Urteil des FG Baden-Württemberg vom 21.06.2016

verbindlichkeit, rücknahme der klage, de lege ferenda, körperschaft

FG Baden-Württemberg Urteil vom 21.6.2016, 11 K 1536/14
Besteuerung eines Übernahmefolgegewinns nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG bei
Verschmelzung einer GmbH auf das Einzelunternehmen des Alleingesellschafters der GmbH
Tenor
1. Das Verfahren wegen Einkommensteuer 2007 wird eingestellt, nachdem die Klage insoweit
zurückgenommen worden ist (§ 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung).
2. Soweit die Klage die Einkommensteuer 2008 – 2010 und den Gewerbesteuermessbetrag 2009 und 2010
betrifft, wird sie abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1 Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG ein
Übernahmefolgegewinn anzusetzen ist.
2 Der Kläger (Kl) erzielt mit seiner Zimmerei Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
3 Mit notariellem Vertrag vom 25. September 1996 gründeten er und seine Lebensgefährtin, Frau P, die K
GmbH (künftig: GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM, von dem der Kläger 49.500 DM und Frau P
500 DM übernahmen. Mit notariell beurkundeten Beschlüssen vom 19. März 1997 erhöhten die
Gesellschafter das Stammkapital um 20.000 DM auf 70.000 DM und der Kläger brachte als Sacheinlage sein
bis dahin unter der Firma „Kl Montagen“ betriebenes einzelkaufmännisches Unternehmen mit allen Aktiva
und Passiva in die neu gegründete GmbH ein.
4 Am 10. Juni 2008 veräußerte Frau P ihren GmbH-Anteil im Nennbetrag von 500 DM an den Kläger zu einem
Kaufpreis von 100 EUR. Sodann wurde – ebenfalls am 10. Juni 2008 – ein notariell beurkundeter
Verschmelzungsvertrag geschlossen, nach dem die GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und
Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung auf ihren nunmehrigen Alleingesellschafter Kl im Wege der
Verschmelzung durch Aufnahme gem. § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG überträgt.
5 Unter B. II. dieses Vertrages heißt es: „Der Verschmelzung wird die noch in Erstellung begriffene Bilanz der
GmbH zum 31.12.2007 als Schlussbilanz gemäß § 17 Abs. 2 UmwG zugrunde gelegt.“ Unter B. III.
(Verschmelzungsstichtag) wird ausgeführt, dass die Übernahme des Vermögens der GmbH im
Innenverhältnis zum 01.01.2008 erfolge und von diesem Zeitpunkt an alle Handlungen und Geschäfte der
GmbH als für Rechnung ihres Alleingesellschafters vorgenommen gälten. Unter C. I. (Feststellung der
Verschmelzungsbilanz) ist schließlich festgehalten: „Die Feststellung der Schlussbilanz gemäß § 17 Abs. 2
UmwG erfolgt nach deren Fertigstellung durch gesonderten Beschluss.“
6 Die Verschmelzung wurde am 27. August 2008 ins Handelsregister eingetragen.
7 Das Finanzamt (FA) forderte beim Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der GmbH am 12. September 2008 die
Verschmelzungsbilanz an. Trotz Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfestsetzung reichte er diese jedoch
nicht ein. Erst am 15. April 2009 ging beim FA zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung 2007 der
Jahresabschluss der GmbH zum 31.12.2007 ein. Dieser wurde am 31. Juli 2008 erstellt und vom Kläger als
vormaligem Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet. Ein Hinweis auf die erfolgte Verschmelzung findet
sich dort nicht.
8 Im Jahresabschluss der GmbH zum 31.12.2007 sind unter „4. sonstige Verbindlichkeiten“ folgende
Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger ausgewiesen:
9
Darlehen I:
57.520,79 EUR
Darlehen II:
16.413,09 EUR
Darlehen III:
44.500,00 EUR
Verb. gg. Kl:
6.542,62 EUR
124.976,50 EUR
10 In der Bilanz zum 31.12.2007 ist außerdem ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von
144.835,12 EUR aufgeführt. Hinsichtlich der genannten Darlehen sowie der Verbindlichkeiten aus dem
Gesellschafterverrechnungskonto hatte der Kläger mit der GmbH am 30. Dezember 2004, 6. Juni 2005, 7.
Oktober 2005 sowie am 29. Oktober 2005 vier – im Wesentlichen gleich lautende –
Rangrücktrittsvereinbarungen abgeschlossen.
11 Dem Jahresabschluss seines Einzelunternehmens zum 31.12.2008 legte der Kläger die in der Bilanz der
GmbH ausgewiesenen Buchwerte zugrunde. Ein Hinweis auf den Verschmelzungsvorgang fehlt auch hier.
