Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: eintragung im handelsregister, mindestdauer, gesellschafterversammlung, rückwirkung, anerkennung, beiladung, einspruch, wiedergabe, zahlungsunfähigkeit, geschäftsführer

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2001
Aktenzeichen:
6 K 39/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 60 Abs 3 FGO, § 14 Abs 1 Nr 3
KStG 1999, § 17 S 1 KStG 1999
Keine notwendige Beiladung bei einem Streit über das Bestehen
einer körperschaftsteuerlichen Organschaft - Anerkennung einer
steuerlichen Organschaft
Tatbestand
Die Klägerin ist eine im Jahr 1994 gegründete Holdinggesellschaft mit beschränkter
Haftung, deren Alleingesellschafter der Landkreis O... ist. Organe der Klägerin sind der
Geschäftsführer F... sowie ein Aufsichtsrat. Die Klägerin ist alleinige Gesellschafterin der
Fa. O... V...gesellschaft mbH - im Folgenden: OVG genannt - sowie der Fa. W... O... mbH -
im Folgenden: WfO genannt.
Am 16. Dezember 1997 schloss die Klägerin mit der OVG sowie der WfO jeweils einen
Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag ab. Danach unterstellten die
Tochtergesellschaften, d. h. sowohl die OVG als auch die WfO, die Leitung ihres
Unternehmens der Klägerin (§ 1). Die Klägerin sollte weisungsberechtigt sein sowie ein
Einsichts- und Auskunftsrecht erhalten (§ 2 und § 3). Nach § 4 waren die
Tochtergesellschaften verpflichtet, ab 01. Januar 1997 ihren ganzen Gewinn an die
Klägerin abzuführen. Beträge aus dem Jahresüberschuss durften sie nur insoweit in
andere Gewinnrücklagen einstellen, als dieses handelsrechtlich zulässig ist, bei
vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist und die Klägerin
dem zustimmt. Freie Rücklagen, die während der Dauer des Vertrags gebildet werden,
sollten auf Verlangen der Klägerin entnommen und als Gewinn an die Klägerin abgeführt
werden. Hingegen war die Abführung von Erträgen aus der Auflösung von freien
Rücklagen, die vor dem Beginn des Vertrags gebildet wurden, ausgeschlossen (§ 4 Abs.
2 und 3). Weiterhin sollte die Klägerin analog § 302 Abs. 1 und 3 des Aktiengesetzes -
AktG - zum Ausgleich von Jahresfehlbeträgen verpflichtet sein, soweit diese nicht durch
Entnahme aus den während der Vertragsdauer gebildeten freien Rücklagen
ausgeglichen werden konnten (§ 5).
Nach § 6 Abs. 1 der Verträge stand die Wirksamkeit des jeweiligen Vertrags unter dem
Vorbehalt der Zustimmung der Gesellschafterversammlungen der Tochtergesellschaften
und sollte mit der Eintragung in das jeweilige Handelsregister wirksam werden und
rückwirkend ab 01. Januar 1997 gelten. Die Verträge sollten gemäß § 6 Abs. 2 erstmals
zum Ablauf des 31. Dezember 2001 unter Einhaltung einer sechsmonatigen
Kündigungsfrist gekündigt werden können; ohne Kündigung sollten sich die Verträge um
ein Kalenderjahr verlängern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge vom
16. Dezember 1997 Bezug genommen.
In der Folgezeit bemühte sich die Klägerin um eine verbindliche Auskunft bezüglich der
steuerlichen Wirksamkeit der von ihr angestrebten Organschaft, die aber letztlich nicht
erteilt wurde. Am 22. Dezember 1998 stimmten die Gesellschafterversammlungen der
Tochtergesellschaften dem jeweiligen Ergebnisabführungsvertrag zu, und die Eintragung
wurde zum Handelsregister angemeldet. Bezüglich der OVG kam es am 29. März 1999,
hinsichtlich der WfO am 13. April 1999 zu einer Eintragung im Handelsregister.
