Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: fahrzeug, wohnung, verfügung, arbeitslohn, transport, versicherung, personenbeförderung, bus, lebenserfahrung, geschäftsführer

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 11.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1999, 2000, 2001,
2002
Aktenzeichen:
11 K 2182/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 2 S 2 EStG 1997, § 8
Abs 2 S 3 EStG 1997, § 6 Abs 1
Nr 4 S 2 EStG 1997, § 19 Abs 1
S 1 Nr 1 EStG 1997, § 3 Nr 16
EStG 1997
Fahrzeugüberlassung sowie Fahrtkostenerstattung für einen
Privat-Pkw als Arbeitslohn
Tatbestand
Der Kläger war in den Streitjahren nicht verheiratet und kinderlos. Er war tätig als
Alleingesellschafter-Geschäftsführer der …GmbH (im folgenden: GmbH), die in L. ihren
Firmensitz und in B. ein Auslieferungslager unterhielt. Gemäß § 6 des
Geschäftsführervertrages vom 12.12.1994 wurde dem Kläger für seine Tätigkeit ein
Firmenwagen zur Verfügung gestellt, der auch zu privaten Zwecken benutzt werden
konnte; die anteiligen Kosten für die private Nutzung waren der GmbH zu erstatten.
Aus dem Bericht vom 31.05.1999 über eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH für
die Jahre 1995 bis 1998 geht unter Tz. 3 hervor, dass dem Kläger ab dem 01.01.1995 ein
Pkw VW Variant (Listenneupreis: 47.825,- DM) und ab dem 01.04.1996 für den weiteren
Prüfungszeitraum ein Pkw Audi (…; Listenneupreis: 58.183,- DM) von der GmbH zur
Privatnutzung überlassen worden war.
Im Rahmen einer bei der GmbH im Jahr 2003 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung
berücksichtigte das Finanzamt laut dem Bericht vom 03.12.2003 für die Monate Januar
bis April 1999 weiterhin den Sachbezug für die Überlassung des Pkw Audi in Höhe von
monatlich 581,- DM abzüglich einer diesbezüglich erfolgten Einzahlung des Klägers an
die GmbH in Höhe von insgesamt 2.006,- DM. Des weiteren stellte das Finanzamt fest,
dass dem Kläger ab Mai 1999 ein VW Caravelle , Baujahr 1996, Listenneupreis: 52.300,-
DM, der als Pkw zugelassen war, auch zur privaten Nutzung und für Fahrten zu den
Arbeitsstätten zur Verfügung gestanden habe. Der Nachweis einer fehlenden privaten
Nutzung, insbesondere durch Führen eines Fahrtenbuches, sei nicht erfolgt. Als
Sachbezug seien monatlich 523,- DM nach der 1%-Regelung sowie für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte nach L. (2 km) 31,38 DM sowie nach B. (56 km) 58,57 DM,
insgesamt also 612,95 DM anzusetzen. Zu berücksichtigen seien insoweit für 1999 (Mai
bis Dezember) 4903,60 DM, für 2000 und 2001 jeweils 7.355,40 DM sowie 3.760,80 € für
2002. Darüber hinaus stellte die Außenprüfung fest, die GmbH habe dem Kläger
Kilometergelder für die Nutzung seines Privat-Pkw steuerfrei erstattet. In den
vorgelegten Aufzeichnungen seien direkte Fahrten zu dem in B. gelegenen Lager
enthalten, in dem der Kläger nahezu täglich gewesen sei. Letzterer habe in diesem
Lager eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte gemäß R37 Abs. 2 LStR begründet.
Fahrtkostenerstattungen zwischen Wohnort und regelmäßiger Arbeitsstätte seien nicht
steuerfrei gemäß § 3 Nr. 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Noch zu erfassen
seien 1.466,92 DM in 1999, 1.732,64 DM in 2000 sowie 673,00 DM in 2001. In der
Prüfungsakte sind insoweit Reiseaufzeichnungen des Klägers in Kopie enthalten, bei
denen der Beklagte lediglich solche Fahrten berücksichtigt hat, für die als Ziel die
Reiseroute „L. – B. - und zurück“ - gegebenenfalls mit einem weiteren Ziel auf der
Strecke - und als Anlass der Fahrt „Lager B.“ angegeben worden ist. In den Fällen in
denen ein zusätzliches Reiseziel und ein weiterer Anlass angegeben worden sind, hat der
Beklagte die angegebenen Fahrtkilometer jeweils nur in dem Umfang berücksichtigt, der
bei einer in zeitlicher Nähe durchgeführten Fahrt, die nur den Weg zum Lager und zurück
betraf, angegeben worden war.
