das Portfolio 0016 anteilige Werbungskosten aus § 20 EStG
in Höhe von 4.755,74 DM, für das Portfolio 0014 anteilige Werbungskosten in Höhe von
10.167,77 DM sowie die Portfolios 0015 und 0162 anteilige Werbungskosten in Höhe
von insgesamt 5.137,82 DM zu berücksichtigen. Der Gesamtbetrag der
anzuerkennenden Werbungskosten aus § 20 EStG belaufe sich daher auf 20.061,33
DM. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Kläger sei aus den BFH-Urteilen vom 4.
Mai 1993 (BStBl II 1993 S. 832) und vom 8. Juli 2003 (BStBl II 2003, S. 937) im
Umkehrschluss ein Aufteilungsgebot zu folgern, da mit ertragbringenden Kapitalanlagen
66
unterschiedliche Einkunftsarten (§§ 20 und 23 EStG) verwirklicht würden.
Er sei entsprechend der Besprechung an Amtsstelle von 25. März 2003 weiterhin der
Auffassung, das DWS-Trading-Aktienfonds, Zertifikate und Derivate den ertraglosen
Kapitalanlagen zuzuordnen seien.
67
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
68
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
69
Die Klage ist unbegründet.
70
Der Einkommensteuerbescheid 2000 vom 28. Juli 2005 in der Fassung der
Änderungszusage vom 1. März 2007 ist zwar rechtswidrig, verletzt die Kläger aber nicht
in ihren Rechten, da sich die Steuerfestsetzung nicht zu Lasten der Kläger als überhöht
erweist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
71
Die Kläger haben keinen Anspruch auf einen über die bereits berücksichtigte Höhe
hinausgehenden Abzug von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
des Klägers zu 1. und dessen Ehefrau.
72
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung,
Sicherung und Erhalt der Einnahmen. Diese Regelung fordert daher für die steuerliche
Anerkennung (zumindest) einen Veranlassungszusammenhang ("zur") zwischen
Aufwendung und (steuerpflichtigen) Einnahmen. Daher sind solche Aufwendungen
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die durch die Erzielung von
Einnahmen im Rahmen des § 20 EStG veranlasst sind (vgl. BFH-Urteile vom 4. Mai
1993 VIII R 7/91, BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832; vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88 ,
BFHE 157, 541 , BStBl II 1989, 934 und vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113
, 116, BStBl II 1982, 37). Eine solche auf Einnahmeerzielung bezogene Veranlassung
ist dann zu bejahen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung
gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser
steuerrelevanten Tätigkeit gemacht werden. Für das Vorliegen eines solchen
Veranlassungszusammenhangs und damit für den Charakter der Aufwendungen als
Werbungskosten trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast (vgl. Schmidt/Drenseck,
EStG, 23. Aufl. 2004, § 9 Rn. 190).
73
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG sind die Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen,
bei der sie "erwachsen" sind. Erwachsen sind sie bei der Einkunftsart, mit der sie in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Besteht ein Zusammenhang zu mehreren
Einkunftsarten, sind die Aufwendungen entsprechend aufzuteilen. Ist dies nicht möglich,
sind die Werbungskosten bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, mit der sie nach
Grund und Wesen die engere Beziehung haben (vgl. v. Beckerath in Kirchhof, EStG, 5.
