Urteil des EuGH vom 15.01.2002
EuGH: verordnung, kommission, europäische union, besitzer, tunesien, einfuhrabgabe, begriff, republik, regierung, erzeugnis
WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)
15. Januar 200
„Artikel 149 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens - Übergangsmaßnahmen -
Überschussbestände - Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 der Kommission - Zuständigkeit - Besitzer
der Ware - Anwendbare Einfuhrabgabe - Berechtigtes Vertrauen - Verhältnismäßigkeit - Gleichbehandlung“
In der Rechtssache C-179/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) in dem bei
diesem anhängigen Rechtsstreit
Gerald Weidacher
gegen
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 149 Absatz 1 der Akte über die
Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und
die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl.
1995, L 1, S. 1) sowie über die Gültigkeit und Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 der Kommission
vom 19. Dezember 1994 über die aufgrund des Beitritts Österreichs, Finnlands und Schwedens zu treffenden
Übergangsmaßnahmen für den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 328, S. 42)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter L. Sevón und M. Wathelet
(Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun und M. Niejahr als
Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. November 2001,
folgendes
Urteil
1.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 17. April 2000, beim Gerichtshof eingegangen
am 12. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG fünf Fragen nach der Auslegung von Artikel 149 Absatz 1 der
Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des
Königreichs Schweden und die Anpassungender die Europäische Union begründenden Verträge (ABl.
1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1, im Folgenden: Beitrittsakte) sowie über die Gültigkeit und
Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 der Kommission vom 19. Dezember 1994 über die
aufgrund des Beitritts Österreichs, Finnlands und Schwedens zu treffenden Übergangsmaßnahmen für
den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 328, S. 42) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Gerald Weidacher als Masseverwalter im
Konkurs der Thakis Vertriebs- und Handels GmbH (im Folgenden: Thakis) und dem österreichischen
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wegen der Erhebung von Abgaben auf einen
Überschussbestand von Olivenöl.
Rechtlicher Rahmen
3.
Gemäß Artikel 137 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Beitrittsakte gelten vorbehaltlich
anderslautender Bestimmungen „die Rechte und Pflichten aufgrund der gemeinsamen Agrarpolitik ...
für die neuen Mitgliedstaaten im vollen Umfang“.
4.
Artikel 145 Absatz 2 der Beitrittsakte, der eine Regelung für im Zeitpunkt des Beitritts gelagerte
landwirtschaftliche Erzeugnisse enthält, lautet:
„Jeder Warenbestand, der sich am 1. Januar 1995 im Hoheitsgebiet der neuen Mitgliedstaaten im
freien Verkehr befindet und mengenmäßig einen als normal anzusehenden Übertragbestand
übersteigt, muss von diesen Mitgliedstaaten auf ihre Kosten im Rahmen der Gemeinschaftsverfahren
und Fristen abgebaut werden, die nach dem in Artikel 149 Absatz 1 genannten Verfahren noch
festzulegen sind. Der Begriff .normaler Übertragbestand' wird für jedes Erzeugnis nach den Kriterien
und Zielen der jeweiligen gemeinsamen Marktorganisation festgelegt.“
5.
Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte bestimmt:
„Sind Übergangsmaßnahmen notwendig, um die Überleitung von der in den neuen Mitgliedstaaten
bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen
Marktorganisationen nach Maßgabe dieses Titels ergibt, so werden diese Maßnahmen nach dem
Verfahren des Artikels 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG [des Rates vom 22. September 1966 über
die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fette, ABl. 1966, 172, S. 3025, in mehrfach
geänderter Fassung] oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame
Agrarmarktorganisationen getroffen. Diese Maßnahmen können während eines Zeitraums, der am 31.
Dezember 1997 endet, getroffen werden; sie sind nur bis zu diesem Zeitpunkt anwendbar.“
6.
