Urteil des FG Düsseldorf vom 31.10.2001

FG Düsseldorf: ingenieurbüro, erblasser, gesetzlicher erbe, gesellschaftsanteil, erwerb, gesellschafter, freibetrag, schenkung auf den todesfall, vertrag zugunsten dritter, personengesellschaft

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 3929/99 ERB
Datum:
31.10.2001
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 3929/99 ERB
Tenor:
Der Erbschaftsteuerbescheid des Finanzamts vom 8. November 1996 in
der Gestalt der Einspruchsentscheidung des beklagten Finanzamts vom
21. Mai 1999 wird aufgehoben, soweit damit mehr als 63.855 DM
Erbschaftsteuer gegen den Kläger festgesetzt worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist der Sohn des Erblassers B . Der Kläger und der Erblasser waren
Gesellschafter der Ingenieurbüro B Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Ingenieurbüro B
GbR). Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR vom 22.
Dezember 1989 sollte diese Gesellschaft zunächst bis zum 31. Dezember 1996
bestehen. Danach sollte durch Gesellschafterbeschluss die Fortsetzung der
Gesellschaft bestimmt werden können. § 9 des Gesellschaftsvertrags vom 22.
Dezember 1989 sah vor, dass der Erblasser für das Geschäftsjahr 1990 einen
Gewinnanteil von 60 v.H. und der Kläger einen solchen von 40 v.H. erhalten sollten. In
den folgenden Geschäftsjahren sollte sich der Gewinnanteil des Erblassers zugunsten
des Klägers um jeweils 2 v.H. vermindern. In § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags war
bestimmt, dass bei dem Ausscheiden des Erblassers durch Tod dessen
Gesellschaftsanteil auf den Kläger übergehen sollte.
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Mit Beschluss vom änderten der Erblasser und der Kläger den Gesellschaftsvertrag der
Ingenieurbüro B GbR unter anderem wie folgt ab:
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"§ 10 Ausscheiden, Abfindung, Versorgung:
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(1) Scheidet ein Gesellschafter durch Kündigung aus der Gesellschaft aus, steht ihm ein
Abfindungsguthaben in Höhe des Buchwerts seines Gesellschaftsanteils zu...
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(2) Beim Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod gehen dessen
Gesellschaftsanteile auf den jeweils anderen Gesellschafter über. Sofern als
gesetzliche Erben minderjährige Kinder vorhanden sind, steht den Erben eine
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Abfindung in Höhe des Buchwertes zu. Andernfalls geht der Geschäftsanteil
abfindungsfrei auf den verbleibenden Gesellschafter über...
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§ 10a Beendigung der Gesellschaft:
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Endet die Gesellschaft gemäß § 2 Absatz 1 durch Zeitablauf, steht das
Auseinandersetzungsguthaben den Gesellschaftern nicht entsprechend ihren Anteilen
an der Gesellschaft zu, sondern allein Herrn Dipl.-Ing. H B. Herr Dipl.-Ing. B B überträgt
insoweit seinen Anteil an dem Auseinandersetzungsguthaben im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge auf Herrn Dipl.-Ing. H B unter Anrechnung auf dessen
Erb- und Pflichtteilsansprüche."
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Mit Schreiben vom übersandte der Erblasser dem Finanzamt eine Abschrift dieser
Änderung des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR. Ferner erklärte er
"verbindlich und unwiderruflich, dass der Freibetrag gemäß § 13 Absatz 2a
Erbschaftsteuergesetz für den Übergang des Auseinandersetzungsguthabens auf
meinen Sohn H B im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gemäß der beigefügten
Vereinbarung in Anspruch genommen wird".
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Am 1995 errichtete der Erblasser ein von dem Zeugen K notariell beurkundetes
Testament. Hiermit setzte er zu seinen alleinigen Erbinnen seine am geborene Tochter
A und seine am geborene Tochter M ein. Unter I. 4. dieses Testaments vermachte der
Erblasser dem Kläger seinen Gesellschaftsanteil an der Ingenieurbüro B GbR
einschließlich sämtlicher ihm bis zum Todeszeitpunkt gegebenenfalls zustehender und
noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile. Unter I. 5. seines Testaments vom 1995 ordnete
der Erblasser an, dass seine Töchter nur den Pflichtteil erhalten sollten, falls sie das
Testament anfechten oder sich seiner Durchführung widersetzen sollten. Der Erblasser
und der Kläger schlossen am 1995 ferner einen notariell beurkundeten Erbvertrag ab.
Hiermit verzichtete der Kläger unter der aufschiebenden Bedingung, dass der
Gesellschaftsanteil des Erblassers an der Ingenieurbüro GbR einschließlich der bis zum
Todeszeitpunkt gegebenenfalls zustehenden und noch nicht ausgezahlten
Gewinnanteile im Rahmen des zu seinen Gunsten angeordneten Vermächtnisses auf
ihn übergehen werde, auf seine Erb- und Pflichtteilsrechte.
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Der Erblasser verstarb am und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts
vom - 7 VI 377/95 - von seinen beiden Töchtern zu jeweils 1/2 Anteil beerbt.
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Das Finanzamt , dessen Zuständigkeit mittlerweile auf das beklagte Finanzamt
übergegangen ist, forderte den Kläger mehrfach erfolglos auf, eine
Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Ausweislich eines hierüber angefertigten
Aktenvermerks vom 31. Oktober 1996 stellte das Finanzamt durch Nachfrage bei dem
für die Besteuerung der Ingenieurbüro B GbR zuständigen Finanzamt fest, dass der
Einheitswert des Betriebsvermögens dieser Gesellschaft auf den 1. Januar 1995 mit
671.000 DM angegeben worden war. Der Anteil des Erblassers am Einheitswert des
Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR habe auf den 1. Januar 1995 468.862 DM
betragen. Bis zum habe die Ingenieurbüro B GbR einen Gewinn von 1.300.000 DM
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ausgewiesen. Insoweit seien Entnahmen von 620.000 DM angegeben worden.
Das Finanzamt schätzte daraufhin den Wert des Erwerbs des Klägers mit (aufgerundet)
1.200.000 DM. Demgemäß setzte es gegen ihn mit Bescheid vom 8. November 1996
lediglich unter Abzug eines persönlichen Freibetrags von 90.000 DM Erbschaftsteuer
von 122.100 DM fest.
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Gegen diesen Erbschaftsteuerbescheid legte der Kläger am 6. Dezember 1996
Einspruch ein, mit dem er vorbrachte: Der Erblasser habe seinen Gesellschaftsanteil an
der Ingenieurbüro B GbR auf ihn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
übertragen. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Erblassers vom . Im Gegenzug
habe er auf Erb- und Pflichtteilsrechte verzichtet. Der auf ihn übertragene Anteil am
Einheitswert des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR habe 542.000 DM
betragen. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 500.000 DM nach § 13 Abs. 2a
Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 19. Februar 1991 (BGBl I, 468), zuletzt geändert durch Art. 5 des
Gesetzes vom 27. September 1994 (BGBl I 2624) (ErbStG), sei gegen ihn daher keine
Erbschaftsteuer festzusetzen. Der Kläger legte eine Ermittlung des Betriebsvermögens
der Ingenieurbüro B GbR zum vor, wonach dieses einen Wert von 1.084.438,61 DM
gehabt habe.