Aufl. 2005, § 9 Rn. 80)
74
Soweit die Berücksichtigung einer einheitlichen Vermögensverwaltungsgebühr als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen betroffen ist, hat der BFH in
der Entscheidung vom 4. Mai 1993 VIII R 7/91 (BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832) in
Anknüpfung an frühere Entscheidungen dargelegt, dass es einer vollen
Berücksichtigung einer einheitlichen Verwaltungsgebühr bei den Werbungskosten zu §
75
20 EStG nicht entgegenstehe, wenn Zweck eines Verwaltungsauftrags auch die
Sicherheit und der Bestand der Anlage (Vermögensbestand) sei. Könne bei einer
Kapitalanlage auf Dauer ein Überschuss der steuerpflichtigen Einnahmen über die
Ausgaben erwartet werden, so seien die Verwaltungskosten grundsätzlich auch dann in
vollem Umfang Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn neben
den steuerpflichtigen Einnahmen auch steuerfreie Vermögensvorteile ("Hoffnung auf
Wertsteigerungen") erzielt würden. Dies gelte auch dann, wenn die zu erwartenden
steuerfreien Vermögensvorteile die Einnahmeüberschüsse voraussichtlich überstiegen
(vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 2003 VIII R 43/01, BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937). Einer
Aufteilung (teilweisen Zuordnung zur Vermögensebene) stehe entgegen, dass
zuverlässige Abgrenzungsmerkmale fehlten. Eine Aufteilung der Ausgaben sei aber in
einer Reihe von Fällen denkbar. So sei offen, ob aufzuteilen sei, wenn unter den
Erträgen solche aus § 17 oder § 23 EStG sind. Des Weiteren sei von Bedeutung, ob der
Steuerpflichtige konkrete Anweisungen hinsichtlich der Kapitalanlage erteilt habe oder
dass sich sonst aus den Umständen eindeutig seine Absicht ergebe, vor allem
steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren.
Zur Frage der Überschusserzielungsabsicht sei nicht auf das ganze Depot sondern auf
die einzelnen Kapitalanlagen abzustellen. Zur Beantwortung dieser Frage sind nach
Auffassung des BFH grundsätzlich die steuerpflichtigen Einnahmen aus jeder einzelnen
Kapitalanlage zu beurteilen. Dies schließe aber eine Schätzung in der Weise nicht aus,
dass Gruppen von Wertpapieren gebildet und beurteilt würden, z. B. in der Aufteilung,
wie sie üblicherweise in den Depotauszügen der Banken vorgenommen werden.
76
Der Senat vermag sich dieser Rechtsprechung nur teilweise anzuschließen. Soweit die
Rechtsprechung des BFH die Zuordnung der Verwaltergebühren zu den
Werbungskosten bei § 20 EStG lediglich dann einschränken will, wenn der
Steuerpflichtige konkrete Anweisungen - gerichtet auf die vorrangige Erzielung von
Wertsteigerungen - hinsichtlich der Kapitalanlage erteilt hat oder sich sonst aus den
Umständen eindeutig seine Absicht ergibt, vor allem steuerfreie Wertsteigerungen zu
realisieren, führt dies nach Auffassung des Senates zu einer über den gesetzlichen
Rahmen hinausgehenden Berücksichtigung von Aufwendungen als Werbungskosten
bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
77
Wendet man die Vorgaben des BFH auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt an, lässt
sich zunächst eine eindeutig im Vordergrund stehend Absicht von Wertsteigerungen
nicht feststellen.
78
Der Verwaltungsvertrag mit der Finanz AG ist offen formuliert. Vereinbart wurde die
"Verwaltung der Vermögenswerte". Der Handlungsrahmen der Finanz AG war kaum
eingeschränkt. Auch in den vereinbarten Anlagerichtlinien wurde nicht festgehalten, ob
Erträge oder Wertsteigerungen im Vordergrund stehen sollten. Vorgaben dergestalt,
dass z. B. ausschließlich Rentenpapiere in das Depot genommen werden sollen oder
umgekehrt ausschließlich Aktien, fehlen. Auch der festgelegte Aufteilungsrahmen
zwischen Aktien und Renten lässt einen eindeutigen Vorrang nicht erkennen, wobei
allerdings der erhebliche Aktienanteil auf das Ziel einer Wertsteigerung hinweist.
79
Des Weiteren fehlte der Gebührenbemessung eine besondere erfolgsabhängige, auf
Vermögenszuwachs deutende Komponente, wie sie dem Sachverhalt des BFH-Urteil
vom 15. Dezember 1987 VIII R 281/83 (BFHE 154, 456, BStBl II 1989, 16) zu Grunde
lag (0,05 % als substanzwertbezogene Gebühr, 8 % für Erträge und Wertsteigerungen).
