Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 21.08.2001

FG Berlin-Brandenburg: grundstück, verwertung, abtretung, teilung, eigentümer, grundbuch, kaufpreis, käufer, verkehrswert, vermarktung

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 11.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2001
Aktenzeichen:
11 K 1190/05 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 2 GrEStG 1997, § 1 Abs
1 Nr 6 GrEStG 1997
(Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG: Erfordernis
einer Substanzbeteiligung - Abtretung der Rechte aus einem
Grundstückskaufangebot: Grunderwerbsteuerbarkeit nach § 1
Abs. 1 Nr. 6 GrEStG bei wirtschaftlichen Interesse des
Abtretenden am Grundstückskaufvertrag - Abgrenzung
zwischen § 1 Abs. 2 und Abs. 1 Nr. 6 GrEStG)
Tatbestand
Am 21.08.2001 schlossen B und C - die Grundstückseigentümer - mit der Klägerin einen
notariell beurkundeten "Grundstücksentwicklungsvertrag über eine Teilfläche nebst
Auflassungsvormerkung" - URNr. …, Notar D. Nach § 1 des Vertrages sollte eine ca.
2150 m² große Teilfläche des ca. 3252 m² großen Grundstücks E, Grundbuch von …, in 6
selbständige Grundstücke laut anliegender Skizze aufgeteilt werden, die mit
Einfamilienhäusern bebaut werden sollten. Sämtliche mit der Planung verbundenen
organisatorischen Maßnahmen, Behördengänge, Anträge bei Behörden und
Grundbuchämtern sowie Aufträge an Vermessungsingenieure, Architekten usw. waren
von der Klägerin auf ihre Kosten zu erledigen. Von den entstehenden Parzellen sollte die
Parzelle Nr. 1 den Eigentümern verbleiben, die übrigen fünf Enderwerbern zum Verkauf
angeboten werden. Die Vermarktung und Beplanung wurde der Klägerin übertragen. Die
Grundstückseigentümer verpflichteten sich, das Grundstück nach Abschluss des
Vertrages - mit Ausnahme der noch zu bestellenden Wegerechte - nicht zu belasten. Die
Klägerin war "zum Abschluss von Kaufverträgen an die Enderwerber bevollmächtigt". Die
Grundstückseigentümer beauftragten die Klägerin, die Teilung des Grundstücks zu
besorgen und alle diesbezüglichen Anträge zu stellen. Zu diesem Zweck wurde
Vollmacht zur Vorbereitung der Teilung des Grundstücks und Bebauung und
Weiterveräußerung erteilt, wobei die Grundstückseigentümer weder finanziell noch in
sonstiger Weise verpflichtet werden durften. Die Grundstückseigentümer verpflichteten
sich gegenüber der Klägerin, fünf der zu bildenden Parzellen zum Verkehrswert (für
erschlossenes Bauland in F: GRZ 0,2/GFZ 0,4) an diese oder noch zu benennende Dritte
(Enderwerber) zu veräußern. Die Benennung sollte innerhalb einer Zweijahresfrist ab
Eintragung der Teilung im Grundbuch erfolgen. Für den zwischen den Eigentümern und
den Enderwerbern der Parzelle noch zu schließenden Kaufvertrag wurde hinsichtlich der
Fälligkeit des Kaufpreises zur Zahlung auf das Notaranderkonto eine dort näher
beschriebene Regelung getroffen. In § 4 des Vertrages wurde zu Gunsten der Klägerin
eine Auflassungsvormerkung bewilligt und beantragt.
Mit Beschluss vom 24.08.2001 wies das Amtsgericht G den Antrag auf Eintragung der
Eigentumsübertragungsvormerkung zurück, weil ein zu Grunde liegender
schuldrechtlicher Anspruch fehle und die Klägerin nicht Käuferin sei. Daraufhin schlossen
die Grundstückseigentümer mit der Klägerin am 10.09.2001 einen Ergänzungsvertrag -
URNr. …, Notar D -, durch den der Klägerin das vererbliche und nicht übertragbare und
bis zum 31.03.2003 befristete Vorkaufsrecht an dem Grundstück eingeräumt wurde; die
Eintragung im Grundbuch wurde bewilligt und beantragt. Eine Auflassungsvormerkung zu
Gunsten der Klägerin sollte nicht erfolgen. Im Übrigen sollte es bei den Vereinbarungen
in dem genannten Vertrag verbleiben.