Am 11. Oktober 1999 schlossen die Tochtergesellschaften mit der Klägerin jeweils
notariell bestätigte Ergänzungsvereinbarungen zu den Verträgen vom 16. Dezember
1997 ab, ohne dass die jeweilige Gesellschafterversammlung zugestimmt hatte. Danach
sollte in Abänderung des § 6 eine Kündigung erstmals zum 31. Dezember 2003 möglich
sein. Die Ergänzungsvereinbarungen vom 11. Oktober 1999 wurden nicht im
Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin und die Tochtergesellschaften OVG und WfO setzten die
Ergebnisabführungsverträge erstmals im Jahr 1999 um. Der Beklagte erkannte die
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Ergebnisabführungsverträge erstmals im Jahr 1999 um. Der Beklagte erkannte die
Ergebnisabführung für die Jahre 1999 und 2000 - in beiden Jahren erzielten die
Tochtergesellschaften Gewinne - jedoch nicht an.
Für das Streitjahr 2001 erklärte die Klägerin einen Verlust in Höhe von DM 9.309,-, in
dem Aufwendungen aus einer Verlustübernahme von DM 38.848,31 enthalten war;
dieser Betrag setzte sich aus einem von der OVG in Höhe von DM 275,- sowie einem von
der WfO übernommenen Verlust von DM 38.573,- zusammen. Der Beklagte setzte mit
Bescheid vom 14. August 2003 die Körperschaftsteuer für 2001 in Höhe von € 6.379,39
fest. Dabei erhöhte er den erklärten Verlust von DM 9.309,- nach § 60 Abs. 2 Satz 1
Einkommen-steuerdurchführungsverordnung - EStDV - um den übernommenen Verlust
von DM 38.848,-. Zur Begründung führte er aus, dass der Ergebnisabführungsvertrag
steuerlich nicht anerkannt werden könne. Weiterhin stellte er die
Besteuerungsgrundlagen nach §§ 27, 28 und 38 Körperschaftsteuergesetz - KStG -
sowie die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG durch Bescheid vom selben Tage fest.
Die Klägerin legte gegen beide Bescheide fristgerecht Einspruch ein und begründete
diesen damit, dass die erst im Dezember 1998 beantragte Eintragung der
Ergebnisabführungsverträge im Handelsregister durch die verbindliche Auskunft seitens
der Oberfinanzdirektion C... verursacht worden sei. Soweit der Beklagte die
Mindestlaufzeit des Ergebnisabführungsvertrags beanstande, sei dieser Mangel durch
die Ergänzungsvereinbarungen behoben worden. Einer Eintragung der
Ergänzungsvereinbarungen im Handelsregister bedürfe es nicht. Denn weder die
Laufzeit als solche noch ihre Verlängerung seien eintragungspflichtig; die Mindestlaufzeit
sei eine rein steuerliche Voraussetzung, die nicht nach den Vorschriften des AktG
eintragungspflichtig sein könne. Zudem habe sich auch bereits aus dem
Ergebnisabführungsvertrag vom 16. Dezember 1997 eine (automatische) Verlängerung
ergeben, nämlich dann, wenn der Vertrag nicht gekündigt werde. Der Sinn der
Eintragung des Ergebnisabführungsvertrags sei, etwaigen Gläubigern deutlich zu
machen, dass die Gesellschaft über ihre Gewinne nicht frei verfügen könne. Dieser
Hinweis sei bis zu seiner Löschung im Handelsregister gültig.
Mit Einspruchsentscheidung vom 07. Dezember 2005 wies der Beklagte den Einspruch
als unbegründet zurück. Er führte aus, dass nach § 17 KStG in Verbindung mit § 14 Abs.
1 Nr. 3 KStG der Ergebnisabführungsvertrag eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren
aufweisen müsse. Die Ergebnisabführungsverträge seien erst im Jahr 1999 mit ihrer
Eintragung im Handelsregister wirksam geworden. Da die Verträge aber bereits zum 01.
