Urteil des FG Düsseldorf vom 11.08.2010

FG Düsseldorf (verbindung, kabel, zollrechtliche tarifierung, kommission, gerichtshof, auslegung, teil, ware, ewg, verordnung)

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 2418/09 Z
Datum:
11.08.2010
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 K 2418/09 Z
Tenor:
Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Gerichtshof der Europäischen
Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
Fallen die im Beschluss näher beschriebenen elektrischen
Verbindungselemente unter die Unterposition 8536 69 der Kombinierten
Nomenklatur in den Fassungen der Verordnungen (EG) Nr. 1810/2004
der Kommission vom 07.09.2004, Nr. 1719/2005 der Kommission vom
27.10.2005 und Nr. 1549/2006 der Kommission vom 17.10.2006, die
jeweils zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87
des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den
Gemeinsamen Zolltarif ergangen sind?
Gründe:
1
I.
2
1 Die Klägerin, ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, führte als
"Terminals" bezeichnete elektrische Verbindungselemente ein, die sie in "female
terminals" (Flachsteckhülsen) und "male terminals" (Flachstecker) unterteilte. Die
aus gestanztem Metall (Kupfer, Messing, Stahlblech) gefertigten Waren hatten keine
Isolierung. Sie befanden sich zum Teil aus transporttechnischen Gründen an
Metallbändern, von denen sie zur Verwendung abzuschneiden waren.
3
2 An die Verbindungselemente wurden in ihrer weiteren Verwendung die benötigten
Kabel gecrimpt. Dabei wurde das Kabel durch Zusammenbiegen der abstehenden
Metallflügel am Ende jeden Verbindungselements um das Kabel und weiteres
Zusammenpressen mit dem jeweiligen Verbindungselement fest verbunden. Sodann
wurden die "female terminals" und "male terminals" jeweils in zwei aufeinander
abgestimmte Kunststoffgehäuse ("female connector" und "male connector")
eingebaut. Dazu werden die Verbindungselemente in den Kunststoffgehäusen mit
4
einem besonderen Kunststoffteil fixiert. Bei einem großen Teil der Kunststoffgehäuse
werden auch die Kabel durch ein weiteres besonderes Kunststoffteil fixiert. Darüber
hinaus können Kabel und Gehäuse noch abgedichtet werden. Die über die
dargestellten, zueinander passenden Kunststoffgehäuse zu verbindenden Kabel
können schnell und sicher verbunden und wieder getrennt werden.
3 Eine elektrische Verbindung zweier Kabel, an die jeweils zueinander passende
"female terminals" und "male terminals" gecrimpt sind, kann auch mit diesen
Verbindungselementen schnell und sicher hergestellt und wieder getrennt werden.
Die "female terminals" sind nämlich so gestaltet, dass sie die "male terminals" bis auf
die Teile, die der Crimpverbindung des jeweils verwendeten Kabels dienen,
vollständig aufnehmen, dabei etwas klemmen und so eine sichere elektrische
Verbindung herstellen. Allerdings ist die dadurch hergestellte elektrische Verbindung
üblicherweise erst dann praktisch verwendbar, wenn die beiden
Verbindungselemente noch mit einer Isolierung versehen werden.
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4 Am 7. Dezember 2007 meldete die Klägerin beim Zollamt X des Beklagten
Verbindungs- und Kontaktelemente unter der Unterposition 8536 90 10 der
Kombinierten Nomenklatur KN zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr
an. Dabei handelte es sich um eine Stiftleiste, die aus parallel liegenden Metallstiften
bestand, die an einem Ende goldfarbig waren. Zu Verpackungs- und
Transportzwecken waren die Metallstifte auf einem gelochten Metallband
aufgebracht. Die Metallstifte dienten der Herstellung elektrischer Verbindungen für
eine Spannung von weniger als 1.000 V und waren nicht für Koaxialkabel, gedruckte
Schaltungen oder Luftfahrzeuge vorgesehen.
