Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: neues gebäude, bisherige nutzung, auflösung der gesellschaft, herstellungskosten, halle, einbau, grundstück, fluss, ddr, bauwerk

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1997, 1998, 1999,
2000
Aktenzeichen:
1 K 5300/05 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 FöGbG, § 4 Abs 2 S 1
Nr 3b FöGbG, § 4 Abs 2 S 2
FöGbG, § 255 Abs 2 HGB, § 7
Abs 4 S 2 Nr 2b EStG 1997
Fördergebietsgesetz: Herstellung eines anderen (neuen)
Wirtschaftguts
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Das zwischen A-Straße und Fluss B gelegene 1052 m² große Flurstück 26 der Flur 40504
in der Gemarkung M, postalisch A-Straße …, grenzt westlich an die A-Straße und
nördlich an die auf den Fluss B führende C-Straße. Das Grundstück wurde nach 1837
grenzständig an der Ecke C-Straße/A-Straße mit einem eingeschossigen Haus
(Grundfläche ca. 12,6 m x 8,8 m) bebaut, das ursprünglich zu Wohnzwecken genutzt
wurde. Das Haus wurde nach 1885 um einen zweigeschossigen Seitenflügel
grenzständig zur A-Straße (Grundfläche ca. 9,5 m x 5,7 m) sowie ein daran
anschließendes Quergebäude (Grundfläche ca. 12 m x 4,2 m) erweitert. Während der
Seitenflügel gleichfalls Wohnzwecken dienen sollte, enthielt das Quergebäude Ställe,
einen Bodenraum und eine Kammer. Der rückwärtig zum Fluss B hin gelegene
Grundstücksteil wurde 1904/06 mit drei- und viergeschossigen Gewerbebauten bebaut.
Dabei handelte es sich um einen … auf der südöstlichen Grundstücksgrenze in
Verlängerung des Quergebäudes errichteten dreigeschossigen verklinkerten
Fabrikgrundbau mit einer unregelmäßigen Grundfläche von ca. 27 m x 9,5 m sowie einen
orthogonal dem Grundbau vorgesetzten, in zwei Schritten errichteten viergeschossigen
Vorbau auf einer Grundfläche von ca. 4,6 m x 9,9 m, der neben dem Treppenhaus des
Grundbaus im Erdgeschoß eine Futterkammer und in den Obergeschossen Kammern
und Trockenräume enthielt, gleichfalls mit Verblendmauerwerk ausgeführt. Zum Fluss B
hin wurde damals auf einer Fläche von 3,75 m x 10,5 m ein eingeschossiges Kesselhaus
mit einem 22,5 m hohen Schornstein angebaut. Während der DDR gelangte das in
Volkseigentum überführte Grundstück in die Rechtsträgerschaft des VEB X, der es wohl
mindestens seit 1970 vollständig für betriebliche Zwecke nutzte. Das ursprüngliche
Wohnhaus, Seitenflügel und Quergebäude dienten seitdem als Betriebsbüros nebst
Sozialräumen, während das Fabrikgebäude mit seinen Anbauten vorwiegend als
Werkstatt und Montagehalle, in einem kleineren Teil auch für Büros genutzt wurde. Im 1.
Obergeschoss des Vorbaus befand sich nun ein Waschraum. Der VEB erweiterte das
Kesselhaus in den siebziger Jahren um einen bis zur Spree reichenden eingeschossigen
Gussschuppen mit unregelmäßiger Grundfläche (ca. 14 m x 5 m) und setzte
nordwestlich an Grundbau und Vorbau eine verblechte eingeschossige Halle an
(Grundfläche ca. 13,4 m x 9,3 m).
Die Präsidentin der Treuhandanstalt ordnete das Grundstück 1992 auf der Grundlage
des Treuhandgesetzes der aus dem VEB X hervorgegangenen Y-GmbH, einer
Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt, zu, deren Geschäftszweck die Herstellung und
der Vertrieb von Kabeln, Leitungen und ähnlichen Erzeugnissen war. Die
Gesellschafterversammlung beschloss 1993 die Änderung der Firmierung in Z-GmbH,
die Änderung des Geschäftszwecks hin zur Verwaltung und Verwertung eigenen
Vermögens sowie die Auflösung der Gesellschaft. Die inzwischen unter Denkmalschutz
gestellten Gebäude auf dem Grundstück standen dann leer.
Die Anfang 1994 errichtete Klägerin erwarb Ende März 1994 im Wege eines
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Die Anfang 1994 errichtete Klägerin erwarb Ende März 1994 im Wege eines
Investitionsvorrangverfahrens das Grundstück A-Straße … zu einem Kaufpreis von
1.550.000 DM von der Z-GmbH i. L.. Die Klägerin verpflichtete sich dabei gegenüber der
Treuhandanstalt zur Sanierung und Modernisierung der aufstehenden Gebäude, wobei
das vordere Bürogebäude in Wohnraum und das ehemalige Fabrikgebäude zu Atelier-
Büro- und Dienstleistungsflächen umgewandelt und sodann vermietet werden sollten.
