Urteil des FG Düsseldorf vom 04.03.2002

FG Düsseldorf (Dividende, Gestaltung, Ausländische Gesellschaft, Oberstes Gericht, Ankauf, Käufer, Inhaber, Steuergesetz, Einkünfte, Lieferung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 17 K 3420/98 F
04.03.2002
Finanzgericht Düsseldorf
17. Senat
Urteil
17 K 3420/98 F
1. Die gesonderte Feststellung der anrechenbaren Körperschaftsteuer
und die gesonderte Feststellung der anrechenbaren Kapitalertragsteuer
für 1990 vom 28.06.1996 werden ersatzlos aufgehoben.
2. Die gesonderte Gewinnfeststellung für 1990 vom 28.06.1996 wird
aufgehoben, so dass die Gewinnfeststellung vom 02.05.1991 auf DM
wieder in Kraft tritt.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger ist als freier Börsenmakler an der Börse zu A tätig.
Der Kläger kaufte im Jahr 1990 Aktien von der X-Bank (in der Folge X-Bank). Die Aktien
wurden unter Vermittlung der Y-GmbH (in der Folge: Y-GmbH) von Fonds (xxx, xxx, xxx,
xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx) verkauft, die von der Y-GMBH verwaltet werden. Sämtliche
Fonds sind von der Körperschaftsteuer befreit und nicht zum Abzug der auf Dividenden
entfallenden Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer berechtigt.
Am Tage des Kaufs verkaufte der Kläger neue Aktien derselben Gesellschaften und in
demselben Umfang an die X-Bank, die diese an die Verkäufer der vom Kläger zuvor
erworbenen alten Aktien weiterleitete.
Es handelte sich um folgende Vorgänge:
Datum An- und
Verkauf
Anzahl AG Wertpa-
pier-Nr.
Kurs
Ankauf
Kaufpreis
zzgl. Prov.
Kurs
Ver-
kauf
Verkaufspreis
./. Prov.
DM
DM
1 22.03.1990
2 25.05.1990
3 16.05.1990
4 11.06.1990
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5 19.06.1990
6 28.06.1990
7 10.07.1990
8 19.07.1990
9 13.12.1990
Se
Ex-Tag (erster Geschäftstag nach der Hauptversammlung) war der
23.03.1990 (zu 1),
28.05.1990 (zu 2),
17.05.1990 (zu 3),
13.06.1990 (zu 4),
20.06.1990 (zu 5)
29.06.1990 (zu 6),
12.07.1990 (zu 7),
20.07.1990 (zu 8),
14.12.1990 (zu 9).
Für den Kläger wurden folgende Dividendenabrechnungen und Steuerbescheinigungen
ausgestellt:
Ausschüttung
pro Stück
Bruttobetrag anrechenbare
Kapitalertrag-
steuer
Nettobetrag anrechenbare
Körperschaft-
steuer
zu
versteuernde
Einnahmen
DM
DM
DM
DM
DM
DM
zu
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zu
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Se
Der Kläger berücksichtigte den Kursverlust zzgl. An- und Verkaufskosten gewinnmindernd.
Die Bruttodividende zzgl. Körperschaftsteuer erfasste er als Ertrag:
Ankauf einschl. Provision DM
Verkauf einschl. ProvisionDM
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Kursverlust DM
Nettodividende DM
Kapitalertragsteuer DM
KörperschaftsteuerDM
1. DM
Gewinnerhöhung DM
Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung,
der An- und Verkauf der Aktien erfülle den Umgehungstatbestand des § 42 der
Abgabenordnung - AO -. Die getätigten An- und Verkäufe hätten auf Grund des kalkulierten
Kurses zwingend zu einem erheblichen Verlust geführt, der nur durch die Erstattung von
Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer habe ausgeglichen werden können.
Andererseits hätten die nicht anrechnungsberechtigten Geschäftspartner über der zu
erwartenden Nettodividende liegende Kursgewinne erzielt, so dass durch diese Gestaltung
eine Umgehung des Ausschlusses der Körperschaftsteueranrechnung möglich gewesen
sei. Des Weiteren spreche für ein Umgehungsgeschäft, dass der Kläger weder an der
Hauptversammlung teilgenommen noch sein Stimmrecht ausgeübt und keine sich aus
derartigen Aktienpaketen ergebenden Marktchancen wahrgenommen habe.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung, erkannte den
Aktienerwerb, deren Veräußerung und den Dividendenzufluss nicht an und lehnte die
Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer ab. Er änderte den erlassenen
Feststellungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO und stellte den Gewinn auf DM (Gewinn
bisher DM + Korrektur Kursverlust zzgl. An- und Verkaufskosten DM ./. Korrektur Dividende
zzgl. Körperschaftsteuer DM + Gewerbesteuererstattungsanspruch DM), die
anzurechnende Körperschaftsteuer auf DM und die anzurechnende Kapitalertragsteuer auf
DM entsprechend fest.
Der Kläger legte gegen den Feststellungsbescheid Einspruch ein. Diesen wies der
Beklagte mit folgender Begründung zurück: Da durch den Erwerb der Aktien zum hohen
Kurs (cum dividende) und die Veräußerung zum niedrigen Kurs (ex dividende) von
vornherein ein Veräußerungsverlust zu erwarten gewesen sei, der nur unter Ausnutzung
des Anrechnungsguthabens zum Ausgleich und zu einem zusätzlichen Ertrag habe führen
können, komme als einziger wirtschaftlicher Sinn dieser Gestaltung die Absicht in Betracht,
das Anrechnungsguthaben zu nutzen, das sonst bei den nicht anrechnungsberechtigten
Vorbesitzern der Aktien verloren gewesen wäre. Eine solche ausschließlich auf die
Steuerminderung bzw. den Erhalt einer Steuervergütung gerichtete Gestaltung sei nicht der
Besteuerung zu Grunde zu legen. Dem stehe § 50 c EStG nicht entgegen. Die Vorschrift
des § 50 c EStG stelle zwar eine Spezialvorschrift gegenüber der allgemeineren Regelung
des § 42 AO dar. § 42 AO finde jedoch vorrangig Anwendung, wenn die tatsächlich
gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck des § 50 c EStG sich
noch als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstelle.
Der Kläger hat auf diese Einspruchsentscheidung hin Klage erhoben. Er trägt vor, sein
Kontrahent bei dem An- und Verkauf sei die X-Bank gewesen. Er habe keine Erkenntnisse
darüber gehabt, ob diese für andere tätig geworden sei. Die X-Bank habe die Aktien
verkauft, ohne dass für ihn erkennbar gewesen sei, ob im Kundenauftrag oder aus
Eigenbeständen. Erkenntnisse über Personen hinter der X-Bank beruhten ausschließlich
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auf den Angaben, welche die Bank gegenüber dem Beklagten gemacht habe.
Der Kläger ist der Auffassung, die X-Bank habe den Verkauf im Wege der
Selbsteintrittskommission durchgeführt. Dementsprechend habe er unmittelbar von der X-
Bank erworben. Heute sei zwar die Kommission ohne Selbsteintritt die regelmäßige Form
der bankmäßigen Ausführung von Wertpapiergeschäften im Kundenauftrag. Bis zum
01.01.1995 sei aber die Selbsteintrittskommission üblich gewesen. Beim Selbsteintritt
müsse die Bank gegenüber dem Kunden keine Rechenschaft über den Inhalt ihres
Deckungsgeschäftes geben, das sie über die Börse geleitet habe. Es sei damit der Bank
möglich, einen Kursschnitt zu erzielen. Dafür, dass auch im vorliegenden Fall die X-Bank
im Wege der Selbsteintrittskommission tätig geworden sei, spreche, dass seitens des
Bankhändlers mehrfach glaubhaft versichert worden sei, dass die Bank ihre Marge haben
müsse (0,50 DM je Aktie).
Der Kläger trägt vor, ein Vertreter der X-Bank sei an ihn herangetreten. Man habe
verabredet, dass er alte Aktien kaufen und in entsprechendem Umfang junge Aktien
verkaufen werde. Die Geschäfte hätten taggleich erfolgen sollen. Es sei die Abrechnung zu
amtlichen Kursen vereinbart worden. Dabei sei eine bestimmte Marge, ein bestimmter
"Spread" verabredet gewesen. Der Kauf der alten Aktien von der X-Bank und der Verkauf
der jungen Aktien an die X-Bank sei dann immer gleichzeitig vorgenommen worden. Nur
die Ausführung über die Börse sei unter Umständen zeitversetzt erfolgt.
Die Gleichzeitigkeit der Börsenaufträge an die X-Bank sei - so der Kläger - unerheblich. Im
Übrigen seien auch in dem vom Bundesfinanzhof - BFH - mit Datum vom 15.12.1999 (I R
29/97, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2000,527) entschiedenen Fall Kauf- und
Verkaufsauftrag gleichzeitig erfolgt (Geschäfte 2, 8 und 9).
