Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

FG Berlin-Brandenburg: ausländisches recht, berufsausübung, dienstleistungsfreiheit, mitgliedschaft, wirtschaftsprüfung, ausbildung, niederlande, link, sammlung, quelle

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 12.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 K 4018/03 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 7 AO, Art 49 EG, § 3
Abs 4 StBerG
(Zulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch § 80
Abs. 7 AO - keine Zulassung eines niederländischen Belasting-
Adviseurs zur Berufsausübung in Deutschland)
Tatbestand
Ausweislich ihres Briefkopfs handelt es sich bei der Klägerin um eine Sozietät
niederländischen Rechts, die Mitglied in der … Kamer van B. ist. Sie ist zudem in der
Kamer van K. voor G. registriert. Hiernach - so die Erläuterung auf dem Briefkopf -
erstrecken sich die im Handelsregister G. genehmigten Tätigkeiten auf die Bereiche
Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung sowie juristische Beratung.
Im Jahre 2002 erteilte ein Ehepaar G. in B. der Klägerin einen Auftrag für Steuerberatung
sowie Wirtschaftsprüfung. Durch Verfügung vom 30.07.2002 wies der Beklagte die
Klägerin gemäß § 80 Abs. 7 Abgabenordnung (AO) als Bevollmächtigte der Eheleute G.
mit der Begründung zurück, dass die Klägerin nicht im Sinne (i.S.) von § 3 Nr. 4
Steuerberatungsgesetz (StBerG) zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen
befugt sei. Der daraufhin eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt: Die Zurückweisung sei rechtswidrig und
verstoße gegen europarechtliche Vorgaben. Im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit
i.S. des Art. 50 des Vertrages der Europäischen Gemeinschaft (EGV) bestehe für eine
niederländische Sozietät die Möglichkeit, von dem Firmensitz in den Niederlanden aus in
der Bundesrepublik steuerberatend tätig zu werden. Nachdem sie, die Klägerin, in der
Kamer van K. in G. eingetragen sei, sei sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in
Steuersachen in den Niederlanden befugt. Diese sich auf die Niederlande beziehende
Berechtigung erstrecke sich auf Europa. Zudem gehöre sie, die Klägerin, der … Kamer
van J., der entsprechenden Berufsorganisation in den Niederlanden, an.
die Zurückweisung gemäß § 80 Abs. 7
AO vom 30.07.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18.12.2002
aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Beklagten ist die Klägerin nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung
in Steuersachen geeignet, § 80 Abs. 7 AO. Zwar könnten ausländische Personen
nachweisen, dass ihr Beruf im Ausland in der Ausbildung und den Befugnissen mit einem
der in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Berufe vergleichbar sei und die Voraussetzungen für
die Berufsausübung den Anforderungen des Steuerberatungsgesetzes im Wesentlichen
entspreche. Diesen Nachweis habe die Klägerin jedoch nicht erbracht.
Die Klägerin sei nämlich nicht Mitglied einer Organisation oder eines Verbandes, deren
Mitglieder im Regelfall ohne weitere Prüfung als qualifiziert in diesem Sinne anzusehen
seien. Tatsächlich erfülle nämlich die Kamer B. die betreffenden Voraussetzungen des §
56 Abs. 4 StBerG nicht.
Soweit sich die Klägerin auf ihre Mitgliedschaft in der Kamer van K. und der … Kamer van
J. stütze, habe sie es versäumt, die diesbezüglichen Mitgliedschaften im Einzelnen
nachzuweisen. In jedem Falle müsse sich aus der Berufsordnung und den einschlägigen
Kammerstatuten ergeben, dass ein Mitglied des betreffenden Verbandes die
Voraussetzungen des § 56 StBerG erfülle. Allein eine diesbezügliche Behauptung
genüge insoweit nicht.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Zurückweisungsverfügung des Beklagten vom
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Die Klage ist unbegründet. Die Zurückweisungsverfügung des Beklagten vom
30.07.2002 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ohne Rechtsfehler konnte der Beklagte die Zurückweisung auf § 80 Abs. 7 AO stützen.
