Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: kapitalerhöhung, anschaffungskosten, eintragung im handelsregister, treu und glauben, wahlrecht, gegenleistung, eigene aktien, rückwirkung, wirtschaftliche verfügungsmacht

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 7.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2000
Aktenzeichen:
7 K 1233/05 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 20 Abs 2 UmwStG 1995, § 20
Abs 4 S 1 UmwStG 1995, § 39
Abs 2 Nr 1 AO, § 17 Abs 1 EStG
1997, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO
(Ausübung des Wahlrechts gem. § 20 Abs. 2 UmwStG:
Maßgeblichkeit des Bilanzansatzes der übernehmenden
Gesellschaft, Vertragswidriger Teilwertansatz, fehlendes
Erklärungsbewusstsein, Anfechtbarkeit der Wahlrechtsausübung
- Rückgängigmachung eines Veräußerungsgeschäfts i.S. des §
17 EStG vor Erhalt der Gegenleistung: Aktien als Gegenleistung,
kein Eigentumsübergang vor Depotgutschrift, kein
wirtschaftliches Eigentum durch Erhalt lediglich des
Gewinnbezugsrechts)
Leitsatz
1. Der Einbringende ist an den Bilanzansatz in der Steuerbilanz der aufnehmenden
Gesellschaft i. S. des § 20 UmwStG gebunden.
2. Es ist unbeachtlich, ob der Bilanzansatz den Vereinbarungen zwischen dem Einbringenden
und der aufnehmenden Gesellschaft entspricht.
3. Es steht der Bindung an den Bilanzansatz nicht entgegen, wenn den Verantwortlichen der
aufnehmenden Gesellschaft das Bewusstsein gefehlt hätte, ein Wahlrecht auszuüben.
4. Die aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Zahlung eines Barkaufpreises steht der
Entstehung des Bilanzierungswahlrechts im Zeitpunkt der Einbringung der
Gesellschaftsanteile nicht entgegen.
5. Zur Anfechtung einer Wahlrechtsausübung wegen fehlenden Erklärungsbewusstseins.
6. Überträgt die aufnehmende Gesellschaft die von ihr geschuldeten Aktien nicht wie
vereinbart in ein Bankdepot, kann die Anteilsübertragung mit steuerlicher Rückwirkung auf
den Übertragungszeitpunkt rückabgewickelt werden.
Tenor
Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.08.2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 17.05.2005 wird die Einkommensteuer nach einem um
203.953,- DM verminderten Gewinn aus Gewerbebetrieb festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 87 vom Hundert und dem Beklagten
zu 13 vom Hundert auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der dem Kläger zu
erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, sofern dieser nicht zuvor in gleicher
Höhe Sicherheit geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Veräußerungsgewinns aus der Übertragung
von Gesellschaftsanteilen.
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Im Jahre … gründete der Kläger mit weiteren Gesellschaftern die X-GmbH, deren
Geschäftsfeld …war. Vom ursprünglichen Stammkapital von 50.000,- DM hielt der
Kläger 20 vom Hundert. Im Jahre 1986 erwarb der Kläger zum Kaufpreis von 90.000,- DM
weitere Anteile in Höhe von 5.000,- DM und 2.500,- DM und nahm an einer
Kapitalerhöhung auf 250.000,- DM mit einem nominellen Anteil von 70.000,- DM teil.
Seitdem hielt der Kläger 35 vom Hundert der Anteile zu Anschaffungskosten von
170.000,- DM.
Am 21.06.2000 veräußerten die Gesellschafter der X-GmbH, also auch der Kläger, 90
vom Hundert ihrer Anteile an die Y-AG. Der Kurs der Aktie der Y-AG wurde an diesem Tag
zwischen … und … notiert.
Nach Abschnitt II. § 2 des Vertrags vom 21.06.2000 gingen die Beteiligten davon aus,
dass der Wert sämtlicher Anteile an der X-GmbH 6.666.666,67 DM (= 3.408.612,54 €)
entsprach. Als Kaufpreis dafür wurden Barzahlungen in Höhe von insgesamt 1.000.000,-
DM sowie 10.652 Aktien der Y-AG im Wert von 5.000.000,- DM vereinbart. Diese Aktien
sollten im Zuge einer Kapitalerhöhung entstehen. Für den Fall, dass die Kapitalerhöhung
nicht bis zum 31.03.2001 im Handelsregister eingetragen gewesen wäre, verpflichtete
sich die Y-AG, den Kapitalerhöhungsbeschluss rückgängig zu machen und den offenen
Kaufpreis in Geld zu zahlen. Ferner verpflichtete sich die Y-AG, hinsichtlich der durch
diesen Vertrag erworbenen Geschäftsanteile die Anschaffungskosten der Verkäufer
fortzuführen, soweit die Gegenleistung in der Gewährung neuer Anteile bestehe. Ferner
verpflichtete sich die Y-AG, die von den Gesellschaftern der X-GmbH gewährten Darlehen
zurückzuzahlen und dafür Sorge zu tragen, dass die Altgesellschafter aus der gegenüber
den finanzierenden Banken abgegebenen Bürgschaften entlassen wurden. Bezogen auf
den Kläger entsprechen diese Vereinbarungen dem Verkauf eines Geschäftsanteils zum
Nennbetrag von 78.700,- DM zu einem Barkaufpreis von 350.000,- DM zzgl. 3.728 neuen
Aktien der Y-AG zu einem angenommenen Gegenwert von 1.750.000,- DM.
Nach Abschnitt II. § 4 des Vertrags stand die Gewinnberechtigung ab dem 01.01.2000
der Y-AG zu. Nach Abschnitt II. § 10 des Vertrags unterlagen die Neugesellschafter
Veräußerungsbeschränkungen. Bis zum 31.12.2000 durfte über die neuen Aktien in
keiner Weise verfügt werden. Danach durften jährlich bis zu 25 vom Hundert der Aktien
veräußert werden.
Die Abtretung der Geschäftsanteile erfolgte in der gleichen Urkunde (Abschnitt II. § 1)
und war aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Barbetrags des Anteilskaufpreises.
Schließlich enthielt Abschnitt II. § 9 des Vertrages vom 21.06.2000 eine Option auf den
Erwerb der verbliebenen 10 vom Hundert der Geschäftsanteile der GmbH zugunsten der
Z-AG, an der die Y-AG beteiligt war.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die als Anlage 1 zum Schriftsatz
des Klägers vom 02.09.2005 eingereichte Kopie Bezug.
Außerhalb der notariellen Vereinbarung verzichteten die Altgesellschafter auf die
Verzinsung der an die X-GmbH ausgereichten Gesellschafterdarlehen in Höhe von 5,5 %.
Für den Kläger entsprach dies einem Wert von 17.916,20 DM (vgl. Bl. 27 BNV-Akte).
Am 27.11.2000 übte die Z-AG ihre Option auf den Erwerb der verbliebenen Anteile an
der X-GmbH aus. In der Folge kam es am 21.12.2000 zum Abschluss eines
Anteilsübertragungsvertrages zwischen der Z-AG und den Altgesellschaftern. Danach
brachten die Altgesellschafter ihre verbliebenen Anteile an der X-GmbH in die Z-AG als
Sacheinlage ein und erhielten dafür zusammen 2.750 Aktien der Z-AG, die nach einer
Kapitalerhöhung ausgegeben werden sollten. Es galten die gleichen
Veräußerungssperren wie im Vertrag mit der Y-AG. Für den Fall, dass die Durchführung
der Kapitalerhöhung und die Übertragung der Aktien nicht bis zum 31.12.2001 möglich
sein sollten, verpflichtete sich die Z-AG, den Übertragenden eine Bankbürgschaft in
Höhe von 666.666,67 DM zu übergeben. Die Übertragung der Aktien sollte durch
Hinterlegung bzw. Einbuchung der Aktien auf einem Sperrdepot bei der C-Bank oder
einer anderen Bank nach Eintragung der Kapitalerhöhung erfolgen. Die Abtretung der
Anteile an der X-GmbH erfolgte in Abschnitt II. § 2 Abs. 1 des Vertrags vom 21.12.2000.