Auf der Grundlage von Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte erließ die Kommission die Verordnung
Nr. 3108/94, deren dritte Begründungserwägung lautet:
„Seit Vollendung des Binnenmarktes erfolgt der landwirtschaftliche Warenverkehr ohne jede Kontrolle
an den Binnengrenzen. Aus diesem Grund wird eine Regelung der systematischen Abgabenerhebung
für Waren, die bei der Ausfuhr aus einem Mitgliedstaat in einen anderen oder bei der Einfuhr aus
einem anderen Mitgliedstaat Gegenstand einer Verkehrsverlagerung sind, nicht als hinreichend
wirksam erachtet. Verkehrsverlagerungen, die die gemeinsamen Marktorganisationen stören können,
werden vor allem mit Erzeugnissen durchgeführt, die im Hinblick auf die Erweiterung künstlich
verlagert werden und die nicht zu den normalen Beständen des betreffenden Staates gehören. Auf
die Überschussbestände in den neuen Mitgliedstaaten sollte daher eine Abgabe erhoben werden.“
7.
Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 bestimmt:
„(1) Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 145 Absatz 2 der Beitrittsakte erheben die neuen
Mitgliedstaaten, sofern keine strengeren nationalen Vorschriften bestehen, ab 1. Januar 1995
Abgaben auf Überschussbestände, die von den Besitzern zu entrichten sind.
...
(2) Zur Ermittlung der jeweiligen Überschussbestände berücksichtigen die neuen Mitgliedstaaten
insbesondere:
- den Durchschnitt der in den Jahren vor dem Beitritt gehaltenen Bestände,
- den in den Jahren vor dem Beitritt erfolgten Handel,
- die Umstände, unter denen diese Bestände gebildet wurden.
Der Begriff der Überschussbestände gilt auch für landwirtschaftliche Produkte, die für den Markt der
neuen Mitgliedstaaten bestimmt sind.
(3) Der Betrag der in Absatz 1 genannten Abgabe entspricht
- für ein Erzeugnis aus einem Drittland der Differenz zwischen der in der Zwölfergemeinschaft am 31.
Dezember 1994 anzuwendenden Einfuhrabgabe und der im neuen Mitgliedstaat am 31. Dezember
1994 anzuwendenden Einfuhrabgabe, sofern die erstgenannte höher als die letztgenannte ist;
...
(4) Zur ordnungsgemäßen Erhebung der Abgabe gemäß Absatz 1 nehmen die neuen
Mitgliedstaaten unverzüglich eine Bestandsaufnahme der am 1. Januar 1995 vorhandenen Waren vor.
(5) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten für die Waren folgender KN-Codes:
- für Österreich: 1 006; 0806 20; 1702 10; 1 509; 1 510“.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
8.
Im Oktober 1994 kaufte Thakis in Tunesien eine große Menge Olivenöl. Mit Pfandbestellungsvertrag
vom 13. Dezember 1994 wurde der für Österreich bestimmte Teil der Ware an eine österreichische
Bank, die A-Bank, verpfändet. Am 21. Dezember 1994 wurde die Ware von Tunesien mit auf die A-Bank
ausgestellten Frachtpapieren abgesandt und am 29. Dezember 1994 in den Transportmitteln verzollt.
9.
Am 31. Dezember 1994 befand sich ein Teil des von Thakis eingeführten Olivenöls im Lager eines
österreichischen Weinbauunternehmens unter Kontrolle der A-Bank und ein anderer Teil in
Eisenbahnwaggons in einem österreichischen Bahnhof im Verantwortungsbereich des Transporteurs.
10.
Da die Agrarmarkt Austria, die österreichische Aufsichtsbehörde für die Agrarmärkte, davon
ausging, das Thakis am 1. Januar 1995 einen Überschussbestand an tunesischem Olivenöl von 1 091
341 kg im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 besessen hatte, erließ sie am 1. Februar
1995 an Thakis einen Sicherstellungsauftrag zur Sicherung eines voraussichtlichen
Abgabenanspruchs wegen Besitzes eines Überschussbestands und stellte der mittlerweile in Konkurs
gefallenen Thakis am 3. April 1995 einen Abgabenbescheid über 11 086 683 ATS zu.
11.
Dieser Betrag war gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 errechnet worden als die
Differenz zwischen der am 31. Dezember 1994 in der Zwölfergemeinschaft anzuwendenden
Einfuhrabgabe für Olivenöl und der entsprechenden Abgabe in Österreich.
12.
Der zu diesem Zeitpunkt in Österreich geltende Zollsatz lag bei 70 ATS pro 100 kg zuzüglich eines
Tarazuschlags von 18 %, während sich die in der Zwölfergemeinschaft gemäß der Verordnung (EG) Nr.
