Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: stille gesellschaft, stillen, wesentliche veränderung, verdeckte gewinnausschüttung, anerkennung, beherrschende stellung, gestaltung, geschäftsführer, einkünfte

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1998, 1999, 2000,
2001, 2002, 2003
Aktenzeichen:
6 K 6124/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1997, §
9 Nr 2 GewStG 1991, § 233 HGB,
§ 164 HGB, § 716 BGB
(Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 2 GewStG a.F.:
steuerrechtliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft
mit der Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters,
Nichteinforderung der Einlage des stillen Gesellschafters,
Verrechnung der Einlageforderung mit den jährlichen
Gewinnanteilen, Gestaltungsmissbrauch wegen geringer
Beteiligungshöhe - Verdeckte Gewinnausschüttung wegen
Verzicht auf Einforderung der Einlage)
Tenor
1. Es werden folgende Bescheide aufgehoben:
- Die negativen Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still
für 1998 bis 2000 vom X. November 2003 in der Fassung der
Einspruchsentscheidungen vom X. August 2007, die negativen
Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still für 2001 bis 2003
vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X.
November 2007 sowie
- die Bescheide über die Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide
für die B... GmbH & atypisch Still (Steuer-Nr. 1...) für 2001 bis 2003 vom 9.
Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. November
2007.
2. Die Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin (Steuer-Nr. 2…) für 1998
bis 2000 vom X. Dezember 2003 und in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 sowie für 2001 bis 2003 vom X. Juli
2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007
werden dahingehend geändert, dass der Gewerbeertrag um die Anteile der
Klägerin am Gewinn der B... GmbH & atypisch Still gekürzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Beschluss
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für
notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft mit der
Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters der Klägerin.
Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom X.X.1997 mit einem Stammkapital von
100.000 DM gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind der Vertrieb
elektromedizinischer Geräte sowie der damit im Zusammenhang stehende Service.
Gründungsgesellschafter waren Herr A... mit einem Anteil von 59 %, Herr C... mit einem
Anteil von 40 % und Herr B... mit einem Anteil von 1 %. Mit Vertrag vom X.X.1998 erwarb
der Gesellschafter A... den Anteil des Gesellschafters B... und hielt im Ergebnis 60 % der
Anteile. Geschäftsführer der Klägerin war in den Streitjahren Herr A.... Nach § 5 Abs. 4
des GmbH-Vertrags erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers
nur auf den Gesellschaftszweck und nur auf Handlungen, die der gewöhnliche
Geschäftsverkehr mit sich bringt. Die Vornahme von Geschäften, die außerhalb des
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Geschäftsverkehr mit sich bringt. Die Vornahme von Geschäften, die außerhalb des
Gesellschaftszwecks liegen, unüblich oder mit besonderen Risiken verbunden sind,
bedarf der vorherigen Zustimmung durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter.
Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den GmbH-Vertrag.
Nachdem die Gesellschafterversammlung der Klägerin der Gründung einer atypischen
Gesellschaft mit der Beigeladenen mit einstimmigem Beschluss vom X.X.1998
zugestimmt hatte, schlossen die Klägerin und die Beigeladene, die Ehefrau des
Gesellschafter-Geschäftsführers A..., am X.X.1998 einen Vertrag über die Errichtung
einer atypisch stillen Gesellschaft (der Vertrag wird im Folgenden als
Gesellschaftsvertrag bezeichnet, die atypisch stille Gesellschaft als GmbH & Still).
Nach § 3 des Gesellschaftsvertrags war die stille Gesellschafterin verpflichtet, als Einlage
5.000,- DM zu leisten. Die Vermögenseinlage sollte auf einfache Anforderung der
Klägerin in bar erbracht werden. Für die stille Gesellschafterin sollte ein unveränderliches
und unverzinsliches Einlagenkonto (Kapitalkonto I) geführt werden, auf dem das
„Geschäftskapital“ gebucht werden sollte. Außerdem war vorgesehen, ein variables
Konto (Kapitalkonto II), auf dem Gewinn- und Kapitalrücklagen gebucht werden sollten,
und ein Verlustvortragskonto (Kapitalkonto III) zu führen, auf dem die Verlustanteile zu
buchen waren. Daneben sollte für die stille Gesellschafterin ein Privatkonto geführt
werden, auf dem der entnahmefähige Gewinn sowie alle Einlagen und Entnahmen
gebucht werden sollten. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages nahm die stille
Gesellschafterin am Gewinn und Verlust mit einem Anteil von 1 % teil. Zu einem
Nachschuss war sie nicht verpflichtet. Eine Haftung über die Einlage hinaus war
ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags bedurfte die Aufnahme von
neuen oder die Aufgabe von bestehenden Geschäftszweigen, soweit hierdurch eine
wesentliche Veränderung der Unternehmensstruktur zu erwarten ist, die Erteilung und
der Widerruf von Prokuren und die Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter der
vorherigen Zustimmung der stillen Gesellschafterin. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags
standen der stillen Gesellschafterin neben den Rechten aus § 233 Handelsgesetzbuch -
HGB- auch die Rechte nach § 716 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- und nach § 118 HGB
zu. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Gesellschaftsvertrag (Bl.
