Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: grundstück, pension, darlehen, verkehrswert, einkünfte, schuldenerlass, bilanz, vermietung, betrug, buchwert

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
1999
Aktenzeichen:
6 K 2266/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 16 Abs 1 Nr 1 EStG 1997, §
1378 BGB
(Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch
Übertragung eines Gewerbebetriebs zur Befriedigung eines
Zugewinnausgleichsanspruchs)
Tatbestand
Die Kläger waren im Streitjahr Eheleute und wurden zusammenveranlagt. Die Ehe der
Kläger wurde am 09. Juni 1979 geschlossen; nach eigenen Angaben verfügten sie zu
diesem Zeitpunkt über kein Vermögen.
Der Kläger, der Ehemann, erzielte im Streitjahr 1999 als Architekt und Bauingenieur
Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Sein Büro befand sich in der A...straße in G...; die
Räume hatte er von der Klägerin gemietet. Weiterhin hatte er seit dem 01. Juli 1996
Büroräume in F... angemietet, die er für sein Ingenieursbüro nutzte. Darüber hinaus war
der Kläger Mitgesellschafter der X... GmbH und hielt eine Stammeinlage von DM ...,-.
Die Klägerin, die Ehefrau, erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus
Vermietung und Verpachtung. Darüber hinaus betrieb sie die Pension „Y...“ auf einem
ihr gehörenden Grundstück in der B...straße in G... und erzielte hieraus Einkünfte aus
Gewerbebetrieb; ihren Gewinn ermittelte sie durch Bilanzierung. In der Bilanz der Pension
zum 31. Dezember 1998 waren folgende Bankverbindlichkeiten der Klägerin passiviert:
Konto ... Darlehen ...: DM ... (Stand am 17. November 1999: DM ...)
Konto ... Darlehen ...: DM ...,-
Konto ... Darlehen ...: DM ...,-
Konto ... Volksbank ....: DM ....
Summe
DM ....
In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 war des Weiteren eine Verbindlichkeit gegenüber
dem Kläger in Höhe von DM ...,- ausgewiesen (Wert zum 31. Dezember 1998: DM ...,-).
Das Kapitalkonto des Betriebs zum 31. Dezember 1998 war negativ (./. DM ...) und
betrug zum 31. Dezember 1999 ./. DM .... Zum 31. Dezember 1999 beliefen sich die in
der Bilanz des Pensionsbetriebs ausgewiesenen Bankverbindlichkeiten auf DM ... (Konto
... Darlehen ...: DM ... sowie Konto ... Darlehen ...: DM ...).
Die Klägerin war Eigentümerin der folgenden Grundstücke bzw. Wohnung; die
nachfolgend genannten Werte beziehen sich - soweit nicht anders genannt - auf den 17.
November 1999:
Grundstück B...straße in G...: Das Grundstück diente dem Betrieb der Pension „Y...“ und
war mit einer Grundschuld von DM ...,- belastet. Die Herstellungskosten des 1995
errichteten Gebäudes beliefen sich auf DM ...; der Klägerin waren Fördermittel in Höhe
von DM ...,- gewährt worden. Die linearen Abschreibungen von 1996 bis 1999 betrugen
DM ..., die Sonderabschreibungen hingegen DM ...,-. Der Grund und Boden war in der
Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1998 mit DM ..., das Gebäude mit DM ...,-
aktiviert.
Grundstück C...straße in G...: Es handelt sich um ein Flurstück mit einer Größe von 90
m², dessen Nutzung im Streitjahr noch nicht abschließend geklärt und das mit einer
Grundschuld von DM ...,- belastet war. Der Kaufpreis für das am 20. August 1998
erworbene Grundstück hatte DM ...,- betragen. Die Klägerin aktivierte in ihrer für den
Pensionsbetrieb aufgestellten Bilanz zum 31. Dezember 1998 den Grund und Boden mit
DM ... und das Gebäude mit DM ....