Im Regelfall - so der Kläger - seien die zu liefernden Aktien nicht im Bestand gewesen. Da
jedoch auch mit anderen Banken Geschäfte um den Dividendenstichtag herum getätigt
worden seien, habe zumindest teilweise Lieferpotential an jungen Aktien bestanden.
Der Kläger ist der Auffassung, er sei zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien geworden. Er
verweist hierzu auf eine Abhandlung von Sorgenfrei (Finanzrundschau - FR - 2001, 291 ff.)
und hält die Ausführungen von Rau/Sahl (Betriebsberater - BB - 2000, 1112 f.), auf die sich
die Finanzverwaltung berufe, für nicht zutreffend.
Der Kläger meint, letztlich komme es auf die Frage des zivilrechtlichen Eigentumserwerbs
nicht an, denn es sei jedenfalls wirtschaftliches Eigentum übergegangen. Soweit der
Beklagte insoweit Zweifel äußere, seien diese vom BFH bereits als nicht stichhaltig
zurückgewiesen worden. Entscheidend sei, ob dem Kläger die Aktien nicht mehr hätten
entzogen werden können. Dies sei nach den Frankfurter Börsenusancen der Fall. § 29
Börsenusancen der Frankfurter Wertpapierbörse, die bundesweite Geltung hätten, laute:
"Mangels anderweitiger Vereinbarungen oder Regelungen sind Wertpapiere mit den
Rechten und Pflichten zu liefern, die bei Geschäftsabschluss bestanden". Er entspreche in
seinem Inhalt § 25 Börsenusancen der Frankfurter Wertpapierbörse a. F., der folgenden
Wortlaut gehabt habe: "Im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer gelten alle Rechte
und Pflichten, die für den Inhaber des Wertpapiers nach dem Tage des
Geschäftsabschlusses entstehen oder fällig werden (beispielsweise aus der Abtrennung
von Zins- oder Gewinnanteilscheinen, aus Bezugsrechten und dergleichen) als auf den
Käufer übergegangen, sofern zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart ist". Der
Verkäufer könne über die Aktie oder den Dividendenschein nach dem Geschäftsabschluss
nicht mehr verfügen, weil die Wertpapiere mit Wirkung des Schlusstages aus seinem Depot
ausgebucht würden.
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Im Übrigen teile die Finanzverwaltung seine Auffassung auch in einer Verfügung der
Oberfinanzdirektion - OFD - München vom 24.01.1995 (FR 1995, 290). Die Verfügung
befasse sich mit der Frage, zu welchem Zeitpunkt bei der Veräußerung von Wertpapieren
die Kapitalertragsteuer einzubehalten sei, nämlich zum Abrechnungstag (d.h. dem Tag des
Geschäftsschlusses) oder dem Valutatag (d. h. dem Tag der Lieferung, also zwei Tage
nach dem Abrechnungstag). Nach Auffassung der Verwaltung sei der Abrechnungstag
maßgebend (so auch Weber/Grellet in Schmidt, EStG 2001, § 43 a Rdnr. 27). Der Abzug
der Kapitalertragsteuer aber setze den wirtschaftlichen Eigentumsübergang voraus.
Nach Auffassung des Klägers stützt der Beklagte seine Annahme, es habe kein
Eigentumserwerb stattgefunden, zu Unrecht darauf, dass die Lieferansprüche des Klägers
und die der X-Bank bei der Wertpapiersammelbank verrechnet worden seien. Der Kläger
verweist darauf, dass die Verrechnung im Rahmen der Abwicklung, d. h. zwei Tage nach
Vertragsschluss erfolgt sei. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch nach der Auffassung des BFH
(BStBl II 2000, 527 unter B II 1 b, aa, letzter Absatz) das wirtschaftliche Eigentum bereits
seit zwei Tagen übergegangen gewesen, so dass der Verrechnung keine eigenständige
Bedeutung mehr zukomme. Im Übrigen hätten auch nicht jeweils alle von ihm zu liefernden
Stücke mit allen von der X-Bank an ihn zu liefernden Stücken verrechnet werden müssen.
Da er auch mit anderen Banken um den Dividendenstichtag herum Geschäfte gemacht
habe, hätten auch andere Stücke zur Verfügung gestanden. Welche Stücke dann
tatsächlich miteinander verrechnet worden seien, werde von der Wertpapiersammelbank
nicht offen gelegt.
Der BFH stelle - so der Kläger - für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums zu Recht
darauf ab, dass es sich bei den Aktien um so genannte junge Aktien gehandelt habe und
somit keine Identität mit den gekauften (alten) Aktien bestanden habe. Das Gegenargument
des Beklagten, dass am Erfüllungstag kein Unterschied mehr zwischen alten und jungen
Aktien bestanden habe, sei aus zwei Gründen nicht stichhaltig: Die Fragestellung des
"aliud" sei in der Argumentation des BFH dafür entscheidend, dass die ggf. bestehende
Rückkaufverpflichtung auf ein anderes Wirtschaftsgut als das am gleichen Tag Erworbene
abstelle. Hieraus folge unmittelbar, dass es auf den Tag des Kaufs und nicht auf den
Erfüllungstag ankomme. Dass es sich im Zeitpunkt des Kaufs noch um zwei
unterschiedliche Wirtschaftsgüter gehandelt habe, werde u. a. aus den unterschiedlichen
Wertpapierkennnummern deutlich. Der Rückschluss, dass zwei Wirtschaftsgüter, die an
einem späteren Zeitpunkt (hier: Erfüllungstag, somit börsenüblich zwei Tage später)
identisch sein würden, bereits auch zu einem früheren Zeitpunkt identisch seien, sei
fehlerhaft. Dies werde unmittelbar deutlich an der vor dem Ex-Tag unterschiedlichen
Ausgestaltung der jungen Aktien ohne und der alten Aktien mit Gewinnanspruch.
Soweit der Beklagte meine, er, der Kläger, habe kein wirtschaftliches Eigentum erworben,
weil er kein Kursrisiko getragen habe, verkenne der Beklagte die Argumentation des BFH.
Dieser gehe davon aus, dass der Steuerpflichtige (wirtschaftliches) Eigentum an den
Altaktien erwerbe und mit den Aktien beliebig verfahren könne. Er könne sie im Bestand
halten, an Dritte veräußern und zur Verrechnung mit einer Lieferschuld aus dem Verkauf
junger Aktien verwenden. Aus den ersten beiden Verwendungsmöglichkeiten ergebe sich
automatisch ein Kursrisiko. Der Beklagte übersehe aber auch, dass ein Kursrisiko für den
Kläger bei allen Geschäften cum dividende darin bestehe, dass die Hauptversammlung
nicht die erwartete, d. h. die im Einkaufspreis der Alt-Aktien einkalkulierte Dividende,
sondern eine niedrigere oder keine Dividende beschließe. Der Kläger verweist insoweit auf
eine entsprechende Entschließung bei der C-Bank AG.
Auch könne - so der Kläger - der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums nicht an der
fehlenden Möglichkeit zur Teilnahme an der Hauptversammlung scheitern. Denn die
Möglichkeit zur Teilnahme an der Hauptversammlung bestehe ohnehin nur für Aktionäre,
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die vor einem bestimmten Stichtag vor der Hauptversammlung schon Aktionär seien (und
sich z. B. im Fall der M-AG bis drei Tage vor der Hauptversammlung schriftlich angemeldet
haben). Außerdem hätten alle Aktionäre, die am Tag der Hauptversammlung, aber nach
deren Abschluss kauften, keine Möglichkeit mehr, an der Hauptversammlung
teilzunehmen, behielten gleichwohl aber noch die Dividende, da der Dividendenabschlag
erst zu Börsenbeginn des Tages nach der Hauptversammlung erfolge. Selbst der Beklagte
behaupte nicht, dass in einem solchen Fall die Dividende steuerlich den Verkäufern der
Aktien zuzurechnen sei.
Der Kläger ist der Auffassung, § 50 c Abs. 1 EStG 1987/1990 finde keine Anwendung, weil
die sog. "Börsenklausel" in § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG eingreife. Das Geschäft sei bei
Aktien börsennotierter Gesellschaften zwischen an der Börse zugelassenen Personen zu
amtlich festgestellten und notierten Kursen über die Börse gebucht, ins Börsensystem
eingespielt, zu börsenüblichen Konditionen abgewickelt worden und habe der
Börsenaufsicht unterlegen. Der Erwerb sei über den Drittverwahrer, die
Wertpapiersammelbank, erfolgt (Hinweis auf Sorgenfrei FR 2001, S. 294). Die N-Bank bzw.
die O-Kasse habe hierbei die Funktion einer Maklerverrechnungsbank gehabt. Er, der
Kläger, als Makler habe bei dieser ein Kundenkonto unterhalten, über das die
Eigenhandels- und die Aufgabegeschäfte abgerechnet worden seien.
