Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 22.10.1996

FG Berlin: verfassungskonforme auslegung, gutachter, sammlung, wiederbeschaffungswert, grundstück, erwerbspreis, ertragswert, belastung, steuerwert, miete

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Gericht:
FG Berlin 3. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
1996
Aktenzeichen:
3 K 3494/99
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 146 Abs 6 BewG 1997, § 146
Abs 7 BewG 1991, § 148 Abs 1 S
2 BewG 1991, § 9 BewG 1991,
Art 3 Abs 1 GG
Ermittlung des Grundstückswerts für Erbbaurechtsgrundstücke
ehemaliger Reichsheimstätten
Tatbestand
Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres am 22. Oktober 1996 verstorbenen Bruders E. Zum
Nachlass gehört das aufgrund des Erbbau-Heimstättenvertrages vom 25. Oktober 1958
an dem Grundstück F…weg in B. bestellte Erbbaurecht. (Wegen des Inhalts des
Vertrages wird auf Blatt 46 ff. der Streitakte Bezug genommen.) Das Grundstück ist 614
qm groß.
Vorliegend ist der Grundstückswert dieses Erbbaurechts streitig.
Der Beklagte erließ als Grundlage für die Erbschaftsteuerfestsetzung am 22. Juli 1999
einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 22. Oktober
1996. Darin stellte er nach den Vorschriften des § 148 Abs. 1 S. 2 Bewertungsgesetz -
BewG- einen Grundstückswert von 182.000 DM fest. Den dabei in Ansatz zu bringenden
Wert des Grundstücks berechnete er gemäß § 146 Abs. 6 BewG, wobei er für die ersten
330 m² der Fläche des Grundstücks den maßgeblichen Bodenrichtwert in Höhe von 650
DM/m² und für die restliche Fläche von 284 m² einen Betrag in Höhe von 50 DM/m²
berücksichtigte. Dies ergab nach Vornahme eines Abschlags von 20 v. H. einen
Mindestwert von 182.960,- DM. Für den nach § 148 Abs. 1 S. 1 BewG ermittelten Wert
des belasteten Grundstücks brachte er als Erbbauzins 560 DM (30,10 DM x 18,6) in
Abzug, sodass ein festzustellender Grundstückswert von 182.400 DM, abgerundet
182.000 DM verblieb.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Diesen begründete
sie damit, dass die Festsetzung der Steuer auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 BewG
verfassungswidrig sei, da der steuerliche Zugriff auf das vorhandene Vermögen mehr als
50 v. H. betrage. Der Wert des Erbbaurechtes liege im vorliegenden Fall bei ca. 70.000
DM.
Im Rahmen der im Übrigen zurückweisenden Einspruchsentscheidung änderte der
Beklagte den Grundstückswert auf 176.000 DM, da der abzuziehende Erbbauzins falsch
ermittelt worden sei. Dieser sei in Höhe von 6.718 DM (361,20 DM x 18,6) zu
berücksichtigen. Über die behauptete Verfassungswidrigkeit der bestehenden
gesetzlichen Regelungen könne er keine Entscheidung treffen; die Vermutung einer
Verfassungswidrigkeit dränge sich aber auch bei der Höhe der festgesetzten
Erbschaftsteuer, die nach Auskunft der Klägerin 20.020,- DM betrage, im Verhältnis zum
von der Klägerin geschätzten Grundstückswert von 70.000 DM nicht auf, da der
steuerliche Zugriff unter 50 v. H. des Vermögens betrage.
Im nachfolgenden Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, die
Festsetzung der Steuer auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 BewG sei verfassungswidrig.
Bei den durchweg mit kleinen Doppelhaushälften bebauten Grundstücken sei als
Mindestwert der Bodenwert zu veranschlagen, also 80 v. H. des Bodenrichtwertes.