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Grundstück D...straße in H...: Das mit einem Bauernhaus und Nebengebäuden bebaute
Grundstück wurde im Streitjahr vermietet und war mit einer Grundschuld von DM ...,-
belastet; das zu Grunde liegende Darlehen valutierte am 17. November 1999 in Höhe
von DM ...,-. Die Klägerin erzielte aus der Vermietung Einkünfte im Sinne von § 21
Einkommensteuergesetz - EStG - und wies das gesamte Grundstück im Anlagenspiegel
ihrer Überschussrechnung im Sinne von § 21 EStG mit einem Wert zum 31. Dezember
1998 von DM ... aus.
Eigentumswohnung in der A...straße in G...: Die Eigentumswohnung war an den Kläger
vermietet, der in den Räumen sein Architekturbüro betrieb. Die Wohnung war mit einer
Grundschuld in Höhe von DM ...,- belastet; dem entsprach auch der Verkehrswert. Das
Darlehen valutierte am 17. November 1999 in Höhe von DM ...,-. In der
Überschussrechnung, die die Klägerin für die Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung für 1998 aufstellte, war die Wohnung mit einem Wert von DM ...
ausgewiesen.
Am 17. November 1999 trafen der Kläger und die Klägerin eine notarielle
Scheidungsvereinbarung sowie einen Übergabevertrag. Nach der Präambel dieses
Vertrags lebten beide Kläger zu diesem Zeitpunkt getrennt und hatten vor, sich
scheiden zu lassen. Sie vereinbarten daher den Güterstand der Gütertrennung, trafen
weitere Vereinbarungen zum Erb- und Pflichtteilsverzicht, Versorgungsausgleich,
Hausrat und Kindesunterhalt. Im Übergabevertrag vereinbarten die Kläger Folgendes:
Die Klägerin sollte das Eigentum an den Grundstücken B...straße in G..., D...straße in H...
und C...straße in G... auf den Kläger übertragen; der Nutzen- und Lastenwechsel sollte
noch am selben Tag erfolgen. Die Verkehrswerte der Grundstücke wurden in der
Vereinbarung mit DM ...,- (B...straße), DM ...,- (C...straße) und DM ...,- (D...straße)
angegeben.
Der Kläger sollte folgende Grundschulden und Valuta übernehmen:
ca. DM ...,- für das Grundstück B...straße,
ca. DM ...,- für das Grundstück D...straße in H... sowie
DM ...,- für das Grundstück C...straße.
Der Kläger sollte die Pension in der B...straße auf Grund einer eigenen Gewerbeerlaubnis
fortführen.
Die Klägerin sollte das Eigentum an dem Grundstück A...straße in G... behalten und auch
die hierauf ruhende Grundschuld von DM ...,- fortführen.
Die Kläger stellten sich im Innenverhältnis bezüglich der jeweils übernommenen
Verbindlichkeiten frei.
Der Mietvertrag hinsichtlich des vom Kläger betriebenen Ingenieursbüros in der
A...straße sollte aufrecht erhalten bleiben.
Der Kläger sollte das Inventar in den Büroräumen F... ab 01. Oktober 1999 auf die
Klägerin übertragen, die in den Räumen in F... ein Büro in Kooperation mit dem Kläger
führen wollte. Das Büro in G... sollte der Kläger allein fortführen. Der Wert des Büros des
Klägers in F... wurde mit DM DM ...,- angegeben.
Der Kläger sollte seine Beteiligung an der X... GmbH behalten.
Für das Streitjahr 1999 beantragten die Kläger eine Zusammenveranlagung. Die
Klägerin erklärte einen Verlust aus dem Pensionsbetrieb in Höhe von DM ..., einen
Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit von DM ...,-, Einkünfte aus der Vermietung des
Grundstücks A...straße in Höhe von DM ...,- sowie Einkünfte aus der Vermietung des
Grundstücks D...straße in H... in Höhe von DM ...,-. In den Einkünften war ein
Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb nicht enthalten. Der Kläger erklärte einen
Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von DM ...,-.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 19. September 2000 folgte der Beklagte der
Steuererklärung, soweit es um die Höhe der hier streitigen Einkünfte geht. Der Bescheid
erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer im Jahr 2003 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte
der Prüfer zu der Auffassung, dass das Grundstück C...straße nicht zum
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der Prüfer zu der Auffassung, dass das Grundstück C...straße nicht zum
Betriebsvermögen gehört; dies ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Des
Weiteren vertrat der Außenprüfer die Ansicht, dass die Klägerin durch die Übergabe der
Pension in der B...straße einen Veräußerungsgewinn von DM ...,- erzielt habe. Eine
Berechnung dieses Gewinns ist aus dem Außenprüfungsbericht vom 06. Februar 2003
nicht ersichtlich. Aus den Handakten des Außenprüfers ergibt sich, dass dieser einen
Veräußerungserlös in Höhe von DM ...,- ermittelt hat. Dieser Betrag setzte sich wie folgt
zusammen:
- Schuldenerlass A...