Nach umfangreichen Vorarbeiten erhielt die Klägerin im Januar 1998 eine am 12. Januar
1999 um einen 1. Nachtrag ergänzte Baugenehmigung für die „Sanierung der
bestehenden Wohn- und Gewerbeanlage“. Nach der Baugenehmigung sollte die
vorhandene Bausubstanz im Wesentlichen erhalten werden. Die zur A-Straße hin
gelegenen Gebäude sollten dergestalt zu Wohnzwecken hergerichtet werden, dass dort
unter Ausbau eines Teils des Dachgeschosses des Seitenflügels eine Wohneinheit mit
sechs Schlafräumen, weiteren Nutzräumen und Betreuerzimmer für eine
Jugendwohngruppe sowie eine Einzimmerwohnung im Erdgeschoss des Quergebäudes
entstehen sollten, wobei die vorgefundene Substanz weitgehend erhalten und saniert,
die haustechnischen Installationen erneuert und Sanitäranlagen und Küchen eingebaut
werden sollten. Die in ihrer inneren Struktur weitgehend erhalten bleibende Halle und der
Eingangsbereich im Erdgeschoss des Grundgebäudes, das in allen Geschossen größere
Fensterflächen in der Brandwand zum südöstlichen Nachbargrundstück erhalten sollte,
sollte für Künstlerwerkstätten und kulturelle Nutzung verwendet werden. In den beiden
Obergeschossen des Grundgebäudes sollten den Grundflächen der Etagen
entsprechende große Büros entstehen, während der Vorbau in jeder Etage einen
Aufenthaltsraum sowie neue Toilettenanlagen erhalten sollte. Die Außenhaut der
vorgelagerten verblechten Halle sollte durch eine großzügige Verglasung ersetzt und die
Fläche gleichfalls für Künstlerwerkstätten und kulturelle Nutzung verwendet werden. Der
Anbau zum Fluss B (Gussschuppen/Kesselhaus) sollte zu einem Cafe nebst
Nebenräumen (Küche) umgebaut werden, auf dessen Dach eine über eine Außentreppe
erreichbare Terrasse entstehen sollte. Der 1. Nachtrag sah dann vor, dass die
Cafefläche zulasten der Halle im Erdgeschoss des Grundgebäudes deutlich erweitert
werden sollte. Die Halle im Grundgebäude sollte nunmehr als Küche und Anrichte dienen
sowie größere Sanitäranlagen aufnehmen, die auch eine Nutzung der vorgelagerten
Halle, die jetzt dem Cafe zugeordnet wurde, als Veranstaltungsraum ermöglichten.
Zudem sollte im Grundbau ein weiteres Treppenhaus eingebaut werden, um 1.
Obergeschoss und Dachterrasse erreichen zu können. Dementsprechend verringerte
sich die Bürofläche im 1. Obergeschoss, in dem auch eine Anrichte zur Versorgung der
Dachterrasse vorgesehen war. Im 2. Obergeschoss war nunmehr ein das gesamte
Geschoss einnehmender Fitness- und Gymnastikbereich vorgesehen, für den im Vorbau
entsprechend erweiterte Umkleide- und Duschgelegenheiten vorgesehen wurden. Auch
die anderen Etagen des Vorbaus sollten geändert werden. Wegen der Einzelheiten wird
Bezug auf die beigezogenen Bauakten des Amtes O … genommen.
Die Klägerin führte die mit erheblichen öffentlichen Zuschüssen geförderten
Baumaßnahmen ab 1998 durch, die hinsichtlich der Wohnanlage und der
Gewerbenutzung im ersten und zweiten Obergeschoss des Grundgebäudes im Februar
2000 bauaufsichtlich abgenommen wurden. Dabei änderte die Klägerin im Zuge der
Baumaßnahmen die Grundrisse der beiden Wohnungen; es entstanden aus Gründen der
besseren Vermietbarkeit eine 6-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss/1. Obergeschoss und
eine 4-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss/Dachgeschoss. Ein Ausbau für eine
Fitnessnutzung unterblieb ebenfalls. Die Schlussabnahme erfolgte Anfang 2002. Die
Klägerin investierte bis zum Jahr 2000 3.503.307,64 DM für die Baumaßnahmen, von
denen 1.629.114,96 DM durch Fördermittel gedeckt wurden. Die Klägerin begann 2001
mit der Vermietung der einzelnen Flächen, wobei im 1. Obergeschoss des
Grundgebäudes eine Künstlerwerkstatt und Seminarräume und im 2. Obergeschoss
sowie dem Dachgeschoss des Vorbaus („Philosophenturm“) ein Dentallabor entstehen
sollten. Die Cafeflächen im Erdgeschoss wurden an einen Gastronomen vermietet.
Der Beklagte stellte die Einkünfte aus der Tätigkeit der Gesellschaft erklärungsgemäß
jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einheitlich und gesondert für 1997 in Höhe
von ./.200.591,93 DM, für 1998 in Höhe von ./.599.938,03 DM, für 1999 in Höhe von
./.242.654,83 DM und für das Jahr 2000 in Höhe von ./.235.911 DM fest. Dabei
berücksichtigte er antragsgemäß Abschreibungen nach dem Gesetz über
Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet - Fördergebietsgesetz -
FördG- in Höhe von 40 % der Teilherstellungskosten sowie die Restwertabschreibung
nach § 4 Abs. 3 FördG Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im
Fördergebiet - Fördergebietsgesetz -FördG-, wegen deren Berechnung auf den Inhalt der
Feststellungsakte Bezug genommen wird.
Der Beklagte führte für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer kam zu
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Der Beklagte führte für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer kam zu
dem Schluss, dass es sich bei den Kosten der Gesamtbaumaßnahme nicht um
nachträgliche Herstellungskosten, sondern um geringer begünstigte Kosten der
Herstellung eines anderen Wirtschaftsgutes gehandelt habe. Das bisher vorhandene
Wirtschaftsgut sei in seinem Wesen geändert und so tiefgreifend umgestaltet bzw. in
einem Ausmaß erweitert worden, dass die neu eingefügten Teile der Gesamtsache ihr
Gepräge gegeben hätten. Verwendete Altteile seien nur von untergeordneter
Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führe bereits die Funktions-
und Nutzungsänderung einer vorhandenen baulichen Anlage zur Herstellung eines
neuen Wirtschaftsguts, ohne dass es sich dabei bautechnisch um einen Neubau handeln
müsse. Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und stellte
unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Änderungsbescheiden vom 15.
November 2002 die Einkünfte aus der Tätigkeit der Gesellschaft für das Jahr 1997 in
Höhe von ./.158.179 DM, für das Jahr 1998 in Höhe von ./.400.206 DM, für das Jahr 1999
in Höhe von ./.213.075 DM und für das Jahr 2000 in Höhe von ./.210.744 DM fest.
