Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 29.03.2017

FG Berlin: vermietung, mietvertrag, eigentumswohnung, verpachtung, einkünfte, mieter, einspruch, sammlung, inventar, abschreibung

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Gericht:
FG Berlin 7. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1996, 1997
Aktenzeichen:
7 K 4443/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 21 Abs 1 Nr 1 EStG 1990, § 21 Abs
1 Nr 1 EStG 1997, § 12 Nr 1 EStG
1990, § 12 Nr 1 EStG 1997
Keine Berücksichtigung von Vermietungsverlusten wegen privater
Mitveranlassung
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger erzielt
als xxx Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, daneben Honorareinkünfte als Dozent. Die Klägerin
erzielt als xxx Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben hat sie im Veranlagungszeitraum
1996 Einkünfte aus der Vermittlung von Versicherungen erzielt. Die Kläger haben vier Kinder.
Sie sind Eigentümer einer zum 1. Juni 1993 erworbenen Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung in der xxx
in xxx, die der Kläger bis zum 15. Dezember 1993 selbst genutzt hat, und die danach möbliert
vermietet wurde, als durch den Nachzug der Familie ein größerer Wohnraumbedarf entstand.
Zumindest in den Streitjahren umfasste die Miete auch die Stromkosten.
Die Kläger haben aus dieser Wohnung stets Verluste erzielt:
1993 (ab 16.12.93) 2 059,00 DM
1994 23 737,00 DM
1995 18 259,00 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 erklärten die Kläger Einnahmen in Höhe von 6 000,00
DM und Werbungskosten in Höhe von 26 056,00 DM, mithin einen Verlust in Höhe von 20 056,00
DM. Der Beklagte ermittelte hingegen einen Verlust in Höhe von 18 756,00 DM, den er beiden
Klägern je zur Hälfte zurechnete und so in seinem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestellten
Steuerbescheid vom 19. Mai 1998 berücksichtigte. Die Kürzung beruhte auf der Kürzung eines
Betrages von größerem Erhaltungsaufwand aus früheren Jahren. Dieser Bescheid wurde
bestandskräftig.
Für 1997 erging zunächst ein Schätzungsbescheid, dieser wurde mit dem Einspruch angefochten
und zur Begründung des Einspruchs die Steuererklärungen eingereicht. In dieser Erklärung erklärten
die Kläger einen Verlust aus der Eigentumswohnung in Höhe von 18 366,00 DM. Der Beklagte setzte
die Einkommensteuer 1997 in seinem Bescheid vom 18. Januar 2000, den er zum Gegenstand des
Einspruchsverfahrens machte, unter Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und
Verpachtung in Höhe von 17 231,00 DM auf 14 231,00 DM fest. Gegen diesen Bescheid legten die
Kläger Einspruch ein. Streitig waren auch andere, nunmehr nicht mehr streitbefangene
Besteuerungsgrundlagen.
Der Vorbehalt der Nachprüfung des Bescheides für 1996 wurde mit Bescheid vom 17. Mai 2000
aufgehoben. Auch hiergegen legten die Kläger Einspruch ein.
Im Verlaufe der beiden Einspruchsverfahren wurde die Frage, inwieweit die Verluste aus Vermietung
und Verpachtung zu berücksichtigen seien, zunehmend streitiger. Bereits anlässlich der
Veranlagungen für die Vorjahre hatte der Beklagte die Kläger erfolglos aufgefordert, die
Darlehensaufnahme und Darlehenszinsen für die Finanzierung der Eigentumswohnung
nachzuweisen. Auf die Aufforderung des Beklagten, Mietverträge vorzulegen, antworteten die
Kläger, es habe keinen schriftlichen Mietvertrag gegeben; eine Vermietung sei aufgrund mündlicher
Vereinbarung an die Zeitschrift A (Bl. 96 ESt-A. Bd. II) erfolgt. Nachdem der Beklagte angekündigt
hatte, dass er die geltend gemachten Verluste nicht mehr berücksichtigen werde, reichten die
Kläger eine Aufstellung darüber ein, zu welchem Preis die Wohnung mit oder ohne Mietvertrag
vermietet gewesen sei (Bl. 109, 110 EStA II, Bl. 27 f. Str.A.). Aus dieser Aufstellung ergeben sich
Mieteinnahmen für 1996 in Höhe von 5 980,00 DM und für 1997 in Höhe von 6 600,00 DM. Im Jahre
1994 war nach dieser Aufstellung die Wohnung zeitweilig an einen B-Verlag ohne Mietvertrag für
eine Redakteurin vermietet; Anhaltspunkte für eine Vermietung an die Zeitschrift xxxx ergeben sich
aus dieser vom Dezember 1993 bis zum Dezember 1999 reichenden Aufstellung nicht. Die Mieter
von Februar 1995 bis Januar 1996 sind lediglich mit dem Vornamen bezeichnet.