DM ...,-
- Schuldenerlass B...
DM ...,-
- Schuldenerlass C...
DM ...,-
- Schuldenerlass D...
DM ...,-
- Schuldenerlass E...
DM ...,-
- Schuldenerlass F...
DM ...,-
- Büro
DM ...,-
Summe Veräußerungserlös DM ...,-.
Der Prüfer ermittelte anhand der Verkehrswerte der übertragenen drei Grundstücke von
insgesamt DM ...,- (DM ...,- für die Pension, DM ...,- für die C...straße und DM ...,- für H...)
einen anteiligen Wert des betrieblichen Pensionsgrundstücks von 62,14 % (DM ...,- : DM
...,-) und ordnete diesem Grundstück einen anteiligen Veräußerungserlös von DM ...,-
(62,14 % x DM ...,-) zu, so dass sich nach Abzug des Buchwertes von DM ...,- ein
Veräußerungsgewinn von DM ...,- ergab (Bl. 28 der Prüfer-Handakten).
Die Kläger nahmen zu den Ermittlungen des Prüfers Stellung und machten geltend, dass
die Klägerin einen Veräußerungsverlust in Höhe von DM ...,- aus der Übertragung der
Pension erzielt habe. Der Wert des Betriebs der Klägerin habe ./. DM ...,- betragen, der
Buchwert hingegen nur DM ...,-, so dass sich ein entsprechender Veräußerungsverlust
ergebe.
Der Außenprüfer ermittelte den Veräußerungsgewinn neu, indem er alternativ
Verkehrswerte der Pension von DM ...,-, DM ...,- und DM ...,- ansetzte. Dabei ergaben
sich nach seiner Berechnung Veräußerungsgewinne von DM ...,- für die Pension, das
Grundstück C...straße und das Grundstück in H.... Aus Vereinfachungsgründen seien ein
Abschlag für Unwägbarkeiten in Höhe von DM ...,- sowie ein Abschlag auf Grund einer
Einigung in der Schlussbesprechung in Höhe von DM ...,- zu gewähren, so dass sich ein
Veräußerungsgewinn von DM ...,- ergebe.
Der Beklagte schloss sich den Feststellungen und Wertungen des Außenprüfers an und
erließ am 22. Mai 2003 gegenüber dem Kläger einen Änderungsbescheid über
Einkommensteuer 1999, in dem er einen Veräußerungsgewinn der Klägerin von DM ...,-
ansetzte. Eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG berücksichtigte der
Beklagte mangels Antrags der Klägerin nicht.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte eine unzutreffende
Ermittlung des Veräußerungsgewinns geltend. Der Beklagte hob den Bescheid am 10.
Oktober 2003 wegen fehlerhafter Bekanntgabe auf und erließ am 05. November 2003
einen neuen, inhaltsgleichen Bescheid für 1999, den er beiden Ehegatten bekannt gab.
Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten im Namen des Klägers und der Klägerin
fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass der Kläger
Wirtschaftsgüter im Wert von DM ...,- erhalten habe, nämlich das Grundstück in H... (DM
...,-), das Grundstück C...straße (DM ...,-) sowie das negative Betriebsvermögen der
Pension (./. DM ...,-). Darüber hinaus habe er einen Zugewinnausgleich von DM ...,- an
die Klägerin zu zahlen gehabt. Insgesamt ergebe sich so ein Betrag von DM ...,-, den er
durch die Übertragung des Betriebsvermögens des Architekturbüros (DM ...,-), die
Übernahme der hälftigen Schulden für das Grundstück in H... (DM ...,-), die Übernahme
der Schulden für das Grundstück C...straße (DM ...,-) und den Schuldenerlass für den
Pensionsbetrieb (DM ...,-) erfüllt habe. Zu beachten sei, dass die Klägerin ein
einheitliches Wirtschaftsgut „Betriebsvermögen“ übertragen habe, nicht einzelne
Wirtschaftsgüter. Daher komme hinsichtlich der Pension die Einheitstheorie zum Tragen.