Januar 1997 hätten gelten sollen, hätten sie bis zum Ende des folgenden
Wirtschaftsjahres, d. h. bis zum 31. Dezember 1998, wirksam werden müssen. Daher sei
eine Anerkennung für die Jahre 1997 und 1998 nicht möglich.
Auch könnten die Verträge nicht für das Jahr 1999 anerkannt werden. Denn im Jahr 1999
habe keine Mindestlaufzeit von fünf Jahren mehr bestanden, da die Verträge erstmals
zum 31. Dezember 2001 hätten gekündigt werden können. Es genüge nicht, dass sich
die Laufzeit der Verträge automatisch verlängere, falls sie nicht gekündigt würden. Die
Ergänzungsvereinbarungen seien steuerlich nicht anzuerkennen, da sie nicht im
Handelsregister eingetragen worden seien und die Gesellschafterversammlungen der
Tochtergesellschaften nicht zugestimmt hätten.
Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen
aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend dazu vor, dass im Handelsregister
der Abschluss, die Art des Unternehmensvertrags (Ergebnisabführungsvertrags), der
Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung des beherrschten
Unternehmens, das Vertragsabschluss- und Beschlussdatum sowie der Name der
anderen Vertragspartner einzutragen seien. Durch die Ergänzungsvereinbarungen vom
11. Oktober 1999 seien keine eintragbaren oder eintragungspflichtigen Merkmale
berührt worden, sondern es sei lediglich der erstmögliche Kündigungstermin geändert
worden.
die Bescheide über Körperschaftsteuer 2001, über die
gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG sowie
über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§
27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 und 38 Abs. 1 KStG, jeweils vom 14. August
2003, sowie die Einspruchsentscheidung vom 07. Dezember 2005
dahingehend zu ändern, dass die Verlustübernahme in Höhe von DM
38.848,- gewinnmindernd berücksichtigt wird, hilfsweise die Revision
zuzulassen.
die Klage abzuweisen.
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Entscheidend sei, ob die Ergänzungsvereinbarungen vom 11. Oktober 1999
eintragungspflichtig seien. Da Unternehmensverträge (Ergebnisabführungsverträge)
eintragungspflichtig seien, erstrecke sich die Eintragungspflicht auch auf deren
Änderung. Im Übrigen verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und die
Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Recht hat der Beklagte
die Aufwendungen aus der Verlustübernahme nicht anerkannt; denn eine steuerliche
Organschaft bestand im Streitjahr nicht.
1. Der Senat brauchte die Tochtergesellschaften nicht beizuladen. Eine notwendige
Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO ist bei einem Streit über das Bestehen einer
körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht vorzunehmen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse,
AO/FGO, § 60 FGO Tz. 74; Gräber/Stapperfend, FGO, § 60 Tz. 107). Eine Beiladung nach §
174 Abs. 5 Abgabenordnung - AO - ist hingegen zulässig, setzt aber einen Antrag der
Finanzbehörde voraus (vgl. BFH, Beschluss vom 30. Januar 1996 VIII B 20/95, BFH/NV
1996, 524; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 174 AO Tz. 54), an dem es im Streitfall fehlt.
2. Im Streitjahr bestanden keine körperschaftsteuerliche Organschaften im Sinne von §
14 Körperschaftsteuergesetz in der im Streitjahr gültigen Fassung - KStG in der Fassung
vom 23. Oktober 2000 -, weil die Ergebnisabführungsverträge nicht wirksam auf
mindestens fünf Jahre abgeschlossen worden sind, § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG vom 23.
Oktober 2000.
