Urteil des FG Düsseldorf vom 10.01.2007

FG Düsseldorf: vermietung, lebensversicherung, stadt, sparkasse, strasse, darlehen, verpachtung, einkünfte, grundstück, absicht

Finanzgericht Düsseldorf, 16 K 2763/05 E
Datum:
10.01.2007
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 2763/05 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Kläger sind zur Einkommensteuer für das Streitjahr 2002 zusammenveranlagte
Eheleute. Streitig ist, ob das Grundstück der Kläger Z-Strasse in Z-Stadt mit
Einkunftserzielungsabsicht vermietet wurde und in welcher Höhe ggf. ein
Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung dieses Grundstücks bei der
Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen ist.
2
Die Kläger haben das vorerwähnte Grundstück im Jahre 1981 bebaut. Die
fremdfinanzierten Herstellungskosten des Gebäudes betrugen 105.308 DM
(umgerechnet 53.843 EUR). Die Anschaffungskosten des Grund und Bodens betrugen
ca. 20.000 DM. Seitdem wurde das Gebäude vermietet. Die Mieteinnahmen für die
Jahre 1985 bis 2002 betrugen insgesamt umgerechnet 70.676 EUR. Die in den Jahren
bis 1985 erzielten Einnahmen sind nicht mehr rekonstruierbar.
3
Im gleichen Zeitraum, 1985 bis 2002, wurden Zinsen als Werbungskosten in Höhe von
zusammen 332.309,33 EUR geltend gemacht. Die Schuldzinsen resultierten aus der
ursprünglichen Fremdfinanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der
Schuldenstand betrug Ende 2002 336.190,63 EUR. Die erklärten
Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung dieses Grundstücks
summierten sich in diesem Zeitraum auf 307.083,31 EUR.
4
Für das Streitjahr wurden folgende Einnahmen und Werbungskosten erklärt:
5
Einnahmen
4.019 EUR
6
Zinsen
29.555 EUR
AfA
1.106 EUR
Erhaltungsaufwand
1.468 EUR
Verwaltungskosten
920 EUR
Der Beklagte ließ zunächst (nur) die Schuldzinsen unberücksichtigt und legte deshalb
bei der Steuerberechnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 525 EUR
zugrunde.
7
Der dagegen gerichtete Einspruch hatte insoweit Erfolg, als die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung des Grundstücks Z-Straße unter Hinweis auf eine
fehlende Einkunftserzielungsabsicht nunmehr mit 0 EUR angesetzt wurden. Im übrigen
wurde der Einspruch am 1.6.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
8
Im Einspruchsverfahren hatten die Kläger erläutert, seit 1981 seien "Zinsen und
Tilgungen jeweils jährlich praktisch in ein neues Darlehen umgewandelt und dem
jeweiligen Valutastand des Vorjahres zugerechnet" worden. Das Konto sei wie ein
Kontokorrentkonto geführt worden, allerdings mit besonderen Zinskonditionen, die in
etwa denen eines langfristigen Hypothekendarlehens entsprochen hätten. Weitere
Belastungen seien über das betreffende Konto nicht erfolgt, mit der Ausnahme, dass
diesem Konto die Mieteinnahmen gutgeschrieben worden seien.
9
Der Beklagte berief sich im Einspruchsverfahren zunächst darauf, die Zinsen seien im
Streitjahr nicht abgeflossen. Bei einer Tilgungsstreckung sei, wie bei einer Stundung,
ein Abfluss erst am Ende der Laufzeit anzunehmen.
10
In seiner Einspruchsentscheidung hat sich der Beklagte dann auf die fehlende
Einkunftserzielungsabsicht gestützt. Unter Heranziehung der allgemeinen Grundsätze
der Beurteilung einer Einkunftserzielungsabsicht (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-
Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, Bundessteuerblatt -BStBl- Teil II 1984, Seite 751)
und ausgehend von der Rechtsprechung des BFH, wonach bei einer auf Dauer
angelegten Vermietung grundsätzlich davon auszugehen sei, dass der Steuerpflichtige
beabsichtige, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (vgl. BFH Urteil
vom 30.9.1997 IX R 80/94, BStBl II 1998, 771), sei hier ausnahmsweise die Absicht,
Einkünfte zu erzielen, zu verneinen.