Anders sei dies bei den einzelnen Grundstücken; hier gelte die Trennungstheorie.
Der Beklagte wies im Einspruchsverfahren darauf hin, dass für das Objekt B...straße ein
Verkehrswert von DM ... angesetzt werden könne, indem von den Herstellungskosten
von DM ... die Abschreibungen von DM ..., die Fördermittel von DM ...,- und der Grund
und Boden von DM ... abgezogen würden. Danach entfalle auf das Grundstück ein
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und Boden von DM ... abgezogen würden. Danach entfalle auf das Grundstück ein
anteiliger Verkehrswert von 59,9 % (Summe der Verkehrswerte: DM ...; hiervon DM ... für
das Grundstück B...straße, DM ...,- für das Grundstück C...straße und DM ...,- für das
Grundstück D...straße; somit DM ... : DM ... = 59,9 %). Hierdurch ergebe sich ein
Veräußerungsgewinn von DM ... (anteiliger Veräußerungserlös: DM ... [DM ...,-
Veräußerungserlös x 59,9 %] ./. Buchwert DM ...,-), so dass eine Verböserung in Betracht
komme. Die Kläger nahmen den Einspruch nicht zurück.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2004 setzte der Beklagte die
Einkommensteuer auf € ... herauf und wies den Einspruch zurück. Die Übertragung von
Vermögensgegenständen im Rahmen der wirtschaftlichen Auseinandersetzung habe zu
einem Veräußerungsgewinn der Klägerin geführt. Durch die familienrechtliche
Auseinandersetzung zwischen den Klägern sei eine Ausgleichsforderung gemäß § 1378
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - entstanden. Diese sei eine Geldforderung in Gestalt
einer Geldsummenforderung. Die Übertragung der Vermögensgegenstände habe mit
der Ausgleichsforderung nichts zu tun. Der Zugewinnausgleich stelle einen
unentgeltlichen Vorgang dar.
Für die Ermittlung des gewerblichen Veräußerungsgewinns sei ein Teilentgelt im
Verhältnis der Verkehrswerte der übertragenen Wirtschaftsgüter auf den Gewerbebetrieb
und das Privatvermögen aufzuteilen. Kläger und Beklagter gingen übereinstimmend
davon aus, dass der Verkehrswert für das Grundstück B...straße nicht zutreffend in der
notariellen Vereinbarung angegeben worden sei. Richtigerweise sei - nach Auffassung
des Beklagten - von einem Verkehrswert von DM ... auszugehen. Damit ergebe sich ein
Veräußerungsgewinn von DM ....
Hiergegen haben die Kläger fristgerecht Klage eingereicht. Richtigerweise sei ein
Veräußerungsverlust in Höhe von DM ...,- zu berücksichtigen. Der Veräußerungserlös sei
negativ gewesen und habe ./. DM ...,- betragen; hiervon sei ein Buchwert von DM ...,-
nach Außenprüfung abzuziehen. Das Kapital des Pensionsbetriebs sei zum 31.
Dezember 1999 negativ gewesen und habe sich nach Abzug der vom Kläger erlassenen
Verbindlichkeit in Höhe von DM ...,- auf ./. DM ... belaufen. Setze man einen
Zerschlagungswert an, weil es viele Gastgewerbeimmobilien ... gebe, könne dieser
geschätzt mit DM ...,- zu Grunde gelegt werden. Ziehe man hiervon die
Abwicklungskosten von geschätzt DM ... sowie die Restbuchwerte von DM ... ab, ergebe
sich ein negatives Kapital von DM ....