Mit notariellem Vertrag vom 28.03.2002 - URNr. …, Notar D -, an dem die
Grundstückseigentümer, die Klägerin und ein Käufer beteiligt waren, schlossen die
Grundstückseigentümer unter I. mit dem Käufer einen Kaufvertrag über ein bestimmtes
Trennstück und erklärten die Auflassung. Unter II. wurde zwischen der Klägerin und dem
Käufer ein Bauwerkerrichtungsvertrag zu einem Festpreis von 250.712,- € einschließlich
der Kosten für Teilung, Vermessung, Vermarktung, Bau- und Baunebenkosten
einschließlich Herstellung der Außenanlage sowie aller Kosten für die erstmalige
Erschließung des Grundstücks abgeschlossen.
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Erschließung des Grundstücks abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 26.08.2003 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen des
Erwerbs der Verwertungsbefugnis gemäß § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG) aufgrund des notariellen Vertrages vom 21.08.2001 Grunderwerbsteuer in
Höhe von 14.646,97 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte er dabei den
Grundbesitzwert in Höhe von 818.514,- DM zu Grunde, der durch zwei Bescheide des
Finanzamtes H vom 11.08.2003 jeweils zur Hälfte für die ½ -Bruchteile von B und C
festgestellt worden war.
Hiergegen erhob die Klägerin am 01.09.2003 mit der Begründung Einspruch, sie sei nicht
Käuferin des Grundstücks. Es liege kein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung vor
und es sei kein Eigentumswechsel vollzogen worden. Ihr sei lediglich ein Vorkaufsrecht
eingeräumt worden. Ohne die Grundstückseigentümer habe keine Parzelle verkauft
werden können. In der Urkunde vom 21.08.2001 sei geregelt, wie die Kaufverträge
zwischen den Eigentümern und den Erwerbern ausgestaltet sein sollten. Die
Einschaltung der Klägerin in den Erwerbsvorgang sei nicht vorgesehen; alle
Grundstückskaufverträge seien auch persönlich zwischen den Eigentümern und den
Erwerbern abgeschlossen worden. Die Grundstücke hätten nicht im Namen und mit
Rechtswirkung für die Grundstückseigentümer von der Klägerin veräußert werden
können. Eine Verwertungsbefugnis könne sich entweder aus dem Recht der Nutzung
oder aus dem Recht ergeben, das Grundstück wie ein Zwischenerwerber auf eigene
Rechnung zu veräußern. Die allein in Betracht kommende zweite Variante scheide schon
deshalb aus, weil sie zwar ein Benennungsrecht gehabt habe, nicht aber am Verkauf der
Grundstücke beteiligt gewesen sei. Die Grundstückseigentümer hätten jeden Erwerber
ablehnen können, der ihre Kaufpreisforderungen nicht hätte erfüllen wollen. Sie habe
keinen Garantiepreis in Aussicht gestellt beziehungsweise die Abnahme der nicht
verkauften Grundstücke zugesichert. Ihr habe nie ein Veräußerungspreis aus der
Grundstücksveräußerung zugestanden, so dass sie nie auf eigene Rechnung tätig
geworden sei.
Durch Einspruchsentscheidung vom 18.04.2005 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Darin führte er aus, die nach der Teilung entstandenen Trennstücke seien in der Zeit
vom 10.01.2002 bis 21.02.2003 an Dritte veräußert worden, wobei jeweils
Bauerrichtungsverträge mit der Klägerin Bestandteil der Grundstückskaufverträge
gewesen seien. Die Klägerin habe aufgrund der Summe der ihr eingeräumten Rechte
und aufgrund der ihr durch die An-die-Hand-Gabe des Grundstücks erwachsenen
wirtschaftlichen Vorteile in Gestalt des Abschlusses von Bauwerkverträgen die
Verwertungsbefugnis erlangt. Die Eigentümerrechte seien zudem durch die
Einschränkung des Belastungsrechts und die Verkaufsverpflichtung ausgehöhlt gewesen.