Die Gewinnberechtigung stand ab dem 01.01.2000 der Z-AG zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die als Anlage 2 zum Schriftsatz
des Klägers vom 02.09.2005 eingereichte Kopie des Vertrags vom 21.12.2000 Bezug.
Die mit der Ausgabe der neuen Aktien an die Altgesellschafter der X-GmbH verbundene
Kapitalerhöhung bei der Y-AG wurde am im Handelsregister eingetragen.
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Kapitalerhöhung bei der Y-AG wurde am im Handelsregister eingetragen.
Danach wurde das Grundkapital um weitere 42.608,- € auf 13.402.288,- € erhöht. Da das
Grundkapital der Y-AG infolge weiterer Kapitalerhöhungen „verwässert“ worden war,
erhielten die Altgesellschafter der X-GmbH (verglichen mit der im Vertrag vom
21.06.2000 genannten Zahl) die vierfache Zahl von Aktien, der Kläger also 14.912
Aktien, die am 20.06.2001 im Depot des Klägers eingebucht wurden. Der Kurs der Aktie
der Y-AG wurde an diesem Tag zwischen … und … notiert.
Mit Urkunde vom 25.06.2001 brachte die Y-AG ihre Anteile an der X-GmbH in die Z-AG
ein. Als Gegenleistung gewährte die Z-AG der Y-AG 500 eigene Aktien, die aus einer
Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage geschaffen werden sollten. Wegen der weiteren
Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Kopie der Urkunde, die als Anlage 3 des
Schriftsatzes des Klägers vom 02.09.2005 zu den Gerichtsakten gereicht wurde.
Im Juni 2001 zeichneten die Altgesellschafter der X-GmbH die neuen Aktien der Z-AG.
Die diesbezügliche Kapitalerhöhung um 15.263,- € auf 105.263,- € wurde am ...08.2001
im Handelsregister eingetragen.
Unmittelbar danach, jedenfalls ab 09.09.2001, betrieben die Altgesellschafter der X-
GmbH die Rückübertragung der Anteile an der X-GmbH. So erörterte der
Mitgesellschafter D in einer E-Mail vom 09.09.2001 steuerliche Fragen der
Rückabwicklung.
Die Rückübertragung wurde am 18.12.2001 notariell vereinbart. Danach wurden die
Anteile an der X-GmbH von der Z-AG an die Altgesellschafter zurück übertragen, wofür
diese eine Barzahlung leisteten sowie ihre Aktien an der Y-AG und Z-AG auf die Z-AG
übertrugen. Bezogen auf den Kläger wurde vereinbart, dass die Z-AG ihre
(zwischenzeitlich von der Y-AG erworbenen) Geschäftsanteile an der X-GmbH in Höhe
von nominal 78.700,- an den Kläger übertrug, wofür der Kläger 35.000,- DM an die Z-AG
zahlte und 14.912 Aktien der Y-AG auf die Z-AG übertrug. Ferner trat die Z-AG ihren
(originär vom Kläger erworbenen) Geschäftsanteil in Höhe von nominal 8.800,- DM an
der X-GmbH an den Kläger ab, wofür der Kläger 963 Aktien der Z-AG auf die Z-AG
übertrug. Diese versicherte, dass der Kläger mit der genannten Zahl von Aktien in das
Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sei. Diese Aktien sollten in das eigene
Aktienregister der Z-AG eingetragen werden, so dass außerhalb dieses Vertrags keine
weiteren Maßnahmen seitens des Klägers erforderlich seien. Ferner versicherte der
Kläger, dass er Eigentümer der von ihm übertragenen Aktien der Y-AG und der Z-AG sei,
dass diese Aktien nicht mit Rechten Dritter belastet seien und dass er über die Aktien
frei verfügen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urkunde vom 18.12.2001 nimmt das Gericht auf
die als Anlage 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 02.09.2005 zu den Gerichtsakten
genommene Kopie Bezug.
Am 28.12.2001 wurde der Kurs der Aktie der Y-AG zwischen … und … notiert.
In ihrem der Körperschaftsteuererklärung 2000 beigefügten Jahresabschluss 2000
bilanzierte die Y-AG die Anteile an der X-GmbH mit 2.709.000,- €, was einem Wert von
5.298.343,40 DM entspricht. Auf den vom Kläger erworbenen Anteil von 35 vom Hundert
entfallen danach 1.854.420,10 DM.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2000 erklärte der Kläger einen
Veräußerungsgewinn nach § 17 Einkommensteuergesetz – EStG – aus der Veräußerung
der Anteile an der X-GmbH in Höhe von 205.290,- DM. Dabei setzte er als Einnahme
lediglich den Barkaufpreis in Höhe von 350.000,- DM an, der er eine anteilige Provision in
Höhe von 105.000,- DM, Steuerberatungskosten in Höhe von 14.210,- DM und anteilige
Anschaffungskosten in Höhe von 25.500,- DM gegenüberstellte. Dieser Betrag entspricht
15 vom Hundert der Anschaffungskosten von 170.000,- DM.
Davon abweichend setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2000 mit Bescheid vom
02.04.2002, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, auf 225.095,23 € fest,
wobei ein Gewinn nach § 17 EStG in Höhe von 304.631,- DM zugrunde lag.
Seit dem 23.01.2001 führte der Beklagte durch seine sogenannte Betriebsnahe
Veranlagung – BNV – beim Kläger eine Sachverhaltsaufklärung wegen der
Anteilsveräußerung durch. Dabei waren verschiedene Prüfer aufgrund wiederholter
Prüfungsaufträge tätig. Der Kläger und die BNV nahmen auch Ermittlungen hinsichtlich
des Bilanzansatzes für die Anteile der X-GmbH in der Steuerbilanz der Y-AG vor. In
diesem Zusammenhang bestätigte die Y-AG mit einem von zwei Prokuristen, nämlich
ihrem kaufmännischen Leiter und einer Syndikusanwältin, unterschriebenen Schreiben
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ihrem kaufmännischen Leiter und einer Syndikusanwältin, unterschriebenen Schreiben
vom 25.11.2002, dass die Y-AG die Anschaffungskosten des Klägers für die Anteile an
der X-GmbH weitergeführt habe. Weitere Zahlen – oder belegmäßigen Konkretisierungen
– erfolgten nicht (vgl. Anlage 12 zum Schriftsatz des Klägers vom 02.09.2005).
In einer E-Mail vom 16.06.2003 vertrat ein Wirtschaftsprüfer namens A die Auffassung,
dass die Anteile an der X-GmbH in der Bilanz der Y-AG bis zur Eintragung der
Kapitalerhöhung im Handelsregister mit dem vollen Marktwert hätten bilanziert werden
müssen, da es zum Fehlschlagen der Eintragung hätte kommen können. Daher sei die
Beteiligung an der X-GmbH zum 31.12.2000 mit dem vollen Marktwert bilanziert worden.
Mit der Eintragung im Handelsregister im Februar 2001 sei die Verbindlichkeit auf den
übertragenen Buchwert reduziert worden (Anschaffungskostenminderung) und dann auf
Kapital und Kapitalrücklage umgebucht worden. Durch die Übertragung der Anteile auf
die Z-AG gebe es jedoch keinen entsprechenden Ansatz in der Bilanz der Y-AG zum
31.12.2001. Die Buchführungsvorgänge im Zusammenhang mit der Z-AG seien auch
nicht einfach zu verfolgen. Er habe die verschiedenen Vorgänge nachvollzogen. Die
Buchwerte seien übertragen worden. Weitere Unterlagen und Erläuterungen fehlen (vgl.
Blatt 119 BNV-Akte).