11
Im Falle der Kläger sei ein Ausnahmefall gegeben, weil das krasse Missverhältnis
zwischen Mieteinnahmen und Schuldzinsen und die Tatsache, dass die Zinsen
größtenteils aus kreditierten Zinsen (Zinseszinsen) stammten, gegen eine
Einkunftserzielungsabsicht sprächen. Die deshalb durchzuführende
Prognoseberechnung über einen Prognosezeitraum von 30 Jahren führe zu einem
sogenannten Totalverlust.
12
Daraufhin haben die Kläger fristgerecht am 4.7.2005 Klage erhoben.
13
Im Klageverfahren haben die Kläger Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass
der Schuldenstand im Jahre 2005 um ca. 140.000 EUR auf 269.049 EUR (6.7.2005)
verringert wurde. Für die Schuldentilgung wurde der Erlös aus folgenden drei
14
Lebensversicherungen verwendet:
1. G Versicherung Nr. 01, abgeschlossen am 1.6.1984, ausgezahlt: 29.615,67 EUR
15
2. G Versicherung Nr. 02, abgeschlossen am 1.6.1984, ausgezahlt: 37.838,63 EUR
16
3. E Versicherung Nr. 03, abgeschlossen am 1.7.1975, ausgezahlt 71.259,70 EUR
17
Die Versicherungen Nr. 1 und Nr. 2 waren zum Tilgungszeitpunkt noch nicht fällig
gewesen. Der Erlös stammte aus dem Verkauf der Versicherungsansprüche an die C
AG, die sich mit dem Ankauf von Kapitallebensversicherungsverträgen befasste. Die
Versicherungen wären erst im Jahre 2010 fällig geworden.
18
Von der das Darlehen finanzierenden Sparkasse Y-Stadt wurde dem Kläger bestätigt
(Schreiben vom 28.4.2006): "Sie haben uns zu verschiedenen Lebensversicherungen
die Todesfallansprüche abgetreten. Es gilt als verabredet, dass die Ablaufleistung bzw.
die Versicherungsleistung im Zahlungsfalle zur Tilgung unserer Forderungen
herangezogen wird."
19
In der mündlichen Verhandlung am 4.5.2006 führte der Kläger dazu aus:
20
Richtig sei, dass keine schriftliche Darlehensvereinbarung getroffen wurde. Das Konto
sei wie eine Darlehenskonto mit variablem Zins und Sondertilgungsmöglichkeit geführt
worden. Zur Sicherung der Bank seien aus verschiedenen Lebensversicherungen die
Todesfallansprüche abgetreten worden. Es seien Lebensversicherungen auf den
Todesfall an die Sparkasse Y-Stadt abgetreten worden, betreffend das Konto Z-Straße
und das Sonderbetriebsvermögenskonto, das im Zusammenhang mit seiner Beteiligung
an der D/A GbR gestanden habe. Außerdem sei der Sparkasse eine Sicherheit durch
Eintragung einer Grundschuld auf dem Privatobjekt X-Straße in der Größenordnung von
400.000 DM eingeräumt worden.
21
Seine, des Klägers, Absicht sei es, um das Jahr 2010 herum, beruflich kürzer zu treten
und die Lebensversicherungen, deren Ablaufleistungen er mit insgesamt über 380.000
EUR beziffere, dann zur Tilgung bestehender Negativsalden zu verwenden. Zudem sei
beabsichtigt, durch den Verkauf seines Praxisanteils an der D/A GbR einen etwaig
verbleibenden Negativsaldo des Sonderbetriebsausvermögenskontos zu tilgen.
22
In Nachgang zur mündlichen Verhandlung wurden dem Gericht mit Schreiben vom
31.5.2006 weitere Unterlagen überlassen:
23
1. Die jährliche Information 2005 der E Versicherung über eine zum 1.1.2010
ablaufende Lebensversicherung der Klägerin (Nr. 04). Die Ablaufleistung wurde darin
mit 33.200 EUR prognostiziert.
24
2. Eine Leistungsübersicht vom 1.2.2006 der F Versicherung über eine am 1.12.2008
endende Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht der Klägerin (Nr. 05). Die mögliche
Kapitalabfindung wurde darin in Höhe von 29.067 EUR berechnet.