12 Zinsen aus Darlehensforderungen gegenüber der GmbH erklärte der Kläger in seinen
Einkommensteuererklärungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
13 Im Jahr 2012 unterlagen die steuerlichen Verhältnisse des Klägers sowie der GmbH einer Betriebsprüfung.
Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass sich durch Vereinigung der zwischen dem Kläger und der GmbH
bestehenden Darlehensforderungen bzw. -verbindlichkeiten nach § 6 UmwStG der Gewinn des
übernehmenden Rechtsträgers erhöhe. Die Forderungen des Klägers gegenüber der GmbH stellten bis zum
31.12.2007 Forderungen im Privatvermögen dar. Der Teilwert der Forderungen im Nennwert von
124.976,50 EUR betrage wegen Überschuldung der GmbH zum 31.12.2007 0 EUR. Es sei daher im
Veranlagungszeitraum 2007 in der Einzelfirma ein Konfusionsgewinn von 124.976,50 EUR zu erfassen.
14 Nachdem der damalige Steuerberater des Klägers am 14. November 2012 beantragt hatte, im Jahr 2007 für
den Übernahmefolgegewinn nach § 6 Abs. 1 UmwStG eine Rücklage i.H.v. 124.976,50 EUR zu bilden und
diese an den drei folgenden Bilanzstichtagen zu jeweils 1/3 aufzulösen, legte der Prüfer seinen
Feststellungen einen im Jahr 2007 entstandenen Übernahmefolgegewinn i.H.v. 124.976,50 EUR sowie
Rücklagen zum 31.12.2007 i.H.v. 124.976,50 EUR zum 31.12.2008 i.H.v. 83.317,66 EUR zum 31.12.2009
i.H.v. 41.658,53 EUR sowie zum 31.12.2010 EUR i.H.v. 0 EUR zugrunde. Wegen der Einzelheiten wird auf
den Prüfungsbericht vom 7. Dezember 2012 verwiesen.
15 Das FA folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 21. Dezember 2012 nach § 164 Abs. 2 AO
geänderte und gem. § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufige Bescheide, mit denen es die Einkommensteuer des
Jahres 2007 auf 4.538 EUR, des Jahres 2008 auf 2.059 EUR, des Jahres 2009 auf 6.773 EUR sowie des
Jahres 2010 auf 8.287 EUR festsetzte und den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils aufhob. Mit nach § 164
Abs. 2 AO geänderten und gem. § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufigen Bescheiden vom 18. März 2013
setzte es den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 auf 577 EUR und für 2010 auf 983 EUR fest und hob den
Vorbehalt der Nachprüfung jeweils ebenfalls auf.
16 Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide legte der Kläger am 18. Januar 2013, gegen die
geänderten Bescheide wegen Gewerbesteuermessbetrag 2009 und 2010 am 20. März 2013 Einsprüche ein,
mit denen er sich gegen den Ansatz eines Konfusionsgewinns wendete. Mit Entscheidungen vom 8. April
2014 wies das FA die Einsprüche jeweils als unbegründet zurück.
17 Hiergegen ließ der Kläger am 30. April 2014 Klage erheben. Ein Konfusionsgewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6
Abs. 1 UmwStG sei bereits deshalb nicht entstanden, weil aufgrund von Rangrücktrittserklärungen des
Klägers die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber ihm in den Jahresabschlüssen 2004 bzw. 2005
gem. § 5 Abs. 2a EStG nicht mehr hätten angesetzt werden dürfen. Die Gesellschaft sei nämlich, solange
ihre Überschuldung bestanden habe, durch die vom Rangrücktritt erfassten Forderungen wirtschaftlich nicht
belastet gewesen. Nachdem die Ausbuchung der Verbindlichkeiten in den Jahresabschlüssen der GmbH für
2004 – 2007 unterblieben sei, sei dies gem. § 4 Abs. 2 EStG im Wege der Bilanzänderung nachzuholen. Die
Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 sei am 15. April 2009 beim FA eingegangen, weshalb die
Bilanz zum 31.12.2007 die letzterreichbare Bilanz sei, in der die Ausbuchung der Verbindlichkeiten
berücksichtigt werden könne. Am Verschmelzungsstichtag hätten somit keine Verbindlichkeiten der GmbH
gegenüber dem Kläger bestanden, die auf diesen hätten übergehen können.
18 Außerdem habe nach § 3 UmwStG der übertragende Rechtsträger auf den Verschmelzungsstichtag eine
steuerliche Schlussbilanz aufzustellen. Hierin seien Aktiva und Passiva grundsätzlich mit den gemeinen
Werten anzusetzen, es sei denn, es werde ein Antrag auf Ansatz des Buchwertes oder eines
Zwischenwertes gem. § 3 Abs. 2 UmwStG gestellt. Ein solcher Antrag sei zunächst nicht gestellt worden. Er
ergebe sich insbesondere nicht aus der bloßen Abgabe des Jahresabschlusses zum 31.12.2007. Dieser wäre
nur dann zugleich zur Schlussbilanz i.S.d. § 3 UmwStG geworden, wenn die GmbH dies bei Einreichung des
Jahresabschlusses 2007 ausdrücklich erklärt hätte. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen. Auch die im
Verschmelzungsvertrag genannte Schlussbilanz nach § 17 Abs. 2 UmwG stelle keine steuerliche
Schlussbilanz i.S.d. § 3 UmwStG dar. Sie sei eine Handels- und keine Steuerbilanz und seit dem Wegfall des
Maßgeblichkeitsgrundsatzes nicht mehr zwingend identisch mit der steuerlichen Schlussbilanz, sodass aus
der Handelsbilanz nach § 17 UmwG nicht zwingend auf den Inhalt einer steuerlichen Schlussbilanz
geschlossen werden könne. Somit seien in der noch aufzustellenden Schlussbilanz Aktiva und Passiva der
GmbH mit den gemeinen Werten anzusetzen bzw. das FA habe bei fehlender Schlussbilanz die gemeinen
Werte zu Grunde zu legen. Hierbei seien Verbindlichkeiten zwar grundsätzlich mit ihrem Nennbetrag
anzusetzen. Vorliegend sei jedoch zu beachten, dass in Folge der Verschmelzung die wechselseitigen
Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Kläger und der GmbH untergegangen seien. Die
Verbindlichkeiten der GmbH könnten dabei nicht anders bewertet werden als die Forderungen des Klägers
gegenüber der GmbH. Wenn das FA letzteren einen Teilwert von 0 EUR zumesse, müsse dies auch
korrespondierend für die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Kläger gelten.
