Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 08.08.2005

FG Berlin: vorschlag, gebühr, klagebegehren, beendigung, verwaltungsakt, hauptsache, link, quelle, sammlung, verwaltungsbehörde

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Gericht:
FG Berlin 8. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1995, 1996, 1997,
1998, 2005
Aktenzeichen:
8 G 8296/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 24 BRAGebO, § 31 Nr 1
BRAGebO, § 23 BRAGebO, § 139
FGO
Erledigungsgebühr in Fällen der Teilabhilfe
Tatbestand
I. In der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2005 hat der Beklagte auf Vorschlag
des Gerichts der vorliegenden Klage zum Az.: xxx zum Teil abgeholfen. Beide Beteiligte
haben daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt und der Senat hat das
Klageverfahren eingestellt. Die Kosten des Verfahrens hat das Gericht den Beteiligten je
zur Hälfte auferlegt.
In dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Dezember 2005, auf den
wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Urkundsbeamte der
Geschäftsstelle die der Klägerin von dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 2 847,50
EUR festgesetzt. Darin enthalten ist eine von dem Klägervertreter beantragte
Erledigungsgebühr in Höhe von 1 508,00 EUR. Zur Begründung führte der Kostenbeamte
aus, das Mitwirken des Klägervertreters an der Erledigung des Rechtsstreits bestehe im
Streitfall in der Hinnahme des geänderten Verwaltungsakts für den Steuerpflichtigen
ohne Beharren auf streitiger Entscheidung.
Hiergegen hat der Beklagte und Erinnerungsführer Erinnerung eingelegt.
Er trägt vor, eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, der Prozessvertreter der
Klägerin habe diese nicht verdient. Das Finanzgericht Köln habe in seinem Beschluss
vom 15. Oktober 2001 (10 KO 3092/01) entschieden, dass eine Erledigungsgebühr gem.
§ 24 BRAGO nicht anfalle, wenn "sich das Finanzamt aufgrund eines
Verständigungsvorschlags des Gerichts zur Änderung des angefochtenen
Verwaltungsakts bereiterklärt und die Beteiligten daraufhin dem Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklären, ohne das der Prozessbevollmächtigte zuvor einen
eigenen Einigungsvorschlag unterbreitet oder feststellbar im Anschluss an den
Erledigungsvorschlag des Gerichts auf den Kläger eingewirkt hat, das ursprüngliche
Klagebegehren im Interesse einer außergerichtlichen Beendigung des Rechtsstreits nicht
unwesentlich einzuschränken".
Im Streitfall habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weder vor der Einigung einen
eigenen Vorschlag unterbreitet noch habe er nach dem Vorschlag des Gerichts in der
mündlichen Verhandlung auf die Klägerin eingewirkt. Er habe sich vielmehr lediglich mit
dem Vorschlag des Gerichts einverstanden erklärt. Diese Handlung stelle keine
besondere Leistung dar, die zur Festsetzung einer Erledigungsgebühr führen könne.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat dagegen vorgetragen, er habe in Kenntnis
des Einigungsvorschlags des Gerichts bereits vor der mündlichen Verhandlung auf die
Klägerin eingewirkt, diesen Vorschlag anzunehmen.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2006 hat der Kostenbeamte der ebenfalls von der Klägerin
eingelegten Erinnerung gegen den Beschluss vom 20. Dezember 2005 abgeholfen. Er
hat antragsgemäß den Verzinsungsausspruch des Erstattungsbetrages mit
aufgenommen. Die vorliegend streitige Erledigungsgebühr ist von der Änderung
unberührt geblieben.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 24 BRAGO erhält der mit der Prozessführung beauftragte Rechtsanwalt eine
volle Gebühr, wenn sich der Rechtsstreit durch Änderung des angefochtenen
Verwaltungsakts erledigt und der Anwalt bei der Erledigung mitgewirkt hat. Hiermit soll
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Verwaltungsakts erledigt und der Anwalt bei der Erledigung mitgewirkt hat. Hiermit soll
die zusätzliche Arbeit und Mühe des Bevollmächtigten honoriert werden, die er darauf
verwendet, ohne Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung einen belastenden
Verwaltungsakt von seinem Mandanten abzuwenden und ihm hierdurch die
Unannehmlichkeiten, Unsicherheiten, den Zeitaufwand und das Kostenrisiko zu
ersparen, die mit der Fortführung eines gerichtlichen Verfahrens verbunden sind
(Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, § 24 A). Die Gebühr fällt daher nach ständiger
Rechtsprechung der für die Kosten zuständigen Senate des Finanzgerichts Hamburg
(vgl. z.B. Beschluss vom 31.05.1988, I 30/87 VI-E, EFG 1988, S. 594) und der weitaus
überwiegenden Rechtsprechung der Finanzgerichte (vgl. die Nachweise bei Hartmann,
Kostengesetze, 33. Aufl. 2004, § 24 BRAGO Tz. 9-12) nur an, wenn der Bevollmächtigte
eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit
entfaltet, die über eine bereits mit der Prozessgebühr gemäß § 31 Nr. 1 BRAGO
abgegoltene Verfahrensförderung hinausgeht (vgl. hierzu Hartmann, a.a.O., § 24 BRAGO
Rdnr. 9 m.w.N.).