3307/94 der Kommission vom 29. Dezember 1994 zur Festsetzung der Mindestabschöpfungen bei der
Einfuhr von Olivenöl sowie der Einfuhrabschöpfungen für andere Erzeugnisse des Olivenölsektors (ABl.
L 341, S. 53) anwendbare Abschöpfung auf 66,31 ECU pro 100 kg (1098,48 ATS/100 kg) belief.
13.
Gegen den Sicherstellungsauftrag und den Abgabenbescheid wurde erst von Thakis und später von
ihrem Masseverwalter Berufung eingelegt. Sie bestritten erstens, dass Thakis am 1. Januar 1995
„Besitzer“ eines Olivenölbestands gewesen sei. Zweitens wurde die Höhe der Einfuhrabgaben
beanstandet, die nach Auffassung von Thakis gemäß der Verordnung (EG) Nr. 287/94 des Rates vom
7. Februar 1994 mit Sondermaßnahmen für die Einfuhr von Olivenöl mit Ursprung in Tunesien (ABl. L
39, S. 1) hätten festgesetzt werden müssen. Drittens bestritten sie die Rechtmäßigkeit der
Verordnung Nr. 3108/94, die zum einen nicht unter die Zuständigkeit der Kommission aus Artikel 149
Absatz 1 der Beitrittsakte falle und zum anderen den Grundsatz desVertrauensschutzes verletze, da
ihr Artikel 4 auch für Wirtschaftsteilnehmer der neuen Mitgliedstaaten gelte, die schon vor Erlass
dieser Verordnung am 19. Dezember 1994 bestimmte Dispositionen getroffen hätten.
14.
Nach Zurückweisung der Berufung wurde der Verwaltungsgerichtshof mit dem Rechtsstreit befasst.
Da ihm angesichts der bei ihm geltend gemachten Rügen zweifelhaft erschien, ob die Verordnung Nr.
3108/94 gültig und wie sie auszulegen ist, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof
folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Stellt die Einhebung von Abgaben auf Überschussbestände in den neuen Mitgliedstaaten ab 1.
Januar 1995, wie sie in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 der Kommission vom 19. Dezember
1994 vorgesehen ist, im Sinne des Artikels 149 Absatz 1 der Beitrittsakte eine zur Erleichterung der
Überleitung von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung zu der Regelung, die sich
aus der Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen nach Maßgabe des Titels VI,
Landwirtschaft, dieses Vertrages ergibt, notwendige Überleitungsmaßnahme dar, oder ist diese
Verordnung infolge Unzuständigkeit der Kommission ganz oder teilweise nichtig?
2. Steht das Grundrecht des Dispositionsschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip der
Anwendung des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 auf Überbestände entgegen, die auf
Dispositionen (Einkäufe und Wiederverkäufe)
a) vor dem Tag der Kundmachung dieser Verordnung oder
b) vor dem Zeitpunkt, an dem den beteiligten Kreisen bekannt sein musste, dass Abschöpfungen
von Überschüssen geplant sind,
zurückzuführen waren; bejahendenfalls, ist diese Verordnung wegen Verletzung dieser Grundrechte
ganz oder teilweise nichtig oder aber dahin auszulegen, dass in solchen Fällen keine Abschöpfung zu
erfolgen hat?
3. a) Ist der Käufer einer Ware, welcher diese schon vor dem 1. Januar 1995 bereits weiterverkauft
hatte, ohne sie jedoch seinem Abnehmer körperlich übergeben zu haben, am 1. Januar 1995 als
„Besitzer“ dieser Ware anzusehen, wenn
i. die Ware und deren Erlös an ein Bankinstitut verpfändet wurden und aufgrund des
Pfandbestellungsvertrags
- dieses Bankinstitut am 1. Januar 1995 über die Schlüssel zu dem in einem Pfandlager
eingelagerten Teil der Ware verfügte bzw.