19 Dem Erfolg der Klage stehe schließlich auch die Körperschaftsteuerfestsetzung 2007 für die GmbH nicht
entgegen. Der Kläger als Rechtsnachfolger der GmbH habe beim FA mittlerweile nämlich eine Schlussbilanz
der GmbH eingereicht und gemäß § 3 Abs. 2 UmwStG einen Antrag auf Ansatz von Zwischenwerten – in
Höhe von 99% des gemeinen Werts der Verbindlichkeiten – gestellt. Dieser Antrag stelle ein rückwirkendes
Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
20 In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2016 hat der Kläger die Rücknahme der Klage, soweit diese
den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2007 zum Gegenstand hatte, erklärt.
21 Er beantragt,
1. die Einkommensteuer-Änderungsbescheide für 2008, 2009 und 2010, jeweils vom 21. Dezember
2012, in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 8. April 2014 zu ändern und
die darin erfassten Erträge aus der Auflösung einer Rücklage aus einem Konfusionsgewinn in Höhe
von jeweils 41.659 EUR nicht mehr zu berücksichtigen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen,
2. die Änderungsbescheide über den Gewerbesteuer-Messbetrag für die Jahre 2009 und 2010, jeweils
vom 18. März 2013, in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 8. April 2014
zu ändern und die darin erfassten Erträge aus der Auflösung einer Rücklage aus einem
Konfusionsgewinn in Höhe von jeweils 41.659 EUR nicht mehr zu berücksichtigen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22 Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
23 Es hält daran fest, dass beim Einzelunternehmen des Klägers ein Konfusionsgewinn entstanden sei. Die in
den GmbH-Bilanzen ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger seien zutreffend passiviert
worden. Es bestehe eine grundsätzliche Passivierungspflicht von Verbindlichkeiten. Die Vereinbarung eines
einfachen oder – wie hier – eines qualifizierten Rangrücktritts habe nach dem BMF-Schreiben vom
8. September 2006 (IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314) keinen Einfluss auf die Bilanzierung
der Verbindlichkeit. Im Gegensatz zu einem Forderungsverzicht mindere sich oder erlösche die
Verbindlichkeit nicht. Diese werde weiterhin geschuldet und stelle für den Steuerpflichtigen eine
wirtschaftliche Belastung dar; lediglich die Rangfolge der Tilgung ändere sich. Die Verbindlichkeit sei
weiterhin als Fremdkapital in der Steuerbilanz der Gesellschaft auszuweisen. Bei einer Vereinbarung eines
qualifizierten Rangrücktritts lägen laut dem genannten BMF-Schreiben die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a
EStG nicht vor, weil eine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen nicht
bestehe, sondern die Begleichung der Verbindlichkeit zeitlich aufschiebend bedingt – bis zur Abwendung der
Krise – verweigert werden könne. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH- vom 30.
November 2011 (I R 100/10, BFH/NV 2012, 631) berufe, ergebe sich hieraus nichts anderes. Der BFH habe
in dem dort entschiedenen Fall die Bilanzierung einer Verbindlichkeit verneint, die nur aus künftigen
Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden brauche, da es insoweit an einer
gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung fehle. Der BFH grenze diesen Fall von solchen
Rangrücktrittsvereinbarungen ab, bei denen die Forderung hinter die Forderungen anderer Gläubiger in der
Weise zurücktrete, dass sie nur aus künftigen Gewinnen oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des
Schuldners übersteigenden Vermögen bedient zu werden brauche. Denn ein so vereinbarter Rangrücktritt
führe nicht zum Erlöschen der Schuld. Der Schuldner bleibe vielmehr unverändert verpflichtet, die Schuld
aus künftig von ihm erwirtschafteten Gewinnen oder seinem die anderen Verbindlichkeiten übersteigenden
Vermögen zu bedienen. Damit stelle sich die Rangrücktrittsvereinbarung aus der Sicht des Schuldners als
Vereinbarung dar, die lediglich zu einer veränderten Rangordnung, nicht hingegen zu einer Minderung
seiner Verbindlichkeiten insgesamt führe. Diese seien daher weiterhin bilanziell auszuweisen (BFH, Urteil
vom 20. Oktober 2004 I R 11/03, BStBl 2005, 581).
