Urteil des FG Düsseldorf vom 17.10.2002

FG Düsseldorf (Haushalt, Eheliche Wohnung, Eltern, Familie, Sozialleistung, Zugehörigkeit, Gesetzeslücke, Obhut, Stadt, Steuervergütung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 7042/01 KG
17.10.2002
Finanzgericht Düsseldorf
15. Senat
Urteil
15 K 7042/01 KG
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
Der seit 1986 verheiratete Kläger lebt seit Oktober 1997 von seiner Ehefrau getrennt. Die
Ehe wurde im Dezember 1999 geschieden. Der Kläger bezog bis einschließlich August
1999 für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder
K2
(geboren am 10.5.1990) und
K1
Mit Bescheid vom 20.8.1999 hob die Kindergeldkasse die Kindergeldfestsetzung
zugunsten des Klägers auf und stellte zugleich die Kindergeldzahlungen an ihn ein. Grund
für die Aufhebung war die Mitteilung der Kindsmutter, sie habe die eheliche Wohnung
verlassen und sei mit den Kindern in ein Frauenhaus gezogen. Zugleich wurde dem unter
Hinweis auf die Zugehörigkeit der Kinder zu ihrem Haushalt gestellten Kindergeldantrag
der Kindsmutter entsprochen.
Am 3.11.2000 beantragte der Kläger seinerseits unter Vorlage einer Haushalts- und
Meldebescheinigung (Bl. 49 Verwaltungsakte) Kindergeld für seine Tochter
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zwischenzeitlich wieder in seinen Haushalt zurückgekehrt war. Die Kindergeldkasse gab
dem Antrag insoweit statt.
Am 25.3.2001 beantragte der Kläger erneut Kindergeld auch für die Söhne
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57 Verwaltungsakte).
Die beiden Söhne des Klägers leben -- überwiegend -- bei der Mutter. Über das
Personensorgerecht und insbesondere über Inhalt und Umfang des Umgangsrechts des
Vaters mit den Kindern ist ein Rechtsstreit vor dem Familiengericht anhängig (AG
A-Stadt
Az. ). Nach Angaben des Klägers hat er an 182 Tagen im Jahr Umgang mit seinen Söhnen,
die auch bei ihm übernachten (vgl. hierzu Bl. 57 FG-A). Insgesamt soll das Verhältnis der
Betreuung durch Mutter und Vater ca. 2/3 zu 1/3 betragen.
Nachdem das Amtsgerichts
A-Stadt
5.10.2001 Az die Kindsmutter nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG zur Bezugsberechtigten
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bestimmt hatte, wies der Beklagte den Kindergeldantrag des Klägers mit Bescheid vom
23.10.2001 ab.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben. Zur Begründung
trägt er im wesentlichen vor, dass die Vorschrift des § 64 EStG insgesamt
verfassungswidrig sei, weil sie gegen Art. 3, Art. 6 und Art. 14 des Grundgesetzes verstoße.
Wegen Einzelheiten wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 15.9.2002 (Bl. 50-57 FG-A)
betreffend Gegenvorstellung im PKH-Verfahren verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Kinder
K2
Kindergeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut kein Anspruch auf
(hälftiges) Kindergeld für seine Söhne
K2
verfassungsrechtlich unbedenklich.
1. Der vorrangige Kindergeldanspruch der Kindsmutter schließt einen entsprechenden
Anspruch des Klägers aus.
a) Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.
Bei mehreren Berechtigten, insbesondere bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern
wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen
hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 FGO). Ein Kind gehört zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort
wohnt, versorgt und betreut wird.
Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ist davon auszugehen, dass seine Söhne seit
der Trennung der Ehegatten jedenfalls überwiegend im Haushalt der Kindsmutter leben
und in deren Haushalt eingegliedert sind, so dass sich schon hieraus deren
Anspruchsberechtigung ergibt.
b) Ob die Aufenthalte der Söhne beim Kläger im Rahmen seines Umgangsrechts auch zu
einer Aufnahme in seinen Haushalt führten, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn
sollte dies der Fall sein, wäre der Kindergeldanspruch des Klägers aufgrund des auch den
Beklagten bindenden Beschlusses des Vormundschaftsgericht vom 5.10.2001
ausgeschlossen, mit dem dieses die Kindsmutter zur -- alleinigen -- Berechtigten bestimmt
hat.
aa) Allerdings sieht das Gesetz in § 64 Abs. 2 und Abs. 3 EStG nur für den Fall des
gemeinsamen elterlichen Haushalts und bei fehlender Haushaltszugehörigkeit der Kinder
zu beiden Elternteilen eine ausdrückliche Konkurrenzregelung vor. Für den Fall der
gleichzeitigen Zugehörigkeit der Kinder zu den Haushalten ihrer getrennt lebenden Eltern
enthält das Gesetz dagegen eine Regelungslücke. Es handelt sich hierbei um eine
unbewusste Gesetzeslücke, die deshalb vom Gericht geschlossen werden darf und muss.