Die Klägerin legte gegen sämtliche Änderungsbescheide am 23. Januar 2003 Einspruch
ein. Die Einsprüche seien zulässig. Sie habe die Feststellungsbescheide erst am 13.
Januar 2003 erhalten. In der Sache seien erhöhte Abschreibungen zu gewähren. Die
baulichen Maßnahmen führten zu nachträglichen Herstellungskosten. Sie habe
ausschließlich die bestehende Substanz saniert. Die Gebäude würden lediglich anders
als zuvor genutzt, wodurch kein anderes Gebäude entstehe. Im Verlauf des
Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte auf Antrag der Klägerin im Hinblick auf
Sondereinnahmen des Gesellschafters D die Feststellungsbescheide für die Jahre 1999
und 2000 am 13. Juli 2004 dahingehend, dass nunmehr Verluste in Höhe von
./.184.580,63 DM bzw. ./.180.501,12 DM festgestellt wurden.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2005 als
unbegründet zurück. Eine Abschreibung in Höhe von 40% sei nur dann möglich, wenn
abnutzbare unbewegliche Wirtschaftsgüter modernisiert oder daran nachträgliche
Herstellungsmaßnahmen durchgeführt würden. Anderes gelte, wenn die Maßnahmen zur
Anschaffung oder Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts geführt hätten. Auch die
begehrte Restwertabschreibung nach § 4 Abs. 3 FördG komme nur bei Aufwand für
nachträgliche Herstellungsarbeiten bzw. Modernisierungsaufwand in Betracht.
Nachträgliche Herstellungsarbeiten lägen nur dann vor, wenn aufgrund der Arbeiten kein
neues oder anderes Wirtschaftsgut entstehe. Letzteres sei der Fall, wenn das bisherige
Wirtschaftsgut in seinem Wesen geändert und so tief greifend umgestaltet oder in einem
Ausmaß erweitert werde, dass die eingefügten Bauteile dem gesamten Bauwerk ihr
Gepräge gäben. Ein anderes Gebäude liege hingegen vor, wenn das Bauwerk aufgrund
der Baumaßnahmen in seinem Wesen bzw. seiner Funktion geändert und umgestaltet
werde und für eine andere als die bisherige Nutzung verwendet werde. In diesem Fall
liege ein neuer Vermögensgegenstand vor, der nach § 255 Abs. 2 S. 1
Handelsgesetzbuch -HGB- zu behandeln sei und dessen Kosten Herstellungskosten
seien. Vorliegend sei ein Bürogebäude in Wohnungen und ein Fabrikgebäude in ein
Geschäftsgebäude umgebaut worden. Der bauliche Aufwand dafür sei so erheblich, dass
er den Wert der Altbausubstanz um ein Mehrfaches übersteige.
Die Klägerin hat am 28. Juli 2005 Klage erhoben. Sie macht geltend, sie habe einen
Anspruch auf einen Abschreibungssatz von 40% nach § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b, Abs. 3
FördG. Zudem seien die auf das Altgebäude entfallenden Anschaffungskosten linear
nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b Einkommensteuergesetz -EStG- abzuschreiben. Die von
ihr durchgeführten Maßnahmen seien Modernisierungsmaßnahmen bzw. nachträgliche
Herstellungsarbeiten. Zwar treffe zu, dass die Kosten der Baumaßnahmen
Herstellungskosten im Sinne des § 255 Abs. 2 HGB seien, doch handele es sich nicht um
solche Kosten, die bei der Herstellung eines neuen Vermögensgegenstandes angefallen
seien. Vielmehr handele es sich um Kosten, die im Zusammenhang mit der
wesentlichen Verbesserung des Vermögensgegenstandes gegenüber dem
ursprünglichen Zustand gestanden hätten. Insoweit könne auf die Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs zu § 10e EStG und § 7 Abs. 5 EStG zurückgegriffen werden. Durch
Baumaßnahmen werde aus einem alten Gebäude nur dann ein neues Gebäude, wenn
der Altbestand voll verschlissen gewesen und ersetzt worden sei. Das sei bei schweren
Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit und Nutzungsdauer bestimmenden Teilen
der Fall. Zudem müssten die neuen Bauteile dem Gebäude sein bautechnisches
Gepräge geben. Vorliegend seien das Fundament, tragende Wände, Decken und
Dachkonstruktion im Wesentlichen unberührt geblieben. Die Bauunterlagen belegten,
dass der vorhandene Bestand saniert und restauriert worden sei, wofür nicht zuletzt die
denkmalrechtlichen Bindungen ursächlich gewesen seien. Ziel des Denkmalamtes sei
der Substanzerhalt gewesen. Zudem sei der Zustand nicht derart schlecht gewesen,
dass eine Totalrevision erforderlich gewesen wäre. Soweit der Beklagte annehme, es sei
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dass eine Totalrevision erforderlich gewesen wäre. Soweit der Beklagte annehme, es sei
ein anderes Wirtschaftsgut wegen der Funktions-/Wesensänderung des Gebäudes
entstanden, könne nicht übersehen werden, dass die Unterscheidung von neuem und
anderem Wirtschaftsgut in § 255 Abs. 2 HGB keine Stütze finde. Entweder stelle man ein
neues Wirtschaftsgut her oder ein vorhandenes werde erweitert bzw. verbessert. In
diesem Zusammenhang müssten für die Schaffung eines anderen Wirtschaftsguts
dieselben Kriterien wie für die Herstellung eines neuen Wirtschaftsgutes gelten. Das
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. November 2004 (Az. IX R 59/03 HFR 2005, 638)
betreffe einen anders gelagerten Sachverhalt. Jedenfalls lasse sich der Entscheidung
nicht entnehmen, dass allein die Änderung der Zweckbestimmung eines Gebäudes für
die Bejahung eines Neubaus ausreiche. Überhaupt sei die Annahme des Beklagten
unzutreffend, dass aus einem ehemaligen Bürogebäude ein Wohngebäude und aus
einem Fabrikgebäude ein Geschäftsgebäude geworden sei. Das Gebäude an der A-
Straße sei von jeher ein Wohnhaus gewesen, das lediglich vorübergehend zur
Büronutzung zweckentfremdet worden sei. Damit habe sich das Wesen des Gebäudes
nicht geändert. Im Übrigen habe es bei Erwerb leer gestanden. Nach Abschluss der
Baumaßnahmen sei eine Zweckänderung nicht eingetreten. Die Umnutzung zu Zeiten
der DDR habe ohne wesentliche Umbaumaßnahmen stattgefunden. Insofern liege darin
keine Zweckänderung im Sinne von § 255 HGB. Gebäude und Wohnnutzung desselben
genössen zudem Bestandsschutz; es komme nicht darauf an, dass sich die baulichen
Anforderungen an Wohnraum geändert hätten. Dies folge aus § 43 Abs. 2 VwVfG bzw.