25
3. Eine Überschussinformation vom 1.3.2005 der G Versicherung zu einer
Lebensversicherung des Klägers (Nr. 06), fällig am 28.2.2011. Danach hatte der Kläger
eine Kapitalausschüttung ("mögliche Gesamtleistung") von 63.270 EUR zu erwarten.
26
4. Eine Überschussinformation der G Versicherung vom 1.9.2005 über eine
Lebensversicherung des Klägers (Nr. 07), in der eine mögliche Ablaufleistung am
31.8.2010 von 81.069 EUR genannt wird.
27
5. Eine Zwischenstandsmitteilung der H Versicherung zum 1.9.2005 über eine
Lebensversicherung des Klägers (Nr. 08) mit einer Prognose der Gesamtleistung am
1.9.2010 von 70.341 EUR.
28
6. Eine Jahresinformation der E Versicherung aus Mai 2005 über eine
Lebensversicherung des Klägers (Nr. 09), fällig am 1.1.2007. Die mögliche
Gesamtleistung wird darin mit 92.700 EUR angegeben.
29
7. Eine Kopie des Grundbuchblattes für das Grundstück Z-Straße. Danach wurde eine
am 27.11.1997 bewilligte Grundschuld zugunsten der Sparkasse Z-Stadt über 100.000
DM am 11.12.1997 eingetragen.
30
8. Darüber hinaus sind ausweislich des Grundbuchblattes des Grundstücks X-Strasse
Grundschulden über 500.000 DM und 200.000 DM zugunsten der Sparkasse Z-Stadt
belegt, die am 8.12.1992 bzw. 7.4.2000 eingetragen wurden.
31
In der mündlichen Verhandlung am 30.11.2006 haben die Kläger weitere Unterlagen
beigebracht, wonach die E Lebensversicherung (s.o. Nr. 1) am 20.12.1975, die F
Renten- bzw. Lebensversicherung (s.o. Nr. 2) am 10.12.1996, die
Lebensversicherungen bei der G Versicherung (s.o. Nr. 3 und Nr. 4) Anfang 1990 und
am 1.9.1977, die H Lebensversicherung (s.o. Nr. 5) am 11.9.1967 und die E
Lebensversicherung (s.o. Nr. 6) Mitte des Jahres 1981 abgeschlossen wurde.
Außerdem lässt sich den Unterlagen entnehmen, dass bis zum Jahre 2006 die in
Aussicht gestellten Gesamt-Ablaufleistungen sich teilweise geringfügig erhöht haben.
32
Die Kläger sind nach wie vor der Auffassung, dass es hinsichtlich der Vermietung nicht
an einer Einkunftserzielungsabsicht fehle. Spätestens um das Jahr 2010 herum werde,
wie von ihnen geplant, nach Tilgung des Sparkassenkredits die Zinslast wegfallen und
der Gesamtverlust anschließend kompensiert werden. Unter Bezugnahme auf ein Urteil
des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 12.12.1996 15 K 1932/91 E (Entscheidungen
der Finanzgerichte -EFG- 1997, Seite 667) vertreten die Kläger die Ansicht, dass für den
Fall einer anzustellenden Überschussprognose auf einen Prognosezeitraum von 70
Jahren abzustellen sei.
33
Die Kläger beantragen,
34
die Einkommensteuerfestsetzung 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
1.6.2005 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung des Grundstücks Z-Straße antragsgemäß berücksichtigt werden,
35
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
36
Der Beklagte beantragt,
37
die Klage abzuweisen.
38
Der Beklagte vertritt unverändert die Auffassung, die Einkunftserzielungsabsicht sei zu
verneinen. Er beruft sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Es sei
nicht erkennbar geworden, dass mit der Sparkasse ein Finanzierungskonzept "Einsatz
der Lebensversicherung" vereinbart worden sei. Der Einsatz der angegebenen
Lebensversicherungen würde auch nicht ausreichen, um das gesamte Darlehen zu
tilgen. Der gewählte Prognosezeitraum von 30 Jahren sei im übrigen zutreffend.