Mit der am 19.05.2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Ergänzend trägt sie vor, ihr habe weder ein Anteil am Grundstückskaufpreis
zugestanden noch seien die Verkäufer verpflichtet gewesen, einen Preis oder einen
benannten Käufer zu akzeptieren. Sie habe sich durch den Abschluss der
Bauwerkverträge den Wert des Grundstücks nicht auf eigene Rechnung nutzbar machen
können, denn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bauwerkverträge hätten die
Grundstücksteile nicht mehr den ursprünglichen Eigentümern gehört, sondern den
Erwerbern. Durch die Bauverträge sei nicht der Wert der Grundstücke, sondern die
Errichtung der Gebäude vertraglich festgelegt worden. Dies begründe weder eine
Verwertungsmöglichkeit durch Nutzung noch durch Substanzbeteiligung. Nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes setze die Verwertung eines Grundstückes auf
eigene Rechnung nicht nur voraus, dass der Berechtigte am wirtschaftlichen Ergebnis
einer Verwertung des Grundbesitzes teilhabe, sondern dass er diese Verwertung auch
selbst herbeiführen könne. Beides treffe auf sie nicht zu. Im Übrigen habe der Beklagte
zu Unrecht das gesamte Grundstück mit 3252 m² der Grunderwerbsteuer unterworfen,
obwohl nur 2034 m² zur Veräußerung gestanden hätten. Die vom Beklagten angeführte
Veräußerungsverpflichtung der Grundstückseigentümer sei lediglich ein einseitiges
Angebot, das der Annahme bedürfe. Da das Angebot seitens der Klägerin nicht
angenommen worden sei, fehle es an einem Vertrag und damit an der
Grunderwerbsteuerpflicht. Soweit der Beklagte zu einer Grunderwerbsteuerpflicht gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG komme, sei dies der Klägerin unverständlich und werde
zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 22.07.2005 hat der Beklagte die Grunderwerbsteuer geändert auf
9.162,35 € festgesetzt und dabei als Bemessungsgrundlage den festgestellten
Grundbesitzwert nur in dem Umfang berücksichtigt, als er auf 2034 m² entfällt.
den Grunderwerbsteuerbescheid vom
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den Grunderwerbsteuerbescheid vom
26.08.2003 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom
18.04.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 22.07.2005 aufzuheben und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig
zu erklären.
die Klage abzuweisen.
Ergänzend trägt er vor, die Grundstückseigentümer hätten sich sehr wohl verpflichtet,
die noch zu bildenden Parzellen zum Verkehrswert für erschlossenes Bauland an die
Klägerin oder einen noch zu benennenden Dritten zu veräußern. Dieses für die
Bebauungsabsicht der Klägerin unumgängliche Recht komme einer Befugnis zur
Herbeiführung der Veräußerung des Grundstücks gleich. Sofern das Finanzgericht der
Rechtsauffassung der Klägerin folge, liege jedenfalls ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1
Nr. 6 GrEStG im Hinblick auf ihre Ausführungen zur Abtretung der Rechte aus einem
Kaufangebot vor. Der Einwand der Klägerin hinsichtlich der Höhe der Gegenleistung sei
berechtigt, allerdings seien die Kosten des Verfahrens insoweit gemäß § 137 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) der Klägerin aufzuerlegen, weil die diesbezügliche
Einwendungen erst im Klageverfahren geltend gemacht habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 26.08.2003 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 18.04.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 22.07.2005
sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1
Satz 1 FGO.