80
Es war lediglich eine einheitliche substanzwertbezogene Gebühr mit 0,754% brutto
vereinbart. Das Fehlen einer ausdrücklichen Wertsteigerungskomponente bei der
Berechnung der Verwaltungsgebühren spricht jedoch weder für noch gegen einen
eindeutigen Vorrang eines bestimmten Anlageziels. Denn auch Wertsteigerungen
schlagen sich in einer bestandsbezogen ermittelten Verwaltungsgebühr nieder.
Das Fehlen eines eindeutigen Vorrangs Wertsteigerungen zu erzielen, rechtfertigt
jedoch nicht im Umkehrschluss eine "Vermutung" für einen ausschließlichen
Veranlassungszusammenhang zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Vielmehr liegt
in den Fällen eines neutral gehaltenen Vermögensverwaltungsvertrages regelmäßig ein
Mischsachverhalt vor, der verschiedene Veranlassungszusammenhänge aufweist.
Durch welche Anlageziele die Aufwendungen für die Vermögensverwaltung veranlasst
worden sind, muss dabei auch unter Heranziehung der tatsächlich getätigten Geschäfte
bzw. der verwalteten Kapitalanlagen beurteilt werden. Der Steuerpflichtige hätte es
sonst in der Hand, allein durch die Abfassung der Verwaltungsverträge die steuerliche
Zuordnung bereits zu bestimmen, ohne dass die wirtschaftliche Umsetzung seiner
Absicht betrachtet würde. Kommt es daher neben dem Verwaltervertrag entscheidend
auch auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an, kann der Bezug der
Aufwendungen zu den Kapitaleinkünften i. S. d. BFH-Rechtsprechung vom 4. Mai 1993
auch nicht aus der Erklärung der Finanz AG im Schreiben vom 4. Juli 2002 abgeleitet
werden, soweit dort ausgeführt wird, dass der Bereich der Vermögensmehrung nicht
"ausdrückliche" Zielsetzung sei.
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Sollen und werden im Rahmen einer umfassenden Vermögensverwaltung Aktien in
erheblichem Umfang im Depot gehalten, hier jeweils mehr als 50 %, mit Ausnahme des
Depots des Klägers (Spanne von 30 bis 40 %), und ist ein Ertragsvorrang, z. B. durch
eine Beschränkung im Aktienbereich auf Dividendenpapiere nicht erkennbar, ist nach
Auffassung des Senates bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass sich in
einem so strukturierten Portfolio die Rendite im Wesentlichen aus den Wertsteigerungen
und nicht aus den Erträgen speisen soll.
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Dies haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger der Sache nach auch in der
mündlichen Verhandlung bestätigt. Denn nach ihrem Verständnis sind
Wertsteigerungen im Vermögensstamm, z. B. im Hinblick auf die Inflation, erforderlich,
um das Vermögen langfristig zu sichern. Aus diesem Grund liege auch der
Werbungskostencharakter der Verwaltungsgebühren im Sinne des § 9 Abs. 1 EStG
("Sicherung" der Einnahmen) vor. Dieser Vorstellung liegt jedoch ein unzutreffend
weites Verständnis des Werbungskostentatbestandes zu Grunde. Denn der Begriff der
Sicherung der Einnahmen zielt auf den Vermögenserhalt und nicht auf eine
Vermögens(wert)sicherung durch Wertsteigerung ab. Der steuerlichen
Einkünfteermittlung liegt insoweit kein inflationsbereinigter Vermögensbegriff zu Gunde.
83
Für die Zuordnung der Werbungskosten zu den Einkunftsarten folgt daraus, dass
zumindest ein Mischsachverhalt vorliegt und die Aufwendungen für die
Vermögensverwaltung durch verschiedene Einkunftsarten veranlasst werden. Denn
neben den Einkünften aus Kapitalvermögen sollen regelmäßig auch steuerpflichtige
und nicht steuerbare Veräußerungsgewinne erzielt werden. Dass der
Vermögenszuwachs aus Wertsteigerungen nicht nur beiläufig erfolgen sollte, zeigt sich
im vorliegenden Fall auch deutlich am Umfang der getätigten steuerpflichtigen
Veräußerungsgeschäfte. So sind Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG in den
Depots zwischen 125.788 EUR und 677.368 EUR getätigt worden. Bezogen auf das
84
zum 31.12.2000 verwaltete Vermögen wurde dieses im Jahr 2000 zu 28 % (Depot
Kläger), 54 % (Depot GbR 0015), 59 % (Depot GbR 0162) sowie 81 % (Depot Ehefrau)
steuerpflichtig veräußert. Bei einer derartigen Größenordnung stellt dies keine im Sinne
des Veranlassungszusammenhanges vernachlässigbare Größe dar.