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Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen den Kläger mit
Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 1999 auf 76.950 DM neu fest und wies den
Einspruch im Übrigen zurück. Dabei schätzte es den Wert des vom Kläger erworbenen
Anteils am Einheitswert des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR mit 900.000
DM. Den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 ErbStG gewährte es nicht. Zur
Begründung führte es aus: Der Kläger habe den Gesellschaftsanteil des Erblassers an
der Ingenieurbüro B GbR von Todes wegen erworben. Ihm sei dieser
Gesellschaftsanteil einschließlich sämtlicher bis zum Todeszeitpunkt entstandener und
noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile in dem Testament des Erblassers vom 1995
vermacht worden. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ihm bereits zuvor vom
Erblasser Betriebsvermögen übertragen worden sei. Der dem Kläger vermachte
Gesellschaftsanteil könne nicht lediglich mit 1/2 von 1.084.438,61 DM angesetzt
werden. Der Kläger habe bislang keine Erbschaftsteuererklärung abgegeben. Der
Kläger habe auch nicht nachgewiesen, wie hoch der Anteil des Erblassers am
Einheitswert des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR zum Todestag gewesen
sei. Eine Halbierung des angegebenen Wertes von 1.084.438,61 DM komme nicht in
Betracht, weil dies den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht werde. Dies ergebe
sich bereits daraus, dass von dem Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar
1995 von 671.000 DM ein Anteil von 468.862 DM auf den Erblasser entfallen sei. Der
Kläger könne den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 ErbStG nicht in Anspruch
nehmen, weil er den Gesellschaftsanteil auf Grund eines Vermächtnisses erworben
habe.
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Der Kläger hat am 24. Juni 1999 Klage erhoben, mit der er im Wesentlichen vorträgt:
Das beklagte Finanzamt habe den Wert seines Erwerbs zu hoch angesetzt. Der
Einheitswert des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR habe am lediglich
854.310 DM betragen.
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Der Kläger hat eine entsprechende Ermittlung des Einheitswerts des
Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
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In diesem Betriebsvermögen seien sämtliche dem Erblasser bis zu seinem Tod
zustehenden und noch nicht ausgezahlten Gewinnanteile enthalten. Bei der Ermittlung
des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum sei eine zusätzliche Rückstellung von
280.000 DM für Abfindungszahlungen an Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Der
Erblasser sei Inhaber einer Prüfberechtigung für Statik gewesen. Ein großer Teil der
Aufträge der Ingenieurbüro B GbR habe von dieser Prüfberechtigung abgehangen. Da
er selbst nicht über diese Prüfberechtigung verfügt habe, sei zu befürchten gewesen,
dass mit dem Wegfall der entsprechenden Aufträge Mitarbeitern habe gekündigt werden
müssen. Für diesen Fall sei mit Abfindungsansprüchen von insgesamt 288.450 DM zu
rechnen gewesen.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2000 eine von ihm angefertigte Aufstellung
der berechneten Abfindungsansprüche vorgelegt, auf die verwiesen wird.
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Nach der von ihm vorgelegten Kapitalkontenentwicklung sei zum auf den Erblasser ein
Wert von 770.944,52 DM und auf ihn ein Wert von 311.299,69 DM entfallen. Im Hinblick
auf die getroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen sei das Betriebsvermögen
der Ingenieurbüro B GbR dem Erblasser und ihm jedoch zu jeweils 1/2 zuzurechnen.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19. April 2001 eine Erbschaftsteuererklärung
vorgelegt, in der er den Steuerwert des auf ihn übergegangenen Anteils an der
Ingenieurbüro B GbR mit 427.000 DM angegeben hat.
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Darüber hinaus könne er den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG in
Anspruch nehmen. Der in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B
GbR in der Fassung vom geregelte Übergang des Gesellschaftsanteils des Erblassers
sei wie ein Erwerb durch Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG zu
behandeln. Er sei im Zeitpunkt der Vereinbarung der gesellschaftsvertraglichen
Eintrittsklausel in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags gesetzlicher Erbe des
Erblassers gewesen. Der Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 29.
November 1994 sehe unter Rdnr. 3.1 vor, dass eine später abweichende tatsächliche
Erbfolge keinen Einfluss auf die Inanspruchnahme des Freibetrags habe. Ferner sei in
diesem Erlass unter 2.1 ausgeführt worden, dass der Übergang eines Anteils an einer
Personengesellschaft auf Grund einer qualifizierten Nachfolgeklausel oder der
Wahrnehmung einer Eintrittsklausel durch den Erben erbschaftsteuerrechtlich wie ein
Erwerb durch Erbanfall zu behandeln sei. Auf Grund der dinglich wirkenden
Anwachsung nach § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR sei
der Gesellschaftsanteil des Erblassers nicht in den Nachlass gefallen. Das in der
notariellen Urkunde vom 1995 angeordnete Vermächtnis sei deshalb ins Leere
gegangen. Aus diesem Grunde sei auch die Bedingung für den von ihm am 1995
erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht nicht eingetreten. Er sei daher zumindest als
Abkömmling des Erblassers pflichtteilsberechtigt geblieben. In einem solchen Fall
müsse nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1
ErbStG der Freibetrag für erworbenes Betriebsvermögen gewährt werden. Unbeschadet
dessen sei die notarielle Urkunde vom 1995 dahin auszulegen, dass er Erbe
hinsichtlich des Anteils des Erblassers an der Ingenieurbüro B GbR geworden sei. Der
Erblasser habe sich im Vorfeld der Änderung des § 10 des Gesellschaftsvertrags der
Ingenieurbüro B GbR von Rechtsanwalt S beraten lassen. Hierbei habe er den Zweck
verfolgt, ihm - dem Kläger - den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 zukommen zu
lassen. Nachdem die Änderungen des Gesellschaftsvertrags am vereinbart worden
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seien, habe der Erblasser seine Nachfolge insgesamt regeln wollen. Zu diesem Zweck
habe er Rechtsanwalt K als amtlich bestellten Vertreter für Notar Dr. M aufgesucht.
Dabei sei es dem Erblasser darum gegangen, dass er - der Kläger - den Anteil an der
Ingenieurbüro B GbR als Erbe habe erhalten sollen. Dieses Ziel hätte durch eine
Teilungsanordnung erreicht werden können. Das sodann am 1995 notariell beurkundete
Testament und der am selben Tage beurkundete Erbvertrag seien vor dem Hintergrund
der bereits getroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen weder erforderlich noch
gewollt gewesen. Wenn der Erblasser die Wirkungen des Testaments und des
Erbvertrags erkannt und gewusst hätte, dass er seine Ziele einfacher mit einer
Teilungsanordnung hätte erreichen können, hätte er sein Testament und den Erbvertrag
so nicht abgefasst. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Erb- und
Pflichtteilsverzicht mangels Eintritts der vereinbarten Bedingung nicht wirksam
geworden sei, weil er den Anteil an der Ingenieurbüro B GbR nicht auf Grund des
angeordneten Vermächtnisses erworben habe. Es habe auch dem Wunsch des
Erblassers entsprochen, Ausgleichsansprüche seiner Schwestern nach § 2329 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auszuschließen. Dies sei gleichfalls in der notariellen
Urkunde vom 1995 nicht berücksichtigt worden. Zudem ergebe sich aus dem Umstand,
dass er testamentarisch als Ersatzerbe für den Fall des Vorversterbens seiner
Schwestern eingesetzt worden sei, dass der Erblasser ihn nicht grundsätzlich habe
enterben wollen.