Ferner nahm die Y-AG in einem Schreibsatz vom 11.11.2003 an den Kläger, der von dem
Vorstandsmitglied B unterschrieben ist, zur Bilanzierung der Anteile an der X-GmbH bei
der Y-AG Stellung. Die Anschaffungskosten hätten sich wie folgt zusammengesetzt
(Beträge in €):
31.12.2000 Änderungen 2001 31.12.2001 Korrektur 2002 31.12.2002
Baranteil
511.292
511.292
511.292
Aktienanteil 2.620.392
./. 2.464.806
155.586 ./. 27.516
128.070
Nebenkosten 88.625
88.625
88.625
3.220.309
./. 2.464.806
755.503 ./. 27.516
727.987
Die Änderung 2001 habe die Ausübung des Wahlrechts zur Buchwertübertragung
betroffen, das erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung habe ausgeübt werden
dürfen. 2002 sei ein arithmetischer Fehler bei der Berechnung der Anschaffungskosten
festgestellt und korrigiert worden. Der Betrag von 2.620.292,- € habe dem Kurswert der
Aktien der Y-AG am 21.06.2000 entsprochen (Anlage 9 zum Schriftsatz des Klägers vom
02.09.2005).
In einem Schreiben vom 09.12.2003 an das Finanzamt M teilte die Y-AG zu ihrer
Körperschaftsteuererklärung 2000 mit, dass in der Steuerbilanz die übertragenen
Buchwerte der Verkäufer übernommen worden seien. In diesem Zusammenhang fehle
bei der Bilanzposition Beteiligung der Vermerk „davon Ausgleichsposten gemäß § 20
Abs. 2 Satz 2 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG – (wegen Anteile von X-GmbH)
2.492.322,- €“. Hiermit ergänze sie die Körperschaftsteuererklärung 2000 entsprechend.
Nach Eintragung der Kapitalerhöhung und der Ausgabe der neuen Aktien im Februar
2001 seien die Anschaffungskosten in der Handelsbilanz durch Verminderung der
Verbindlichkeit, d. h. erfolgsneutral, auf den übertragenen Buchwert reduziert worden.
Ein in 2002 festgestellter arithmetischer Fehler sei auch ergebnisneutral korrigiert
worden. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Blatt 48 Gerichtsakte
Bezug.
Ausgehend davon teilte das Finanzamt M dem Beklagten mit, dass die Y-AG die Anteile
der X-GmbH mit Anschaffungskosten von 2.709.000,- € aktiviert habe. Dieser Wert sei
sowohl aus der Handelsbilanz als auch aus der Steuerbilanz ersichtlich. Auch im
Jahresabschluss 2001 sei dieser Wert noch so verzeichnet. Daher habe die Y-AG das
Wahlrecht für das Jahr 2000 dahingehend ausgeübt, die Anteile zu Anschaffungskosten
von 2.709.000,- € zu aktivieren. Die Einbringung sei daher nicht zu Buchwerten, sondern
zu Teilwerten erfolgt. Eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG sei unzulässig und auch
nicht beantragt worden. Auch das Schreiben vom 09.12.2003 sei nicht geeignet einen
Antrag auf Bilanzänderung darzustellen.
Die BNV schloss am 01.08.2003 ihre Sachverhaltsaufklärung ab. Ausgehend von den
Prüfungsergebnissen setzte der Beklagte mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung – AO –
geändertem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.08.2003 die Einkommensteuer
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geändertem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.08.2003 die Einkommensteuer
auf 571.177,45 € herauf. Dem lag zugrunde, dass die BNV in dem Verzicht auf die
Zinsen aus dem Gesellschafterdarlehen weitere Anschaffungskosten für die Anteile an
der X-GmbH in Höhe von 17.916,- DM und in gleicher Höhe Einnahmen aus den
Einkünften aus Kapitalvermögen sah. Ferner vertrat die BNV die Auffassung, dass der
Kläger die von der Y-AG angesetzten Anschaffungskosten für die Anteile an der X-GmbH
in Höhe von 2.709.000,- € anteilig als Einnahme der Besteuerung nach § 20 Abs. 4
UmwStG zu unterwerfen habe, also in Höhe von 1.854.420,- DM. Danach ergebe sich ein
Gewinn für die an die Y-AG veräußerten Anteile in Höhe von 1.578.007,- DM. Unklar sei,
mit welchem Wert die Z-AG die Anteile an der X-GmbH in ihrer Bilanz angesetzt habe.
Daher werde vom Teilwert ausgegangen, also von 588.705,- DM, die anteilig, also in
Höhe von 206.046,- DM, als Einnahme des Klägers aus Anteilsveräußerung anzusehen
sei. Danach ergebe sich aus der Veräußerung an die Z-AG ein Gewinn nach § 17 EStG in
Höhe von 175.333,- DM. Die Rückübertragung der Aktien an der Y-AG und Z-AG im
Folgejahr sei nicht steuerbar, so dass keine Veräußerungsgewinne und –verluste
berücksichtigt werden könnten.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 legte der Kläger am 29.09.2003 Einspruch
ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17.05.2005 zurückwies. Vielmehr
setzte er die Einkommensteuer auf 578.640,27 € herauf, was er zuvor mit Verfügung
vom 29.10.2004 angekündigt hatte. Dem lag zugrunde, dass der Beklagte die Vorschrift
des § 20 UmwStG auf die Veräußerung an die Z-AG nicht für anwendbar hielt. Vielmehr
sei als Gegenleistung der von den Beteiligten angenommene Wert der Anteile an der X-
GmbH von anteilig 234.666,66 DM anzusetzen, so dass sich der Gewinn aus der
Übertragung an die Z-AG auf 203.959,- DM erhöhe.
Daraufhin hat der Kläger am 20.06.2005 Klage erhoben.
Zu deren Begründung führt der Kläger an, dass der Beklagte zu Unrecht Einnahmen aus
der Veräußerung der Anteile an der X-GmbH an die Y-AG der Besteuerung unterwerfe,
die über den Barkaufpreis und die anteiligen historischen Anschaffungskosten
hinausgingen. Ferner sei die Anteilsveräußerung an die Z-AG rückabgewickelt worden.
Jedenfalls sei mit Rückwirkung davon auszugehen, dass kein Veräußerungserlös
zugeflossen sei.
Aus den Schreiben der Y-AG vom 25.11.2002 und 11.11.2003 ergebe sich, dass diese
die Anschaffungskosten der Altgesellschafter der X-GmbH fortgeführt habe. Dem stehe
ein abweichender Bilanzansatz zum 31.12.2000 nicht entgegen. Denn die Y-AG habe das
Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung am
23.02.2001 im Handelsregister ausüben können. Dies sei zum 31.12.2000 noch nicht
zulässig gewesen, weil die Y-AG damit habe rechnen müssen, dass sie den hilfsweise
vereinbarten Barkaufpreis hätte zahlen müssen. Nach dem kaufmännischen
Vorsichtsprinzip sei dieser Barkaufpreis für die Bilanzierung der Anteile an der X-GmbH
maßgeblich gewesen. Sowohl aus dem Umstand, dass die Z-AG im Zuge der
Rückabwicklung der Anteilsübertragung Ende 2001 einen Veräußerungsgewinn erzielt
habe, als auch aus dem Ansatz bei der Y-AG für die im Wege der Sacheinlage
erworbenen Anteile an der Z-AG ergebe sich, dass die Y-AG die ursprünglichen
Anschaffungskosten der Altgesellschafter der X-GmbH fortgeführt habe. Aus den
Erläuterungen im Jahresabschluss der Y-AG auf den 31.12.2001 ergebe sich, dass die X-
GmbH zum verminderten Buchwert in die Z-AG eingebracht worden sei. Dies lasse sich
nur dadurch erklären, dass die Y-AG die Anteile an der X-GmbH mit den
Anschaffungskosten der Altgesellschafter angesetzt habe.
Jedenfalls habe es der X-GmbH bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2000 an
dem Bewusstsein gefehlt, das Wahlrecht im Sinne des § 20 Abs. 2 UmwStG auszuüben.