39
Das Gericht hat Beweis darüber erhoben, ob die Kläger das Konto bei Stadtsparkasse
Y-Stadt Nr. 100, vormals bei der Stadtsparkasse Z-Stadt Nr. 200, im Zusammenhang mit
dem Grundstück Z-Strasse in Z-Stadt geführt haben und diesbezüglich ein
Finanzierungskonzept bestand, durch Vernehmung des Sparkassenbetriebswirts I als
Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll
verwiesen. Der zunächst ebenfalls als Zeuge vorgesehene stellvertretende
Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Y-Stadt, Herr J, hat sich mit Schreiben vom
23.11.2006, auf das Bezug genommen wird, schriftlich geäußert.
40
Entscheidungsgründe
41
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Berücksichtigung eines
Werbungskostenüberschusses aus der Vermietung des Grundstücks Z-Strasse in Z-
Stadt unter Hinweis auf eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht abgelehnt.
42
1. Zwar erfüllen die erklärten Einnahmen sowie die angegebenen Werbungskosten für
sich betrachtet die Voraussetzungen des steuerlichen Einnahmebegriffes und des
Werbungskostenbegriffes.
43
Insbesondere die geltend gemachten Zinsen und Zinseszinsen stehen in einem
hinreichenden Veranlassungszusammenhang mit den Mieteinnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz
1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-) und können daher Werbungskosten sein. Es
gilt der von der Rechtsprechung entwickelte weite Werbungskostenbegriff, wonach alle
Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einnahmen veranlasst sind, zu
Werbungskosten führen (vgl. von Beckerath in Kirchhof EStG-Kompaktkommentar 2006,
§ 9 Rz. 61 und 103 m.w.N.).
44
Auch wenn im Falle der Kläger nicht positiv belegt wurde, dass die gesamte
Darlehenhöhe noch allein mit der Anschaffung der Wohnung im Zusammenhang stand,
wurde dies jedoch zumindest ausreichend glaubhaft gemacht. Zudem hat eine
Berechnung des Beklagten, das auf Zahlen bis 1985 zurückgreifen konnte, ergeben,
dass unter Berücksichtigung von Zinseszinsen, ausgehend von den
Anschaffungskosten, die Darlehenshöhe zum 31.12.2002 plausibel ist und daher das
betreffende Konto, was der Finanzierungsabsicht der Kläger entsprach, allein der
Abwicklung der Vermietungseinkünfte gedient haben dürfte.
45
Schließlich ist, als weitere Voraussetzung für einen Werbungskostenabzug, auch von
einem Abfluss der Zinsen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG auszugehen. Die
Zinsen waren mit ihrer Zuschreibung zur Darlehensschuld abgeflossen. Dabei richtet
sich der Zeitpunkt des Abflusses nach den bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen der
Beteiligten, sofern sie tatsächlich durchgeführt werden (BFH Beschluss vom 6.12.1965
GrS 2/64 S, BStBl III 1996, 144). Zinszahlungen können demgemäß, wie hier, im Wege
der Schuldumwandlung (Novation) erfolgen, indem Gläubiger und Schuldner
vereinbaren, dass die alte Schuld (Zinsschuld) in eine neue Schuld (Darlehensschuld)
46
umgewandelt wird (BFH Urteil vom 6.3.1997 IV R 47/95, BStBl II 1997, 509: solange
Kreditrahmen nicht ausgeschöpft und Bank weitere Kreditierung nicht verweigert; FG
München, Urteil vom 28.9.2005 10 K 4994/02, EFG 2006, 102: dort Sonderfall der
Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen).
2. Es fehlte den Klägern jedoch an der erforderlichen Einkunftserzielungsabsicht. Die
erklärten Verluste aus der Vermietung des Grundstückes Z-Strasse unterfallen
infolgedessen nicht dem Einkünftebegriff (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 EStG) und sind damit
einkommensteuerlich unbeachtlich.
47
a) Das Merkmal der Einkunftserzielungsabsicht setzt voraus, dass durch eine
zielgerichtete Vermögensnutzung Einnahmen erzielt werden, die auf Dauer zu einem
Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten führen (dazu ausführlich FG
Münster, Urteil vom 20.1.2004 6 K 5226/00 E, EFG 2004, 1213).