Der steuerlichen Anerkennung der Organschaften für 2001 steht zwar nicht entgegen,
dass die Ergebnisabführungsverträge vom 16. Dezember 1997 nicht bis zum Abschluss
des Folgejahrs 1998 wirksam geworden sind (s. nachfolgend unter Buchst. a); auch
genügt die Bezugnahme auf § 302 Abs. 3 AktG den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2
KStG (s. nachstehend unter Buchst. b). Jedoch ist das Erfordernis einer mindestens
fünfjährigen Dauer des Ergebnisabführungsvertrags gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der
Fassung vom 23. Oktober 2000 nicht erfüllt, weil die entsprechenden Regelungen vom
11. Oktober 1999 mangels Eintragung im Handelsregister weder zivil- noch
steuerrechtlich wirksam geworden sind (s. unter Buchst. c).
a) Nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000 in Verbindung mit
§ 17 Satz 1 KStG setzt die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft, bei der sich
eine GmbH verpflichtet, ihren Gewinn abzuführen, u. a. voraus, dass der
Gewinnabführungsvertrag bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, für
das die Zurechnung ihres Einkommens auf den Organträger erstmals erfolgen soll, auf
mindestens fünf Jahre abgeschlossen und bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahrs
wirksam wird.
Danach hätten die Ergebnisabführungsverträge vom 16. Dezember 1997 bis zum 31.
Dezember 1998 wirksam werden müssen; tatsächlich sind sie aber erst am 29. März
1999 bezüglich der OVG bzw. am 13. April 1999 hinsichtlich der WfO im Handelsregister
eingetragen geworden.
aa) Ein Organschaftsverhältnis zwischen einem Organträger und einer GmbH gemäß
§§ 14 bis 17 KStG setzt den Abschluss eines zivilrechtlich wirksamen
Ergebnisabführungsvertrags voraus. Wie der Bundesgerichtshof – BGH – mit Beschluss
vom 24. Oktober 1998 (Aktenzeichen II ZB 7/88, BB 1989, 95) entschieden hat, bedarf
es hierfür u. a. der notariell beurkundeten Zustimmung der Gesellschafterversammlung
der beherrschten GmbH (vgl. § 293 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 AktG) sowie der
Eintragung des Vertrages in das Handelsregister (vgl. §§ 53, 54 des Gesetzes betreffend
die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). Während die Zustimmung der
Gesellschafterversammlungen der Organgesellschaften OVG und WfO am 22. Dezember
1998 und damit noch bis zum Ende des auf den Abschluss des
Ergebnisabführungsvertrags folgenden Wirtschaftsjahrs erfolgt sind, sind die
Eintragungen in den Handelsregistern erst im Jahr 1999 zustande gekommen, so dass
die Ergebnisabführungsverträge auch erst im Jahr 1999 zivilrechtlich wirksam geworden
sind.
bb) Die Rechtsfolge eines erst nach Ablauf der in § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung
vom 23. Oktober 2000 genannten Frist wirksam gewordenen
Ergebnisabführungsvertrags ist, dass die steuerliche Organschaft ebenfalls erst zu
diesem Zeitpunkt wirksam wird. Diese Rechtsfolge entspricht der Regelung des § 14 Abs.
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diesem Zeitpunkt wirksam wird. Diese Rechtsfolge entspricht der Regelung des § 14 Abs.
1 Satz 2 KStG in der Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai
2003 (BGBl. I 2003, 660; vgl. hierzu Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 14
KStG Anm. 281).
Für den Organträger und die Organgesellschaften ergibt sich daraus die Sanktion, dass
eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ergebnisabführungsvertrags
nicht möglich ist. Hingegen führt die zivilrechtliche Wirksamkeit des
Ergebnisabführungsvertrags erst nach Ablauf des Folgejahrs nicht zu einer vollständigen
Versagung der steuerlichen Organschaft. Denn mit der Novellierung des § 14 Abs. 1 Nr.