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Eine unbewusste Gesetzeslücke liegt vor, wenn das Gesetz planwidrig unvollständig, also
ergänzungsbedürftig ist und der Gesetzgeber nicht bewusst davon abgesehen hat, den zu
beurteilenden Sachverhalt zu regeln (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. z.B.
BVerfG, Beschluss vom 27. 10. 1975 - 1 BvR 82/73, NJW 1976, 101; BFH-Urteil vom 8. 9.
1994 - IV R 85/93 - BStBl II 1995, 67 mit weiteren Nachweisen). Dem Gesetzgeber ist es
schon aus Gründen der Praktikabilität kaum möglich, auf alle denkbaren
Lebensverhältnisse einzugehen und seine Regelungen jedem Einzelfall anzupassen. Die
deshalb gebotene Rechtsfortbildung im Wege der Lückenschließung ist auch
verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. 4. 1990 - 1 BvR 1186/89
- Deutsches Verwaltungsblatt 1990, 690).
Der Gesetzgeber hat bei Schaffung der Konkurrenzregelung des § 64 EStG ersichtlich die
Möglichkeit einer gleichzeitigen Zugehörigkeit von Kindern zum Haushalt beider Elternteile
ebenso wenig in Betracht gezogen wie der erkennende Senat, der in früheren
Entscheidungen die Auffassung vertreten hat, dass die Zugehörigkeit eines Kindes zum
Haushalt eines Elternteils eine gleichzeitige Haushaltsaufnahme beim getrennt lebenden
anderen Elternteil ausschließt.
bb) Für die Schließung dieser Gesetzeslücke werden in der Kommentarliteratur im
wesentlichen zwei Lösungsansätze angeboten. Zum einen wird die Meinung vertreten, bei
einer mehrfachen Haushaltsaufnahme eines Kindes bei getrennt lebenden Eltern komme
es darauf an, wo sich das Kind überwiegend aufhalte bzw. bei welchem Berechtigten die
entscheidenden Merkmale am intensivsten verwirklicht seien (z.B. Frotscher/Dürr, EStG, §
64 Tz. 5). Nach der wohl überwiegenden Auffassung soll dagegen bei mehrfacher
Haushaltsaufnahme eines Kindes die Vorschrift des § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG
entsprechend anzuwenden sein (Jachmann in Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, § 64
Rn. 2; Seewald/Felix in Kirchhof/Söhn, EStG, Kommentar, § 64 Rdnr. C 11 und C 33;
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 64 Rdnr. 48). Der Bundesfinanzhof hat
diese Frage bislang noch nicht entschieden (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 11.12.2001 VI
B 214/00, BFH/NV 2002, 484).
cc) Der Senat neigt dazu, § 64 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden und
die Berechtigtenbestimmung -- wie im Streitfall geschehen -- durch das
Vormundschaftsgericht treffen zu lassen. Im Streitfall muss jedoch nicht abschließend
darüber befunden werden, welchem der angebotenen Lösungsansätze zu folgen ist. Denn
auch ohne eine Berechtigtenbestimmung durch das Vormundschaftsgericht ergäbe sich der
(vorrangige) Anspruch der Kindsmutter vorliegend daraus, dass die Söhne sich weit
überwiegend in ihrem Haushalt aufhalten und dort von ihr betreut und versorgt werden.
Hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann schließlich, dass der Gesetzgeber für
den Fall der mehrfachen Haushaltszugehörigkeit der Kinder bei getrennt lebenden Eltern
von der Grundregel des § 64 Abs. 1 EStG abgewichen wäre, wonach jeweils nur ein
Elternteil kindergeldberechtigt sein kann und für diesen Fall eine dem Klagebegehren
entsprechende Regelung getroffen hätte.