- die Frachtpapiere, insbesondere das multimodale Transportpapier „Bill of lading“,
hinsichtlich der am 1. Januar 1995 in einem österreichischen Bahnhof nach Verzollung in
Eisenbahnwaggons befindlichen restlichen Ware an die Order dieses Bankinstituts lauten und sich in
dessen Besitz befinden und
- dieses Bankinstitut zu 20 % am Ertrag des vom Verpfänder abgeschlossenen Kaufgeschäfts
beteiligt wurde,
wobei weiterhin
ii) - die Einfuhrabgaben vom Verpfänder entrichtet wurden,
- der dem Verpfänder zustehende Kaufpreis später auf sein Konto bei diesem Bankinstitut
floss, über welches er jedoch aufgrund des Verpfändungsvertrags nicht mehr verfügen konnte?
b) Ist der Verpfänder der Ware dann nicht Besitzer, wenn er sie am 1. Januar 1995, vorbehaltlich
der durch den Pfandvertrag bestehenden Beschränkungen, schon für seinen Abnehmer innehaben
wollte? Kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, dass dieser Wille nach außen in Erscheinung
getreten ist?
c) Ist in Sachverhaltskonstellationen wie a oder b auch der Pfandgläubiger, der Abnehmer des
Verpfänders, der Spediteur, Lagerhalter oder Frachtführer „Besitzer“ im Verständnis dieser
Verordnung?
4. Ist unter der „in der Zwölfergemeinschaft am 31. Dezember 1994 anzuwendenden Einfuhrabgabe“
im Verständnis des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 im Fall von tunesischem
Olivenöl des KN-Codes 1509 10
a) in jedem Fall die in Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 287/94 des Rates vom 7. Februar
1994 angeführte Sonderabschöpfung von 7,8 ECU/100 kg oder
b) in jedem Fall die in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 3307/94 der Kommission vorgesehene
Abschöpfung von 79 minus 12,69, also von 66,31 ECU/100 kg,
zu verstehen, oder aber
c) hängt die Beantwortung dieser Frage davon ab, ob in den Mitgliedstaaten der
Zwölfergemeinschaft die Einfuhr tunesischen Olivenöls im Rahmender in Artikel 1 Absatz 2 der
Verordnung (EG) Nr. 287/94 festgelegten Quote auch Ende des Jahres 1994 noch problemlos möglich
war, oder aber
d) ist der Zollsatz im Einzelfall danach zu bestimmen, ob es dem Abgabenpflichtigen, wäre eine
Einfuhr in einen EG-Mitgliedstaat geplant gewesen, im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses möglich
gewesen wäre, ein (begünstigtes) Kontingent zu erwerben?
5. Wäre Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 3108/94 der Kommission in dem unter 4. b genannten
Verständnis infolge Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz nichtig?
Zur ersten Frage
15.
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Kommission
gemäß Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte für den Erlass der Regelung des Artikels 4 der
Verordnung Nr. 3108/94 zuständig war.
16.
Diese Frage zielt darauf, ob die Erhebung einer Ausgleichsabgabe, wie Artikel 4 der Verordnung Nr.
3108/94 sie vorsieht, eine notwendige Übergangsmaßnahme im Sinne von Artikel 149 Absatz 1 der
Beitrittsakte darstellt, um die Überleitung von der in den neuen Mitgliedstaaten vor ihrem Beitritt zur
Europäischen Union bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der
Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen ergibt.
17.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens macht beim vorlegenden Gericht geltend, dass die Erhebung
einer Abgabe, wie Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 sie vorsehe, keine Übergangsmaßnahme im
Sinne von Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte sein könne, da aus der dort verwendeten
Formulierung „um die Überleitung ... zu erleichtern“ eindeutig hervorgehe, dass sich die
Übergangsmaßnahmen zugunsten der beitretenden Mitgliedstaaten auswirken müssten, was bei der
im Ausgangsverfahren fraglichen Abgabenerhebung aber nicht der Fall sei.
18.
Hierzu ist festzustellen, dass gemäß Artikel 137 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Beitrittsakte
die Rechte und Pflichten aufgrund der gemeinsamen Agrarpolitik von Anfang an im vollem Umfang
gelten. Um „die Überleitung von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung zu der
Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen ...
ergibt“, sieht Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte vor, dass „nach dem Verfahren des Artikels 38 der
Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über
gemeinsame Agrarmarktorganisationen“ die „notwendigen“ Übergangsmaßnahmen erlassen werden.
19.
Bei dem Erlass von Maßnahmen, mit denen die Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik verwirklicht
werden sollen, verfügen die Gemeinschaftsorgane über ein weitesErmessen (vgl. u. a. Urteile vom 25.
Juli 1997 in der Rechtssache C-285/94, Italien/Kommission, Slg. 1997, I-3519, Randnrn. 22 und 23, und
vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache C-289/97, Eridania, Slg. 2000, I-5409, Randnr. 48).
20.
Im Übrigen müssen die neuen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 145 Absatz 2 der Beitrittsakte
Warenbestände, die sich am 1. Januar 1995 in ihrem Hoheitsgebiet im freien Verkehr befanden und
mengenmäßig einen als normal anzusehenden Übertragbestand überstiegen, auf ihre Kosten im
Rahmen der Gemeinschaftsverfahren und Fristen abbauen, die nach dem in Artikel 149 Absatz 1 der
Beitrittsakte genannten Verfahren festgelegt werden.
21.
Die Verfasser der Beitrittsakte gingen somit davon aus, dass am 1. Januar 1995 in den neuen
Mitgliedstaaten vorhandene ungewöhnliche Bestände von Waren, die unter eine gemeinsame
Marktorganisation fallen, für das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Marktorganisation einen
Störfaktor bildeten, und zwar insbesondere wegen ihrer Auswirkungen auf die Preisbildung.
22.
Mit der Einführung einer besonderen Abgabe auf Überschussbestände gemäß Artikel 149 Absatz 1
der Beitrittsakte wollte die Kommission aber gerade den Übergang der neuen Mitgliedstaaten zu den
gemeinsamen Marktorganisationen erleichtern, denn eine solche Abgabe ist geeignet, der
spekulativen Bildung von Lagerbeständen entgegenzuwirken und die wirtschaftlichen Vorteile von
Wirtschaftsteilnehmern auszugleichen, die bereits Überschussbestände zu niedrigen Preisen gebildet
haben (vgl. dritte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3108/94).
23.
Wie überdies die österreichische Regierung zu Recht geltend macht, ließ sich mit der Erhebung von
Abgaben auf Überschussbestände die Belastung verringern, die sich für die neuen Mitgliedstaaten
aus ihrer in Artikel 145 Absatz 2 der Beitrittsakte festgelegten Verpflichtung ergab, solche Bestände
auf eigene Kosten zu beseitigen.
24.
Demnach ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Kommission gemäß Artikel 149 Absatz 1 der
Beitrittsakte für den Erlass der Regelung des Artikels 4 der Verordnung Nr. 3108/94 zuständig war.
Zur zweiten Frage
25.
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 4 der
Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des
Vertrauensschutzes gültig ist.
26.
Was den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeht, so verfügt die Kommission bei der
Wahrnehmung der Kompetenzen, die ihr der Rat und die Verfasser der Beitrittsakte im Bereich der
gemeinsamen Agrarpolitik zur Durchführung der von ihnen festgelegten Bestimmungen einräumen,
über ein weites Ermessen, so dass eine entsprechende Maßnahme der Kommission nur dann
rechtswidrig ist, wenn sie zur Erreichung des Zieles, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich
ungeeignet ist (vgl. in diesemSinne Urteile vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 265/87, Schräder, Slg.
1989, 2237, Randnr. 22, und vom 5. Mai 1998 in der Rechtssache C-157/96, National Farmers' Union
u. a., Slg. 1998, I-2211, Randnr. 61).
27.
Im vorliegenden Fall wählte die Kommission mit der Festlegung der im Ausgangsverfahren fraglichen
Abgabenerhebung und deren Durchführungsmodalitäten unter mehreren Möglichkeiten die
Ausgestaltung, die nach ihrer Meinung am besten der Gefahr von Störungen vorbeugte, die für das
ordnungsgemäße Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisationen aus der Anhäufung von
Beständen erwuchs, die über als normal anzusehende Übertragbestände im Sinne von Artikel 145
Absatz 2 der Beitrittsakte hinausgingen (vgl. dritte Begründungserwägung der Verordnung Nr.
3108/94).
28.
Die in Frage stehende Abgabenerhebung soll die Bildung solcher Bestände verhindern oder
zumindest die von ihren Besitzern erwarteten wirtschaftlichen Vorteile dadurch ausgleichen, dass sie
für sie die gleiche Lage herstellt wie für die Wirtschaftsteilnehmer der Zwölfergemeinschaft, mit denen
sie auf demselben Markt konkurrieren. Sie ist grundsätzlich als geeignet anzusehen, das in Artikel 149
Absatz 1 der Beitrittsakte festgelegte Ziel, die Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen in
den neuen Mitgliedstaaten zu erleichtern, zu verwirklichen, ohne die Grenzen des dafür Erforderlichen
zu überschreiten.
29.
Die Kommission hat daher in dieser Angelegenheit die Grenzen ihres Ermessens nicht
überschritten. Die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist somit
zurückzuweisen.
30.
Hinsichtlich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes macht der Kläger des Ausgangsverfahrens
beim vorlegenden Gericht geltend, dass Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 diesen Grundsatz
deshalb verletze, weil er auch für die Besitzer von Überschussbeständen gelte, die die fraglichen
Waren schon vor Veröffentlichung der Verordnung erworben hätten.
31.
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Berufung auf
den Grundsatz des Vertrauensschutzes gegenüber einer Gemeinschaftsregelung nur möglich ist,
wenn die Gemeinschaft selbst zuvor eine Lage geschaffen hat, die ein berechtigtes Vertrauen
hervorrufen konnte (vgl. Urteile vom 15. April 1997 in der Rechtssache C-22/94, Irish Farmers
Association u. a., Slg. 1997, I-1809, Randnr. 19, und vom 18. Mai 2000 in der Rechtssache C-107/97,
Rombi und Arkopharma, Slg. 2000, I-3367, Randnr. 67).
32.
Dies trifft aber im Ausgangssachverhalt nicht zu. Zunächst hat die Gemeinschaft nämlich den
beteiligten Kreisen durch keine Handlung oder Unterlassung zu erkennen gegeben, dass
Übergangsmaßnahmen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und spekulativen Gewinnen
durch die Bildung von Überschussbeständen anlässlich der Erweiterung zum 1. Januar 1995 nicht
erlassen würden.
33.
Weiterhin musste Thakis wie jeder durchschnittlich sorgfältige Wirtschaftsteilnehmer seit der
Veröffentlichung der Beitrittsakte im vom 29. August
1994, d. h. zur Zeit ihres Kaufes einer großen Menge Olivenöl in Tunesien im Oktober 1994, wissen,
dass Artikel 149 Absatz 1 der Beitrittsakte die Kommission gerade dazu ermächtigte, zur Anpassung
der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelungen an die gemeinsamen
Marktorganisationen Übergangsmaßnahmen zu erlassen, die sich auf bei Veröffentlichung der
Verordnung Nr. 3108/94 am 20. Dezember 1994 bereits gebildete Überschussbestände
gegebenenfalls auswirken konnten.
34.
Schließlich wurde die fragliche Ware ausweislich der Akten am 21. Dezember 1994 nach Österreich
eingeführt und am 29. Dezember 1994 verzollt, als die Verordnung Nr. 3108/94 bereits in Kraft
getreten war. Die Argumentation des Klägers des Ausgangsverfahrens ist daher unter keinem
Gesichtspunkt stichhaltig.
35.
Der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist somit ebenfalls
zurückzuweisen.
36.
Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass ihre Prüfung nichts ergeben hat, was der
Gültigkeit von Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung der Grundsätze der
Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes entgegenstünde.
Zur dritten Frage
37.
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob ein
Unternehmen wie das im Ausgangsverfahren klagende unter den dort gegebenen Umständen als
Besitzer eines Überschussbestands im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3108/94
anzusehen ist.
38.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts
gemäß Artikel 234 EG u. a. die Auslegung des Vertrages oder die Gültigkeit oder Auslegung von
Handlungen der Gemeinschaftsorgane oder der Europäischen Zentralbank betreffen muss. Die
Anwendung einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung auf den konkreten Fall, mit dem das
vorlegende Gericht befasst ist, liegt in dessen Zuständigkeit.
39.
Die dritte Frage ist deshalb so zu verstehen, dass mit ihr eine Erläuterung des Begriffes des
„Besitzers“ eines Überschussbestands im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 begehrt
wird, anhand deren das vorlegende Gericht entscheiden kann, ob Thakis im Hinblick auf die im
Ausgangsverfahren fragliche Abgabenerhebung als Besitzerin anzusehen ist.
40.
Die österreichische Regierung meint, als Besitzer einer Ware im Sinne von Artikel 4 der Verordnung
Nr. 3108/94 könne nur angesehen werden, wer die Verfügungsgewalt über sie besitze. Für Thakis als
Käuferin der Überschussbestände treffe dies zu.