6
5 Die Zollstelle fertigte die Ware antragsgemäß ab, zog aber eine Probe, die sie der
Bundesfinanzdirektion Y - Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA)
übersandte. Die ZPLA beurteilte die Ware als anderes elektrisches Gerät zum
Verbinden von elektrischen Stromkreisen für eine Spannung von weniger als
1.000 V und reihte sie in die Unterposition 8536 69 90 KN ein.
7
6 Auf Anordnung des Beklagten vom 17 Juli 2007 fand bei der Klägerin durch das
Sachgebiet Prüfungsdienst des Beklagten eine Außenprüfung statt, deren Ergebnis
im Prüfungsbericht vom 18. Dezember 2008 zusammengefasst wurde. Dabei
vertraten die Prüfer hinsichtlich der hier streitigen Einfuhren vom 23. Mai 2005 bis
zum 30. Dezember 2007 die Auffassung, die Klägerin habe Steckverbindungen der
Unterposition 8536 69 90 KN unzutreffend unter den Unterpositionen 8536 90 10,
8536 69 10 und 8536 69 30 KN angemeldet und in den zollrechtlich freien Verkehr
überführen lassen. Die der Prüfung zu Grunde liegenden Arten der "Terminals"
ergeben sich aus Anlage 23 des Prüfungsberichts in der Fassung der Anlage zum
Schriftsatz des Beklagten vom 8. Juni 2010. Diese Anlage enthält eine 174
Positionen umfassende Liste, wobei die dort aufgeführten "Terminals" den
dargestellten Flachsteckhülsen und Flachsteckern bis auf die Position 174
entsprechen. Die unter der Position 174 genannten Header, an die Kabel nach
Angaben der Klägerin auch durch Crimpen befestigt werden, entsprechen den am 7.
Dezember 2007 eingeführten Waren.
8
7 Der Beklagte folgte den Beurteilungen seines Prüfungsdienstes und der ZPLA und
erhob mit Bescheiden vom 2. und 20. Mai, 01. und 30. August 2008 insgesamt
112.823,62 EUR Zoll nach.
9
8 Gegen die Bescheide legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den der
Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 28. Mai 2009 als unbegründet
zurückwies: Bei den von der Klägerin eingeführten Waren werde eine elektrische
Verbindung von Kabeln jeweils durch Stecken in eine Steckbuchse hergestellt.
Hingegen werde die elektrische Verbindung bei Waren der Unterposition 8536 90 10
KN in anderer Weise als durch Stecken, z.B. Schrauben, Crimpen oder durch Löten
hergestellt. Insbesondere gehörten in die Unterposition 8536 60 90 KN auch solche
Steckverbindungen, die auf einer Seite ein Steckteil und auf der anderen Seite eine
andere Kontaktvorrichtung (z.B. Crimpanschluss) vorwiesen.
10
9 In Anwendung der Allgemeinen Vorschriften – AV 1 und 6 und unter Bezugnahme
auf Anmerkung 2a zu Abschnitt XVI sowie den Erläuterungen zum Harmonisierten
System (Erl KN (HS)) zu 8536 Rzn. 01.0, 01.5, 18.0, 19.0 als auch den Erläuterungen
zur KN (Erl KN (KN)) zu den Unterpositionen 8536 6910 bis 8536 6990 Rzn. 16.0-
18.0 seien die von der Klägerin eingeführten Waren als Steckvorrichtung in die
Unterposition 8536 69 90 KN einzureihen. Die Position 8536 umfasse u.a.
elektrische Geräte zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen, die Unterposition
8536 69 Steckvorrichtungen. Die hier zu beurteilenden Waren seien dafür bestimmt,
in ein Steckergehäuse eingesetzt zu werden. Die eigentliche elektrische Verbindung
werde durch das Stecken in eine gegenpolige Steckbuchse hergestellt. Daher
handele sich also um eine Steckverbindung, die weiter in die Unterposition 8536 69
90 KN einzureihen sei, AV 1 und 6.
11
10 Selbst wenn angenommen würde, dass die Terminals nur einen Bestandteil eines
Steckers darstellten, wäre diese Ware trotzdem wie die fertige Ware einzureihen, da
diese bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen -bzw.
fertigen Ware besitze, AV 2 a) Satz 1. Als wesentliches Beschaffenheitsmerkmal
eines Steckers sei der Teil anzusehen, der den elektrischen Kontakt herstelle.