Der Bilanzansatz im Jahresabschluss 2000 der Y-AG stelle daher keine
Wahlrechtsausübung dar. Diese sei in dem späteren Schreiben vom 09.12.2003 an das
Finanzamt M oder in der Verminderung des Buchwerts im Rahmen der Buchführung für
das Jahr 2001 zu sehen. Da die Y-AG nicht den Erklärungswillen zur Ausübung des
Wahlrechts gehabt habe, könne weder für die Y-AG, noch für den Kläger eine Bindung
daran eingetreten sein.
Die Anteile an der X-GmbH seien Ende 2001 wieder zurückerworben worden, weil
entgegen der ursprünglichen Planung die Z-AG beabsichtigt habe, den Standort N zu
schließen. Damit wären die Anstellungsverhältnisse der Altgesellschafter hinfällig
geworden. Der Kaufvertrag vom 21.12.2000 sei seitens der Z-AG nicht erfüllt worden.
Der Kläger sei weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der ihm als
Gegenleistung zugesagten Anteile an der Z-AG geworden. Daher sei eine
Rückbeziehung auf den Zeitpunkt des Erwerbes möglich gewesen. Dem Kläger sei auch
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Rückbeziehung auf den Zeitpunkt des Erwerbes möglich gewesen. Dem Kläger sei auch
nicht – wie im Vertrag vom 21.12.2000 vorgesehen – eine Bürgschaft anstelle der Aktien
der Z-AG übergeben worden. Im Übrigen stelle eine Bürgschaft nicht die Erfüllung,
sondern lediglich die Sicherung des Erfüllungsanspruchs dar.
Eine Erfüllung der Gegenleistungspflicht der Z-AG ergebe sich auch nicht daraus, dass
nach dem Vertrag vom 18.12.2001 die Anteile im Aktienregister der Z-AG eingetragen
gewesen sein sollen. Von einer solchen Eintragung sei dem Kläger nichts bekannt
gewesen, so dass er sie mit Nichtwissen bestreite. Sein Mitgesellschafter habe auch
unmittelbar vor der notariellen Beurkundung darauf hingewiesen, dass den
Altgesellschaftern die Anteile an der Z-AG nicht übertragen worden seien. Jedenfalls
ersetze die Eintragung im Aktienregister nicht die Verpflichtung zur Übertragung der
Aktien, die sich durch Einigung und Übergabe vollziehen müsse. Er habe die
Übertragung der Aktien deshalb nicht betrieben, weil es unmittelbar nach Eintragung der
Kapitalerhöhung klar gewesen sei, dass das Geschäft rückabgewickelt werden solle.
abweichend vom Einkommensteuerbescheid 2000 vom
26.08.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.05.2005 die
Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Gewinns aus der
Übertragung der Anteile an der X-GmbH in Höhe von 205.290,- DM
festzusetzen, hilfsweise, durch Beiziehung der endgültigen Steuerbilanzen
zum 31.12.2000 und zum 31.12.2001 der Y-AG nach abgeschlossener
Betriebsprüfung Beweis zu führen, dass es zu keiner widerstreitenden
Steuerfestsetzung gekommen ist und dass die Steuerbilanz 2000 und die
Steuerbilanz 2001 der Y-AG nicht abgeändert worden ist.
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, die Y-AG habe das ihr nach § 20 Abs. 2 UmwStG eingeräumte
Wahlrecht mit der Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2000 ausgeübt. In der dieser
beigefügten Bilanz zum 31.12.2000 seien die Anteile an der X-GmbH mit 2.709.000,- €
angesetzt gewesen. Aus dem Schreiben der Y-AG vom 09.12.2003 ergebe sich, dass in
der ursprünglichen Körperschaftsteuererklärung 2000 nicht der ggf. erforderliche
Ausgleichsposten gebildet worden sei. Eine Nachholung sei nicht mehr möglich, da eine
Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG weder beantragt noch zulässig sei. Diese
Bilanzierung sei für die Besteuerung des Klägers bindend. Der Kläger könne sich nicht
darauf berufen, dass eine abweichende Bilanzierung nach Bilanzsteuerrecht unzulässig
gewesen sei. Die Y-AG sei nicht durch das Vorsichtsprinzip gehalten gewesen, Anteile an
der X-GmbH ausgehend vom vollen Barkaufpreis zu aktivieren. Jedenfalls ergebe sich
aus den Ermittlungen des jeweiligen Betriebsfinanzamtes, dass auch im Jahre 2001 kein
niedrigerer Bilanzansatz für die Anteile der X-GmbH im Buchführungswerk der Y-AG
verzeichnet gewesen sei.
Entgegen der Auffassung des Klägers habe die Rückübertragung der Anteile Ende 2001
keine Rückwirkung auf den Veräußerungsvorgang zwischen dem Kläger und der Z-AG.
Denn die Rückabwicklung sei nicht aus Gründen erfolgt, die im Kaufvertrag selbst
angelegt gewesen seien. Der Kaufvertrag sei auch bereits vollständig erfüllt gewesen, da
der Kläger laut dem Rückabwicklungsvertrag vom 18.12.2001 im Aktienregister
eingetragen gewesen sei. Nach § 67 Abs. 2 AktG habe die Z-AG damit ihre
Übertragungsverpflichtung erfüllt. Jedenfalls habe dem Kläger das Gewinnbezugsrecht
für das Jahr 2000 zugestanden, so dass er wirtschaftlicher Eigentümer gewesen sei.
Schließlich liege keine vollständige Rückabwicklung vor, weil die Gewinnbezugsrechte
nicht zurückgewährt worden seien.
Während des Klageverfahrens hat das zwischenzeitlich für die Y-AG zuständig gewordene
Finanzamt O im Rahmen einer Außenprüfung Kopien aus den Jahresabschlüssen 2000
und 2001 der Y-AG an den Beklagten übersandt und mitgeteilt, nach diesen Unterlagen
und den im Rahmen der noch laufenden Außenprüfung gewonnenen Erkenntnissen sei
die Beteiligung an der X-GmbH mit dem Teilwert von 2.709.017,- € angesetzt worden.
Der Beteiligungsansatz laut Handelsbilanz sei in die Steuerbilanz 2000 übernommen
worden. Übersandt wird u. a. die Handels- und Steuerbilanz zum 31.12.2000 auf der
Grundlage des geänderten Jahresabschlusses gemäß 2. Nachtrag zur Prüfung am
28.03.2003, in der die Position „Finanzeinlagen“ in Handels- und Steuerbilanz identisch
ist. Ferner wurde die Anlage VI Seite 10 zum Jahresabschluss auf den 31.12.2001
eingereicht, in der bei den Abgängen die X-GmbH mit einem Wert von 2.709.028,- €
angeführt wird. Dazu heißt es „Die X-GmbH und die ... GmbH wurden in die Z-AG zum
verminderten Buchwert eingebracht.“ In den Erläuterungen zur Bilanz (Blatt 108
Gerichtsakte) heißt es weiterhin: „Die Abgänge resultieren aus den Verkauf der ... GmbH
... sowie der Verminderung der Anschaffungskosten zu den übertragenen Buchwerten
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... sowie der Verminderung der Anschaffungskosten zu den übertragenen Buchwerten
und der Einbringung der X-GmbH (2.709.000,- €) und der ... GmbH in die Z-AG“. Ferner
heißt es bei den Zugängen zu den Finanzanlagen, dass bei der Z-AG ein Zugang in
Höhe von 865.761,- € aus einer Kapitalerhöhung sowie der Einbringung der X-GmbH und
einer weiteren GmbH resultiere. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf
Bl. 100 bis 111 der Gerichtsakte Bezug.
Dem Gericht haben drei Bände Einkommensteuerakten sowie je ein Band Hinweis-,
Vermögensteuer-, Gewerbesteuer- und BNV-Akten vorgelegen, die vom Beklagten für
den Kläger unter der Steuernummer … geführt werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger wird im Sinne des § 100 Abs. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – in
seinen Rechten verletzt, soweit der Beklagte die Übertragung der Anteile an der X-GmbH
an die Z-AG der Besteuerung unterworfen hat. Dagegen hat der Beklagte hinsichtlich
der Übertragung an die Y-AG den Veräußerungsgewinn zutreffend angesetzt.