41.
Die Kommission macht hingegen geltend, dass der Begriff „Besitzer“ im Sinne von Artikel 4 der
Verordnung Nr. 3108/94 die Person bezeichne, die die tatsächliche Kontrolle oder Sachherrschaft
über die Bestände ausübe. Diese Auslegung folge aus der Notwendigkeit, die Einziehung der Abgaben
zu gewährleisten, was etwa nicht gesichert wäre, wenn Abgabenschuldner der Eigentümer wäre, der
in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat ansässig sein könne.
42.
Wie oben in Randnummer 22 erwähnt, wollte die Kommission dadurch, dass sie die Besitzer von am
1. Januar 1995 bestehenden Überschussbeständen mit Abgaben belegte, zum einen der spekulativen
Bildung von Beständen entgegenwirken und zum anderen die von Wirtschaftsteilnehmern, die solche
Bestände gebildet hatten, erwarteten wirtschaftlichen Vorteile neutralisieren. Unter diesen
Umständen ist der Begriff des „Besitzers“ im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 dahin
auszulegen, dass er die Personen erfasst, die am 1. Januar 1995 über die Möglichkeit verfügten, das
gelagerte Erzeugnis in den Verkehr zu bringen, um dadurch jenen Gewinn zu erzielen, den die im
Ausgangsverfahren streitige Abgabenerhebung gerade ausgleichen sollte.
43.
Wie der Generalanwalt in Nummer 81 seiner Schlussanträge zu Recht ausgeführt hat, wird diese
Auslegung auch durch Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3108/94 gestützt, der die Umstände
aufführt, die die neuen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen haben, um das Bestehen eines
Überschussbestands zu ermitteln. Es handelt sich dabei insbesondere um die durchschnittlichen
Bestände und Handelsumsätze in den Jahren vor dem Beitritt des betroffenen Mitgliedstaats. Diese
Umstände könnten offenkundig nicht berücksichtigt werden, wenn der Begriff dahin auszulegen wäre,
dass als Besitzer jedermann gälte, der - wie der Inhaber eines Pfandrechts oder der Transporteur - im
Zeitpunkt des Beitritts die tatsächliche Kontrolle über den Bestand ausübte, ohne aber darüber frei
verfügen zu dürfen.
44.
Ferner ist der Besitzer eines Überschussbestands unabhängig davon zu ermitteln, ob der fragliche
Wirtschaftsteilnehmer den Überschussbestand im jeweiligen Fall - gleichviel wie und ob ganz oder
teilweise - als Sicherheit gestellt hat.
45.
Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass der Begriff des „Besitzers“ eines
Überschussbestands im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 3108/94 jede Person erfasst, die über
die Möglichkeit verfügt, das gelagerte Erzeugnis in den Verkehr zu bringen und daraus Gewinn zu
erzielen.
Zur vierten Frage
46.
Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es sich im Fall
der Einfuhr tunesischen Olivenöls bei der „Einfuhrabgabe“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 der
Verordnung Nr. 3108/94, die am 31. Dezember 1994 in der Zwölfergemeinschaft anwendbar war, um
die Abgabe gemäß Anhang I der Verordnung Nr. 3307/94 oder um die Abgabe gemäß der Verordnung
Nr. 287/94 handelt.
47.
Dazu genügt der Hinweis, dass die Sonderabschöpfung gemäß der Verordnung Nr. 287/94, wie die
österreichische Regierung und die Kommission vorgetragen haben, am 31. Dezember 1994, dem in
Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 genannten Stichtag, nicht mehr galt. Gemäß den
Artikeln 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 548/94 der Kommission vom 10. März 1994 mit
Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 287/94 (ABl. L 69, S. 3) waren nämlich die
Einfuhrlizenzen, die für die Anwendung der Regelung über die Sonderabschöpfung erforderlich waren,
jeweils nur zwischen dem 1. März und 31. Oktober des Wirtschaftsjahrs gültig. Folglich konnte Olivenöl
mit Ursprung in Tunesien am 31. Dezember 1994 nur im Rahmen der allgemeinen Abgabenregelung
der Verordnung Nr. 3307/94 in die Gemeinschaft eingeführt werden.