Weiter legten die Kläger Ablichtungen von Mietverträgen sowie von Kontoauszügen über die
vereinnahmten Mieten vor (Bl. 111-123 Str.A.) Außerdem reichten sie die Darlehensverträge über
die Finanzierung des Kaufpreises ein. Danach sollen die Belastungen, die auf der
Eigentumswohnung ruhen, mit Hilfe einer im Jahre 2014 auszuzahlenden Lebensversicherung
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Eigentumswohnung ruhen, mit Hilfe einer im Jahre 2014 auszuzahlenden Lebensversicherung
abgelöst werden.
Sie trugen ergänzend vor, sie hätten die Absicht gehabt, die Wohnung ständig zu vermieten. Dazu
hätten sie die Wohnung bei Mitwohnzentralen registrieren lassen. Daneben hätten sie auch eigene
Anzeigen aufgegeben. Der Schriftverkehr fülle fast einen kompletten Aktenordner und könne bei
Bedarf eingereicht werden.
Der Beklagte hatte die Kläger bereits in seinem Schreiben vom 16. Juli 2001 auf die Möglichkeit
einer Änderung der Steuerfestsetzungen zu ihrem Nachteil hingewiesen. Dies setzte er dann in
seinen Einspruchsentscheidungen vom 20. November 2001 um. Seiner Ansicht nach waren die
Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen, weil eine
Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliege. Eine Prognoserechnung ergebe, dass die Kläger aus dieser
Wohnung keinen Totalüberschuss erzielen könnten. In seiner Prognoserechnung kommt der
Beklagte auf einen jährlichen Verlust von 3 100,00 DM.
Mit den gegen diese Einspruchsentscheidung erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren
auf Berücksichtigung der Verluste aus der Eigentumswohnung weiter. Der zuvor zuständige Senat
hat die beiden Verfahren wegen 1996 und 1997 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
miteinander verbunden. Sie haben einen weiteren Mietvertrag vom 1. Januar 2002 eingereicht und
tragen weiter vor, das Mietverhältnis, das mit Mietvertrag vom 30. August 2004 begründet worden
sei, dauere noch an. Sie haben eine Prognoserechnung eingereicht (Bl. 56 Str.A.), nach der sich bei
einer hundertjährige Totalperiode ein Überschuss von 165 000,00 DM ergeben soll.
Demgegenüber hat der Beklagte gleichfalls eine Prognoserechnung aufgemacht (Bl. 58 R Str.A.),
die präziser ist, als die in seiner Einspruchsentscheidung; nach dieser Prognoserechnung ergibt sich
ein Werbungskostenüberschuss.
Die Kläger betonen weiter, dass sie die Absicht gehabt hätten, die Wohnung auf Dauer fremd zu
vermieten. Dabei sei es ihre Absicht gewesen, die Wohnung langfristig zu vermieten. Dies sei aber
wegen des schwierigen Wohnungsmarktes nicht möglich gewesen. Sie hätten auch die
Mitwohnzentrale mit der Vermittlung von Mietern beauftragt, um die Wohnung nicht leer stehen zu
lassen.
In der mündlichen Verhandlung haben sie erklärt, an der Wohnung auch deshalb festzuhalten, weil
sich der von ihnen in einer Hochpreisphase gezahlte Kaufpreis nicht wieder erzielen lasse. Die
Zinsbelastung habe sich durch neu ausgehandelte Bedingungen verringert.