11 ff. d.A.).
Die stille Gesellschafterin erbrachte die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Bareinlage
nicht. Stattdessen wurden die für sie in den Jahresabschlüssen der Streitjahre
festgestellten Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft dazu verwendet, die
Einlageverpflichtung im Wege der Aufrechnung zu erfüllen. Die offene
Einlageverpflichtung wurde mit 4 % verzinst. Die zur Erfüllung der Einlageverpflichtung
verwendeten Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin und die offene
Einlageverpflichtung entwickelten sich wie folgt:
Die Gründung der stillen Gesellschaft wurde wie folgt gebucht: „Forderung gegen
Gesellschafter (Konto #1507) an Darlehen atypisch stiller Gesellschafter (Konto #770)“.
Die Gewinnanteile wurden gebucht: „Abgeführte Gewinne aufgrund eines
Gewinnabführungsvertrags (Konto 2494) an Forderung gegen Gesellschafter (Konto
#1507)“.
Der Beklagte veranlagte die GmbH & Still zunächst erklärungsgemäß und erließ am
X. Februar 2000 für 1998, am X. Januar 2001 für 1999 und am X. Oktober 2001 für 2000
Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung und den
Gewerbesteuermessbetrag. Die Bescheide für die Streitjahre 2001 bis 2003 ergingen
abweichend von den Erklärungen der Klägerin für 2001 am X. März 2003 (geändert am
X. Mai 2003), für 2002 am X. Oktober 2003 (geändert am X. Mai und am X. August 2006)
und für 2003 am X. Mai 2006 (geändert am X. Juni 2006).
Anschließend führte der Beklagte für die Jahre 1998 bis 2000 sowie für die Jahre 2001 bis
2003 Außenprüfungen durch. Im Rahmen der Außenprüfungen teilte die Klägerin dem
Außenprüfer u.a. mit, dass die Mitarbeit der Beigeladenen für die Klägerin von hohem
Wert sei, da Frau Dr. A... einschlägige berufliche Erfahrungen im medizinischen Bereich
aufweise. Da kein Finanzbedarf bestanden habe, sei die nach § 3 des
Gesellschaftsvertrags vorgesehene Anforderung der Einlage nicht erfolgt.
Der Außenprüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen einer
Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG-
nicht vorlägen. Das Mitunternehmerrisiko sei nur schwach ausgeprägt. Es liege nur eine
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nicht vorlägen. Das Mitunternehmerrisiko sei nur schwach ausgeprägt. Es liege nur eine
durchschnittlich ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vor, die das fehlende
Mitunternehmerrisiko nicht ausgleiche. Zudem halte der Vertrag einem Fremdvergleich
nicht stand, und er wäre mit einem fremden Dritten nicht abgeschlossen worden. Dies
folge aus der Abfindungsregelung, der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der
Beteiligung und der Gewinnverteilung. Die Gewinnverteilung beruhe auf einem zwar
rechnerisch, aber nicht inhaltlich nachvollziehbaren Verfahren; denn nach Auskunft des
Steuerberaters sei der Verteilungsschlüssel in der Weise ermittelt worden, dass bei einer
angenommenen Verzinsung der Beteiligung von 20 % und einem unterstellten Gewinn
von 100.000 DM der Anteil 1 % betrage. Hier hätte es nach Auffassung des
Außenprüfers aber einer Ermittlung des Ertrags- und Substanzwertes bedurft.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und hob die Bescheide über
die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und über den
Gewerbesteuermessbetrag der GmbH & Still (Steuer-Nr. 1…) mit Bescheiden vom X.
November 2003 (für 1998 bis 2000) und vom X. Juli 2007 (für 2001 bis 2003) ersatzlos
auf. Mit Bescheiden vom 1. Dezember 2003 änderte der Beklagte die
Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin für die Jahre 1998 bis 2000 (Steuer-Nr. 2…).
Mit Bescheiden vom X. Juli 2007 hob der Beklagte die Feststellungsbescheide und die
Gewerbesteuermessbescheide für die GmbH & Still für 2001 bis 2003 auf. Zugleich hob
er hinsichtlich der GmbH den Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO auf.
Die dagegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Der Beklagte
blieb bei seinem Standpunkt, wonach die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft
nicht erfüllt seien. Die stille Gesellschafterin habe die vereinbarte Einlage nicht erbracht.