48
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich und typisierend
davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume
Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 19.4.2005 IX R 15/04,
BStBl II 2005, 754 m.w.N.). Diese typisierende Annahme trägt der Tatsache Rechnung,
dass es sich bei der Vermietung von Immobilien in vielen Fällen um "geborene
Verlustgeschäfte" handelt, der Gesetzgeber aber gleichwohl diese Einkunftsart ohne
Einschränkung beibehält (vgl. Mellinghoff in Kirchhof aaO. § 21 Rz. 16). Dadurch trägt
die Vorschrift des § 21 EStG den Charakter einer versteckten Subventionsnorm zur
Förderung der Gebäudewirtschaft in sich.
49
Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur, wenn besondere Umstände gegen das
Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht sprechen. Derartige Umstände hat die
Rechtsprechung bisher in Fällen der Vermietung einer Ferienwohnung, der verbilligten
Vermietung, der befristeten Vermietungstätigkeit und in einem Fall der Vermietung eines
aufwändig gestalteten Wohngebäudes bejaht (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2005 IX R
3/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2006,
525 und BFH-Urteil vom 19.4.2005 aaO. m.w.N. aus der Rechtsprechung).
50
b) Im Falle der Kläger ist als besonderer Umstand, der zu erheblichen Aufwendungen
führt und eine Überschusserzielungsabsicht nicht erkennen lässt, zu werten, dass die
gewählte Finanzierung zu einem "Auflaufen" von Zinsen führte und weiterhin führt. Nicht
allein das krasse Missverhältnis zwischen den Einnahmen und den Zinsaufwendungen,
sondern das fehlende dahinterstehende Finanzierungskonzept, das eine spätere
Kompensation der zunächst zu verbuchenden Verluste erwarten ließe, stellen nach
Auffassung des Senates einen besonderen Umstand im Sinne der Rechtsprechung dar.
51
In seiner Entscheidung vom 19.4.2005 (aaO., BStBl II 2005, 754) hat der BFH
ausgeführt, dass bei einem Finanzierungskonzept, das anfängliche Verluste auch über
einen längeren Zeitraum bedingt, aber nach planmäßiger vollständiger Tilgung des
Darlehens eine Kompensationswirkung durch die danach nicht mehr zu tragende
Finanzierungslast erwarten lässt, kein besonderer Umstand im vorgenannten Sinne zu
sehen sei, der gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen könnte. Der BFH hatte
über eine marktgerechte Finanzierung unter Einsatz von Lebensversicherungen nach
einem schlüssigen Finanzierungskonzept zu befinden. Die gewählte Finanzierungsart
stimme, so der BFH, in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis mit einer üblichen Finanzierung
52
zu Standardkonditionen im Wesentlichen überein.
Der Senat schließt sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Er entnimmt den
Entscheidungen des BFH zur Einkunftserzielungsabsicht in Fällen der Vermietung des
weiteren, dass die Fälle, in denen bisher besondere Umstände bejaht wurden, nicht im
Sinne einer abschließenden Aufzählung zu verstehen sind. Vielmehr spricht, wie der
Entscheidung des BFH vom 19.4.2005 zu entnehmen ist, die Wahl einer nicht
marktüblichen Finanzierung, ohne dass ein Konzept erkennbar wäre, dass zu einer
zeitlich absehbaren Kompensation der anfänglichen Verluste führen könnte, dafür, von
besonderen Umständen auszugehen.
53
Die Kläger haben nicht dartun können, dass sie ein (marktgerechtes)
Finanzierungskonzept verfolgten. Sie haben offenbar gezielt Zinsaufwendungen
"produziert", die der Vermietung zuzuordnen waren. Die entstandenen Zinsen und
Zinseszinsen überstiegen, ohne dass dies einer genaueren Berechnung bedürfte, bei
weitem den Finanzierungsaufwand, der bei einer "normalen" Finanzierung entstanden
wäre. Entgegen ihrer Behauptung, zwischen ihren Vermögenswerten, insbesondere
ihren Lebensversicherungen, und dem hier in Rede stehenden Darlehen habe ein
konzeptioneller Zusammenhang bestanden, konnte ein solcher Zusammenhang nicht
festgestellt werden. Die genannten Lebensversicherungen sind zu unterschiedlichsten
Zeitpunkten, teilweise weit vor dem Zeitpunkt der Anschaffung des Grundstücks Z-
Strasse, teilweise in den Jahren nach dessen Anschaffung, abgeschlossen worden.