24 Auf Grund der im vorliegenden Fall in den Rangrücktrittsvereinbarungen unter 3. enthaltenen Verpflichtung,
die Verbindlichkeiten auch aus einem etwaigen, die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen
der Gesellschaft zu bedienen, sei von einer wirtschaftlichen Belastung der GmbH durch die Verbindlichkeiten
gegenüber dem Kläger auszugehen. Daher seien die Verbindlichkeiten trotz Rangrücktrittsvereinbarungen
weiterhin zu passivieren gewesen.
25 Nach § 6 Abs. 1 und 2 UmwStG sei im Einzelunternehmen des Klägers ein Übernahmefolgegewinn i.H.v.
124.976,50 EUR dadurch entstanden, dass es aufgrund der Verschmelzung der GmbH auf ihren
Alleingesellschafter zum Erlöschen der zwischen beiden bestehenden Darlehensforderungen/-
verbindlichkeiten gekommen sei.
26 Mit der Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register des übernehmenden Rechtsträgers – hier
am 27. August 2008 – gehe das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden
Rechtsträger über. Die gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten erlöschten zivilrechtlich durch
Konfusion. Nach § 2 UmwStG seien das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft
sowie des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf
des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liege (steuerlicher Übertragungsstichtag),
ganz oder teilweise auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre. Steuerlicher
Übertragungsstichtag sei gem. Rn. 02.02 des Umwandlungssteuererlasses - UmwStE - (BMF vom 11.
November 2011, IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314) der Tag, auf den der übertragende
Rechtsträger die handelsrechtliche Schlussbilanz aufzustellen habe. Dies sei vorliegend der 31.12.2007
gewesen, d.h. die Übertragung falle in den Veranlagungszeitraum 2007.
27 Nach Rn. 04.01 UmwStE habe der übernehmende Rechtsträger die auf ihn übergehenden Wirtschaftsgüter
mit Wirkung zum steuerlichen Übertragungsstichtag mit den Wertansätzen zu übernehmen, die die
übertragende Körperschaft in deren steuerlicher Schlussbilanz (§ 3 UmwStG) angesetzt habe. Bei einer
Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person seien gem. § 3 Abs. 1 UmwStG die
übergehenden Wirtschaftsgüter, einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener
immaterieller Wirtschaftsgüter, in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft
grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 UmwStG
könnten auf Antrag die übergehenden Wirtschaftsgüter abweichend von Absatz 1 einheitlich mit dem
Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert nach Absatz 1 angesetzt werden.
28 Der Antrag bedürfe nach Rn. 03.29 UmwStE keiner besonderen Form, er sei bedingungsfeindlich und
unwiderruflich. Aus dem Antrag müsse sich ergeben, ob das übergehende Vermögen mit dem Buch- oder
einem Zwischenwert anzusetzen sei. Für die Auslegung des Antrags seien die allgemeinen zivilrechtlichen
Auslegungsgrundsätze entsprechend anzuwenden (§§ 133, 157 BGB). Wenn die ausdrückliche Erklärung
abgegeben werde, dass die Steuerbilanz i.S.d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG gleichzeitig die steuerliche
Schlussbilanz sein solle (vgl. Rn. 03.01 UmwStE), sei in dieser Erklärung gleichzeitig ein konkludenter
Antrag auf Ansatz der Buchwerte zu sehen, sofern nicht ausdrücklich ein anderweitiger Antrag gestellt
worden sei. Da die GmbH eine Bilanz i.S.d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG auf den steuerlichen
Übertragungsstichtag 31.12.2007 eingereicht habe, in der sie keine Teilwertaufstockungen vorgenommen,
sondern die Buchwerte angesetzt habe und der Kläger auch in seinem Einzelunternehmen die Buchwerte
übernommen und seiner Bilanz zum 31.12.2008 zu Grunde gelegt habe, lägen insoweit „Gesamtumstände
des Einzelfalles“ i.S.d. Rn. S.02 UmwStE vor, aus denen ein unwiderruflicher Antrag auf Ansatz der
Buchwerte abzuleiten sei.
29 Zudem hätten die Beteiligten im Verschmelzungsvertrag vom 10. Juni 2008 unter B II. ausdrücklich
vereinbart, dass der Verschmelzung die noch in Erstellung begriffene Bilanz der GmbH zum 31.12.2007 als
Schlussbilanz gemäß § 17 Abs. 2 UmwG zugrunde gelegt werde. Nachdem die GmbH lediglich eine Bilanz
zum 31.12.2007 erstellt habe, in der keine Buchwertaufstockungen vorgenommen, sondern die Buchwerte
ausgewiesen worden seien, sei diese Schlussbilanz zum 31.12.2007 – wie im Verschmelzungsvertrag
vereinbart – auch der Verschmelzung zugrunde zu legen.