Das Vermögen des Klägers vor Durchführung des Zugewinnausgleichs habe DM ...
betragen (Forderung an die Ehefrau: DM ... + Betriebsvermögen Architekturbüro G...:
DM ... + Betriebsvermögen Architekturbüro F...: DM ... + GmbH-Beteiligung: DM ... +
Rückkaufswert Lebensversicherung geschätzt: DM ... ./. Schulden für das Grundstück in
H...: DM ...). Das Vermögen der Klägerin vor Durchführung des Zugewinnausgleichs habe
DM ... betragen (Betriebsvermögen Pension: DM ... + Grundstück in H...: DM ... +
Grundstück C...straße: DM ... + Grundstück A...straße: DM ... ./. Schulden für das
Grundstück in H...: DM ... ./. Schulden für das Grundstück C...straße: DM ... ./. Schulden
für das Grundstück A...straße: DM ...). Die Klägerin habe damit eine Ausgleichsforderung
in Höhe von DM ... gegenüber ihrem Ehemann gehabt (DM ... ./. DM ... = DM ... : 2).
Nach der Durchführung des Zugewinnausgleichs habe der Kläger aber ein Vermögen
von DM ... gehabt, während das Vermögen der Klägerin DM ... betragen habe. Dies
zeige, dass einer der Werte aus der Zeit vor der Durchführung des Zugewinnausgleichs
falsch sein müsse.
Zu beachten sei, dass die Übergabe eines Vermögensgegenstands zur Befriedigung
eines Zugewinnausgleichsanspruchs stets als Veräußerung und damit als entgeltliches
Geschäft anzusehen sei. Der Beklagte verkenne, dass eine Ausgleichsforderung auch
durch Übergabe von Wirtschaftsgütern erfüllt werden könne. Die Ermittlung des
Verkehrswertes des Pensionsbetriebs könne sich nicht nach den historischen
Herstellungskosten des Grundstücks als bedeutendsten Wirtschaftsgut richten, sondern
müsse nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden.
Wegen der Einzelheiten der klägerischen Berechnungen nimmt der Senat Bezug auf die
Schriftsätze vom 20. Oktober 2004 (Bl. 7 ff. der Streitakten) und vom 28. Februar 2005
(Bl. 53 ff. der Streitakten).
den Änderungsbescheid über
Einkommensteuer 1999 vom 05. November 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24. September 2004 dahingehend zu ändern,
dass die Einkommensteuer auf € ... festgesetzt wird.
die Klage abzuweisen.
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Es bestehe Einigkeit zwischen Klägern und Beklagten, dass ein entgeltlicher
Übertragungsvorgang vorliege. Insgesamt habe der Kläger DM ... gezahlt, um den
Betrieb und weitere Vermögensgegenstände zu erhalten. Der Veräußerungserlös sei
aufzuteilen, und zwar nach dem Verhältnis der Verkehrswerte. Im Übrigen verweist der
Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Akten, insbesondere die Berechnungen der Beteiligten und die notarielle Vereinbarung
vom 17. November 1999 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene
Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten
(§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Ergebnis hat der Beklagte zu
Recht einen Veräußerungsgewinn angenommen. Die Übertragung des Pensionsbetriebs
durch die Klägerin auf den Kläger stellte einen Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar (s. unten unter Nr. 1.). Der Veräußerungspreis betrug DM ...
(s. unten unter Nr. 2 Buchst. a). Hiervon entfielen DM ... auf das Betriebsvermögen der
Klägerin (s. unten unter Nr. 2 Buchst. b) und führten zu einem Veräußerungsgewinn von
mehr als DM ... (s. unten unter Nr. 3). Eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1
EStG war nicht zu gewähren (s. unten unter Nr. 4).
