Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: eingliederung, vergleich, gewerbesteuer, vermietung, handelsunternehmen, sammlung, auto, kundenkreis, anteil, unselbständigkeit

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 12.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1998, 1999
Aktenzeichen:
12 K 6069/05 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 2 S 2 GewStG 1991, § 2
Abs 2 S 2 GewStG 1999
Gewerbesteuerliche Organschaft - eigene gewerbliche
Betätigung des Organträgers - untergeordnete Bedeutung -
Förderung des Organträgers durch die Organgesellschaften
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine gewerbesteuerliche Organschaft mit der
Klägerin als Organträgerin und der A GmbH sowie der LA GmbH als Organgesellschaften
vorliegt. Die Klägerin ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), die der A
GmbH sowie der LA GmbH das Anlagevermögen miet- bzw. pachtweise zur Verfügung
stellt. Außerdem erzielt sie Umsätze aus der Vermietung von Fahrzeugen.
Die Umsätze der einzelnen Gesellschaften in den Streitjahren stellen sich wie folgt dar:
Die Klägerin erklärte in ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre neben ihrem
eigenen Gewerbeertrag auch die Gewerbeerträge der A GmbH sowie der LA GmbH. Der
Beklagte nahm bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Streitjahre vor und versagte
die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft, weil es an der wirtschaftlichen
Eingliederung der A GmbH sowie der LA GmbH fehle.
Die Klägerin macht geltend, dass die wirtschaftliche Eingliederung vorliege, weil sie als
herrschendes Unternehmen eigene gewerbliche Zwecke verfolge, indem sie eine eigene
gewerbliche Tätigkeit, nämlich die Vermietung von Fahrzeugen, entfalte, die durch den
Betrieb der Organgesellschaften gefördert werde und im Rahmen des Organkreises nicht
von untergeordneter Bedeutung sei. Die Förderung ihres Unternehmens durch die A
GmbH sowie die LA GmbH bestehe darin, dass diese ihr, der Klägerin, ihren wesentlichen
Kundenkreis zuführten. Der überwiegende Teil ihrer Kunden seien nämlich solche, die ihr
eigenes Fahrzeug bei der A GmbH oder der LA GmbH zur Reparatur gegeben hätten und
für diese Zeit ein Ersatzfahrzeug mieteten.
Bei der Frage, ob die eigene gewerbliche Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sei,
könne man nicht auf einen Vergleich der Umsatzerlöse abstellen, weil sie, die Klägerin,
ein Dienstleistungsunternehmen unterhalte, während die A GmbH sowie die LA GmbH
Handelsunternehmen seien. Zutreffend sei demgegenüber ein Vergleich nach dem
Rohertrag. Es sei auch nicht ausgeschlossen, die Rohgewinne, die aus den Geschäften
zwischen den verbundenen Gesellschaften stammten, in den Vergleichsmaßstab
miteinzubeziehen. Die Rohgewinne stellten sich wie folgt dar:
die Bescheide über Gewerbesteuer und
Gewerbesteuermessbescheid für 1998 und 1999 vom 15. September 2003
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 2005 dahingehend zu
ändern, dass eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen ihr als
Organträgerin und der A GmbH sowie die LA GmbH als Organgesellschaften
anerkannt und der Besteuerung für Zwecke der Gewerbesteuer
zugrundegelegt wird.
die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, dass die eigene gewerbliche Tätigkeit der Klägerin von
untergeordneter Bedeutung sei.
Die Klägerin hat zunächst auch die Aufhebung der Bescheide über
Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2000 beantragt. Sie hat die Klage wegen
dieser Bescheide mit Schriftsatz vom 11. August 2005 zurückgenommen. Der seinerzeit
zuständige 6. Senat des Finanzgerichts Berlin hat das Verfahren wegen Gewerbesteuer
und Gewerbesteuermessbetrag 2000 durch Beschluss vom 17. August 2005 abgetrennt
und unter dem Aktenzeichen 6 K 6297/05 eingestellt.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung – FGO –). Eine gewerbesteuerliche Organschaft lag in den
Streitjahren nicht vor.