Die Kläger beantragen,
abweichend von dem Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1996 vom 17. Mai 2000
sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. November 2001 und abweichend von
dem Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 18. Januar 2000 und der dazu ergangenen
Einspruchsentscheidung vom 20. November 2001 die Steuerfestsetzungen unter Berücksichtigung
von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung für 1996 in Höhe von 20 056,00 DM und für 1997 in
Höhe von 18 366,00 DM vorzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er sieht nach wie vor keinen Regelfall einer Dauervermietung für gegeben. Dies folge schon allein
daraus, dass die streitzeitraumrelevanten Mietverträge befristet abgeschlossen seien. Dass dies auf
Wunsch der jeweiligen Mieter geschehen sei, hält er nicht für glaubhaft. Seiner Ansicht nach gingen
die Bemühungen der Kläger nicht darauf, über einen Zeitraum von hundert Jahren positive Einkünfte
zu erzielen, sondern vielmehr darauf, durch Einnahmen die von ihnen zu tragenden Aufwendungen
für die Wohnung zu verringern.
Im Übrigen sei die Prognoserechnung der Kläger auch dadurch mit Zweifeln behaftet, da zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststehe, ob die auf der Wohnung ruhenden Belastungen tatsächlich
mit der Lebensversicherung abgelöst werden. Sei dies nicht der Fall, ergäben zusätzliche
Zinsaufwendungen.
Dem Gericht haben zwei Band die Kläger betreffende Einkommensteuerakten des Beklagten
vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kläger werden durch die angegriffenen Einkommensteuerbescheide in ihren Rechten nicht
verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat zu Recht die geltend
gemachten Verluste aus der Eigentumswohnung nicht berücksichtigt.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. die weiteren Nachweise in dem
Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02 Deutsches Steuerrecht Rechtsprechung -DStR- 2005, 324)
ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die
Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn
sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Etwas anderes soll nur dann
gelten, wenn die tatsächliche Gestaltung des Sachverhalts kein üblicher Fall der Dauervermietung
ist, z. B. weil sich die Steuerpflichtigen nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen haben
oder die Vermietungstätigkeit nach dem bei Beginn ersichtlichen Umständen von vornherein
befristet ist (vgl. die weiteren Nachweise a. a. O.).
Im Streitfall ist das Gericht bei Berücksichtigung aller Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass
kein üblicher Fall einer Dauervermietung vorliegt.
Dabei bewertet es nicht zu Lasten der Kläger, dass die Mietverhältnisse bis zum Ende der
Streitjahre jeweils nur von kurzer Dauer waren. Wie schon im vorbereitenden Verfahren gegenüber
dem Beklagten ausgeführt, mag dies an der Tatsache liegen, dass die Kläger eine möblierte
Wohnung vermietet haben. Erfahrungsgemäß werden derartige Wohnungen nur für einen
vorübergehenden Aufenthalt gemietet, sei es dass ein solcher Aufenthalt von vornherein nur auf
befristete Zeit angelegt war, sei es, dass man für die Wohnungssuche am Ort eine gewisse Zeit
überbrücken muss, um eine geeignete Wohnmöglichkeit zu suchen, bevor man dann Angehörige
und eigenes Mobiliar nachholen kann. Das Gericht zieht deshalb nicht in Zweifel, dass eine
Dauervermietung in der Weise beabsichtigt war, dass die Wohnung auf unbestimmte Zeit zur
Vermietung bereitgehalten wurde, wenn sich auch durch die Möblierung ein häufigerer
Mieterwechsel ergab. Es gibt jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Selbstnutzung
oder eine Veräußerungsabsicht.
Für das Vorliegen von vom Regelfall einer Vermietung abweichenden Verhältnissen spricht jedoch
die Durchführung des Mietvertrages, zum einen, dass die Kläger die Wohnung teilweise ohne
schriftlichen Mietvertrag vermietet haben, so jedenfalls von April bis Dezember 1997 und zum
anderen, dass sie der Aufforderung des Beklagten, die erklärten Mieteinnahmen nachzuweisen, nur
bruchstückhaft nachgekommen sind/nachkommen konnten. Für das - allerdings außerhalb des
Streitzeitraums liegende - Jahr 1995 sind in der Aufstellung über die Mieter für die Monate Februar
bis Dezember offensichtlich nur deren Vornamen angegeben. Darüber hinaus haben die Kläger
nicht die exakten Mieteinnahmen laut dieser Aufstellung erklärt, sondern gerundete Beträge zu 6
000,00 DM für 1996 statt tatsächlich vereinnahmter laut Aufstellung in Höhe von 5 980,00 DM.