Jedenfalls könne er nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG den Freibetrag von 500.000
DM in Anspruch nehmen. Aus dem Gesellschaftsvertrag der Ingenieurbüro B GbR und
der notariellen Urkunde vom 1995 lasse sich nur auf eine vom Erblasser gewünschte
lebzeitige Nachfolgeregelung schließen. Bereits in dem Gesellschaftsvertrag der
Ingenieurbüro B GbR sei eine lebzeitige Nachfolgeregelung als Vertrag zugunsten
Dritter geregelt worden. Der Gesellschaftsanteil des Erblassers sei ihm als Ausgleich für
den von ihm erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht übertragen worden. Mit der
Beurkundung des Erbverzichts sei die gewollte Nachfolgeregelung lediglich klarstellend
dokumentiert worden. Im Hinblick auf die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung
sei er Erbe gewesen. Die später abweichende tatsächliche Erbfolge sei unerheblich.
Der Erblasser habe seinen Wunsch der getroffenen Nachfolgeregelung in seinem
Schreiben vom zum Ausdruck gebracht. Hiermit habe er auch unwiderruflich erklärt,
dass der Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG für diese Schenkung in
Anspruch genommen werden solle. Im Übrigen sei als Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5
ErbStG auch anzusehen, was als Abfindung für einen Erbverzicht gewährt werde. In
dem von ihm erklärten Erbverzicht sei nach der Fiktion des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG eine
Schenkung unter Lebenden zu sehen. Geschehe eine solche Schenkung zum Zwecke
einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelung, sei unter diesem Gesichtspunkt der
Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG zu gewähren.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Erbschaftsteuerbescheid des Finanzamts vom 8. November 1996 in der Gestalt
der Einspruchsentscheidung des beklagten Finanzamts vom 21. Mai 1999 aufzuheben;
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2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
27
Das beklagte Finanzamt beantragt,
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die Klage abzuweisen, soweit der Antrag des Klägers über die mit Schriftsatz vom 26.
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März 2001 vorgeschlagene Änderung hinausgeht.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor: Im Hinblick auf die vom Kläger im
Klageverfahren vorgelegten Unterlagen betrage der Einheitswert des
Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR zum 1.134.310 DM. Die mit 280.000 DM
geltend gemachte Rückstellung könne nicht berücksichtigt werden. Denn für die
Ingenieurbüro B GbR habe am Bewertungsstichtag keine Verpflichtung bestanden, an
Arbeitnehmer Abfindungszahlungen zu leisten. Von dem Einheitswert des
Betriebsvermögens von insgesamt 1.134.310 DM entfalle ein Anteil von 799.548 DM auf
den Erblasser.
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Der Kläger könne den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 ErbStG nicht in Anspruch
nehmen. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 13 Abs. 2a Satz 1 ErbStG
solle nur der Erwerb von Betriebsvermögen durch den Erben begünstigt werden. Der
Kläger habe den Erblasser jedoch nicht beerbt, sondern habe den Gesellschaftsanteil
lediglich auf Grund einer qualifizierten Nachfolgeklausel erworben. Der Erlass der
obersten Finanzbehörden der Länder vom 29. November 1994 beziehe sich
ausschließlich auf die Fälle, in denen ein Erbe nicht auf Grund seiner Rechtsstellung als
Erbe, sondern im Wege einer Sonderrechtsnachfolge auf Grund einer
gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel mit dinglicher Wirkung einen
Gesellschaftsanteil erwerbe. Andere Erwerbe von Todes wegen würden hierdurch nicht
begünstigt. Auch wenn der Kläger gesetzlicher Erbe gewesen sei, sei er im Hinblick auf
die testamentarische Verfügung des Erblassers vom 1995 nicht Erbe geworden. Es sei
zudem unerheblich, ob der Kläger pflichtteilsberechtigt gewesen sei. Denn dies habe
nicht zur Folge gehabt, dass er Gesamtrechtsnachfolger geworden sei. Selbst wenn der
vom Kläger am 1995 erklärte Erb- und Pflichtteilsverzicht unwirksam gewesen sei,
berühre dies nicht die Wirksamkeit des am selben Tag notariell beurkundeten
Testaments des Erblassers. Der Erblasser habe mit dieser testamentarischen Verfügung
auch sein Ziel erreicht, dem Kläger das Ingenieurbüro und seinen übrigen Kindern sein
restliches Vermögen zukommen zu lassen. Dass er hierbei möglicherweise nicht
erkannt habe, dass der Übergang des Anteils an der Ingenieurbüro B GbR bereits auf
Grund gesellschaftsvertraglicher Regelungen sichergestellt gewesen sei, sei
unerheblich. Denn die gesellschaftsvertraglichen Regelungen hätten nicht in
Widerspruch zu der testamentarischen Verfügung des Erblassers gestanden. Darüber
hinaus habe es gerade unter Berücksichtigung des Willens des Erblassers einer
testamentarischen Verfügung bedurft, die den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge
ausgeschlossen habe.
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Der Berichterstatter des Senats hat sich mit Schreiben vom 5. Juni 2001 an Notar K
gewandt. Notar K wurde gebeten, dazu Stellung zu nehmen, ob es dem Willen des
Erblassers entsprochen habe, den Kläger hinsichtlich seines Anteils an der
Ingenieurbüro B GbR als Erben einzusetzen. Notar K hat daraufhin dem Gericht mit
Schreiben vom 13. Juni 2001 mitgeteilt: Der Erblasser habe seine drei Kinder im
Wesentlichen gleich behandeln wollen. Der Erblasser sei jedoch davon ausgegangen,
dass der Kläger durch den Eintritt in die Ingenieurbüro B GbR höhere Vermögenswerte
als seine Töchter erhalten würde. Dies hätten seine Töchter hinnehmen müssen, weil
nur der Kläger die fachlichen Voraussetzungen für eine Übernahme des Ingenieurbüros
erfüllt habe. Der Erblasser habe durch die Errichtung der Urkunde vom 1995
sicherstellen wollen, dass der Kläger außer seiner Beteiligung an der Ingenieurbüro B
GbR nichts weiter erhalten würde. Durch den vom Kläger erklärten Erbverzicht habe
sichergestellt werden sollen, dass kein Streit mit seinen Schwestern darüber habe
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entstehen können, inwieweit noch weitere zum Nachlass gehörende Gegenstände ihm
zustehen würden. Aus der Sicht des Erblassers sei durch die "Pflichtteilsstrafklausel"
sichergestellt worden, dass seine Töchter bezüglich der Übertragung des Anteils an der
Ingenieurbüro B GbR zu Lebzeiten oder auf Grund Vermächtnisses keine Ansprüche
geltend machen würden. Der Erblasser habe den Kläger nicht als Erben einsetzen
wollen. Der Erblasser habe beabsichtigt, dass ein etwa erforderlicher Erbschein nur
seine Töchter als Erbinnen ausweisen würde und diese ohne das Einverständnis des
Klägers über den Nachlass insgesamt sowie kurzfristig hätten verfügen können. Aus
diesen Gründen sei auch der erörterte Gedanke verworfen worden, eine
testamentarische Teilungsanordnung des Inhalts zu treffen, dass dem Kläger das
Ingenieurbüro und seinen Schwestern der restliche Nachlass hätte zufallen sollen.