Es genüge nicht, wenn die Einlage allein aus künftigen Gewinnanteilen erbracht werde. Es
sei zudem zu beachten, dass der Mehrheitsgesellschafter der Klägerin und die stille
Gesellschafterin Ehegatten seien. Damit fehle es an einem Interessengegensatz. Die
Vereinbarungen seien steuerlich nur anzuerkennen, wenn ein im Voraus
abgeschlossener, wirksamer und ernstlich gewollter Vertrag vorliege, der dem
Drittvergleich standhalte und vertragsgemäß durchgeführt werde. Daran fehle es, denn
der Vertrag sei nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden und halte dem
Fremdvergleich nicht stand. Die tatsächliche Durchführung des Vertrages entspreche in
mindestens zwei wesentlichen Punkten nicht den vertraglichen Regelungen. Nach § 3
Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages habe der stille Gesellschafter eine Vermögenseinlage
in Höhe von 5.000,- DM in bar auf Anforderung des Inhabers zu leisten. Nach § 3 Abs. 4
des Gesellschaftsvertrages seien die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters auf das
für ihn zu führende Privatkonto zu buchen. Zudem liege ein Gestaltungsmissbrauch vor,
da die stille Gesellschaft nur gegründet worden sei, um die Vorteile des § 11 GewStG
(Freibetrag und Staffeltarif) zu erlangen.
Auf der Basis dieser Rechtsauffassung erließ der Beklagte folgende
Einspruchsentscheidungen:
Mit einer Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 wies der Beklagte die Einsprüche vom
9. Dezember 2003 u.a. gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag der
GmbH für 1998 bis 2000 (Steuer-Nr. 2…) als unbegründet zurück. Dagegen hat sich die
am 21. Juli 2007 bei Gericht eingegangene und unter dem Az. 6 K 6124/07 geführte
Klage gerichtet. Die Klägerin hat diese Klage mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2007
hinsichtlich der zunächst ebenfalls angefochtenen Gewerbesteuerbescheide
(einschließlich Zinsen) zurückgenommen, und der Berichterstatter hat das Verfahren
insoweit abgetrennt und unter dem Az. 6 K 6229/07 eingestellt.
Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung vom X. August 2007 wies der Beklagte die
Einsprüche vom 18. November 2003 gegen die negativen Feststellungsbescheide und
die Bescheide über die Aufhebung der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag
und die Gewerbesteuer der GmbH & Still (Steuer-Nr. 1…), alle für die Streitjahre 1998
bis 2000 und vom X. November 2003, zurück. Die Klägerin hat diese Klage mit
Schriftsatz vom 3. Dezember 2007 hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide
zurückgenommen, und der Berichterstatter hat das Verfahren insoweit abgetrennt und
unter dem Az. 6 K 6230/07 eingestellt.
Mit der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 wies der Beklagte den
Einspruch der Klägerin vom 16. Juli 2007 (und den der Beigeladenen vom 6. August
2007) gegen die Aufhebung der Feststellungsbescheide und der
Gewerbesteuermessbescheide für die GmbH & Still für 2001 bis 2003 sowie des
Vorbehalts der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO für die Klägerin durch die Bescheide
vom 9. Juli 2007 als unbegründet zurück. Dagegen hat sich die am 19. Dezember 2007
eingegangene Klage gerichtet, die zunächst unter dem Az. 6 K 6237/07 geführt worden
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eingegangene Klage gerichtet, die zunächst unter dem Az. 6 K 6237/07 geführt worden
ist.
Mit Beschluss vom 25. Februar 2008 hat der Senat die Verfahren 6 K 6124/07, 6 K
6136/07 und 6 K 6237/07 verbunden und unter dem Az. 6 K 6124/07 fortgeführt.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin in der Sache weiterhin die Kürzung des
Gewerbeertrags um die Gewinnanteile als Mitunternehmerin der GmbH & Still nach § 9
Nr. 2 Gewerbesteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung -GewStG a.F.-.
Der Beklagte verneine zu Unrecht die Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft. So
bestehe permanent das Risiko einer negativen Entwicklung, das mit dem
Totalausfallrisiko der Einlage verbunden sei. Daran ändere auch die bis zum heutigen
Tage positive Entwicklung der Klägerin nichts. Der stillen Gesellschafterin seien im
Gesellschaftsvertrag weit gehende Rechte und Pflichten eingeräumt worden.
Weiter macht die Klägerin geltend, dass der Vertrag einem Drittvergleich standhalte. Die
Rechtsform der GmbH & Still sei durchaus üblich. Der Beklagte halte die
Beteiligungshöhe von 5.000,- DM zu Unrecht für zu gering, da auch kleine Beteiligungen
üblich seien. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin die stille Gesellschaft auch mit
einem fremden Dritten abgeschlossen hätte, um auf dessen medizinisches Fachwissen
zurückgreifen zu können. Es sei auch nicht zutreffend, wenn der Beklagte behaupte,
dass ausschließlich gleichgerichtete Interessen zwischen der Klägerin und der stillen
Gesellschafterin vorgelegen hätten. Dies folge schon daraus, dass der Ehemann der
stillen Gesellschafterin nur zu 59 % bzw. 60 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt
gewesen sei. Die anderen Beteiligungen seien von fremden Dritten gehalten worden.