Dieser liege bei den meisten Siedlungen bei 650 DM/m². Bei einer Parzelle in einer Größe
von z. B. 850 m² betrage somit der Bodenwert 442.000 DM, bei größeren Parzellen von
z. B. 1.200 m² sogar 624.000 DM. Der jährliche Erbbauzins betrage bei den bereits
verlängerten Erbbaurechtsverträgen für die ersten 330 m² 4 v. H. von 150 DM/m² und für
die Restfläche 1 v. H. von 50 DM/m². Bei einer Parzelle von 850 m² ergebe sich ein
jährlicher Erbbauzins von 2.240 DM und bei einer Größe von 1.200 m² ein solcher von
2.415 DM. Bei den Altverträgen betrage der jährliche Erbbauzins sogar nur ca. 350 bis
500 DM. Damit ergebe der 18,6fache Betrag bei verlängerten Verträgen ca. 41.664 DM
bis 44.919 DM, bei Altverträgen nur 5.580 DM bis 9.300 DM. Der Bodenrichtwert als
Bemessungsgrundlage werde daher bei der Ermittlung gemäß § 148 Abs. 1 BewG
kaum reduziert. Auch durch die nunmehrige Berechnungsmethode, bei der für die
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kaum reduziert. Auch durch die nunmehrige Berechnungsmethode, bei der für die
ersten 330 m² der Bodenrichtwert per 1.1.1996 und für die darüber hinausgehende
Fläche ein Betrag von 50 DM/m² zu Grunde gelegt werde, werde das grundgesetzlich
geschützte Erbrecht nicht gewährleistet. Die vom Land … als Grundstückseigentümer
vorgegebenen vertraglichen Bestimmungen sähen vor, dass der Erbbauberechtigte das
Erbbaurecht nur an sozial minderbemittelte Bevölkerungsschichten veräußern dürfe.
Dabei dürfe der Siedler das Erbbaurecht nur zum sog. Wiederbeschaffungswert
veräußern, andernfalls mache das Land … als Grundstückseigentümer von seinem
vertraglich eingeräumten Vorkaufsrecht Gebrauch. Der Wiederbeschaffungswert werde
regelmäßig mit ca. 80.000 bis 130.000 DM ermittelt. Einfachere Gebäude würden
üblicherweise mit ca. 40.000 bis 50.000 DM bewertet. Die Anwendung von § 148 BewG
habe demnach immer noch zur Folge, dass ein Enkelkind ohne weiteres eine
Erbschaftsteuer zu zahlen habe. Bei Geschwistern oder Eltern werde bereits bei
normaler durchschnittlicher Größe und Ausstattung eine Erbschaft- oder
Schenkungsteuer von mehr als der Hälfte des Wiederbeschaffungswertes erreicht und
die Steuer übersteige bei einfacheren Gebäuden teilweise den Wiederbeschaffungswert.
Bei der Auslegung gemäß Gesetzeswortlaut führe die Anwendung von § 148 Abs. 1
BewG dazu, dass kleinere Vermögen bei Steuerpflichtigen der Steuerklasse I der
Erbschaftsteuer unterworfen würden. Dies sei nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts unzulässig. Dieses habe ferner klar und eindeutig zum
Ausdruck gebracht, dass selbst bei größten Vermögen der steuerliche Zugriff bei
höchstens 50 v. H. liegen dürfe. Da bei Heimstätten, also wahrlich kleineren Vermögen,
der Zugriff meist bei mehr als 50 v. H., teilweise immer noch bei über 100 v. H. liege, sei
die Verfassungswidrigkeit offensichtlich.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat die Klägerin eine "Wertschätzung" des
Sachverständigen für bebaute und unbebaute Grundstücke Dipl.-Betriebswirt S. vom 10.
Februar 2000 eingereicht, nach der der Verkaufs-/Erwerbspreis der Erbbauheimstätte auf
der Basis des Grundstückszustands vom 22. Oktober 1996 92.000 DM (47.038, 85 €)
betragen soll. Der Gutachter wendet das Sachwertverfahren an und ermittelt danach
einen Wert des Siedlungshauses (Doppelhaushälfte) von 92.201 DM. Den Wert der
Garage setzt er mit 3.462 DM und den Wert des Schuppens mit 2.500 DM an, sodass
sich ein vorläufiger Gebäudewert von insgesamt 98.163 DM ergibt. Nach
Berücksichtigung eines Marktanpassungsfaktors von 0,98, eines Wertes für Erschließung
von 4.750 DM, eines Wertes für Aufwuchs von 225 DM sowie eines Wertes für sonstige
Außenanlagen von 1.400 DM ermittelt er nach Abzug von 10 v. H. für die Bindung als
Kleinsiedlung wegen eingeschränkter Verwertbarkeit einen Verkaufs-/Erwerbspreis von
92.317 DM, also rund 92.000 DM. Einen Bodenwertanteil des Erbbaurechtes setzte er bei
dieser Berechnung nicht an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des
Gutachtens (s. Heftung) Bezug genommen. Die Klägerin hat ferner eine ergänzende
gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen S. vom 25. April 2006 eingereicht.