Art. 19 Einigungsvertrag. Auch die Bauaufsichtsbehörde sei davon ausgegangen, dass
eine bestehende Wohnanlage habe saniert werden sollen, so dass es einer
Baugenehmigung nicht für die Wohnnutzung, sondern nur für die
Sanierungsmaßnahmen bedurft habe. Das ehemalige Fabrikgebäude weise ebenfalls
keine geänderte Zweckbestimmung nach dem Umbau auf. Die Nutzung zu gewerblichen
Zwecken sei beibehalten worden. Steuerlich komme es nicht auf die Art des konkreten
Gewerbebetriebes an. Letztlich sei die Nutzung gewerblich, wenn sie nicht Wohnzwecken
diene. Das bestätige auch die Baugenehmigung. Der Sanierungsaufwand übersteige
nicht bei weitem den Wert der Altbausubstanz. Typische Erhaltungsaufwendungen hätten
dafür außer Betracht zu bleiben. Nur solche Maßnahmen, die die vorhandene
Bausubstanz tiefgreifend umgestalteten, dürften berücksichtigt werden. Solche seien
vorliegend jedoch nicht vorgenommen worden. Im Übrigen ergebe sich aus § 3 FördG,
dass die Begünstigung von Modernisierung und Instandsetzung nicht von der Intensität
der konkreten Baumaßnahme abhänge. Träfe die Ansicht des Beklagten zu, führe jede
höherwertige Instandsetzungsmaßnahme stets nur zu einer eingeschränkten
Abschreibungsmöglichkeit. Das stehe mit dem gesetzgeberischen Ziel nicht in Einklang.
Auch sei die Ansicht des Beklagten, es liege ein Neubau vor, nicht nachvollziehbar. Ein
bautechnisch neues Gebäude sei nicht entstanden. Die statisch bedeutsame Substanz
sei beibehalten worden. Der Sachverhalt des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 19.
August 2008 (Az. IX R 65/07 BFH/NV 2009, 552) sei anders gelagert. Anders als dort
fehle es vorliegend an einer Zweckänderung. Hier seien historisch ein Wohn- und ein
Gewerbehaus vorhanden gewesen, was im Prinzip bis heute der Fall sei. Auch seien die
historischen Grundrisse im Wesentlichen erhalten geblieben und Teil- oder
Wohneigentum nicht gebildet worden.
Die Klägerin beantragt, die Änderungsbescheide über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1997 bis 2000 vom 15. November 2002 und
13. Juli 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2005
dahingehend abzuändern, dass die Verluste aus Vermietung und Verpachtung 1997 auf
./. 181.408 DM, 1998 auf ./. 583.625 DM, 1999 auf ./. 195.482 DM und 2000 auf ./.
191.402 DM festgestellt werden, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im
Vorverfahren für notwendig zu erklären, sowie hilfsweise, die Revision zum
Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zum
Bundesfinanzhof zuzulassen.
Die Klägerin könne keine erhöhte Fördergebiets-AfA abziehen. Die Umgestaltung für
eine andere als die bisherige Nutzung führe zu einem neuen Vermögensgegenstand im
Sinne des § 255 Abs. 2 S. 1 HGB. Deshalb seien die dafür aufgewendeten Kosten
Herstellungskosten. Maßgeblich sei die Änderung der Zweckbestimmung der Baulichkeit.
Es sei unerheblich, dass das Vorderhaus ursprünglich als Wohnhaus errichtet und die
Fabrik gewerblich genutzt worden sei. Entscheidend sei, dass durch die
Umbaumaßnahmen aus den Betriebsbüros Wohnungen entstanden und die Fabrikhallen
zu einem Dentallabor, Künstlerwerkstätten und einer Gaststätte umgebaut worden
seien. Nach Aktenlage seien ursprünglich 10 Gewerbeeinheiten vorhanden gewesen.
Nunmehr gebe es fünf Wohneinheiten, vier Gewerbeeinheiten und eine
Künstlerwerkstatt. Die eingefügten Bauteile gäben der Gesamtheit das Gepräge. Dafür
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Künstlerwerkstatt. Die eingefügten Bauteile gäben der Gesamtheit das Gepräge. Dafür
sei nicht entscheidend, ob ein bautechnisch neues Gebäude entstanden sei, wenn auch
davon auszugehen sei. Auch wenn die ursprünglichen Gebäude nicht voll verschlissen
gewesen seien, seien die neu eingefügten Teile derart wesentlich, dass sie dem
gesamten Bauwerk das Gepräge gäben. Sie überstiegen bei weitem den Wert der
Altbausubstanz. Zu erwägen sei allenfalls, ob nicht sämtliche Maßnahmen zu
nachträglichen Anschaffungskosten geführt hätten. Auch dies sei der Klägerin nicht
günstig. Das Urteil des Bundesfinanzhofs in der Sache IX R 65/07 bestätige die
Auffassung des Beklagten. Entscheidend sei, dass das Gebäude vor dem Umbau zu
anderen Zwecken genutzt worden sei. Herstellungskosten lägen nicht nur dann vor,
wenn eine bautechnische Neuherstellung des Wirtschaftsguts erfolgt sei, sondern auch
dann, wenn ein anderes, bislang nicht vorhandenes Wirtschaftsgut geschaffen werde.