Der Kläger ist der Auffassung, dass § 50 c EStG als lex specialis die Anwendbarkeit von §
42 AO ausschließe. Seien die Anwendungsvoraussetzungen der Spezialvorschrift nicht
erfüllt, so könne das fehlende Tatbestandsmerkmal nicht durch § 42 AO ersetzt werden. Er
verweist insoweit auf die Ausführungen des BFH in den Urteilen vom 13.12.1989 (I R
118/87, BStBl II 1990, 474, 477) und vom 15.12.1999 (BStBl II 2000, 527).
Der Kläger meint aber auch, dass - selbst wenn § 42 AO anwendbar wäre - seine
Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Denn die fraglichen Geschäfte könnten sich allenfalls
aus der Sicht seines Geschäftspartners als Gestaltungsmissbrauch darstellen. Ein
besonderes Interesse am Austausch des Dividendenanspruchs durch einen Kursgewinn
könne nur beim Inhaber der Anteile vorhanden sein. Wenn nun dieser Anteilseigner seine
Papiere an der Börse verkaufe und nach dem Dividendenabschlag wieder zurückkaufe,
könne dem Handelspartner, der lediglich Aktien kaufe und zu einem späteren Zeitpunkt zu
börsenüblichen Preisen wieder verkaufe, keine Umgehung von Steuergesetzen
vorgeworfen werden. Dass ein Dritter, der lediglich Geschäftspartner eines möglicherweise
in Umgehungsabsicht Handelnden sei, die Folgen dieser möglichen Steuerumgehung zu
tragen habe, habe im Gesetz keine Grundlage. Auch das Hessische FG habe sich bereits
gegen die Anwendbarkeit von § 42 AO auf den Kläger im dortigen Verfahren geäußert. Ein
Missbrauch könne zwar möglicherweise darin liegen, dass der Steuerpflichtige einen
anderen zu einer unangemessenen Gestaltung veranlasse und hieraus einen
ungerechtfertigten Steuervorteil ziehe. Selbst diese Fallkonstellation sei jedoch nicht
gegeben, denn der Steuerpflichtige ziehe bei isolierter Betrachtung der ihn betreffenden
steuerlichen Normen keinen ungerechtfertigten Steuervorteil (Hinweis auf Hessisches FG,
Urteil v. 17.01.2001, 1 K 2287/00, EFG 2001, 898).
Der Beklagte gehe - so der Kläger - bei der Anwendung von § 42 AO auch zu Unrecht
davon aus, dass er, der Kläger, die Aktien von einem Nichtanrechnungsberechtigten
erworben habe. Wie er bereits ausgeführt habe, sei das Geschäft von Seiten der X-Bank im
Wege der Selbsteintrittskommission durchgeführt worden.
Die Fragwürdigkeit der Anwendung von § 42 AO auf ihn werde auch daraus deutlich, dass
er neben dem von der Finanzverwaltung beanstandeten Geschäft eine Vielzahl gleicher
Geschäfte (alt gegen jung) getätigt habe. Neben dem bei Gericht befindlichen Band I der
BP-Akten, der Fälle betreffe, die der Beklagte als Dividendenstripping eingeordnet habe,
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existierten weitere Bände mit Fällen, die nicht als Dividendenstripping qualifiziert worden
seien. Hieraus lasse sich ersehen, dass das vom Beklagten als unüblich bezeichnete
Verhalten durchaus üblich gewesen sei. Die Geschäftsbanken hätten häufig um den
Dividendenstichtag ihre Eigenhandelsbestände verkauft und junge Aktien ex dividende
zurückgekauft, um Ertragsverschiebungen zwischen Depotabteilung und Handelsabteilung
zu vermeiden (ein realisierter Kursgewinn werde nämlich der Handelsabteilung
zugeordnet, während eine vereinnahmte Dividende zu Gunsten der Depotabteilung
gewertet werde, wobei gleichzeitig der Dividendenabschlag das Ergebnis der
Handelsabteilung verschlechtere).
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für 1990 wie folgt zu
ändern:
1. die gesonderte Feststellung der Kapitalertragsteuer und anrechenbaren
Körperschaftsteuer aufzuheben;
2. den Gewinn von DM auf DM (wie zuvor) zu erhöhen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte meint, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, soweit in ihnen die
anzurechnende Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer gesondert festgestellt werde.
Lt. BFH-Urteil vom 21.11.1995 (I R 114/94, BStBl II 1996, 531) hätten die anrechenbare
Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer in dem dort entschiedenen Fall auch schon vor
Einfügung des § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO im Feststellungsverfahren erfasst werden können.
Wenn aber die gesonderte Feststellung von Anrechnungsbeträgen grundsätzlich durch §
180 AO a. F. gedeckt sei, könne sie nicht dann, wenn die Anteile an der ausschüttenden
Kapitalgesellschaft zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehörten,
zulässig, dagegen im Streitfall, in dem die Dividenden- und Anrechnungsansprüche des
Klägers ebenfalls zu einem Betriebsvermögen gehörten, unzulässig sein. Die Erweiterung
des § 180 Abs. 5 AO bedeute lediglich, dass die gesonderte Feststellung von
Anrechnungsbeträgen ab 1995 zwingend erfolgen müsse, vorher habe sie aber erfolgen
dürfen. Wegen weiterer Einzelheiten der diesbezüglichen Rechtsauffassung des Beklagten
wird auf dessen Schriftsatz vom 21.08.2001 Bezug genommen.
Der Beklagte trägt vor, nach seinen Ermittlungen sei An- und Verkauf der Aktien jeweils in
unmittelbarem Zusammenhang erfolgt. Laut Schreiben der X-Bank vom 07.04.1995,
10.07.1990, 19.07.1990 und 13.12.1990 habe in allen Fällen der Börsenauftrag auf
"gleichzeitigen" Verkauf der Alt-Aktien und Kauf der jungen Aktien gelautet. Die
Verpflichtungsgeschäfte seien gleichzeitig oder zumindest nahezu gleichzeitig
abgeschlossen worden. Auf jeden Fall habe der Kläger schon bei Abschluss der
Verpflichtungsgeschäfte gewusst, dass er seinerseits keine Aktien in seinen Bestand
werde aufnehmen müssen und er andererseits keine Aktien werde beschaffen müssen.
Der Beklagte meint, der BFH habe zwar in den Fällen, in denen Altaktien erworben und
junge Aktien veräußert worden seien, zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum des
Erwerbers bejaht. Der gleichzeitig vereinbarten Rückkaufverpflichtung habe er keine
Bedeutung beigemessen. Er habe darauf hingewiesen, dass es sich bei den jungen Aktien
nicht um dasselbe Wirtschaftsgut gehandelt habe. Gegen diese Auffassung bestünden
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jedoch Bedenken. Es sei davon auszugehen, dass zivilrechtliches Eigentum nicht
übertragen worden sei. Zum Girosammelbestand gehörende Wertpapiere stünden im
Miteigentum der beteiligten Hinterleger, wobei hierunter nicht konkrete, sondern eine
Gesamtsumme gleich hoher Miteigentumsrechte zu verstehen sei (Hinweis auf Rau/Sahl,
BB 2000, 1112, 1114). Diese Sammeldepotanteile würden grundsätzlich nach den
gleichen Vorschriften gehandelt, die auch für einzelne Wertpapiere anzuwenden seien. Es
gälten also die Vorschriften über Kaufverträge und Eigentum (§§ 929, 985 BGB). Der
Drittverwahrer trete als Besitzmittler zum Depotkontoinhaber als Miteigentümer auf, der
regelmäßig eine Depotbank sei. Der wiederum fungiere als Besitzmittler für seine
Depotkunden. Die Übertragung von Sammeldepotanteilen erfolge durch Anweisungen des
Veräußerers an den Sammeldepotverwahrer als unmittelbaren Besitzer, mit dem Erwerber
ein neues Besitzmittlungsverhältnis zu vereinbaren. Der Sammelverwahrer belaste
daraufhin das Wertpapierdepot des Veräußerers und erteile dem Kontrahenten eine
entsprechende Gutschrift. Diese Umschreibung sei die Regelform der Übereignung. Im
Streitfall sei auf Grund der vereinbarten Valuta im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung
weder die Anweisung zur Umstellung noch die Umstellung in den Wertpapierdepots der
Kontrahenten erfolgt gewesen. Jedenfalls in diesem Zeitpunkt könne also nicht die Rede
davon sein, dass der Kläger zivilrechtlich Eigentümer geworden wäre. Tatsächlich sei nach
Auskunft des Betriebsprüfers vom Finanzamt für Großbetriebsprüfung A auch später keine
Umschreibung des Wertpapierdepots beim Sammelverwahrer erfolgt. Vielmehr seien die
gegenseitigen Ansprüche von Erwerber und Veräußerer miteinander verrechnet worden.