Nach ganz herrschender Meinung verstößt § 80 Abs. 7 AO nämlich nicht gegen die
einschlägigen europarechtlichen Vorgaben (zum Nachweis vgl. Tipke/Kruse, AO, § 80 Rn.
96 b mit Nachweisen insbesondere im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung).
Vielmehr beschränkt die Vorschrift die in Art. 49 EGV geregelte Dienstleistungsfreiheit in
zulässiger Weise.
Die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 1 AO sind erfüllt. Die von dem Beklagten
geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der fachlichen Eignung der niederländischen
Klägerin erweisen sich als zutreffend.
Die in § 80 Abs. 7 Satz 3 AO geregelte Vermutung der fachlichen Eignung gewinnt für die
Klägerin keine der Klage zum Erfolg verhelfende Bedeutung. Eine fachliche Eignung der
Klägerin wird nämlich nicht im Hinblick auf § 80 Abs. 7 Satz 3 Nr. 1 AO vermutet. Das
Bundesministerium der Finanzen hat in seinem Schreiben vom 19. März 1998
(Bundessteuerblatt I 1998, 361 [362]) deutlich gemacht, bei welchen ausländischen
Berufsangehörigen eine Vergleichbarkeit mit dem Beruf des inländischen Steuerberaters
zu bejahen ist. Für die Niederlande hat das Bundesministerium verschiedene
Organisationen oder Berufsgruppen ausdrücklich benannt. Hierzu rechnet weder die
Kamer van K. oder die … Kamer van B. Dementsprechend hat auch das
Niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 05. Dezember 2000 – 6 K 423/99,
Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2001, 869) entschieden, dass ein in den
Niederlanden zugelassener Belasting-Adviseur grundsätzlich nicht zur Berufsausübung
in Deutschland zugelassen ist.
Die Klägerin hat des weiteren selbst nicht vorgetragen und auch nicht in hinreichender
Weise belegt, dass sie in den Niederlanden einen Beruf ausübt, der in der Ausbildung
und in den Befugnissen einem der in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Berufe vergleichbar ist
und bei dem die Voraussetzungen für die Berufsausübung den Anforderungen des
Steuerberatungsgesetzes im Wesentlichen entsprechen, § 80 Abs. 7 Satz 3 Nr. 1 und 2
AO.
Tatsächlich hatte für die Klägerin wiederholt Anlass bestanden, den diesbezüglichen
Nachweis zu führen. Denn der Beklagte hatte bereits im Zuge des
Verwaltungsverfahrens auf die notwendige Vergleichbarkeit mit den deutschen
Anforderungen hingewiesen. Zusätzlich enthielt die Ladung der Klägerin zur mündlichen
Verhandlung Ausführungen zu dem erforderlichen Nachweis.
Soweit sich die Klägerin schließlich auf ihre Mitgliedschaft in weiteren
Berufsorganisationen beruft, führt auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit fehlen
nämlich für den Senat jegliche nachprüfbaren Hinweise, dass die betreffenden
Organisationen selbst die fachliche Eignung ihrer Mitglieder im Sinne des § 80 Abs. 7
Satz 2 AO verlangen. Hiernach hätte es der Klägerin oblegen, diese Nachweise
spätestens in der mündlichen Verhandlung zu erbringen. Denn die konkreten
Einzelumstände der Berufsausübung in den Niederlanden betreffen vorrangig den
Wissensbereich der Klägerin und zudem ausländisches Recht. Vor diesem Hintergrund
lag es in der Verantwortung der Klägerin, die für sie günstigen Tatsachen im Einzelnen
vorzutragen und - vor allem durch Vorlage geeigneter Unterlagen (Vorgaben des
niederländischen Rechts, Satzungen, Verbandsbestimmungen) - zu belegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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