Diese hätten dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages zugestimmt.
Der Beklagte nehme zu Unrecht einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO an. Es sei
legitim, die steuerliche Vorteilhaftigkeit einer Personengesellschaft bei der
Rechtsformwahl zu berücksichtigen.
Es entspreche nicht den Tatsachen, wenn der Beklagte behaupte, die Einlage der stillen
Gesellschafterin sei nicht geleistet worden. Tatsächlich sei die Einlage dadurch geleistet
worden, dass die stille Gesellschafterin die ihr zugewiesenen Gewinnanteile verwendet
habe, um die Einlage zu leisten. Zudem sei die stille Gesellschafterin schon aufgrund
des rechtswirksamen schriftlichen Gesellschaftsvertrages verpflichtet gewesen, die
Einlage zu leisten. Diese Verpflichtung sei genauso sicher wie Geld. Sie stelle damit eine
echte Liquiditätssteigerung dar. Die stille Gesellschafterin sei jederzeit in der Lage
gewesen, aus ihrem persönlichen Vermögen die Einlage zu leisten. Die Verrechnung mit
den Gewinnanteilen habe lediglich auf Praktikabilitätsgesichtspunkten beruht. Zudem
habe die stille Gesellschafterin ihre Einlage auch dadurch erbracht, dass sie ihre
Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen sei auf Karsten Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., zu verweisen, wonach nicht entscheidend sei, dass der stille
Gesellschafter eine Einlage geleistet habe, wohl aber dass er eine Einlage halte.
Der Vertrag sei auch ansonsten ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der stillen
Gesellschafterin sei die Auszahlung ihrer Gewinnanteile nicht vertragswidrig vorenthalten
worden, da sie sich damit einverstanden erklärt habe, diese mit ihrer ausstehenden
Einlage zu verrechnen. Der Beklagte behaupte zu Unrecht, dass die Gewinnanteile der
stillen Gesellschafterin bei ihr nicht ordnungsgemäß in den
Einkommensteuererklärungen deklariert worden seien. Tatsächlich seien die
Gewinnanteile von Anfang an in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung
fristgemäß in zutreffender Höhe erklärt worden. Da die Einkommensteuererklärungen
der Eheleute A... immer mehrere Monate vor Feststellung des Jahresabschlusses und
damit vor zahlenmäßiger Feststellung des Gewinnanteils erstellt worden seien, müssten
die Gewinnanteile über § 175 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO berücksichtigt werden.
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Beklagte wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführungen. Ergänzend führt der
Beklagte aus, dass auch zu berücksichtigen sei, dass die stille Gesellschafterin bei
Abgabe der Einkommensteuererklärung die Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft
weder als Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG noch als Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1
Nr. 4 EStG erklärt habe. Dadurch werde deutlich, dass die Gründung der atypisch stillen
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Nr. 4 EStG erklärt habe. Dadurch werde deutlich, dass die Gründung der atypisch stillen
Gesellschaft lediglich formaler Natur gewesen sei und ein ernsthaftes wirtschaftliches
Ziel nicht habe erreicht werden sollen. Entgegen der Darstellung der Klägerin entstehe
die Verpflichtung zur Erbringung der stillen Einlage nicht bereits mit der
Vertragsgründung am X.X.1998, sondern erst mit der Anforderung durch die Klägerin,
die aber nicht erfolgt sei. Die Gewinnverteilung scheine nicht den Maßstäben zu
entsprechen, wie sie unter fremden Dritten üblich sein dürften. Bedeutsame
Bewertungskriterien seien in erster Linie die von den Gesellschaftern erbrachten
Kapitalleistungen, die eingegangenen Risiken und der Arbeitseinsatz der Gesellschafter.
Die zu leistende Einlage entspreche einem Wert von 4,76 % des Nennwertes des
Gesamtunternehmens. Es sei anzunehmen, dass ein fremder Dritter zumindest eine
Gewinnbeteiligung gefordert hätte, die diesem Beteiligungsverhältnis entspreche.
Vereinbart worden sei aber nur ein Gewinnanteil in Höhe von 1 % des Gewinns. Der
steuerliche Vorteil durch die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft belaufe sich in
den Streitjahren auf insgesamt … €. Außersteuerliche Gründe für die Gründung der
atypisch stillen Gesellschaft seien nicht erkennbar. Die Klägerin erhalte 99 % des
erwirtschafteten Gewinns der stillen Gesellschaft und könne dafür die Privilegien des
Freibetrags und des Staffeltarifs in Anspruch nehmen. Es sei nicht fremdüblich, dass
keine Frist für die Erbringung der Einlage bestimmt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Schriftsätze der Beteiligten
im Klageverfahren.