Das Anlageziel, Wertsteigerungen durch steuerpflichtige und nicht steuerbare
Veräußerungsgewinne zu erreichen, ist auch nicht deshalb zu vernachlässigen, weil bei
diesen Gewinnen über die Zuordnung zum steuerpflichtigen oder steuerfreien Bereich
erst im Verkaufszeitpunkt entschieden wird. Die Annahme, dass im Kaufzeitpunkt
zunächst ein objektiver Veranlassungszusammenhang nur zu § 20 EStG bestehe und
die Zielvorstellung, daneben nicht steuerbare Veräußerungsgewinne zu erzielen, für die
Frage der Einbeziehung der Aufwendungen in den steuerlich relevanten Bereich zu
vernachlässigen sei (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2007 17 K 2300/04 E,
zitiert nach juris), teilt der Senat nicht. Soll die Rendite maßgeblich über die, wenn
möglich, steuerfreie Wertsteigerung des Vermögens erzielt werden und wird der
Vermögensverwalter abhängig vom wachsenden Vermögensbestand und nicht von der
Höhe der erwirtschafteten Kapitalerträge bezahlt, ist die Tätigkeit des Verwalters von
vornherein auch durch die Planung und Realisierung von Veräußerungsgewinnen
veranlasst. Denn die zu treffenden Anlageentscheidungen beruhen auf der
Marktanalyse, welche Papiere dem Steuerpflichtigen eine maximale Wertsteigerung und
Rendite in Abhängigkeit von der gewählten Risikostruktur versprechen. Eine andere
Betrachtung hält der Senat für nicht plausibel. Im Übrigen beruht die Beauftragung und
damit auch die Bezahlung eines Vermögensverwalters gerade auf dem Umstand, dass
dieser aufgrund seiner speziellen Marktkenntnis und Marktbeobachtung diejenigen
Kapitalanlagen auswählt, anschafft und zu den richtigen Zeitpunkten auch wieder
veräußert, die zu einer langfristigen Steigerung des Vermögens beitragen. Kein
Steuerpflichtiger würde derartige Verwaltergebühren dafür aufwenden, dass sein
Vermögen zu 100% in Bundesschatzbriefen angelegt würde.
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Diese Bewertung steht auch nicht im Widerspruch zu dem gesetzlich angeordneten
Vorrang des § 20 EStG vor § 23 EStG. Denn der in § 23 Abs. 2 Satz 1 EStG
angeordnete Vorrang der übrigen Einkunftsarten vor den Einkünften aus privaten
Veräußerungsgeschäften bezieht sich auf die Einkunftsart. Deren Bestimmung ist
jedoch hier nicht streitig. Sofern demnach steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte
getätigt werden, sind hierbei auch die damit im Zusammenhang stehenden
("veranlassten") Werbungskosten dort zu erfassen.
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Einer Aufteilung der Verwaltungsgebühren, wie sie auch vom dem Beklagten
vorgenommen und von Teilen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich
bestätigt worden ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2007 17 K 2300/04 E,
zitiert nach juris; vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2006 12 K 6440/04 E, n. v.; in
beiden Fällen war die Verwaltungsgebühr nach den Verwaltungsanweisungen der OFD
Rheinland vom 28. Oktober 2004 S 2210 A-St 212 - bestätigt durch Kurzinformation
Einkommensteuer Nr. 13/2007 vom 31. Januar 2007 - aufgeteilt worden), steht
entgegen, dass kein sachgerechter Aufteilungsmaßstab erkennbar ist. Dieser Befund
liegt auch der Auffassung des BFH zu einer weitergehenden Zuordnung der
Verwaltergebühren zu § 20 EStG zu Grunde (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1981 VIII R
128/76, BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36). Sie wird auch von Teilen der
finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2006 12
K 4964/04 E, zitiert nach juris) und von Stimmen in der Literatur geteilt (vgl. Rieck, DStR
2003, 1958 [1962]; sowie die Nachweise aus der Literatur in der BFH-Entscheidung
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vom 4. Mai 1993 VIII R 7/91, BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832).
