Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.10.2014

vorsteuerabzug, lieferung, firma, unternehmer

FG Baden-Württemberg Urteil vom 17.10.2014, 9 K 4424/11
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
Tenor
1. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 30. März 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011 wird dahingehend abgeändert,
dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 152.000 EUR herabgesetzt wird.
2. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 2009 vom 30. März 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011 wird dahingehend abgeändert,
dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 57.000 EUR herabgesetzt wird.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahrens werden zu 42 % dem Kläger und zu 58 % dem
Beklagten auferlegt.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten, die dem Beklagten auferlegt worden sind,
ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung
durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in
Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Streitig ist die Gewährung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Umsatzsteuergesetz
(UStG) aus vier Eingangsrechnungen des Klägers.
2
Der Kläger ist umsatzsteuerlicher Unternehmer und unterliegt der
Regelbesteuerung. Gegenstand seines Unternehmens ist die Vermietung von
Maschinen und Industrieanlagen verschiedener Art im Rahmen des
Industrieleasings. Konkret bietet er Finanzdienstleistungen an und vermietet oder
verleast Wirtschaftsgüter an Unternehmen, in dem er entweder Wirtschaftsgüter
kauft und an Dritte verleast, oder indem er im sog. „sale and lease back-
Verfahren“ direkt vom Eigentümer kauft und an diesen dann das Wirtschaftsgut
verleast.
3
Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Juni 2009 für die Kalenderjahre 2005 bis
2007 stellte die damalige Prüferin fest, dass die vorgelegte Rechnung vom 10.
August 2007 (Bl. 4 Rechtsbehelfsakten), ausgestellt von einer „Firma X“, A-Straße
1-3 in Y, über die Veräußerung von 24 xxx zzgl. Zubehör zu einem Nettopreis von
723.500 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer (137.465 EUR) nicht den gesetzlichen
Anforderungen an eine Rechnung genügte. Die auf der Rechnung ausgewiesene
Steuernummer sowie die Umsatzsteueridentifikationsnummer waren der Z-
GmbH (künftig: Z-GmbH) zuzuordnen. Daher versagte die Prüferin den
Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung in Höhe von 137.465 EUR.
4
Aufgrund der Prüfungsfeststellung setzte sich der Kläger mit dem
Rechnungsaussteller in Verbindung und erhielt am 15. Juni 2009 von der Z-
GmbH eine berichtigte Rechnung mit Rechnungsdatum „10. August 2007“ mit
gleichem Inhalt, aber entsprechend geändertem Briefkopf (siehe Bl. 5
Rechtsbehelfsakten). Nunmehr war die Z-GmbH und nicht mehr die Firma X
Rechnungsausstellerin. Den Vorsteuerabzug in Höhe von 137.465 EUR aufgrund
der berichtigten Rechnung machte der Kläger im Rahmen der
Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2009 geltend. Am 4. Februar 2010 reichte
der Kläger seine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 sowie am 21. April
2010 diejenige für 2009 beim Beklagten ein. Hierin berechnete er folgende
Umsatzsteuerbeträge:
5
2008
2009
auf
Lieferungen
und
sonstige
Leistungen
entfallende Umsatzsteuer
133.997,59 EUR 90.459,87 EUR
Vorsteuerbeträge
174.623,72 EUR
199.372,56 EUR
Umsatzsteuer
./. 40.626,13
EUR
./. 108.912,69 EUR
6
Diese Erklärungen kamen einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gleich.
7
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Z-GmbH im Jahr 2010 durch das
Finanzamt C stellte sich heraus, dass die Z-GmbH nicht Eigentümerin der
veräußerten xxx gewesen war. Des Weiteren wurde bekannt, dass die Z-GmbH
die gleichen xxx und auch sonstige Anlagen mehrfach an andere Firmen
veräußert hatte. Am 1. Januar 2010 wurde über das Vermögen der Z-GmbH das
Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Zusammenhang stellte der
Insolvenzverwalter einen Kredit- und Umsatzsteuerbetrug fest.
8
Der Kläger stellte mit Schreiben vom 5. Januar 2010 bei der Staatsanwaltschaft C
Strafantrag wegen mehrfachen Betrugs und Kreditbetrugs gegen die Beteiligten
der Z-GmbH F., G. und H., alle wohnhaft in B, I-Straße 5.
9
Am 16. Dezember 2010 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuersonderprüfung
beim Kläger für die Besteuerungszeiträume und Streitjahre 2008 und 2009 an, in
deren Rahmen der Prüfer den Vorsteuerabzug aus folgenden vier Rechnungen
beanstandete:
10
Rechnungsdatum Nr.
Rechnungs-
Aussteller
Gegenstände Nettobetrag USt
10.08.2007
1... Z-GmbH
24 xxx
723.500
EUR
137.465
EUR
zzgl. Zubehör
15.05.2008
2... Z-GmbH
10
...maschinen
80.000
EUR
15.200
EUR
15.01.2009
3... Z-GmbH
20
...maschinen
300.000
EUR
57.000
EUR
Maschine-
Nr.4......
07.05.2008
5... K-AG
Peripherie zum
Nitrierofen
800.000
EUR
152.000
EUR
11 Zu diesen Rechnungen traf der Prüfer folgende Feststellungen:
12 1. Zu Rechnung vom 10. August 2007, Z-GmbH, 24 xxx
13 Über das ...center L lag eine Rechnung vom 10. August 2007 von der Firma X an
die Z-GmbH vor (Bl. 3 Rechtsbehelfsakten). Der Rechnungsempfänger war
durchgestrichen und der Kläger hatte handschriftlich daneben vermerkt „kommt
neu auf M Industrie“. Laut aufgebrachtem Buchungsstempel wurde diese
Rechnung am 30. August 2007 beim Kläger verbucht. Außerdem fand der Prüfer
einen weiterer Rechnungsbeleg vor mit gleichem Inhalt und gleichem Datum,
ausgestellt von der Firma X an den Kläger.
14 Der Kläger bestellte am 17. August 2007 bei der Firma X „24 xxx mit Maschinen
... mit Zubehör fertig und spielfertig installiert und 6 Billardtische, 2
Dartspielautomaten, 3 Airhockeytische, 1 Kickertisch lt. Angebot an Z-GmbH vom
10.08.2007“ (Bl. 6 Rechtsbehelfsakten). Nach dieser Bestellung war die Mieterin,
die Z-GmbH, verpflichtet, eine „Mietsonderzahlung im Wege des verkürzten
Zahlweges in Höhe von EUR 500.000 zzgl. 19 % MwSt. = brutto EUR 595.000
direkt an [die Firma X] zu leisten…“.Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die
Bestellung ergänzend Bezug genommen.
15 Der Kläger schloss am 17./20. August 2007 als Vermieter mit der Z-GmbH als
Mieter einen Mietvertrag in Form eines Finanzierungsleasings über die 24 xxx
nebst Zubehör sowie die anderen Gegenstände ab. Darin wurde als „Standort
des Miet-objekts: N-Straße 1, L“, als Mietbeginn der „01.09.2007“, als Laufzeit „72
Monate“ sowie als monatliche Miete „6.000 EUR zuzüglich der gesetzlichen USt.
1.140 EUR = 7.140 EUR“ vereinbart. Unter der Rubrik „Sonstige Vereinbarungen“
wurde folgendes geregelt: „Der Mieter überweist per Dauerauftrag die mtl. Miete
von 7.140 EUR je am 01. eines Monats eingehend auf Konto 123.., O-Bank in P
zu Gunsten von Q - Industrie“. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diesen
Mietvertrag ergänzend Bezug genommen (Bl. 12 ff. Rechtsbehelfsakten).
16 Zur Sicherung der Ansprüche des Klägers gegenüber dem Mieter aus dem
Mietvertrag vom 17. August 2007 fand der Prüfer beim Kläger
selbstschuldnerische Bürgschaften von folgenden Personen vor (Bl. 18 bis 21
Rechtsbehelfsakten):
17
1. R GmbH, W-Straße 6 in R
unterschrieben von F.
2. F., E-Straße 8, S
3. G., E-Straße 8, S
4. H., E-Straße 8, S.
18 In einer Übernahmebestätigung vom 19. August 2007 (Bl. 9 Rechtsbehelfsakten)
bestätigte die Z-GmbH, vertreten durch Frau F., schriftlich die vollständige und
mängelfreie Lieferung der 24 xxx sowie der anderen Gegenstände „lt. Angebot an
Z-GmbH vom 10.08.2007“ durch die Firma X. Diese Übernahmebestätigung ging
beim Kläger per Telefax am 28. August 2007 ein. Der Prüfer fand beim Kläger
eine wortgleiche Übernahmebestätigung vor, die beim Kläger laut angebrachtem
Vermerk am 21. August 2007 eingegangen sein soll, in der aber die Alternative
„der oben genannte Gegenstand wurde vollständig und mängelfrei geliefert“ nicht
angekreuzt ist (Bl. 8 Rechtsbehelfsakten).
19 Der Kläger tätigte am 29. August 2007 eine Überweisung in Höhe von 223.500
EUR und am 17. September 2007 in Höhe von 42.465 EUR an die „Firma X“,
Konto-Nr. 222..... Letztere Überweisung enthält noch zusätzlich den Namen „H.“.