2. Der Senat hält die Vorschrift des § 64 Abs. 1 EStG und die hierauf beruhende Regelung
der Anspruchskonkurrenz für verfassungsrechtlich unbedenklich.
a) Im Streitfall ist der Kläger ausweislich der Erklärung über seine wirtschaftlichen
Verhältnisse im maßgebenden Zeitraum nicht zur Einkommensteuer herangezogen
worden.
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Soweit der Gesetzgeber in den §§ 31 und 32 in Verbindung mit §§ 62 ff EStG in der
Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 (BGBl 1995 I S. 1250) in
Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Verpflichtung nachgekommen
ist, das nach sozialhilferechtlichen Kriterien zu ermittelnde Existenzminimum der
unterhaltsberechtigten Kinder eines Steuerpflichtigen im wirtschaftlichen Ergebnis von der
Einkommensteuer frei zu stellen (vgl. dazu Beschluss vom 25. 9. 1992 2 BvL 5/91, 2 BvL
8/91, 2 BvL 14/91, BStBl II 1993, 413), tangiert diese ertragsteuerliche Regelung den
Kläger nicht.
Das Kindergeld stellt deshalb im Streitfall keine Steuervergütung, sondern eine staatliche
Transferleistung (Sozialleistung) dar, wie § 31 Satz 2 EStG ausdrücklich klarstellt. Schon
aus diesem Grund greifen die verfassungsrechtlichen Einwände des Klägers, die im
wesentlichen auf die Funktion des Kindergelds als Steuervergütung abstellen, nicht durch.
b) Die Qualifizierung des Kindergelds als Sozialleistung wirkt sich im Übrigen unmittelbar
auf den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab aus. Denn dem Gesetzgeber steht für die
Gewährung staatlicher Transferleistungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
aa) Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist nach ständiger verfassungsgerichtlicher
Rechtsprechung bei der Leistungsgewährung generell größer als im Bereich der
Eingriffsverwaltung (z.B. BVerfG-Beschluss vom 11. Dezember 1973 2 BvL 47/71, BVerfGE
36, 230 (235), NJW 1974, 355 mit weiteren Nachweisen) und bei einer bevorzugenden
Typisierung bzw. Sonderregelung umfassender als bei einer benachteiligenden (BVerfG-
Beschluss vom 19. April 1977 1 BvL 1/76, BVerfGE 44, 290 (295)). Angesichts der Weite
und Unbestimmtheit des in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsgrundsatzes besteht
für den Gesetzgeber insbesondere kein Gebot, soziale Leistungen in einer bestimmten
Weise und einem bestimmten Umfang zu gewähren (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 29.
Mai 1990 1 BvL 20/84, 26/84 u. 4/86, BStBl II 1990, 653 und zuletzt BFH-Urteil vom
26.2.2002 VIII R 92/98, BStBl II 2002, 596). Ist der Gesetzgeber damit aber schon von
Verfassungs wegen nicht verpflichtet, überhaupt Kindergeld (als Sozialleistung) zu
gewähren, so ist er erst recht in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Anspruchs
frei.
bb) Die Vorschrift des § 64 Abs. 1 EStG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), soweit sie den Kindergeldanspruch nur einem Elternteil
zuerkennt.
Art. 3 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Er verletzt das Grundrecht
auf Gleichbehandlung vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im
Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden
Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (sog. Willkürverbot; vgl. z.B. BFH-Beschluss
vom 11. 6. 1997 II B 93/96, BStBl II 1997, 527, m.w.N.). Im allgemeinen wird dem
Gesetzgeber eine relativ weitgehende Gestaltungsfreiheit in der Systemwahl und in der
Bewertung und Auswahl tatsächlicher Unterschiede eingeräumt. Aus
verfassungsrechtlicher Sicht ist insbesondere nicht nachzuprüfen, ob der Gesetzgeber die
zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. z.B. von
Mangoldt/ Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 3 Abs. 1 Rdnrn. 82, 86,
m.w.N.).