4 KStG durch das Steueränderungsgesetz 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl. I 1992,
297), der dem § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000 entspricht,
sollte zu Gunsten der Kapitalgesellschaften die steuerliche Rückwirkung eingeführt
werden, indem es genügen sollte, dass der in einem Jahr abgeschlossene
Ergebnisabführungsvertrag bis zum Ende des Folgejahrs zivilrechtlich wirksam wird,
damit die steuerliche Wirkung zum 1.1. des Jahrs, in dem der Ergebnisabführungsvertrag
abgeschlossen worden ist, eintritt (s. Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz. 617). Der
Gesetzgeber reagierte damit auf das Problem, das sich auf Grund der ungewissen Dauer
der Bearbeitungszeit bei den Handelsregistergerichten ergab; diese konnte dazu führen,
dass der Ergebnisabführungsvertrag nicht rechtzeitig im Handelsregister eingetragen
und damit erst im Folgejahr wirksam wurde. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG in der bis zum
Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes gültigen Fassung war nämlich erforderlich,
dass der Ergebnisabführungsvertrag bereits spätestens am Ende des Wirtschaftsjahrs,
für das die steuerliche Organschaft gelten sollte, wirksam wird.
§ 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000 ist damit dahingehend zu
verstehen, dass sich das Erfordernis eines zivilrechtlich wirksamen
erstmaligen
den Beginn der steuerlichen Organschaft bezieht; d. h., die steuerliche Organschaft ist
nur dann in dem Jahr, in dem sie erstmalig durchgeführt werden soll, steuerlich
anzuerkennen, wenn sie spätestens bis zum Ende des Folgejahrs zivilrechtlich wirksam
wird. Für die Folgejahre trifft § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000
keine Regelung mit der Folge, dass steuerliche und zivilrechtliche Organschaft
zusammenfallen, mithin im Jahr der zivilrechtlichen Wirksamkeit auch die steuerliche
Wirksamkeit zu bejahen ist. Dies bedeutet für den Streitfall, dass mit dem Eintritt der
zivilrechtlichen Wirksamkeit der Ergebnisabführungsverträge im Jahr 1999 auch die
steuerliche Organschaft ab diesem Zeitpunkt - vorbehaltlich der weiteren
Voraussetzungen der §§ 14, 17 KStG - anzuerkennen ist.
b) Die Ergebnisabführungsverträge erfüllen auch die Voraussetzungen des § 17 Satz 2
Nr. 2 KStG. Denn sie nehmen ausreichend auf die Regelung des § 302 AktG Bezug. Nach
§ 302 Abs. 1 AktG in der im Streitjahr gültigen Fassung ist die beherrschende
Gesellschaft verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden
Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den
anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer
in sie eingestellt werden. Nach Abs. 3 der Vorschrift kann die beherrschte Gesellschaft -
vorbehaltlich einer Zahlungsunfähigkeit oder etwaiger Vergleichsverhandlungen der
beherrschenden Gesellschaft - auf ihren Anspruch auf Verlustübernahme erst drei Jahre
nach dem Tag, an dem die Eintragung der Vertragsbeendigung in das Handelsregister
als bekannt gemacht gilt, verzichten oder sich über ihn vergleichen.
Verpflichtet sich eine GmbH zur Gewinnabführung, so ist nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG für
die steuerliche Wirksamkeit der Organschaft erforderlich, dass eine Verlustübernahme
entsprechend § 302 AktG vereinbart wird. Der Ergebnisabführungsvertrag muss daher
eine Vereinbarung enthalten, die dem § 302 AktG entspricht (vgl. BFH, Urteile vom 22.
Februar 2006 I R 73/05, GmbHR 2006, 890; vom 29. März 2000 I R 43/99, BFH/NV 2000,
1250). Dies erfordert insbesondere auch eine Regelung nach § 302 Abs. 3 AktG. Der
Senat kann dabei offen lassen, ob § 302 Abs. 3 AktG zivilrechtlich ohnehin analog bei
beherrschten GmbH´s im Konzernverbund anzuwenden ist (so BFH in BFH/NV 2000,
1250), denn die Ergebnisabführungsverträge vom 16. Dezember 1997 verweisen
ausdrücklich auf § 302 Abs. 3 AktG.