Dies beruht zunächst darauf, dass die halbjährlich fällige und vom Vermögensbestand
zum 30.6. bzw. 31.12. berechnete Gebühr nicht in einem tatsächlichen Zusammenhang
mit einer einzelnen Kapitalanlage gebracht werden kann. So macht es für die
Berechnung keinen Unterschied, ob kurz vor Fälligkeit der Gebühr der Depotbestand
von Aktien in Rentenpapiere umgeschichtet worden ist oder nicht. Denn in diesem Fall
wäre der Aufwand nahezu ausschließlich von den nicht mehr im Depot vorhandenen
Aktien ausgelöst worden. Der Bestand zum 31.12. wäre somit kein taugliches
Zuordnungskriterium. Gleiches gilt in Bezug auf die für das erste Kalenderhalbjahr zum
Stichtag 30.06. berechnete Gebühr. Diese weist keinen erkennbaren Zusammenhang
mit den am 31.12. noch im Depot enthaltenen Werten auf. Der Depotbestand zum 31.12.
bildet daher nicht den Aufwand ab, der mit der zum 30.06. berechneten Gebühr für das
erste Kalenderhalbjahr abgegolten werden soll. Des Weiteren kann nicht berücksichtigt
werden, inwieweit der Verwaltungsaufwand dem Bereich der Marktbeobachtung und
des Haltens bzw. Verkaufens von Papieren zuzuordnen ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil
vom 27. Oktober 2006 12 K 4964/04 E, zitiert nach juris). So kann in einem Kalenderjahr
erheblicher Verwaltungsaufwand entstanden sein, mit dem Ergebnis, keine Verkäufe
bzw. Umschichtungen vorzunehmen. D. h. auch die Größe der steuerpflichtigen bzw.
steuerfreien Veräußerungsgeschäfte stellt keine treffsichere Größe zur
Aufwandszuordnung und -aufteilung dar. Soweit Veräußerungsgeschäfte getätigt
werden, kommt hinzu, dass der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der
Anschaffung der veräußerten Wertpapiere in dem vorangegangenen
Veranlagungszeitraum entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt steht jedoch regelmäßig
noch nicht fest, inwieweit dieser Aufwand, auch mit der Absicht Veräußerungsgewinne
zu erzielen, in Zusammenhang steht. Letztlich ist auch hier darauf hinzuweisen, dass
sich die Tätigkeit eines Vermögensverwalters gerade auf den Veräußerungsbereich
bezieht, da dieser Bereich sein spezielles Wissen erfordert und auch über den Erfolg
der Gesamtanlage entscheidet. Daher wäre es offensichtlich unzutreffend, eine
Verwaltungsgebühr, bei einer im ganzen Jahr bestehenden Anlage von 50 % des
Vermögens in Bundesschatzbriefen, mit 50 % den Einkünften aus Kapitalvermögen
zuzuordnen.
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Fehlt es daher nach Auffassung des Senates an einem sachgerechten
Aufteilungsmaßstab, kann - insoweit gelangt der Senat zu einer von der oben
dargestellten BFH-Rechtsprechung abweichenden rechtlichen Bewertung - bei
Kapitalanlageformen, bei denen die verschiedenen aufgezeigten
Veranlassungszusammenhänge gegeben sind, ein Werbungskostenabzug nicht in
Betracht kommen, da der für den Werbungskostenabzug die Feststellungslast tragende
Steuerpflichtige die Zuordnung zu einer Einkunftsart und zum steuerlich relevanten
Bereich bzw. der privaten Vermögensebene (bei den Veräußerungsgeschäften) nicht
plausibel nachweisen kann. So haben der Kläger und seine Ehefrau im vorliegenden
Fall eine Honorarvereinbarung getroffen, die keine Abgrenzung zulässt zwischen den
verwirklichten Einkunftsarten sowie zwischen denjenigen Aufwendungen, die auf
steuerpflichtige Vorgänge bezogen sind und solchen, die der privaten Vermögensebene
zuzurechnen sind.