Dem Senat haben bei seiner Entscheidung neben den von der Klägerin vorgelegten
Unterlagen (1 Ordner, 1 Heftung) vier Band Akten des Beklagten (F I, Bilanzen, BP, BP-
Arbeitsbogen) sowie zwei Band Bauakten des Bezirksamts O von … zur
Baugenehmigung … vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Änderungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 1997 bis 2000 vom 15. November 2002 und 13. Juli 2004 sind
nicht abzuändern, denn sie sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-. Zu Recht hat der Beklagte die von
der Klägerin begehrte erhöhte Sonderabschreibung sowie die Abschreibung nach § 7
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG nicht gewährt, denn deren Voraussetzungen lagen nicht vor.
Die Voraussetzungen einer Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b, Satz 3, §
3 Satz 1 FördG liegen nicht vor. Nach § 3 Satz 1 FördG sind sowohl die Anschaffung und
die Herstellung von (1. Alternative) wie auch Modernisierungsmaßnahmen und andere
nachträgliche Herstellungskosten an (2. Alternative) abnutzbaren unbeweglichen
Wirtschaftsgütern begünstigt. Der Umfang der Begünstigung bestimmt sich sodann
nach § 4 FördG, der keinen selbstständigen Begünstigungstatbestand, sondern (nur) die
Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen regelt (vgl. BFH, Urteile vom 14.
Januar 2004 IX R 33/03, BStBl. II 2004, 750; vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BStBl II 2002,
758; vom 12. Dezember 2005 IX R 37/04, BFH/NV 2006, 1067). Danach beträgt die
Sonderabschreibung bei Investitionen, die nach dem 31. Dezember 1998 abgeschlossen
werden, bis zu 40 v.H., soweit nach dem 31. Dezember 1996 und vor dem 1. Januar
1999 Teilherstellungskosten entstanden sind, sofern es sich dabei um
Modernisierungsmaßnahmen oder andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an
unbeweglichen Wirtschaftsgütern gehandelt hat, während bei Anschaffung oder
Herstellung von Wohnzwecken dienenden Wirtschaftsgütern nur bis zu 25 v.H. bzw.
ansonsten 20 v.H. in Anspruch genommen werden konnten, § 4 Abs. 2 Satz 2 FördG.
Die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen, deren Teilherstellungskosten zwischen
den Beteiligten nicht umstritten sind, haben nicht zu Modernisierungs- oder anderen
nachträglichen Herstellungskosten geführt. Die Kosten sind vielmehr insgesamt als
Herstellungskosten zu bewerten.
1. Nach dem für das Fördergebietsgesetz ebenso wie für das Eigenheimzulagengesetz
geltenden Begriff der Herstellung in § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (vgl. BFH-
Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 IX B 9/06, BFH/NV 2007, 447; vom 23. Mai 2007 IX B
1/07, BFH/NV 2007, 2085) bedeutet Herstellen eines Wirtschaftsguts das Schaffen eines
neuen, bisher nicht vorhandenen Wirtschaftsguts. Ein neues Wirtschaftsgut wird nicht nur
dann hergestellt, wenn ein bisher noch nicht vorhandenes Wirtschaftsgut geschaffen
oder ein bereits vorhandenes, jedoch zerstörtes oder unbrauchbar gewordenes
Wirtschaftsgut wiederhergestellt wird, sondern auch dann, wenn ein vorhandenes
Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen
verändert wird (vgl. BFH, Urteile vom 23. November 2004 IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543
m. w. N.; vom 19. August 2008 IX R 65/07 BFH/NV 2009, 552; vom 4. März 1998 X R
151/94, BFH/NV 1998, 1086). Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Entscheidung
des Bundesfinanzhofs vom 31. März 1992 (IX R 175/87, BStBl. II 1992, 808) die Ansicht
vertritt, diese „Fallgruppe“ komme nur dann in Betracht, wenn das Gebäude als solches
bautechnisch neu sei, teilt der erkennende Senat diese Auffassung nicht. Der
Bundesfinanzhof hat in der letztgenannten, zu § 7 Abs. 5 EStG ergangenen
Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die einkommensteuerrechtliche
Vorschrift nach Sinn und Zweck nur dann Anwendung finde, wenn das Gebäude
bautechnisch neu sei. Dass Herstellungskosten im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB
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bautechnisch neu sei. Dass Herstellungskosten im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB
auch dann gegeben sein könnten, wenn ein anderes, jedoch nicht bautechnisch neues
Wirtschaftsgut entstehe, sei für die Anwendung von § 7 Abs. 5 EStG unerheblich, da der
Wortlaut der Vorschrift (nur) an der Herstellung eines Gebäudes anknüpfe. Eine
Beschränkung auf die Herstellung eines Gebäudes enthält das Fördergebietsgesetz
nicht, sondern knüpft darüber hinausgehend daran an, ob ein abnutzbares
unbewegliches Wirtschaftsgut hergestellt worden ist. Ein solches kann aber auch dann
hergestellt werden, wenn durch Baumaßnahmen, die bezogen auf das Bauwerk noch
nicht zu dessen Neuherstellung führen, ein anderes, bislang nicht vorhandenes
Wirtschaftsgut entsteht.