1. Die Übertragung des Gewerbebetriebs durch die Klägerin auf den Kläger war ein
Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 EStG, mit dem ein Ausgleichsanspruch des
Klägers nach § 1378 BGB in Höhe von DM ... befriedigt wurde.
a) Allein die Beendigung der Gütergemeinschaft auf Grund des Abschnitts I. der
notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 stellte zwar noch keinen
Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 EStG dar, weil dies noch nicht zu einer
Veränderung der Stellung der Klägerin als Inhaberin des Gewerbebetriebs Pension führte
(vgl. hierzu auch Geissler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 Anm. 61
„Güterstandsvereinbarungen“). Jedoch stellte die auf Grund des Abschnitts II. der
notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 vorgenommene Übertragung des
Gewerbebetriebs eine dem Grunde nach entgeltliche Veräußerung im Sinne von § 16
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Sie erfolgte, um den auf Geldzahlung gerichteten
Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers gemäß § 1378 BGB sowie die weiteren in §§ 2
- 5 der notariellen Vereinbarung vom 19. November 1999 genannten Ansprüche - Erb-
und Pflichtteilsanspruch, Anspruch auf Versorgungsausgleich, auf nachehelichen
Unterhalt bzw. Getrenntlebensunterhalt, auf Hausrat - abzugelten; der Übergabevertrag
war daher entgeltlich (s. hierzu BFH, Urteile vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BStBl. II 2003,
282, unter II. 1. Buchst. a, cc der Gründe; vom 15. Februar 1977 VIII R 175/74, BStBl. II
1977, 389; Geissler, a. a. O., § 16 Anm. 64 „Verzicht auf Zugewinnausgleichsanspruch“).
Die Übergabe war nicht nur auf die Übertragung des Grundstücks B...straße als einem
(wesentlichen) Wirtschaftsgut des Betriebs gerichtet, sondern auf die Übertragung des
gesamten Betriebs. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger auch die entsprechende
Gewerbeerlaubnis für den Betrieb der Pension beantragen und die Klägerin ihren
Gewerbebetrieb unverzüglich danach abmelden sollte (Teil B Nr. 3 der notariellen
Auseinandersetzung vom 17. November 1999).
b) Aus der notariellen Vereinbarung vom 19. November 1999 ergibt sich ein
Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 1378 BGB in Höhe von DM .... Dies ist der Saldo
aus dem Wert der von der Klägerin übertragenen Vermögensgegenstände und dem
Wert der vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten bzw. im Gegenzug übertragenen
Werte:
aa) Die Klägerin übertrug das Grundstück B...straße mit einem Verkehrswert von DM ...,
das Grundstück D...straße in H... mit einem Verkehrswert von DM ... sowie das
Grundstück A...straße mit einem Verkehrswert von DM ..., zusammen DM ....
bb) Der Kläger übertrug hingegen das Betriebsvermögen des Büros F... mit einem Wert
von DM .... Weiterhin erließ er die in Höhe von DM ... bestehende Forderung gegenüber
der Klägerin. Außerdem übernahm er die folgenden Verbindlichkeiten: DM ... Darlehen,
DM ... Darlehen, DM ... Darlehenskonto ..., Darlehensverbindlichkeit Grundstück
D...straße in H... DM ... sowie Darlehensverbindlichkeit C...straße DM ..., zusammen DM
.... Insgesamt ergibt sich damit ein Wert der vom Kläger erbrachten Gegenleistung von
DM ....
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cc) Der Saldo zu Gunsten des Klägers belief sich somit auf DM ... (DM ... ./. DM ...), so
dass von einer entsprechenden hohen Ausgleichsforderung des Klägers gemäß § 1378
BGB auszugehen ist. Der Senat hat - im Gegensatz zu den Beteiligten - keinen Grund zu
der Annahme, dass die in der notariellen Vereinbarung genannten Verkehrswerte falsch
sein könnten; denn sie lagen den Vorstellungen der Kläger im Rahmen ihrer
familienrechtlichen Auseinandersetzung zu Grunde, und es handelt sich um die Werte,
die die Kläger den jeweiligen Vermögensgütern beigemessen haben.