Bereits mit Schreiben vom 27.11.2003 hatte der Kläger zu den Ergebnissen der
Außenprüfung Stellung genommen. Hinsichtlich der Reisekosten könne offen bleiben, ob
er in B. eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte begründet habe. Gewöhnlich würden
diese Fahrten mit dem Lieferfahrzeug erledigt. In geringem Umfang führe er diese
Fahrten mit seinem Privat-Pkw aus und lasse sich die hier entstandenen Kosten
steuerfrei erstatten. Der Privat-Pkw werde bei Kundenbesuchen und anderen offiziellen
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steuerfrei erstatten. Der Privat-Pkw werde bei Kundenbesuchen und anderen offiziellen
Terminen benutzt, wobei eben nicht nur das Lager in B. angefahren werde. Der VW
Caravelle sei nicht privat genutzt wurden.
Der Beklagte folgte den Ergebnissen der Lohnsteuer-Außenprüfung und erließ auf dieser
Grundlage am 16.03.2004 geänderte Einkommensteuerbescheide für die
Veranlagungsjahre 1999 bis 2001; unter demselben Datum erließ er für das
Veranlagungsjahr 2002 einen Bescheid, mit dem er insoweit von den Angaben des
Klägers in der Steuererklärung abwich.
Am 07.04.2004 erhob der Kläger gegen diese Bescheide Einspruch. Zur Begründung
führte er aus, das Fahrzeug sei zwar als Pkw zugelassen, tatsächlich aber als Lkw
ausgestattet. Zudem seien keine Privatfahrten mit dem Fahrzeug durchgeführt worden.
Es handele sich um einen Kleintransporter, bei dem bis auf den Fahrersitz alle Sitze
ausgebaut seien. Privat habe er noch zwei Pkw - für sich und seine Lebensgefährtin -
angemeldet.
Durch Einspruchsentscheidung vom 08.09.2004 wies der Beklagte die Einsprüche
zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe das Fahrzeug regelmäßig für
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt. Die private Nutzung sei im
Anstellungsvertrag erlaubt worden und werde auch durch die Ausstattung des Fahrzeugs
mit nur einem Fahrersitz nicht ausgeschlossen, da er auch so für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte habe benutzt werden können und eine Nachrüstung der
Sitze jederzeit möglich sei. Hinsichtlich der Reisekosten wurde ausgeführt, der Kläger
habe nahezu täglich das Auslieferungslager in B. aufgesucht, wo er regelmäßig als
Lagerleiter bzw. Verkäufer tätig geworden sei. Es handele sich daher neben dem
Firmensitz in L. ebenfalls um eine regelmäßige Arbeitsstätte, so dass die Fahrten dorthin
als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu qualifizieren seien. Die
Kostenerstattung sei daher nicht steuerfrei.
Mit der am 11.10.2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Ergänzend führt er aus, sein Tätigkeitsschwerpunkt liege in L., wo sich die geschäftliche
Oberleitung der GmbH befinde. Tätig sei er auch in einem Lager in B., das von ihm
verwaltet und mit Material bestückt werde. Er fahre arbeitstäglich fast ausschließlich mit
seinem Privat-Pkw von seiner Wohnung in L. zum Geschäftssitz und von dort mit dem
Lkw mit Material beladen zum Lager in B.. Der Beifahrersitz des VW-Bus sei ausgebaut,
um die langen Heizungsleitungen für Fußbodenheizungen transportieren zu können. Bei
der Überlassung des Transportfahrzeuges für gelegentliche Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeit handele es sich nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn für ihn, den Kläger
(Schriftsatz vom 26.04.2006). Wirtschaftliche Vorteile für solche Fahrten mit einem
Transportfahrzeug lägen überwiegend beim Arbeitgeber, der von der erheblichen
Zeitersparnis und der höheren Flexibilität profitiere. Im Übrigen würde ein ständiger Ein-
und Ausbau der Sitze einen hohen Arbeitsaufwand bedeutet haben, ebenso wie die
Reinigung des durch den Transport stark verschmutzten Innenraums (Rost,
Schmierstoffe, Farben, Metallspäne usw.). Ursprünglich könne es sich bei dem Fahrzeug
um einen Kombinationskraftwagen gehandelt haben, aufgrund der Umbaumaßnahmen
habe jedoch kein VW Caravelle im üblichen Sinne mehr vorgelegen, sondern ein Lkw.
Der Kläger hat hierzu Kopien von Fotos des Fahrzeuges eingereicht, die einen
rundherum verglasten VW-Bus zeigen. Auf den Fotos sind alle Sitze bis auf den
Fahrersitz entfernt, die Drei-Punkt-Sicherheitsgurte, insbesondere diejenigen im
rückwärtigen Bereich befinden sich jedoch noch im Fahrzeug. Eine Trennwand zwischen
Fahrerraum und rückwärtigem Bereich existiert nicht und der Bodenbelag des gesamten
Fahrgastraumes/der Ladefläche wurde nach den Fotos im ursprünglichen Zustand
belassen.