12
11 Zur Begründung ihrer fristgerecht erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Die
eingeführten Waren gehörten in die Unterposition 8536 90 10 KN. Diese
Unterposition gelte auch für Teile, Anmerkung 2 Buchst. a zu Abschnitt XVI.
13
12 Eine elektrische Verbindung komme nicht durch Zusammenfügen der
Steckanschlüsse, sondern durch die Crimpanschlüsse zustande. Der
Montagevorgang sei beendet, wenn die Verbindungselemente mit der Seite, die
nicht durch die Crimpverbindungen mit den Kabeln verbunden seien, in die
Steckergehäuse eingefügt würden.
14
13 Die Unterposition 8536 90 10 KN erfasse alle Verbindungs- und Kontaktelemente
für Drähte und Kabel. Für die Einreihung seien Funktion und Verwendungszweck
maßgebend. Die Verbindungselemente seien nur Endkontaktelemente, die am Ende
von Leitungen angebracht seien, um eine Leitung herzustellen. Dazu werde das
jeweilige Verbindungselement an die Leitung gecrimpt. Die Verbindung erfolge nicht
durch Stecken. Auf der anderen Seite erfolge keine elektrische Verbindung. Vielmehr
würden die Verbindungselemente durch die besonderen Kunststoffteile in den
Gehäusen festgeklemmt. Der wesentliche Charakter der Verbindungselemente
bestehe darin, dass sie als Endkontaktstücke für Kabel dienten, um diese mit
elektrischen Leitungen zu verbinden.
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14 Eine Einreihung in die Unterposition 8536 69 90 KN scheide auch deshalb aus,
weil die Terminals allein nicht steckfähig und ohne Gehäuse und Zusatzteile nicht
einsatzfähig seien. Erst mit dem Einbau in ein Gehäuse entstehe eine
Steckvorrichtung. Die AV 2 Buchst. a sei nicht anwendbar, da den "Terminals" die
Isolations- und Verbindungsfunktion fehle.
16
15 Die Klägerin beantragt,
17
die Einfuhrabgabenbescheide des Beklagten vom 2. und 20. Mai und 30.
August 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 28. Mai 2009
aufzuheben und den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 1. August
2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2009
aufzuheben, soweit mehr als 5.534,83 EUR Zoll nacherhoben worden sind.
18
16 Der Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen,
20
17 und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
21
II.
22
18 Der Ausgang des Rechtsstreites hängt von der Einreihung der streitigen Waren
ab. Diese gehören unstreitig in die Position 8536, die für Geräte zum Schließen,
Unterbrechen, Schützen oder Verbinden von elektrischen Stromkreisen (z.B.
Schalter, Relais, Sicherungen, Überspannungsableiter, Steckvorrichtungen,
Lampenfassungen und Verbindungskästen) für eine Spannung von 1.000 V oder
weniger vorgesehen ist.
23
19 Innerhalb der Position 8536 enthält die Unterposition 8536 6 Lampenfassungen
und Steckvorrichtungen, wobei innerhalb dieser Unterposition die Unterposition
8536 61 die hier nicht interessierenden Lampenfassungen und die Unterposition
8536 69 die Steckvorrichtungen enthält. Diese werden in der englischen Fassung als
"plugs and sockets" und in der französischen Fassung als "fiches et prises de
courant" bezeichnet. Wären die streitigen Waren der Unterposition 8536 69
zuzuweisen, fielen sie, da sie weder für Koaxialkabel noch für gedruckte
Schaltungen bestimmt sind, in die Unterposition 8536 69 90 KN, wie vom Beklagten
vertreten. Für diese Unterposition ist ein Zollsatz von 2,3% vorgesehen.