Die Beteiligten habe daraufhin auf eine Vernehmung des Notars K verzichtet.
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Der Senat hat Beweis durch die Vernehmung des Zeugen S erhoben. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Oktober
2001 Bezug genommen. Ferner hat der Senat neben den Akten des beklagten
Finanzamts die Akten des Finanzamts für die Ingenieurbüro B GbR beigezogen.
34
a.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
35
Die Klage ist nur zu einem Teil begründet. Der Erbschaftsteuerbescheid des
Finanzamts vom 8. November 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung des
beklagten Finanzamts vom 21. Mai 1999 ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt den
Kläger nur insoweit in seinen Rechten, als damit mehr als 63.855 DM Erbschaftsteuer
gegen ihn festgesetzt worden ist. Im Übrigen ist der Erbschaftsteuerbescheid des
Finanzamts vom 8. November 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung des
beklagten Finanzamts vom 21. Mai 1999 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).
36
Das beklagte Finanzamt ist zu Recht von einem der Erbschaftsteuer unterliegenden
Erwerb des Klägers von Todes wegen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
ausgegangen. Eine Schenkung unter Lebenden im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
kann hier nicht angenommen werden.
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Der Erblasser hat seinen Gesellschaftsanteil an der Ingenieurbüro B GbR nicht noch zu
Lebzeiten auf den Kläger übertragen. Eine schenkungsteuerpflichtige freigebige
Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt nicht vor. Insbesondere folgt aus
den §§ 10, 10a des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR in der Fassung vom
und aus dem Schreiben des Erblassers vom nichts, was für eine Übertragung des
Gesellschaftsanteils noch zu Lebzeiten sprechen könnte. § 10 des
Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR in der Fassung vom enthält lediglich
Regelungen über das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Kündigung oder Tod
und die ihm bzw. seinen Erben alsdann zustehenden Abfindungsansprüche. Unter §
10a des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom trat der Erblasser zwar seinen
zukünftigen Anspruch auf die Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens an
den Kläger unter Anrechnung auf Erb- und Pflichtteilsansprüche ab (§§ 717 Satz 2, 734
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BGB). Diese Abtretung erfolgte nach § 10a Satz 1 des Gesellschaftsvertrags in der
Fassung vom indessen lediglich für den Fall der Beendigung der Gesellschaft nach § 2
Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags durch Zeitablauf zum . Hierzu ist es nicht mehr
gekommen. Denn der Erblasser ist bereits zuvor am verstorben.
Auch ein Erwerb unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG liegt nicht vor. Soweit der
Kläger in dem notariell beurkundeten Erbvertrag vom 1995 auf Erb- und
Pflichtteilsrechte verzichtete, geschah dies lediglich unter der aufschiebenden
Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) des Übergangs des Anteils des Erblassers an dem
"Ingenieurbüro B" auf Grund des testamentarisch angeordneten Vermächtnisses. Zu
Lebzeiten des Erblassers ist dem Kläger daher ersichtlich keine Abfindung im Sinne von
§ 7 Abs.1 Nr. 5 ErbStG gewährt worden. Dementsprechend ist es bis zum Tode des
Erblassers auch nicht mehr zu einer Entstehung von Schenkungsteuer nach § 9 Abs. 1
Nr. 2 ErbStG gekommen.
39
Es kann mithin hinsichtlich des vom Kläger erworbenen Gesellschaftsanteils an der
Ingenieurbüro B GbR ausschließlich ein Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG) angenommen werden. Dabei kann hier letztlich dahingestellt bleiben, ob der
Kläger den Gesellschaftsanteil auf Grund Vermächtnisses (§§ 2147, 2174 BGB) oder
auf Grund einer gesellschaftsvertraglichen Übernahmeregelung erworben hat. Unter I. 4.
seines notariell beurkundeten Testaments vom 1995 hat der Erblasser dem Kläger
seinen Gesellschaftsanteil an der Ingenieurbüro B GbR vermacht. Dies stellt einen
Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, für den die Erbschaftsteuer
mit dem Tode des Erblassers entstanden ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Selbst wenn man
dem Kläger darin folgen würde, dass er im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers Erbe
gewesen sei, läge ein Erwerb von Todes wegen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
vor. Geht man von einem Erwerb des Klägers auf Grund gesellschaftsvertraglicher
Übernahmeregelung aus, so ist die Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG
gleichfalls mit dem Tode des Erblassers entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Nach § 3
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG gilt als Schenkung auf den Todesfall der auf einem
Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils
eines Gesellschafters bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder die
Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12
ErbStG ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt. § 10 Abs. 2 Satz 1 des
Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR in der Fassung vom sah einen solchen
Übergang des Gesellschaftsanteils eines Gesellschafters bei dessen Tod auf den
jeweils anderen Gesellschafter vor. Da die Töchter des Erblassers als gesetzliche
Erben (§ 1924 Abs. 1 BGB) im Zeitpunkt seines Todes nicht mehr minderjährig waren,
erfolgte der Übergang des Gesellschaftsanteils auf den Kläger nach § 10 Abs. 2 Satz 3
des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom abfindungsfrei. Bei der Ingenieurbüro B
GbR handelte es sich um eine zweigliedrige Personengesellschaft. Die Bestimmung
des § 736 BGB galt nicht, weil es keine "Einmann-Personengesellschaft" geben kann.
Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft können jedoch vereinbaren,
dass einer der Gesellschafter bei dem Tod des anderen Gesellschafters das
Gesellschaftsvermögen ohne Liquidation übernimmt und demgemäß dem
Gesellschafter, der die "Gesellschaft fortsetzt", das Gesellschaftsvermögen ohne
Übertragungsakte anwächst (vgl. etwa: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.
September 1993 - IV ZR 183/92 - Neue Juristische Wochenschrift -
Rechtsprechungsreport (NJW - RR) 1993, 1443 (1444); Urteil vom 6. Dezember 1993 - II
ZR 242/92 - NJW 1994, 796). Da § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG nicht voraussetzt, dass
die Gesellschaft fortgesetzt wird, gilt diese Bestimmung auch bei einer Übernahme des
40
Gesamthandseigentums durch den überlebenden Gesellschafter einer zweigliedrigen
Personengesellschaft (vgl.: Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, 22. Lieferung Februar
2001, § 3 Rdnr. 266; Meincke, ErbStG, 12. Auflage 1999, § 3 Rdnr. 63; vgl. auch:
Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 1. Juli 1992 - II R 12/90 - Bundessteuerblatt (BStBl) II
1992, 925 (928)).
Der Kläger kann für seinen Erwerb von Todes wegen den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a
Satz 1 ErbStG nicht in Anspruch nehmen. Insbesondere handelt es sich bei dem Erwerb
des Klägers nicht um einen Erwerb durch Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr.