Dieser Geschehensablauf mache es auch zweifelhaft, ob im Streitfall wirtschaftliches
Eigentum an den Altaktien bestanden habe. Selbst wenn den Kläger das Risiko getroffen
haben sollte, dass die Hauptversammlung eine geringere Dividende beschließt als von den
Vertragsparteien angenommen, sei dieses Risiko bei den hier in Rede stehenden Werten
eher theoretischer Natur. So sei beispielsweise dem für Bankenprüfungen zuständigen
Finanzamt für Konzernbetriebsprüfungen A kein Fall bekannt, in dem bei einem im DAX
notierten Wert eine geringere Dividende beschlossen worden sei als der
Hauptversammlung vorgeschlagen worden sei. Der Umstand, dass der Kläger einen
solchen Fall aus dem S-DAX anführe, um sein Kursrisiko zu belegen, verdeutliche nur,
dass für ihn gerade kein solches bestanden habe.
Zu den wesentlichen Rechten des Aktionärs gehöre es, auf der Hauptversammlung von
seinem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Dies wäre dem Kläger auf Grund der nicht
vollzogenen Umschreibung nicht möglich gewesen. Dementsprechend habe er nach den
Feststellungen des Finanzamts für Großbetriebsprüfung A auch nicht an der
Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaften teilgenommen. Wenn der Kläger aber
diese wesentlichen Rechte nicht habe wahrnehmen können, erscheine es nicht
gerechtfertigt, ihn als wirtschaftlichen Eigentümer der Altaktien zu betrachten (Hinweis auf
Krause, Wertpapiermitteilungen - WM - 1999, 1101, 1104). Die Annahme fehlenden
wirtschaftlichen Eigentums stehe auch nicht im Widerspruch zu der Behandlung von
Aktienkäufen am Dividendenstichtag nach Beschluss der Hauptversammlung über die
Gewinnausschüttung. Ein reguläres Aktiengeschäft um den Dividendenstichtag werde
nach der Feststellung des Finanzamts für Steuerfahndung A wie folgt abgewickelt: Würden
Aktien cum dividende am Tag vor dem Dividendenstichtag verkauft, bestehe für den die
Aktien verwahrenden deutschen Kassenverein folgendes Problem: Da die Umbuchung
vom Verkäufer- auf den Käuferbestand erst an dem, dem Valutastichtag folgenden Werktag
vorgenommen werde, der Deutsche Kassenverein aber bereits am Abend vor dem
Dividendenstichtag die Coupons abtrenne, könnten am Umbuchungstag nur noch Aktien
ex dividende geliefert werden. Da der Deutsche Kassenverein die Dividendenscheine noch
für den Verkäufer abgetrennt habe, vereinnahme er die Nettodividende ebenfalls zu
Gunsten des Verkäuferkontos. Um diesen durch die technische Abwicklung bedingten
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Nachteil auszugleichen, erhalte der Käufer vom Deutschen Kassenverein eine Gutschrift in
Höhe der Nettodividende, die dem Verkäuferkonto rückbelastet werde. Tatsächlich vom
Verkäufer- auf das Käuferkonto umgebucht werde dann nur noch ein entsprechender
Bestand an Aktien ex dividende.
Soweit der BFH darauf abstelle, dass Alt-Aktien und junge Aktien verschiedene
Wirtschaftsgüter seien, sei darauf hinzuweisen - so der Beklagte -, dass an dem Tag, an
dem die angeblichen Lieferungen zu erfüllen gewesen seien, keine Alt-Aktien mit
Dividendenanspruch mehr hätten geliefert werden können, da der Ex-Tag schon
verstrichen gewesen sei. Die Alt-Aktien hatten damit im "Lieferzeitpunkt" die gleiche
Qualität wie junge Aktien. Nur deshalb hätten schließlich auch Lieferanspruch und
Lieferverpflichtung gegeneinander aufgerechnet werden können.
Soweit der BFH darauf abstelle, dass der Erwerber der Alt-Aktien ein Kursrisiko getragen
habe, könne dieses Argument jedenfalls im vorliegenden Fall nicht durchgreifen, da die
taggleichen An- und Verkäufe zu jeweils festgelegten Kursen erfolgt seien. Der Kläger
habe also im Zeitpunkt des "Erwerbs" bereits gewusst, zu welchem Kurs er die Aktien
wieder "verkaufen" werde. Damit werde auch deutlich, dass es den Parteien nicht darum
gegangen sei, wirtschaftliches Eigentum an Aktien zu übertragen. Ziel der Parteien sei
ausschließlich gewesen, das jeweilige Körperschaftsteuerguthaben zu realisieren und
wirtschaftlich unter den Beteiligten aufzuteilen.
Der BFH - so der Beklagte - vertrete im Urteil vom 15.12.1999 (BStBl II 2000, 527) die
Rechtsauffassung, die Regelungen in § 50 c EStG einschließlich der Börsenklausel in Abs.
8 Satz 2 gingen als Spezialnorm der Allgemeinnorm des § 42 AO vor. Dies gelte lt.
Auffassung des BFH sogar dann, wenn der Erwerb über die Börse ausschließlich zu dem
Zweck vorgenommen werde, um die Einschränkung in § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG
auszunutzen und § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG zu umgehen. Der Beklagte könne sich dieser
Auffassung nicht anschließen. Dass eine Spezialnorm die Anwendung der Allgemeinnorm
des § 42 AO grundsätzlich ausschließe, könne nicht angenommen werden. So habe der
BFH bei der Beurteilung niedrig besteuerter ausländischer Basisgesellschaften die
Anwendung des § 42 AO ausdrücklich als vorrangig vor der Anwendung der §§ 7 bis 14
AStG angesehen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 12.07.1989, I R 46/85, BStBl II 1990, 113;
BFH-Urteil vom 23.10.1991, I R 40/89, BStBl II 1992, 1026; BFH-Urteil vom 10.06.1992, I R
105/89, BStBl II 1992, 1029). Aus dieser Rechtsprechung des BFH ergebe sich, dass § 42
AO dann anzuwenden sei, wenn die tatsächlich gewählte Gestaltung auch bei einer
Bewertung am Gesetzeszweck des § 50 c EStG sich noch als ein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstelle. Nur wenn die gewählte Gestaltung
typischer- und vom Gesetzgeber gewollterweise unter die Regelung des § 50 c EStG falle,
schließe die vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 50 c EStG verfolgte
Regelungsabsicht die Annahme eines Missbrauchs im Sinne von § 42 AO aus. Nur dieses
Verständnis für das Verhältnis einer Spezialnorm zum allgemeinen Missbrauchstatbestand
des § 42 AO erlaube es dem Gesetzgeber überhaupt, spezielle Missbrauchsvorschriften zu
schaffen. Demgegenüber vertrete der BFH die Auffassung, dass es Sache des
Gesetzgebers sei, nach Erlass einer Spezialnorm verbliebene Regelungslücken in der
vorrangigen Spezialnorm zu schließen. Wäre diese Auffassung zutreffend, dann müsste
der Gesetzgeber bei Erlass einer Spezialnorm alle denkbaren missbräuchlichen
Gestaltungen berücksichtigen und diese besonders regeln, wenn er nicht das Risiko
eingehen wolle, für alle eigentlich rechtsmissbräuchlichen Gestaltungen eine Art Freibrief
zu erteilen, indem er diese Gestaltungen bei dem Erlass der Spezialnorm nicht besonders
berücksichtige. Dies erscheine schlicht unmöglich und könne deshalb vom Gesetzgeber
nicht verlangt werden. Dem Gesetzgeber müsse es freistehen, eine Spezialnorm zu
schaffen. Dabei müsse er darauf vertrauen dürfen, dass Gestaltungen, die sich auch bei
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einer Bewertung am Gesetzeszweck der Spezialnorm noch als Missbrauch darstellten,
durch die allgemeine Norm des § 42 AO als Auffangtatbestand nicht der Besteuerung zu
Grunde gelegt würden. Der Gesetzgeber habe mit der Börsenklausel in § 50 c Abs. 8 Satz
2 EStG den Erwerb über die Börse wegen der Anonymität der typischen Börsengeschäfte
von den Rechtsfolgen des § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG ausgenommen. Im Streitfall träten
jedoch neben dem Erwerb über die Börse noch weitere Umstände hinzu, die die gewählte
Gestaltung als Manipulation kennzeichneten.
Im Streitfall - so der Beklagte - sei eine Anwendung von § 42 AO auch bei einer Bewertung
der tatsächlich gewählten Gestaltung am Gesetzeszweck des § 50 c EStG gerechtfertigt.
Der taggleich erfolgte An- und Verkauf von Aktien sei als Missbrauch zu beurteilen. Die
Gestaltung sei auf bloße Ausnutzung des Anrechnungsguthabens gerichtet gewesen, das
sonst bei den nicht anrechnungsberechtigten Vorbesitzern verloren gewesen wäre.