2. Der gesamte Veräußerungspreis betrug DM ... (s. nachstehend unter Buchst. a)
Hiervon entfielen auf das Betriebsvermögen als Veräußerungserlös im Sinne von § 16
Abs. 2 EStG DM ... (s. nachstehend unter Buchst. b).
a) Kommt es im Rahmen einer Zugewinnausgleichsregelung zur Übertragung von
Wirtschaftsgütern, bestimmt sich der Veräußerungspreis nach der Höhe des Verzichts
auf die Ausgleichsforderung (Geissler, a.a.O., § 16 Anm. 64). Im Streitfall hat der Kläger
auf eine Ausgleichsforderung von DM ... im Gegenzug zu der Übertragung von
Wirtschaftsgütern einschließlich Grundstücken sowie der Übernahme und Erlass von
Verbindlichkeiten und Übertragung seines Betriebsvermögens in F... verzichtet. Das
Entgelt betrug damit DM ...; die Berechnung dieses Betrags ist oben unter II. 1. Buchst. b
der Gründe erläutert worden.
aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten belief sich das Entgelt nicht auf DM ....
Dieser Betrag setzt sich aus den vom Kläger übernommenen und erlassenen
Verbindlichkeiten sowie die von ihm auf die Klägerin übertragenen Wirtschaftsgüter
seines Büros in F... zusammen. Er lässt aber unberücksichtigt, dass die Klägerin auf
Grund der Übertragung ihrer Wirtschaftsgüter auf den Kläger von ihrer
Ausgleichsverbindlichkeit nach § 1378 BGB gegenüber dem Kläger befreit wird. Des
Weiteren bleibt bei dem Ansatz der DM ... außer Betracht, dass die Kläger den Wert des
Betriebs in der notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 nicht mit einem nach
Verkehrswerten aufgeteilten Teilbetrag von DM ..., sondern in einem ersten Schritt mit
DM ... bemessen haben, nämlich dem Nettobetrag aus dem Verkehrswert des
Grundstücks (DM ...) und den hiervon abzuziehenden Verbindlichkeiten in Höhe von DM
... (Forderung des Klägers), DM ... (Darlehen), DM ... (Darlehen) sowie DM ...
(Darlehenskonto ...), zusammen DM .... Der sich danach ergebende Wert von DM ... war
(nur) eine Teilgröße der von der Klägerin zu erfüllenden Ausgleichsforderung des Klägers.
bb) Der verbleibende Teil der Ausgleichsforderung des Klägers wurde in der Weise
ausgeglichen, dass die Klägerin Grundstücke mit einem Verkehrswert von DM ...
(C...straße) und DM ... (D...straße in H...) übertrug, der Kläger Grundschulden in Höhe
von DM ... für das Grundstück in H... sowie DM ... für das Grundstück C...straße
übernahm, so dass sich ein weiterer Vermögensübergang im Wert von DM ... zu Gunsten
des Klägers ergab, der durch eine Betriebsvermögensübertragung seitens des Klägers
auf die Klägerin mit einem Wert von DM ... auf DM ... gemindert wurde. Zusammen mit
den unter Buchst. aa genannten DM ..., dem Nettoverkehrswert des Betriebs, ergibt sich
so die Höhe der Ausgleichsforderung des Klägers von DM .... Dieser Betrag entspricht
weitgehend der Differenz zwischen den vom Beklagten angesetzten DM ... für den Wert
des von der Klägerin übertragenen Vermögens und dem Wert der Gegenleistung des
Klägers in Höhe von DM ...; die Abweichung gegenüber dem Wert des Beklagten ergibt
sich auf Grund der im Klageverfahren nachgereichten exakten Darlehensvaluta (anstelle
der abgerundeten Zahlen).
b) Der gesamte Veräußerungserlös von DM ... entfiel auf sämtliche von der Klägerin
übertragenen Güter und ist daher nach Verkehrswerten aufzuteilen. Für die
Verkehrswerte ist nicht auf den Wert der Aktiva bzw. Bruttowerte, sondern auf die Werte
abzustellen, die sich nach Erlass bzw. Übernahme der Schulden ergeben. Nur auf diese
Weise wird berücksichtigt, dass das Betriebsvermögen B...straße tatsächlich nur mit
einem vergleichsweise geringen Wert von den Klägern angesetzt worden ist, da dies in
erheblichem Umfang mit betrieblichen Schulden belastet war. Daher ist lediglich ein
Nettoverkehrswert von DM ... anzusetzen, der in der notariellen Vereinbarung zu Grunde
gelegt wurde, nicht jedoch ein Bruttoverkehrswert von DM ..., dem Schulden in Höhe von
DM ... gegenüber standen. Hingegen ist das von der Klägerin übertragene Grundstück
D...straße in H... mit einem höheren Wert bemessen worden, nämlich mit einem Wert
von DM ...; denn dem Verkehrswert von DM ... stand lediglich eine vom Kläger
übernommene Darlehensverbindlichkeit von DM ... gegenüber.