In dieser errechnet er einen Bodenwertanteil von 27.000 €. Dabei legt er eine
Restlaufzeit des Erbbaurechts von 35 Jahren, einen vorläufigen Bodenwert von 115.000
€, einen vereinbarten Erbbauzins am Stichtag von 184,68 €, einen angemessenen
Zinssatz i. H. v. 5 v. H. und einen Wertfaktor von 0,3 zu Grunde. Zum Wertfaktor führt er
aus, dieser sei abhängig von der Gewichtung der vertraglichen Bindungen des
Erbbauberechtigten. Er liege üblicherweise zwischen 0,3 und 0,8 und sei umso kleiner, je
größer die Einschränkungen für den Erbbauberechtigten seien. Zum errechneten
Bodenwert führt der Gutachter aus, dieser lasse sich seiner Meinung nach wegen der
vertraglichen Bindungen im Erbbaurechtsvertrag nicht realisieren. Wegen der
Einzelheiten wird auf die genannte Stellungnahme (s. Heftung) Bezug genommen.
Damit stelle der Gutachter - so die Klägerin - in seinem Gutachten erneut fest, dass der
Bodenwert rein virtuell sei und sich vom Erbbauberechtigten in keinem Falle realisieren
lasse; demnach sei er nicht zu bewerten.
Bei der Bedarfsbewertung dürfe nur der Wert angesetzt werden, den der
Erbbauberechtigte angesichts der vertraglichen Bindungen tatsächlich erzielen könne.
Zudem müsse berücksichtigt werden, dass das Bundesverfassungsgericht bereits im
Jahr 1995 ausgeführt habe, dass für die sog. kleineren Vermögen keine Erbschaftsteuer
anfallen dürfe und dass es sich bei den Erbbaurechten der vorliegenden Art um den
sozialen Wohnungsbau der 30er Jahre handele, wobei die Ausgabe jeweils an
minderbemittelte Bevölkerungskreise erfolgt sei. Ferner vertritt die Klägerin die
Auffassung, dass eine Gleichbehandlung der Erbbauberechtigten mit den
Realeigentümern erforderlich sei, so dass die gesetzlichen Vorschriften, die letzteren
den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes ermöglichten, analog angewandt
werden müssten.
Sie trägt außerdem vor, der Bundesfinanzhof -BFH- (II R 45/01, 5. Mai 2004) habe in
zutreffender Weise entschieden, dass § 148 BewG nicht unumstößliches Gesetz sei,
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zutreffender Weise entschieden, dass § 148 BewG nicht unumstößliches Gesetz sei,
sondern verfassungsgemäß auszulegen sei. Demnach dürfe eine Überbewertung in
ausschließlicher Abhängigkeit von der Höhe des Erbbauzinses nicht erfolgen, weil § 148
BewG keine Korrekturmöglichkeit vorsehe. Das Übermaßverbot sei in
verfassungswidriger Weise verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung
extrem über das normale Maß hinausgingen, das der Schematisierung zugrunde liege.
Demnach sei eine verfassungskonforme Auslegung nach § 148 BewG dahin möglich und
auch geboten, entsprechend §§ 145, 146, 147 BewG den Nachweis des niedrigeren
gemeinen Werts zuzulassen. Vorliegend liege der typisierende Wert um ein Vielfaches
höher als der reale Wert, sodass der angegriffene Steuerbescheid rechtsfehlerhaft sei
und daher aufgehoben werden müsse.
Die Klägerin beantragt, abweichend von dem Bescheid vom 22. Juli 1999 über die
Feststellung des Grundstückswertes in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.