20 Die Mietzahlungen an den Kläger erfolgten vom selben Konto, wobei in den
Gutschriften auf dem Konto des Kläger nur der Name „H.“ erwähnt wird.
21 Die 24 xxx sollten in ein ...center in dem seit sieben Jahren leerstehenden
Gebäude N-Straße 1 in L eingebaut werden. Die Bauarbeiten verzögerten sich
aufgrund von verwaltungsrechtlichen Bauauflagen erheblich. Die Eröffnung des
..centers konnte folglich erst im Mai 2009 erfolgen. Tatsächlich wurden auch nur
14 xxx eingebaut.
22 2. Zu Rechnung vom 15. Mai 2008, Z-GmbH, 10 ...maschinen
23 Der Kläger erwarb im Dezember 2005 von der Firma T u.a. „10 ....“ sowie „10 ....“
zum Preis von 50.000 EUR zuzügl. 16 % USt. Nach der Rechnung vom 1.
Dezember 2005 (Bl. 53 der Rechtsbehelfsakten II) wurden die ... sowie die
weiteren Gegenstände direkt an die Z-GmbH in Y, A-Straße 1 geliefert.
24 In der Rechnung vom 15. Mai 2008 berechnete die Z-GmbH dem Kläger „10
...maschinen Standort: Y, A-Straße 1 incl. Computersystem MT incl. Zubehör
...maschinen, Maschinen-Nr. ....“ zum Preis von 80.000 EUR zuzügl. 19 % USt.
(Bl. 42 Rechtsbehelfsakten). Mit gleichem Datum schloss der Kläger über diese
zehn ...maschinen einen Mietvertrag im Rahmen einer Sale-and-lease-back-
Gestaltung mit der Firma Z-GmbH, auf den wegen weiterer Einzelheiten
ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 43 ff. Rechtsbehelfsakten). Darin wurde
als Standort des Mietobjekts „A-Straße 1, Y“, Laufzeit des Mietvertrags „48
Monate“, als Mietbeginn „01.06.2008“ und als monatliche Miete „2.700 EUR
zuzüglich gesetzl. USt 513 EUR = 3.213 EUR“ vereinbart.
25 Zur Sicherung der Ansprüche des Klägers gegenüber der Mieterin fanden sich
selbstschuldnerische Bürgschaften folgender Personen (Bl. 49 bis 52
Rechtsbehelfsakten):
26
1. R…..GmbH,…..W-Straße…..6 in R
unterschrieben von F.,
2. F., E-Straße 8, S, unterschrieben von F.,
3. G., E-Straße 8, S
4. H., E-Straße 8, S.
27 3. Zu Rechnung vom 15. Januar 2009, Z-GmbH, 20 ...maschinen
28 Laut dieser Rechnung (Bl. 56 Rechtsbehelfsakten) übergab die Z-GmbH an den
Kläger für das ...center in R W-Straße 6 mit „20 ...maschinen ..., 20
Computersysteme Maschinen ..., ...zubehör, Kücheneinrichtung komplett,
Musikanlage“ spielfertig für 300.000 EUR zuzügl. USt.
29 Mit Mietvertrag vom 5. Dezember/11. Dezember 2008 (Bl. 58 ff.
Rechtsbehelfsakten) vermietete der Kläger diese 20 ...maschinen etc. im Rahmen
eines Finanzierungsleasing an „U., ...center R“, Wohnanschrift : V-Straße 9 in Ü.
Darin wurde als Standort des Mietobjekts “ W-Straße 6 R“, als Laufzeit des
Mietvertrags „72 Monate“, als Mietbeginn „01.01.2009“, als monatliche Miete
„6.450 EUR zuzügl. gesetzl. USt 1.225,50 EUR = 7.675,50 EUR“ vereinbart.
Wegen weiterer Einheiten wird auf den Mietvertrag ergänzend Bezug genommen.
30 Laut schriftlicher Übernahmebestätigung wurden diese 20 ...maschinen am 5.
Dezember 2008 von der Z-GmbH an die Mieterin „vollständig und mängelfrei“
geliefert.
31 Zur Sicherung der Ansprüche des Klägers gegenüber der Mieterin fanden
sich selbstschuldnerische Bürgschaften vom 5. Dezember 2008 folgender
Personen (Bl. 64 f. Rechtsbehelfsakten) :
32
1. Z-GmbH, unterschrieben von F.,
2. F., E-Straße 8, S, unterschrieben von F.,
3. G., E-Straße 8, S.
33
4. Zu Rechnung vom 7. Mai 2008, K-AG, Nitrierofen
Vor Rechnungsstellung erhielt der Kläger am 22. April 2008 von der K-AG
(künftig: K-AG) folgende Angebote:
a) Angebot 444.. über KON 22/... Nitrierofen für 800.000 EUR (Bl. 97 ff.
Rechtsbehelfsakten), und
b) Angebot 999.. über MZKA 00/... Mehrzonenkammerautomat für 400.000
EUR (Bl. 102 ff. Rechtsbehelfsakten).
34 Der Prüfer fand eine Bestellung des Klägers (Bl. 107 Rechtsbehelfsakten) vor,
gerichtet an die K-AG zu einem nicht bekannten Zeitpunkt, mit folgendem
Wortlaut: „Bestellung über : 1 Nitrierofen KON 22/... lt. Angebot Nr.: 444.. mit
Sicherungsübereignung an Q - Industrie von zusätzlich 1
Mehrzonenkammerautomat MZKA 00/... lt. Angebot Nr.: 999.. je der K-AG vom
22.04.2008“. Als Kaufpreis ist aufgeführt: 800.000 EUR zuzügl. USt. Auf der
Bestellung ist der Text: „zusätzlich 1 Mehrzonenkammerautomat MZKA 00/... lt.
Angebot Nr.: 999.. je“ durchgestrichen und handschriftlich vermerkt „Peripherie“.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die schriftliche Bestellung ergänzend Bezug
genommen.
35 Unter Bezug auf das Angebot 444.. stellte die K-AG am 7. Mai 2008 dem Kläger
für die Lieferung einer „Peripherie zum Nitrierofen“ den Nettobetrag von
800.000 EUR zuzüglich 19 % USt (152.000 EUR) in Rechnung (Bl. 109
Rechtsbehelfsakten). Mit dem Nachtrag zur Rechnung vom 3. Juni 2008 wurde
klargestellt, dass es sich bei der Peripherie um Mehrzweckkammerofen-
Bestandteile zum Nitrierofen handele.
36 Bereits am 5. Mai 2008 stellte die K ... GmbH (künftig: K GmbH) der K-AG für
„KON 22/... Peripherie zum Nitrierofen“ den Betrag von netto 800.000 EUR
zuzügl. 19 % USt in Rechnung (Bl. 96 Rechtsbehelfsakten).
37 Am 28. Mai bzw. 2. Juni 2008 schloss der Kläger als Vermieter mit der K GmbH
als Mieterin einen Mietvertrag in Ausgestaltung eines Finanzierungsleasing ab.
Darin wurde als Standort des Mietobjekts „D-Straße 1 in Ä“, als Mietgegenstand
„Nitrierofen KON 22/... lt. Angebot 444.. vom 22.04.2008 u.
Sicherungsübereignung zusätzlich Peripherie“, als Laufzeit „84 Monate“, als
Mietbeginn „01.06.2008“ und als monatliche Miete „18.920 EUR zzgl. gesetzl. USt
3.594,80 EUR = 22.514,80 EUR“ vereinbart. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf
den Mietvertrag (Bl. 112 Rechtsbehelfsakten) ergänzend Bezug genommen.
38 Am 2. Juni 2008 bestätigte die Mieterin die vollständige und mängelfreie
Lieferung des Nitrierofens und Peripherie von der K-AG (Bl. 111
Rechtsbehelfsakten).
39 Wegen rückständiger Mietzahlungen erhob der Kläger am 18. November 2008
beim Landgericht Ö Klage gegen die K GmbH. Am 19. Januar 2009 erging gegen
die Mieterin ein Versäumnisurteil.
40 Die Rechtsanwälte AA, BB, CC und DD der Kanzlei EE erstellten am 29. März
2010 ein Gutachten zur Eigentumslage an dem Mehrzonenkammerautomat
MZKA mit Nitrierofen und dazu gehörenden Gegenständen, auf das ebenfalls
ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 120 ff. Rechtsbehelfsakten). Aus dem
Gutachten geht hervor, dass weder die K-AG noch der Kläger Eigentum an der
Anlage erworben haben. Die Anlage bzw. Bestandteile der Anlage wurden durch
die K GmbH bzw. zwischengeschaltete Firmen mehrfach an Finanzierungs- und
Leasinggesellschaften veräußert.
41 Unstreitig zwischen den Beteiligten ist, dass der Kläger den Rechnungsbetrag an
die K-AG vollständig bezahlt hat.
42 Inzwischen wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K GmbH
eröffnet.
43 Aufgrund dieser Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte mit Bescheiden
vom 30. März 2011 die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2008 und 2009 gemäß §
164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und kürzte die Vorsteuer für 2008 in Höhe von
167.200 EUR und für 2009 in Höhe von 194.465 EUR. Der Vorbehalt der
Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.