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Dieses Ergebnis führt auch nicht zu steuersystematischen Widersprüchen. Denn das
Risiko, dass bei Mischsachverhalten die steuerliche Berücksichtigung aus tatsächlichen
Gründen wegen fehlenden Veranlassungsnachweises versagt bleibt, entspricht den
allgemeinen Grundsätzen im Bereich des Werbungskosten- und
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Betriebsausgabenabzuges. Denn der Steuerpflichtige hat die Schwierigkeiten im
Bereich der Zuordnung von Aufwendungen selbst verursacht. Dies zeigt sich gerade im
vorliegenden Fall einer allgemeinen Vermögensverwaltung, in denen mit einer
einheitlichen Pauschalgebühr verschiedene Tätigkeiten des Vermögensverwalters in
unterschiedlichen steuerrechtlichen Zusammenhängen abgegolten werden. Der
Steuerpflichtige, der ein solches Modell aus Gründen der Vereinfachung oder leichteren
Handhabbarkeit wählt und mit seiner Bank oder dem Vermögensverwalter vereinbart, ist
nicht unbillig belastet, wenn ihn im Rahmen seiner Besteuerung die Folgen der
Nachweis- und Aufteilungsschwierigkeiten treffen. Denn der Steuerpflichtige hätte es ja
in der Hand, durch eine differenzierter ausgestaltete Verwaltergebühr (z. B. allg.
Grundgebühr sowie eine Spartengebühr für Erträgnisse, Wertsteigerungen oder einer an
konkreten Geschäftsvorfällen orientierten Gebühr) einen denkbaren Aufteilungsmaßstab
mit dem Vermögensverwalter zu vereinbaren. Der Senat vermag in der für die
Zuordnung der Gebühr zu § 20 EStG als Rechtfertigung angeführten Vereinfachung aus
praktischen Gründen (vgl. v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand
Dezember 1998, § 9 B 735 a) keinen hinreichend gewichtigen Grund dafür zu erkennen,
die allgemeinen Grundsätze der objektiven Feststellungslast zu durchbrechen. Denn es
erscheint nicht notwendig, trotz der in der Sphäre des Steuerpflichtigen liegenden
Ursachen für den fehlenden Nachweis der Abzugsvoraussetzungen die Aufwendungen
insgesamt oder in einem wesentlich größeren Umfang auf der Grundlage einer
"Vermutung für den Bereich des § 20 EStG" dort zu berücksichtigen.
Ob trotz des nicht feststellbaren Veranlassungszusammenhangs zu einer bestimmten
Einkunftsart und wegen des Fehlens eines sachgerechten Aufteilungsmaßstabes
gleichwohl im Wege einer Schätzung Teile der Verwaltungsgebühr den
Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften zuzuordnen sein könnten, weil sich in den
verwalteten Depots auch Kapitalanlagen befinden, bei denen andere
Veranlassungszusammenhänge als die Absicht, Erträge aus der Kapitalüberlassung zu
erwirtschaften, nahezu ausgeschlossen werden können, kann offen bleiben. Denn der
Beklagte hat auf der Grundlage des von ihm gewählten Aufteilungsmaßstabes die
Verwaltungsgebühr bereits in einem Umfang den Einkünften aus Kapitalvermögen
zugeordnet, der die Gruppe solcher, durch die Ertragsbringung gekennzeichneten
Kapitalanlagen, in den Depots des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt.