Der Kläger trägt weiter vor, ihm sei entgegen dem Geschäftsführervertrag für die
Streitjahre kein Firmenwagen zur Verfügung gestellt worden. Er habe im maßgeblichen
Zeitraum über zwei private Pkw verfügt, ein weiterer sei durch seine Lebensgefährtin
genutzt worden. Auch für Urlaubsreisen habe er den VW-Bus nicht genutzt. Beigefügt
hat der Kläger eine Versicherung des Mitarbeiters S. vom 15.10.2004, wonach das
Fahrzeug von Juni 1999 bis Mai 2004 lediglich mit einem Fahrersitz ausgestattet
gewesen sei und ausschließlich und uneingeschränkt zu Transportzwecken für die GmbH
zur Verfügung gestanden habe.
In Bezug auf die Reisekostenerstattungen führt der Kläger aus, es handele sich um
Fahrten mit einem seiner privaten Pkw zu Kunden, auch wenn gegebenenfalls als
Fahrtziel das Lager in B. angegeben worden sei; es sei lediglich Vorzeigematerial aus
dem Lager beschafft worden.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger weiter erläutert, der VW-Bus sei
angeschafft worden, weil die Heizungsrohre aufgrund der Durchlademöglichkeit bis nach
ganz vorne in dem Fahrzeug hätten transportiert und dadurch die Anschaffung eines
wesentlichen teureren Lkw mit der erforderlich langen Ladefläche habe erspart werden
können. Soweit das Fahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt
worden sei, habe es sich um den Transport von Material gehandelt, das am Vorabend
eingeladen worden sei, um morgens sofort losfahren zu können.
Der Kläger beantragt, abweichend von den Bescheiden vom 16.03.2004 und der dazu
ergangenen Einspruchsentscheidung vom 08.09.2004 (Veranlagungsjahre 2000 bis
2002) sowie abweichend von dem Bescheid vom 23.05.2006 (Veranlagungsjahr 1999)
die Einkommensteuern für die Veranlagungsjahre ohne Berücksichtigung eines
Sachbezuges für die Nutzung des VW Caravelle sowie ohne Berücksichtigung der
Reisekostenerstattungen (Veranlagungsjahre 1999 bis 2001) festzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Ergänzend führt er aus, hinsichtlich der Reisekosten seien anhand der bei der
Lohnsteuer-Außenprüfung vorliegenden Aufzeichnungen nur die Erstattungen für direkte
Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und dem Materiallager in B. mit dessen
privatem Pkw als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt worden. Soweit es den
Sachbezug durch Fahrzeug-Überlassung betreffe, handele es sich um einen Pkw, der als
Kombinationskraftwagen wahlweise zur Güter- oder Personenbeförderung eingesetzt
werden könne. Die für den Materialtransport entfernten Sitze könnten jederzeit wieder
eingebaut werden. Von der 1%-Regelung müssten lediglich Lkw und Zugmaschinen,
nicht aber Kombinationswagen ausgenommen werden.
Der Kläger hat am 30.12.2005 seine Einkommensteuererklärung 1999 beim Beklagten
eingereicht. Der Beklagte hat daraufhin den auf einer Schätzung beruhenden Bescheid
unter dem Datum vom 23.05.2006 geändert.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im
Übrigen unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide vom 16.03.2004 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 08.09.2004 sowie der Bescheid vom 23.05.2006 sind
rechtswidrig und verletzen die Rechte des Klägers, soweit der Beklagte für die
Veranlagungsjahre 1999 bis 2001 die Kostenerstattungen der GmbH für die Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als steuerpflichtigen Arbeitslohn bei dem Kläger
besteuert hat, ohne jeweils die Werbungskostenpauschale für diese Fahrten in dem
Umfang steuermindernd zu berücksichtigen, in dem diese im Zusammenhang mit
weiteren Werbungskosten die Werbungskostenpauschale jeweils übersteigen, § 100 Abs.
1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Darüber hinaus sind die Bescheide
rechtmäßig.
Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass zum einen § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in
Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sowie § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG bezogen auf
das Fahrzeug VW Caravelle zur Anwendung kommen und dass zum anderen die
Reisekostenerstattungen in dem zugrunde gelegten Umfang Arbeitslohn darstellen.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für
eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Die geldwerten
Güter und Vorteile werden durch § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG benannt, der zugleich zum
Ausdruck bringt, dass der Arbeitnehmer durch die Zuwendung objektiv bereichert sein
muss, weil die Zuwendung für ihn einen wirtschaftlichen Wert hat. § 8 Abs. 2 EStG
bestimmt den Maßstab für die Bewertung des Vorteils.
Das Überlassen des Fahrzeuges VW Caravelle durch die GmbH an den Kläger für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Privatfahrten führt bei Letzterem zu
Arbeitslohn.