48.
Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94
dahin auszulegen ist, dass im Fall der Einfuhr tunesischen Olivenöls die „Einfuhrabgabe“, die am 31.
Dezember 1994 in der Zwölfergemeinschaft anwendbar war, die Abgabe gemäß Anhang I der
Verordnung Nr. 3307/94 ist.
Zur fünften Frage
49.
Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 4 Absatz
3 der Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gültig ist, obschon
nach dieser Vorschrift die Sonderabschöpfung gemäß der Verordnung Nr. 287/94 auf die Einfuhr von
Olivenöl mit Ursprung in Tunesien durch Wirtschaftsteilnehmer der neuen Mitgliedstaaten nicht
anwendbar ist, während die Wirtschaftsteilnehmer der Zwölfergemeinschaft die Abschöpfung in
Anspruch nehmen konnten.
50.
Wie die Kommission dargelegt hat, war die Situation der Wirtschaftsteilnehmer der neuen
Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1995 Überschussbestände an gemäß den anwendbaren
Bestimmungen dieser Staaten importiertem tunesischem Olivenöl besaßen, nicht vergleichbar mit der
Situation der Wirtschaftsteilnehmer der Zwölfergemeinschaft, die gegebenenfalls zwischen dem 1.
März und 31. Oktober 1994 aus Tunesien stammendes Olivenöl im Rahmen der Vorzugsregelung
gemäß dem früheren Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
und der Republik Tunesien, genehmigt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2212/78 des Rates vom 26.
September 1978 (ABl. L 265, S. 1), einführen konnten.
51.
Unter diesen Umständen verstößt die in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 getroffene
Festlegung, dass für am 1. Januar 1995 in den neuen Mitgliedstaaten vorhandene
Überschussbestände die allgemeine Abgabenregelung der Verordnung Nr. 3307/94 gilt, um die
gemeinsamen Marktorganisationen möglicherweise störende Verkehrsverlagerungen zu vermeiden
oder auszugleichen, nicht gegen den Grundsatz, dass die Wirtschaftsteilnehmer der Mitgliedstaaten
gleich zu behandeln sind.
52.
Demnach ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass ihre Prüfung nichts ergeben hat, was der
Gültigkeit von Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung entgegenstünde.
Kosten
53.
Die Auslagen der österreichischen Regierung, der portugiesischen Regierung und der Kommission,
die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien
des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht
anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
auf die ihm vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss 17. April 2000 vorgelegten Fragen für Recht
erkannt:
1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften war gemäß Artikel 149 Absatz 1 der
Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland
und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union
begründenden Verträge für den Erlass der Regelung des Artikels 4 der Verordnung (EG)
Nr. 3108/94 der Kommission vom 19. Dezember 1994 über die aufgrund des Beitritts
Österreichs, Finnlands und Schwedens zu treffenden Übergangsmaßnahmen für den
Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen zuständig.
2. Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was der Gültigkeit von Artikel 4 der
Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des
Vertrauenschutzes entgegenstünde.
3. Der Begriff des „Besitzers“ eines Überschussbestands im Sinne von Artikel 4 der
Verordnung Nr. 3108/94 erfasst jede Person, die über die Möglichkeit verfügt, das
gelagerte Erzeugnis in den Verkehr zu bringen und daraus Gewinn zu erzielen.
4. Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 ist dahin auszulegen, dass im Fall der
Einfuhr tunesischen Olivenöls die „Einfuhrabgabe“, die am 31. Dezember 1994 in der
Zwölfergemeinschaft anwendbar war, die Abgabe gemäß Anhang I der Verordnung (EG)
Nr. 3307/94 der Kommission vom29. Dezember 1994 zur Festsetzung der
Mindestabschöpfungen bei der Einfuhr von Olivenöl sowie der Einfuhrabschöpfungen für
andere Erzeugnisse des Olivenölsektors ist.
5. Die Prüfung der fünften Frage hat nichts ergeben, was der Gültigkeit von Artikel 4
Absatz 3 der Verordnung Nr. 3108/94 in Ansehung des Grundsatzes der Gleichbehandlung
entgegenstünde.
Jann
Sevón
Wathelet
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Januar 2002.
Der Kanzler
Der Präsident der Ersten Kammer
R. Grass
P. Jann
Verfahrenssprache: Deutsch.