Nicht anders liegt es, soweit die Kläger die unterschiedliche Auslegung der Vorschriften
des Investitionszulagengesetzes bzw. des § 7i EStG problematisieren. Auch das
Investitionszulagengesetz 1999 knüpft – gerade abweichend vom Gesetzeswortlaut des
§ 3 Satz 1 FördG – wiederum daran an, ob ein neues Gebäude hergestellt bzw.
angeschafft oder an einem vor dem 1. Januar 1991 fertiggestellten Gebäude
nachträgliche Herstellungs- oder Erhaltungsarbeiten durchgeführt wurden (vgl. dazu BFH
Urteil vom 24. Januar 2008 III R 9/05, BStBl. II 2008, 688). Insofern ergibt sich aus der
Auslegung der schon nach ihrem Wortlaut abweichenden Vorschriften zur
Investitionszulage kein Argument für die Ansicht der Klägerin. Nicht anders liegt es,
soweit die Klägerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. Juni 2009 (Az. X R 8/08,
BStBl. II 2009, 960) hinweist, das sich mit der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des
Eigenheimzulagenrechts einerseits und § 7i EStG andererseits befasst.
2. Liegt die Herstellung eines (neuen) Wirtschaftsguts auch dann vor, wenn ein
vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw.
seinem Wesen verändert wird (Funktions-/Wesensänderung), so ist das bei einem
vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch bauliche
Maßnahmen dessen Funktion/Nutzung, d.h. die Zweckbestimmung ändert. Nicht
erforderlich ist, dass sich durch den Umbau die Nutzungsfunktion des ganzen Gebäudes
verändert; es genügt die Änderung der Nutzungsfunktion eines Gebäudeteils (vgl. BFH,
Urteile vom 23. November 2004 IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543; vom 16. Januar 2007 IX R
39/05 BStBl. II 2007, 922). Ob in diesem Sinne eine Änderung der Zweckbestimmung
und damit die Herstellung eines neuen Wirtschaftsgutes gegeben ist, kann nicht anhand
von Kategorien des (öffentlichen) Bau- oder Gewerberechts bestimmt werden. Vielmehr
muss die Beurteilung an der Funktion des Wirtschaftsgutes anknüpfen. Gebäude können
grundsätzlich eigenbetrieblich oder fremdbetrieblich, zu eigenen oder fremden
Wohnzwecken genutzt werden, wobei ein einheitliches Gebäude in verschiedene
Wirtschaftsgüter zerfallen kann, wenn es zu unterschiedlichen Zwecken genutzt wird,
während umgekehrt auch dann (nur) ein Wirtschaftsgut vorliegt, wenn das
fremdbetrieblich genutzte Gebäude verschiedenen Personen zu unterschiedlichen
betrieblichen Zwecken überlassen wird (vgl. ESt-Handbuch R 4.2 (4); so auch BFH,
Beschlüsse des Großen Senats vom 26. November 1973 GrS 5/71, BStBl. II 1974, 132;
vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BStBl. II 1995, 281). Ändert sich infolge baulicher
Maßnahmen die Funktion bzw. Zweckbestimmung des Gebäudes oder auch nur von
Teilen desselben, entsteht insoweit ein neues Wirtschaftsgut. Kann also das Bauwerk
durch bauliche Maßnahmen nunmehr eigen- statt fremdbetrieblich oder umgekehrt bzw.
zu eigenen statt fremden Wohnzwecken oder umgekehrt genutzt werden oder
ermöglichen die Baumaßnahmen eine Änderung der Nutzung von einer (eigenen oder
fremden) Wohnnutzung zu einer (eigen- oder fremd-) betrieblichen Nutzung oder
umgekehrt oder entstehen infolge der Baumaßnahmen erstmals sogar mehrere
Wirtschaftsgüter, entsteht ein neues Wirtschaftsgut und handelt es sich bei den dafür
aufgewendeten Kosten um Herstellungskosten. So hat der Bundesfinanzhof etwa
angenommen, dass ein neues Wirtschaftsgut dann hergestellt wird, wenn eine sich über
zwei Etagen erstreckende eigengenutzte Wohnung in zwei separate fremdvermietete
Arztpraxen umgebaut wird (Urteil vom 23. November 2004 IX R 59/03, BFH/NV 2005,
543), wenn eine Scheune in ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen umgebaut wird
(Urteil vom 19. August 2008 IX R 65/07, BFH/NV 2009, 552) oder wenn durch den Einbau
von zwei abgeschlossenen Wohnungen im Erdgeschoss und Dachgeschoss eines zuvor
selbstgenutzten Einfamilienhauses ein Wechsel von der vorangegangenen Eigennutzung
zur Fremdvermietung stattfindet (Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 49/06, BFH/NV 2008,
1839). Erstmals „hergestellt“ sind in diesem letztgenannten Fall zwei zur
Fremdvermietung vorgesehene Objekte; die Nutzungsfunktion ändert sich infolge der
Baumaßnahmen von eigener in fremde Wohnnutzung. Den an ältere Rechtsprechung
(zusammenfassende Darstellungen etwa bei Pezzer, DB 1996, 849; Ellrott/Brendt,
BeckBilKomm, 6. A., § 255 HGB Rn. 377) anknüpfenden Entscheidungen ist gemeinsam,
dass die – mehr oder weniger umfangreichen – baulichen Maßnahmen zwar nicht zur
Herstellung eines bautechnisch neuen Gebäudes geführt, diesem bzw. Teilen davon
jedoch eine gänzlich neue Funktion gegeben haben.