Ob der in der Überlassung eines Fahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte liegende Vorteil Arbeitslohn ist, richtet sich allein nach § 19 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 EStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes gehören zum Arbeitslohn
im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG unter anderem Vorteile, die "für" eine Beschäftigung
gewährt werden. Dem in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG benutzten Tatbestandsmerkmal "für"
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gewährt werden. Dem in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG benutzten Tatbestandsmerkmal "für"
eine Beschäftigung ist zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter haben muss. Demgegenüber sind solche
Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls
nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung
betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Letzteres ist dann der Fall, wenn der Vorteil
im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt wird. Da die Lohnzahlung
ebenfalls eine betriebliche Veranlassung voraussetzt, muss eine andere betriebliche
Zielsetzung als die Lohnzahlung eindeutig im Vordergrund stehen (Bundesfinanzhof
[BFH], Urteil vom 25.05.2000 - VI R 195/98 -, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 2000, 690;
s.a. BFH, Urteil vom 04.06.1993 - VI R 95/92 -, BStBl II 1993, 687).
Hiervon ausgehend stellt die Überlassung eines Fahrzeuges für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte in aller Regel Arbeitslohn dar. Dies gilt jedoch nicht
ausnahmslos. Auch bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem vom
Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Fahrzeug kann ausnahmsweise die Überlassung im
ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen.
Im Streitfall stellt sich die Überlassung des Fahrzeugs nicht als notwendige
Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen, sondern als Entlohnung "für" die
Beschäftigung dar.
Dass dem Kläger das Fahrzeug für (gelegentliche) Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte zur Verfügung gestanden hat, ergibt sich aus dessen eigenem Vortrag in
seinem Schriftsatz vom 26.04.2006. Auch die weitere Formulierung in seiner
Klagebegründung, er fahre arbeitstäglich „fast ausschließlich“ mit seinem Privat-Pkw von
seiner Wohnung in L. zum Geschäftssitz, kann nach ihrem Wortlaut gerade nicht so
verstanden werden, dass solche Fahrten tatsächlich nicht stattgefunden hätten.
Die Überlassung des Fahrzeugs für diese Fahrten wurde nicht zur Überzeugung des
Gerichts im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der GmbH gewährt.
Insbesondere hat es sich nach den Erläuterungen des Klägers nicht um ein Werkstatt-
oder Einsatzfahrzeug gehandelt, mit dem im Rahmen einer bestehenden
Wohnungsrufbereitschaft allein das Ziel verfolgt worden wäre, aufgrund bestehender
vertraglicher Verpflichtungen bei dem Auftreten von Störungen ohne Umweg über den
Betriebssitz schnellstmöglich mit der Schadensbeseitigung beginnen zu können (vgl. die
Fallgestaltung im BFH-Urteil vom 25.05.2000 - VI R 195/98 -, a.a.O.). Auch wurde der
Wagen nicht als Werkstattwagen mit Regalen, Werkbank, Aufbewahrungskästen oder
Ähnlichem ausgestattet oder genutzt. Das - allenfalls sinngemäß zum Ausdruck
gebrachte - Vorbringen des Klägers, der GmbH habe an der erheblichen Zeitersparnis
und der höheren Flexibilität gelegen, ist weder über eine bloße Behauptung
hinausgegangen noch hinreichend substantiiert worden. Nach seinen Angaben wurde
das Fahrzeug für den Transport von (Heizungs-) Material genutzt, das am Vorabend
eingeladen wurde, um am kommenden Tag ohne Umweg sofort starten zu können. Es
ist jedoch nicht ersichtlich, worin eine erhebliche Zeitersparnis oder höhere Flexibilität
liegen sollte, wenn der Kläger nur 2 km von dem Betriebssitz der GmbH entfernt wohnt
und nach eigenem Vortrag regelmäßig von diesem zu dem Lager in B. gefahren ist.
Dass die Überlassung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
tatsächlich nur als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen
erfolgt ist, ist daher weder schlüssig begründet noch belegt worden. Darüber hinaus ist
der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag auch nicht
verpflichtet gewesen, ununterbrochen ganzjährig zur Verfügung stehen zu müssen, um
Not- oder Störungsfälle schnellstmöglich beseitigen zu können. Entsprechendes ist
zudem nicht behauptet worden.
Gemäß dem hiernach anwendbaren § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt - auch bezogen auf die
hier streitigen Veranlagungszeiträume - für die Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs
zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung
entsprechend. Die Nutzung ist demzufolge für jeden Kalendermonat mit 1% des
inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für
Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Es handelt sich um
eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende
Bewertungsregelung (BFH, Urteil vom 07.11.2006 - VI R 19/05 -, BStBl II 2007, 116; BFH,
Urteil vom 13.02.2003 - X R 23/01 -, BStBl II 2003, 472). Der Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 2
EStG erhöht sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03% des
genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Der Wert
nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG kann gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG auch mit dem
auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen
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auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen
angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden
Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Diese vom Gesetz
vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten
Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche
Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die
dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden.