Die Beigeladene ist durch Beschluss des Berichterstatters vom 20. Oktober 2008
notwendig zum Verfahren beigeladen worden (§ 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Entscheidungsgründe
1.
auch wenn die GmbH & Still in den Streitjahren Gewinne erzielt und damit die von der
Klägerin angestrebte einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei isolierter
Betrachtung zu einer Verschlechterung führen würde. Die Klagebefugnis nach § 40 Abs.
2 FGO resultiert daraus, dass aus der von der Klägerin erstrebten einheitlichen und
gesonderten Feststellung mittelbare Vorteile bei der Gewerbesteuer folgen würden.
Es handelt sich bei den Gewerbesteuermessbescheiden entgegen den Ausführungen
des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 nicht um Folgebescheide
der Feststellungsbescheide. § 35b GewStG sieht zwar eine Aufhebung oder Änderung
des Gewerbesteuermessbescheides von Amts wegen vor, wenn der Einkommensteuer-,
Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird. Er
schließt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für gesonderte Einsprüche oder Klagen gegen
den Gewerbesteuermessbescheid nicht aus (BFH-Urteile vom 21. Dezember 1993 VIII B
107/93, BStBl. II 1994, 300; vom 11. Oktober 1996 VIII B 56/95, BFH/NV 1997, 457), denn
diese stehen nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid.
Zwischen den (aufgehobenen) Gewerbesteuermessbescheiden der GmbH & Still
(Steuer-Nr. 1…) und den originären Gewerbesteuermessbescheiden der Klägerin
(Steuer-Nr. 2…) besteht ebenfalls kein Grundlagen- und Folgebescheidverhältnis. Der
Gewerbeertrag kann vielmehr nur entweder für die GmbH oder für die GmbH & Still
festgesetzt werden. Dies folgt aus § 9 Nr. 2 GewStG a.F., der auch auf atypische stille
Gesellschaften anzuwenden ist (dazu Blümich/Gosch, EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG
Rn. 135, mit weiteren Nachweisen). Die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG a.F. setzt nicht
voraus, dass der entsprechende Gewerbeertrag in einem Steuerbescheid gegen die
Personengesellschaft - hier die GmbH & Still - festgesetzt wurde (vgl. Blümich/Gosch,
EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG Rn. 131). Die Bescheide stehen damit gleichrangig
nebeneinander, und es ist entgegen dem Hinweis des Berichterstatters im Schreiben
vom 6. November 2007 keine doppelte Rechtshängigkeit eingetreten.
2.
Nr. 2 GewStG a.F. nicht angewandt; denn der Gewerbeertrag der Klägern ist um die
Anteile am Gewinn der GmbH & Still, die bei der Ermittlung des Gewinns der Klägerin
angesetzt worden sind, zu kürzen. Die entgegen stehenden Bescheide des Beklagten
verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
a)
körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an
den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich
zuzurechnen sind. Bei einem Gewerbebetrieb ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn
mehrere Personen den Betrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führen, § 15 Abs. 1
Nr. 2 EStG. Mitunternehmer in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des
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Nr. 2 EStG. Mitunternehmer in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs auch, wer sich am Betrieb eines anderen als atypisch stiller
Gesellschafter beteiligt. Mitunternehmer ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig, wenn er
nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen
Unternehmens teilhat, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen
Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll, etwa in der Weise, dass er bei
einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses nach Maßgabe einer
Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen
Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens hält. Insgesamt muss sich aus
der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergeben, dass der
Beteiligte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und
Mitunternehmerinitiative entfalten kann (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 100/06,
BFH/NV 2010, 2056, mwN).
b)
Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft abgeschlossen, der seinen wesentlichen
Elementen nach der Beigeladenen die Stellung einer Mitunternehmerin eingeräumt hat.
Die Beigeladene kann Mitunternehmerinitiative ergreifen. Mitunternehmerinitiative
bedeutet dabei Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem
Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach dem
Regelstatut des HGB. Die Kommanditisten sind nach § 164 HGB von der Führung der
Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie können einer Handlung der persönlich
haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den
gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Nach § 7 des
Gesellschaftsvertrages stehen der Beigeladenen neben den gesetzlichen Informations-
und Kontrollrechten gemäß § 233 HGB auch die Rechte nach § 716 BGB und nach § 118
HGB zu. Sie hat damit Kontrollrechte, die denen eines Kommanditisten entsprechen.
Nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags bedarf zudem die Aufnahme von neuen oder
die Aufgabe von bestehenden Geschäftszweigen, soweit hierdurch eine wesentliche
Veränderung der Unternehmensstruktur zu erwarten ist, die Erteilung und der Widerruf
von Prokuren und die Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter der vorherigen
Zustimmung der Beigeladenen.