Zu Unrecht hat der Beklagte allerdings angenommen, der Klägerin sei durch den
notariellen Vertrag vom 21.08.2001 die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2
GrEStG an dem Grundstück E eingeräumt worden. Nach dieser Vorschrift unterliegen der
Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf
Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches
Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dabei ist nicht erforderlich, dass der
Berechtigte wie ein Eigentümer über das Grundstück verfügen, das heißt es besitzen,
verwalten, nutzen, belasten und schließlich veräußern kann. Es genügt, wenn er die
Verwertungsbefugnis über das Grundstück erlangt hat, auch wenn das eine oder andere
der genannten Rechte ihm nicht eingeräumt worden ist oder ihm nicht zusteht
(Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 17.10.1990 - II R 55/88 -, Sammlung amtlich nicht
veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1991, 556; BFH, Urteil vom
26.05.1976 - II R 128/71 -, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 1976, 724). Für den Erwerber
einer Verwertungsbefugnis ergeben sich - ebenso wie bei einem Eigentümer - zwei
Möglichkeiten der Verwertung, nämlich die Nutzung und die Veräußerung. Diese
Gegenüberstellung einer Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung und einer
Verwertungsmöglichkeit durch Nutzung und Substanzbeteiligung schließt aber nicht aus,
dass die rechtliche oder wirtschaftliche Möglichkeit, ein Grundstück auf eigene Rechnung
zu verwerten, durch Umstände begründet wird, die teils dem einen, teils dem anderen
Bereich zugehören. Ob die einzelnen Elemente der Rechtsmacht eines anderen je für
sich allein die Besteuerung auslösen können, ist unerheblich. Entscheidend ist, ob die
Gesamtheit der mit dem Grundstückseigentümer getroffenen Vereinbarungen eine
Verwertungsbefugnis in diesem Sinne begründet (BFH, Urteil vom 17.10.1990 - II R 55/88
-, a.a.O.; BFH, Urteil vom 03.10. 1984 - II R 109/82 -, BStBl II 1985, 97; BFH, Urteil vom
12.12.1973 - II R 29/69 -, BStBl II 1974, 251). Durch diese Vorschrift sollen Sachverhalte
erfasst werden, bei denen es zwar nicht zu einem Rechtsträgerwechsel, das heißt zu
einer Änderung der Rechtszuständigkeit im Außenverhältnis kommt, bei denen der
Eigentümer einem anderen aber im Innenverhältnis so weitgehende
Einflussnahmemöglichkeiten hinsichtlich des Grundstücks einräumt, dass dieser und
nicht mehr der Eigentümer über die Verwertung des Grundstücks entscheiden kann
(BFH, Urteil vom 26.07.2000 - II R 33/98 -, BFH/NV 2001, 206).
Die Klägerin hat eine derartige Einflussnahmemöglichkeit auf Grund des Vertrages vom
21.08.2001 nicht erlangt. Allerdings hat sie alle organisatorischen Maßnahmen und
Arbeiten auf ihre Kosten übernommen, die zur Vermessung, Teilung, Vermarktung und
Bebauung der vorgesehenen Parzellen notwendig waren, während sich die
Grundstückseigentümer zum Verkauf der neu zu bildenden Parzellen 2 - 6 an die
Klägerin oder an von dieser zu benennende Dritte verpflichtet hatten, sowie dazu, das
Grundstück nicht zu belasten. Ausdrücklich war die Klägerin zudem zur
Weiterveräußerung der Trennstücke und zum Abschluss von Kaufverträgen an die
Enderwerber bevollmächtigt. Aufgrund dieser Möglichkeiten konnte die Klägerin zwar
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Enderwerber bevollmächtigt. Aufgrund dieser Möglichkeiten konnte die Klägerin zwar
eine Verwertung der Trennstücke herbeiführen, jedoch konnte diese Verwertung nicht im
Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG auf ihre Rechnung erfolgen. Der beim Verkauf der
Grundstücke zu vereinbarende Kaufpreis war bereits im Vertrag vom 21.08.2001
dadurch im wesentlichen festgelegt, dass die Grundstückseigentümer der von ihnen
eingegangenen Verpflichtung zur Veräußerung den Verkehrswert für erschlossenes
Bauland in F (GRZ 0,2/GFZ 0,4) zugrunde gelegt haben. Dieser Wert, der sich mit
sachverständiger Hilfe ermitteln lässt, musste auch bei einer Veräußerung auf
Grundlage der Verkaufsvollmacht vereinbart werden, wie sich im Wege der Auslegung
ohne Weiteres aus dem Vertrag ergibt. Darüber hinaus war "der zwischen den
Eigentümern und den Enderwerbern der Parzelle noch zu schließende Kaufvertrag" so zu
gestalten, dass der Kaufpreis zur Zahlung auf ein Notaranderkonto fällig werden sollte,
wobei sich aus dem Zusammenhang ergibt, dass es sich um das Notaranderkonto der
Grundstückseigentümer handelt. Die Klägerin hatte folglich nach dem Inhalt des
Vertrages keine Möglichkeit, einen Aufschlag auf den Kaufpreis zu erheben, den sie
hätte vereinnahmen können. Sie konnte weder im Zusammenhang mit dem
Grundstückskaufpreis ihren Aufwand umlegen oder eine Vermittlungsprovision geltend
machen und einen Mehrerlös verwirklichen, noch hatte sie das Risiko eines
Mindererlöses oder eines Verkaufsverlustes zu tragen.