November 1999 den Grundstückswert zum 22. Oktober 1996 auf 92.000,00 DM
festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, eine Änderung des Feststellungsbescheids auf Grund des vorgelegten
Wertgutachtens werde abgelehnt, weil die Aussage, dass kein Bodenwertanteil für das
Erbbaurecht in Betracht komme, nicht nachvollziehbar und nicht schlüssig sei. Nach den
Wertermittlungs-Richtlinien 1991 - WertR 91- vom 11. Juni 1991 - Beispiele Nr. 2 bis 4 der
Anlage 14 - sei der Ansatz eines Bodenwertanteiles jedenfalls dann vorgesehen, wenn
der vertragliche Erbbauzins geringer als der angemessene Erbbauzins sei. Dies sei
vorliegend nach dem Vorbringen der Klägerin in der Einspruchsbegründung gegeben.
Nach Anlage 14 der WertR 91 wäre für die Differenz ein Bodenwertanteil unter Ansatz
eines Rentenbarwertfaktors - bezogen auf die Restlaufzeit des Erbbaurechts - und eines
Wertfaktors von 0,5 zu berechnen. Allerdings müsse bei der Ermittlung des
angemessenen Erbbauzinses für die ersten 330 m² von dem stichtagsbezogenen
Bodenrichtwert laut Bodenrichtwertkarte ausgegangen werden. Der vom Land …
festgelegte Bodenwert von 150 DM/m² entspreche nicht dem Wert für baureifes Land.
Dem Gericht hat die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer …
geführte Einheitswert- und Grundsteuerakte vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagte hat den Grundstückswert zum 22. Oktober 1996 zu Recht auf 176.000 DM
festgestellt. Der Wert eines Erbbaurechts ergibt sich gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG
aus dem Unterschied zwischen dem nach den §§ 146 bis 149 BewG ermittelten
Steuerwert des gesamten Grundstücks und dem 18,6fachen des jährlich im
Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden Erbbauzinses (Wert des belasteten Grund und
Bodens). Bei einem bebauten Grundstück - wie hier - richtet sich die Ermittlung des
Gesamtwertes nach §§ 146 bzw. 147 BewG (vgl. auch R 183 Abs. 1 ErbStR).
Der Beklagte hat auf der Grundlage einer üblichen Miete von 9 DM/m² und einer
Alterswertminderung von 0,5 Prozent für 43 Jahre unter Beachtung der Regelung des §
146 Abs. 2 bis 5 BewG einen Ertragswert von 104.280 DM ermittelt. Diesem hat er den
gemäß § 145 Abs. 3 BewG ermittelten Mindestwert in Höhe von 182.960 DM
gegenübergestellt. Der angesetzte Wert von 650 DM/m² entspricht dabei dem vom
Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin auf den 31.12.1995 festgestellten
Bodenrichtwert. Da dieser Mindestwert den Ertragswert übersteigt, ist er gemäß § 146
Abs. 6 BewG maßgeblich. Von diesem Wert ist gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG das
18,6fache des vereinbarten jährlichen Erbbauzinses in Höhe von 361,20 DM (30,10 DM x
12) abzuziehen. Dies ergibt nach Abrundung den festgestellten Grundstückswert von
176.000 DM.
Nach der Festsetzung dieses Betrages hat die Klägerin die "Wertschätzung" des Dipl.-
Betriebswirts S. nebst Ergänzung eingereicht. Diese kann jedoch der Festsetzung des
Grundstückswertes nicht zugrunde gelegt werden. Nur dann wäre es in
verfassungskonformer Auslegung der einschlägigen Vorschriften zulässig, abweichend
von der Regelung in § 148 Abs. 1 S. 2 BewG den Nachweis eines niedrigeren gemeinen
Wertes für das Erbbaurecht zuzulassen, wenn die Belastungsfolgen einer
schematisierenden Bewertung eines Erbbaurechts gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG
gegen das Übermaßverbot verstießen oder - anders ausgedrückt - die Folgen auch unter
Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass
nicht mehr gerechtfertigt wären (vgl. BFH-Urteil vom 29. September 2004 II R 57/02,
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nicht mehr gerechtfertigt wären (vgl. BFH-Urteil vom 29. September 2004 II R 57/02,
Bundessteuerblatt -BStBl- II 2004, 1041; BFH- Urteil vom 5. Mai 2004 II R 45/01, BStBl II
2004, 1036, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFHE- 204, 570).
Eine derartige Verletzung des Übermaßverbots hat der BFH angenommen, wenn der
ermittelte Wert mehr als das Dreifache des gemeinen Wertes ausmacht (Urteil vom 5.