Das erforderliche besondere Mitwirken kann beispielsweise in dem Unterbreiten eines
Erledigungsvorschlags bestehen. Denkbar ist auch ein Einwirken auf eine vorgesetzte
Behörde, das die Aufhebung/Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts nach sich
zieht. Aber auch das mit einer zusätzlichen Beratungsleistung verbundene Einwirken auf
den Steuerpflichtigen dahin, das ursprüngliche Klagebegehren im Interesse der
außergerichtlichen Beendigung des Rechtsstreits nicht unwesentlich einzuschränken, ist
eine über die allgemeine Prozessführung hinausgehende Tätigkeit und damit eine
besondere Leistung, die nicht mit der allgemeinen Prozessgebühr abgegolten ist.
Nach den vorstehenden Grundsätzen fällt eine Erledigungsgebühr stets dann an, wenn
der angefochtene Verwaltungsakt von der Verwaltungsbehörde geändert wird, ohne dass
dem materiellrechtlichen Begehren des Klägers dadurch voll Genüge getan wird
(Teilabhilfe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vortrag des
Prozessbevollmächtigten gerade darauf abgezielt hat, die Verwaltung zu einer solchen
Änderung des angefochtenen Bescheids zu bewegen, und ob er dadurch die Erledigung
des Rechtsstreits gefördert hat oder ob er aufgrund eines Vorschlags der Behörde oder
des Gerichts einer solchen Erledigung lediglich zugestimmt hat. Denn § 24 BRAGO will
den notwendigen Ausgleich dafür schaffen, das sich Rechtsbehelfe gegen
Verwaltungsakte in der Regel nicht durch Abschluss eines Vergleichsvertrages erledigen
lassen und daher eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO in Anfechtungssachen
regelmäßig nicht verdient werden kann.
Deshalb gilt in Fällen der Teilabhilfe wie dem Streitfall folgendes: wie die Zubilligung einer
Vergleichsgebühr lediglich eine Erledigung des Rechtsstreits durch gegenseitiges
Nachgeben voraussetzt, kann der Anspruch auf eine Erledigungsgebühr nicht von
weiteren Anforderungen an die Zielrichtung der Tätigkeit des
Prozessbevollmächtigten abhängig gemacht werden, wenn in einer Anfechtungssache
die Beteiligten nachgeben, die Behörde dem Klagebegehren durch Änderung ihres
Verwaltungsakts entgegenkommt und der Kläger dafür von seinem weitergehenden
Begehren Abstand nimmt (vgl. Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 31. Mai 1988, I
30/87, Entscheidungen der Finanzgerichte 1988, 594.; so sinngemäß auch Finanzgericht
Köln, Beschluss vom 1. Juni 2005, 10 KO 707/05, unveröffentlicht).
Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in diesem Sinne bei der
materiellen Erledigung mitgewirkt. Seine Tätigkeiten hielten sich damit nicht im Rahmen
des bereits durch die Prozessgebühr Abgegoltenen.
Die Erinnerung hat nach allem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Entscheidung über die
Erinnerung ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG)
eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung
beschränkt sich demgemäss auf die Auslagen des Gerichts und der außergerichtlichen
Kosten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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