Die Verträge enthalten zum einen weitgehend wörtlich die sich aus § 302 Abs. 1 AktG
ergebende Formulierung über die Verpflichtung zur Verlustübernahme. Zum anderen
wird auf § 302 Abs. 3 AktG Bezug genommen. Eine derartige Bezugnahme fehlte in den
vom BFH am 22. Februar 2006 (in GmbHR 2006, 890) und 29. März 2000 (in BFH/NV
2000, 1250) entschiedenen Fällen, in denen lediglich auf § 302 AktG verwiesen wurde;
aus diesem Grunde hielt der BFH die dort getroffenen Vereinbarungen für nicht den
Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG entsprechend. Demgegenüber bringt eine
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Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG entsprechend. Demgegenüber bringt eine
Bezugnahme auf § 302 Abs. 3 AktG - nicht bloß auf § 302 AktG - bei objektiver
Auslegung (vgl. hierzu FG Bremen, Urteil vom 18. Oktober 2006 3 K 87/05, StE 2007,
314 [Leitsatz]) sowohl für die Vertragspartner als auch für Gesellschaftsgläubiger
deutlich zum Ausdruck, dass der Anspruch auf Verlustübernahme nur eingeschränkt
disponibel ist. Einer wörtlichen Wiedergabe der in § 302 Abs. 3 AktG enthaltenen
Regelung bedarf es hingegen nicht.
c) Die Organschaft ist steuerlich aber für das Streitjahr nicht anzuerkennen, weil die
weitere Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000
nicht erfüllt ist, wonach der Ergebnisabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre
abgeschlossen sein muss.
aa) Die am 16. Dezember 1997 abgeschlossenen Ergebnisabführungsverträge erfüllen
die genannte Voraussetzung einer fünfjährigen Mindestdauer nicht, weil sie erst am 29.
März 1999 hinsichtlich der OVG bzw. am 13. April 1999 bezüglich der WfO wirksam
geworden sind und eine Mindestdauer nur bis zum 31. Dezember 2001 vorgesehen
haben. Die Mindestdauer beider Verträge belief sich damit auf jeweils nur drei Jahre.
Dass sich die Laufzeit der Verträge verlängern sollte, falls sie nicht bis zum 31.
Dezember 2001 gekündigt würden, führt nicht dazu, dass die Mindestdauer der Verträge
mit fünf Jahren anzusetzen ist; denn ein Abschluss des Vertrags auf unbestimmte Zeit
genügt nicht den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23.
Oktober 2000 (vgl. Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz. 636; Witt/Dötsch in
Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 14 Rz. 216).
bb) Die notariell bestätigten Ergänzungsvereinbarungen vom 11. Oktober 1999 sehen
zwar eine Mindestdauer bis zum 31. Dezember 2003 vor und entsprechen damit den
Anforderungen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000. Denn
der Zeitraum von fünf Jahren beginnt mit dem Anfang des Wirtschaftsjahrs, für das die
Rechtsfolgen des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG erstmals eintreten (vgl. Witt/Dötsch, a.a.O.,
§ 14 Rz. 216; Puch in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 Anm. 23; so auch R 60
Abs. 2 Satz 2 Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004); dies war angesichts der Wirksamkeit
der Ergebnisabführungsverträge im Jahr 1999 der 01. Januar 1999. Mithin wäre –
unterstellt, auch die Änderung eines Ergebnisabführungsvertrags kann Rückwirkung zum
Beginn des Wirtschaftsjahrs der beherrschten Gesellschaft entfalten – bei einer
Unkündbarkeit der Verträge bis zum 31. Dezember 2003 der fünfjährige Zeitraum des §
14 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Fassung vom 23. Oktober 2000 eingehalten.
Ob Änderungen von Ergebnisabführungsverträgen eine derartige Rückwirkung entfalten,
kann der Senat offen lassen, denn die genannten Ergänzungsvereinbarungen vom 11.
