Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: einkünfte, gesellschafter, unternehmen, verpachtung, geschäftsführer, bilanz, grundstück, vorrang, personengesellschaft, qualifikation

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
1994
Aktenzeichen:
6 K 4268/00 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 2
EStG 1990, § 6 Abs 1 Nr 4 EStG
1990, § 4 Abs 2 S 1 EStG 1990
Rechtsfolgen der geänderten BFH-Rechtsprechung zur sog.
mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zwischen
Schwestergesellschaften
Leitsatz
Veräußert ein sog. Betriebsgesellschafter seinen Anteil an der Betriebsgesellschaft, ist kein
Entnahmegewinn hinsichtlich seiner Beteiligung an der Besitzgesellschaft zu besteuern, wenn
diese letztgenannte Beteiligung aufgrund der früheren BFH-Rechtsprechung (fälschlich) als
(Sonder-) Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft bilanziert worden ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger im Streitjahr 1994 neben einem
unstreitigen Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - in Höhe von 306 759 DM wegen Verkaufs seines
Gesellschaftsanteils an der Beigeladenen einen weiteren Gewinn i. S. von § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe von 382 054 DM wegen
gleichzeitiger Entnahme seines Gesellschaftsanteils an einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts aus dem (Sonder-) Betriebsvermögen der Beigeladenen und Überführung dieses
Wirtschaftsgutes in sein Privatvermögen erzielt hat.
Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1993 an der Beigeladenen, einem Unternehmen
in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, als Kommanditist beteiligt. Die Beigeladene
nutzte ein bebautes Grundstück "E..." in B... zu betrieblichen Zwecken. An diesem
Grundstück hatte eine "BGB-Gesellschaft E..." (künftig: GbR), zu deren Gesellschafter
ebenfalls der Kläger gehörte, ein Erbbaurecht. Als Gegenleistung für die treuhänderische
Überlassung des Erbbaurechts durch die GbR (Vertrag vom 27. Juli 1993) hatte die
Beigeladene eine jährliche Vergütung in Höhe von 15 000 DM zu entrichten. Außerdem
trug die Beigeladene den Erbbauzins sowie die Kosten der Bewirtschaftung des
Grundstücks. Die GbR ermittelte ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung (§
4 Abs. 3 EStG).
Die Beteiligungsverhältnisse an den beiden Gesellschaften stellten sich vor dem
Ausscheiden des Klägers wie folgt dar:
Herr K...
Herr P...
Herr S...
Kläger
Herr St...
Frau S...
Komplementärin der Beigeladenen war die Fa. T... GmbH mit Sitz in B..., deren
Geschäftsführer Herr S...war.
Im Rahmen eines notariellen Vertrages vom 12. November 1993 (UR-Nr. 356 M/1999
des Notars Dr. M... aus M...) veräußerte der Kläger seinen Kommanditanteil an den
Mitgesellschafter S.... Die Veräußerung war aufschiebend bedingt durch die Eintragung in
das für die Beigeladene zuständige Handelsregister, welche am 15. März 1994
durchgeführt wurde.
Aufgrund der Veräußerung seines Gesellschaftsanteils an der Beigeladenen ist dem
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Aufgrund der Veräußerung seines Gesellschaftsanteils an der Beigeladenen ist dem
Kläger im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Einkünftefeststellung für das
Streitjahr 1994 unstreitig ein Gewinn i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 306
759 DM zuzurechnen. Der Gesellschaftsanteil des Klägers an der GbR wurde von der
Beigeladenen in ihrer Gesamthandelsbilanz ausgewiesen.
Im Rahmen einer im Jahr 1998 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Beigeladenen
gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass aufgrund des Ausscheidens des Klägers
als Kommanditist aus der Beigeladenen ein Entnahmegewinn hinsichtlich seines
Gesellschaftsanteils an der GbR angefallen sei. Die Gesellschaftsanteile der Herren K...,
P..., S... und Sch... (= Kläger) an der GbR seien als deren Sonderbetriebsvermögen in
der Bilanz der Beigeladenen zu erfassen. Den Entnahmegewinn des Klägers ermittelte
der Betriebsprüfer mit 382 054 DM (vgl. BP-Bericht vom 8. Oktober 1998).