44 Gegen diese Änderungsbescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 11. April
2011 jeweils Einspruch ein, die mit Einspruchsentscheidung vom 21. November
2011 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
45 Mit seiner am 23. Dezember 2011 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der
Kläger, die aufgrund der Prüfungsfeststellungen gekürzten Vorsteuerbeträge für
die beiden Streitjahre mit folgender Begründung zu gewähren:
46 1. Zu Rechnung vom 10. August 2007:
47 Zu Unrecht habe der Beklagte den Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung
versagt. Ursprünglich habe der Kläger einen Kaufvertrag mit Firma X über den
Erwerb von 24 xxx zu einem Preis von 860.965 EUR (brutto) abgeschlossen.
Hierbei handele es sich um ein Einzelunternehmen, dessen Inhaber ein Herr H.
sei. Diese ... sollten vom Kläger verleast werden an die Z-GmbH, die auch
gleichzeitig eine in der Rechnung ausgewiesene Mietsonderzahlung direkt an
den Eigentümer geleistet habe. Der Kläger habe parallel zu dem Kauf einen
Leasingvertrag über genau diese Gegenstände mit der Z-GmbH abgeschlossen.
Die Firma X habe die 24 xxx nebst Zubehör mit Rechnung vom 10. August 2007
zunächst der Z-GmbH (dem künftigen Mieter) in Rechnung gestellt, diese
Rechnung aber dem Kläger übersandt. Da der Kläger selbst sofort erkannt habe,
dass diese Rechnung nicht ordnungsgemäß gewesen sei, habe er auf dieser
Rechnung handschriftlich den Vermerk notiert: „Kommt auf M Industrie“ und habe
bei der Firma X eine neu auf ihn ausgestellte Rechnung angefordert. Am 5.
September 2007 habe er die inhaltsgleiche Rechnung der Firma X nun an sein
Unternehmen adressiert erhalten. Aus dieser zweiten Rechnung habe der Kläger
nunmehr den Vorsteuerabzug im Jahr 2007 und die Berücksichtigung der in der
Vorauszahlung des Mieters enthaltenen Abschlagszahlung in Anspruch
genommen, habe aber beide Rechnungen in seiner Buchhaltung hintereinander
abgeheftet, um ggf. den Gang dieses Vorgangs belegen und nachweisen zu
können. Selbstverständlich sei der Vorsteuerabzug nur einmal auf Basis der
zweiten, auf den Kläger ausgestellten Rechnung durchgeführt worden.
48 Der Kläger habe im August 2007 einen Kaufvertrag mit H. geschlossen. Der
Kläger habe erst im Jahr 2009 erfahren, dass der Kaufvertrag nicht wie vom
Kläger beabsichtigt, mit H., sondern mit der Z-GmbH abgeschlossen worden sei.
Der Kläger habe einen sog. Drittleasingvertrag abschließen wollen, habe aber
tatsächlich einen sog. „sale and lease back“-Vertrag geschlossen.
49 Als der Prüfer im Jahre 2009 bei der für die Jahre 2007 durchgeführten
Außenprüfung festgestellt habe, dass auf der Rechnung der Firma X eine
unrichtige Umsatzsteueridentifikationsnummer enthalten sei, habe sich bei dieser
Gelegenheit herausgestellt, dass in Wirklichkeit die Z-GmbH (also der Mieter) das
leistende Unternehmen gewesen sei. Der Prüfer habe dies akzeptiert und
deswegen zwar einerseits den Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Firma X
versagt, gleichzeitig aber im Jahr 2009 die berichtigte Rechnung der Z-GmbH
anerkannt.
50 Der Kläger weist darauf hin, dass es sich bei der Z-GmbH um ein im
Handelsregister des Amtsgerichts C eingetragenes existierendes Unternehmen
handele. Die auf Seiten der Z-GmbH Handelnden seien offensichtlich in C in eine
Reihe von Straftaten verwickelt und zwischenzeitlich auch verurteilt worden. Das
Unternehmen sei inzwischen in Insolvenz. Es soll eine ominöse Mitteilung des
Finanzamts C geben, wonach es sich bei den vorliegenden Kaufverträgen um
Scheingeschäfte handele, weil nachträglich bekannt geworden sei, dass die für
die Z-GmbH Handelnden die xxx nach dem Geschäft mit dem Kläger noch an
weitere Parteien zu Finanzierungszwecken übereignet hätten. Das beklagte
Finanzamt sei jedoch nicht bereit, dem Kläger diese Kontrollmitteilung
auszuhändigen oder näher zu substantiieren.
51 Richtig sei, dass die Rechnung der Z-GmbH vom 10. August 2007 kein
Lieferdatum trage. Das sei aber unschädlich, da es eine Übernahmebestätigung
des Mieters gebe, die das Datum 19. August 2007 ausweise. Nach seinem
damaligen Kenntnisstand habe sich der Kläger darauf verlassen dürfen, dass
sein Mieter (Z-GmbH) kein Interesse daran haben würde, eine unrichtige
Übernahmebescheinigung auszustellen. Dem Kläger habe sich daher auch kein
Verdacht aufgedrängt, da der Mietvertrag ordnungsgemäß durchgeführt worden
sei und die Z-GmbH die nicht unerheblichen monatlichen Mietzahlungen
tatsächlich geleistet habe. Der Kläger habe, bis er vom späteren
Insolvenzverwalter eines Besseren belehrt worden sei, nicht den geringsten
Zweifel daran gehabt, dass sich die 24 xxx mit der Übergabebestätigung im
...center der Z-GmbH befänden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die
Gegenstände nicht existent sein sollten, zumal auch das beklagte Finanzamt
selbst davon ausgehe, dass mindestens 14 dieser ... vorhanden gewesen seien.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum bezüglich dieser 14 ... ein
Scheingeschäft vorgelegen haben solle. Richtig sei, dass es nur 14 der
insgesamt 24 ... tatsächlich gegeben habe, so dass tatsächlich 10 der verkauften
... nicht existent gewesen seien. Hinsichtlich der 14 existenten ... sei originär ein
Vorsteuerabzug zu gewähren, da in dieser Größenordnung originär eine
Lieferung erfolgt sei. Unschädlich sei, dass zu diesem Zeitpunkt der Einbau noch
nicht erfolgt gewesen sei.
52 Hinsichtlich der Lieferung von 14 anstatt von 24 ... handele es sich um einen
Sachmangel in Form einer Zuweniglieferung, der umsatzsteuerlich nicht relevant
sei. Die sachenrechtlichen Erwägungen des Beklagten zur „Verschaffung der
Verfügungsmacht“ seien rechtlich falsch. Der Kläger habe mit den vorliegenden
Verträgen und insbesondere mit der Übergabebescheinigung des Mieters, der
gleichzeitig auch Eigentümer gewesen sei, ein originäres Übereignungsangebot
vom ursprünglichen Eigentümer der xxx nebst Zubehör i.S.d. § 929 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bekommen. Wegen des weiteren Vortrags wird
auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 23. Dezember 2011 ergänzend
Bezug genommen.
53 Der Kläger habe mit den kriminellen Machenschaften der Familie G.H.U. nichts zu
tun. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft auch nicht gegen den Kläger ermittelt,
sondern lediglich gegen die Mitglieder der Familie G.H.U..
54 Nach dem damaligen subjektiven Kenntnisstand des Klägers habe es sich um
ein Dreiecksgeschäft gehandelt, so dass der Kläger der Übergabebestätigung
der Z-GmbH ohne weiteres habe vertrauen dürfen. Kein Mieter bestätige im
Regelfall das Vorhandensein einer Ware, für die er nachher teuer bezahlen
müsse, wenn diese nicht tatsächlich vorhanden sei. An diesem
Vertrauenstatbestand habe sich während der gesamten Vertragslaufzeit nichts
geändert, da bis zur Insolvenz die Mietraten der Familie G.H.U. regelmäßig
bezahlt worden seien. Dem Kläger hätten sich keine Verdachtsmomente
aufdrängen müssen, weil nicht die Z-GmbH gezahlt habe, sondern die Zahlung
von Herrn H. und dessen Konto veranlasst worden sei. Ein Blick in § 267 BGB
hätte gezeigt, dass der Kläger noch nicht einmal berechtigt gewesen wäre, diese
Zahlung von H. als Leistung eines Dritten zurückzuweisen. Eine Zahlungsweise,
die das BGB ausdrücklich vorsehe, müsse beim Kläger - solange er sein Geld
bekomme - keine Verdachtsmomente erwecken.
55 Zivilrechtlich sei ein Vertrag zwischen der Z-GmbH und dem Kläger gewollt und
durchgeführt worden. Indem die Z-GmbH im Jahre 2009 die streitgegenständliche
berichtigte Rechnung zur Verfügung gestellt habe, habe sie zivilrechtlich die
zuvor erfolgte Verfügung der „nichtberechtigten“ Firma X genehmigt und sei
dadurch zum leistenden Unternehmer geworden. In diesem Zusammenhang sei
es unerheblich, dass die Zahlung des Klägers zunächst an den
„Nichtberechtigten“ gegangen sei, da § 816 BGB in diesem Fall einen
Herausgabeanspruch gegen den Nichtberechtigten, nicht aber einen neuen
Zahlungsanspruch gegen den Vertragspartner gewähre. Vielmehr erlaube § 816
BGB, dass der Berechtigte (hier die Z-GmbH) das Geschäft „an sich ziehe“.