24
20 Demgegenüber enthält die Unterposition 8536 90 andere Geräte, in der
englischen Fassung als "Other apparatus" und in der französischen Fassung als
"autres appareils" bezeichnet. Fielen die streitigen Waren unter die Unterposition
8536 90, wären sie der zollfreien Unterposition 8536 90 10 KN als Verbindungs- und
Kontaktelemente für Drähte und Kabel zuzuweisen.
25
21 Der dargestellte Wortlaut der Unterpositionen 8536 6 bzw. 8536 69 einerseits und
8536 90 andererseits hat sich von 2005 bis 2007 nicht geändert. Insoweit ist Anhang
I der KN in den Fassungen der Verordnungen (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission
vom 7. September 2004, Nr. 1719/2005 der Kommission vom 27. Oktober 2005 und
Nr. 1549/2006 der Kommission vom 17. Oktober 2006, die jeweils zur Änderung des
Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und
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statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ergangen sind,
unverändert geblieben.
22 Hinsichtlich dieser Unterpositionen entspricht die KN, die durch die Verordnung
Nr. 2658/87 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über
die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif
– VO 2658/87 eingeführt wurde, dem weltweiten Harmonisierten System zur
Bezeichnung und Codierung der Waren (HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit
auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch
das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene internationale Übereinkommen
eingeführt wurde, das im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG
des Rates vom 7. April 1987 (ABl. EG L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN
übernimmt nämlich die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS.
27
III.
28
23 Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob die Unterposition 8536 69 auch die hier
streitigen Verbindungselemente umfasst.
29
24 Zunächst ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit
das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein
in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der
Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln
festgelegt sind (ständige Rechtsprechung, s. zuletzt Gerichtshof Urteil v. 29. April
2010, C-123/09, Rz. 27).
30
25 Nach dem deutschen Wortlaut, der nur von Steckvorrichtungen spricht, wäre eine
derartige Auslegung möglich, da die elektrische Verbindung zweier Kabel durch
Zusammenstecken zueinander passender Verbindungselemente hergestellt werden
kann. Mit jeweils zueinander passenden "female terminals" und "male terminals", an
die Kabel gecrimpt sind, können die Kabel schnell und sicher verbunden und wieder
getrennt werden. Die "female terminals" sind nämlich so gestaltet, dass sie die "male
terminals" bis auf die Teile, die der Crimpverbindung des jeweils verwendeten
Kabels dienen, vollständig aufnehmen, dabei etwas klemmen und so eine sichere
elektrische Verbindung herstellen.
31
26 Für die Richtigkeit dieser Auslegung sprächen zwar nicht die Erläuterungen zum
HS, weil sie den Umfang der Unterpositionen des HS, hier der Unterpositionen 8536
6 bzw. 8536 69 einerseits und 8536 90 andererseits weder näher beschreiben noch
zueinander abgrenzen.
32
27 Nach den von der Kommission nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Art. 10 VO
2658/87 herausgegebenen Erläuterungen zu den Unterpositionen 8536 69 10 bis
8536 69 90 KN einerseits und zur Unterposition 8536 90 10 KN andererseits ist eine
Beurteilung der hier streitigen Verbindungselemente als Steckvorrichtungen im
Sinne der Unterposition 8536 69 naheliegend. Bei Waren der Unterposition 8536 69
erfolgt das mehrmalige Verbinden von Geräten und Kabeln durch einfaches
Zusammenstecken der angebrachten Stecker bzw. Buchsen, wobei die kabelseitige
Befestigung mit einer Kontaktvorrichtung verschiedenster Art (Crimp-, Klemm-, Löt-
oder Schraubanschluss) zugelassen ist, während für die stecker- oder
buchsenseitige Verbindung nur ein Stecken erlaubt ist (s. Erl KN (KN) zu den
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Unterpositionen 8536 69 10 bis 8536 69 90 Rz. 18.0).