30 Dem vom Kläger nunmehr beantragten Ansatz der Forderungen mit dem Teilwert stehe auch die
Bestandskraft der Körperschaftsteuerfestsetzung 2007 der GmbH entgegen, die auf Grundlage des
Jahresabschlusses der GmbH zum 31.12.2007 erfolgt sei. Die Verbindlichkeiten seien dort nämlich zu
Buchwerten bilanziert worden. Der zuletzt ergangene Körperschaftsteuerbescheid datiere vom 6. Mai 2009
und sei nicht angefochten. Außerdem sei, da die Körperschaftsteuererklärung 2007 am 15. April 2009 beim
FA eingegangen sei, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 Festsetzungsverjährung eingetreten.
31 Bei dem vom Kläger während des finanzgerichtlichen Verfahrens gestellten Antrag nach § 3 Abs. 2 UmwStG
handele es sich nicht um ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Ein solcher Antrag könne
zwar bis zur Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz gestellt werden, spätestens jedoch bis zur Bestandskraft
der Veranlagung. Dies entspreche der herrschenden Meinung zu § 175 AO, wonach Wahl- und
Gestaltungsrechte nur bis zum Eintritt der Bestandskraft ausgeübt werden könnten (
v. Groll in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 175 AO Rn. 65).
32 Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 25. Februar 2016 erörtert. Am 21.
Juni 2016 wurde die Sache mündlich verhandelt.
Entscheidungsgründe
33 Die Klage ist in dem noch aufrecht erhaltenen Umfang zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Die
angefochtenen Bescheide über Einkommensteuer 2008 – 2010 und Gewerbesteuermessbetrag 2009 und
2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA
hat den Bescheiden nämlich zu Recht einen im Einzelunternehmen des Klägers entstandenen
Übernahmefolgegewinn (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG) in Höhe von 124.976,50 EUR zugrunde
gelegt.
34 1. Bei einem Vermögensübergang von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft bzw. auf eine
natürliche Person im Wege der Verschmelzung hat gem. § 4 Abs. 1 UmwStG der übernehmende
Rechtsträger die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der
übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen. Mit der Eintragung der Verschmelzung in
das öffentliche Register des übernehmenden Rechtsträgers geht das Vermögen des übertragenden
Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über. Gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten
erlöschen zivilrechtlich durch Konfusion. Hat die Forderung des übernehmenden Rechtsträgers zu dessen
Betriebsvermögen gehört, entsteht bei diesem durch die Konfusion von Forderung und Verbindlichkeit ein
Übernahmefolgegewinn i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, wenn die Verbindlichkeit höher als die Forderung
bewertet wurde, und ein Übernahmefolgeverlust, wenn die Verbindlichkeit niedriger angesetzt wurde als die
Forderung (
Schnitter in Frotscher/Maas, UmwStG, § 6 UmwStG Rn. 16). Gehörte die Forderung – wie hier –
zum Privatvermögen des übernehmenden Einzelunternehmers, steht dies der Konfusion nicht entgegen, da
das Zivilrecht nicht zwischen Betriebs- und Privatvermögen einer natürlichen Person unterscheidet.
Steuerrechtlich gilt die Forderung gegen die übertragende Körperschaft eine logische Sekunde nach dem
steuerlichen Übertragungsstichtag zu ihrem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG als in das
Einzelunternehmen eingelegt, bevor sie infolge der anschließenden Verschmelzung durch Konfusion
zusammen mit der Verbindlichkeit der GmbH wegfällt (
Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock,
Umwandlungssteuerrecht, § 6 UmwStG Rn. 9;
Widmann, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 6
UmwStG Rn. 65;
Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 6 UmwStG Rn. 22; Haritz in
Haritz/Menner, UmwStG, § 6 UmwStG Rn. 33). Ein Übernahmefolgegewinn entsteht stets dann, wenn der
Teilwert der Forderung niedriger ist als der Buchwert der Schuld (
Pung, a.a.O., § 6 UmwStG Rn. 9; Schnitter,
a.a.O., § 6 UmwStG Rn. 24;
Haritz, a.a.O., § 6 UmwStG Rn. 33; Häfke, INF 2003, 221, 224 zum
eigenkapitalersetzenden Darlehen).
35 Dies war vorliegend der Fall. Während im Jahresabschluss der K GmbH zum 31.12.2007 unter „4. sonstige
Verbindlichkeiten“ die Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger mit einem Buchwert von 124.976,50 EUR
ausgewiesen waren, betrug der Teilwert der entsprechenden Forderungen zum steuerlichen
Übertragungsstichtag (31.12.2007) aufgrund der Überschuldung der GmbH 0 EUR.