56 Für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger alles in seiner Macht stehende getan
habe, um nicht an einem Betrug beteiligt zu werden, sei nicht auf die
nachträgliche Sicht des Jahres 2011 abzustellen, sondern auf die damalige Sicht
des Klägers und seinem damals möglichen Empfängerhorizont. Nach diesem
wäre der Kläger bei nachträglicher Sicht heute noch froh, wenn jedes seiner
Geschäfte so reibungslos verlaufen und abgewickelt worden wäre, wie anfangs
der hier streitgegenständliche Mietvertrag.
57 2. Zu Rechnung vom 15. Mai 2008:
58 Bei diesem Geschäft habe der Kläger die Maschinen gekauft und nicht
(nochmals) die ....
59 Der Beklagte bemängele, dass die Z-GmbH dem Kläger keine Verfügungsmacht
an den ...maschinen verschafft und eine tatsächliche Übergabe nicht
stattgefunden habe. Es sollten angeblich keine Übergabeprotokolle vorliegen und
der Kläger hätte sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht
überzeugt, ob die 10 ...maschinen tatsächlich existierten. Tatsächlich habe es
sich aber um einen offenen „sale and lease back“-Vertrag gehandelt. Bei diesem
Verfahren liege es im Wesen des Vertrags, dass eine Übergabe gerade nicht
stattfinde, weil Verkäufer und Leasingnehmer personenidentisch seien. Die
Übergabe werde bei jedem „sale and lease back“ durch den Leasingvertrag
surrogiert, was sachenrechtlich seit Inkrafttreten des BGB möglich und wirksam
sei. Die Übergabebescheinigung liege in dem auf der Rechnung angebrachten
Vermerk „frei von Rechten Dritter“.
60 Die 10 ...maschinen seien jederzeit körperlich vorhanden gewesen.
61 Es sei zwar richtig, dass ein „sale and lease back“-Geschäft und eine
Sicherungsübereignung nach außen nahezu identisch in Erscheinung träten.
Deswegen sei dem Parteiwillen besondere Beachtung zu schenken. Der Kläger
habe keine Darlehensvereinbarung geschlossen, sondern einen Leasingvertrag
mit dem Verkäufer. Dies sei das originäre Geschäftsmodell des Klägers.
62 Eine umsatzsteuerliche Lieferung sei erfolgt. Der Leasingvertrag sehe ein
Andienungsrecht vor. Daher stehe es ausschließlich im Belieben des Klägers, ob
das Eigentum am Leasinggegenstand zu einem späteren Zeitpunkt auf den
Verkäufer (Leasingnehmer) zurückfalle oder nicht. Daher sei es fernliegend, dass
dieser wirtschaftlicher Eigentümer der Leasinggegenstände geblieben sei. Soweit
der Kläger als Leasinggeber bei Ablauf des Leasingvertrags ein günstigeres
Angebot zur Verwertung der Leasinggegenstände habe, sei er berechtigt, dem
Leasingnehmer die Leasinggegenstände zu entziehen, sein Andienungsrecht
nicht auszuüben und die Gegenstände anderweitig zu verwerten. Eine stärkere
Form der wirtschaftlichen Zuordnung sei nicht denkbar.
63 Flankiert werde diese Betrachtung durch das Verbot in den allgemeinen
Leasingbedingungen, den Leasinggegenstand unterzuvermieten. Das
Leasinggeschäft sei strikt zweiseitig ausgestaltet und die wirtschaftliche
Verwertung des Leasingguts durch den Leasingnehmer in Form einer
Weitervermietung gerade ausgeschlossen.
64 Zudem sei geregelt, dass bei Nichtausübung des Andienungsrechts der
Leasinggegenstand nach Ende der Grundmietzeit an den Vermieter
zurückzugeben sei.
65 3. Zu Rechnung vom 15. Januar 2009
66 Bei dieser Rechnung sei die Rechtslage eindeutig. Der Kläger sei am 5.
Dezember 2008 tatsächlich vor Ort gewesen und habe sich die 20 ...maschinen
angeschaut. Es liege ein reines Finanzierungsleasing vor.
67 Der Vertrag sei mündlich an dem Tag geschlossen worden, an dem auch die
Rechnung ausgestellt worden sei: am 15. Januar 2009. Die xxx hätten sich zu
diesem Zeitpunkt bereits in R befunden und seien deswegen spielfertig
übergeben worden.
68 Die Behauptung des Beklagten, die formellen Anforderungen an eine Rechnung
seien nicht erfüllt und es liege keine Übergabebescheinigung vor, sei schlicht
falsch. Es liege eine Übernahmebestätigung von Frau U. vom 5. Dezember 2008
vor. Diese Übernahmebestätigung richte sich an den Kläger und bestätige ihm,
dass die Mieterin körperlich den Leasinggegenstand, d.h. die 20 ... erhalten habe.
In dem Rechnungsvermerk „Wir übergeben spielfertig“ liege das
Übereignungsangebot gemäß § 929 Satz 1 BGB. Die dazu erforderliche
Übergabe sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit Vertragsschluss erfolgt.
Damit habe sachenrechtlich eine Übergabe stattgefunden. Zivilrechtlich könnten
die sachenrechtliche Einigung und die Übergabe zeitlich auseinander fallen. Die
Übernahmebescheinigung vom 5. Dezember 2008 bestätige nicht die
Übernahme der Anlage von der Z-GmbH an den Kläger, sondern an dessen
Mieterin. Mit der streitgegenständlichen Rechnung finde nunmehr als letzter Akt
der Übereignung nur noch die Einigung i.S.d. § 929 Satz 1 BGB statt.
69 4. Zu Rechnung vom 7. Mai 2008
70 Bei dieser Rechnung bestehe die Besonderheit, dass der Kläger auch nach
eigener Meinung bei nachträglicher Sicht definitiv nicht Eigentümer der gekauften
Gegenstände geworden sei. Der Kläger habe aber nicht einen Tag lang im
Verdacht gestanden, an den Machenschaften der für die K-AG Handelnden
beteiligt gewesen zu sein. Vielmehr sei der Kläger auch hier geschädigt worden.
Im Zusammenhang mit dem Abschluss der Verträge habe er alles Erforderliche
getan, um im Vorfeld abzuklären, dass das Geschäft auf seiner Seite
ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Angebotsnummer auf dem
Angebot 444.. stimme mit der Angebotsnummer auf der Rechnung überein. Dass
in der Rechnung zusätzlich zum Nitrierofen die Peripherie zum Nitrierofen
erwähnt werde, sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Rechnung auch
ausdrücklich auf das Angebot beziehe. Der Kläger greife nicht an, dass er im
Hinblick auf den Nitrierofen keine Verfügungsmacht habe erhalten können. Der
Kläger verwahre sich aber gegen die Unterstellung, er habe nicht alles getan, was
von ihm vernünftigerweise hätte erwartet werden können.
71 Dass die K-AG weder am Mehrzonenkammerautomat noch an den sonstigen
Gegenständen Verfügungsmacht gehabt habe, gehe aus dem nach Eintritt der
Insolvenz vorgelegten Gutachten hervor. Der Kläger sei aber schlicht betrogen
worden. Der den Kläger belastende Betrug durch seine Vertragspartner habe
gerade darin gelegen, dass keine wirksame Lieferung habe erfolgen können.
72 Der Betrug sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen. Woraus der Kläger das
vorher hätte erkennen können, erschließe sich aus der Einspruchsentscheidung
nicht. Die vermeintlichen „Vorfälle“ im Zusammenhang mit dem Abschluss der
Verträge bestätigten die Situation des Klägers. Das Angebot vom 22. April 2008
beziehe sich ausdrücklich auf den Nitrierofen KOM 22/... mit einem Gesamtwert
von 800.000 EUR. Auf genau denselben Gegenstand beziehe sich der vom
Kläger mit der K GmbH abgeschlossene Mietvertrag Nr. 0088/... Soweit dieser
Vertrag Streichungen enthalte, stelle genau diese Streichung den richtigen
Zusammenhang her, da der Mehrzonenkammerautomat habe gerade nicht
vermietet werden sollen. Gerade weil diese Streichung erfolgt sei, stimmten
Rechnung und Mietvertrag überein. Die Grundannahme des Beklagten, der
Verkaufsgegenstand sei die Peripherie zum Nitrierofen, sei schlicht falsch. Es
gebe die behauptete Abweichung von Angebot und Bestellung einfach nicht.
73 Der Kläger habe die Anlage vor Abschluss des Vertrags ausführlich besichtigt
und dies durch Vorlage von Lichtbildern nachgewiesen (Bl. 255 ff. der
Rechtsbehelfsakten I).
74 Der Kläger beantragt,
die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2008 und 2009, jeweils vom 30. März
2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011
aufzuheben.