Die gesetzliche Regelung über die Anspruchsberechtigung in § 64 Abs. 1 EStG könnte
somit nur dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn sie denjenigen Elternteil, in
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dessen überwiegender Obhut sich die Kinder befinden gegenüber dem anderen Elternteil
in sachwidriger oder gar willkürlicher Weise begünstigen würde. Es erscheint jedoch nicht
sachwidrig oder gar willkürlich, dass das Kindergeld nur einem von mehreren Berechtigten
gezahlt wird und zwar demjenigen, in dessen Obhut sich die Kinder befinden. Der
Gesetzgeber konnte dabei von dem Regelfall ausgehen, dass derjenige, in dessen
Haushalt die Kinder aufgenommen sind, den Hauptteil der kindbedingten Belastungen trägt
(vgl. Begründung zum gleichlautenden § 3 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes;
BTDrucks 13/1558, S. 165). Außerdem dient die Anknüpfung an die
Haushaltszugehörigkeit der Verfahrensvereinfachung, weil sich die Haushaltszugehörigkeit
- jedenfalls im Regelfall - ohne Schwierigkeiten feststellen lässt (vgl. im einzelnen BFH-
Beschluss vom 10.11.1998 VI B 125/98, BStBl II 1999, 137). Dass dies im Streitfall
möglicherweise nicht der Fall ist, ist im Hinblick auf den typisierenden Charakter der
Regelung ohne Bedeutung.
Schließlich konnte und durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass bei mehreren
Unterhaltsverpflichteten, insbesondere bei Ehegatten, ein etwa erforderlicher Ausgleich der
Kindergeldzahlung auf zivilrechtlicher Grundlage stattfindet. Diesen Ausgleich schreibt §
1612 b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der Fassung des
Kindesunterhaltsgesetzes vom 6.4.1998 zudem nunmehr ausdrücklich vor. Denn nach
dieser Vorschrift ist das auf ein Kind entfallende Kindergeld zur Hälfte anzurechnen, wenn
es an den Unterhaltsverpflichteten nicht ausgezahlt wird, weil ein anderer vorrangig
berechtigt ist. Hieraus folgt, dass der barunterhaltspflichtigen Elternteil durch die
Auszahlung des Kindergelds an die Kindsmutter im Ergebnis weder einen rechtlichen noch
einen endgültigen wirtschaftlichen Nachteil erleidet. Soweit der barunterhaltspflichtige
Elternteil -- wie im Streitfall -- mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nach § 1603 BGB von
seiner Unterhaltspflicht befreit und damit zur entsprechenden Kürzung des Barunterhalts
nicht in der Lage ist, ergibt sich hieraus jedenfalls von Verfassungs wegen noch kein
Anspruch auf Gewährung des -- hälftigen -- Kindergelds.
cc) § 64 Abs. 2 verstößt auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Der besondere Schutz der
staatlichen Ordnung für Ehe und Familie verpflichtet den Staat zwar nicht nur, Ehe und
Familie vor Beeinträchtigungen zu bewahren, sondern enthält zugleich auch die
Verpflichtung, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern (Urteil des BVerfG vom
7.7. 1992 1 BvL 51/86, 50/87, BVerfGE 87, 1, 35). Aus dem Gebot der Förderung der
Familie erwachsen jedoch, wie vorstehend dargelegt, noch keine konkreten Ansprüche auf
bestimmte staatliche Leistungen; insbesondere ergibt sich hieraus kein genereller
Anspruch auf Kindergeld (Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 3.
Aufl., Art. 6 Rz. 12; vgl. hierzu auch Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach,
Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 66 EStG Anm. 4). Für die Frage, welchem
Elternteil das Kindergeld zusteht, kann damit aus Art. 6 GG auch für den Fall nichts
hergeleitet werden, dass man mit dem Kläger davon ausgeht, dass er zusammen mit
seinen drei Kindern eine eigene -- schutzwürdige -- Familie bildet.
Schließlich vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass Art. 6 GG unter dem
Gesichtspunkt des Kindeswohls die vom Kläger begehrte Regelung gebieten könnte. Denn
das Kindeswohl ist substantiell durch den Streit der Eltern über Personensorge und
Aufenthaltsbestimmungsrecht berührt, nicht jedoch durch die vom Gesetz verwehrte hälftige
Teilung des Kindergeldanspruchs.
dd) Art. 14 GG ist im Streitfall nicht tangiert. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die
Nichtgewährung einer Sozialleistung gegen den verfassungsrechtlichen Schutz des
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Eigentums verstoßen könnte.
c) Der Senat ist nach alledem ebenso wie der Beklagte bei seiner Entscheidung an die
eindeutige gesetzliche Regelung gebunden. Er hat nicht darüber zu befinden, ob die in §
64 Abs. 1 EStG getroffenen Regelung zweckmäßig ist und ob sie insbesondere einen
angemessenen Interessenausgleich auch zwischen getrennt lebenden Eltern ermöglicht,
die sich über das Personensorge- und Umgangsrecht für ihre Kinder nicht verständigen
können.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.