I.1. Die Veräußerung der Anteile an der X-GmbH ist sowohl hinsichtlich der Veräußerung
an die Y-AG als auch hinsichtlich der Veräußerung an die Z-AG für den Kläger nach § 17
Abs. 1 EStG 2000 steuerpflichtig. Denn der Kläger war innerhalb der letzten fünf Jahre vor
der Veräußerung am Kapital der X-GmbH wesentlich beteiligt. Die Wesentlichkeitsgrenze
lag im Streitjahr bei 10 vom Hundert (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 2000). Auch die frühere
Wesentlichkeitsschwelle von 25 vom Hundert überschritt der Kläger mit seinem Anteil
von 35 vom Hundert. Als Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG galt
im Streitfall, soweit es die Veräußerung an die Y-AG betrifft, der Wert, mit dem die Y-AG
die Beteiligung an der X-GmbH im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2000
angesetzt hat.
Dies war im Jahresabschluss auf den 31.12.2000 der Wert von 2.709.000,- €, was
umgerechnet auf den Anteil des Klägers einem Wert von 1.854.420,10 DM entspricht.
Diesen Wert hat auch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden als
Veräußerungspreis zugrunde gelegt.
2. Der Wert von 1.854.420,10 DM war für die Bemessung des Veräußerungspreises nicht
um den Betrag der Barzahlung von 350.000,- DM zu erhöhen. Es soll zwar nach einer in
der Literatur vertretenen Auffassung der Veräußerungspreis um den gemeinen Wert des
anderen Wirtschaftsguts, also hier der Barzahlung, zu erhöhen sein (Nitzschke in
Blümich/Ebling, UmwStG 1995, § 20 Rz. 53, UmwStG 2006, § 20 Rz. 98). Jedoch spricht
nichts dafür, dass die Y-AG nach § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG 2000 bei der Bemessung
der Anschaffungskosten der Anteile an der X-GmbH den Wert der Barzahlung für die
Ermittlung des Wertansatzes in der Bilanz zum 31.12.2000 abgezogen hat. Denn nach
den Bekundungen des Außenprüfers bei der Y-AG in seinem Schreiben vom 18.03.2008
soll es sich bei dem Betrag von 2.709.017,- € um den Teilwert handeln (nicht um den um
den Barzahlungspreis geminderten Teilwert). Zwar ist aus einem in der BNV-Akte (Blatt
152) abgehefteten Kontoblatt eine Minderung des Bilanzansatzes für die X-GmbH um
1.000.000,- DM ersichtlich, jedoch ist nicht der sich dann ergebende Wert von
4.298.377,15 DM = 2.197.725,30 €, sondern der um rund 500.000,- € höhere Wert
bilanziert worden. Auch der Beklagte hat nicht behauptet, der Bilanzansatz spiegele den
um 1.000.000,- DM geminderten Teilwert wieder. Diese Feststellungen sind trotz des
Verböserungsverbots nicht entbehrlich, weil eine Erhöhung des Gewinns aus der
Veräußerung an die Y-AG mit den Feststellungen zum Anteilserwerb durch die Z-AG
saldiert werden könnte.
3. Der vom aufnehmenden Unternehmen, also der Y-AG, gewählte Bilanzansatz ist für
die Besteuerung des Klägers maßgebend. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut
des § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2000. Dieser Wertansatz ist im Besteuerungsverfahren
des Einbringenden, also hier des Klägers, zu übernehmen und kann nicht auf seine
Richtigkeit hin überprüft werden (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 19.12.2007 I R
111/05, Sammlungen amtlicher Entscheidungen des BFH – BFHE – 220, 152,
Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2008, 536 m. w. N.).
a) Das Gericht muss nicht eingehend überprüfen, ob womöglich der von der Y-AG für die
Anteile an der X-GmbH angesetzte Wert den tatsächlichen Teilwert dieser Anteile
überstieg. Zwar ist nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 2000 der Teilwert der
eingebrachten Wirtschaftsgüter die Obergrenze des zulässigen Bilanzansatzes und
damit auch des möglichen Veräußerungspreises beim Einbringenden. Jedoch richtet sich
dieser Gesetzesbefehl allein an die Y-AG, so dass auch eine Korrektur nur ihr gegenüber
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dieser Gesetzesbefehl allein an die Y-AG, so dass auch eine Korrektur nur ihr gegenüber
möglich ist. Allenfalls bei offenkundig und willkürlich überhöhten Werten erscheint auch
eine Korrektur beim Einbringenden möglich. Zwar hat der Kläger (Schriftsatz vom
02.09.2005, Blatt 7 = Blatt 16 Gerichtsakte) vorgetragen, der Verkehrswert der
gesamten Anteile an der X-GmbH habe sich Anfang 2000 bei etwa 2.000.000,- DM
bewegt, also bei etwa 1.000.000,- €. Andererseits war die Y-AG bereit das Risiko
einzugehen, bei einem Fehlschlagen der Kapitalerhöhung innerhalb der Frist bis zum
31.03.2001 einen Barkaufpreis von 6.000.000,- DM = 3.067.751,- € zahlen zu müssen.
Unter diesen Umständen kann nicht von einer offenkundig willkürlich überhöhten
Bewertung gesprochen werden (vgl. BFH, Beschluss vom 19.12.2007 I R 111/05, BFHE
220, 152, BStBl. II 2008, 536).
b) Der Beklagte stellt auch zu Recht auf den Bilanzansatz zum 31.12.2000 und nicht auf
das Schreiben vom 09.12.2003 oder einen etwaigen abweichenden Bilanzansatz im
Rahmen der Buchführung des Jahres 2001 ab.
aa) Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass die Y-AG bereits im Jahre 2000 die
wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Anteile an der X-GmbH erhalten hat. Die im
Vertrag vom 21.06.2000 vorgenommene Abtretung war lediglich bedingt durch die
Zahlung des Barkaufpreises, der offenbar im Wesentlichen fristgerecht Mitte des Jahres
2000 geleistet wurde. Auch das Gewinnbezugsrecht für das Jahr 2000 stand bereits der
Y-AG zu. Unter diesen Umständen hatte die ausstehende Eintragung der
Kapitalerhöhung auf den Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht an den
Anteilen der X-GmbH keinen Einfluss. Daher war der Veräußerungsgewinn des Klägers im
Streitjahr realisiert, und die Y-AG musste die Anteile der X-GmbH in ihrem
Jahresabschluss auf den 31.12.2000 aktivieren. Es besteht im Allgemeinen Einigkeit
darüber, dass in diesem Zeitpunkt bzw. im Zusammenhang mit der für diesen
Bilanzstichtag maßgebenden Körperschaftsteuererklärung das nach § 20 Abs. 2 Satz 1
UmwStG 2000 bestehende Wahlrecht ausgeübt werden muss (vgl. Widmann/Mayer,
Umwandlungsrecht [Stand 2006], § 20 UmwStG Rz. 554, 679; ebenso zur Neuregelung §
20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 vom 07.12.2006, Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2006,
2782: Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2008, § 20 Rz. 154;
Mutscher in Frotscher/Maas, UmwStG, § 20 Rz. 243; Förster/Wendland, Betriebs-Berater
– BB – 2007, 631 [633]). Auch § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2000 stellt ausdrücklich auf
den Zeitpunkt der Sacheinlage ab. Nur so lässt sich auch die Korrespondenz zwischen
(fiktiven) Anschaffungskosten bei der aufnehmenden Gesellschaft und dem
Veräußerungspreis im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Einbringenden
herstellen.