Diese Aufrundung auf volle 1 000,00 DM wirkt wie ein Entgegenkommen gegenüber dem Finanzamt,
um die Spanne zu den geltend gemachten Werbungskosten optisch zu verringern und sich dadurch
die Möglichkeit zur Geltendmachung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu erhalten.
Hinzu kommt, dass die Kläger nach der gewiss mit großen Unsicherheiten behafteten
Prognoserechnung des Gerichts keinen Totalüberschuss erwarten können. Dabei orientiert sich das
Gericht an der Gliederung der Prognoserechnung der Kläger, legt ihr aber für den Zeitraum bis 1997
die vom Beklagten zumindest vorübergehend anerkannten Verluste zugrunde, für 1998 den
erklärten Verlust in Höhe von 13 790,00 DM. Weitere Änderungen haben sich dadurch ergeben,
dass das Gericht die Erhaltungsaufwendungen mit 2 500,00 DM angesetzt hat, ein Betrag, der nach
den Erfahrungen aus den zurückliegenden Zeiträumen sachgerechter erscheint, eine Abschreibung
auf das Inventar mit 500,00 DM vorgenommen hat und für den Zeitraum ab 2044 das Wohngeld mit
3 000,00 DM angesetzt hat. Dabei ist der Senat der Überzeugung, dass sich in den
Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2004 trotz sinkender Zinsbelastungen nach Auslaufen der
Zinsbindungsfrist keine geringeren durchschnittlichen Werbungskostenüberschüsse als dem 10
000,00 DM entsprechenden Betrag in € ergeben werden.
Aus Vereinfachungsgründen sind alle Beträge in DM aufgeführt:
DM
DM DM
Verluste 1993 2 059
1994 23 737
1995 18 259
1996 18 756
1997 17 231
erklärt 1998 13 790 ./. 93 832,00
1999 - 2014
Werbungskostenüberschüsse von
Durchschnittlich 16 x 10 000 (jährlich) ./. 160 000,00
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./. 253 832,00
ab 2014 (jährlich)
Mieteinnahmen 10 000,00
Abschreibungen 3 217,00
Wohngeld 2 700,00
Erhaltungsaufwendung 2 500,00
Abschreibung Inventar 500,00
Überschuss ca. 1 000,00 x 30 Jahre
30 000,00
ab 2044 (jährlich)
Mieteinnahmen 10 000,00
Wohngeld 3 000,00
Erhaltungsaufwendung 2 500,00
Abschreibung Inventar 500,00
Überschuss ca. 4 000,00 x 49 Jahre 196
000,00
Werbungskostenüberschuss:
27 832,00
Bei der Berechnung des zu erwartenden Totalergebnisses hat das Gericht, wie auch die beiden
Beteiligten in ihren Rechnungen, eine hundertjährige Totalperiode zugrunde gelegt. Aus der
Berechnung des Senats ist leicht zu entnehmen, dass bei Ansatz einer dreißigjährigen Totalperiode,
also etwa bis zum Jahre 2023, wie sie der Bundesfinanzhof -BFH- seinen Berechnungen zugrunde
gelegt hat (Urteile vom 6. November 2001, IX R 97/00, Sammlung der Entscheidungen des
Bundesfinanzhofs -BFHE- 197, 151 = Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 726 vom 6. Oktober 2004,
IX R 30/03, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2005, 234), der Gesamtverlust der Kläger deutlich höher
wäre.
Aufgrund ihrer beruflichen Vorbildung waren die Kläger auch in der Lage, selbst zu errechnen, dass
sie keinen Totalüberschuss erwarten konnten.
Diese Prognose eines sich nie einstellenden Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten
führt neben den oben dargestellten besonderen Modalitäten der Vermietung dazu, dass das Gericht
der Überzeugung ist, dass eine Überschusserzielungsabsicht nicht Grund für die Vermietung der
Wohnung sein kann, sondern der Wunsch durch Einnahmen einerseits und durch die Beteiligung der
Allgemeinheit an den Verlusten durch die Steuerersparnis andererseits die von den Klägern selbst
zu tragenden wirtschaftlichen Verluste möglichst gering zu halten.
Allerdings hätte es nach der Rechtsauffassung des Senats und im Gegensatz zur Rechtsprechung
des BFH der oben dargestellten zusätzlichen Abweichungen vom Regelfall einer langfristigen
Vermietung nicht bedurft, um das Fehlen einer Einkunftserzielungsabsicht zu bejahen.