Die Bestimmungen kommen jedoch nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung
ausscheidet. Dabei spricht allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes
aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine
auch private Nutzung des Firmenwagens. Der Anscheinsbeweis kann durch den
Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des
Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der
die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung
entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH, Urteil vom 07.11.2006 - VI R 19/05 -,
a.a.O.; BFH, Beschluss vom 11.07.2005 - X B 11/05 -, Sammlung amtlich nicht
veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2005, 1801).
Der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Firmenwagens
käme allerdings dann nicht zur Geltung, wenn das Fahrzeug aufgrund seiner objektiven
Beschaffenheit - wie etwa ein Lkw - für eine regelmäßige Privatnutzung nicht geeignet ist.
Dies trifft nach Überzeugung des Senats jedoch für den Streitfall nicht zu.
Der allgemeine Erfahrungssatz, dass Personenkraftwagen und Krafträder typischerweise
für private Zwecke mit genutzt werden, lässt sich nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes - der der Senat folgt - nicht auf Lastkraftwagen und Zugmaschinen
anwenden (BFH, Urteil vom 13.02.2003 - X R 23/01 -, a.a.O.). Bei dem VW Caravelle
handelt es sich jedoch nicht um einen Lkw in diesem Sinne. Für die Beurteilung dieser
Frage kommt es nicht darauf an, dass das Fahrzeug für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer
nicht als Lkw, sondern als Pkw eingeordnet worden ist. Denn für die Anwendung des § 6
Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist nicht auf die kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung
abzustellen, sondern auf die objektive Beschaffenheit des zu beurteilenden Fahrzeugs.
Unter dem Begriff des Lkw werden solche Fahrzeuge erfasst, die nach ihrer Bauart und
Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind, während sich Pkw oder sog.
Kombinationskraftwagen nach dem Zweck der genannten Regelung dadurch
auszeichnen, dass sie infolge ihrer objektiven Beschaffenheit zur Beförderung von
Personen und Gegenständen aus Gründen der privaten Lebensführung eingesetzt
werden können und typischerweise auch eingesetzt werden (BFH, Urteil vom 13.02.2003
- X R 23/01 -, a.a.O.). Anders als in der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung
des Finanzgerichts Berlin (FG Berlin, Urteil vom 14.08.2006 - 8 K 8004/04 -, zitiert nach
JURIS) hält es der Senat aufgrund der anders gelagerten Umstände des Streitfalles nicht
für erheblich, dass das Fahrzeug ausweislich der Versicherung eines Mitarbeiters der
GmbH während der Streitjahre lediglich mit einem Fahrersitz ausgestattet war und für
Transportzwecke genutzt wurde. Der der Entscheidung des Finanzgerichts Berlin
zugrunde liegende Fall unterschied sich zunächst von dem Streitfall dadurch, dass in
dem Fahrzeug dort - einem Mercedes Vito - ein Klapptisch und ein Regal für regelmäßig
mitgeführte ca. 35 Ordner eingebaut war und eine private Mitbenutzung des Fahrzeugs
durch die Ehefrau aufgrund deren Behinderung ausgeschlossen war. Auszugehen ist hier
vielmehr davon, dass es sich bei einem VW Caravelle Bj. 1996 nach seiner objektiven
Beschaffenheit nicht um ein als Transportfahrzeug mit einem geschlossenen Kasten
ausgestattetes Fahrzeug handelt, sondern um ein Fahrzeug, das aufgrund der für einen
Pkw typischen Fenster (auch) für die Personenbeförderung geeignet ist. Insbesondere
wird es als komfortables Reisefahrzeug für größere Familien oder Personen mit
Freizeitaktivitäten, welche größeren Stauraum erfordern, angeboten. Das Fahrzeug kann
dementsprechend nach relativ einfachem Einbau der benötigten Anzahl von Sitzen
objektiv und ohne weiteres als Pkw zur Beförderung von Personen privat genutzt werden.
Dass die Sitze des Fahrzeugs mit relativ geringem Aufwand für Transportzwecke entfernt
und für die Personenbeförderung wieder eingebaut werden können, ist nach der
Herstellerkonzeption gerade technisches Merkmal eines VW Caravelle Bj. 1996, so dass
die Berufung darauf das Fahrzeug nicht zum Lkw macht. Nach Auffassung des Senats
kann eine von der Herstellerkonzeption abweichende Fahrzeugart sich unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nur aufgrund von Umbauten ergeben,
die auf Dauer angelegt sind und das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs wesentlich
verändern (vgl. zur Investitionszulage BFH, Urteil vom 23.10.2002 - III R 7/01 -, BFH/NV
2003, 509; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28.04.2003 - 1 K
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2003, 509; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28.04.2003 - 1 K
506/99 -, zitiert nach JURIS). Daran fehlt es hier. Weder ist eine Verblechung der hinteren
Seitenfenster vorgenommen noch eine Trennwand oder -vorrichtung zwischen Fahrraum
und rückwärtigem Bereich zum Schutz des Fahrers vor einer verrutschenden oder
umherfliegenden Ladung eingebaut worden. Es ist auch nicht vorgetragen worden oder
aus den eingereichten Fotos ersichtlich, dass die Ladefläche verstärkt oder anderweitig,
etwa durch spezielle Befestigungs- oder Rückhalteeinrichtungen, an
Transportbedürfnisse angepasst worden wäre und dadurch etwa ein Einbau der Sitze
nicht mehr möglich gewesen sein sollte. Durch die Herausnahme der Sitze wird das
Fahrzeug dagegen nicht auf Dauer zum Transport von Gütern umgestaltet. Die
Umgestaltung zur Personenbeförderung ist vielmehr - wie bereits ausgeführt - der
Herstellerkonzeption entsprechend mit geringem Arbeitseinsatz möglich. Die vom
Hersteller bereits serienmäßig eingebauten Vorrichtungen lassen eine schnelle und
problemlose Nutzungsänderung des Fahrzeugs zu, wie dies bei Kombifahrzeugen der
hier streitigen Art regelmäßig der Fall ist. Folglich kann der allgemeine Erfahrungssatz,
dass ein Kraftfahrzeug auch für private Zwecke genutzt wird, im vorliegenden Fall auf
den hier zu beurteilenden VW Caravelle angewendet werden, weil es sich um einen Pkw
im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG handelt.
Dies zugrunde gelegt geht der Senat im Streitfall aufgrund der Lebenserfahrung davon
aus, dass der Kläger den VW Caravelle über die von ihm selbst eingeräumten Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinaus auch im Übrigen tatsächlich in nicht
unerheblichem Umfang für private Zwecke tatsächlich genutzt hat. Die Darlegungen des
Klägers vermögen demgegenüber den sich aus den besonderen Umständen des Falles
und der allgemeinen Lebenserfahrung ergebenden Anscheinsbeweis zur Überzeugung
des Senats nicht zu erschüttern. Es erscheint zwar ohne weiteres als glaubhaft, dass der
VW Caravelle tatsächlich zum Transport von Material benutzt worden ist und aufgrund
der langen (Durch-) Ladefläche auch eine gute Eignung zur Beladung mit besonders
langen Heizungsrohren für Fußbodenheizungen (jedenfalls soweit es sich noch um
Kupferrohre statt um flexible Kunststoffrohre gehandelt hat) besaß. Daraus lässt sich
jedoch noch nicht ableiten, dass eine private Nutzung ausgeschlossen war.
Soweit der Kläger auf die Bestätigung des Mitarbeiters der GmbH verweist, das Fahrzeug
habe ausschließlich und uneingeschränkt der GmbH zu Transportzwecken zur Verfügung
gestanden, ergibt sich daraus - ungeachtet des Umstandes, dass die Versicherung noch
nicht einmal eidesstattlich abgegeben worden ist - nichts anderes. Insbesondere
beinhaltet die Bestätigung nicht die Aussage, der Kläger habe das Fahrzeug nicht privat
genutzt. Sie bezieht sich inhaltlich nur auf betriebliche Abläufe während der
Arbeitszeiten, so dass ihr für arbeitsfreie Zeiten und Tage keine relevante Aussage
entnommen werden kann. Darüber hinaus sind die betrieblichen Abläufe von dem Kläger
als Gesellschafter-Geschäftsführer in dem Sinne in gewissem Umfang plan- und
regelbar, dass er es in der Hand hat, die Notwendigkeit des Einsatzes des Fahrzeugs für
konkrete Zeiträume etwa durch den Einsatz anderer Fahrzeuge oder die zeitliche
Umschichtung bestimmter Arbeitsabläufe entfallen zu lassen. Gleichwohl würde die
Versicherung, das Fahrzeug habe uneingeschränkt für Transportzwecke zur Verfügung
gestanden, im Ergebnis zutreffen. Daraus folgt, dass die Versicherung des Mitarbeiters
der GmbH eine Privatnutzung des Fahrzeugs nicht ausschließt.
Eine private Nutzung war insbesondere nicht aufgrund vertraglicher Regelung
ausgeschlossen. Zwar kann nach der Rechtsprechung das Verbot des Arbeitgebers, das
Firmenfahrzeug privat zu nutzen, grundsätzlich ausreichen, den Anscheinsbeweis zu
erschüttern. Das Gegenteil ist hier jedoch der Fall, denn im Streitfall handelt es sich bei
dem Arbeitnehmer - dem Kläger - um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der wegen
seiner herausragenden Position beim Arbeitgeber den jederzeitigen Zugriff auf
betriebliche Fahrzeuge hat. Zudem wurde ihm nach dem Geschäftsführervertrag vom
12.12.1994 durch den Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt und er durfte
diesen Firmenwagen ausdrücklich auch zu privaten Zwecken benutzen. Der
Geschäftsführervertrag ist in der Folgezeit mehrmals geändert worden, ohne dass diese
Regelung - jedenfalls bis in die Streitjahre - entfallen oder von einer Änderung betroffen
worden wäre. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die GmbH dem Kläger entsprechend
dem Vertrag auch tatsächlich betriebliche Fahrzeuge zu privaten Zwecken überlassen
hat. Mit Aufnahme seiner Geschäftsführertätigkeit stand dem Kläger ab dem 01.01.1995
zunächst ein VW Passat Variant (Listenneupreis: 47.825,- DM) und anschließend ab dem
01.04.1996 ein Pkw Audi (Listenneupreis: 58.183,- DM) zur privaten Nutzung zur
Verfügung. Der Pkw Audi wurde bis hinein ins Streitjahr 1999 vom Kläger auch privat
genutzt; in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerung dieses
Fahrzeuges hat die GmbH dann den VW Caravelle angeschafft. Auch dieser Umstand
spricht dafür, dass der VW Caravelle den Audi als das Firmenfahrzeug ablösen sollte, das
nach dem - insoweit nicht veränderten - Geschäftsführervertrag dem Kläger auch für
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nach dem - insoweit nicht veränderten - Geschäftsführervertrag dem Kläger auch für
dessen private Nutzung zur Verfügung stehen sollte und gestanden hat. Allein der
Vortrag, die GmbH habe ihm entgegen dem Geschäftsführervertrag ab Mitte 1996 kein
betriebliches Fahrzeug mehr zur Verfügung gestellt, reicht nicht aus, die Überlassung
des Fahrzeugs und die Möglichkeit zur privaten Nutzung zu widerlegen.
Der auf Grund der ausgeführten besonderen Umstände des Falles noch unterstützte
Anscheinsbeweis wird des weiteren nicht durch den Vortrag entkräftet, wonach für
Privatfahrten Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten (BFH, Beschluss vom
13.04.2005 - VI B 59/04 -, BFH/NV 2005, 1300; BFH, Beschluss vom 11.07.2005 - X B
11/05 -, a.a.O.). Denn dies schließt die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme des
betrieblichen Pkw für private Zwecke zumindest nicht völlig aus. Es entspricht vielmehr
gerade der allgemeinen Lebenserfahrung, dass jedenfalls private Fahrten zu weiter
entfernten Zielen wie etwa Ausflugs- und Urlaubsfahrten gleichwohl mit dem Betriebs-
Pkw durchgeführt werden.
Keinen Erfolg kann schließlich der Vortrag des Klägers haben, das Fahrzeug sei aufgrund
seiner Nutzung als Transportfahrzeug insbesondere im Innenraum so stark verschmutzt,
dass es für private Fahrten nicht mehr geeignet sei (vgl. BFH, Urteil vom 13.02.2003 - X
R 23/01 -, a.a.O.; BFH, Beschluss vom 11.07.2005 - X B 11/05 -, a.a.O.). Die
Verschmutzungen durch Roststaub, Metallspäne usw. können mit einem Staubsauger
an der Tankstelle ohne nennenswerten Aufwand beseitigt werden. Entsprechendes gilt
für Verschmutzungen durch Schmierstoffe und Farben, soweit sie nicht eingetrocknet
sind. Eingetrocknete Farbe im Innenraum beeinträchtigt die private Nutzung im Übrigen
gerade nicht in erheblichem Umfang, ist auf den eingereichten Fotos aber auch nicht zu
erkennen.
Der Anscheinsbeweis setzt schließlich nicht voraus, dass im konkreten Fall zusätzlich
noch konkrete Anhaltspunkte für einen bestimmten Mindestumfang der privaten
Nutzung vorliegen. Jedenfalls wird für die hier die zu beurteilenden Streitjahre ab 1999
bei einer dem Grunde nach feststehenden Privatnutzung deren genaue Höhe durch die
Spezialvorschriften in § 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG im Wege einer Typisierung
abschließend geregelt. Die 1%-Regelung kommt nur dann nicht zur Anwendung, wenn
der Kläger den ihm überlassenen Firmenwagen ausschließlich für berufliche Fahrten
genutzt hat. Dies ist nach den Feststellungen des Senats, insbesondere aufgrund der
Erläuterungen des Klägers - wie oben ausgeführt - nicht der Fall. Die Frage der Höhe der
Privatnutzung ist in den Bewertungsvorschriften des § 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG - sog.
1%-Regelung oder Fahrtenbuchmethode - abschließend geregelt. Die 1%-Regelung ist
widerlegbar, denn der Steuerpflichtige kann mit einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch -
wenn auch unter Inkaufnahme eines erhöhten Ermittlungsaufwandes - den tatsächlichen
Sachverhalt nachweisen. Der Kläger hat jedoch von der Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu
führen (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG), nicht Gebrauch gemacht.
Der Beklagte hat die Bewertung der privaten Nutzung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG
in den Streitjahren zutreffend vorgenommen. Dafür ist aufgrund der Verweisung die
Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend anwendbar, wonach die
Privatnutzung für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises
anzusetzen ist. Dabei handelt es sich um eine vom Gesetzgeber zulässigerweise
geschaffene Besteuerung im Wege der Typisierung, die für die Beteiligten und den Senat
bindend ist. Die danach vorgenommene Berechnung der einzelnen Beträge für die
Streitjahre und deren Übernahme in die angefochtenen Bescheide durch den Beklagten
ist zutreffend und wird insoweit von dem Kläger nicht angegriffen.
Die Bescheide des Beklagten sind auch insoweit nicht zu beanstanden, als er die von der
GmbH an den Kläger gezahlten Reisekostenerstattungen als steuerpflichtig behandelt
und sie bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, mithin als Arbeitslohn
berücksichtigt hat.
Die GmbH hat dem Kläger Kosten für die Nutzung von dessen Privat-Pkw für betriebliche
Zwecke im Wege einer Kilometerpauschale erstattet. Die Kostenerstattung umfasst
unter Zugrundelegung der Reiseaufzeichnungen des Klägers auch Fahrten zwischen
Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Insoweit hat der Beklagte zu Recht
angenommen, dass sich die Erstattung der Kosten in vollem Umfang als
Lohnzuwendung darstellt. Denn dieser dem Arbeitnehmer zugewendete geldwerte
Vorteil ist nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der GmbH getätigt worden;
er betrifft nicht Dienstreisen des Arbeitnehmers, sondern dessen private Fahrten (vgl.
BFH, Urteil vom 08.11.1991 - VI R 191/87 -, BStBl II 1992, 204; Drenseck, in Schmidt,
EStG, 26. Aufl. 2007, § 19 Rn. 50 „Fahrtkostenerstattung“). Dem entspricht auch die
Auffassung der Finanzverwaltung für die maßgeblichen Streitjahre (vgl. etwa LStH 1999
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Auffassung der Finanzverwaltung für die maßgeblichen Streitjahre (vgl. etwa LStH 1999
Abschn. 70 [Arbeitslohn] Abs. 2 Nr. 14). Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 16 EStG kommt
insoweit nicht in Betracht (vgl. Heinicke, in Schmidt, a.a.O., § 3 ABC „Fahrtkosten“).
Die Fahrten des Klägers zwischen seiner Wohnung in L. zum Lager in B. waren Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Arbeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
EStG ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses
geschuldete Leistung zu erbringen hat. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes ist anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitsstätten haben
kann und seine Aufwendungen für die Fahrten von der Wohnung zu diesen Arbeitsstätten
und zurück der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG
unterliegen. Für die Annahme einer Arbeitsstätte reicht es allerdings nicht aus, wenn
zahlreiche Tätigkeitsstätten im zeitlichen Abstand immer wieder aufgesucht werden,
sondern es ist auch eine gewisse zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit in der
Tätigkeit an diesen Orten erforderlich. Der Betriebssitz oder sonstige Stätten oder
Einrichtungen des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich, sondern
mit einer gewissen Nachhaltigkeit mit dem Ziel aufsucht, Arbeitsleistungen zu erbringen,
sind nebeneinander bestehende regelmäßige Arbeitsstätten (BFH, Urteil vom
07.06.2002 - VI R 53/01 -, BStBl 2002, 878). Dies zugrunde gelegt handelt es sich auch
bei dem Lager in B. um eine regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers, in der er einen
wesentlichen Teil seiner Aufgaben erfüllte. Es handelt sich um eine Betriebsstätte der
GmbH, die nach eigenen Angaben von dem Kläger verwaltet und mit Material bestückt
wird und die er regelmäßig arbeitstäglich aufgesucht hat. Die Tätigkeit wies damit eine
ausreichende zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit auf.
Der Beklagte hat die Kostenerstattung dem Grunde nach sowie im Hinblick auf die
berücksichtigten Fahrt-Kilometer nur in dem Umfang als Lohn behandelt, als es sich um
Fahrten mit dem Privatfahrzeug des Klägers von seiner Wohnung in L. zum Lager in B.
und zurück gehandelt hat. Mangels näherer Angaben in den Aufzeichnungen durfte der
Beklagte die Aufzeichnungen in diesem Sinne verstehen, zumal der Kläger Gegenteiliges
nicht nachgewiesen hat.
Die Klage hat allerdings Erfolg, soweit der Beklagte die Reisekostenerstattungen für die
Streitjahre besteuert hat, ohne jeweils zugleich die Werbungskostenpauschale für diese
Fahrten in dem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen, in dem diese im
Zusammenhang mit weiteren Werbungskosten die allgemeine
Werbungskostenpauschale jeweils übersteigen.
Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten findet
ihre Grundlage in § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 139 Abs. 3, 151 FGO,
§§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Zuziehung der Bevollmächtigten
im Vorverfahren war wegen der nicht einfachen Sach- und Rechtslage notwendig.
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