Auch die im Streitfall getroffene Vereinbarung, dass bei einem Fehlschlagen der
Kapitalerhöhung bis zum 31.03.2001 die Y-AG zur Zahlung des (vollen) Barkaufpreises
verpflichtet war, führt zu keiner abweichenden Betrachtung. Denn zum maßgebenden
Bilanzstichtag am 31.12.2000 war die Eintragungsfrist für die Kapitalerhöhung noch nicht
abgelaufen. Da die Kapitalerhöhung fristgerecht eingetragen wurde, muss zu diesem
Zeitpunkt auch die Eintragung noch als möglich erschienen sein. Gegenteiliges hat auch
der Kläger nicht behauptet. Es handelte sich daher um eine bedingte Verbindlichkeit, die
erst bei Eintreten der Bedingung ausgewiesen werden durfte. Selbst eine Rückstellung
schied aus, da nach Aktenlage zum Bilanzstichtag am 31.12.2000 der Eintritt der
Bedingung nicht wahrscheinlich erschien (BFH, Urteile vom 17.12.1998 IV R 21/97, BFHE
187, 552, BStBl. II 2000, 116; vom 25.10.2006 I R 6/05, BFHE 215, 242, BStBl. II 2007,
384; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage
1998, § 246 HGB, Rz. 121; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 28. Auflage 2009, § 5 Rz. 314;
Blümich/Schreiber, EStG, § 5 Rz. 760). Selbst wenn man insoweit zu abweichenden
Ergebnissen kommen würde, würde dies einem Ansatz nach Maßgabe des § 20 Abs. 2
UmwStG 2000 zum 31.12.2000 nicht entgegenstehen, weil diese Vorschrift eine
Ausnahme vom Maßgeblichkeitsgrundsatz im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG und
damit auch vom handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip darstellt (BFH, Urteil vom
28.05.2008 I R 98/06, BFHE 221, 215, BStBl. II 2008, 916).
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers übte die Y-AG das ihr nach § 20 Abs. 2
UmwStG 2000 eingeräumte Wahlrecht wirksam aus und hat auch diese
Wahlrechtsausübung in der Folge nicht wirksam korrigiert oder ersetzt.
aaa) Der Kläger geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die Ausübung des
Wahlrechts im Sinne des § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 eine Willenserklärung darstellt (vgl.
Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1992, 1417; Gosch, BFH-PR 2008, 486;
Steinhauff, juris PraxisReport – Steuerrecht 12/2009 Anm. 2). Er weist auch zutreffend
darauf hin, dass im Rahmen der Ausübung des Wahlrechts zur Ermittlung der Einkünfte
aus Gewerbebetrieb im Wege der Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine
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aus Gewerbebetrieb im Wege der Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine
wirksame Ausübung dieses Wahlrechts nach ständiger Rechtsprechung voraussetzt,
dass der Steuerpflichtige sich bewusst ist eine Wahl zu treffen (BFH, Urteile vom
30.09.1980 VIII R 201/78, BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301; vom 09.02.1999 VIII R 49/97,
BFH/NV 1999, 1195). Diese Rechtsprechung ist jedoch – wie unter I.3.b) bb) bbb)
ausgeführt wird – auf den Streitfall nicht uneingeschränkt übertragbar.
bbb) Da das Wahlrecht im Sinne des § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 durch die Abgabe der
(Steuer-)Bilanz auf den 31.12.2000 von der Y-AG ausgeübt wurde, handelte es sich um
eine Willenserklärung im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung und des
Jahresabschlusses, die ansonsten – sofern nicht weitere steuerrechtliche Wahlrechte
betroffen waren – Wissenserklärungen über die im Jahr 2000 verwirklichten
Besteuerungsgrundlagen darstellten. Daher wäre der vom Kläger behauptete
Willensmangel der Y-AG nicht nur als bloßer Irrtum über die rechtlichen Nebenfolgen
einer auf einen weiter gehenden Rechtserfolg zielenden Willenserklärung (vgl.
Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl. 2009, § 119 Rz. 15), sondern als Mangel des
Erklärungsbewusstseins schlechthin aufzufassen. Der Mangel des
Erklärungsbewusstseins führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Willenserklärung, wenn
sich aus Sicht des für die Y-AG zuständigen Betriebsfinanzamtes die Bilanzierung der
Anteile an der X-GmbH im Jahresabschluss 2000 als Ausdruck eines bestimmten
Rechtsfolgewillens darstellte und die Y-AG bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass ihre Handlung nach Treu und
Glauben und der Verkehrssitte als Ausübung des Wahlrechts im Sinne des § 20 Abs. 2
UmwStG 2000 aufgefasst werden durfte. Der Mangel des Erklärungsbewusstseins führt
unter diesen Umständen allenfalls zur Anfechtbarkeit der Willenserklärung
(Bundesgerichtshof – BGH -, Urteile vom 02.11.1989 IX ZR 197/88,
Entscheidungssammlung des BGH in Zivilsachen – BGHZ – 109, 171, Neue Juristische
Wochenschrift – NJW – 1990, 454; vom 07.11.2001 VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129, NJW
2002, 363; vom 05.10.2006 III ZR 166/05, NJW 2006, 3777; Kramer in Münchener
Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 119 Rz. 96 ff. m. w. N.). Diese Rechtsprechung
steht nicht in Widerspruch zur oben zitierten Rechtsprechung des BFH zur Unwirksamkeit
der Wahlrechtsausübung im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG. Denn in den einschlägigen
Fällen war für das Betriebsfinanzamt der Steuerpflichtigen ersichtlich, dass diese sich als
Erziehler von Überschusseinkünften wähnten. Dem entsprechend konnte ihr Verhalten
auch nicht den Erklärungsgehalt haben, das im Rahmen der Überschusseinkünfte nicht
relevante Wahlrecht gemäß § 4 Abs. 3 EStG auszuüben.
Demgegenüber mussten die Verantwortlichen der Y-AG davon ausgehen, dass das für
die Y-AG verantwortliche Betriebsfinanzamt bei Erfassung des Sachverhalts, dass die Y-
AG die Anteile an der X-GmbH gegen Hingabe eigener Aktien erworben hatte, den
Bilanzansatz für die Anteile an der X-GmbH als Ausübung des Wahlrechts gemäß § 20
Abs. 2 UmwStG 2000 auslegen würde. Wie sich aus dem Schreiben der Y-AG vom
09.12.2003 an ihr Betriebsfinanzamt im Umkehrschluss ergibt, enthielten die
ursprüngliche Körperschaftsteuererklärung 2000, die Handelsbilanz 2000 und die
Steuerbilanz 2000 keinen Hinweis darauf, dass sich die Y-AG vorbehielt, ihr Wahlrecht
gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 erst im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung
2001 auszuüben. Dass unter diesen Umständen das Betriebsfinanzamt von einer
Wahlrechtsausübung im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung 2000 ausgehen
würde, mussten die wirtschaftlich erfahrenen und steuerlich beratenen Verantwortlichen
der Y-AG erwarten.
ccc) Es kann dahin stehen, ob mit einer in der Literatur vertretenen Auffassung eine
Anfechtbarkeit der Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 generell
ausgeschlossen ist (vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwStG, 5. Auflage 2009, §
20 Rz. 312; Koch, Betriebs-Berater 209, 660; a. A. Gosch, BFH-PR 2008, 486 sowie zur
Wahlrechtsausübung im Allgemeinen Weber-Grellet, DStR 1992, 1417 [1419]). Jedenfalls
hat die Y-AG ihre Erklärung über die Ausübung des Wahlrechts nach § 20 Abs. 2 UmwStG
nicht wirksam angefochten.
Im Streitfall ist schon zweifelhaft, dass den für die Y-AG handelnden Personen bei der
Erstellung des Jahresabschlusses 2000 das erforderliche Erklärungsbewusstsein fehlte.