Die Lieferung der angekauften Stücke habe zum gleichen Tag erfolgen sollen wie die
Lieferung der verkauften Stücke. Der Kläger habe so seine Lieferverpflichtung aus seinem
Belieferungsanspruch heraus begleichen können, ohne sich tatsächlich entsprechende
Aktien beschaffen zu müssen.
Der Beklagte meint, der Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs sei in diesem Fall nicht nur
gegenüber den Vertragspartnern des Klägers, sondern auch gegenüber dem Kläger selbst
zu erheben. Der Kläger hätte einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt, wenn ihm
der Genuss des streitbefangenen Anrechnungsguthabens verblieben wäre.
Soweit der Kläger vortrage, die fraglichen Aktien stammten nicht von einem
Nichtanrechnungsberechtigten, handele es sich um einen Sachvortrag, der im Widerspruch
zur Auskunft der X-Bank stehe. Der Beklagte bestreite deshalb diesen Sachvortrag. Die X-
Bank A sei zwar Verkäufer und Käufer gegenüber dem Kläger, jedoch stammten die Stücke
stets von einem nichtanrechnungsberechtigten Fonds.
Der Beklagte meint, die Geschäfte seien unüblich gewesen. Grundsätzlich handelten
Börsenmakler mit Wertpapieren, zum Teil auch auf eigene Rechnung und Risiko, aber
niemals in Stückzahlen wie im vorliegenden Streitfall. Soweit die Hin- und Rückkäufe von
der X-Bank A erfolgt seien, hätten die betreffenden Stücke von der Y-GMBH gestammt. An
dieser Gesellschaft sei die X-Bank beteiligt gewesen. Diese Handhabung von Kauf und
Verkauf mit Kursverlusten für den Kläger sei bei anderen Geschäften unüblich.
Es erscheine zwar denkbar, dass der Kläger tatsächlich nicht gewusst habe, wer
Eigentümer der "erworbenen" Aktien gewesen sei. Dies sei für den Kläger aber auch ohne
Bedeutung gewesen, da er die Aktien direkt wieder zurückverkauft habe. Diese Geschäfte
könnten für den Vertragspartner nur Sinn machen, wenn es sich um einen
Nichtanrechnungsberechtigten gehandelt habe. Der Kläger könne sich also nicht auf
fehlende Umgehungsabsicht berufen.
Seinen Hilfsantrag auf Revisionszulassung begründet der Beklagte damit, dass die zu
beurteilenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und die vom BFH gegebenen
Antworten nicht überzeugend seien.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig und begründet. Der von dem Beklagten erlassene Bescheid verletzt
den Kläger in seinen Rechten.
I.
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Die Klage ist zulässig und begründet, soweit der Kläger sich gegen die Feststellung der
anrechenbaren Körperschaftsteuer und der anrechenbaren Kapitalertragsteuer wendet.
Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Kapitalertragsteuer können nach § 180 Abs. 5
AO gesondert festgestellt werden. § 180 Abs. 5 AO gilt jedoch erst für
Feststellungszeiträume ab 1995 (Art. 97 § 10 b EGAO i. d. F. des StMBG; Klein, AO, 7.
Aufl., § 180 AO Rdnr. 46; Helmschrott/Eberhard DStR 1994, 525, 530). Zwar hat der BFH in
seinen Entscheidungen vom 22.11.1995 (I R 114/94, BStBl II 1996, 531, 532; I R 185/94,
BStBl II 1996, 390, 391; vgl. auch BFH vom 27.06.2001, I R 65/00, BFH/NV 2001, 1528) die
Auffassung vertreten, es sei auch zuvor schon eine gesonderte Feststellung zulässig
gewesen, er hat dies jedoch nur für den Fall der einheitlichen Feststellung unter Hinweis
darauf angenommen, dass die entsprechenden Ansprüche zum Sonderbetriebsvermögen
der Beteiligten gehören. Während der BFH bei Personengesellschaften mit § 180 Abs. 1
Nr. 2 a AO eine Rechtsgrundlage für eine einheitliche und gesonderte Feststellung, die
eine Feststellung der Steuerabzugsbeträge und der anrechenbaren Körperschaftsteuer
umfasst, angenommen hat, wurde eine entsprechende Rechtsgrundlage für den Fall eines
Einzelgewerbetreibenden erst ab 1995 geschaffen (so auch Kunz, in Beermann,
Steuerliches Verfahrensrecht, § 180 AO Rz. 49, 119; Helmschrott/Eberhard DStR 1994,
525, 530; Klein, AO, 7. Aufl., § 180 AO Rdnr. 46).
II.
Auch soweit der Kläger sich gegen die von dem Beklagten vorgenommene
Gewinnfeststellung wendet, ist seine Klage zulässig.
Das insoweit vom Kläger verfolgte Rechtsschutzbegehren ist zum einen die steuerliche
Anerkennung der bei den Anteilskäufen und -verkäufen erlittenen Verluste, zum anderen
die Einbeziehung der - diese Verluste übersteigenden - Bruttodividenden als Einnahmen,
letzteres aber mit dem - eigentlichen - Ziel der Anrechnung der entsprechenden
Körperschaftsteuer- und Kapitalertragsteuerbeträge. Mit diesem Ziel ist die Klage zulässig,
obwohl sich eine Gewinnerhöhung ergibt.
Gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG setzt eine Anrechnung der Körperschaftsteuer in den
Veranlagungszeiträumen vor 1996 zwar nicht voraus, dass die Körperschaftsteuer zuvor
bei den Einnahmen erfasst wird (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.1999, I R 29/97, BStBl II 2000,
527, 529 m. w. N.).
Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer (hier:
die Kapitalertragsteuer) aber nur angerechnet, soweit sie auf die "bei der Veranlagung
erfassten" Einkünfte entfällt.
Und nach § 36 Abs. 2 f EStG findet auch eine Anrechnung der Körperschaftsteuer nicht
statt, wenn die Einnahmen (hier: die Bruttodividende) bei der Veranlagung nicht erfasst
sind. § 36 Abs. 2 f EStG gilt gemäß § 52 Abs. 25 Satz 2 EStG auch für
Veranlagungszeiträume vor 1990 (vgl. insoweit auch BFH-Urteil vom 22.11.1995, I R
114/94, BStBl II 1996, 531).
III.
Die gegen die Gewinnfeststellung gerichtete Klage ist auch begründet. Der Senat schließt
sich der Auffassung des BFH an, die dieser in seiner grundlegenden Entscheidung vom
15.12.1999 (I R 29/97, BStBl II 2000, 527) vertreten hat (ebenso: Hessisches Finanzgericht
- FG - vom 17.01.2001, 1 K 2287/00, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2001,
898; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.09.2001, I 83/98, EFG 2002, 91). Dem
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BFH kommt als oberstes Gericht in Steuersachen der Bundesrepublik Deutschland die
Funktion zu, Rechtsfragen letztinstanzlich zu entscheiden und die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung innerhalb des Finanzrechtsweges zu wahren. Dies hat der BFH mit seiner
Entscheidung getan. Nach Auffassung des Senats bestehen im vorliegenden Fall keine
Besonderheiten, die eine von dem Urteil des BFH abweichende Entscheidung
rechtfertigen. Der Beklagte hat auch keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die eine
andere als die vom BFH getroffene Entscheidung fordern.
1. Der Kläger ist wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien geworden. Dementsprechend hat er
auch Einkünfte in Form der Dividendenausschüttung und des Körperschaftsteuerguthabens
erzielt.
a) Bei Aktien erlangt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum im Allgemeinen ab dem
Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere
verfügen kann. Das ist der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere
die mit Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken- und -chancen auf den Erwerber
übergegangen sind. Der Senat geht davon aus, dass diesen Anforderungen im Streitfall in
sämtlichen betroffenen Einzelgeschäften genügt ist, sei es dadurch, dass dem Kläger ein
entsprechender Besitzmittlungsanspruch (§ 929 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -
BGB -) zu der girosammelverwahrenden Stelle eingeräumt, sei es dadurch, dass ein
Besitzkonstitut (§ 930 BGB) vereinbart worden ist. Zumindest konnten dem Kläger nach
den von ihm dargestellten einschlägigen Börsenusancen und den üblichen Abläufen die
mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche regelmäßig nicht mehr entzogen werden.
Dementsprechend haben die Beteiligten im Streitfall die jeweiligen Vertragsabschlüsse
auch vollzogen und ihr Verhalten hiernach ausgerichtet. Das ist ausreichend. Der Umstand,
dass die entsprechende Umbuchung ggf. erst zwei Tage nach dem Vertragsabschluss
vorgenommen worden ist, tritt demgegenüber zurück und beeinflusst den Übergang des
wirtschaftlichen Eigentums nicht (vgl. BFH, BStBl II 2000, 527, 530 l. Sp.).
b) Es ist auch die weitere Voraussetzung erfüllt, dass der Besitz (oder die vergleichbare
letztlich unentziehbare Position) in Erwartung des Eigentumserwerbs eingeräumt wird.