1 ErbStG. Geht man davon aus, dass der Kläger den Gesellschaftsanteil des Erblassers
auf Grund Vermächtnisses (§§ 2147, 2174 BGB) erwarb, kann nicht von einem Erwerb
durch Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG gesprochen werden. §
13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG setzt ausdrücklich einen Erwerb durch Erbanfall (§ 1922
BGB) voraus. Demgemäß wird ein Vermächtnisnehmer, der nur einen schuldrechtlichen
Anspruch auf den vermachten Gegenstand erwirbt (§ 2174 BGB), von § 13 Abs. 2a Satz
1 Nr. 1 ErbStG nicht begünstigt (vgl. BFH, Urteil vom 10. Dezember 1997 - II R 22/96 -
BStBl II 1998, 117).
41
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf den Erlass der
obersten Finanzbehörden der Länder vom 29. November 1994 (BStBl I 1994, 905).
Soweit dort unter der Rdnr. 3.1 ausgeführt wird, eine später abweichende tatsächliche
Erbfolge habe keinen Einfluss auf die Inanspruchnahme des Freibetrags, bezieht sich
dies ersichtlich lediglich auf die Regelung des § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG. Dies
kann auch offensichtlich nur für die Fälle eines Erwerbs im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG gelten, in
denen nach der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) die Erbfolge
nachträglich abweichend geregelt wird. Darüber hinaus muss es für die
Freibetragsregelung des § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG darauf ankommen, ob der
Erwerber im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)
tatsächlich Erbe war. Der Kläger war als Sohn des Erblassers zwar einmal gesetzlicher
Erbe (§ 1924 Abs. 1 BGB). Der Erblasser hat in seinem notariell beurkundeten
Testament vom 1995 indessen zu seinen alleinigen Erben seine Töchter eingesetzt und
den Kläger damit enterbt (§ 1938 BGB). Dies hat der Kläger durch den von ihm erklärten
Erbverzicht (§ 2346 Abs. 1 BGB) bestätigt. Im Zeitpunkt der Entstehung der
Erbschaftsteuer am (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) beruhte der Erwerb des Klägers daher
nicht auf einem Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG.
42
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der
Ingenieurbüro B GbR in der Fassung vom . Mit dieser Bestimmung ist der Kläger
ersichtlich nicht vom Erblasser als Erbe eingesetzt worden (§ 1937 BGB). Aus § 10 Abs.
2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags folgt vielmehr, dass die Nachfolge in den
Gesellschaftsanteil gerade unabhängig von der Erbfolge eintreten sollte. Denn dort
wurde der Abfindungsanspruch der minderjährigen Erben gegenüber dem
verbleibenden Gesellschafter geregelt, der nicht (notwendig) Erbe ist. Selbst wenn der
Kläger den Gesellschaftsanteil des Erblassers auf Grund § 10 Abs. 2 des
Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR erworben hat, besagt dies noch nicht,
dass dies durch Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG geschah.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, der von ihm am 1995 erklärte Verzicht auf Erb- und
Pflichttteilsrechte sei mangels Eintritts der Bedingung (Erwerb des Gesellschaftsanteils
auf Grund Vermächtnisses) ins Leere gegangen, bedeutet dies nicht, dass er damit auch
Erbe nach dem Erblasser geworden ist. Der Erblasser hat vielmehr mit dem notariell
43
beurkundeten Testament vom 1995 die Schwestern des Klägers zu seinen alleinigen
Erbinnen eingesetzt und den Kläger damit enterbt (§ 1938 BGB). Selbst wenn die
Bedingung für den vom Kläger erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht nicht eingetreten
wäre, wäre er deshalb allenfalls noch pflichtteilsberechtigt gewesen (§ 2303 Abs. 1
BGB). An der testamentarisch verfügten Enterbung des Klägers (§ 1938 BGB) konnte
dies indessen nichts ändern. Der nur schuldrechtliche Anspruch auf den Pflichtteil (§§
2303 Abs. 1, 2317 Abs. 1 BGB) steht einem Erwerb durch Erbanfall im Sinne von § 13
Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG nicht gleich (vgl. BFH, Urteil vom 10. Dezember 1997 - II R
22/96 - a.a.O.). Die notarielle Urkunde vom 1995 kann auch nicht dahin ausgelegt
werden, dass der Kläger Erbe hinsichtlich des Anteils des Erblassers an der
Ingenieurbüro B GbR geworden ist. Soweit der Kläger insoweit auf die Urteile des BGH
vom 10. Februar 1977 (- II ZR 120/75 - NJW 1977, 1339) und vom 29. September 1977
(- II ZR 214/75 - NJW 1978, 264) hinweist, sind diese Entscheidungen hier bereits
deshalb nicht einschlägig, weil sie sich auf erbrechtliche Nachfolgeklauseln beziehen.
Demgegenüber knüpfte die Nachfolge in den Gesellschaftsanteil des Erblassers auf
Grund § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR nicht an die
Erbfolge an. Der Gesellschaftsanteil des Erblassers ging hiernach vielmehr auf den
Kläger als Gesellschafter - und nicht als Erbe - über. Es besteht auch kein Widerstreit
zwischen der Nachfolgeregelung in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der
Ingenieurbüro B GbR und dem in dem Testament vom 1995 vom Erblasser hinsichtlich
seines Gesellschaftsanteils verfügten Vermächtnis. Nach beiden Bestimmungen sollte
der Gesellschaftsanteil des Erblassers mit dessen Tod unter Ausschluss der Erbinnen
auf den Kläger übergehen. Die Frage eines Vorrangs der gesellschaftsvertraglichen
oder der letztwillig verfügten Nachfolge in den Gesellschaftsanteil des Erblassers stellt
sich daher in Ermangelung sich widersprechender Regelungen nicht.
Ein Erwerb des Klägers durch Erbanfall im Sinne von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG
kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil er entgegen dem Wortlaut der
letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 1995 doch Erbe bezüglich des Anteils an
der Ingenieurbüro B GbR geworden wäre. Dies scheidet bereits im Hinblick auf den vom
Amtsgericht ausgestellten Erbschein vom aus. Hiernach ist der Erblasser ausschließlich
von seinen beiden Töchtern zu jeweils 1/2 Anteil beerbt worden. Die Vermutung des §
2365 BGB gilt auch im Steuerrecht. Diese gesetzliche Vermutung ist zwar im
finanzgerichtlichen Verfahren widerlegbar (§ 155 FGO in Verbindung mit § 292 Satz 1
der Zivilprozessordnung (ZPO)). Das Finanzgericht hat das Erbrecht und die Erbanteile
jedoch nur dann selbst zu ermitteln, wenn gewichtige Gründe erkennbar sind, die gegen
die Richtigkeit des Erbscheins sprechen (vgl. BFH, Urteil vom 22. November 1995 - II R
89/93 - BStBl II 1996, 242 (243)). Solche gewichtigen Gründe gegen die Richtigkeit des
vom Amtsgericht ausgestellten Erbscheins vom bestehen nicht. Der Kläger hat nach
Überzeugung des Senats die Vermutung des § 2365 BGB nicht widerlegt.
44
Nach dem Wortlaut des notariell beurkundeten Testaments des Erblassers vom 1995 ist
der Kläger nicht als Erbe eingesetzt worden. Nur die Schwestern des Klägers wurden zu
"alleinigen" Erbinnen eingesetzt. Ersatzerben der Töchter des Erblassers sollten jeweils
deren Abkömmlinge sein. Nur für den Fall, dass eine der Töchter ohne Abkömmlinge zu
hinterlassen versterben sollte, sollte der Kläger die Hälfte des entsprechendes
Erbanteils und auch dies nur als Vermächtnis erhalten. Der Kläger sollte als Ersatzerbe
lediglich für den Fall eingesetzt sein, dass beide Töchter des Erblassers, ohne
Abkömmlinge zu hinterlassen, versterben sollten. Dies hatte entgegen der vom Kläger
vertretenen Auffassung ersichtlich nicht zur Folge, dass er auch noch darüber hinaus als
Erbe eingesetzt wurde. Demgegenüber wurde dem Kläger ausschließlich der Anteil des
45
Erblassers an der Ingenieurbüro B GbR vermacht. Der Kläger verzichtete in dem
Erbvertrag vom 1995 zudem unter der aufschiebenden Bedingung, dass der
Gesellschaftsanteil des Erblassers an der Ingenieurbüro B GbR einschließlich der
diesem bis zum Todeszeitpunkt gegebenenfalls zustehenden und noch nicht
ausgezahlten Gewinnanteile im Rahmen des zu seinen Gunsten angeordneten
"Vermächtnisses" auf ihn übergehen werde, auf seine Erb- und Pflichtteilsrechte. Es
kann daher nach dem Wortlaut des Testaments vom 1995 keinem Zweifel unterliegen,
dass der Kläger nicht als Erbe eingesetzt worden ist. Etwas anderes ergibt sich auch
nicht aus einer (ergänzenden) Auslegung der letztwilligen Verfügung des Erblassers
vom 1995.
Bei der Auslegung einer letztwilligen Verfügung (§§ 133, 2084 BGB) ist der wirkliche
Wille des Erblassers zu erforschen. Dabei sind alle außerhalb der Urkunde
vorhandenen Umstände heranzuziehen (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 8. Dezember 1982 -
IVa ZR 94/81 - Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) 86, 41
(45); Urteil vom 7. Oktober 1992 - IV ZR 160/91 - NJW 1993, 256). Bei der Auslegung
einer letztwilligen Verfügung besteht auch bei einer nach ihrem Wortlaut scheinbar
eindeutigen Willenserklärung keine Bindung an den Wortlaut, wenn - allerdings nur
dann - sich aus den Umständen ergibt, dass der Erklärende mit seinen Worten einen
anderen Sinn verbunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81 -
a.a.O. (46)). Dies kann vorliegend nach Überzeugung des Senats indes
ausgeschlossen werden. Insbesondere folgt aus dem an das Finanzamt gerichteten
Schreiben des Erblassers vom nicht, dass er den Kläger in Wirklichkeit - zumindest
hinsichtlich seines Anteils an der Ingenieurbüro B GbR - als Erben einsetzen wollte. Aus
diesem Schreiben ergibt sich zwar mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Erblasser
sichergestellt wissen wollte, dass der Kläger den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1
ErbStG in Anspruch nehmen konnte. Offen blieb hiernach jedoch, in welcher
erbrechtlichen Form die Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil vollzogen werden
sollte. Die Bezugnahme des Erblassers auf den Übergang des
Auseinandersetzungsguthabens im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgte
ersichtlich im Hinblick auf die mit dem Schreiben vom dem Finanzamt übersandte
Neufassung des § 10a des Gesellschaftsvertrags. Diese Regelung bezog sich jedoch -
wie dargelegt - nur auf die Beendigung der Gesellschaft durch Zeitablauf nach § 2 Abs.
1 des Gesellschaftsvertrags. Es mag sein, dass der Erblasser den Kläger - zumindest im
Wege einer Teilungsanordnung hinsichtlich seines Anteils an der Ingenieurbüro B GbR
- als Erben eingesetzt hätte, wenn er gewusst hätte, dass nur dadurch der Freibetrag
nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG in Anspruch genommen werden konnte. Auf
diesen hypothetischen Willen im Falle steuerrechtlich zutreffender Wertung kann hier
allerdings nicht abgestellt werden. Maßgebend ist vielmehr allein - wie dargelegt - der
tatsächliche Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung seiner letztwilligen
Verfügung vom 1995. Da die Nachfolge in den Gesellschaftsanteil des Erblassers im
Falle seines Todes bereits auf Grund der Bestimmung des § 10 Abs. 2 des
Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR gesichert war, bedurfte es auch aus
seiner Sicht nicht einer Erbeinsetzung des Klägers. Unbeschadet dessen hat Notar K in
seinem Schreiben vom 13. Juni 2001 überzeugend dargelegt, dass der Erblasser den
Kläger überhaupt nicht als seinen Erben habe einsetzen wollen. Der Erblasser habe
zwar seine drei Kinder im Wesentlichen gleich behandeln wollen. Gleichwohl habe er
den Kläger nicht als Erben einsetzen wollen. Der Erblasser habe beabsichtigt, dass ein
etwa erforderlicher Erbschein nur seine Töchter als Erbinnen ausweisen würde und
diese ohne das Einverständnis des Klägers über den Nachlass insgesamt sowie
kurzfristig hätten verfügen können. Aus diesen Gründen sei auch der erörterte Gedanke
46
verworfen worden, eine testamentarische Teilungsanordnung des Inhalts zu treffen,
dass dem Kläger das Ingenieurbüro und seinen Schwestern der restliche Nachlass
hätte zufallen sollen. Diese Angaben des Notars K sind durch die Aussage des vom
Senat vernommenen Zeugen S nicht widerlegt worden. Der Zeuge S hat nämlich zu der
Frage, ob der Erblasser den Kläger als seinen Erben hat einsetzen wollen, keine
Angaben machen können. Der Zeuge S war nach seinen Bekundungen lediglich mit der
Neufassung des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR befasst. Einen Auftrag
zum Enwurf eines Testaments habe er nicht gehabt. Er sei hinsichtlich der
erbrechtlichen Regelungen auch nicht beratend tätig geworden. Er sei
(unausgesprochen) davon ausgegangen, dass der Kläger Erbe nach dem Erblasser
werden würde. Bezüglich der Bestimmung des § 13 Abs. 2a ErbStG hat der Zeuge S
nach seinen Angaben in seiner Vernehmung durch den Senat nur auf das Erfordernis
der Abgabe einer dem § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG entsprechenden Erklärung
hingewiesen. Demgegenüber hat der Zeuge S dem Erblasser mangels entsprechender
Beauftragung nicht dazu geraten, dass er im Falle der Errichtung einer letztwilligen
Verfügung darauf zu achten habe, dass der Kläger Erbe werden müsse. Die Angaben
des Zeugen S zu einem entsprechenden Willen des Erblassers, den Kläger doch als
seinen Erben einzusetzen, sind demnach unergiebig geblieben.
Ob die von dem Notar K am 1995 beurkundeten Erklärungen geeignet waren, einen
Streit zwischen dem Kläger und seinen Schwestern zu verhindern, ist für die
Feststellung des Willens des Erblassers unerheblich. Die letztwillige Verfügung des
Erblassers vom 1995 enthielt jedenfalls eine "Pflichtteilsstrafklausel" (so Notar K in
seinem Schreiben vom 13. Juni 2001), die sicherstellen sollte, dass seine Töchter das
zugunsten des Klägers angeordnete Vermächtnis akzeptierten. Soweit der Kläger
geltend macht, es habe dem Wunsch des Erblassers entsprochen,
Ausgleichsansprüche seiner Schwestern nach § 2329 BGB auszuschließen, was in der
notariellen Urkunde vom 1995 nicht berücksichtigt worden sei, übersieht er, dass solche
Ausgleichsansprüche ersichtlich nicht in Betracht kamen. Ein Anspruch gegen den
Kläger nach § 2329 BGB scheidet schon deshalb aus, weil er den Anteil des Erblassers
an der Ingenieurbüro B GbR nicht noch zu Lebzeiten übertragen erhalten hat (s.o.). Eine
Schenkung des Erblassers im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB lag daher nicht vor. Im
Übrigen ging der Gesellschaftsanteil des Erblassers auch nach § 10 Abs. 2 des
Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR abfindungsfrei auf den Kläger über, weil
- wie dargelegt - die Schwestern des Klägers im Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr
minderjährig waren. Es kommt ferner nicht darauf an, ob Notar K die Nachfolgeregelung
in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR bekannt war. Denn
zwischen den gesellschaftsvertraglichen und erbrechtlichen Nachfolgeregelungen
bestand - wie dargelegt - kein Widerstreit.
47
Geht man davon aus, dass der Kläger den Gesellschaftsanteil des Erblassers auf Grund
der Regelung in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Ingenieurbüro B GbR
erworben hat, kann er gleichfalls den Freibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG
nicht in Anspruch nehmen. § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG gilt ausdrücklich nur für
einen Erwerb durch Erbanfall im Sinne von § 1922 BGB (vgl. BFH, Urteil vom 10.
Dezember 1997 - II R 22/96 - a.a.O.). Der Kläger war zum Zeitpunkt der Entstehung der
Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) nicht Erbe, sondern lediglich Vermächtnisnehmer. Aus
§ 10 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags folgt, dass die Übernahme eines
Gesellschaftsanteils durch einen überlebenden Gesellschafter nicht voraussetzte, dass
dieser Erbe des durch Tod ausscheidenden Gesellschafters war. Bei einem Erwerb des
Klägers auf Grund der Bestimmung des § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags handelt
48
es sich daher zwar um einen Erwerb von Todes wegen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2
Satz 2 ErbStG. Es handelt sich jedoch nicht um einen Erwerb durch Erbanfall im Sinne
von § 1922 BGB, der von § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG allein erfasst wird. Ein
lediglich auf Gesellschaftsvertrag beruhender Übergang eines Gesellschaftsanteils auf
einen überlebenden Gesellschafter, der nicht Erbe ist, fällt nach dem eindeutigen
Wortlaut des § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ErbStG nicht unter diese Freibetragsregelung
(vgl. auch: Jülicher in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rdnr. 387; Meincke, ErbStG,
10. Auflage 1994, § 13 Rdnr. 62; Moench, ErbStG, 26. Lieferung April 1999, § 13 a Rdnr.
41; Kapp/Ebeling, ErbStG, 32. Lieferung Juli 1994, § 13 Rdnr. 189; Hübner, Deutsches
Steuerrecht (DStR) 1995, 197 (199)).
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf den Erlass der
obersten Finanzbehörden der Länder vom 29. November 1994. Dort wird unter der Rdnr.
2.1 gleichfalls vorausgesetzt, dass der Erwerber Erbe ist und auf Grund einer
gesellschaftsvertraglichen Regelung einen Gesellschaftsanteil von Todes wegen
erwirbt. Soweit dort von einer qualifizierten Nachfolgeklausel gesprochen wird, handelt
es sich um die Fälle, in denen der Gesellschafter Erbe ist und auf Grund
gesellschaftsvertraglicher Regelung zusätzlich mit unmittelbar dinglicher Wirkung den
Gesellschaftsanteil erwirbt (vgl. hierzu etwa: BGH, Urteil vom 10. Februar 1977 - II ZR
120/75 - a.a.O.). Für den Fall der Wahrnehmung einer Eintrittsklausel wird unter Rdnr.
2.1 des Erlasses vom 29. November 1994 ausdrücklich verlangt, dass der Erwerber
auch Erbe ist. Diese Regelung mag insofern gerechtfertigt sein, als in den dargestellten
Fällen ein Erwerb auf Grund Gesellschaftsvertrags mit einem solchen durch Erbanfall
zusammenfällt. Dies ist hier indessen anders. Der Kläger ist nicht Erbe nach dem
Erblasser geworden. Vielmehr hat der Erblasser dem Kläger seinen Gesellschaftsanteil
lediglich vermacht (§§ 2147, 2174 BGB). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger
als Sohn des Erblassers einmal nach § 1924 Abs. 1 BGB gesetzlicher Erbe war. Allein
entscheidend ist, dass der Kläger im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr.
1 ErbStG) nicht Erbe war.
49
Der Kläger kann auch nicht nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG den von ihm
begehrten Freibetrag in Anspruch nehmen. Er hat den Gesellschaftsanteil vom
Erblasser nicht im Wege der vorweggenommen Erbfolge im Sinne von § 13 Abs. 2a
Satz 1 Nr. 2 ErbStG erworben. Unter einem Erwerb im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge ist die Übertragung des Vermögens oder eines wesentlichen Teils hiervon
durch den künftigen Erblasser auf einen oder mehrere als Erben in Aussicht
genommene Empfänger zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1991 - IV ZR
299/89 - NJW 1991, 1345; Urteil vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94 - NJW 1995, 1349
(1350)). Diese zivilrechtliche Begriffsbestimmung gilt auch im Erbschaftsteuerrecht (vgl.
BFH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - II R 61/89 - Sammlung amtlich nicht veröffentlichter
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 1994, 373 (375)). Ein Erwerb im
Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfordert daher jedenfalls eine Schenkung
unter Lebenden (vgl. BFH, Urteil vom 25. Januar 2001 - II R 52/98 - BStBl II 2001, 414
(415)). Hieran fehlt es hier. Wie dargelegt, hat der Kläger den Anteil des Erblassers an
der Ingenieurbüro B GbR von Todes wegen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
erworben. Zu einer Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ist es nicht
mehr gekommen.
50
Dem Klagebegehren ist jedoch zu entsprechen, soweit das beklagte Finanzamt mehr
als 63.855 DM Erbschaftsteuer gegen den Kläger festgesetzt hat. Der Erwerb des
Klägers von Todes wegen ist nur mit 799.548 DM anzusetzen, wie dies das beklagte
51
Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 26. März 2001 dargelegt hat.
Nach § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG in Verbindung mit den §§ 96, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des
Bewertungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 (BGBl
I, 230), zuletzt geändert durch Art. 12 Abs. 38 des Gesetzes vom 14. September 1994
(BGBl I, 2325) (BewG), bilden einen gewerblichen Betrieb und damit Betriebsvermögen
unter anderem alle Wirtschaftsgüter, die inländischen Personengesellschaften in
Ausübung eines freien Berufs gehören. Da die Wirtschaftsgüter des Vermögens einer
Personengesellschaft mehreren Personen zur gesamten Hand zustehen (§ 718 BGB),
ist ihr Wert gemäß § 3 Satz 2 BewG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Nr. 2 der
Abgabenordnung (AO) auf die beteiligten Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer
Anteile zu verteilen. Die Verteilung des Vermögens einer Personengesellschaft auf die
Gesellschafter erfolgt in erster Linie nach dem Vermögensanteil der Gesellschafter am
Gesamthandsvermögen (vgl. BFH, Urteil vom 24. Juni 1981 - III R 49/78 - BStBl II 1982,
2 (4); Urteil vom 11. März 1992 - II R 157/87 - BStBl II 1992, 543 (545); Urteil vom 3.
November 1993 - II R 96/91 - BStBl II 1994, 88 (89)). Zur Bestimmung des
Vermögensanteils des einzelnen Gesellschafters ist dessen Mitgliedschaft in sämtlichen
vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter
ins Verhältnis zu setzen. Der für das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft
festgestellte Einheitswert ist auf die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach dem
Wertverhältnis der Mitgliedschaftsrechte der Beteiligten unter Berücksichtigung des
Substanz- und Ertragswertes aufzuteilen. Dabei ist zum Zwecke einer hinreichend
zutreffenden Ermittlung des Beteiligungsverhältnisses am Substanzwert von den
Kapitalkonten der Gesellschafter in der Bilanz der Gesellschaft auszugehen. Um einen
brauchbaren Aufteilungsmaßstab zu erhalten, müssen die Kapitalkonten so verändert
(berichtigt) werden, dass sie das nach gesellschaftsrechtlichen Regeln auf die
einzelnen Gesellschafter entfallende tatsächliche Gesellschaftsvermögen hinreichend
zutreffend wiedergeben (vgl. BFH, Urteil vom 24. Juni 1981 - III R 49/78 - a.a.O. (5);
Urteil vom 11. März 1992 - II R 157/87 - a.a.O. (545); Urteil vom 3. November 1993 - II R
96/91 - a.a.O. (89); Urteil vom 15. Februar 1995 - II R 53/92 - BFH/NV 1996, 18 (19);
Urteil vom 31. Januar 1996 - II R 6/93 - BStBl II 1996, 181 (182); Urteil vom 26. März
1997 - II R 22/94 - BFH/NV 1997, 744 (745); Beschluss vom 30. September 1998 - II B
11/98 - BFH/NV 1999, 469 (470)). Diese Grundsätze gelten auch für die Aufteilung des
Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft im
Erbschaftsteuerrecht (vgl. BFH, Urteil vom 3. November 1993 - II R 96/91 - a.a.O.;
Beschluss vom 30. September 1998 - II B 11/98 - a.a.O.).
52
Diesen Grundsätzen entspricht die vom beklagten Finanzamt in seinem Schriftsatz vom
26. März 2001 dargelegte Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der
Ingenieurbüro B GbR zum maßgeblichen Bewertungsstichtag des (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 12
Abs. 5 Satz 1 ErbStG). Die Berechnung des beklagten Finanzamts lässt sich zudem
anhand der Bilanz- und Einheitswertakten des Finanzamts für die Ingenieurbüro B GbR
sowie anhand der vom Kläger mit Schriftsatz vom 25. Januar 2000 vorgelegten
Kapitalkontenentwicklung nachvollziehen. Soweit der Kläger in der von ihm mit
Schriftsatz vom 19. April 2001 vorgelegten Anlage zu seiner Erbschaftsteuererklärung
einen Einheitswert des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR von lediglich
854.310 DM ermittelt hat und diesen Wert mit etwa 1/2 in Höhe von 427.000 DM in
seiner Erbschaftsteuererklärung als Wert seines Erwerbs angegeben hat, kann ihm nicht
gefolgt werde. Denn diese Wertermittlung entspricht ersichtlich nicht den dargelegten
Grundsätzen für die Aufteilung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf
Gesellschafter einer Personengesellschaft.
53
Bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR
zum kann die vom Kläger geltend gemachte Rückstellung von 280.000 DM für mögliche
Abfindungszahlungen an Arbeitnehmer nicht berücksichtigt werden. Im Gegensatz zum
Ertragsteuerrecht ist es im Bewertungsrecht und damit auch im Erbschaftsteuerrecht (§
12 Abs. 5 Satz 1 und 2 ErbStG) mit dem Stichtagsprinzip nicht vereinbar, die Belastung
eines Unternehmens mit möglichen und zukünftigen Ausgaben zu berücksichtigen. Dies
gilt selbst dann, wenn die möglichen Ausgaben auf Betriebsvorfällen in der
Vergangenheit beruhen. Vielmehr können Schuldposten in der Vermögensaufstellung
nur für gegenwärtig bereits bestehende, nicht aber für noch ungewisse, erst in der
Zukunft möglicherweise entstehende Schulden gebildet werden (vgl. etwa: BFH, Urteil
vom 1. Oktober 1997 - II R 38/95 - BFH/NV 1998, 566 (567)). Der Kläger hat nicht
dargelegt, dass am Bewertungsstichtag (am ) bereits Abfindungsansprüche von
Arbeitnehmern der Ingenieurbüro B GbR entstanden waren. Er behauptet lediglich, es
sei wegen der ihm fehlenden Prüfberechtigung zu "befürchten" gewesen, dass
Arbeitnehmern wegen Wegfalls entsprechender Aufträge habe gekündigt werden
müssen. Offenbar ist es zu solchen Kündigungen am Bewertungsstichtag nicht
gekommen. Dies wird auch durch den in der Bilanzakte des Finanzamts für die
Ingenieurbüro B GbR vorhandenen "Bestandsvergleich zum wegen Ausscheidens des
B B" deutlich. Denn dort wurde lediglich eine Rückstellung von 47.885 DM
ausgewiesen, die das beklagte Finanzamt bei der Ermittlung des Einheitswerts des
Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR jedoch berücksichtigt hat.
54
Die demnach gegen den Kläger festzusetzende Erbschaftsteuer berechnet sich wie
folgt:
55
Erwerb des Klägers von Todes wegen: 799.548 DM
56
./. Freibetrag 90.000 DM
57
709.548 DM
58
abgerundet (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG) 709.500 DM
59
hierauf zu erhebender Steuersatz von 9 v.H.: 63.855 DM
60
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 135 Abs. 1 FGO, soweit die Klage
abgewiesen wird. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 137 FGO. Der
Kläger hat trotz mehrfacher Aufforderung durch das Finanzamt keine
Erbschaftsteuererklärung abgegeben. Hätte er eine Erbschaftsteuererklärung noch im
Verwaltungsverfahren abgebenen und darin zutreffend den Einheitswert des
Betriebsvermögens der Ingenieurbüro B GbR dargelegt, hätte das beklagte Finanzamt
bereits im Einspruchsverfahren die erst im Klageverfahren hierzu aufgetretenen Fragen
klären können. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115
Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch in
der mündlichen Verhandlung nicht darzulegen vermocht.
61