Zwar haben Vertreter der Y-AG seit dem 16.06.2003 wiederholt geäußert, das Wahlrecht
nach § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 habe erst im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung
2001 ausgeübt werden sollen, weil man sich wegen der bedingten
Barzahlungsverpflichtung an der Ausübung des Wahlrechts im Rahmen des
Jahresabschlusses 2000 gehindert gesehen habe. Jedoch ist das Gericht nicht überzeugt,
dass diese Darstellung die tatsächliche Willensbildung der für die Erstellung des
Jahresabschlusses 2000 und der Körperschaftsteuererklärung 2000 Verantwortlichen der
Y-AG widerspiegelt. Zwar war es nicht unumstritten, ob § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 den
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Y-AG widerspiegelt. Zwar war es nicht unumstritten, ob § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 den
Grundsatz der Maßgeblichkeit durchbricht (vgl. die Darstellung des Meinungsstands bei
Herlinghaus, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2007, 474), jedoch ist seit
langem anerkannt, dass bedingte Verbindlichkeiten vor Eintritt der Bedingung nicht zu
passivieren sind (vgl. BFH, Urteil vom 17.12.1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl. II
2000, 116; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6.
Auflage 1998, § 246 HGB, Rz. 121; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Auflage 1999, § 5
Rz. 314). Dass die für Erstellung des Jahresabschlusses 2000 der Y-AG verantwortlichen
Personen, die mutmaßlich Angehörige der steuerberatenden Berufe waren, diese
Rechtslage verkannt haben sollten, erscheint unwahrscheinlich. Vielmehr kommt in
Betracht, dass die ab Mitte 2003 abgegebenen Erläuterungen Ausflüchte darstellten, um
den Kläger und seine Mitgesellschafter davon abzuhalten, die Y-AG wegen ihres
vertragswidrigen Verhaltens auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Denn es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Bilanzansatz zum 31.12.2000 auf
anderen Gründen beruht. Z. B. ist denkbar, dass den bei der Y-AG für das
Rechnungswesen Verantwortlichen die vertragliche Verpflichtung zur
Buchwertanknüpfung nicht bekannt war. Für ein fahrlässig oder vorsätzlich
vertragswidriges Verhalten spricht auch, dass trotz jahrelanger Bemühungen seitens des
Klägers und der Finanzverwaltung bis heute von der Y-AG kein Kontoblatt über die
Beteiligung an der X-GmbH für das Jahr 2001 herausgegeben wurde.
Für eine weiter gehende Sachverhaltsaufklärung in diesem Punkt hat das Gericht keine
Ansatzpunkte. Es ist nicht bekannt, wer bei der Y-AG für die Aufstellung des
Jahresabschlusses 2000 und die Erstellung der Körperschaftsteuererklärung 2000
verantwortlich war. Selbst wenn dies der mehrfach in Erscheinung getretene
Wirtschaftsprüfer A gewesen sein sollte, wäre eine weitergehende Beweisaufnahme nicht
möglich, da weder dessen aktuelle ladungsfähige Anschrift noch dessen frühere
Wohnanschrift bekannt sind. Angesichts der verstrichenen Zeit und der Insolvenz der Y-
AG sind von dieser keine sachdienlichen Hinweise zu erwarten.
Die verbleibende Unsicherheit geht zulasten des Klägers, der sich auf den Willensmangel
bei der Y-AG beruft.
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Y-AG eine wegen eines etwaigen Mangels des
Erklärungsbewusstseins anfechtbare Erklärung über die Ausübung des Wahlrechts nach
§ 20 Abs. 2 UmwStG 2000 wirksam und rechtzeitig angefochten hätte. Abweichendes
ergibt sich nicht aus dem Schreiben der Y-AG an das Finanzamt M vom 09.12.2003.
Dieses Schreiben stellt nach seinem Inhalt keine Anfechtungserklärung dar, mit dem die
Y-AG auf die Beseitigung einer ohne Erklärungsbewusstsein abgegebenen
Wahlrechtsausübung zielt. Eine Anfechtungserklärung muss auf Grund ihres objektiven
Erklärungswerts erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte seine vorangehende
Erklärung nicht gelten lassen will. Sie muss unzweideutig erkennen lassen, dass ein
Rechtsgeschäft wegen eines Fehlers, insbesondere wegen eines Willensmangels,
beseitigt werden soll (Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 143
Rz. 2 m. w. N.). Das Schreiben vom 09.12.2003 hebt nicht darauf ab, bei Abgabe der
Körperschaftsteuererklärung 2000 nebst Jahresabschluss 2000 sei ein Willensmangel
unterlaufen. Vielmehr wird erläutert, was die Erwägungen gewesen sein sollen, aufgrund
derer die von der Y-AG vorgenommene Bilanzierung vorgenommen wurde. Zwar wird die
Körperschaftsteuererklärung 2000 um einen sog. „Davon-Vermerk“ ergänzt, jedoch wird
nicht deutlich gemacht, dass das Fehlen dieses Vermerks auf einem zur Anfechtung
berechtigenden Willensmangel beruht.
Ferner wäre eine etwaige Anfechtungserklärung am 09.12.2003 nicht mehr unverzüglich
im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB analog erfolgt. Denn der Y-AG war durch den
Kläger jedenfalls seit Mitte Juli 2003 bekannt, dass die Finanzbehörden den Ansatz der
Anteile der X-GmbH mit 2.709.000,- € im Jahresabschluss auf den 31.12.2000 als Ansatz
gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 und damit als Wahlrechtsausübung ansahen. Selbst
wenn die Y-AG der Meinung gewesen sein sollte, ihr Vorgehen sei aus den von ihr
genannten Gründen gerechtfertigt, hätte sie zur Fristwahrung eine Eventualanfechtung
erklären müssen (Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl. 2009, § 121 Rz. 2 m. w. N.).
ddd) Da ein etwaiges Fehlen des Erklärungsbewusstseins die Erklärung der
Wahlrechtsausübung im Sinne des § 20 Abs. 2 UmwStG 2000 nicht unwirksam sondern
nur anfechtbar macht, kann in dem Schreiben vom 09.12.2003 auch nicht die Ausübung
einer bisher unterlassenen Wahlrechtsausübung gesehen werden.
eee) Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob die Y-AG durch ihr Schreiben vom
09.12.2003 an das Finanzamt M oder im Rahmen der Buchungen für das Wirtschaftsjahr
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09.12.2003 an das Finanzamt M oder im Rahmen der Buchungen für das Wirtschaftsjahr
2001 den zum 31.12.2000 bestehenden Bilanzansatz korrigiert hat. Eine solche
Korrektur hätte auch keine Rückwirkung auf das Streitjahr, da Korrekturen der
Wahlrechtsausübung nicht möglich sind (BFH, Urteil vom 28.05.2008 I R 98/06, BFHE
221, 215, BStBl. II 2008, 916).
c) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die von der Y-AG zum 31.12.2000
vorgenommene Bilanzierung widerspreche der Vereinbarung vom 21.06.2000, weil nicht
die Vereinbarung, sondern nur die tatsächliche Bilanzierung durch die Y-AG für die Höhe
des Einbringungsgewinns entscheidend ist (BFH, Beschluss vom 19.12.2007 I R 111/05,
BFHE 220, 151, BStBl. II 2008, 536).
4. Der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn unterliegt nicht gemäß § 20 Abs. 5
Satz 1 UmwStG 2000 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 EStG dem ermäßigten Steuersatz.
Denn dieser Tarifermäßigung steht entgegen, dass nicht das gesamte Nennkapital der
X-GmbH in die Y-AG eingebracht wurde (§ 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2000).
5. Über etwaige Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 AO ist in einem gesonderten
Verfahren zu entscheiden (vgl. BFH, Beschluss vom 19.12.2007 I R 111/05, BFHE 220,
151, BStBl. II 2008, 536).