36 Der erkennende Senat hat erwogen, ob aufgrund des Umstands, dass sich die Wertminderung der im
Privatvermögen des Klägers gehaltenen Forderungen gegen die GmbH bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung
nicht steuermindernd ausgewirkt hatte und der nach § 4 Abs. 4 UmwStG entstandene Übernahmeverlust
wegen § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG außer Ansatz bleibt, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG einschränkend
dahin auszulegen seien, dass der – buchmäßig i.H.v. 124.976,50 EUR entstandene – Übernahmefolgegewinn
nicht zu versteuern sei (befürwortend für den Fall, dass sich eine Forderungsabschreibung wegen § 8b Abs. 3
Satz 4 ff. KStG oder § 3c Abs. 2 EStG ganz oder teilweise nicht ausgewirkt hat
Schmitt, a.a.O.; § 6 UmwStG
Rn. 10;
Bron, DStZ 2012, 609; Töben, FR 2010, 249 de lege ferenda; a.A. Klingberg in Blümich, UmwStG, §
6 Rn. 21 ff.; UmwStE Rn. 06.02
), er sieht sich an einer solchen Auslegung aber durch den insoweit
eindeutigen Wortlaut der angeführten Vorschriften gehindert. Der Gesetzgeber hat die Besteuerung eines
Übernahmefolgegewinns nicht davon abhängig gemacht, dass sich die Wertminderung der erloschenen
Forderung bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag – insbesondere durch eine entsprechende
Teilwertabschreibung – steuermindernd ausgewirkt hat oder durch einen entsprechenden Übernahmeverlust
kompensiert werden kann, sondern hat es grundsätzlich für ausreichend erachtet, die steuerlichen Folgen
eines Übernahmefolgegewinns durch Bildung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UmwStG vorgesehenen
Rücklage abzumildern.
37 2. Der Einwand des Klägers, ein Übernahmefolgegewinn sei bereits deshalb nicht entstanden, da die ihm
gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten der K GmbH aufgrund von Rangrücktrittserklärungen wegen § 5
Abs. 2a EStG bereits in den Jahresabschlüssen 2004 bzw. 2005 nicht mehr hätten angesetzt werden dürfen,
geht fehl. Nach § 5 Abs. 2a EStG sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen
oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder
Gewinne angefallen sind. Die Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat ausdrücklich
anschließt, unterscheidet bei der Frage, ob eine mit einem Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit unter das
Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG fällt, nach der konkreten Ausgestaltung des Rangrücktritts. Eine
Rangrücktrittsvereinbarung, nach der eine Verbindlichkeit nur aus künftigen Gewinnen oder einem
eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist, belaste den Schuldner nicht stärker, als wäre die
Verbindlichkeit gegen entsprechende Besserungsabrede erlassen worden, weshalb es gerechtfertigt sei,
diese Verbindlichkeit wie einen Erlass mit Besserungsabrede zu behandeln und die Verbindlichkeit nicht
auszuweisen (vgl. BFH, Urteil vom 30. November 2011 I R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332
insoweit nur missverständlich die Überschrift der Entscheidung, die von einem qualifizierten Rangrücktritt
spricht). Dagegen sei die Verbindlichkeit zu passivieren, wenn sie mit einer Rangrücktrittsvereinbarung
versehen sei, nach der sie nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem die sonstigen
Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen zu bedienen ist. Denn ein so vereinbarter Rangrücktritt führe
lediglich zu einer veränderten Rangordnung, nicht hingegen zu einer Minderung der Verbindlichkeiten des
Schuldners insgesamt (vgl. BFH, Urteile vom 20. Oktober 2004 I R 11/03, BFHE 207, 295; vom 16. Mai 2007
I R 36/06, BFH/NV 2007, 2252; vom 14. Januar 2010 IV R 13/06, BFH/NV 2010, 1483; Pfützenreuter,
Anmerkung zum Urteil des BFH vom 30. November 2011 I R 100/10, jurisPR-SteuerR 14/2012; BMF vom 8.
September 2006, a.a.O.).
38 Im Streitfall ist unter Punkt 3. der Rangrücktrittsvereinbarungen jeweils Folgendes geregelt: „Der
Gesellschafter tritt mit seinen Forderungen gemäß vorstehender Ziff. 2 gegen die Gesellschaft im Rang
hinter die Forderungen aller gegenwärtigen und künftigen Gläubiger der Gesellschaft zurück. … Die von den
Rangrücktritten umfassten Forderungen sind nur nach Beseitigung der Überschuldung und nur aus künftigen
Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder einem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden
Vermögen der Gesellschaft zu bedienen.“ Da die Forderungen des Klägers mithin auch aus einem die
sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen der Gesellschaft zu bedienen waren, waren nach den
vorstehenden Grundsätzen die Verbindlichkeiten – wie geschehen – bei der Firma K GmbH zu passivieren.
39 3. Auch soweit der Kläger gegen die Entstehung eines Übernahmefolgegewinns argumentiert, die
Verbindlichkeiten seien gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG zunächst mit dem gemeinen Wert, der aufgrund der
besonderen Umstände des Streitfalls dem Teilwert der Forderungen entsprochen habe, bzw. nach der mit
Schriftsatz vom 31. Mai 2016 erfolgten, erstmaligen Ausübung des Bewertungswahlrechts gem. § 3 Abs. 2
UmwStG mit den beantragten Zwischenwerten anzusetzen gewesen, führt dies nicht zum Erfolg der Klage.
Der erkennende Senat kann dabei offen lassen, ob dies – wie vom FA angenommen – bereits daran liegt,
dass in der Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2007 verbunden mit dem Jahresabschluss zum
31.12.2007 nach den Gesamtumständen des Falles ein unwiderruflicher Antrag des Klägers auf Ansatz der
Buchwerte gem. § 3 Abs. 2 UmwStG zu sehen ist.