28 Demgegenüber sind Endkontaktelemente nur dann der Unterposition 8536 90 10
KN zuzuweisen, wenn eine elektrische Verbindung in anderer Weise als durch
Stecken hergestellt werden soll (s. Erl KN (KN) zu den Unterpositionen 8536 69 10
bis 8536 69 90 Rz. 20.0 und zur Unterposition 8536 90 10 Rz. 42.0).
34
29 Daraus folgt, dass eine Steckvorrichtung immer dann anzunehmen ist, wenn die
elektrische Verbindung durch Zusammenstecken erfolgt, während ein
Verbindungselement der Unterposition 8536 90 10 KN bei der Herstellung des
Kontakts nicht gesteckt werden darf. Dementsprechend wäre die Klage abzuweisen.
35
30 Wenn auch diese Erläuterungen ein zwar unverbindliches, gleichwohl aber
wichtiges Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (s.
Gerichtshof Urteil v. 17. Dezember 2009, C-410/08 Rz. 28), das nur dann außer Acht
gelassen werden kann, wenn der Inhalt dieser Erläuterungen mit den Bestimmungen
der KN nicht in Einklang steht und deren Bedeutung nicht verändert (s. Gerichtshof
Urteil v. 5. Juni 2008 C-312/07, Rz. 34), bestehen an der Richtigkeit dieser
Erläuterungen nur im Hinblick auf den deutschen Wortlaut der Unterpositionen 8536
6 und 8536 69 keine Bedenken, denn die darin genannte Steckvorrichtung muss nur
die Verbindung eines Stromkreises durch Stecken gewährleisten.
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31 An diesem Ergebnis bestehen aber Zweifel, denn für die Auslegung der
Unterpositionen 8536 6 bzw. 8536 69 einerseits und 8536 90 andererseits, die
ausschließlich Teil des Harmonisierten Systems sind, ist nicht der deutsche, sondern
nur der englische und der französische Wortlaut maßgebend, Art. 20 des
Internationalen Übereinkommens über das HS. Unter Berücksichtigung der
Verpflichtung zur einheitlichen Anwendung des HS muss daher jede Auslegung in
dem vom Wortlaut beider Sprachen gezogenen Rahmen bleiben (s. Gerichtshof
Urteil v. 9. Dezember 1997 C-143/96, Rz. 15).
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32 Ob der englische und französische Wortlaut, der hinsichtlich der Unterposition
8536 69 nicht auf Steckvorrichtungen, sondern mit "plugs and sockets" und "fiches et
prises de courant" eher auf Stecker und Steckdosen abstellt, das sich aus dem
deutschen Wortlaut folgende Ergebnis tragen kann, kann das vorliegende Gericht
nicht zweifelsfrei beurteilen.
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33 Hierfür spricht auch, dass elektrische Stecker und Steckdosen regelmäßig nicht
nur Steckvorrichtungen für die Verbindung der Stromleiter, sondern auch eine
Isolation der Leitung an der Verbindungsstelle gewährleisten müssen. Das aber
können die streitigen Verbindungselemente nicht.
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34 Zudem stellen die streitigen Verbindungselemente, obwohl mit ihnen selbst eine
elektrische Verbindung durch Stecken hergestellt werden kann, nur einen Teil der
später von der Klägerin hergestellten Stecker und Steckdosen dar.
40
35 Für die Vorlage an den Gerichtshof spricht auch eine unterschiedliche
Verwaltungspraxis bei der Einreihung der streitigen Verbindungselemente. Nach
Kenntnis der europaweit tätigen Klägerin ist nur die deutsche Zollverwaltung der
Auffassung, dass die streitigen Verbindungselemente der Unterposition 8536 69 90
KN zuzuweisen sind. Sonst werden die Verbindungselemente der Unterposition
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8536 90 10 KN zugewiesen. Zudem beabsichtigt die zuständige Dienststelle der
deutschen Zollverwaltung wegen bekannt gewordener Einreihungsunterschiede der
Kommission zu berichten, wie die Prozessvertreterin des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung angab.