Hiervon - so der BFH - könne ausgegangen werden, wenn die Vertragsbeteiligten
entsprechende schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen seien. Die zugleich
getroffenen Vereinbarungen über Verpflichtungen zur (Rück-) Veräußerung so genannter
junger Aktien durch den Kläger an die bisherigen veräußernden Anteilsinhaber ändere
daran ebenso wenig wie der Umstand, dass diese Rückverkäufe in allen der in Rede
stehenden Verkaufsfällen taggleich mit den Ankäufen erfolgt seien. Zwar habe sich der
Kläger dadurch verpflichtet und gebunden. Die Besonderheit der Fälle bestehe indes darin,
dass sich die eingegangenen Rückkaufverpflichtungen auf andere so genannte junge
Aktien bezogen hätten, die mit den hingegebenen Alt-Aktien nicht identisch seien. Zu einer
Verlagerung von rechtlichem zu wirtschaftlichem Eigentum könne es aber immer nur im
Hinblick auf ein und dasselbe Wirtschaftsgut kommen. Insofern sei allein maßgeblich, ob
der Kläger (zumindest) in die Position eines (auch wirtschaftlichen) Eigentümers an den
erworbenen Aktien eingerückt sei. Dies sei zu bejahen. Ungeachtet der eingegangenen
Rückkaufverpflichtungen werde er in die Lage versetzt, diese Aktien für längere Zeit in
seinem Eigenbestand zu belassen, sie an Dritte weiterzuveräußern oder sie in sonstiger
Weise beliebig zu nutzen. Zugleich habe er ein - selbst bei taggleichen Geschäften
durchaus realistisches - Kursrisiko getragen, sei Pfändungszugriffen wie auch
Konkursverfall ausgesetzt gewesen. Wirtschaftliches Eigentum sei deswegen
übergegangen. Im Übrigen belege nicht zuletzt die Neuregelung der so genannten
Börsenklausel in § 50 c Abs. 10 EStG 1987/1990 i. d. F. des Standortsicherungsgesetzes,
dass der Gesetzgeber sehr wohl gerade auch bei nur kurzzeitigem Erwerb von
Wertpapieren und bei zugleich vereinbarter Rückveräußerung von dem Übergang
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zumindest des wirtschaftlichen Eigentums ausgegangen sein müsse. Denn andernfalls
hätte es der nunmehr differenzierten tatbestandlichen Einschränkungen in § 50 c Abs. 10
EStG 1987/19990 i. d. F. des Standortsicherungsgesetzes nicht bedurft (vgl. BFH, BStBl II,
2000, 527, 530; vgl. auch Unfried, Steuerrecht und Dividendenstripping, 1998, Seite 33;
Unfried, DStA 2000, 993, 996; Hessisches FG, Urteil vom 17.01.2001, 1 K 2287/00, EFG
2001, 898; a. A. Rau/Sahl, BB 2000, 1112, 1115).
Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Entscheidend ist, dass die angekauften Alt-
Aktien nicht mit den verkauften jungen Aktien identisch waren und insoweit keine
Verpflichtung zur Rücklieferung der übertragenen Bestände bestand (vgl. insoweit auch
Krause, WM 1999, 1101, 1103; Harmann/Dörfler, Internationales Steuerrecht - IStR - 2000,
181, 182; Häuselmann, DStR 2001, 597, 600). Maßgebend ist der Zeitpunkt des
Abschlusses des Kaufvertrages, nicht der Lieferzeitpunkt. Das wirtschaftliche Eigentum
wurde bereits mit dem Abschluss des Ankaufvertrages erworben, so dass es unerheblich
ist, ob sich im Lieferzeitpunkt die Lieferansprüche von Käufer und Verkäufer verrechenbar
gegenüberstanden. Es wurde nicht dasselbe Wirtschaftsgut ge- und zugleich verkauft,
sondern es wurden alte dividendenberechtigte Aktien zu einen höheren Kurs gekauft und
junge nichtdividendenberechtigte Aktien zu einem niedrigeren verkauft.
c) Der Senat geht davon aus, dass für den Kläger kein Kursrisiko bestand. Denn der Kläger
hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass Ankauf der alten Aktien und Verkauf
der jungen Aktien immer gleichzeitig erfolgt seien. Diesem fehlenden Kursrisiko kommt
jedoch keine Bedeutung zu, da - entsprechend der Entscheidung des BFH - das Risiko
nicht auf Grund gegenläufiger Geschäfte über dasselbe, sondern über verschiedene
Wirtschaftsgüter entfiel.
Der Kläger trug dagegen das Risiko, dass tatsächlich die vorgeschlagene Dividende
beschlossen werde. Zwar mag es nur selten vorkommen, dass die Hauptversammlung die
vorgeschlagene Dividende nicht beschließt. Eine derartige Abweichung der
Hauptversammlung ist aber nicht ausgeschlossen.
Der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums scheitert nicht an der fehlenden Möglichkeit zur
Teilnahme an der Hauptversammlung. Der Kläger weist insoweit zu Recht darauf hin, dass
eine Möglichkeit zur Teilnahme an der Hauptversammlung in vielen Fällen nicht bestehe,
wenn der Aktienkauf kurz vor der Hauptversammlung erfolge. In diesen Fällen könne eine
Teilnahme schon daran scheitern, dass eine Anmeldung für die Teilnahme nur bis zu
einem bestimmten Zeitpunkt vor der Hauptversammlung möglich sei. Der BFH vertritt zu
Recht die Auffassung, dass es für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts auf das Gesamtbild
der Verhältnisse ankomme, und ein Übergang wirtschaftlichen Eigentums auch dann
anzunehmen sein könne, wenn nicht sämtliche Umstände für die Annahme eines
derartigen Übergangs in vollem Umfang gegeben seien (BFH, BStBl II 2000, 527, 530 l.
Sp.).
d) Hat der Kläger das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erworben, so erzielte er auch
die damit verbundenen Dividendenausschüttungen und Körperschaftsteuerguthaben als
Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger war im Zeitpunkt des
Gewinnverteilungsbeschlusses Inhaber der Aktien. Nach der Entscheidung des BFH wurde
der Erwerber der alten Aktien ungeachtet der eingegangenen Rückkaufverpflichtung in die
Lage versetzt, diese Aktien für längere Zeit in seinem Eigenbestand zu belassen, sie an
Dritte weiterzuverkaufen oder sie in sonstiger Weise beliebig zu nutzen (BStBl II 2000, 527,
531 r. Sp.). Dementsprechend verweist der BFH auch für die Zurechnung der Dividenden
auf die Vorschrift des § 20 Abs. 2 a EStG n. F., der eine Inhaberschaft im Zeitpunkt des
Gewinnverteilungsbeschlusses voraussetzt (vgl. BFH, BStBl II 2000, 527, 531 l. Sp.). Im
Übrigen wären die Dividenden nach der Rechtslage vor der Neuregelung des § 20 Abs. 2 a
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EStG dem Kläger auch dann zuzurechnen, wenn er im Zeitpunkt des
Gewinnverteilungsbeschlusses nicht mehr Inhaber der Aktien gewesen wäre (BFH vom
30.04.1991, VIII R 38/87, BStBl II 1991, 574; BFH vom 21.11.1995, VIII B 40/95, BFH/NV
1996, 405; BFH vom 14.12.1999, VIII R 24/99, BFH/NV 2000, 707; BFH vom 14.12.1999,
VIII R 49/98, BStBl II 2000, 341; Weber, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1995, 494, 495;
Schulz DStR 1996, 371).
2. § 50 c Abs. 1 EStG 1987/1990 findet keine Anwendung, weil die sog. "Börsenklausel" in
Abs. 8 Satz 2 der Vorschrift eingreift. Nach § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG sind § 50 c Abs. 1 bis
7 EStG nicht anzuwenden, wenn der Erwerber die Anteile über ein Kreditinstitut erworben
hat, das den Kaufauftrag über die Börse ausgeführt hat.
Nach der Entscheidung des BFH vom 15.12.1999 (BStBl II 2000, 527) schließen
Aktientransaktionen über die Börse die Anwendung von § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG
1987/1990 nach Maßgabe von § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG 1987/1990 generell aus,
unabhängig von der Motivation der Beteiligten, von etwaigen Individualabsprachen und im
Grundsatz auch davon, von wem die Initiative zum Ankauf oder Verkauf der in Rede
stehenden Wertpapiere ausgeht. Ebenso wenig schadet es, wenn - wie im Fall des BFH-
Urteils - der Kläger als zugelassener Börsenmakler - zugleich als Erwerber der Anteile
auftritt.