75 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
76 Zur Begründung trägt er Folgendes vor:
77 1. Zu Rechnung vom 10. August 2007:
78 Die ursprüngliche Rechnung vom 10. August 2007, die erst im Jahr 2009
berichtigt worden sei, sei von der Prüferin nicht anerkannt worden. Bei der ersten
Außenprüfung seien lediglich die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2007 geprüft
worden. Für das Jahr 2007 habe die Rechnung nicht akzeptiert werden können,
weil die angegebenen Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht richtig gewesen
sei. Die Berichtigung in 2009 habe für die Außenprüfung der Jahre 2005 bis 2007
keine Bedeutung gehabt. Die Außenprüferin habe daher keine Feststellung dazu
getroffen, ob die berichtigte Rechnung zum Vorsteuerabzug berechtige.
79 Die Anerkennung der streitgegenständlichen berichtigten Rechnung scheitere
schon daran, dass die Z-GmbH nicht berechtigt gewesen sei, die Rechnung zu
berichtigen. Die Berichtigung einer Rechnung könne nur durch den
Rechnungsaussteller selbst vorgenommen werden. Da Rechnungsaussteller
aber die Firma X gewesen sei, habe auch die nur berichtigen können. Lediglich in
dem Fall, in dem ein Dritter mit der Ausstellung der Rechnung beauftragt worden
sei (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG), könne die Berichtigung durch den leistenden
Unternehmer selbst erfolgen. Für diese Konstellation gebe es jedoch im Streitfall
keine Anhaltspunkte.
80 Selbst wenn man davon ausginge, dass die Z-GmbH der Firma X einen solchen
Auftrag zur Rechnungsstellung erteilt hätte, hätte die Z-GmbH leistender
Unternehmer gewesen sein müssen. Leistender Unternehmer sei aber
tatsächlich die Firma X gewesen. Das ergebe sich zum einen aus den
vorgelegten Unterlagen (ursprüngliche Rechnung, Bestellung vom 17. August
2007, Übernahmebestätigung vom 19. August 2007, Leasingvertrag,
Leasingantrag) sowie dem Umstand, dass der Kaufpreis nicht auf das Konto der
Z-GmbH, sondern auf das auf den Rechnungen der Firma X angegebene Konto
von H. geflossen sei. Zum anderen trage der Kläger in der Klagebegründung
selbst vor, der Kaufvertrag sei mit der Firma X geschlossen worden und die
Mietsonderzahlung habe die Z-GmbH direkt an den Eigentümer geleistet. Auf die
zivilrechtlichen Überlegungen, die Firma X habe als Nichtberechtigte mit späterer
Genehmigung der angeblich berechtigten Z-GmbH das Eigentum übertragen,
komme es daher nicht an. Da es keine vom leistenden Unternehmer erteilte
Rechnung gebe, sei der Vorsteuerabzug zu versagen.
81 Lediglich hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht im Besitz
einer nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellten Rechnung sei und schon deshalb
der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei. Der den Vorsteuerabzug begehrende
Unternehmer trage die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen.
Die Z-GmbH sei nicht leistender Unternehmer gewesen, daher liege keine
Identität zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer vor.
82 Eine Rechnung berechtige nicht zum Vorsteuerabzug, wenn sie keine Angaben
zum Leistungszeitpunkt enthalte. Zwar könne eine Rechnung aus mehreren
Dokumenten bestehen, daher könnten grundsätzlich Angaben in einem
Lieferschein ausreichen. Zum einen handele es sich aber bei der
Übernahmebestätigung vom 19. August 2007 um eine Übernahmebestätigung
der Z-GmbH und nicht um ein Dokument der Firma X. Gehe man davon aus,
dass die Z-GmbH leistender Unternehmer sei, mache die Übernahmebestätigung
überhaupt keinen Sinn. Zum anderen sei der Hinweis auf den Lieferschein in der
Rechnung erforderlich. Das Datum der Übernahmebestätigung liege zeitlich nach
dem Rechnungsdatum. Somit werde über eine noch nicht ausgeführte Lieferung
abgerechnet. Auch dies wäre auf einer Rechnung kenntlich zu machen.
83 Die Z-GmbH sei nicht zum Ausweis der Steuer berechtigt gewesen, da sie die
Leistung nicht ausgeführt habe. Sie schulde die ausgewiesene Steuer aber nach
§ 14 c Abs. 2 UStG. Insoweit sei ein Vorsteuerabzug jedoch nicht zulässig.
84 Hinsichtlich der zehn offensichtlich nicht existierenden ... könne keine Leistung
vorgelegen haben. Leistung bedeute die Verschaffung der Verfügungsmacht. Der
Gegenstand, an dem die Verfügungsmacht verschafft werden solle, müsse zum
Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht physisch existent sein. An
einem nicht existierenden Gegenstand könne keine Verfügungsmacht verschafft
werden. Bei der Zuwenig-Lieferung handele es sich auch nicht um einen
umsatzsteuerlich irrelevanten Sachmangel. Der Kläger sei vielmehr zur
Berichtigung verpflichtet.
85 Der gute Glaube an die Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
sei nicht geschützt.
86 2. Zu Rechnung vom 15. Mai 2008:
87 Auffällig sei, dass auf dieser Rechnung eine vierstellige Rechnungsnummer
angegeben sei (2...), während auf den übrigen von der Z-GmbH stammenden
Rechnungen achtstellige mit den Rechnungsdaten übereinstimmende
Rechnungsnummern verwendet worden seien. Auf dieser Rechnung fehle die
nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG erforderliche Angabe zum
Leistungszeitpunkt.
88 Zur umsatzsteuerlichen Würdigung des „sale and lease back“ sei stets zu prüfen,
ob die Verfügungsmacht an dem Leasingobjekt tatsächlich auf den Leasinggeber
übertragen worden sei, da nur dann von einer Lieferung auszugehen sei. Komme
der zivilrechtlichen Übertragung des Eigentums auf den Leasinggeber lediglich
eine Sicherungsfunktion zu, stelle dies keine Lieferung im Sinne des UStG dar.
89 Die Interessenlage der Beteiligten bei der Übertragung der 10 xxx sei derjenigen
bei einer Sicherungsübereignung vergleichbar, denn die Verfügungsmacht sei
nicht von der Z-GmbH auf den Kläger übergegangen. Auch bei der
Sicherungsübereignung komme es weder zu einer Lieferung des
Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer noch zu einer Rücklieferung des
Sicherungsguts nach Fortfall des Sicherungszwecks.
90 Der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung zwischen der Z-GmbH und dem
Kläger bestehe in der Hingabe eines Darlehens des Klägers und einer Sicherung
durch das zivilrechtliche Eigentum an den ...maschinen. Der Übergang des
zivilrechtlichen Eigentums habe daher lediglich eine Sicherungs- und
Finanzierungsfunktion.
91 Auch bei vereinbartem Andienungsrecht liege im Streitfall nach dem Gesamtbild
der Verhältnisse keine Lieferung i.S.d. § 3 UStG vor. Die Z-GmbH habe die
Umsatzsteuer aus dieser Rechnung nie angemeldet und abgeführt.
92 3. Zu Rechnung vom 15. Januar 2009:
93 Die fehlende Angabe des Leistungszeitpunkts in der Rechnung könne nicht
durch eine Übergabebescheinigung der Mieterin ersetzt werden. Zudem seien die
übergebenen Gegenstände nicht identisch mit den in Rechnung gestellten
Gegenständen.
94 Im Mietvertrag sei unter Ziff. 6 geregelt, dass die Mieterin U. ein Darlehen der
nicht an dem Mietvertrag beteiligten Z-GmbH erhalte. Kaufvertrag und Mietvertrag
bildeten wirtschaftlich eine Einheit, da der eine Vertrag nicht ohne den anderen
geschlossen worden wäre. Diese Konstellation sei nach ihrem wirtschaftlichen
Gehalt unter Berücksichtigung des Näheverhältnisses zwischen U. und der Z-
GmbH ebenfalls als Finanzierungsgeschäft einzustufen, da die Z-GmbH die
Sicherheiten stelle.
95 4. Zu Rechnung vom 7. Mai 2008:
96 Auch auf dieser Rechnung fehlten die für den Vorsteuerabzug unabdingbaren
Angaben des Leistungszeitpunktes. Diese müsse eine eindeutige und leicht
nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen. Ziehe man das Angebot,
auf das in der Rechnung Bezug genommen werde, hinzu, so sei im Angebot ein
Nitrierofen als Leistungsgegen-stand bezeichnet, in der Rechnung hingegen
lediglich die Peripherie zum Nitrierofen. Aus dem Nachtrag zur Rechnung und
auch aus dem Gutachten der Rechtsanwälte werde deutlich, dass Peripherie und
Nitrierofen eben nicht ein und derselbe Gegenstand seien, auch wenn in
Rechnung und Angebot jeweils die Bezeichnung KON 22/... verwendet werde.
97 Laut Mietvertrag zwischen dem Kläger und der K GmbH mietete die K GmbH den
Nitrierofen und die sicherungsübereignete Peripherie. Daraus folge, dass selbst
die Vertragspartner zwischen Nitrierofen und Peripherie unterschieden hätten.
Aus Angebot, Rechnung und Nachtrag ergäbe sich daher keine eindeutige
Bezeichnung des Leistungsgegenstandes.