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3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat es der Beklagte zu Recht abgelehnt, eine
Sonderabschreibung von 40 % auf die – nicht streitigen – Teilherstellungskosten
zuzulassen. Tatsächlich hat die Klägerin durch die Baumaßnahmen aus den vor ihrem
Erwerb insgesamt eigenbetrieblich als Werkstätten bzw. Montagehallen nebst
Betriebsbüros und Sozialräumen genutzten Gebäuden zwei neue Wirtschaftsgüter
hergestellt, nämlich die zu fremden Wohnzwecken eingebauten zwei abgeschlossenen
Wohnungen im straßenbegleitenden Gebäude einerseits und die zur fremdbetrieblichen
Nutzung hergestellten vier abgeschlossenen Gewerbeeinheiten im ehemaligen
Fabrikgebäude nebst dessen Anbauten andererseits. Die Klägerin hat durch die mit
erheblichem Aufwand verbundenen Baumaßnahmen – die berücksichtigungsfähigen
Teilherstellungskosten für das Mietwohnhaus betrugen nach den unstreitigen
Feststellungen der Betriebsprüfung bis zum Jahr 1998 354.040,21 DM – die im
straßenbegleitenden Gebäude vorhandenen Büros in zwei abgeschlossene Wohnungen
und das ursprünglich einheitlich über alle Etagen eigenbetrieblich genutzte
Werkstattgebäude in vier separat fremdbetrieblich genutzte Gewerbeeinheiten (hier
berücksichtigungsfähige Teilherstellungskosten von 1.084.562,84 DM bis zum Jahr 1998)
umgebaut.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die straßenbegleitende Bebauung
ursprünglich 1837/1885 zu Wohnzwecken errichtet worden war und seinerzeit vier
Wohnungen barg. Zum Zeitpunkt der Anschaffung befanden sich nämlich im früheren
Wohnhaus seit Jahrzehnten keine Wohnungen mehr. Das Objekt war mindestens seit
1970 im Zusammenhang mit der gewerblichen Nutzung des ehemaligen …-Betriebes
für den VEB X zu Bürozwecken genutzt worden. Darin liegt auch nicht etwa nur eine
vorübergehende und letztlich unbeachtliche Zweckentfremdung. Zum einen gab es
während der DDR ein Recht der Zweckentfremdung ähnlich dem der Bundesrepublik
nicht. So war Wohnraum nach den beiden Wohnraumlenkungsverordnungen (vom 14.
September 1967, GBl. II S. 733 bzw. vom 16. Oktober 1985 GBl. I S. 301, jeweils nebst
dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen) bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe
ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen, einmal ganz abgesehen davon, dass es sich
bei einer mehr als 20 Jahre andauernden ausschließlich gewerblichen Nutzung kaum um
eine nur vorübergehende, nicht prägende Nutzung gehandelt hat. Vielmehr zeigt die
Übernahme des Grundstücks in die Rechtsträgerschaft des VEB im Hinblick auf die in § 2
Abs. 3, § 14 Abs. 1 Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen
Grundstücken vom 7. Juli 1969 (GBl. DDR II S. 433) enthaltene Zielsetzung, das in
Volkseigentum übernommene Grundstück einer planmäßigen, auf hohen
volkswirtschaftlichen Effekt ausgerichteten Nutzung zuzuführen, dass das gesamte
Objekt auf Dauer nur noch betrieblich genutzt werden sollte. Zum anderen befanden
sich bei Anschaffung des Grundstücks nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich keine
Wohnungen (mehr) in dem Gebäude. Die Frage, ob in einem Gebäude Wohnungen
vorhanden sind, ist auch für den Anwendungsbereich des Fördergebietsgesetzes nach
bewertungsrechtlichen Maßstäben zu beantworten. Danach ist eine Wohnung eine
Zusammenfassung mehrerer Räume, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt
werden kann; sie müssen nach außen abgeschlossen und es müssen wenigstens ein
Bad oder eine Dusche und ein WC sowie eine Küche oder Kochgelegenheit vorhanden
sein (vgl. BFH, Urteile vom 27. Oktober 1998 X R 157/95, BStBl II 1999, 91; vom 7.
November 2006 IX R 19/05, BStBl. II 2007, 693). Im Vorderhaus befanden sich jedoch
zum Zeitpunkt der Anschaffung nach Lage der umfangreichen von der Klägerin
vorgelegten Pläne und der von ihr gefertigten Fotodokumentation weder ein Bad noch
eine Dusche. Bäder sollten vielmehr erstmals an vier unterschiedlichen Stellen des
Gebäudes anstelle eines Büros, des Heizungsraums, der Küche sowie des
ursprünglichen WCs eingebaut werden, um erstmals eine auf zwei Wohnungen verteilte
Nutzung zu ermöglichen. Damit einher ging zugleich die Erweiterung der bewohnbaren
Fläche durch den teilweisen Dachgeschossausbau, die Verlagerung der ursprünglichen
und die Neuschaffung einer weiteren Küche, die Schaffung eines Hauswirtschaftsraums
sowie der Einbau von Fenstern in die Brandwand zum Nachbargrundstück zur Einhaltung
der bauordnungsrechtlichen Belichtungs- und Belüftungsanforderungen (§ 63 Abs. 3, 4
Bauordnung für Berlin a. F.) und eine vollständige Sanierung aller Bauteile des
Gebäudes.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht unter dem Aspekt des (baurechtlichen)
Bestandsschutzes. Abgesehen davon, dass zwei Wohnungen mit sechs bzw. vier
Zimmern mit je zwei Bädern, wie sie im Zuge der Bauarbeiten geschaffen wurden, zu
keinem Zeitpunkt im Gebäude vorhanden gewesen waren – nach der Erweiterung 1885
befanden sich dort vier kleine Wohnungen ohne Bäder –, würde aus einer Bejahung des
Bestandsschutzes lediglich die formelle und materielle Legalität des Bauwerks in
baurechtlicher Hinsicht folgen. Dies sagt aber selbst dann nichts über das
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baurechtlicher Hinsicht folgen. Dies sagt aber selbst dann nichts über das
Vorhandensein von Wohnungen aus, wenn das Gebäude ursprünglich zu Wohnzwecken
genehmigt worden war, denn Wohnungen müssen nicht deshalb im Gebäude vorhanden
sein, weil dieses legal errichtet worden ist. Unabhängig davon erledigt sich eine
Baugenehmigung und damit der durch diese vermittelte Bestandsschutz aber auch
dann, wenn die genehmigte Nutzung auf Dauer durch eine neue Nutzung ersetzt wird.
Das ist vor allem dann der Fall, wenn durch die neue Nutzung eine Anlage mit anderer
Identität entsteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juli 1989, 8 S
1869/89, NVwZ-RR 1990, 171; Urteil vom 4. März 2009 3 S 1467/07, BauR 2009, 1881).