Im Streitfall wurden die Aktien "über die Börse" erworben. Das Geschäft ist zwischen an der
Börse zugelassenen Personen zu amtlich festgestellten und notierten Kursen über die
Börse gebucht, ins Börsensystem eingespielt, zu börsenüblichen Konditionen abgewickelt
worden und hat der Börsenaufsicht unterlegen. Dass der Kläger zugleich als Erwerber der
Aktien aufgetreten ist, ist nach der Entscheidung des BFH unerheblich (a. A.: Rau/Sahl BB
2000, 1112, 1115).
3. Auch § 42 AO bietet keine Rechtsgrundlage für den von dem Beklagten erlassenen
Feststellungsbescheid.
a) Nach § 42 AO kann durch einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
das Steuergesetz nicht umgangen werden. "Rechtsmissbrauch" bedeutet, dass der
Handelnde sich stillschweigend auf ein Recht beruft, das ihm in Wahrheit nicht zur Seite
steht. Erkenntnisquelle für die "Umgehung" ist dabei "das Steuergesetz". § 42 AO weist
nicht auf den einzelnen Steuertatbestand, sondern auf das Steuergesetz als Gesamtheit,
und fordert vom Rechtsanwender Aufmerksamkeit für den Grundgedanken der gesetzlichen
Gesamtregelung. Gefordert ist ein Weiterdenken des Gesetzesgedankens im Rahmen des
Gesetzeszweckes über den Tatbestandstext hinaus. Es kann ein Gestaltungsmissbrauch
nicht schon dann bejaht werden, wenn für ein bestimmtes Ziel ein nach bürgerlichem Recht
ungewöhnlicher Weg gewählt wird; entscheidend muss hinzukommen, dass ein
steuerlicher Erfolg erreicht werden soll, der bei sinnvoller, Zweck und Ziel der
Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung vom Gesetz missbilligt wird (zum Ganzen:
Kirchhof, Steuer- und Wirtschaft - StuW - 1983, 173; Fischer, in:
Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 42 Rdnr. 31, 53 ff.; derselbe
StuW 1995, 87).
b) Gegenüber dem Missbrauchsverbot des § 42 AO enthält § 50 c EStG eine spezielle
gesetzliche Regelung, die sich mit den Fällen des Erwerbs von Anteilen von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner befasst.
§ 50 c EStG 1987/1990 dient dazu, das Verbot der Körperschaftsteueranrechnung für
nichtanrechnungsberechtigte Anteilseigner auch und gerade in den Fällen des sog.
"Dividendenstrippings" durchzusetzen. Hat ein zur Anrechnung von Körperschaftsteuer
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berechtigter Steuerpflichtiger einen Anteil an einer unbeschränkt steuerpflichtigen
Kapitalgesellschaft von einem nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner erworben, so
sind Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder durch
Verluste aus der Veräußerung oder Entnahme des Anteils im Jahr des Erwerbs oder in
einem der folgenden neun Jahre entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu
berücksichtigen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder des Verlusts nur auf
Gewinnausschüttungen zurückgeführt werden kann, und die Gewinnausschüttungen
insgesamt den Sperrbetrag i. S. von § 50 c Abs. 4 EStG 1987/1990 nicht übersteigen. § 50
c EStG 1987/1990 will das Verbot der Anrechnung beim nichtanrechnungsberechtigten
Anteilseigner durchsetzen, knüpft aber, um dieses Ziel zu erreichen, rechtstechnisch an die
Person des anrechnungsberechtigten Steuerpflichtigen an, indem bei diesem
gewinnmindernde Teilwertabschreibungen und Verluste aus der Veräußerung oder
Entnahme der Anteile steuerlich nicht berücksichtigt werden.
Die spezielle Missbrauchsregelung des § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG soll nach § 50 c Abs. 8
EStG jedoch nicht bei Geschäften über die Börse eingreifen. Sinn der sog. "Börsenklausel"
in § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG 1987/1990 ist es, das Börsengeschehen zu schützen und den
Börsenhandel funktionsfähig zu halten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass § 50 c EStG
1987/1990 insoweit wegen der Anonymität der typischen Börsengeschäfte nicht
erforderlich sei (BT-Drs 12/5016, Seite 90). Er hat deshalb einschlägige Geschäfte
vorbehaltlos von den Beschränkungen in § 50 c EStG 1987/1990 befreit und lediglich
vorausgesetzt, dass sie unter Beauftragung eines Kreditinstituts über die Börse abgewickelt
werden. Zwar ist der Gesetzesbegründung zugleich zu entnehmen, ein Anteilserwerb über
die Börse liege nur dann vor, wenn es sich um ein börsentypisches Geschäft handele, bei
dem die Handelspartner anonym blieben. Die rein formale Abwicklung über die Börse
reiche nicht aus, wenn der Erwerber erkenne, dass der Veräußerer
nichtanrechnungsberechtigt sei; § 50 c EStG 1987/1990 sei dann anzuwenden. Eine
derartige Einschränkung enthält § 50 c Abs. 8 Satz 2 EStG 1987/1990 jedoch nicht. Die
Vorschrift ist regelungstypisierend. Sie erfasst unterschiedslos den Erwerb über die Börse,
unterstellt (abweichend von der Fassung, die § 50 c EStG 1987/1990 in Abs. 10 durch das
Standortsicherungsgesetz erhalten hat) ebenso unterschiedslos die Börsenüblichkeit der
Geschäfte und sieht - letztlich wohl auch aus Gründen der einfachen
Gesetzeshandhabbarkeit - von Ausnahmen und Einschränkungen ab. Die Kenntnis der
Börsenusancen, also auch der Möglichkeit, Individualvereinbarungen über die Börse treffen
zu können, hat den Gesetzgeber daran nicht gehindert. Umgehungsstrategien über die
Börse wurden wegen der - unterstellten - Anonymität des Börsenhandels, der Absprachen
zwischen Vertragsparteien nur im außerbörslichen Bereich erlaube, vielmehr für nicht
wirkungsvoll erachtet. Aktientransaktionen über die Börse schließen die Anwendung von §
50 c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 deshalb nach Maßgabe von § 50 Abs. 8 Satz 2 EStG
1987/1990 generell aus, unabhängig von der Motivation der Beteiligten, von etwaigen
Individualabsprachen und im Grundsatz auch davon, von wem die Initiative zum Ankauf
oder Verkauf der in Rede stehenden Wertpapiere ausgeht. Ebenso wenig schadet es,
wenn das beauftragte Kreditinstitut - wie im Streitfall der Kläger - als börsenzugelassener
Börsenmakler seinerseits zugleich als Erwerber der Anteile auftritt.
c) Diesen in § 50 c Abs. 1 bis 7 und in § 50 c Abs. 8 EStG 1987/1990 enthaltenen
gesetzgeberischen Wertungen ist bei der Frage einer Anwendung der
Missbrauchsvorschrift des § 42 AO Rechnung zu tragen.
aa) § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 trifft eine Regelung, um das Verbot der Anrechnung
beim nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner durchzusetzen. § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG
1987/1990 wählt hierzu einen speziellen rechtstechnischen Ansatzpunkt, indem er beim
Erwerber der Anteile Teilwertabschreibungen und Verluste aus der Veräußerung vom
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Abzug ausnimmt. Diese Regelung ist als gegenüber § 42 AO vorrangige
spezialgesetzliche Regelung anzusehen, die es ausschließt, einer Umgehung des
Abzugsverbotes dadurch zu begegnen, dass bei der Gewinnermittlung der Kursverlust, die
zugeflossene Nettodividende, Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer unberücksichtigt
gelassen und die Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer versagt
werden. Der Gesetzgeber hat mit § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 die gesetzgeberische
Entscheidung getroffen, dass einer Umgehung des Anrechnungsverbotes auf die von § 50
c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 vorgezeichnete Art und Weise und nicht durch
Nichtanerkennung des gesamten Rechtsgeschäfts zu begegnen ist.
bb) Vor allem aber trifft der Gesetzgeber in § 50 c Abs. 8 EStG eine Regelung, die eine
Anwendung von § 42 AO ausschließt.
Selbst wenn man annehmen wollte, dass § 42 AO neben § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG
anwendbar ist, müsste doch der Börsenklausel in § 50 c Abs. 8 EStG Rechnung getragen
werden. Der Gesetzgeber nimmt, um das Börsengeschehen zu schützen und den
Börsenhandel funktionsfähig zu halten, bei einer formalen Abwicklung über die Börse in
Kauf, dass das Verbot der Anrechnung beim nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner
nicht durchgesetzt wird.