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Organschaft gemäß § 2
Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) war in den Streitjahren die
organisatorische, finanzielle und wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaften in
das Unternehmen des Organträgers (zum Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung
bis zum Veranlagungszeitraum 2002, vgl. Lenski/Steinberg, GewStG, Loseblatt-
Kommentar, § 2 Rn. 3010). Wirtschaftliche Eingliederung setzt voraus, dass der
Organträger eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der
Organgesellschaften gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von
untergeordneter Bedeutung ist. Dabei müssen beide Unternehmen nicht
notwendigerweise den gleichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen oder im gleichen
Geschäftsbereich tätig sein, aber beide Unternehmen müssen Teile einer
wirtschaftlichen Einheit sein. Das beherrschte Unternehmen muss den Zwecken des
herrschenden Unternehmens dienen, das heißt, es muss im Sinne einer eigenen
wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des herrschenden
Unternehmens fördern oder ergänzen. Das herrschende Unternehmen muss
demzufolge eigene gewerbliche Zwecke verfolgen, denen sich das beherrschte
Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann (Urteile des
Bundesfinanzhofes – BFH – vom 28. April 2004 – I R 24/03, Sammlung amtlich nicht
veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2004, 1671, unter
II.1.a) der Gründe; vom 17. September 2003 – I R 98/01, BFH/NV 2004, 808, unter II.1.
der Gründe; vom 07. August 2002 – I R 83/01, BFH/NV 2003, 345, unter II.1.a) der
Gründe). Dabei muss es wegen der geforderten wirtschaftlichen Unselbständigkeit nach
Art einer Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten. Der Betrieb
der Organgesellschaft muss wie eine Betriebsabteilung in den Betrieb des Organträgers
eingegliedert sein (FG Nürnberg, Urteil vom 25. November 2004 – IV 342/2003, juris).
Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse zu beurteilen (BFH in BFH/NV 2004, 1671 aaO.; in BFH/NV 2004, 808 aaO.;
in BFH/NV 2003, 345 aaO.). Was den Umfang der gewerblichen Tätigkeit angeht, ist
dabei vorrangig auf einen Vergleich der Umsatzerlöse abzustellen. Es können aber auch
andere Kriterien und Anhaltspunkte herangezogen werden, wie z.B. die erzielten
Gewinne oder die absolute Größenordnung der Umsätze des beherrschenden
Unternehmens (BFH in BFH/NV 2004, 1671 aaO.; in BFH/NV 2003, 345 aaO.).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse an einer wirtschaftlichen Eingliederung der A GmbH sowie die LA GmbH in
den Betrieb der Klägerin.
Allerdings ist der Klägerin zuzugeben, dass zu der Beurteilung der Bedeutsamkeit ihrer
eigenen gewerblichen Betätigung ein Vergleich der Umsatzerlöse der verbundenen
Unternehmen in diesem Fall nicht – oder jedenfalls nicht allein – herangezogen werden
kann, da die wirtschaftlichen Betätigungen der Unternehmen von ganz unterschiedlicher
Natur sind. Aber auch der von der Klägerin für zutreffend gehaltene Vergleich der
Rohgewinne führt nicht zu der Qualifizierung ihrer gewerblichen Betätigung als nicht von
untergeordneter Bedeutung. Prozentsätze von etwa 3 %, zum Teil sogar darunter, fallen
bei der Betrachtung des Gesamtergebnisses nach Überzeugung des erkennenden
Senats nicht in der Weise ins Gewicht, dass die Betätigung der Klägerin als von nicht
untergeordneter Bedeutung angesehen werden könnte.
Zudem fehlt es an der erforderlichen zweckabhängigen Unterordnung der A GmbH sowie
die LA GmbH in die eigenständige gewerbliche Tätigkeit der Klägerin. Der Vortrag der
Klägerin, dass sie ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenkreis der A GmbH sowie
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Klägerin, dass sie ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenkreis der A GmbH sowie
die LA GmbH rekrutiere, führt insoweit nicht zum Erfolg. Für die Annahme einer
gewerbesteuerlichen Organschaft müssen die Organgesellschaften den gewerblichen
Betrieb des Organträgers fördern und nicht umgekehrt der Organträger den Betrieb der
Organgesellschaften (BFH-Beschluss vom 24. Juli 1998 – I B 7/98, BFH/NV 1999, 373).
Gerade letzteres war aber nach den Verhältnissen, wie die Klägerin sie selbst – u. a. in
der mündlichen Verhandlung - schildert, der Fall. Sofern sie nämlich die Kunden der A
GmbH sowie der LA GmbH für die Zeit, während deren Fahrzeuge repariert wurden,
Autos vermietete, stellte dies einen Service der Klägerin gegenüber den Autohäusern
dar und nicht umgekehrt. Es liegt völlig fern, anzunehmen, dass ein
Autovermietungsunternehmen zwei Auto-Handelsunternehmen unterhält mit dem Ziel,
sich Vermietungskunden zu beschaffen. Vielmehr brauchen Auto-Handelsunternehmen
ihrerseits ein Vermietungsunternehmen, an das sie Reparaturkunden verweisen können.
Schließlich ist die Klägerin auch nicht als geschäftsleitende Holdinggesellschaft zu
qualifizieren, da sie nicht nach außen erkennbar eine Konzernleitungsfunktion ausgeübt
hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. September 2003 – I R 98/01, BFH/NV 2004, 808).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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