Es ist nicht recht ersichtlich, warum eine private Mitveranlassung noch hinzutreten muss. Wenn bei
Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz -EStG-) oder Werbungskosten (§ 9 EStG)
den Steuerpflichtigen grundsätzlich die Feststellungslast dafür trifft, dass die entstandenen
Aufwendungen - nahezu ausschließlich - durch Betrieb, Arbeit oder sonstige Einnahmeerzielung
verursacht sind, so ist nicht ohne weiteres einzusehen, weshalb das Finanzamt bei über längere
Zeiträume hingenommene und ohne Besserungsaussicht fortgeführte Verlusterzielung zusätzlich
noch eine private (Mit-) Veranlassung nachweisen soll. Nach Auffassung des Gerichts müsste
ausreichen, dass die Betätigung angesichts weiterer zu erwartender Verluste nicht mit einer
Einnahmeerzielungsabsicht ausgeübt worden sein kann (a. A. BFH, Urteil vom 26. Februar 2004 IV R
43/02, BFHE 205, 243 = BStBl II 2004, 455).
Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da nach Überzeugung des Gerichts ein derartiges
außersteuerliches Motiv vorliegt. Da zur Vermeidung weiterer Verluste die Möglichkeit einer
Selbstnutzung - wohl - nicht in Betracht kommt, bliebe zur Lösung von der auf Dauer Verluste
bringenden Wohnung nur deren Veräußerung. Angesichts der Preise auf dem Wohnungsmarkt für
Eigentumswohnungen in xxxxxx hätten die Kläger bei einer Veräußerung kaum mit einem Kaufpreis
in Höhe ihrer Anschaffungskosten rechnen können. Sie haben in den Streitjahren an der Wohnung
festgehalten, damit sich deren niedriger Wert mit der Folge eines einkommensteuerlich
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festgehalten, damit sich deren niedriger Wert mit der Folge eines einkommensteuerlich
unbeachtlichen Veräußerungsverlustes nicht realisieren sollte, und haben sich erhofft, durch ein
Festhalten an der Wohnung die Realisierung dieses einkommensteuerlich unbeachtlichen
Veräußerungsverlustes zu vermeiden. Diese Überlegung ist nach Rechtsauffassung des Senats eine
ausreichende private Mitveranlassung für das Festhalten an der Wohnung trotz Fehlens einer
positiven Überschussprognose.
Ähnlich wie bei bestimmten Vertragsgestaltungen nicht steuerbare Gewinne unberücksichtigt
bleiben, etwa bei Mietkaufmodellen (BFH, Urteile vom 15. September 1992 IX R 15/91, Sammlung
der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV 1994, 301; vom 30. Oktober 1990 IX R 92/89,
BFH/NV 1991, 390; vom 31. März 1987, IX R 112/83, BFHE 150, 325 = BStBl II 1987, 774 jeweils
m.w.N. grundlegend BFH, GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl II 1984, 751) die Absicht, über den nicht
einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn einen Totalüberschuss zu erzielen, für eine
Überschusserzielungsabsicht nicht ausreicht, und dies als private Mitveranlassung für die
einkommensteuerlich relevanten Verluste angesehen wird, muss dies im umgekehrten Fall auch
dann gelten, wenn laufende steuerlich relevante Verluste in Kauf genommen werden, um den
Eintritt eines ausschließlich in der Privatsphäre liegenden Veräußerungsverlustes zu vermeiden oder
doch zumindest hinauszuzögern.
Die Vermietung erfolgte mithin aufgrund privater Mitveranlassung ohne Einkunftserzielungsabsicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Den Streitwert hat das Gericht gemäß den §§ 13, 25 Gerichtskostengesetz -GKG- a. F. festgesetzt
(§§ 70, 72 GKG).
Das Gericht hat die Revision zugelassen zur Klärung der Frage, ob das Festhalten an einem Objekt,
das nach der Prognose keinen Totalgewinn/-überschuss erwarten lässt, um die Realisierung eines
einkommensteuerlich unerheblichen Veräußerungsverlustes zu vermeiden, einen ausreichenden
privaten Beweggrund darstellt, um das Vorliegen einer Liebhaberei bejahen zu können (§ 115 Abs. 2
Nr. 1 und 3 FGO).
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