Mai 2004, a.a.O.). Einen solchen oder vergleichbar großen Unterschied zwischen
Verkehrswert und festgestelltem Wert hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Dem
festgestellten Wert von 176.000 DM steht ein gemeiner Wert des Erbbaurechts von
144.800 DM gegenüber; der Unterschied beträgt weniger als ein Fünftel.
Im Streitfall setzt sich der Wert des Erbbaurechts aus dem Gebäudewert und dem
Bodenwertanteil zusammen (92.000 DM + 52.800 DM). Hinsichtlich der Ermittlung der
Ausgangsgrößen Gebäudewert und Bodenwert folgt das Gericht dem Gutachten, da es
den rechtlichen Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (WertV) und der
Wertermittlungs-Richtlinien (WertR) entspricht und inhaltlich schlüssig ist (vgl. hierzu
Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Stand 15. Dezember 2005, § 145 Rdnr. 24). Auch der
Beklagte hat die festgestellten Werte mit Recht nicht beanstandet.
Entgegen der Auffassung der Klägerin muss der Bodenwertanteil in Ansatz gebracht
werden. Der Bodenwert ist bei der Bewertung eines Erbbaurechtes dann unbeachtlich,
wenn der Erbbauberechtigte einen angemessenen Erbbauzins zahlt, der der ortsüblichen
Bodenwertverzinsung entspricht. In diesem Falle entspricht der Kapitalwert des
Erbbauzinses der Belastung des Grundstücks mit dem Erbbaurecht. Der Bodenwert wird
deshalb voll dem Erbbauverpflichteten (Grundstückseigentümer) zugerechnet. Zahlt der
Erbbauberechtigte jedoch einen geringeren Zins, so hat er einen Vorteil, der bei der
Wertermittlung des Rechts berücksichtigt werden muss (vgl. hierzu
Kleiber/Simon/Weyers, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 4. Aufl. 2002, VII Rdnr.
131 ff., 173; 5.2.1.5 WertR 76/96, Beispiel 4 zu Nr. 5.2.3.1 WertR 76/96, Anl. 14 WertR
76/96).
Vorliegend ist der gezahlte Erbbauzins geringer als der ortsübliche; dem vereinbarten
Betrag von 184,68 € (361,20 DM) steht nämlich ein angemessener Jahreszins von 5.750
€ (11.250 DM; 5 v. H. von 115.000 € bzw. 225.000 DM) gegenüber. Dies ergibt sich auch
aus den Berechnungen des Ergänzungsgutachtens. Bei der Wertermittlung ist folglich
ein Bodenwertanteil anzusetzen.
Dem steht auch nicht die Bindung durch die Erbbaurechtsvereinbarung entgegen, denn
die diesbezüglichen Einschränkungen werden durch die Höhe des Wertfaktors, der hier
vom Gutachter mit dem kleinstmöglichen Wert von 0,3 angesetzt wurde, angemessen
berücksichtigt.
Da die Klägerin keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot nachgewiesen hat, kommen
die von ihr vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zum Tragen. Mit der
Rechtsprechung des BFH, wonach zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das
Übermaßverbot bei der Bewertung eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks oder
eines Erbbaurechts gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1 bzw. 2 BewG im Wege
verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift der Nachweis eines niedrigeren
gemeinen Werts zuzulassen ist, ist dem Einwand, die Vorschrift sei wegen möglicher
Überbewertungen verfassungswidrig, der Boden entzogen. Überbewertungen, die nicht
so erheblich sind, dass sie gegen das Übermaßverbot verstoßen, sind hinzunehmen (vgl.
BFH-Urteil vom 8. Juni 2005 II R 8/03 (NV), Sammlung amtlich nicht veröffentlichter
Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2005, 2170).
Soweit sich die Klägerin - jedenfalls auf den Streitfall bezogen unsubstantiiert - darauf
beruft, die Rechtslage habe zur Folge, dass auch nahe Familienangehörige für kleinere
Vermögen Erbschaftsteuer zahlen müssten, wird dem auch durch die Regelungen des
Erbschaftsteuergesetzes wie die Steuerklasseneinteilung und die Berücksichtigung von
Freibeträgen Rechnung getragen.
Die Revision hat das Gericht nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs.
2 FGO nicht vorliegen. Zu der vorliegenden Problematik sind bereits Entscheidungen des
BFH ergangen (vgl. u.a. die oben zitierten Urteile).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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