So liegt es hier im Hinblick auf die vor langer Zeit auf der Grundlage des DDR-Rechts
vorgenommene Umnutzung der zunächst vorhandenen Wohnungen in Büros.
Auch dass die Baumaßnahmen unter weitgehender Beibehaltung des überkommenen
Grundrisses und Erhaltung der Altbausubstanz vorgenommen wurden, wie die in der
Bauakte vorhandenen Statikunterlagen und Baupläne belegen, steht der Bejahung einer
erstmaligen Herstellung von zwei Mietwohnungen nicht entgegen. Die Entscheidung des
Bundesfinanzhofs vom 11. September 1996 (X R 46/93, BStBl. 1998, 94), wonach eine
bloße Umgestaltung des durch die Außenmauern umbauten Raums nicht ausreiche,
sofern nicht die neu eingefügten Bauteile dem Gebäude das bautechnische Gepräge
eines neuen Gebäudes geben, betrifft zum einen die Auslegung des ebenfalls
abweichend formulierten § 10e EStG a. F., zum anderen unterscheidet sich der
Sachverhalt dadurch, dass die dort vorgenommene Trennung eines ursprünglich
teilvermieteten Einfamilienhauses in zwei selbstständige Wohnungen allein durch den
Einbau von Türen geschah, während Küche und Bad sowohl im Erdgeschoss wie im
Obergeschoss bereits vorhanden waren. Das war vorliegend gerade nicht der Fall, gab es
doch in dem Gebäude am A-Straße kein Bad und nur eine Küche.
Übrigens ging auch die Klägerin bei Erwerb der Liegenschaft davon aus, dass dort keine
Wohnungen vorhanden waren, enthält doch der von ihr im Zuge des
Investitionsvorrangverfahrens eingereichte Vorhabenplan die Verpflichtung, das
„Bürogebäude zu Wohnraum umzuwandeln“.
Nicht anders liegt es hinsichtlich des Grundbaus mit Anbauten. Während die insgesamt
wohl um die 1.000 m² große Nutzfläche des Fabrikgebäudes mit den Werkstatt- und
Schmiedeanbauten ursprünglich mit Ausnahme der für Büros genutzten Teilflächen im
2. Obergeschoss einheitlich zu Produktionszwecken durch den VEB genutzt wurden, sind
im Zuge des Umbaus insgesamt vier selbstständig nutz- und vermietbare
Gewerbeeinheiten auf geänderten Grundrissen neu entstanden, die an drei gewerbliche
Nutzer vermietet werden. Neben dem Cafe nebst Halle und Dachterrasse im
Erdgeschoss/1. Obergeschoss handelt es sich um eine selbstständig nutzbare
Ateliereinheit im Erdgeschoss („Artistenschule“), großflächige Büroflächen im 1.
Obergeschoss („Künstlerwerkstatt“) und die an ein Dentallabor vermieteten
Fitnessflächen im 2. Obergeschoss, wozu auch der separate Raum im 3. Obergeschoss
des Vorbaus vermietet wurde. Das erforderte umfangreiche Umgestaltungsmaßnahmen
im gesamten Gebäude. Um die einzelnen Gewerbeeinheiten baulich voneinander zu
trennen, ließ die Klägerin neben Trennwänden und Türen jeder Einheit zugeordnete neue
Sanitäranlagen herstellen, wobei sich die Planungen an den vorgefundenen Grundrissen
orientierten. Innerhalb des auf diese Weise im Erdgeschoss für die gastronomische
Nutzung durch Einbau einer Wand in der Halle des Grundbaus abgetrennten Bereichs
ließ die Klägerin die nicht mehr benötigten Trennwände zwischen Kesselhaus und
Gussschuppen herausbrechen, einen Durchbruch von diesem Anbau zum Grundbau
herstellen und die zur Umsetzung der beabsichtigten gastronomischen Nutzung
erforderlichen Anlagen einbauen. Dabei handelte es sich insbesondere um eine auch als
Raum innerhalb der vorhandenen Außenmauern neu geschaffene Küche mit Anrichte
und Speiseaufzug, nutzungsbezogen ausreichend große neue Sanitäranlagen
einschließlich eines behindertengerechten WCs, eine neue innenliegende Treppe in das
1. Obergeschoss unter Herstellung eines Deckendurchbruchs zur Erschließung der –
gleichfalls neu hergestellten – Dachterrasse sowie einen Personalraum. Die durch die
Teilung entstehenden, separat zugänglichen Restflächen des Erdgeschosses wurden
durch Beseitigung einer Innenwand aufgeweitet und um einen WC-Einbau ergänzt und
können nunmehr selbstständig genutzt werden. Der Neugestaltung des Erdgeschosses
folgend teilte die Klägerin die Halle im 1. Obergeschoss des Grundbaus durch Einbau
einer Mauer so ab, dass die neue Innentreppe allein der Gastronomiefläche
(Dachterrasse) zugeordnet wurde, die durch einen neuen Mauerdurchbruch erreichbar
war. Die Restfläche der Etage, die durch Beseitigung zweier nichttragender Wände aus
nur einem einheitlichen, vom Treppenhaus zugänglichen (großen) Raum bestand,
ermöglichte mit den zugeordneten WC-Bereichen im Vorbau ebenfalls eine separate
Nutzung. Dasselbe gilt für das 2. Obergeschoss, wobei die Klägerin zur Erlangung der
Baugenehmigung aus Gründen der Belichtung und Belüftung in allen Etagen eine
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Baugenehmigung aus Gründen der Belichtung und Belüftung in allen Etagen eine
größere Anzahl von Fenstern in der grenzständigen Brandwand einbauen musste.
4. Die weiter begehrte Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG kommt im
Hinblick auf die hier gegebene Neuherstellung von Wirtschaftsgütern nicht in Betracht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren war nicht für notwendig zu erklären, denn die Klägerin
unterliegt. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen; das Verfahren
bietet die Möglichkeit, die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Herstellung
eines anderen (neuen) Wirtschaftsgutes fortzuentwickeln.
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