Der Senat hält zudem entgegen der Auffassung des Beklagten auch das
Mitunternehmerrisiko für gegeben. Dieses setzt zunächst die allseitige Beteiligung am
laufenden Gewinn und Verlust des Handelsgeschäfts voraus, wobei eine Beschränkung
der Verlustbeteiligung auf die Höhe der Einlage unschädlich ist, da auch der
Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teilnimmt
(vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056, mwN). Darüber hinaus
war die Beigeladene nach § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages auch an den stillen
Reserven beteiligt. Dem Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen steht nicht entgegen,
dass die Beigeladene die vereinbarte Bareinlage von 5.000,- DM nicht erbracht hat. Zwar
haftet sie - anders als ein Kommanditist, der seine im Handelsregister eingetragene
Hafteinlage nicht erbracht hat - im Außenverhältnis nicht unmittelbar, da es sich bei der
GmbH & Still um eine reine Innengesellschaft handelt. Es wäre aber z.B. denkbar
gewesen, dass ein Gläubiger der Klägerin den Anspruch auf Erbringung der Einlage
pfändet, solange dieser noch nicht im Wege der Aufrechnung erloschen ist.
c)
nicht mit Erfolg entgegen halten, dass der Vertrag vom X.X.1998 dem Fremdvergleich
nicht standhalte und nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei.
aa)
anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind
und wenn sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem
zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Da es innerhalb eines Familienverbundes
typischerweise an einem Interessensgegensatz fehlt, ist es verfassungsrechtlich
zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von
Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen
(vgl. z.B. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 7. November
1995 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34). Diese Rechtsgrundsätze sind auch zu beachten,
wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer
Kapitalgesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die
Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft
beherrschen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 138/85, BStBl. II 1991, 581;
siehe auch BMF vom 23. Dezember 2010, BStBl. I 2011, 37). Dies gilt auch für
Gesellschaftsverträge. Auch diese können der Einkommensbesteuerung der
Gesellschafter bzw. der Gewinnfeststellung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie
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Gesellschafter bzw. der Gewinnfeststellung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie
ihrem Inhalt nach den zwischen fremden Personen üblichen Gesellschaftsverträgen
entsprechen und tatsächlich durchgeführt worden sind (FG Hamburg, Urteil vom 10. Juni
1999 - VII 48/97, juris). Die vorgenannten Grundsätze müssen nach der Auffassung des
Senates gerade auch bei der GmbH & Still gelten, da hier Abgrenzungen zu verdeckten
Einlagen und verdeckten Gewinnausschüttungen vorzunehmen sind (so auch FG Kassel
vom 29. Juni 2006 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762; Blaurock, Handbuch der stillen
Gesellschaft, 7. Aufl. 2010, Tz. 21.71).
bb)
Gesellschaftern nicht; denn Herr A..., der Ehemann der Beigeladenen, hatte hinsichtlich
des Abschlusses der stillen Gesellschaft keine beherrschende Stellung inne.
Zwar war Herr A..., der Ehemann der stillen Gesellschafterin, mit 59 % bzw. ab X.X.1998
mit 60 % Mehrheitsgesellschafter der Klägerin und übte damit im Grundsatz
beherrschenden Einfluss aus. Hinsichtlich der Gründung der GmbH & Still gilt dies jedoch
nicht, und es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesellschafter A... infolge der aus
seiner Beteiligung fließenden Stimmrechte in der Lage gewesen ist, seinen Willen
durchzusetzen und die Klägerin zu dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages mit seiner
Ehefrau, der Beigeladenen, gegebenenfalls zu zwingen. Dies folgt aus den Regelungen
des GmbH-Vertrages. Nach dessen § 5 Abs. 4 erstreckt sich die
Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers nur auf den Gesellschaftszweck und
nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt, während die
Vornahme von Geschäften, die außerhalb des Gesellschaftszwecks liegen oder die
unüblich oder mit besonderen Risiken verbunden sind, der vorherigen Zustimmung
durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter bedürfen. Durch die Gründung einer
atypisch stillen Gesellschaft werden Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses
betroffen, weil die Aufnahme derartiger stiller Gesellschafter faktisch wie eine
Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht der Altgesellschafter wirkt. Es bedarf daher - soweit
wie hier der Gesellschaftsvertrag der GmbH keine entsprechende Ermächtigung der
Geschäftsführung vorsieht - der Zustimmung aller Gesellschafter der Klägerin (vgl. K.
Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl. 2007, § 230 HGB Rn. 115;
Blaurock, a.a.O., Tz. 9.61). Ein solcher einstimmiger Beschluss wurde am X.X.1998
gefasst. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass mit den übrigen Gesellschaftern
Stimmbindungsverträge abgeschlossen worden oder diese sonst in ihrer
Entscheidungsfreiheit eingeschränkt gewesen wären.
Damit gelten die gesteigerten Anforderungen, die an die steuerliche Anerkennung von
stillen Gesellschaften mit nahen Angehörigen von beherrschenden Gesellschaftern
gestellt werden, nicht. Es handelt sich vielmehr um einen Vertrag wie unter fremden
Dritten.
d)
steuerlich anzuerkennen. Dem steht nicht entgegen, dass die vereinbarte Bareinlage
nicht erbracht worden und die Gewinnanteile nicht ausgezahlt worden sind. Es handelt
sich auch weder um ein Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO noch um einen
Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO a.F.
aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beteiligten einvernehmlich und im Hinblick auf
die gute Liquiditätslage der Klägerin auf die Einforderung der Einlage der stillen
Gesellschafterin verzichtet und die Einlageforderung gegen die stehen gelassenen
Gewinne aufgerechnet haben. Denn die Erbringung einer Bareinlage ist kein konstitutives
Merkmal einer stillen Gesellschaft, so dass die Vermögenseinlage - wie im Streitfall -
grundsätzlich auch durch das Stehenlassen der dem stillen Gesellschafter zugewiesenen
Gewinne erbracht werden kann. Lediglich für die steuerliche Anerkennung eines
negativen Kapitalkontos im Sinne von § 15a EStG kommt es auf die Erbringung der
Einlage an, und insofern genügt die im Innenverhältnis bestehende Einlageverpflichtung
nicht (vgl. FG München, Urteil vom 4. März 2010 5 K 3989/07, EFG 2010, 1207). Im
Streitfall hat die Geschäftsinhaberin indes in den Streitjahren Gewinne erzielt, sodass
kein negatives Kapitalkonto entstanden ist.
Zwar führt dies im wirtschaftlichen Ergebnis dazu, dass der Beigeladenen die stille
Beteiligung und die zukünftigen Erträge aus der Beteiligung ohne Gegenleistung
zugewendet worden sind, was dem eigentlichen Zweck der stillen Gesellschaft, zur
Finanzierung des Geschäftsinhabers beizutragen, zuwiderläuft. Dies allein steht der
steuerlichen Anerkennung der stillen Gesellschaft aber nicht entgegen; denn es ist
allgemein anerkannt, dass stille Beteiligungen auch schenkweise eingeräumt werden
können.
Der Senat kann daher offen lassen, ob es im Streitfall auch genügt hätte, dass die
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Der Senat kann daher offen lassen, ob es im Streitfall auch genügt hätte, dass die
Klägerin nach ihrem Vortrag vom Wissen und der Mitarbeit der Beigeladenen profitieren
kann. Dies würde grundsätzlich voraussetzen, dass die stille Gesellschafterin im
Unternehmen der Klägerin mitarbeitet, wobei die Mitarbeit nicht nur geringfügig sein darf
(vgl. Blaurock a.a.O. Rz. 21.37).
bb) Es liegen kein Scheingeschäft und kein Gestaltungsmissbrauch vor.
Wie bereits ausgeführt, ist die Erbringung der Bareinlage keine zwingende Bedingung für
die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft. Dass es sich nicht um ein
Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO handelt, folgt nach Auffassung des Senates
daraus, dass die Beteiligten die stille Gesellschaft buchhalterisch nachvollzogen haben.
Der Senat berücksichtigt dabei auch den Einwand des Beklagten, dass die Beigeladene
die ihr zugewiesenen Gewinne aus der stillen Gesellschaft in ihren persönlichen
Einkommensteuererklärungen nicht als gewerbliche Einkünfte (oder auf andere Weise)
deklariert hat. Dies kann zwar grundsätzlich als ein Indiz gegen die Ernsthaftigkeit einer
mit Familienangehörigen vereinbarten stillen Gesellschaft berücksichtigt werden. Im
Streitfall handelt es sich aber - wie bereits dargelegt - um eine unter fremden Dritten
abgeschlossene Gesellschaft. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass sich die
Klägerin und die Beigeladene darauf beschränkt haben, eine Feststellungserklärung für
die GmbH & Still abzugeben.
Der Beklagte konnte den Senat auch nicht davon überzeugen, dass es sich bei der
Gründung der GmbH & Still um einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 a.F. AO
gehandelt hat.
Nach § 42 Satz 1 AO a.F. kann durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des
Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch von rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinn liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn
eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des angestrebten
wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch
wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist
(vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 96/96, BFHE 187, 570; vom 27. Juli 1999 VIII R
36/98, BFHE 189, 408, BStBl. II 1999, 769; vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189,
342, BStBl. II 2001, 43; vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl. 2000 II
S. 224, und vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, m.w.N.). Das Motiv,
Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine
rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom
Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten
wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt,
auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-
Urteile vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl. II 2008, 789; vom 17. Dezember 2003 IX R
56/03, BFHE 205, 70, BStBl. II 2004, 648, m.w.N.).
Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft stellt grundsätzlich keine
unangemessene rechtliche Gestaltung dar; denn es steht in der Entscheidungsbefugnis
des Steuerpflichtigen, wie er sein Unternehmen finanziert. Dementsprechend sind auch
die Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich in der Finanzierung der Gesellschaft frei.
Allein die - aus Sicht des Beklagten zu geringe - Höhe der Einlage der stillen
Gesellschafterin kann deshalb kein Argument gegen die steuerliche Anerkennung sein
(vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2007 17 K 923/05 F, EFG 2007, 1696), zumal
die stille Gesellschaft mit vergleichsweise geringen Rechten der stillen Gesellschafter
verbunden ist. Der Gesetzgeber hat für die Gewährung der Vergünstigungen des § 11
GewStG keine Mindesthöhe der Beteiligung vorgegeben. In der Vertragspraxis sind
deshalb sogar Gestaltungen üblich, in denen die GmbH zu 0 % am Vermögen und am
Gewinn der GmbH & Co. KG beteiligt ist und nur eine Haftungsvergütung erhält.
Allenfalls könnte deshalb ein Gestaltungsmissbrauch aus dem Umstand abgeleitet
werden, dass die Beigeladene die vertraglich vereinbarte Bareinlage nicht erbracht hat.
Nach Auffassung des Senats ist diese Schlussfolgerung indes unzulässig; denn damit
würden im Ergebnis die besonderen Anforderungen für die Anerkennung von Verträgen
zwischen nahen Angehörigen auf sonstige Fälle übertragen werden.
e)
auch nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung der Klägerin an den
Hauptgesellschafter A..., die sich auch im Gewinn aus Gewerbebetrieb niederschlagen
würde.
Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG- darf eine verdeckte
Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen nicht mindern. Verdeckte
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Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen nicht mindern. Verdeckte
Gewinnausschüttungen in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH,
der sich der Senat anschließt, Vermögensminderungen und verhinderte
Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich
auf den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirken und durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 I R
36/02, BFH/NV 2004, 88, m.w.N.). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-
Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter
ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte
Gesellschafter-Geschäftsführer ein beherrschender Gesellschafter, kann die
Vermögensminderung auch dann ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben,
wenn der Leistung an ihn keine klare und im Vorhinein abgeschlossene Vereinbarung zu
Grunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 I R 36/02, BFH/NV 2004, 88, m.w.N.). Das
Erfordernis einer klaren, eindeutigen und im Vorhinein festgelegten Vereinbarung kann
nicht durch eine fremdübliche Gestaltung ersetzt werden, sondern tritt neben das
Kriterium der Fremdüblichkeit (vgl. hierzu Lange/Janssen, Verdeckte
Gewinnausschüttungen, 10. Aufl., Rz. 150).
Der Umstand, dass der Geschäftsführer der Klägerin die vertraglich vereinbarte Einlage
der Klägerin nicht angefordert und damit fällig gestellt hat, führt nicht zu einer Minderung
des Unterschiedsbetrags im Sinne von § 4 Abs. 1 EStG, da die Klägerin den
Einlageanspruch aktiviert hat. Als Folge der Nichtgeltendmachung der Einlageforderung
ist bei der Klägerin auch keine verhinderte Vermögensmehrung eingetreten. Zwar ist in
der Rechtsprechung anerkannt, dass der pflichtwidrige Verzicht auf die Einforderung der
Mindesteinlage des GmbH-Gesellschafters zu einer verhinderten Vermögensmehrung
führen kann, weil der Gesellschaft der Gewinn entgangen ist, den sie im Falle der
Einforderung gemacht hätte (vgl. Niedersächsisches FG vom 30. November 2006 6 K
172/05, EFG 2007, 619). Entsprechendes dürfte bei pflichtwidrigem Verzicht auf die
Geltendmachung der Einlageforderung des stillen Gesellschafters gelten.
Der Klägerin ist aber kein Gewinn entgangen, denn die ausstehende Einlage ist
zugunsten der Klägerin mit 4 % p.a. verzinst worden. Damit wird der entgangene
Vermögensvorteil hinreichend ausgeglichen. Die verhinderte Vermögensmehrung
besteht nämlich lediglich in den Fälligkeitszinsen nach § 246 BGB in Höhe von 4 % (vgl.
Niedersächsisches FG, a.a.O., mwN).
3.
der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Es entspricht nicht der Billigkeit, sie dem
Beklagten aufzuerlegen, da die Beigeladene keine Anträge gestellt hat und damit kein
Kostenrisiko eingegangen ist (§ 139 Abs. 4 FGO). Die Revision war nicht zuzulassen, da
keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Revisionsgründe vorliegt.
4.
notwendig zu erklären, da die Klägerin sich im Vorverfahren nicht allein vertreten konnte.
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