Soweit die Klägerin den ihr bei der Vermarktung der Trennstücke entstehenden Aufwand
im Rahmen der mit den Grundstückskäufern angestrebten Bauverträge und der
Errichtung der geplanten Bauvorhaben hat abdecken können oder selbst hat
übernehmen sollen, liegt keine für die Annahme einer Verwertungsbefugnis an dem
Grundstück hinreichende Substanzbeteiligung vor. Denn es handelt sich hierbei lediglich
um Aufwendungen, die üblicherweise durch eine Vermittlungsgebühr - z.B.
Maklerprovision - abgegolten werden. Die Erzielung einer derartigen Provision stellt noch
keine Verwertung eines Grundstücks auf eigene Rechnung dar (BFH, Beschluss vom
03.12.1968 - II B 39/68 -, BStBl II 1969, 170; Fischer, in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl. 2007,
§ 1 Rn. 727f.; Pahlke, in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl. 2005, § 1 Rn 251).
Eine Verwertungsbefugnis der Klägerin an den Trennstücken wurde auch nicht dadurch
begründet, dass ihr in dem Vertrag vom 21.08.2001 das Recht eingeräumt worden ist,
die Grundstücke auf ihre Kosten zu beplanen und dafür Baugenehmigungen einzuholen,
so dass sie damit - wie auch der Grundstücks- und Bauerrichtungsvertrag vom
28.03.2002 belegt - die von ihr zu gewinnenden Kaufinteressenten an eine Bebauung mit
ihr, der Klägerin, binden konnte. Denn diese Möglichkeit und der von der Klägerin daraus
zu erzielende Gewinn stellen sich nicht als Verwertung der wesentlichen Substanz eines
Grundstücks dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine auf bestimmte Bereiche
beschränkte Nutzung des Grundstücks, wie sie Dritten durch schuldrechtlichen Vertrag
vom Eigentümer eingeräumt werden kann (vgl. Finanzgericht [FG] Nürnberg, Urteil vom
06.11.2003 - IV 418/2002 -, zitiert nach Juris; FG Baden-Württemberg, Urteil vom
11.12.2007 - 5 K 9/05 -, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst [DStRE] 2009, 41;
wohl auch Fischer, in Boruttau, a.a.O., § 1 Rn. 728; vgl. auch BFH, Urteil vom 05.07.2006
- II R 7/05 -, BStBl II 2006, 765, wo im Ergebnis § 1 Abs. 2 GrEStG verneint wird - der
Sachverhalt ergibt sich aus FG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.12.2003 - 5 K 268/01
-, zitiert nach Juris; teilweise wohl a.A. BFH, Urteil vom 02.12.1971 - II 136/65 -, BStBl II
1972, 495). Das gilt insbesondere bei der Gestaltung im Streitfall, bei welcher der
Kaufpreis für das jeweils veräußerte Trennstück nach dem Vertrag vom 21.08.2001
vollumfänglich den Grundstückseigentümern zustand und von diesen festgelegt und
vereinnahmt wurde, während die Klägerin mit ihren Aufwendungen allein auf den
gesondert ausgewiesenen Erlös aus dem Bauerrichtungsvertrag verwiesen war. Eine
Beteiligung der Klägerin an der Substanz des Grundstücks, eine Verwertung der
(wirtschaftlichen) Substanz auf ihre Rechnung liegt danach ebenso wenig wie in dem Fall
vor, dass der Grundstückskaufvertrag durch die Eigentümer erst abgeschlossen würde,
wenn die Enderwerber an die Bebauung durch die Klägerin gebunden wären; beide Fälle
führen im Ergebnis dazu, dass der Enderwerber an den Bauunternehmer gebunden wird,
der damit zugleich auch seine Aufwendungen, wie etwa die Vermessungskosten,
abwälzen kann.
Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 02.12.1971 (- II 136/65 -, a.a.O.) darauf
abgestellt hat, die Verschaffung der Möglichkeit, Architektenverträge für die Bebauung
der zu bildenden Parzellen zu erhalten, begründe eine Verwertung "auf Rechnung" des
Benennungsberechtigten, so dass die Berechtigung, einen Mehrerlös erzielen und
behalten zu dürfen, dahinstehen könne, lässt sich daraus für den Streitfall eine
Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG im Übrigen auch nicht herleiten.
Anders als hier besaß der Kläger dort die Vollmacht, die Kaufverträge im Namen des
Grundstückseigentümers so abzuschließen, dass er die ihm selbst entstandenen
Aufwendungen ohne weitere Beschränkung auf die Grundstückskäufer umlegen konnte.
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Aufwendungen ohne weitere Beschränkung auf die Grundstückskäufer umlegen konnte.
Diese Möglichkeit bestand hier nicht, denn hinsichtlich des Kaufpreises aus den
gegebenenfalls im Namen der Grundstückseigentümer abzuschließenden
Grundstückskaufverträgen war eine Zahlung auf das Notaranderkonto vorgeschrieben,
so dass die Klägerin keinen Zugriff darauf hatte und gemäß der Vereinbarung in dem
Vertrag vom 21.08.2001 die Aufwendungen bei ihr verbleiben mussten. Gesichert waren
die Grundstückeigentümer diesbezüglich schon dadurch, dass die der Klägerin erteilte
Vollmacht zum Abschluss von Grundstückskaufverträgen in ihrem Namen die Erklärung
der Auflassung nicht umfasste.
Soweit die Klägerin die Gelegenheit hatte, beim Verkauf der von ihr auf den
Trennstücken errichteten Wohnhäuser neben den ihr für die Vermessung, Teilung,
Beplanung und Vermittlung der Grundstücke entstandenen Aufwendungen einen
Mehrerlös zu erzielen, der gegebenenfalls auch auf die Grundstücke entfallen sein
könnte, kann darin keine Verwertung der Grundstücke in Ausübung der ihr durch den
Vertrag vom 21.08.2001 eingeräumten Rechtsposition gesehen werden. Denn die
Durchsetzbarkeit solcher Mehrerlöse steht im Zusammenhang mit dem Verkauf der
Bebauung und ist unabhängig davon erzielbar, ob die Grundstücke innerhalb der
Benennungsfrist und im Rahmen des Vertrages vom 21.08.2001 veräußert worden sind.
Nach alledem fehlt es an den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG.
Der angegriffene Bescheid kann aber auf § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG gestützt werden. Nach
dieser Vorschrift unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den
Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot für ein inländisches
Grundstück begründet. Sie unterwirft nach ihrem Sinn und Zweck nur solche
Kaufangebote der Grunderwerbsteuer, die dem Berechtigten auch die Möglichkeit
geben, mit diesem zu "handeln". "Kaufangebot" ist dabei nicht nur im Sinne eines
einseitigen Vertragsantrags (Vertragsangebots), also im Sinne einer einseitigen
empfangsbedürftigen Willenserklärung zu verstehen, sondern erfasst auch das in einem
Vertrag eingekleidete Ankaufsrecht, das auf den Abschluss eines
Grundstücksveräußerungsgeschäfts gerichtet ist (BFH, Urteil vom 31.05.1972 - II R
162/66 -, BStBl II 1972, 828). Ebenso deckt sich der Begriff der "Abtretung" nicht mit
dem in §§ 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verwendeten Abtretungsbegriff. Die
bürgerlich-rechtliche Problematik kann daher dahingestellt bleiben.
Grunderwerbsteuerrechtlich kommt es nur darauf an, dass jemand aufgrund der Rechte,
die ihm im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrags
eingeräumt worden sind, einem Dritten den Kauf des Grundstücks ermöglicht und dass
dieser Kauf auch zustande kommt (BFH, Urteil vom 31.05.1972 - II R 162/66 -, a.a.O.). In
dem Vertrag vom 21.08.2001 haben die Grundstückseigentümer sich gegenüber der
Klägerin verpflichtet, fünf der zu bildenden Parzellen zum Verkehrswert an Letztere oder
von dieser noch zu benennende Dritte (Enderwerber) zu veräußern; die Benennung
sollte innerhalb einer Zweijahresfrist ab Eintragung der Teilung im Grundbuch erfolgen.
Damit stand der Klägerin ein Ankaufsrecht zu, das zu übertragen auf Dritte sie auch
berechtigt war. Durch die Benennung der Dritten (Enderwerber), die Übertragung der
Rechte der Klägerin aus dem Vertrag vom 21.08.2001 auf diese und die Ausübung der
abgetretenen Rechte durch die Enderwerber ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 6
GrEStG erfüllt, so dass Grunderwerbsteuer entsteht. In tatsächlicher Hinsicht belegt ist
dieser Vorgang zwar weder durch das Vorliegen entsprechender (schriftlicher)
Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Enderwerbern noch durch eine
ausdrückliche Formulierung in dem Grundstückskauf- und Bauerrichtungsvertrag vom
28.03.2002. Da das durch ein dingliches Vorkaufsrecht gesicherte Ankaufsrecht der
Klägerin jedoch eine Veräußerung an ihr vorbei verhinderte und der
Grundstückskaufvertrag zwischen Grundstückseigentümern und Enderwerbern sowie der
Bauerrichtungsvertrag zwischen Klägerin und Enderwerbern in einer notariellen Urkunde
einvernehmlich zusammengefasst worden sind, wird die Abtretung des Kaufangebotes
durch die tatsächlichen Umstände belegt. Ähnlich wie im Fall der Verwertungsbefugnis
gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG ist allerdings auch für die Erfüllung des Steuertatbestandes
des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG nicht ausreichend, dass das eingeräumte Benennungsrecht
allein dem Interesse des Grundstückseigentümers dient. Notwendig ist daher, dass der
Berechtigte – hier die Klägerin – das Kaufangebot zum Nutzen der eigenen
wirtschaftlichen Interessen verwertet (vgl. Fischer, in Boruttau, a.a.O., § 1 Rn. 484 ff.). Die
Verwertung zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen erfordert jedoch anders
als § 1 Abs. 2 GrEStG keine Beteiligung an der Substanz des Grundstücks. Vielmehr ist
dieses Merkmal schon dann erfüllt, wenn der Benennungsberechtigte die ihm gebotene
Möglichkeit dazu nutzt, den Angebotsempfänger zum Abschluss weiterer Verträge zu
bestimmen. Dies ist hier erfolgt.
Der Austausch der in dem angegriffenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsgrundlage
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Der Austausch der in dem angegriffenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsgrundlage
(§ 1 Abs. 1 Nr. 6 anstelle von § 1 Abs. 2 GrEStG) ist allerdings nur zulässig, wenn es sich
um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt und der besteuerte
Lebenssachverhalt nicht gegen einen anderen ausgetauscht wird. Ergibt die
finanzgerichtliche Überprüfung, dass nur die vom Finanzamt herangezogene
Rechtsgrundlage nicht zutrifft, ist der Steuerbescheid deshalb auch dann zu bestätigen,
wenn in der rechtlichen Würdigung eines im übrigen gleichen Lebenssachverhaltes
andere tatsächliche Momente, als das Finanzamt angenommen hatte, die Steuerschuld
begründen. Im Streitfall liegt allerdings ein einheitlicher Lebenssachverhalt vor. Die
Annahme eines einheitlichen Lebenssachverhaltes ist nicht schon deshalb unmöglich,
weil der vom Beklagten angenommene Vorgang sich zwischen den
Grundstückseigentümern und der Klägerin abgespielt hat, während eine Abtretung der
Rechte aus dem Kaufangebot von der Klägerin an die Dritten (Enderwerber)
vorgenommen wird. Denn in beiden Fällen geht es darum, die Klägerin dafür in Anspruch
zu nehmen, dass sie sich zur Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interessen an dem
Geschäft zwischen Grundstückseigentümern und Enderwerbern beteiligt hat (BFH, Urteil
vom 06.05.1969 - II 131/64 -, BStBl 1969, 595; BFH, Urteil vom 28.04.1970 - II 144/64 -,
BStBl 1970, 674; BFH, Urteil vom 10.07.1974 - II R 12/70 -, BStBl II 1974, 772; Pahlke, in
Pahlke/Franz, a.a.O., § 1 Rn. 232). Im Streitfall kommt hinzu, dass die Steuerbarkeit der
vom Beklagten angenommenen Verwertungsbefugnis, die laut Vertrag vom 21.08.2001
auf ein lediglich "befristetes" Benennungsrecht gestützt worden ist, ebenso wie die der
Abtretung des Kaufangebotes im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG noch nicht mit der
(befristeten) Einräumung des Benennungsrechts bzw. der Abtretung der Rechte aus
dem Kaufangebot ausgelöst wird, sondern erst, wenn der erstrebte rechtliche Erfolg
eingetreten ist (vgl. für die befristete Verwertungsbefugnis Fischer, in Boruttau, a.a.O., §
1 Rn. 719). Allerdings können nicht sowohl die Steuern aus dem gedachten
grunderwerbsteuerrechtlichen Durchgangserwerb vom Grundstückseigentümer zum
Zwischenerwerber (§ 1 Abs. 2 GrEStG) als auch diejenigen aus dem Vorgang vom
Zwischenerwerber zum Enderwerber (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG) erhoben werden (BFH,
Urteil vom 06.05.1969 - II 131/64 -, BStBl 1969, 595; BFH, Urteil vom 10.07.1974 - II R
12/70 -, BStBl II 1974, 772; Pahlke, in Pahlke/Franz, a.a.O., § 1 Rn. 232). Denn die
Einräumung des Benennungsrechtes und dessen Ausübung durch Abtretung des
Kaufangebotes stellen eine einheitliche Beteiligung der Klägerin an dem
Grundstücksgeschäft zwischen den Grundstückseigentümern und den Enderwerbern dar.
Dementsprechend fällt der vom Beklagten auf Grundlage von § 1 Abs. 2 GrEStG
besteuerte Lebenssachverhalt mit dem des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG zusammen; es
handelt sich um einen Lebenssachverhalt, der unterschiedlich zu würdigen ist. Der
Beklagte hat mit seiner Steuerfestsetzung daher jedenfalls die Tatsache erfasst, dass
das durch die Vereinbarung mit den Grundstückseigentümern ermöglichte Verhalten
auch wie im Vertrag vom 21.08.2001 angelegt verwirklicht wird.
Als Bemessungsgrundlage kommt im Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG nur der Wert des
betreffenden Grundstücks in Betracht, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG in Verbindung mit
§ 138 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes (- BewG -, vgl. Pahlke, in Pahlke/Franz,
a.a.O., § 8 Rn. 84). Mit Bescheid vom 22.07.2005 hat der Beklagte als
Bemessungsgrundlage den festgestellten Grundbesitzwert und diesen nur in dem
Umfang berücksichtigt, als er auf 2034 m² entfällt, und damit die Steuer in zutreffender
Höhe festgesetzt. Die 2034 m² entsprechen nach einer Flächenberechnung des Senats
auf Grundlage eines in den Steuerakten befindlichen konkreten Teilungsplans der Fläche
der Parzellen 2 bis 6.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. Soweit der
Beklagte der Klage abgeholfen hat, als er den Grundbesitzwert zutreffend nur in dem
Umfang der Besteuerung zu Grunde gelegt hat, zu dem er auf die vom
Benennungsrecht erfassten Parzellen 2 bis 6 entfällt, waren ihm die Kosten
aufzuerlegen. Eine Anwendung des § 137 Satz 1 FGO scheidet hier entgegen der
Auffassung des Beklagten schon deshalb aus, weil die Tatsache, dass das
Benennungsrecht der Klägerin nicht das gesamte Grundstück umfasste, ihm bereits aus
der Notarurkunde vom 21.08.2001 bekannt war.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den § 139 Abs. 3 Satz 3, 151 Abs. 3
FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -. Die Zuziehung der Bevollmächtigten
im Vorverfahren war wegen der nicht einfachen Sach- und Rechtslage notwendig.
Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, § 115 Abs. 2
Nr. 1 FGO.
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