Daraufhin stellte der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GbR mit
Schreiben vom 21. Dezember 1998 unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 16. Juni 1994 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1996, 82), vom 22. November
1994 (BStBl II 1996, 93) und vom 23. April 1996 VIII R 13/95 (BStBl II 1998, 325) sowie
unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
28. April 1998 (BStBl I 1998, 583) den Antrag, für die GbR "für die zurückliegenden Jahre"
die bisher als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärten und vom Beklagten
festgestellten Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich als Einkünfte aus
Gewerbebetrieb ermitteln und dabei die Erkenntnisse aus den o.g. BFH-Urteilen
berücksichtigen zu dürfen. Die Beigeladene, vertreten durch ihre Komplementärin und
diese wiederum vertreten durch Herrn S..., widersprach diesem Änderungsbegehren
schriftlich gegenüber dem Beklagten, soweit es die zurückliegenden Jahre betraf.
Am 26. August 1999 erließ der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO 1977) geänderten Einkünftefeststellungsbescheid für das Streitjahr 1994 (der
Erstbescheid stammte vom 25. März 1996), in dem er die Folgerungen aus den
Rechtsansichten des Betriebsprüfers zog. Dem für die GbR gestellten Änderungsantrag
folgte er dabei nicht. Gleichzeitig hob er den vorhandenen Vorbehalt der Nachprüfung
auf.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2000 wies der Beklagte den hiergegen
gerichteten Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er im
Wesentlichen aus, dass dem Änderungsantrag der GbR nicht zu folgen sei, weil ein
solcher rechtswirksam für die Bilanzen der Beigeladenen für die zurückliegenden Jahre
nur vom hierzu berufenen rechtsgeschäftlichen Vertreter der Beigeladenen hätte
gestellt werden können.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die
Rechtsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und der GbR seien im Streitjahr 1994 als
"mitunternehmerische Betriebsaufspaltung" i. S. der BFH-Rechtsprechung zu
qualifizieren. Nach der insoweit geänderten BFH-Rechtsprechung, die auf alle noch nicht
bestandkräftig abgeschlossenen Veranlagungszeiträume anwendbar sei, erziele die GbR
aufgrund der Verpachtung des Erbbaurechts an die Beigeladene Einkünfte aus
Gewerbebetrieb und sei das Erbbaurecht deshalb (nur) in den noch zu erstellenden
Bilanzen der GbR zu erfassen. Ein Entnahmegewinn sei daher im Zusammenhang mit
seinem Ausscheiden als Kommanditist bei der Beigeladenen nicht angefallen.
Als Geschäftsführer der GbR habe er den Änderungsantrag vom Dezember 1998
rechtswirksam gestellt, weil hierfür weder die Zustimmung der übrigen Gesellschafter
der GbR noch die Zustimmung der Geschäftsführung der Beigeladenen erforderlich
gewesen sei. Die Verpflichtung zur Aufstellung einer Bilanz infolge der geänderten BFH-
Rechtsprechung treffe allein den Geschäftsführer des sog. Besitzunternehmens.
Lediglich für die Folgewirkungen bei der Beigeladenen sei deren Geschäftsführung
verantwortlich.
Der Kläger beantragt, die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1994 unter Änderung des Bescheids vom 26. August 1999
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2000 dahingehend durchzuführen,
dass der auf den Kläger entfallende Veräußerungsgewinn von bisher DM 688.813,- um
DM 382.054,- auf DM 306.759,- herabgesetzt wird, sowie die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen darauf, dass nach den Ausführungen in Tz. 4 des BMF-
Schreibens in BStBl I 1998, 583 ein gemeinsamer Antrag von Besitz- und
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Schreibens in BStBl I 1998, 583 ein gemeinsamer Antrag von Besitz- und
Betriebsgesellschaft für eine Änderung der Bilanzen dieser Gesellschaften für
Wirtschaftsjahre erforderlich sei, die vor dem 1. Januar 1999 begonnen hätten.
Der erkennende Senat hat am 8. März 2007 beschlossen, die Fa. E... GmbH & Co. KG zu
dem Klageverfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO
-).
Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung keine (Steuer-) Akten des
Beklagten vorgelegen, weil diese nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters und
der zuständigen Sachgebietsleiterin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der
Behörde unauffindbar waren (vgl. Empfangsbekenntnis des Beklagten vom 30. Oktober
2006). Der Senat konnte gleichwohl entscheiden, weil der Sachverhalt zwischen den
Beteiligten unstreitig ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkünftefeststellungsbescheid vom 26.
August 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2000 ist rechtswidrig
und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Da der
Gesellschaftsanteil des Klägers an der GbR im Streitjahr 1994 weder als dessen
notwendiges noch gewillkürtes (Sonder-) Betriebsvermögen in der Bilanz der
Beigeladenen zu erfassen ist, ist in die gesonderte und einheitliche Einkünftefeststellung
für 1994 betr. die Beigeladene auch kein diesbezüglicher Entnahmegewinn des Klägers i.
S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG einzubeziehen.
1. Mit Urteilen vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BStBl II 1996, 82, vom 22. November 1994
VIII R 63/93, BStBl II 1996, 93 und vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BStBl II 1996, 325 hat
der BFH unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer
sog. "mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung" zwischen Schwestergesellschaften
Folgendes entschieden: Die Qualifikation des überlassenen Vermögens als
Betriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft sowie die Einkünfte aus der
Verpachtung dieses Vermögens als gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter der
Besitzpersonengesellschaft hat Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als
Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte aus der Verpachtung als
Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebspersonengesellschaft.
a.) Nach der früheren BFH-Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 25. April 1985 IV R 36/82,
BStBl II 1985, 622) und Auffassung der Finanzverwaltung (Abschn. R 137 Abs. 4 der
Einkommensteuer-Richtlinien 1993) hatte die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Satz 1 Halbs. 2 EStG Vorrang vor dem Rechtsinstitut der mitunternehmerischen
Betriebsaufspaltung (ebenso Schmidt, EStG, 13. Aufl. 1994, § 15 Rz. 146 b).
Dementsprechend waren Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der sog.
Besitzpersonengesellschaft standen, aber von dieser der Betriebspersonengesellschaft
zur Nutzung überlassen wurden, als Sonderbetriebsvermögen der betr. Gesellschafter
bei der Betriebspersonengesellschaft zu bilanzieren.
b.) Im Streitjahr 1994 waren die Voraussetzungen einer mitunternehmerischen
Betriebsaufspaltung im Sinne der BFH-Rechtsprechung zwischen der GbR und der
Beigeladenen gegeben (diese Prüfung muss wegen des Grundsatzes der
Abschnittsbesteuerung für jeden Veranlagungszeitraum gesondert durchgeführt werden,
vgl. BFH-Urteil vom 21. August 1996 X R 25/93, BStBl II 1997, 44): Die Vermietung von
Wirtschaftsgütern durch eine Personengesellschaft an eine andere Personengesellschaft
wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann als eine über die reine
Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das
vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden Unternehmen
sachlich und personell verflochten ist (Betriebsaufspaltung, vgl. nur Urteil vom 24.
Februar 2000 IV R 62/98, BStBl II 2000, 417, m.w.N.).
Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn es sich bei dem vermieteten
Wirtschaftsgut für das Betriebsunternehmen um eine wesentliche Betriebsgrundlage
handelt. Unstreitig handelt es sich bei dem von der GbR der Beigeladenen gegen Entgelt
zur Nutzung überlassenen Erbbaurecht um eine wesentliche Betriebsgrundlage, da das
betreffende Grundstück von der Beigeladenen im Streitjahr 1994 als Betriebsgrundstück
genutzt worden ist.
Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden
Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Es genügt, dass
die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in
der Lage sind, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen (sog.
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der Lage sind, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen (sog.
Beherrschungsidentität, vgl. grundlegend BFH-Beschluss vom 8. November 1971 GrS
2/71, BStBl II 1972, 63). Im Streitfall war eine Gruppe von Gesellschaftern (K..., P..., S...,
bis zum 16. März 1994 unter Hinzuziehung des Klägers) in der Lage, ihren Willen in
beiden Personengesellschaften durchzusetzen, was für die Bejahung einer personellen
Verflechtung ausreicht (vgl. dazu Wacker, in: Schmidt, EStG, 25. Aufl. 2006, § 15 Rz. 823,
m.w.N.). Das Vorhandensein von Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Gesellschaftern innerhalb der Gruppe in Einzelfragen der betrieblichen Praxis steht der
Annahme einer personellen Verflechtung i. S. der BFH-Rechtsprechung nicht entgegen,
denn der BFH stellt darauf ab, dass die Beteiligungsverhältnisse gerade auch im Falle
der Beherrschungsidentität im Regelfall Ausdruck eines "nicht nur zufälligen
Zusammenkommens der an den beiden Unternehmen beteiligten Personen" seien,
sondern dass diese sich zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks auch
beim Besitzunternehmen zusammengeschlossen hätten, ihr Handeln also durch
gleichgerichtete Interessen bestimmt werde. In diesem Sinne ist im Streitfall
festzustellen, dass die Beigeladene das Erbbaurecht im Streitjahr 1994 bereits 10 Jahre
lang (aufgrund eines Vertrages vom 27. Juli 1983) treuhänderisch für die
Kommanditisten K..., P..., S... und Sch... (= Kläger) gehalten hat. Diese Kontinuität sieht
der Senat als ausreichendes Indiz für die grundsätzliche Gleichgerichtetheit der
wirtschaftlichen Interessen der vorgenannten Personengruppe an.
c.) Bestand aber zwischen den beiden Schwestergesellschaften im Streitjahr 1994 eine
mitunternehmerische Betriebsaufspaltung, so ist für die Bejahung eines
Entnahmegewinns des Klägers i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 6 Abs.
1 Nr. 4 EStG im Hinblick auf die nach der geänderten BFH-Rechtsprechung erforderliche
Ausbuchung seiner Beteiligung an der GbR aus der Bilanz der Beigeladenen kein Raum.
Die geänderte BFH-Rechtsprechung ist auf alle noch nicht bestandskräftig
abgeschlossenen Veranlagungszeiträume anwendbar (vgl. dazu Söffing, BB 1998, 1973
ff., 1977). Soweit die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 583, die
Anwendung der geänderten BFH-Rechtsprechung für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.
Januar 1999 begonnen haben, aus Gründen des Vertrauensschutzes von zusätzlichen
Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere einem einheitlichen Antrag von Besitz- und
Betriebsunternehmen abhängig machen will, handelt es sich unstreitig um einen sog.
"Teilanwendungserlass" (vgl. dazu Schmidt, EStG, 20. Aufl. 2001, § 15 Rz. 858), der die
Finanzgerichte in ihrer Entscheidung nicht binden kann. Zudem vermag der vom BMF für
seine Regelung angeführte Gedanke des Vertrauensschutzes den erkennenden Senat in
seinen praktischen Konsequenzen für den Streitfall nicht zu überzeugen: Es ist für den
Kläger als ausgeschiedenen Gesellschafter der Beigeladenen nicht einsichtig, warum das
Vertrauen seiner Mitgesellschafter in den Fortbestand der ursprünglichen BFH-
Rechtsprechung schützenswerter sein soll als sein Vertrauen in die Durchführung einer
juristisch einwandfreien Ertragsbesteuerung der Beigeladenen unter Anwendung der
aktuellen Erkenntnisse des BFH. Der erkennende Senat orientiert sich daher
ausschließlich an den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Die Konsequenz aus der geänderten BFH-Rechtsprechung für den Streitfall besteht
darin, dass die Beteiligung des Klägers an der GbR weder als notwendiges noch als
gewillkürtes (Sonder-) Betriebsvermögen anzusehen und deshalb von der Beigeladenen
im Wege einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG gewinnneutral
auszubuchen ist (vgl. dazu Söffing, a. a. O.). Ein Entnahmegewinn i. S. von § 6 Abs. 1
Satz 1 Nr. 4 EStG ist schon von seiner gesetzlichen Definition (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG)
her nicht denkbar, weil die GbR-Beteiligung nach der geänderten BFH-Rechtsprechung
als zu keinem Zeitpunkt zum Betriebsvermögen der Beigeladenen gehörig anzusehen
ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 und 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
3. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil nach der Überzeugung des
erkennenden Senats kein Zulassungsgrund i. S. von § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.
Ausschlaggebend für diese Beurteilung war der Umstand, dass das BMF-Schreiben in
BStBl I 1998, 538 partiell einen Nichtanwendungserlass hinsichtlich der
streitgegenständlichen, geänderten BFH-Rechtsprechung beinhaltet.
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