40 a) Gemäß § 3 Abs. 2 UmwStG können die übergehenden Wirtschaftsgüter abweichend von § 3 Abs. 1
UmwStG einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden. Der Antrag ist
spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der
übertragenden Körperschaft zuständigen Finanzamt zu stellen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Der Kläger hat
einen solchen Antrag – jedenfalls ausdrücklich – nicht gestellt, und er hat auch entgegen seiner sich aus § 3
Abs. 1 Satz 1 UmwStG ergebenden Verpflichtung keine steuerliche Schlussbilanz eingereicht. Er hat
stattdessen am 15. April 2009 beim FA zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung 2007 den am 31. Juli
2008 erstellten und vom Kläger als vormaligem Geschäftsführer der GmbH unterzeichneten Jahresabschluss
der GmbH zum 31.12.2007 eingereicht, der die streitgegenständlichen Verbindlichkeiten mit dem Buchwert
auswies.
41 Die steuerliche Schlussbilanz i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ist allerdings eine eigenständige Bilanz und
von der Steuerbilanz i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG zu unterscheiden (Rn. 03.01 UmwStE; vgl. auch FG
München, Urteil vom 25. November 2014, 2 K 935/11, juris). Durch bloße Einreichung der Steuerbilanz kann
daher die Verpflichtung zur Erstellung der steuerlichen Schlussbilanz grundsätzlich nicht erfüllt werden.
Allerdings soll nach Auffassung der Finanzverwaltung als Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz auch die
ausdrückliche Erklärung gelten, dass die Steuerbilanz i.S.d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG gleichzeitig die
steuerliche Schlussbilanz sein soll, wenn diese Bilanz der steuerlichen Schlussbilanz entspreche. In dieser
Erklärung sei dann auch zugleich ein Antrag auf Ansatz des Buchwertes zu sehen (vgl. Rn. 03.01 und 03.29
UmwStE ). Wenn es – wie im Streitfall – an einer solchen ausdrücklichen Erklärung fehlt, könne sich bis zum
31. Dezember 2011 ein (konkludenter) Antrag zum Ansatz der Buchwerte auch aus den Gesamtumständen
des Einzelfalls ergeben (Rn. S.02 UmwStE). Das FA hat solche Umstände zutreffend darin gesehen, dass der
Kläger eine auf den 31.12.2007 – auf diesen Stichtag hätte nach der im Verschmelzungsvertrag unter B. II.
getroffenen Regelung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auch die steuerliche Schlussbilanz erstellt werden
müssen – erstellte Gewinnermittlungsbilanz nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG sowie die
Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2007 eingereicht und auch in der Eröffnungsbilanz seines
Einzelunternehmens die Verbindlichkeiten mit dem Buchwert angesetzt hat. Einer ausdrücklichen Erklärung,
dass der Jahresabschluss zum 31.12.2007 gleichzeitig die steuerliche Schlussbilanz i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1
UmwStG sein solle, bedurfte es daher im vorliegenden Fall nicht (vgl.
Schnitter, a.a.O., § 3 UmwStG Rn. 73;
Frotscher, Umwandlungssteuererlass 2012, S. 144, 145, 565; Möhlenbrock, Pung, a.a.O., § 3 UmwStG Rn.
67;
Rödder, DStR 2011, 1059). Soweit der BFH in seinem Urteil vom 20. August 2015 (IV R 34/12, BFH/NV
2016, 41) ausgeführt hat, zur Ausübung des Bewertungswahlrechts nach § 3 Satz 1 UmwStG 2002 habe
die übertragende Gesellschaft die Körperschaftsteuererklärung und auf den steuerlichen
Übertragungsstichtag eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Steuerbilanz
beim FA einzureichen und vorbehaltlos zu erklären, das Wahlrecht in bestimmter Weise ausüben zu wollen,
ändert dies an der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes nichts. In dem der Entscheidung des BFH
zugrundeliegenden Fall konnte – anders als hier – im eingereichten Jahresabschluss bereits deshalb keine
Ausübung des Bewertungswahlrechts gesehen werden, weil dieser nicht auf den steuerlichen
Übertragungsstichtag aufgestellt worden war (vgl. dagegen BFH, Urteil vom 28. Mai 2008 I R 98/06, BFHE
221, 215, BStBl II 2008, 916).
42 Ergibt sich mithin nach den Gesamtumständen des Falles, dass der Kläger konkludent einen Ansatz der
übergehenden Verbindlichkeiten zu Buchwerten gem. § 3 Abs. 2 UmwStG beantragt hatte, so konnte er den
nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG entstandenen Übernahmefolgegewinn nicht mehr durch Vorlage
einer steuerlichen Schlussbilanz der K GmbH sowie einen Antrag auf Ansatz von Zwischenwerten nach § 3
Abs. 2 UmwStG rückgängig machen. Er bleibt vielmehr an das einmal ausgeübte Wahlrecht gebunden (vgl.