98 Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten könne der Vorsteuerabzug nicht
gewährt werden.
99 Zudem fehle es an einer Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. Die K-AG habe dem
Kläger keine Verfügungsmacht an dem Nitrierofen verschafft. Es sei bereits
zweifelhaft, ob die K-AG überhaupt Verfügungsmacht an dem Nitrierofen gehabt
habe. Dieser habe sich in einem Gebäude der K GmbH in Ä befunden und habe
den Machtbereich der K GmbH nicht verlassen. Eine faktische Zugriffsmöglichkeit
der K-AG habe nicht bestanden. Die K-AG habe auch nicht den Willen gehabt,
dem Kläger die Verfügungsmacht an dem Ofen zu verschaffen. Eine körperliche
Übertragung des Besitzes auf den Kläger habe nicht stattgefunden. Die
angebliche Übergabe von der K-AG an die K GmbH, die dem Kläger durch den
Mietvertrag mittelbaren Besitz habe vermitteln sollen, reiche für die Übertragung
der Substanz nicht aus. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass zumindest die
Identitätsnummer des Nitrierofens überprüft und diese Prüfung dokumentiert
werde. Nach dem vorgelegten Gutachten könne davon ausgegangen werden,
dass auf dem Ofen im Frühjahr 2008 die Bezeichnung KON 22/... angebracht
gewesen sei. Zumindest eine Dokumentation könne von einem
Wirtschaftsteilnehmer vernünftigerweise erwartet werden, um sicherzustellen,
dass sein Umsatz nicht in einen Betrug einbezogen sei.
100 Am 11. Oktober 2013 ist die Sach- und Rechtslage vor der Berichterstatterin des
Senats ausführlich erörtert worden.
101 Das Gericht hat von der Staatsanwaltschaft JJ die Zeugenvernehmung des
Klägers im Strafverfahren gegen Verantwortliche der K Gruppe beigezogen.
Entscheidungsgründe
102 I. Die Klage ist zulässig und insoweit begründet, als der Kläger den
Vorsteuerabzug aus den Rechnungen vom 7. Mai 2008 der K-AG in Höhe von
152.000 EUR und vom 15. Januar 2009 der Z-GmbH in Höhe von 57.000 EUR
begehrt.
103 1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer
Vorsteuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen,
wenn die Steuer im Sinne der § 14, 14a UStG gesondert in Rechnung gestellt
worden ist.
104 Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die der Unternehmer
den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen
(Verschaffung der Verfügungsmacht).
105 Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Gegenstand das Unternehmen des
Liefernden tatsächlich verlassen hat und in den Unternehmensbereich des
Empfängers eingegangen ist. Mit der nach § 14, 14a UStG ausgestellten
Rechnung muss mithin über eine tatsächlich ausgeführte Lieferung nach § 1 Abs.
1 Nr. 1 UStG abgerechnet worden sein.
106 Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer trägt die Feststellungslast für
die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen. Ein Unternehmer, der alle
Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden
können um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug — sei es in
eine Umsatzsteuerhinterziehung oder einen sonstigen Betrug — einbezogen
sind, kann auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu
laufen, sein Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Der Umstand, dass eine
Lieferung an einen Unternehmer vorgenommen wird, der weder wusste noch
wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einem vom Verkäufer
begangenen Betrug einbezogen war, steht dem Vorsteuerabzug nicht entgegen.
Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, wenn aufgrund substantiierter Tatsachen
oder Umstände feststeht, dass der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug
begehrt, über die betrügerischen Machenschaften seiner Geschäftspartner
Kenntnis hatte oder hätte haben müssen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH-
vom 19. April 2007, V R 48/04, Bundessteuerblatt -BStBl- 2009 II 315).
107 2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger der Vorsteuerabzug aus der
Rechnung der Z-GmbH vom 15. Januar 2009 in Höhe von 57.000 EUR zu.
108 Der Beklagte hat aus formalen Gründen zu Unrecht den Vorsteuerabzug versagt,
weil angeblich in der ausgestellten Rechnung nicht auf den Zeitpunkt der
Übergabe hingewiesen werde. Der Beklagte weist aber zugleich und zurecht
darauf hin, dass diese formalen Anforderungen an die Pflichtangaben in § 14
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 9 UStG und damit auch die Angabe des Leistungsdatums
nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG vor dem Hintergrund angewandt werden
müssen, welchen Zweck sie verfolgen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
verfolgen diese Pflichtangaben das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre
Überprüfung sicherzustellen. Deshalb müssen die Rechnungsangaben eine
eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den
Vorsteuerabzug ermöglichen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05,
BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, unter ll.3.b, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 6.
April 2006 V B 22/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2006,
1023, unter ll.2.a).
109 Im Streitfall handelt es sich zivilrechtlich um ein Finanzierungsleasing. Der Kläger
ist unstreitig am 5. Dezember 2008 tatsächlich vor Ort in R W-Straße 6 gewesen
und hat sich die ...maschinen angeschaut. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
am 15. Januar 2009 und damit auch zum Zeitpunkt der Ausstellung der
Rechnung haben sich die Vertragsgegenstände bereits an diesem Ort in R
befunden.
110 Vor dem Hintergrund dieses unstreitigen Sachverhalts ist der Vermerk auf der
Rechnung „wir übergeben spielfertig“ nur dahin zu verstehen, dass die Übergabe
der Gegenstände spätestens zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung
bereits erfolgt ist.
111 3. Auch aus der Rechnung vom 7. Mai 2008 der K-AG steht dem Kläger im
Streitjahr 2008 ein Vorsteuerabzug in Höhe von 152.000 EUR zu, der jedoch in
späteren Jahren zu berichtigen sein wird.
112 a) Die Rechnung enthält die gemäß § 14 Abs. 4 UStG notwendigen Angaben.
Der Kaufvertrag ist zwischen dem Kläger und der K-AG durch Annahme des
Angebots vom 22. April 2008 zu Stande gekommen, so dass der Lieferant und
der Aussteller der Rechnung identisch und mit vollständiger Anschrift bezeichnet
sind (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG).
113 Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Leistungsgegenstand in der
Rechnung (§ 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG) in Zusammenhang mit dem Angebot
hinreichend bestimmt und bezeichnet. Die erforderlichen Angaben können nach
§ 31 Abs. 3 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) auch in anderen
Unterlagen enthalten sein. In der Rechnung vom 7. Mai 2008 wird auf das
Angebot vom 22. April 2008 („lt. Angebot Nr. 444..“) ausdrücklich Bezug
genommen. Das Angebot vom 22. April 2008 bezeichnet ausdrücklich den
Nitrierofen KOM 22/... mit einem Gesamtwert von 800.000 EUR und enthält eine
genaue Beschreibung dieses Gegenstands. Auf genau denselben Gegenstand
bezieht sich auch der vom Kläger mit der K GmbH abgeschlossene Mietvertrag
Nr. 0088/... Soweit dieser Mietvertrag und auch die schriftliche Bestellung (Bl. 107
der Rechtsbehelfsakten) handschriftliche Streichungen enthalten, ändert dies
nichts an der hinreichenden Bestimmung des Leistungsgegenstands, denn
gestrichen wurde jeweils der Mehrzonenkammerautomat („lt. Angebot Nr.: 999..“).
Da insgesamt zwei Angebote abgegeben wurden, nämlich das Angebot Nr. 444..
hinsichtlich des Nitrierofens über 800.000 EUR und das Angebot Nr. 999.. über
den Mehrzonenkammerautomat über 400.000 EUR, auf der Bestellung aber das
Angebot Nr. 999.. über den Mehrzonenkammerautomat über 400.000 EUR
gestrichen worden ist, hat der Kläger nur den Nitrierofen samt Peripherie zum
Preis von 800.000 netto bestellt. Wenn nun die Rechnung vom 7. Mai 2008
konkret auf das Angebot Nr. 444.. hinsichtlich des Nitrierofens über 800.000 EUR
Bezug nimmt, und den Leistungsgegenstand konkret mit der Nr. KON 22/...
bezeichnet, so ist trotz der wörtlichen Bezeichnung „Peripherie zum Nitrierofen“
hinreichend deutlich, dass der Kläger den Nitrierofen Nr. KON 22/... samt
Peripherie zum Preis von 800.000 EUR netto erworben hat und dieser
Gegenstand in Rechnung gestellt wird. Aus den genannten Gesamtumständen
ergibt sich nach Ansicht des Senats hinreichend genau die konkrete Bestimmung
des Leistungsgegenstands.
114 Der Kläger hat die Anlage vor Abschluss des Vertrags ausführlich besichtigt und
dies durch Vorlage von Lichtbildern nachgewiesen (Bl. 255 ff. der
Rechtsbehelfsakten I).
115 Auch die übrigen in § 14 Abs. 4 und Abs. 5 S. 1 UStG vorgesehenen Angaben
sind enthalten, insbesondere wird der Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts
auf der schriftlichen Bestellung des Klägers angegeben (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 und
Abs. 5 S. 1 UStG).
116 b) Es liegt eine ordnungsgemäße Lieferung vor, auch wenn der Kläger nicht
Eigentümer des Nitrierofens geworden ist.
117 Der Begriff "Lieferung eines Gegenstands" in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch
eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so
zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer, ohne dass es dabei auf eine
Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht
vorgesehenen Formen ankomme (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen
Union -EuGH- vom 8. Februar 1990 C-320/88, Shipping and Forwarding
Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285 Rdnr. 7; vom 6. Februar 2003 C-185/01, Auto
Lease Holland, Slg. 2003, I-1317 Rdnr. 32; vom 15. Dezember 2005 C-63/04,
Centralan Property, Slg. 2005, I-11087 Rdnr. 62). Nach ständiger BFH-
Rechtsprechung ist die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag erforderlich
(BFH-Urteil vom 8. September 2011 V R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014,
203 m.w.N.).
118 Im Streitfall ist der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt, da der
Leistungsgegenstand am 2. Juni 2008 an die K GmbH geliefert worden ist. Die
Übergabe erfolgte in Vollzug einer auf Eigentumsübertragung gerichteten
Vereinbarung durch Einräumung mittelbaren Besitzes, die dazu diente, dem
Kläger Substanz, Wert und Ertrag an dem tatsächlich vorhandenen Nitrierofen
samt Peripherie zuzuwenden. Damit liegt ein auf die Lieferung dieser
Gegenstände gerichtetes Rechtsverhältnis vor, dessen Vollzug grundsätzlich zu
einer Lieferung i.S. von § 3 Abs. 1 UStG führt. Es handelt sich um einen sog.
Finanzierungsleasingvertrag.
119 Für die Lieferung des Nitrierofens samt Peripherie kommt es nicht darauf an, ob
die K GmbH und/oder der Kläger zivilrechtliche Eigentümer an den gelieferten
Gegenständen geworden sind. Denn als Lieferung gilt umsatzsteuerrechtlich jede
Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die eine andere
Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie
sein Eigentümer, ohne dass es dabei auf eine Eigentumsübertragung in den
durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen ankommt. Dies
trifft im Streitfall zu. Dementsprechend können Gegenstände auch ohne
zivilrechtliche Eigentumsverschaffung z.B. durch einen Dieb geliefert werden,
ohne dass dem § 935 BGB entgegensteht (BFH- Urteil vom 8. September 2011 V
R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014, 203).
120 c) Dem Vorsteuerabzug des Klägers aus der Rechnung vom 7. Mai 2008 im
Streitjahr 2008 steht auch nicht entgegen, dass er Opfer eines Betrugssystems
geworden ist. Die im Streitfall vorliegende Konstellation führt nach Auffassung
des erkennenden Senats dazu, dass dem gutgläubigen Empfänger einer
Rechnung der Vorsteuerabzug so lange zusteht, bis für ihn objektiv erkennbar
war, dass er in ein Betrugssystem eingebunden war.
121 aa) Im Streitfall ist der erkennende Senat aufgrund des unstreitigen Vortrags des
Klägers davon überzeugt, dass der Kläger selbst in den Betrug der sog. K-
Gruppe nicht einbezogen war und gutgläubig davon ausging, die
Verfügungsmacht über einen funktionierenden Nitrierofen, den er zuvor besichtigt
hat, erhalten zu haben und auch Eigentümer daran geworden zu sein.
122 Weder aus dem Vortrag des Beklagten noch aus den vorliegenden Akten haben
sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger bei Erhalt der Rechnung im
Mai 2008 wusste oder wissen musste, dass er in ein betrügerisches System
einbezogen war. Auch das Verhalten des Klägers spricht gegen eine solche
Kenntnis. Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger bei
Kenntnis von der betrügerischen Absicht jedenfalls nicht den vollen Betrag von
952.000,- EUR (brutto) an die K-AG bezahlt hätte.
123 bb) Im Streitfall ist der Kläger zum Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 7. Mai
2008 berechtigt, da er im Streitjahr weder wusste noch wissen konnte, dass er in
einen Betrug einbezogen war.
124 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn
dem Unternehmer nach den Beweisregeln des nationalen Rechts der Nachweis
gelingt, dass an ihn tatsächlich eine Leistung ausgeführt worden ist (z.B. Urteile
Bonik, C-285/11, EU:C:2012:774, RNr. 31-33; Evita-K, C-78/12, EU:C:2013:486,
RNr. 37, LVK-56, C-643/11, EU:C:2013:55, RNr. 57).
125 Da im Streitfall dem Kläger durch die Lieferung an die K GmbH die
Verfügungsmacht an dem Nitrierofen verschafft worden ist, ist ihm als
Leistungsempfänger im Hinblick auf die bestehenden Berichtigungsvorschriften
der Vorsteuerabzug so lange zu belassen, bis für ihn objektiv erkennbar war,
dass er in ein Betrugssystem eingebunden war und nicht Eigentümer geworden
ist.
126 Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich kein Grund für eine Benachteiligung
des Unternehmers, der gutgläubig auf die Angaben des Leistungserbringers
vertraut hat. Im Falle einer ausgeführten Leistung setzt der Vorsteuerabzug nach
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG eine "ausgeführte" Leistung voraus. Kann der
Unternehmer nicht nachweisen, dass an ihn tatsächlich eine Leistung erbracht
wurde, so entfällt der Vorsteuerabzug ohne dass es auf einen guten Glauben
oder Vertrauensschutz ankommt (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2014 V S
1/14 (PKH), BFH/NV 2014, 917 mit weiteren Nachweisen; EuGH Urteil Bonik, C-
285/11, EU:C:2012:774, RNr. 31-33). Kann er dagegen nachweisen, dass er
tatsächlich eine Leistung erhalten hat, so darf der Vorsteuerabzug nur versagt
werden, wenn die Finanzbehörden nachweisen können, dass der
Leistungsempfänger wusste oder wissen musste, dass der Rechnungsaussteller
einen Betrug begeht. Im Streitfall kann der Kläger die Lieferung des Nitrierofens -
wie vereinbart - direkt an die K GmbH durch die schriftliche
Übernahmebestätigung (Bl. 111 der Rechtsbehelfsakten) nachweisen.
127 Es kommt für den Vorsteuerabzug daher darauf an, dass die Finanzbehörde
nachweisen kann, dass der Kläger als Rechnungsempfänger wusste oder wissen
musste, dass der Rechnungsaussteller einen Betrug begeht. Es ist für den Senat
kein vernünftiger Grund ersichtlich, in diesem Fall auf die Nachweisführung durch
die Finanzbehörden zu verzichten. Einen solchen konkreten Nachweis hat der
Beklagte nicht erbracht.
128 Der Senat weist darauf hin, dass die Berichtigungsvorschriften des UStG eine
Korrektur der abgezogenen Vorsteuer in dem Zeitpunkt vorschreiben, in dem klar
ist, dass ein Betrug vorliegt. Damit wird der gutgläubige Rechnungsempfänger
nicht mit den Zinsen belastet, die für die Zeit zwischen ursprünglichem
Vorsteuerabzug und Aufdeckung des Betrugs entstehen.
129 Der Vorsteuerabzug ist jedenfalls nicht im Besteuerungszeitraum 2008 zu
berichtigen, weil in diesem Streitjahr der Kläger noch keine Kenntnis davon hatte,
dass er in ein Betrugssystem eingebunden war.
130 II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Aus den Rechnungen der Z-GmbH vom
10. August 2007 (berichtigt im Jahr 2009) und vom 15. Mai 2008 ist der Kläger
nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
131 1. Ein Vorsteuerabzug in Höhe von 137.465 EUR aus der Rechnung der Z-GmbH
vom 10. August 2007, die im Jahr 2009 - ohne nähere Datumsangabe - berichtigt
worden ist, scheidet aus, weil die Z-GmbH nicht leistender Unternehmer war und
nur 14 xxx tatsächlich geliefert worden sind.
132 a) Ausweislich der schriftlichen Bestellung vom 17. August 2007 (Bl. 5 der
Rechtsbehelfsakten) hat der Kläger beim Unternehmer H., unter der Firma Firma
X, 24 xxx mit Zubehör sowie die anderen dort aufgeführten Gegenstände zum
Kaufpreis von 723.500 EUR netto zuzüglich 19 % USt (137.465 EUR) bestellt.
Einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 265.965 EUR hat der Kläger im August
und September 2007 auf ein Konto des H. überwiesen. Daher geht der Senat
davon aus, dass der zivilrechtliche Vertrag zwischen dem Kläger und H.
geschlossen worden ist. Diesen Vertragsschluss betätigt der Kläger auch, denn
er trägt vor, er habe im August 2007 einen Kaufvertrag mit H. geschlossen.
133 Für den weiteren Vortrag des Klägers, dass er erst im Jahr 2009 erfahren haben
will, dass er den Kaufvertrag aber tatsächlich nicht mit H., sondern mit der Z-
GmbH abgeschlossen habe, hat der Senat keine Anhaltspunkte. Der Kläger
bleibt den Nachweis dafür schuldig, wie es tatsächlich zu einem Vertragsschluss
mit der Z-GmbH gekommen sein soll und der Kläger einen sog.
Drittleasingvertrag abschließen wollte, aber tatsächlich einen sog. sale-and-lease-
back-Vertrag abgeschlossen haben will. Für den Senat ist daher nicht erkennbar,
wie ein solcher Vertrag rechtlich zustande gekommen sein soll. Durch die Vorlage
einer berichtigten Rechnung im Jahr 2009 durch die Z-GmbH wird nicht die
Verfügung eines Nichtberechtigten genehmigt. Die Verfügung eines
Nichtberechtigten liegt auf der sachenrechtlichen Ebene und erklärt nicht, wie ein
Vertrag zwischen dem Kläger und der Z-GmbH zustande gekommen sein soll.
134 Nachdem H. unter der Firma Firma X zivilrechtlicher Vertragspartner des Klägers
geworden ist und nicht die Z-GmbH, ist er auch leistender Unternehmer i.S.d. § 15
Abs. 1 UStG. Ein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung der Z-GmbH scheidet
daher aus.
135 b) Zudem wurden von den 24 verkauften xxx tatsächlich nur 14 ... geliefert und
eingebaut. Daher hat der leistende Unternehmer H. dem Kläger die
Verfügungsmacht nur an diesen existenten 14 ... tatsächlich verschafft.
136 Eine Lieferung liegt nach § 3 Abs. 1 UStG vor, wenn ein Unternehmer oder in
seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten
befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung
der Verfügungsmacht). Diese Regelung setzt Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (jetzt Art. 14 Abs.
1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL) in nationales Recht um. Sie erfasst jede
Übertragung eines körperlichen Gegenstandes durch eine Partei, die die andere
Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen (vgl.
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 06.
Februar 2003 - C-185/01 - Auto Lease Holland BV, RNr. 32 und EuGH-Urteil vom
08. Februar 1990 - C-320/88 - Shipping and Forwarding Enterprise Safe BV, RNr.
7). Maßgeblich ist, dass der Gegenstand, an dem die Verfügungsmacht
verschafft werden soll, zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht
tatsächlich physisch existent ist. An einem nicht existenten Gegenstand kann
keine Verfügungsmacht verschafft werden. Die Beweislast hierfür trägt der den
Vorsteuerabzug begehrende Steuerpflichtige (Urteil des Finanzgericht -FG-
Baden-Württemberg vom 27. September 2010 – 9 K 321/07, EFG 2011,1108).
137 Im vorliegenden Fall konnte insoweit, als keine xxx vorhanden und an den Kläger
übergeben worden sind, auch keine Verfügungsmacht verschafft werden. Da nur
14 xxx geliefert worden sind und zum Zeitpunkt der Verschaffung der
Verfügungsmacht nachweislich auch nur 14 ... physisch existent waren, liegt
jedenfalls für weitere zehn ... keine wirksame Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1
UStG vor.
138 c) Im Rechnungsdokument fehlt auch die nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 UStG
erforderliche Angabe über den Zeitpunkt der Lieferung.
139 Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist u. a. Voraussetzung für den
Vorsteuerabzug, dass der Unternehmer im Besitz einer nach § 14 UStG
ausgestellten Rechnung ist. Dies bedeutet, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4
Satz 1 UStG aufgeführten Pflichtangaben enthalten und die übrigen formalen
Voraussetzungen des § 14 UStG erfüllen muss. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5
UStG sind in der Rechnung auch die Menge und die Art (handelsübliche
Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände anzugeben. Die Bezeichnung der
Leistung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG muss eine eindeutige und leicht
nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet
worden ist.
140 Der Leistungszeitpunkt ergibt sich auch nicht aus weiteren Unterlagen. Damit
liegen auch die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 14
Abs. 4 UStG nicht vor. Daher ist der Vorsteuerabzug auch aus formellen Gründen
zu versagen.
141 2. Dem Kläger steht auch aus der Rechnung der Z-GmbH vom 15. Mai 2008 kein
Vorsteuerabzug zu.
142 Bei diesem Geschäft handelt es sich zivilrechtlich um einen sog. sale and lease
back- Vertrag zwischen dem Kläger und der Z-GmbH, bei dem umsatzsteuerlich
aber keine Lieferung vorliegt und folglich auch kein Vorsteuerabzug gewährt
werden kann.
143 a) Beim sale and lease back wird das Eigentum an einem Gegenstand aufgrund
eines Kaufvertrages auf einen Leasinggeber übertragen. Dieser vermietet den
Gegenstand an den Verkäufer (Leasingnehmer) und ist sich mit ihm einig, dass
das Eigentum an dem Gegenstand nach Ablauf der Mietzeit an den Verkäufer
(Leasingnehmer) zurückfällt.
144 Zivilrechtlich wird das sale and lease back-Verfahren ebenso behandelt wie das
Finanzierungsleasing, bei dem der Leasinggeber das Eigentum an dem
Leasinggegenstand von einem Dritten erwirbt und ihn an den Leasingnehmer
vermietet. D.h. auch beim sale and lease back erwirbt der Käufer (Leasinggeber)
das zivilrechtliche Eigentum an dem Leasinggegenstand (vgl. Urteil des
Bundesgerichtshofs -BGH-, vom 29. November 1989 VIII ZR 323/88, BGHZ 109,
250).
145 Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Gestaltung richtet sich nach dem
Gesamtbild der Verhältnisse. Dieses ergibt sich aus dem von den
Vertragspartnern nach den vertraglichen Vereinbarungen vorgesehenen
normalen, d.h. störungsfreien Ablauf des Leasinggeschäftes. Eine für alle
Erscheinungsformen des Leasing einheitliche Beurteilung ist dabei nicht möglich,
weil sich beim Leasinggeschäft Elemente mehrerer zivilrechtlicher Vertragstypen
(insbesondere Miet-, Kauf- und Darlehensvertrag) in unterschiedlicher
Gewichtung miteinander verbinden können. Die Frage nach den
umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen kann nur auf der Grundlage der
konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung
beantwortet werden (BFH-Urteil vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83,
BStBl II 2006, 727; m.w.N.).
146 b) Im Streitfall hat die Z-GmbH dem Kläger zu keinem Zeitpunkt die
Verfügungsmacht an den zehn streitgegenständlichen ...maschinen verschafft. Im
Hinblick auf den Leasinggegenstand liegt daher keine Lieferung vor. Vielmehr
handelt es sich um ein einheitliches Geschäft, das umsatzsteuerrechtlich als
Kreditgewährung des Käufers (Leasinggebers) an den Verkäufer
(Leasingnehmer) zu beurteilen ist.
147 Die Z-GmbH als Mieter und Verkäufer hat nach dem sale and lease back-Vertrag
und den dort vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Gefahr des
zufälligen Untergangs der zehn ...maschinen zu tragen (Pkt. IV Nr. 1 der
Allgemeinen Vertragsbedingungen Teil A, Seite 6 des Mietvertrags vom 15. Mai
2008). Zudem haben die Leasingvertragspartner bereits im Mietvertrag
vereinbart, dass nach Ablauf der Laufzeit von 48 Monaten die Z-GmbH als Mieter
verpflichtet ist, den Leasinggegenstand zu einem bereits vereinbarten kalkulierten
Restwert von 8.000 EUR zzgl. USt zurück zu kaufen. Damit sind Substanz, Wert
und Ertrag der xxx jedenfalls nicht von der Z-GmbH auf den Kläger
übergegangen, sondern entweder bereits aufgrund des Vertrags vom Dezember
2005 zwischen Kläger und Firma T von diesem Unternehmen auf den Kläger
übergegangen und dort verblieben oder aber bei der Z-GmbH verblieben. Die
Übertragung des Eigentums von der Z-GmbH an den Kläger hat daher wie bei
einer Sicherungsübereignung nur Sicherungsfunktion (siehe BFH-Urteil vom 9.
Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727 und Martin in
Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, Loseblatt, Stand März 2012, § 3 Rz. 99).
148 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 FGO. Nachdem
der Kläger im Umfang von ca. 58 % obsiegt hat und zu ca. 42 % unterlegen ist,
hat er 42 % der Kosten des Verfahrens zu tragen.
149 IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151,
155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Sinn und Zweck
der Voll-streckbarkeit von Kostenentscheidungen ist es, den siegreichen
Beteiligten vor kosten-mäßiger Benachteiligung für die Dauer des
Revisionsverfahrens zu schützen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1970 VI R
248/69, BFHE 101, 478, BStBl II 1971, 426). Davon ausgehend ist § 708 Nr. 10
ZPO "sinngemäß" auf Urteile des Finanzgerichts anwendbar, da auch gegen
Urteile des Finanzgerichts nur die Revision statthaft ist (§ 115 FGO). Insoweit sind
die Urteile der Finanzgerichte den Berufungsurteilen der Land- und
Oberlandesgerichte vergleichbar. Das Interesse des Beklagten ist unabhängig
von der Anwendung der alten oder neuen Version des § 708 Nr. 10 ZPO dadurch
gewahrt, dass er aufgrund der sinngemäßen Anwendung des § 711 Satz 1 ZPO
durch einfache Erklärung die Vollstreckung abwenden darf. Einer
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung bedarf es nicht, wenn nicht der
Kostengläubiger (Kläger) vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Insoweit folgt
der Senat der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom
26. Februar 1991 4 K 23/90 (EFG 1991, 338), auf das wegen der Begründung im
Einzelnen Bezug genommen wird.
150 V. Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2
FGO nicht zuzulassen.