Oktober 1999 sind zivilrechtlich mangels Eintragung im Handelsregister nicht wirksam
geworden. Sie können daher auch steuerlich keine Wirkung entfalten. Dabei lässt der
Senat offen, ob die zivilrechtliche Unwirksamkeit zudem aus der fehlenden
ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlungen der beherrschten OVG
und WfO folgt (zum Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung vgl. § 295
Abs. 1 AktG analog in Verbindung mit §§ 53, 54 GmbHG).
Das (zivilrechtliche) Erfordernis einer Eintragung der Ergänzungsvereinbarungen im
Handelsregister ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 295 Abs. 1 Satz 2 in
Verbindung mit § 294 AktG. Danach sind Änderungen von Unternehmensverträgen, zu
denen Gewinnabführungsverträge gemäß § 291 Abs. 1 AktG gehören, im
Handelsregister einzutragen (so auch Walter, GmbHR 1995, 649; Witt/Dötsch, a.a.O., §
14 Rz. 217; aA Milatz, GmbHR 1995, 369). Die Eintragungspflicht erfasst jegliche
Änderung von Ergebnisabführungsverträgen, auch unwesentliche Änderungen (so auch
Milatz, a.a.O., 371; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 295 Rz. 3). Der Eintragung bedarf es daher -
entgegen der von Milatz (a.a.O.) vertretenen Ansicht - auch dann, wenn bereits der
ursprüngliche Ergebnisabführungsvertrag eine automatische Verlängerung vorsah. Auch
in diesem Fall wird der Vertrag dahingehend abgeändert, dass statt der Vereinbarung
einer automatischen Verlängerung, die eine Kündigung zum ursprünglichen
Mindestlaufzeitdatum des 31. Dezember 2001 eben gerade nicht ausschließt, eine
verlängerte Mindestlaufzeit vereinbart wird, bei der eine Kündigung zum bisherigen
Mindestlaufzeitdatum nicht mehr möglich ist, sondern der Vertrag nunmehr zwingend -
ohne Möglichkeit einer Kündigung - bis zum 31. Dezember 2003 läuft. Im Übrigen wäre
es nicht konsequent, zu verlangen, dass der Abschluss und das Abschlussdatum des
Ergebnisabführungsvertrags im Handelsregister einzutragen sind (so BGH, Beschluss
vom 14. Oktober 1988 II ZB 7/88, BB 1989, 95), Änderungen dieses Vertrags aber nicht
im Handelsregister auszuweisen. Denn § 295 AktG soll Umgehungen verhindern, die
vorgenommen werden könnten, wenn an die Änderung von Unternehmensverträgen
geringere Anforderungen gestellt würden als an den erstmaligen Abschluss.
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Ist danach die Verlängerung der Mindestlaufzeit der Verträge zivilrechtlich nicht wirksam
geworden, kann die Organschaft auch steuerlich nicht anerkannt werden kann. Dies
ergibt sich aus dem Grundsatz, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit des
Ergebnisabführungsvertrags ein Tatbestandsmerkmal der körperschaftsteuerlichen
Organschaft ist (vgl. Milatz, a.a.O., 371). Wird der zu Grunde liegende
Ergebnisabführungsvertrag geändert, muss diese Änderung zivilrechtlich ebenfalls
wirksam sein, damit sie steuerlich beachtet werden kann.
3. Bestand im Streitjahr keine steuerliche Organschaft, sind die von der Klägerin
übernommenen Verluste als Gesellschaftereinlagen zu behandeln, die den Gewinn daher
nicht mindern (vgl. Witt/Dötsch, a.a.O., § 14 Rz. 512) und entsprechend bei der
Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach §§ 27, 28 und 38 KStG sowie der nach § 36
Abs. 7 KStG zu erfassenden Endbestände zu berücksichtigen sind.
4. Der Senat lässt die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache zu. Auch nach der Neufassung des § 14 KStG durch das
Steuervergünstigungsabbaugesetz bleibt klärungsbedürftig, unter welchen
Voraussetzungen Änderungen von Ergebnisabführungsverträgen, die zu einer
Verlängerung der Mindestlaufzeit führen, steuerlich anerkennt werden können.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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