Diese gesetzgeberische Entscheidung, dem Schutz des Börsenhandels einen höheren
Stellenwert einzuräumen als der Durchsetzung des Anrechnungsverbots, steht einer
Anwendung von § 42 AO auf Fälle des Erwerbs über die Börse entgegen. Selbst wenn
neben den Anforderungen des § 50 c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 auch die
Voraussetzungen des § 42 AO erfüllt wären, erhielte das Rechtsgeschäft zwischen
nichtanrechnungsberechtigtem Veräußerer und Erwerber keine Rechtsqualität, bei der die
Überlegungen, auf denen § 50 c Abs. 8 EStG 1987/1990 beruht, verdrängt würden. Das
Verhältnis von § 50 c EStG zu § 42 AO entspricht insoweit dem Verhältnis von § 24 Abs. 2
UmwStG 1969 zu § 6 StAnpG (BFH-Urteil vom 13.12.1989, I R 118/87, BStBl II 1990, 474,
477), unterscheidet sich aber z. B. von dem Verhältnis der Regelungen des
Außensteuergesetzes - AStG - zu § 42 AO, auf das der Beklagte hinweist. Da die Norm des
§ 42 AO zur Bekämpfung der Steuerflucht nicht ausreichte, wurde das AStG eingeführt. Es
sieht (zusätzlich) eine Hinzurechnungsbesteuerung vor, ohne jedoch die vorrangige
Prüfung zu erübrigen, ob die ausländische Gesellschaft nach § 42 AO überhaupt
anzuerkennen ist und Abschirmwirkung entfaltet.
cc) Im Übrigen sieht § 50 c Abs. 8 Satz 1 EStG auch eine Bagatellgrenze vor. Der
Gesetzgeber akzeptiert damit ein Dividendenstripping im Bereich von Bagatellbeträgen. Mit
dieser Regelung wäre eine Anwendung von § 42 AO auch in Bagatellfällen unvereinbar.
d) Kein anderes Ergebnis ergibt sich auch auf Grund der Neuregelung des § 42 Abs. 2 AO
durch das Steueränderungsgesetz 2001 - StÄndG 2001 - vom 20.12.20021
(Bundesgesetzblatt - BGBl - I 2001, 3794).
Das StÄndG 2001 hat zwar den bisherigen Text des § 42 AO als Abs. 1 gefasst und als
Abs. 2 angefügt: "Absatz 2 ist anwendbar, wenn seine Anwendbarkeit gesetzlich nicht
ausdrücklich ausgeschlossen ist". Diese Neuregelung findet auf den Streitfall jedoch keine
Anwendung. Nach Art. 39 StÄndG 2001 tritt § 42 Abs. 2 AO am Tag nach der Verkündung
in Kraft. § 42 Abs. 2 AO ist keine verfahrensrechtliche, sondern eine Regelung, die den
Steueranspruch gestaltet. Die Regelung, dass § 42 Abs. 2 AO am 23.12.2001 in Kraft tritt,
bedeutet damit, dass der Steueranspruch ab diesem Zeitpunkt nach Maßgabe von § 42
Abs. 2 AO entsteht. Da Art. 39 StÄndG 2001 kein rückwirkendes Inkrafttreten anordnet,
verändert die Neuregelung den nach § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Jahres 1990
entstandenen Steueranspruch nicht (vgl. BFH-Urteile vom 5.06.1986, IV R 268/82, BStBl II
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1986, 659; vom 5.06.1986, IV R 338/84, BStBl II 1986, 661 zur Anwendung von § 16
Steueranpassungsgesetz - StAnpG - trotz der Neuregelung von § 12 Abs. 1 AO 1977 auf
Veranlagungszeiträume vor 1977).
Im Übrigen führte auch eine Anwendung von § 42 Abs. 2 AO zu keinem anderen Ergebnis.
Denn selbst wenn eine Anwendung von § 42 AO nicht daran scheiterte, dass § 50 c EStG
der allgemeinen Missbrauchsklausel des § 42 AO vorgeht, fehlt es doch an einem
Gestaltungsmissbrauch (vgl. Crezelius DB 2001, 2214, 2215; Unfried, DStR 2000, 993,
998). § 42 AO verweist in seiner Frage nach dem Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs
nicht nur auf die Regelungen der §§ 36 ff., 50 Abs. 5 Satz 2 EStG, 51 KStG über die
Anrechnung der Körperschaftsteuer und die von dieser Anrechnung bestehenden
Ausnahmen. § 42 AO verweist auf das Steuergesetz als Gesamtheit, auf die gesetzliche
Gesamtregelung, und stellt die Frage, ob diese Gesamtregelung umgangen wird. Er
verweist damit auch auf § 50 c EStG. Aus der Gesamtregelung der §§ 36 ff., 50 Abs. 5 Satz
2 EStG, 51 KStG und des § 50 c EStG aber folgt, dass der Erwerb von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner sich nicht als Gestaltungsmissbrauch darstellt.
§ 50 c Abs. 1 bis 7 EStG 1987/1990 regelt als Rechtsfolge des Erwerbs von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner die Versagung des Verlustabzugs, erkennt
damit den Erwerb an und schließt die Rechtsfolge des § 42 AO aus. Der Gesetzgeber
verzichtet in § 50 c Abs. 8 EStG darauf, an den Erwerb von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner einen steuerlichen Nachteil zu knüpfen, wenn
dieser Erwerb über die Börse erfolgt. Damit hindert er die Qualifizierung eines derartigen
Erwerbs als Gestaltungsmissbrauch. Wenn § 50 c Abs. 8 EStG unter Berücksichtigung
seines Gesetzeszwecks dahin zu interpretieren ist, dass jeglicher Erwerb über die Börse
(auch bei Bestehen von Individualabsprachen) die Anwendung von § 50 c Abs. 1 bis 7
EStG ausschließt, kann auch eine Gesamtschau des EStG bei einem Erwerb über die
Börse nicht zur Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs kommen.
IV.
Der Gewinn war in Deutscher Mark, nicht in EURO festzustellen. Für
Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2001 gelten die früheren EStG in den nicht auf
geglättete EURO-Beträge umgestellten Fassungen. Dementsprechend ist das Gesetz auf
der Grundlage der alten Währungseinheit der Deutschen Mark anzuwenden, die
Jahressteuerschuld in Deutscher Mark festzusetzen, der nach dem 01.01.2002 geschuldete
Steuerbetrag sodann in EURO umzurechnen. Die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen erfolgt in Deutscher Mark und ist dann in die Berechnung der
Jahressteuerschuld in Deutscher Mark einzubeziehen. Diesem allein der praktischen
Vernunft entsprechenden Ergebnis steht Art. 14 EG-Euro-VO II (Verordnung - EG - Nr.
974/98 des Rates vom 03.05.1998, Amtsblatt - ABl L 139/1-5-) nicht entgegen. Nach dieser
Vorschrift ist zwar immer dann, wenn "Rechtsinstrumente", die am Ende der Übergangszeit
bestehen, auf nationale Währungseinheiten Bezug nehmen, dies als Bezugnahme auf die
EURO-Einheit entsprechend dem jeweiligen Umrechnungskurs zu verstehen. Diese
"Rechtsinstrumente" (Art. 1, 2 EG-Euro-VO II) können steuerjuristisch aber als Regelungen
eines Geldbetrages mit Außenwirkung gedeutet werden, für welche die hier zu treffende
Feststellung nur einen verselbstständigten Zwischenschritt darstellt (vgl. Kirchhof in
Kirchhof, EStG, 2. Aufl., Zur Einführung des EURO).
V.
Die Revision war nicht zuzulassen. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur
zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder wenn die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des BFH erfordert (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht
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erfüllt.
Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordert keine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Der BFH hat mit Urteil
vom 15.12.1999 (BStBl II 2000, 527) entschieden. Er hat mit seiner Entscheidung das
Recht fortgebildet und - wie die nachfolgende Entscheidungen der erstinstanzlichen
Finanzgerichte zeigen - eine einheitliche Rechtsprechung sichergestellt.
Die Revision war auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Die im Streitfall zu entscheidenden Rechtsfragen
betreffen ausgelaufenes Recht. Der BFH hat mit Urteil vom 15.12.1999 (BStBl II 2000, 527)
grundlegend zu den relevanten Rechtsfragen Stellung genommen. Dieser Entscheidung
des BFH ging eine breite Diskussion der Problematik in Literatur und Rechtsprechung
voraus, auf die sich der BFH stützen konnte und gestützt hat. Außerdem hat der BFH seine
Rechtsauffassung zunächst in einem Gerichtsbescheid niedergelegt und der
Finanzverwaltung damit Gelegenheit gegeben, vor einer endgültigen Entscheidung
nochmals eingehend zu der Auffassung des BFH Stellung zu nehmen. Die im Streitfall zu
beurteilenden Sachverhalte unterscheiden sich nicht von den Sachverhalten, die der
Entscheidung des BFH zu Grunde lagen. Schließlich hat die Finanzverwaltung auch keine
neuen Aspekte aufgezeigt, die vom BFH in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt
worden sind. Der Beklagte hat sich lediglich darauf berufen, dass die vom BFH gegebenen
Antworten nicht überzeugend seien und er sich dessen Auffassung nicht anschließen
könne.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.