II. Der Beklagte hat jedoch zu Unrecht einen Veräußerungsgewinn aus der Übertragung
von Anteilen an der X-GmbH auf die Z-AG der Besteuerung unterworfen. Zwar sind die
Anteile der X-GmbH im Streitjahr zivilrechtlich und wirtschaftlich auf die Z-AG
übergegangen, da der Z-AG der Anteil an der X-GmbH am 21.12.2000 unter
Einbeziehung des Gewinnbezugsrechts ab dem 01.01.2000 abgetreten wurde. Jedoch ist
dieses Geschäft, ohne dass die Z-AG die von ihr geschuldeten Aktien auf den Kläger
übertragen hätte, mit steuerlicher Rückwirkung rückabgewickelt worden.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Veräußerungsgewinn nach § 17
EStG im Wege einer stichtagsbezogenen Gewinnermittlung auf den Zeitpunkt der
Anteilsübertragung vorzunehmen ist, dass jedoch spätere Änderungen des
Veräußerungsgewinns mit Rückwirkung auf diesen Stichtag, ggf. im Wege einer
Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berücksichtigt werden können (BFH, Urteile
vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl. II 1994, 648; vom 19.08.2003 VIII R
67/02, BFHE 203, 309, BStBl. II 2004, 107; vom 27.03.2007 VIII R 25/05, BFHE 217, 467,
BStBl. II 2008, 298).
Ausgehend davon ergibt sich für den Streitfall hinsichtlich der Anteile, die an die Z-AG
übertragen wurden: Der Kläger hat mit der Übertragung der Anteile auf die Z-AG durch
Abtretung – wie oben ausgeführt – zwar die ihm obliegende Leistung bewirkt, jedoch
nicht die vereinbarte Gegenleistung erhalten. Nach dem Vertrag vom 21.12.2000
bestand die Gegenleistung in 963 Aktien der Z-AG, an denen dem Kläger durch
Übertragung auf ein Depotkonto Eigentum verschafft werden sollte. Eine solche
Übertragung in ein Aktiendepot des Klägers ist nicht erfolgt, wie sich schon aus den
Regelungen des Rückveräußerungsvertrags vom 18.12.2001 ergibt.
2. Diese Übertragung auf ein Depotkonto ist nicht durch die Eintragung in ein
Aktienregister ersetzt worden. Abgesehen davon, dass der Kläger eine solche Eintragung
bestreitet, ist die Eintragung im Aktienregister kein Ersatz für die anderweitig
vorgesehene Eigentumsübertragung, weil sich insoweit nur Auswirkungen im Verhältnis
zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft, nicht jedoch gegenüber Dritten ergeben (vgl.
Bayer in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2008, § 67 Rz. 36). Es
bestehen keine Anhaltspunkte dahingehend, dass eine ausdrückliche oder konkludente
Einigung zwischen dem Kläger und der Z-AG in der Weise erfolgt ist, dass durch die
Eintragung im Aktienregister die nach dem Vertrag geschuldete Übertragung in ein
Aktiendepot ersetzt wurde. Vielmehr haben ausweislich des vorgelegten Schriftverkehrs
bereits unmittelbar nach Eintragung der für die Ausgabe der Aktien erforderlichen
Kapitalerhöhung die Verhandlungen über eine Rückabwicklung der Übertragung der
Anteile an der X-GmbH begonnen. Soweit sowohl im Schriftverkehr als auch im Vertrag
vom 18.12.2001 der Kläger und seine Mitgesellschafter geäußert haben Eigentümer der
Aktien zu sein, handelt es sich um die Aussagen von juristischen Laien, denen insoweit
unter den gegebenen Umständen keinerlei faktische Bedeutung zukam, also keine
faktische Bedeutung in Abgrenzung zu einer Formulierung, die etwa von
Übertragungsansprüchen auf Aktien oder ähnlichem gesprochen hätten.
3. Entgegen der Auffassung des Beklagten war auch das wirtschaftliche Eigentum an den
Anteilen der Z-AG noch nicht auf den Kläger übergegangen. Dies wäre nur dann zu
bejahen gewesen (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), wenn der Kläger aufgrund eines
Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete
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Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete
Position erworben hätte, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden
konnte, und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere
Gewinnbezugs- und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance
einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen wären (BFH, Urteil vom 09.10.2008 IX R
73/06, BFHE 223, 145, BStBl. II 2009, 140). Dabei kann eine von der zivilrechtlichen
Inhaberstellung abweichende Zuordnung auch dann anzunehmen sein, wenn die
vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind.
Danach ergibt sich, dass zwar das Gewinnbezugsrecht, nicht jedoch das Stimmrecht auf
den Kläger übergegangen war. Dem Kläger stand zwar ein Anspruch auf Übertragung
der Aktien zu, jedoch war er zur Verwirklichung dieses Anspruchs auf die Mitwirkung der
Z-AG angewiesen. Er hatte es nicht in der Hand, allein durch eigenes Handeln, wie etwa
der Eigentumsvorbehaltskäufer, das zivilrechtliche Eigentum und damit die
uneingeschränkte tatsächliche Verfügungsbefugnis auf sich übergehen zu lassen. Dass
er aufgrund der zahlenmäßig festgelegten Zahl der Aktien sowie den
Veräußerungsbeschränkungen dem Risiko einer Wertminderung und der Chance einer
Wertsteigerung ausgesetzt war, führt auch in Verbindung mit dem Gewinnbezugsrecht
nicht dazu, dass bereits das wirtschaftliche Eigentum auf ihn übergegangen wäre. Dieses
ruhte vielmehr weiterhin bei der Z-AG.
4. Es entspricht weiterhin gesicherter Rechtsprechung, dass ein noch nicht erfülltes
Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 17 EStG mit Rückwirkung auf den
Veräußerungsstichtag rückgängig gemacht wird, wenn feststeht, dass der Veräußerer
seine Gegenleistung nicht mehr erhält und die Beteiligten die Rechtsfolgen des
Veräußerungsgeschäftes rückgängig machen (BFH, Urteile vom 21.12.1993 VIII R 69/88,
BFHE 174, 324, BStBl. II 1994, 648; vom 19.08.2003 VIII R 67/02, BFHE 203, 309, BStBl. II
2004, 107). Die genannten Urteile heben ausdrücklich hervor, dass es für den Fall, dass
der Kaufpreis noch nicht beglichen und damit der Kaufvertrag noch nicht abgewickelt ist,
auf die Ursache der Störung bei der Vertragsabwicklung nicht ankommt. Damit wird der
Streitfall von Sachverhalten abgegrenzt, in denen der Kaufpreis bereits vereinnahmt war
(vgl. BFH, Urteil vom 19.08.2003 VIII R 67/02, BFHE 203, 309, BStBl. II 2004, 107 unter
3.).
Auf die Rückgängigmachung der Gewinnbezugsrechte kommt es nicht an, weil sich darin
die wirtschaftliche Substanz der Gesellschaftsanteile nicht erschöpft.
Da die Z-AG die ihr im Dezember 2000 abgetretenen Anteile an der X-GmbH am
18.12.2001 wieder auf den Kläger zurück übertragen hat, ist die Anteilsveräußerung auf
die Z-AG mit steuerlicher Rückwirkung auf das Streitjahr rückabgewickelt worden.
III. Das Gericht hat dem hilfsweise und konkludent gestellten Vertagungsantrag nicht
entsprochen. Das Gericht versteht den Hilfsantrag dahin, dass der Kläger davon
ausgeht, bis zum Abschluss der möglicherweise noch laufenden Außenprüfung bei der Y-
AG könne noch eine Änderung des ursprünglichen Bilanzansatz für die Anteile der Y-AG
an der X-GmbH in den Jahresabschlüssen 2000 und 2001 erfolgen, und über den Inhalt
der Veranlagungsbilanzen solle nach Abschluss der Außenprüfung Beweis erhoben
werden. Eine solche Änderung der Steuerbilanzen der Y-AG ist jedoch – wie unter II.3.b)
bb) eee) ausgeführt – unzulässig. Anhaltspunkte dafür, dass das Betriebsfinanzamt der
Y-AG eine davon abweichende Rechtsauffassung vertritt, sind nicht ersichtlich. Vielmehr
haben die jeweils zuständigen Betriebsfinanzämter stets auf die Unabänderbarkeit des
Bilanzansatzes verwiesen.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis
folgen aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711
Zivilprozessordnung – ZPO – analog.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
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