Weder die zeitliche Verteilung noch die Höhe der Versicherungssummen lassen einen
Schluss auf einen Zusammenhang mit dem Gebäudedarlehen zu. Auch konnten weder
der Zeuge I noch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, Herr J,
bestätigen, dass hierzu mündlich Vereinbarungen getroffen wurden. Diesbezügliche
schriftliche Vereinbarungen sind, wie der Kläger bestätigt hat, nicht getroffen worden.
54
Sowohl der Zeuge als auch Herr J, haben lediglich darauf hingewiesen, dass im
Hinblick auf die Bonität des Klägers die weitere Darlehensaufnahme geduldet wurde.
Letztlich läuft der Vortrag der Kläger, insofern mit den Angaben des Zeugen und des
Herrn J übereinstimmend, darauf hinaus, dass sie zu keiner Zeit persönlich
überschuldet waren (Bonität) und ihr gesamtes Ansparvolumen und Vermögen
ausreichen würde, sämtliche bestehenden Verbindlichkeiten tilgen zu können. Dies
bedeutet jedoch keinen auf die Einkunftsquelle bezogenen Finanzierungsplan. Die
Tilgung der Verbindlichkeiten zu irgendeinem Zeitpunkt blieb und bleibt stattdessen
ihrer freien Entscheidung überlassen.
55
Der Einsatz von Tilgungsmitteln, erstmals im Jahre 2005 (also nach ca. 23 Jahren) und
unter dem Eindruck des laufenden Klageverfahrens, ist ebenfalls kein Beleg für eine
gezielte und geplante Darlehensrückführung zur Erreichung der oben erwähnten
Kompensationswirkung (zur Vorhersehbarkeit bei objektiver Betrachtung: BFH-Urteil
vom 15.12.1999 X R 23/95, BStBl II 2000, 267). Überdies haben sich die Kläger damit
und insbesondere mit dem vorzeitigen Verkauf eines Teils ihrer
Lebensversicherungsansprüche in Widerspruch zu ihrer Behauptung gesetzt, die
Tilgung für den Zeitpunkt des Rückzugs des Klägers aus dem aktiven Berufsleben
vorgesehen zu haben. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Verzinsung
"weitergelaufen" wäre, hätte das Finanzamt nicht für das Streitjahr 2002 die Frage der
Einkunftserzielungsabsicht problematisiert.
56
c) Nach alledem war eine Totalüberschussprognose anzustellen. Die Bemessung des
57
Prognosezeitraums knüpft an die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch die
Steuerpflichtigen sowie die mögliche Nutzung durch unentgeltliche Rechtsnachfolger an
(Mellinghoff in Kirchhof aaO. § 21 Rz. 25). Da diesbezüglich bei den Klägern keine
anderen Anhaltspunkte für die Dauer der voraussichtlichen Nutzung ersichtlich sind, ist
typisierend von einem Prognosezeitraum von 30 Jahren auszugehen (vgl. im Einzelnen
FG Münster, Urteil vom 20.1.2004 6 K 5226/00 E, EFG 2004, 1213 m.w.N. aus der Rspr.
des BFH und Gänger in Bordewin/Brandt, Kommentar zum EStG § 21 Rz. 15 sowie
Mellinghoff in Kirchhof aaO. § 21 Rz. 25). Da hier bereits bis zum Jahre 2002 ein
Gesamtverlust von etwa 307.000 EUR entstanden war (ohne Einbeziehung der Jahre
1981 bis 1984), ist ohne weiteres festzustellen, dass ein Totalüberschuss bei dieser Art
der Vermietung und Finanzierung ausgeschlossen war.
Eine Einkunftserzielungsabsicht und damit eine einkommensteuerlich relevante
Vermietungstätigkeit konnte demzufolge nicht festgestellt werden.
58
3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zuzulassen. Der BFH hat in seiner Rechtsprechung noch nicht darüber befunden, ob ein
atypisches Finanzierungskonzept einen besonderen Umstand darstellt, der zur
Verneinung der Einkunftserzielungsabsicht führen kann.
59
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
60