Danach ergeben sich folgende (Netto-)Verkehrswerte:
Betriebsvermögen B...straße
DM ...
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Grundstück H...
DM ...
C...straße
DM ...
Summe der Nettoverkehrswerte DM ....
Auf das hier streitige Betriebsvermögen entfallen damit 13,9 % (... : ...), so dass sich ein
anteiliger Veräußerungserlös von DM ... (DM ... x 13,9 %) ergibt.
3. Von dem anteiligen Veräußerungserlös von DM ... war das Kapitalkonto des
Betriebsvermögens abzuziehen, da dieses negativ war und deshalb hinzuzurechnen ist.
a) Das Kapitalkonto betrug am 31. Dezember 1998 ./. DM ... und am 31. Dezember
1999 ./. DM .... Den genauen Stand des Kapitalkontos am 17. November 1999 kennt der
Senat nicht, da die Klägerin eine Bilanz zu diesem Stichtag nicht erstellt hat. Jedoch
besteht zwischen den Beteiligten kein Zweifel, dass das Kapitalkonto einen negativen
Betrag zwischen diesen beiden Beträgen ausgewiesen hat, so dass der vom Beklagten
angesetzte Veräußerungsgewinn in Höhe von DM ..., in jedem Fall überschritten wird und
die Klage keinen Erfolg hat. Denn selbst bei Ansatz des geringeren Wertes von ./. DM ...
plus anteiliger Veräußerungserlös von DM ... ergäbe sich ein Veräußerungsgewinn von
mehr als DM .... Eine Verböserung ist dem Senat jedoch verwehrt.
b) Für die Richtigkeit eines über dem negativen Kapitalkontos liegenden
Veräußerungsgewinns spricht im Übrigen Folgendes: Die Klägerin hat ihren Betrieb, der
ein negatives Kapitalkonto von ca. DM ... bzw. DM ... aufwies, mit einem positiven Wert in
die notarielle Vereinbarung vom 17. November 1999 einbringen und zur Tilgung ihrer
Ausgleichsverbindlichkeit verwenden können. Hätte sie ihren Betrieb im streitigen
Zeitraum zu einem Betrag von nur einem Euro veräußert, wäre ebenfalls ein
Veräußerungsgewinn in Höhe des Betrags des (negativen) Kapitalkontos entstanden. Da
sie den – vom Buchwert her überschuldeten – Betrieb mit einem positiven Wert in der
Auseinandersetzungsvereinbarung bewerten konnte, musste dies zwangsläufig zu einem
Veräußerungsgewinn mindestens in Höhe des negativen Kapitalkontos führen zuzüglich
des darüber hinaus erzielten (anteiligen) Veräußerungserlöses. Unabhängig davon, ob
man der hier vertretenen Berechnung für den anteiligen Veräußerungserlös folgt, liegt
bereits der Betrag des negativen Kapitalkontos über dem vom Beklagten angesetzten
Veräußerungsgewinn, so dass eine Klageabweisung zwingend ist.
Der Senat kann dahingestellt lassen, ob die Klägerin die Folgen des § 16 EStG dadurch
hätte vermeiden können, dass sie ihren Betrieb zunächst unentgeltlich auf ihren
Ehemann, den Kläger, nach § 6 Abs. 3 EStG überträgt und erst anschließend den
Zugewinn – ohne Heranziehung betrieblicher Vermögensgegenstände oder Einheiten –
ausgleicht (zu dieser Vorgehensweise vgl. den Nachweis in Schmidt/Glanegger, EStG,
27. Aufl., § 6 Rz. 140 „Zugewinnausgleichszahlung“).
4. Eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG war nicht zu gewähren, da die
Klägerin einen entsprechenden Antrag gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht gestellt hat.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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