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Betrachtet man die einzelnen in der Vermögensaufstellung der Finanz AG erfassten
Kapitalanlagen, die nach BFH-Rechtsprechung zulässigerweise in solche Gruppen
zusammengefasst werden können, wie sie üblicherweise in den Depotaufstellungen
enthalten sind, sind durch eine vorrangige Ertragsbringung die Gruppen der
Renten/Renten- und Geldmarktfonds und das verzinste Barvermögen (Liquidität)
gekennzeichnet. Für das Depot der Ehefrau des Klägers beläuft sich dieser Anteil
(Investmentfonds Liquidität Euro, Kontokorrent) auf rund 2 % des verwalteten
Gesamtvermögens. Für das Depot des Klägers beträgt er rund 55% (Anleihen DM und
Euro, Investmentfonds Liquidität Euro, Kontokorrent), für die zwei in GbR geführten
Depots betragen sie rund 33 % (Depot 0162 rund 49 %: Anleihen Euro, Investmentfonds
Liquidität Euro und Kontokorrent; Depot 0015 rund 27 %: Anleihen Euro,
Investmentfonds Liquidität Euro und Kontokorrent).
92
Für diese Anlagegruppen wäre auch eine Überschusserzielungsabsicht gegeben, da -
wie den Erträgnisaufstellungen zu entnehmen ist - erwartet werden kann, dass die dort
ausgewiesenen Erträge regelmäßig die Werbungskosten übersteigen. Allerdings stellt
sich trotz des erzielten deutlichen Überschusses im Bereich der Kapitaleinkünfte auch
93
hier das Zuordnungs- und Aufteilungsproblem sowohl hinsichtlich der Erträge als auch
hinsichtlich der Verwaltungsgebühr. So haben die Prozessbevollmächtigten im
Schriftsatz vom 26. August 2002 im Einspruchsverfahren dargelegt, dass eine Aufteilung
und Zuordnung der erwirtschafteten Erträge zur einzelnen Kapitalanlage mit den
vorliegenden Unterlagen (Depotbestände zum 31.12.) nicht geleistet werden könne.
Hierzu müsse die Finanz AG beauftragt werden. Dies sei nicht nur zeit- und
kostenaufwändig, sondern auch unpraktikabel, da in den Bestandsübersichten Erträge
aus mittlerweile veräußerten Anlagen natürlich nicht mehr enthalten seien.
Neben diesen praktischen Problemen ist festzuhalten, dass die
Überschusserzielungsabsicht nur unter Einbeziehung der den einzelnen
Anlagegruppen zuzurechenden Verwaltungsgebühren festgestellt werden kann. Gerade
diese Aufteilung ist jedoch hier unklar.
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Der Beklagte hat aufgrund seines gewählten Aufteilungsmaßstabes die
Verwaltungsgebühren bereits in folgendem Umfang als Webungskosten zu § 20 EStG
berücksichtigt: Für die Ehefrau des Klägers wurden im Änderungsbescheid vom 3.
Februar 2004 von den an die Finanz AG gezahlten Gebühren von 9.586,25 DM bereits
5.061,54 DM anerkannt (rund 52 %). Beim Kläger sind von den gezahlten 13.854,43 DM
Gebühren in Höhe von 9.501,73 DM (rund 69 %) anerkannt worden. Bei den auf die
GbR-Depots entfallenden Gebühren wurde von den gezahlten Gebühren in Höhe von
8.486,66 DM ein Betrag von 5.339,81 DM (rund 63 %) bereits bei den Werbungskosten
zu § 20 EStG berücksichtigt. Auch bei Einbeziehung der Anlagegruppe "Zerobonds"
(Null-Kupon-Anleihen) würde sich der ertragsorientierte Gebührenanteil im Depot des
Klägers nur auf rund 63 % und im Depot der GbR auf rund 38 % erhöhen. Beide Sätze
liegen weiterhin unter den vom Beklagten bereits berücksichtigten Gebührenanteilen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die im Klageverfahren
zugesagte Änderung des Bescheides zu Gunsten der Kläger stellt kostenmäßig nur ein
geringfügiges Obsiegen dar.
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Die Revision war zuzulassen, da der Senat mit seiner Entscheidung von der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VIII R 7/91,
BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832) abweicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
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