Rn. 03.29 UmwStE;
Möhlenbrock, Pung, a.a.O., § 3 UmwStG Rn. 65). Im Übrigen wären die übergehenden
Verbindlichkeiten selbst dann, wenn man nicht von einem konkludenten Antrag des Klägers auf Ansatz mit
den Buchwerten gem. § 3 Abs. 2 UmwStG, sondern – in Ermangelung einer wirksamen Ausübung des
Bewertungswahlrechts – von einem Ansatz mit dem gemeinen Wert ausgehen wollte (§ 3 Abs. 1 Satz 1
UmwStG), bei der Ermittlung des Übernahmefolgegewinns entgegen der Auffassung des Klägers jedenfalls
nicht mit dem (Teil-)Wert 0 EUR zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG sind Verbindlichkeiten
mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert
begründen. Der Umstand, dass die K GmbH zum maßgeblichen Zeitpunkt überschuldet und mithin nicht in
der Lage war, die gegenüber ihrem Alleingesellschafter bestehenden Verbindlichkeiten zu bedienen,
rechtfertigt es nicht, die Schulden nicht oder nur mit einem geringeren Wert anzusetzen. Die Schulden sind
unabhängig davon zu passivieren, dass sie uneinbringlichen und damit nach § 12 Abs. 2 BewG nicht
anzusetzenden Forderungen der Gläubiger entsprechen. § 12 Abs. 2 BewG gilt nämlich ausdrücklich nur für
Forderungen, nicht jedoch für die entsprechenden Schulden (BFH, Urteil vom 26. Februar 2003 II R 19/01,
BFHE 201, 531, BStBl II 2003, 561).
43 b) Schließlich steht dem Ansatz der Verbindlichkeiten mit dem Teilwert 0 EUR bzw. den nunmehr
beantragten Zwischenwerten unabhängig davon auch entgegen, dass der Körperschaftsteuerbescheid 2007
für die K GmbH vom 6. Mai 2009, dem die Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger mit ihren Buchwerten
zugrunde lagen, bestandskräftig ist. Nach der Rechtsprechung des BFH aber ist eine Änderung der
Bilanzansätze nicht mehr zulässig, wenn sie bestandskräftigen Steuerfestsetzungen zugrunde liegen.
Soweit der Kläger unter Berufung auf das Urteil des Finanzgerichts - FG - München vom 25. September
2012 (6 K 4073/09, EFG 2013, 473)hiergegen einwendet, bei seinem während des finanzgerichtlichen
Verfahrens gestellten Antrag auf Ansatz von Zwischenwerten handele es sich um ein rückwirkendes
Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, kann dem nicht gefolgt werden.
44 Abgesehen davon, dass in dem vom FG München entschiedenen Fall – anders als hier – das
Bewertungswahlrecht überhaupt erst nach bestandskräftiger Veranlagung entstanden war, kann nach
zutreffender, vom BFH mittlerweile bestätigter Auffassung das Wahlrecht des § 3 Abs. 2 UmwStG nach
Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht mehr ausgeübt werden (BFH, Urteil vom 20. August 2015 IV R
34/12, BFH/NV 2016, 41; FG Hamburg, Urteil vom 25. Juli 2012 6 K 91/11, EFG 2012, 2329;
Möhlenbrock,
Pung, a.a.O., § 3 UmwStG Rn. 68). Es ergibt sich – worauf das FG Hamburg zu Recht hinweist – bereits aus
der Rechtsnatur eines steuerlichen Wahlrechts, dass dieses nur im Rahmen einer Veranlagung wirksam
ausgeübt werden kann, solange also eine Auswirkung auf das Veranlagungsergebnis noch möglich ist und
damit nur vor Eintritt der Festsetzungsverjährung. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der in § 4 Abs.
1 UmwStG geregelten materiellen Bindung an die steuerliche Schlussbilanz der Körperschaft nach dem
Grundsatz der Wertverknüpfung. Diese dient – ebenso wie die materielle Bindungswirkung – dazu, die
Besteuerung der aufnehmenden Gesellschaft und die Besteuerung der übertragenden Körperschaft
miteinander zu harmonisieren.
45 Der Kläger konnte mithin den einmal entstandenen Übernahmefolgegewinn nicht dadurch wieder
beseitigen, dass er erstmals während des finanzgerichtlichen Verfahrens eine steuerliche Schlussbilanz der
GmbH gem. § 3 Abs. 1 UmwStG beim FA eingereicht und gem. § 3 Abs. 2 UmwStG einen Antrag auf Ansatz
von Zwischenwerten gestellt hat, weshalb die Klage abzuweisen war.
46 ___________..........___________..........___________
47 Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO.
48 Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob von einem gem. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG
steuerpflichtigen Übernahmefolgegewinn auch dann auszugehen ist, wenn dieser aufgrund Konfusion
wertgeminderter Forderungen und Verbindlichkeiten entsteht und sich die Wertminderung beim
Steuerpflichtigen bis zum Verschmelzungsstichtag steuerlich nicht ausgewirkt hat und sich auch nicht mehr
auswirken kann, – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und der Rechtssache insoweit
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt.