Urteil des EuGH vom 11.03.2004

EuGH: mitgliedstaat, öffentliche gesundheit, kommission, genehmigung, republik, gefährdung der gesundheit, leiter, soziale sicherheit, regierung, freier dienstleistungsverkehr

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
11. März 2004
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Freier Dienstleistungsverkehr – Niederlassungsrecht – Regelung
für Labors für biomedizinische Analysen – Voraussetzungen für die Erteilung der behördlichen
Betriebsgenehmigungen – Betriebliche Niederlassung im französischen Hoheitsgebiet“
In der Rechtssache C-496/01
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Französische Republik,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 43
EG und 49 EG verstoßen hat, dass sie
in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Labors für biomedizinische Analysen die erforderliche
Betriebsgenehmigung nur erteilt, wenn sie ihre betriebliche Niederlassung im französischen Hoheitsgebiet
haben,
jegliche Erstattung der Kosten für biomedizinische Analysen ausschließt, die von einem Labor für
biomedizinische Analysen durchgeführt wurden, das in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist,
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten
Kammer, der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin N. Colneric
(Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des Berichts der Berichterstatterin,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Juni 2003,
erlässt
Urteil
1
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 21. Dezember 2001 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die
Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 43 EG und 49 EG verstoßen hat,
dass sie
in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Labors für biomedizinische Analysen die erforderliche
Betriebsgenehmigung nur erteilt, wenn sie ihre betriebliche Niederlassung im französischen
Hoheitsgebiet haben,
jegliche Erstattung der Kosten für biomedizinische Analysen ausschließt, die von einem Labor für
biomedizinische Analysen durchgeführt wurden, das in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen
ist.
Rechtlicher Rahmen
2
Die französische Regelung betreffend die öffentliche Gesundheit findet sich im Code de la santé publique
(Gesundheitsgesetzbuch). Dessen Legislativer Teil wurde durch die Ordonnance Nr. 2000-548 vom 15. Juni
2000 über den Legislativen Teil des Gesundheitsgesetzbuchs (JORF vom 22. Juni 2000, S. 9340) neu gefasst
und im Anhang dieser Ordonnance veröffentlicht. Wesentlicher Zweck dieser Neufassung war es, die
geltenden Vorschriften in eine zweckmäßige Ordnung zu bringen und die Artikel des Gesetzbuchs neu zu
nummerieren.
3
Nach Artikel L. 6211‑1 dieses Gesetzbuchs sind biomedizinische Analysen biologische Untersuchungen, die
dazu beitragen, menschliche Krankheiten zu diagnostizieren oder zu behandeln oder solchen Krankheiten
vorzubeugen, oder die irgendeine andere Veränderung des körperlichen Zustands erkennbar machen, mit
Ausnahme der Untersuchungen im Bereich der Anatomie und der pathologischen Zytologie, die von
Fachärzten auf diesem Gebiet durchgeführt werden. Labors für biomedizinische Analysen dürfen ihre
Tätigkeit nur unter der Verantwortung ihrer Leiter oder stellvertretenden Leiter ausüben.
4
Nach Artikel L. 6221‑1 des Gesundheitsgesetzbuchs müssen Laborleiter und ihre Stellvertreter Inhaber eines
Diploms sein, das sie zur Tätigkeit als Arzt, Apotheker oder Tierarzt befähigt, Mitglieder der für sie
zuständigen berufsständischen Vertretung sein und eine spezialisierte Ausbildung genossen haben. Letztere
kann durch Ausbildungsbescheinigungen über ein Spezialstudium, durch Befreiungen, gleichwertige Belege
oder durch Diplome im Bereich der spezialisierten Ausbildung in klinischer Biologie nachgewiesen werden.
5
Artikel L. 6122‑1 des Gesundheitsgesetzbuchs bestimmt:
„Ein Labor für biomedizinische Analysen darf nicht ohne behördliche Genehmigung betrieben werden.
Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels L. 6122‑1 über medizinische Großgeräte wird diese
Genehmigung erteilt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die in diesem Buch und in dem in Artikel
L. 6211‑9 vorgesehenen Dekret aufgestellt worden sind, das die Zahl und die Qualifikation der technischen
Mitarbeiter sowie die Einrichtung und Ausrüstung der Labors regelt.
Dieses Dekret kann besondere Voraussetzungen für Labors aufstellen, deren Tätigkeit auf bestimmte in ihm
bezeichnete Handlungen beschränkt ist. Die diesen Labors erteilte Genehmigung nimmt auf diese
Beschränkung Bezug.
...
Die Genehmigung wird zurückgenommen, wenn die durch Gesetz oder Verordnung aufgestellten
Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.“
6
Das Verfahren zur Erteilung dieser Genehmigung ist in den Artikeln 15 bis 17 des Dekrets Nr. 76-1004 vom 4.
November 1976 über die Genehmigungsbedingungen für Labors für biomedizinische Analysen geregelt (JORF
vom 6. November 1976, S. 6449).
7
Artikel 15 dieses Dekrets schreibt vor:
„Der Genehmigungsantrag nach Artikel L. 757 [jetzt Artikel L. 6211‑2] des Gesundheitsgesetzbuchs ist durch
eingeschriebenen Brief mit Rückschein an den Präfekten des Departements zu richten, in dem das Labor
betrieben werden soll.
Der Antrag bezeichnet die Bedingungen, unter denen das Laboratorium betrieben werden soll, und den
Umfang der für das erste Betriebsjahr vorgesehenen Tätigkeit; ihm sind insbesondere folgende Nachweise
beizufügen:
Beschreibung und Plan der Räumlichkeiten,
vollständige Auflistung der Geräte,
Liste der Leiter, der stellvertretenden Leiter und der technischen Mitarbeiter nebst den jeweiligen
Befähigungsnachweisen und Diplomen,
gegebenenfalls eine Satzung.
...
Der Antragsteller bezeichnet gegebenenfalls die Arten von Analysen, für die die Genehmigung begehrt wird.“
8
Sind die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, muss die Betriebsgenehmigung dem Antragsteller nach
Artikel L. 6211‑2 des Gesundheitsgesetzbuchs von Rechts wegen erteilt werden. Außerdem ist eine durch
einen medizinischen oder pharmazeutischen Gesundheitsinspektor durchzuführende Untersuchung vor Ort
vorgesehen.
9
Nach Artikel L. 6211‑3 des Gesundheitsgesetzbuchs dürfen nur Labors die Bezeichnung „Labor für
biomedizinische Analysen“ verwenden, die über diese Genehmigung verfügen.
10
Zur Rücknahme der Genehmigung bestimmt Artikel 24 des Dekrets Nr. 76‑1004:
„Unbeschadet der Bestimmungen des letzten Absatzes von Artikel L. 757 [jetzt Artikel L. 6211‑2] des
Gesundheitsgesetzbuchs und derjenigen des Artikels 9 des vorgenannten Dekrets vom 15. Februar 1983
kann der Präfekt die Genehmigung zurücknehmen, wenn er nach einer durch einen medizinischen oder
pharmazeutischen Gesundheitsinspektor durchgeführten Untersuchung festgestellt hat, dass der Betrieb
des Labors Gefahren für die öffentliche Gesundheit begründet.
Diese Rücknahme der Genehmigung darf erst erfolgen, nachdem dem Leiter des Labors Gelegenheit
gegeben wurde, innerhalb einer Frist von einem Monat zu den für die Entscheidung herangezogenen
Tatsachen Stellung zu nehmen.
In dringlichen Fällen kann der Präfekt die Genehmigung ohne Vorverfahren für eine Dauer von nicht mehr als
einem Monat aussetzen.
Die Entscheidung über die Rücknahme oder Aussetzung wird durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt.“
11
Im Zusammenhang mit dem Betrieb von Labors für biomedizinische Analysen sieht das französische Recht
genaue Vorschriften für die Durchführung bestimmter Analysen, wie den HIV-Antikörper-Test und die
Immunhämatologie, vor.
12
Beim Betrieb der Labors müssen überdies die Regeln des Guide de bonne exécution des analyses (Leitfaden
für die ordnungsgemäße Durchführung von Analysen, im Folgenden: Leitfaden) beachtet werden. Dieser
Leitfaden ist der Verordnung vom 26. November 1999 über die ordnungsgemäße Durchführung
biomedizinischer Analysen (JORF vom 11. Dezember 1999, S. 18441) als Anlage beigefügt. Er stellt eine
Gesamtheit technischer Vorschriften dar, die eine Laborleistung in allen ihren Schritten definiert, d. h. von
der Probenahme bis hin zum endgültigen Ergebnisbericht.
13
Der Leitfaden hat Normcharakter und ist daher für die Labors bindend. Er gilt somit auch für Biologen. Die
Nichtbeachtung seiner Bestimmungen kann zur Rücknahme der Betriebsgenehmigung führen.
14
Darüber hinaus enthält die französische Regelung zwingende Vorschriften für die Abfassung des
Ergebnisberichts. Bei einer Reihe von Analysen muss dieser Bericht eine Auslegung der Ergebnisse durch
den Biologen enthalten, um dem verschreibenden Arzt die Diagnose zu erleichtern.
15
Was die Kontrolle der Labors für biomedizinische Analysen angeht, führt die Verwaltung zur Gewährleistung
des Gesundheitsschutzes Kontrollen in Bezug auf die Einhaltung der französischen Regelung über die
Betriebsaufnahme und den Betrieb dieser Labors durch. Es gibt zwei Arten von Kontrollen: Inspektionen und
Kontrollen der Analysequalität.
16
Die Inspektionen werden nach Artikel L. 6213‑1 des Gesundheitsgesetzbuchs von medizinischen und
pharmazeutischen Gesundheitsinspektoren sowie von der Inspection générale des affaires sociales
(Allgemeine Sozialaufsicht) durchgeführt.
17
Mit den von den medizinischen und pharmazeutischen Gesundheitsinspektoren durchgeführten Inspektionen
soll im Wesentlichen die Einhaltung der Voraussetzungen für den Betrieb der Labors überwacht werden, und
zwar insbesondere in Bezug auf Räumlichkeiten, Geräte, Zahl der Leiter und stellvertretenden Leiter,
Qualifikation und Zahl der technischen Mitarbeiter, Organisation des Labors, Durchführung der Analysen und
Qualitätssicherung sowie allgemein die Einhaltung aller Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere
des Leitfadens.
18
Außerdem sollen die Inspektionen sicherstellen, dass korrigierende Maßnahmen ergriffen werden, wenn die
Ergebnisse der Qualitätskontrolle bei einem Labor wiederholte oder erhebliche Anomalien im Hinblick auf
ihre medizinische Verwendung zutage treten lassen. Dazu heißt es in Artikel 9 des − aufgrund von Artikel
L. 761‑14 (jetzt Artikel L. 6213‑3) erlassenen − Dekrets Nr. 94‑1049 vom 2. Dezember 1994 über die
Qualitätskontrolle biomedizinischer Analysen (JORF vom 8. Dezember 1994, S. 17382) näher:
„Weisen die Ergebnisse der Qualitätskontrolle bei einem Labor wiederholte oder erhebliche Anomalien im
Hinblick auf ihre medizinische Verwendung auf, wird der betreffende Fall unter Wahrung der Anonymität des
betreffenden Labors dem Qualitätskontrollausschuss mitgeteilt, der sich zur Schwere dieser Anomalien
äußert. Werden diese als schwerwiegend angesehen, hat der Generaldirektor der Agence du médicament
[Arzneimittelagentur] dieses Labor dem für das Gesundheitswesen zuständigen Minister anzuzeigen, dem er
die Ergebnisse zwecks Durchführung einer Kontrolle nach Artikel L. 761‑13 [jetzt Artikel L. 6213‑1] des
Gesundheitsgesetzbuchs mitteilt, bei der insbesondere die Maßnahmen zu überprüfen sind, die vom Labor
zur Verbesserung der Qualität der Analysen getroffen wurden.“
19
Analysequalitätskontrollen sind gemäß Artikel L. 6213‑3 des Gesundheitsgesetzbuchs von der Agence
française de sécurité sanitaire des produits de santé (Staatliche französische Agentur für
Gesundheitsschutz bei Gesundheitserzeugnissen) nach durch Dekret festzulegenden Modalitäten
durchzuführen.
20
Diese Kontrollen bezwecken, die Qualität der Ergebnisse der von jedem einzelnen Labor durchgeführten
Analysen zu gewährleisten. Sie sollen zum einen die Zuverlässigkeit und die Verbesserung der
biomedizinischen Analysen sicherstellen und zum anderen jedem Labor ermöglichen, die Qualität seiner
Methoden und die Ordnungsgemäßheit seines Betriebes zu überprüfen.
21
Die Bedingungen für die Übernahme der Kosten für Laborleistungen durch die Krankenversicherung sind
durch Vorschriften der sozialen Sicherheit geregelt.
22
Artikel L. 162‑13 des Code de la sécurité sociale (Gesetzbuch der sozialen Sicherheit) bestimmt:
„Bei den von Labors durchzuführenden Analysen und Untersuchungen kann der Versicherte für jede Art von
Analysen zwischen den zugelassenen Labors unabhängig von der beruflichen Eigenschaft des jeweiligen
Betreibers frei wählen. Die Zulassungsbedingungen werden durch interministerielle Verordnung festgelegt.“
23
Der von den Krankenversicherungssystemen insgesamt zu übernehmende Betrag der Kosten von
Laboranalysen und ‑untersuchungen sowie die Beteiligung des Versicherten sind nach Artikel L. 162‑14 des
Gesetzbuchs der sozialen Sicherheit in einem landesweit geltenden Vertrag (im Folgenden: Labortarif-
Vertrag) zwischen der Caisse nationale de l’assurance maladie des travailleurs salariés (Nationale
Arbeitnehmerkrankenkasse) und zumindest einer weiteren landesweit tätigen Krankenkasse einerseits und
den Verbänden der Leiter der auf nationaler Ebene repräsentativsten zugelassenen Labors für
biomedizinische Analysen andererseits festgelegt. Der Labortarif-Vertrag wurde am 26. Juli 1994 geschlossen
und durch Arrêté interministériel vom 30. September 1994 (JORF vom 14. Oktober 1994, S. 14552) gebilligt.
24
Nach Artikel 2 des Labortarif-Vertrags dürfen die Krankenkassen vom Grundsatz der freien Laborwahl, wie er
in Artikel L. 162‑13 des Gesetzbuchs der sozialen Sicherheit festgelegt ist, nicht abweichen. Sie dürfen nur
die Übernahme zusätzlicher Aufwendungen ablehnen, die sich aus der Wahl eines anderen Labors als eines
derjenigen Labors ergeben, die sich in dem Ballungsraum, in dem der Versicherte wohnt, oder in dem dem
Wohnort des Versicherten nächstliegenden Ballungsraum befinden.
25
Die französischen Labors, die den gesundheitsrechtlichen Voraussetzungen entsprechen, gelten – außer bei
ausdrücklicher entgegenstehender Mitteilung des betreffenden Laborleiters – als Vertragslabors, und die
Kosten der von ihnen durchgeführten Analysen werden auf der Grundlage der im Labortarif-Vertrag
festgelegten Tarife und der in der Nomenklatur für biomedizinische Handlungen vorgesehenen
Bewertungstabelle übernommen.
26
Nach Artikel L. 332‑2 des Gesetzbuchs der sozialen Sicherheit ist jedoch die Leistungsgewährung in der
Kranken- und der Mutterschaftsversicherung untersagt, wenn die Behandlung der Versicherten oder
Mitversicherten außerhalb Frankreichs erfolgt.
27
In Artikel R. 332‑2 dieses Gesetzbuchs sind Ausnahmen von diesem Grundsatz niedergelegt. Er sieht nicht
die Möglichkeit von Verträgen zwischen den Krankenkassen und ausländischen Labors vor. Hinsichtlich im
Ausland erbrachter ärztlicher Leistungen bestimmt Artikel R. 332-2 Absatz 3 des Gesetzbuchs der sozialen
Sicherheit:
„Die Krankenkassen können ... die Kosten von Behandlungsleistungen, die einem Sozialversicherten oder
Mitversicherten außerhalb Frankreichs erbracht wurden, ausnahmsweise nach befürwortender
Stellungnahme des kontrollärztlichen Dienstes pauschal erstatten, wenn der Betreffende nachweist, dass er
die seinem Zustand angemessene Behandlung nicht im französischen Hoheitsgebiet hat erhalten können.“
Vorverfahren
28
Aufgrund einer Beschwerde eines deutschen Labors über die französische Regelung betreffend Labors für
biomedizinische Analysen ersuchten die Kommissionsdienststellen die französischen Behörden mit Schreiben
vom 18. März 1999 um Auskunft; Letztere antworteten mit Schreiben vom 21. September 1999.
29
Mit Mahnschreiben vom 1. Februar 2000 teilte die Kommission der französischen Regierung mit, dass einige
Bestimmungen der betreffenden französischen Regelung ihrer Ansicht nach Fragen der Vereinbarkeit mit
dem Niederlassungsrecht und dem freien Dienstleistungsverkehr nach den Artikeln 43 EG und 49 EG
aufwürfen.
30
Da die französischen Behörden auf dieses Schreiben nicht antworteten, richtete die Kommission am 24.
Januar 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Französische Republik und forderte diese
auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer
Zustellung nachzukommen.
31
Die französischen Behörden beantworteten die mit Gründen versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 6.
Juni 2001, mit dem sie die Vorwürfe der Kommission zurückwiesen. Da die Kommission diese Antwort nicht für
ausreichend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Zur Klage
32
Nach Auffassung der Kommission gibt es im vorliegenden Fall zwei Arten von Hindernissen für die Ausübung
des Niederlassungsrechts und des freien Dienstleistungsverkehrs, nämlich
a)
das durch die Voraussetzung, nach Artikel 15 des Dekrets Nr. 76‑1004 über eine betriebliche
Niederlassung in Frankreich verfügen zu müssen, errichtete Hindernis und
b)
das durch die Nichterstattung der Kosten für in einem ausländischen Labor durchgeführte Analysen
nach den Artikeln L. 332‑3 und R. 332‑2 des Gesetzbuchs der sozialen Sicherheit errichtete Hindernis.
Vorbringen der Parteien
33
Die Kommission rügt, dass die Französische Republik einem Labor, das seine betriebliche Niederlassung in
einem anderen Mitgliedstaat habe, die Möglichkeit nehme, eine Zweitniederlassung in Frankreich im Sinne
von Artikel 43 Absatz 2 EG zu gründen und Aufträge französischer Versicherter von ihrer betrieblichen
Niederlassung im Ausland aus anzunehmen.
34
Zwar sei es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, für die Tätigkeit von Labors eine Genehmigungsregelung
vorzusehen, doch müsse eine solche Regelung die im Mitgliedstaat der Niederlassung bereits erfüllten
Vorschriften und Garantien berücksichtigen. Andernfalls würde die Nichtberücksichtigung dieser in einem
anderen Mitgliedstaat bereits erfüllten Garantien gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen,
wonach die verfolgten Ziele durch weniger restriktive Maßnahmen erreicht werden müssten (in diesem Sinne
Urteile vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80, Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 20, und vom 20.
Mai 1992 in der Rechtssache C‑106/91, Ramrath, Slg. 1992, I‑3351, Randnr. 31).
35
Diese Doppelanforderung sei geeignet, nicht nur den Anreiz für die Ausübung des Rechts zur Gründung
einer Zweitniederlassung, sondern auch denjenigen für die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu
nehmen. Wenn Erbringer von Dienstleistungen denselben Bedingungen wie den für eine Niederlassung
geltenden unterworfen würden, stelle dies eine unverhältnismäßige zusätzliche Belastung dar, da ihre
Leistung nur vorübergehenden Charakter habe (in diesem Sinne Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache
C-76/90, Säger, Slg. 1991, I‑4221, Randnr. 13).
36
Die französische Regelung betreffend die öffentliche Gesundheit sei auch insofern diskriminierend, als im
Ausland erbrachte Leistungen nicht zugelassen seien.
37
Das Erfordernis einer betrieblichen Niederlassung in Frankreich sei nicht gerechtfertigt.
38
Das betreffende Hindernis sei nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit nach
Artikel 46 Absatz 1 EG in Verbindung mit dem den freien Dienstleistungsverkehr betreffenden Artikel 55 EG
zu rechtfertigen, soweit es um diskriminierende Beschränkungen gehe. Artikel 46 Absatz 1 EG lasse es
jedoch nicht zu, einen ganzen Wirtschaftsbereich, wie den streitgegenständlichen, von der Anwendung der
Grundsätze des Rechts auf Niederlassung und freien Dienstleistungsverkehr auszunehmen (in diesem Sinne
Urteile vom 28. April 1998 in der Rechtssache C‑158/96, Kohll, Slg. 1998, I‑1931, und vom 29. Oktober 1998
in der Rechtssache C-114/97, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-6717).
39
Nicht diskriminierende Maßnahmen könnten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses
gerechtfertigt sein, sofern diese Beschränkungen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet seien und
nicht über das hinausgingen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sei.
40
Die Kommission weist alle von den französischen Behörden insoweit geltend gemachten Gründe zurück.
41
Was die Qualität der ärztlichen Dienstleistungen angehe, werde diese durch verschiedene Koordinations-
und Anerkennungsrichtlinien betreffend die Zugangs- und Ausübungsvoraussetzungen für die Tätigkeiten
der Ärzte, Apotheker und Tierärzte gewährleistet. Die Zugangs- und Ausübungsvoraussetzungen bei Berufen
mit speziellen Befähigungen, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinien fielen, könnten − den
Urteilen vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C‑340/89 (Vlassopoulou, Slg. 1991, I-2357, Randnr. 13) und
vom 14. September 2000 in der Rechtssache C‑238/98 (Hocsman, Slg. 2000, I‑6623, Randnrn. 21 bis 24 und
36) zufolge − unmittelbar aus der Anwendung der Artikel 43 EG und 49 EG sowie den allgemeinen Systemen
der beruflichen Anerkennung von Diplomen, d. h. der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember
1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens
dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), und der Richtlinie 92/51/EWG des Rates
vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise
in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) folgen.
42
Bezug nehmend auf das Urteil vom 23. November 1999 in den verbundenen Rechtssachen C‑369/96 und
C‑376/96 (Arblade u. a., Slg. 1999, I-8453, Randnr. 34) trägt die Kommission vor, die verschiedenen
Richtlinien über die gegenseitige Anerkennung erleichterten einen Teil der durchzuführenden Kontrollen.
Dies zeige, dass die Notwendigkeit von Kontrollen keinen hinreichenden Grund für die Rechtfertigung des
Erfordernisses betreffend den Standort der betrieblichen Niederlassung darstelle.
43
Was die Kontrollen angehe, so sei das Erfordernis einer festen Niederlassung nur ganz ausnahmsweise
dann zu rechtfertigen, wenn die Behörden nachwiesen, dass ihre Aufsichtstätigkeit anders nicht ausgeübt
werden könnte, was hier nicht der Fall sei. Dass sich der Standort der betrieblichen Niederlassung in
Frankreich befinden müsse, sei dann keine unverzichtbare Voraussetzung, wenn die behördliche
Betriebsgenehmigung dem betreffenden ausländischen Labor unter der Voraussetzung erteilt werden
könnte, dass dieses damit einverstanden sei, dass alle für die Erfüllung der Aufgaben der französischen
Behörden erforderlichen Kontrollen in seinen Räumen durchgeführt würden. Die Aufsichtszwecke könnten im
Übrigen vollständig durch geeignete organisatorische Maßnahmen im Rahmen der aktenmäßigen
Bearbeitung und der Erteilung der Betriebsgenehmigung erreicht werden, u. a. durch eine befristete
Genehmigung.
44
Um eine Bewertung der außerhalb Frankreichs durchgeführten Analysen nach den französischen Normen zu
ermöglichen, könnten sich die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Labors zum Zeitpunkt des
Genehmigungsantrags auf freiwilliger Basis damit einverstanden erklären, die französischen Normen zu
befolgen. Überdies könnten die französischen Inspektoren die Kontrollen im Rahmen von Dienstreisen
durchführen, wobei die Reisekosten gegebenenfalls von den Labors getragen werden könnten, die die
Leistungen erbrächten, sofern diese sich mit der Kontrolle einverstanden erklärt hätten.
45
Die Kommission legt im Einzelnen dar, dass die Bestimmungen der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331, S. 1) ein nützliches
Beurteilungskriterium darstellten und als Beispiel für Maßnahmen herangezogen werden könnten, die dem
angestrebten Ziel angemessen seien (in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 1999 in der Rechtssache C-350/97,
Monsees, Slg. 1999, I‑2921, Randnr. 30).
46
Sie wirft der Französischen Republik vor, nicht erklärt zu haben, ob und gegebenenfalls warum ihr eigenes
System ein höheres Niveau der Qualitätskontrolle sicherstelle, warum Blindkontrollen nicht an Proben
möglich sein sollten, die aus in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Labors stammten, und warum in
anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Kontrollen von vornherein als ungeeignet angesehen würden, das in
Frankreich angestrebte Schutzniveau zu gewährleisten.
47
Was die Wirksamkeit von gegen Labors verhängten Sanktionen angehe, könne diese auch durch weniger
einschneidende Maßnahmen als durch das Erfordernis einer betrieblichen Niederlassung im französischen
Hoheitsgebiet gewährleistet werden. Als Sanktion könnte die Französische Republik das in einem anderen
Mitgliedstaat niedergelassene Labor durch Rücknahme oder Nichtverlängerung der Genehmigung vom
französischen Erstattungssystem ausschließen. Die französischen Behörden könnten auch die Behörden des
Niederlassungsmitgliedstaats informieren, um es diesen zu ermöglichen, geeignete Maßnahmen zu
ergreifen. Überdies könnte die Zahlung der den Laborleitern auferlegten Geldbußen dadurch gewährleistet
werden, dass die Erteilung der Betriebsgenehmigung vom Vorliegen einer angemessenen Kaution abhängig
gemacht würde.
48
Was die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der Behandlung im Inland angehe, so sei nicht im Einklang mit
Randnummer 51 des Urteils Kohll nachgewiesen worden, dass eine ausgewogene und allen zugängliche
ärztliche Versorgung nur durch eine betriebliche Niederlassung in Frankreich sichergestellt werden könnte.
49
Die französische Regierung räumt ein, dass das Erfordernis der betrieblichen Niederlassung im
französischen Hoheitsgebiet als Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs angesehen werden
könne. Diese sei jedoch aus einem zwingenden Grund des Gemeinwohls, nämlich dem Gesundheitsschutz,
gerechtfertigt und dem angestrebten Ziel angemessen.
50
Zu beachten sei, dass es keine Harmonisierungsvorschriften für den Betrieb von Labors für biomedizinische
Analysen gebe. Mangels gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierung sei es den französischen Behörden
freigestellt, die in der französischen Regelung enthaltenen strengen nationalen Vorschriften aufzustellen,
um ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten.
51
Die Richtlinien über die gegenseitige Anerkennung der Diplome von Ärzten, Apothekern und Tierärzten
beträfen nur das Befähigungsniveau der Leiter dieser Labors. Ihre Existenz rechtfertige daher keinesfalls die
Annahme, dass die Tätigkeiten der Labors für biomedizinische Analysen harmonisiert seien.
52
Die französische Regierung könne den Umfang der Kontrolle in den anderen Mitgliedstaaten nicht
beurteilen. Es sei Sache der Kommission, nachzuweisen, dass der Qualitätsmaßstab und die
Kontrollmodalitäten dem in Frankreich geltenden Maßstab und der dort praktizierten Aufsicht entsprächen.
Auch sei das medizinische Regelwerk der In‑vitro‑Diagnostika, wie es in der Richtlinie 98/79 niedergelegt sei,
nicht mit der Situation der Labors für biomedizinische Analysen vergleichbar.
53
Was die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angehe, so treffe es zu, dass die französische
Regelung über den Betrieb der Labors für biomedizinische Analysen jede Dienstleistung eines Labors eines
anderen Mitgliedstaats verhindere. Jedoch seien die Voraussetzungen für das Erfordernis einer festen
Niederlassung im französischen Hoheitsgebiet nach Maßgabe der Randnummer 52 des Urteils vom 4.
Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755) und der
Randnummer 27 des Urteils vom 9. März 2000 in der Rechtssache C‑355/98 (Kommission/Belgien, Slg. 2000,
I-1221) erfüllt. Die Kommission habe nicht aufgezeigt, wie die den französischen Behörden obliegende
Aufsicht in diesem Tätigkeitsbereich angemessener ausgeübt werden könnte. Ohne gemeinschaftliche
Harmonisierung und ohne zweiseitige Abkommen sei es nicht möglich, von französischen Inspektoren
Kontrollen in den Labors für biomedizinische Analysen anderer Mitgliedstaaten vornehmen zu lassen. Auch
könnten die anderen Mitgliedstaaten diese Kontrollen ohne Harmonisierung des Qualitätsmaßstabs und der
Kontrollmodalitäten auf Gemeinschaftsebene nicht an Stelle der französischen Behörden vornehmen, und
Letztere könnten in anderen Mitgliedstaaten vorgenommene Kontrollen nicht von vornherein als gleichwertig
anerkennen.
54
Die französische Regierung beschreibt im Einzelnen Umfang und Modalitäten der von ihren Behörden
durchgeführten Kontrollen und stellt dazu fest, dass diese eng an die strengen Vorschriften gebunden
seien, die nach der französischen Regelung im Interesse des Gesundheitsschutzes für die Berufsausübung
gälten. Für bestimmte Analysen seien spezifische Methoden und eine Auslegung der Ergebnisse
vorgeschrieben. Würden die Analysen in einem anderen Mitgliedstaat vorgenommen, so wäre das Risiko
größer, dass die Ergebnisse falsch ausgelegt würden, was zu einer echten Gefährdung der Gesundheit der
Patienten führen würde.
Würdigung durch den Gerichtshof
55
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten mangels Harmonisierung einer beruflichen Tätigkeit
grundsätzlich befugt bleiben, die Ausübung dieser Tätigkeit zu regeln, ihre Befugnisse in diesem Bereich
jedoch unter Beachtung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten ausüben müssen (vgl.
insbesondere Urteile vom 3. Oktober 2000 in der Rechtssache C‑58/98, Corsten, Slg. 2000, I‑7919, Randnr.
31, vom 1. Februar 2001 in der Rechtssache C-108/96, Mac Quen u. a., Slg. 2001, I-837, Randnr. 24, und
vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C‑294/00, Gräbner, Slg. 2002, I-6515, Randnr. 26).
56
Im vorliegenden Fall ist es unstreitig, dass keine Harmonisierungsmaßnahme erlassen wurde, um die
Ausübung der Tätigkeiten der Labors für biomedizinische Analysen spezifisch zu regeln, auch wenn
Harmonisierungsmaßnahmen auf dem Gebiet der gegenseitigen Anerkennung der Diplome von Ärzten,
Apothekern und Tierärzten bestehen.
57
Tätigkeiten der von solchen Labors ausgeübten Art fallen daher unter die Bestimmungen der Artikel 43 EG
und 49 EG.
– Zur Niederlassungsfreiheit
58
Im Zusammenhang mit der Rüge betreffend das Erfordernis einer betrieblichen Niederlassung in Frankreich
ist zunächst daran zu erinnern, dass die Niederlassungsfreiheit, die Artikel 43 EG den
Gemeinschaftsangehörigen zuerkennt, das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger
Erwerbstätigkeiten sowie zur Errichtung von Unternehmen und zur Ausübung der Unternehmertätigkeit nach
den Bestimmungen, die im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörige gelten, umfasst. Außerdem
stellt Artikel 48 EG die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren
satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft
haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.
59
Nun ergibt sich weder aus den französischen Rechtsvorschriften, noch hat die Kommission dargetan, dass
ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats als der Französischen Republik oder eine nach dem Recht
eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder
ihre Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als der Französischen Republik hat, in Frankreich
nicht ein Labor als Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft eines bereits von ihm oder ihr in einem
anderen Mitgliedstaat betriebenen Labors betreiben könnte.
60
Insbesondere ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats die Aufgaben
des Laborleiters ausübt, wenn er selbst die nach französischem Recht aufgestellten Voraussetzungen erfüllt,
sei es auch nur im Wege der Anerkennung seiner in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Diplome.
61
Ebenso wenig weist die Kommission nach, dass das französische Recht in anderen Mitgliedstaaten
niedergelassenen Labors vorschriebe, alle ihre Tätigkeiten nach Frankreich zu verlagern, so dass die
Niederlassung in Frankreich keine Zweitniederlassung mehr wäre, sondern zur einzigen betrieblichen
Niederlassung des betreffenden Unternehmens würde.
62
Im Übrigen hat die Kommission weder vor dem Hintergrund der französischen Regelung andere Beispielsfälle
angeführt, in denen die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt sein könnte, noch dargelegt, auf welche
andere Weise diese Freiheit beeinträchtigt sein könnte.
63
Die erste Rüge ist daher insoweit zurückzuweisen, als der Französischen Republik vorgeworfen wird, dadurch
gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 43 EG verstoßen zu haben, dass sie für Labors für biomedizinische
Analysen eine betriebliche Niederlassung in Frankreich verlangt.
– Zur Dienstleistungsfreiheit
64
Artikel 49 EG schreibt die Aufhebung der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs vor. Als solche
Beschränkungen sind alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern
oder weniger attraktiv machen (vgl. Urteil vom 20. Februar 2001 in der Rechtssache C-205/99, Analir u. a.,
Slg. 2001, I-1271, Randnr. 21, und Urteil Gräbner, Randnr. 38). Artikel 49 EG steht der Anwendung einer
nationalen Regelung entgegen, die die Möglichkeit für einen Dienstleistungserbringer, von der
Dienstleistungsfreiheit tatsächlich Gebrauch zu machen, ohne objektive Rechtfertigung beschränkt (Urteile
vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93, Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 16,
und vom 21. März 2002 in der Rechtssache C-451/99, Cura Anlagen, Slg. 2002, I‑3193, Randnr. 29).
65
Die französische Regierung stellt nicht in Abrede, dass Rechtsvorschriften, nach denen die Genehmigung für
den Betrieb eines biomedizinischen Analyselabors nur einem Labor mit betrieblicher Niederlassung in
Frankreich erteilt werden kann, die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs entsprechend
beschränken. Es ist nämlich offensichtlich, dass das Erfordernis einer betrieblichen Niederlassung in
Frankreich die Erbringung von Dienstleistungen in Frankreich durch Labors, die ihre betriebliche
Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben, unmöglich macht.
66
Was die Gründe angeht, die zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit für
biomedizinische Analyselabors geltend gemacht werden können, kann das Ziel, die Qualität der ärztlichen
Leistungen aufrechtzuerhalten, zu den Ausnahmen des Artikels 46 EG zählen, soweit es zur Erreichung eines
hohen Gesundheitsschutzniveaus beiträgt (in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2003 in der Rechtssache
C‑385/99, Müller-Fauré und Van Riet, Slg. 2003, I‑4509, Randnr. 67).
67
Aufgrund dieser Bestimmung kann u. a. die Qualität der ärztlichen Leistungen aufrechterhalten werden,
indem nicht nur die Qualifikation der Leiter und des Personals der Labors für biomedizinische Analysen
gewährleistet wird, sondern auch indem durch periodisch durchgeführte Inspektionen überwacht wird, dass
die Analyseverfahren jederzeit den Vorschriften des französischen Gesetzgebers und der französischen
Behörden sowie insbesondere der erforderlichen Genehmigung entsprechen.
68
Nach ständiger Rechtsprechung muss allerdings bei einer Rechtfertigung, die auf eine Ausnahme nach dem
EG-Vertrag gestützt ist, sichergestellt werden, dass die getroffenen Maßnahmen nicht über das
hinausgehen, was hierfür objektiv erforderlich ist (in diesem Sinne Urteile vom 26. November 2002 in der
Rechtssache C-100/01, Oteiza Olazabal, Slg. 2002, I-10981, Randnr. 43, und vom 23. September 2003 in der
Rechtssache C‑192/01, Kommission/Dänemark, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr.
45).
69
Das für Labors für biomedizinische Analysen aufgestellte Erfordernis einer betrieblichen Niederlassung in
Frankreich geht jedoch über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel des Gesundheitsschutzes zu
erreichen.
70
Statt eine betriebliche Niederlassung in Frankreich zu verlangen und damit jede grenzüberschreitende
Leistung auszuschließen, kann die Französische Republik von Labors für biomedizinische Analysen, die ihre
betriebliche Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben, verlangen, nach französischem Recht eine
Genehmigung einzuholen, wenn sie Dienstleistungen für Personen erbringen wollen, die in Frankreich
wohnen.
71
Die Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um eine solche Genehmigung zu erhalten, dürfen
allerdings keine Wiederholung der bereits im Niederlassungsstaat erfüllten gleichwertigen gesetzlichen
Voraussetzungen darstellen (in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 47).
72
Die Genehmigungsregelung könnte namentlich die Voraussetzung aufstellen, dass Labors mit einer
betrieblichen Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat dafür Sorge tragen, dass ihre Analyseberichte
von den in Frankreich praktizierenden Ärzten verstanden werden können. Das gilt insbesondere für die
Auslegung der Ergebnisse durch den Biologen, die nach der französischen Regelung in bestimmten Fällen
vorgeschrieben ist, um dem verschreibenden Arzt die Diagnose zu erleichtern.
73
Was die Notwendigkeit wirksamer Kontrollen angeht, hat die französische Regierung nicht dargetan, dass
die zuständigen Behörden auch im Rahmen einer Zulassungsregelung ihre Überwachungsaufgabe nur
wirksam durchführen könnten, wenn die Labors für biomedizinische Analysen in dem betreffenden
Mitgliedstaat über eine feste Niederlassung verf gten (in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland,
Randnr. 54).
74
Auch wenn nämlich von den zuständigen französischen Behörden nicht erwartet werden kann, dass sie in
anderen Mitgliedstaaten Kontrollen vor Ort, insbesondere Inspektionen, mit denen die Einhaltung der
Voraussetzungen für den Betrieb der Labors überwacht werden sollen, durchführen, ist es gleichwohl
möglich, von den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Labors zu verlangen, dass sie gegenüber
den französischen Behörden nachweisen, dass die Kontrollen durch die zuständigen Behörden des Staates,
in dem sich ihre betriebliche Niederlassung befindet, nicht weniger streng sind als die in Frankreich
durchgeführten Kontrollen und dass sie sich auf die Einhaltung von Vorschriften beziehen, die mindestens
dasselbe Gesundheitsschutzniveau gewährleisten wie die französische Regelung.
75
Dem Vorbringen der französischen Regierung, sie könne das Niveau der Kontrolle in den anderen
Mitgliedstaaten nicht beurteilen, da sie nicht den Qualitätsmaßstab und die Kontrollmodalitäten kenne, wie
sie dort für die Labors für biomedizinische Analysen gälten, kann nicht gefolgt werden. Wenn die
französischen Behörden nämlich insbesondere bei der Erteilung der behördlichen Genehmigung die in einem
anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Labors, die ihre Dienste in Frankreich ansässigen Kunden anbieten
wollen, auffordern würden, geeignete Informationen beizubringen, könnten sie erfahren, welche Kriterien
und Voraussetzungen in den Rechtsvorschriften des oder der Mitgliedstaaten, in denen die betreffenden
Labors ihre betriebliche Niederlassung haben, aufgestellt sind.
76
Ebenso sind die französischen Behörden im Falle der Nichteinhaltung der durch die französischen
Rechtsvorschriften aufgestellten Voraussetzungen durch nichts daran gehindert, Maßnahmen gegenüber
einem Labor, das seine betriebliche Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat, zu ergreifen und die
ihm erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen.
77
Nach alledem hat die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 49 EG
verstoßen, dass sie in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Labors für biomedizinische Analysen die
erforderliche Betriebsgenehmigung nur erteilt, wenn sie ihre betriebliche Niederlassung im französischen
Hoheitsgebiet haben.
Vorbringen der Parteien
78
Die Kommission wirft der Französischen Republik vor, eine Erstattung der Kosten für die von einem Labor,
das in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, durchgeführten biomedizinischen Analysen praktisch
auszuschließen. Ein solcher Ausschluss ergebe sich mittelbar aus Artikel R. 332‑2 des Gesetzbuchs der
sozialen Sicherheit, da es keine Analysen gebe, die von französischen Labors nicht durchgeführt werden
könnten. Dies stelle ein Hindernis sowohl für den freien Dienstleistungsverkehr dar − bei Labors, die keine
Niederlassung in Frankreich hätten −, als auch für das Recht, Zweitniederlassungen einzurichten − bei
Labors, die über eine solche Niederlassung verfügten, dort jedoch keine Analysen durchführten.
79
Das französische Recht der sozialen Sicherheit sei ferner insoweit diskriminierend, als im Ausland erbrachte
Leistungen nicht erstattungsfähig seien.
80
Das Vorbringen der Französischen Republik, die Vorschriften der sozialen Sicherheit hätten keine das
Niederlassungsrecht oder den freien Dienstleistungsverkehr beschränkenden Wirkungen, sei
zurückzuweisen, da zwar die Erteilung der Genehmigung notwendige Voraussetzung für eine Zulassung von
Laborleitern zum Labortarif-Vertrag sei, ein Labor, das eine Betriebsgenehmigung erhalten habe, aber nicht
unbedingt einen Vertrag mit den Trägern der sozialen Sicherheit geschlossen haben müsse. Ein in einem
anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Labor, das Dienstleistungen in Frankreich erbringen wolle, könne
dies praktisch nur tun, wenn es den Labortarif-Vertrag einhalte.
81
Randnummer 41 des Urteils Kohll sei zu entnehmen, dass eine erhebliche Gefährdung des finanziellen
Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit der einzige Grund zur Rechtfertigung einer
Beschränkung der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs sei. Es sei jedoch nicht erwiesen, dass
sich eine Erstattung der Kosten von in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten biomedizinischen
Analysen nach den Tarifen des französischen Systems der sozialen Sicherheit auf die Finanzierung dieses
Systems erheblich auswirken würde. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass
die Krankenkassen die Übernahme zusätzlicher Aufwendungen ablehnen dürften, die sich aus der Wahl
eines anderen Labors als eines derjenigen Labors ergäben, die sich in dem Ballungsraum befänden, in dem
der Versicherte wohne. Wenn dieser Grundsatz auch im Verhältnis zu den in einem anderen Mitgliedstaat
niedergelassenen Labors herangezogen würde, wäre diese Maßnahme jedenfalls weniger beschränkend als
die jetzige Regelung.
82
Die französische Regierung macht geltend, die Nichterstattung der Kosten für in einem anderen
Mitgliedstaat durchgeführte biomedizinische Analysen sei dadurch gerechtfertigt, dass die französische
Regelung insgesamt ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleiste, indem sie strenge
Qualitätsanforderungen an die im französischen Hoheitsgebiet niedergelassenen Labors stelle.
83
Die Schlussfolgerung, zu der der Gerichtshof im Urteil Kohll gelangt sei, beruhe darauf, dass die
Bedingungen des Zugangs zu den Berufen des Arztes und des Zahnarztes sowie die Bedingungen der
Ausübung dieser Berufe Gegenstand mehrerer Koordinierungs- und Harmonisierungsrichtlinien gewesen
seien. Im Fehlen einer Harmonisierung betreffend die Labors für biomedizinische Analysen sei der
entscheidende Unterschied zu diesem Urteil zu erblicken.
84
Die Kommission hält dem entgegen, der Gerichtshof habe auf die Harmonisierung im Bereich der Diplome für
Ärzte und Zahnärzte verwiesen, um im Zusammenhang mit einer Genehmigung die Rechtfertigung mit dem
Gesundheitsschutz auszuschließen. Im vorliegenden Fall habe die mangelnde Harmonisierung zwar aus
Gründen des Gesundheitsschutzes eine Genehmigungsregelung rechtfertigen können, doch sei es letztlich
unverhältnismäßig, dass bei Laboranalysen jede Möglichkeit einer Erteilung dieser Genehmigung wegen des
Kriteriums der Niederlassung des Labors außerhalb des französischen Hoheitsgebiets ausgeschlossen sei,
denn dieser Ausschluss gehe über die Anliegen des Gesundheitsschutzes hinaus.
85
Da die Französische Republik der Ansicht ist, dass die Kommission angesichts dieser Argumentation das mit
der französischen Regelung eingeführte System nicht völlig ablehne, beantragt sie hilfsweise, die Kriterien zu
bestimmen, nach denen festgelegt werden kann, in welchen Fällen die Kosten bestimmter Laboranalysen
ohne vorherige Genehmigung erstattungsfähig sind.
Würdigung durch den Gerichtshof
– Zur Niederlassungsfreiheit
86
Der Rüge betreffend die Nichterstattung der Kosten für die in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten
biomedizinischen Analysen durch die Krankenkassen kann nicht stattgegeben werden, soweit sie einen
Verstoß gegen die Verpflichtungen aus dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit betrifft.
87
Die Kommission hat keine Einwendungen dagegen erhoben, dass im Falle der Leistungserbringung durch ein
Labor, das – sei es auch als Zweitniederlassung eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen
Labors – eine betriebliche Niederlassung in Frankreich hat, dieses Labor voll dem französischen Recht
unterliegt und damit dem Kostenerstattungssystem für medizinische Analysen angeschlossen sein kann.
88
In Bezug auf Labors, die eine Zweitniederlassung in Frankreich haben, in der die Analysen jedoch nicht
durchgeführt werden, hat die Kommission keine hinreichend detaillierten Ausführungen gemacht, die auf
einen Verstoß gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit schließen ließen.
89
Die zweite Rüge ist somit zurückzuweisen, soweit der Französischen Republik darin vorgeworfen wird, dadurch
gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 43 EG verstoßen zu haben, dass sie die Übernahme der Kosten für
biomedizinische Analysen ablehnt, die von einem Labor durchgeführt wurden, das seine betriebliche
Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat.
– Zur Dienstleistungsfreiheit
90
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Artikel L. 332‑3 des Gesetzbuchs der sozialen Sicherheit die
Leistungsgewährung in der Kranken- und der Mutterschaftsversicherung untersagt, wenn die Behandlung
der Versicherten oder Mitversicherten außerhalb Frankreichs erfolgt, dass Artikel R. 332‑2 dieses
Gesetzbuchs jedoch in Bezug auf im Ausland erbrachte ärztliche Leistungen bestimmt, dass „die
Krankenkassen ... die Kosten von Behandlungsleistungen, die einem Sozialversicherten oder Mitversicherten
außerhalb Frankreichs erbracht wurden, ausnahmsweise nach befürwortender Stellungnahme des
kontrollärztlichen Dienstes pauschal erstatten [können], wenn der Betreffende nachweist, dass er die
seinem Zustand angemessene Behandlung nicht im französischen Hoheitsgebiet hat erhalten können“.
91
Da die französische Regelung es den Krankenkassen unter diesen Bedingungen verwehrt, die Kosten für
Analysen zu übernehmen, die von Labors für biomedizinische Analysen, die ihre betriebliche Niederlassung in
einem anderen Mitgliedstaat haben, ohne vorherige Genehmigung – die ausnahmsweise erteilt wird, wenn
der Versicherte in Frankreich keine angemessene Behandlung erhalten kann – durchgeführt wurden,
schließt sie die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Labors faktisch von der Möglichkeit aus,
für in Frankreich ansässige Versicherte Dienstleistungen zu erbringen. Sie stellt daher eine Beschränkung
des freien Dienstleistungsverkehrs dar.
92
Zu den Gründen, die geltend gemacht werden können, um diese Beschränkung zu rechtfertigen, ist
festzustellen, dass eine solche Beschränkung grundsätzlich durch eine der in Artikel 46 EG vorgesehenen
Ausnahmen gerechtfertigt werden kann, soweit sie dazu beitragen soll, ein hohes Gesundheitsschutzniveau
zu gewährleisten. Die Weigerung der Krankenkassen, die Kosten der Analysen, die von Labors durchgeführt
wurden, die ihre betriebliche Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben, zu übernehmen, geht
indessen über das hinaus, was hierfür objektiv erforderlich ist.
93
Mangels Harmonisierungsmaßnahmen verwehrt das Gemeinschaftsrecht es der Französischen Republik – wie
sich aus den Randnummern 69 bis 75 dieses Urteils ergibt – nämlich nicht, im Rahmen einer
Genehmigungsregelung ihr Gesundheitsschutzniveau den Labors für biomedizinische Analysen, die in einem
anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und ihre Dienstleistungen den Mitgliedern eines der
französischen Krankenversicherungssysteme anbieten wollen, vorzugeben.
94
Somit kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die Nichtübernahme der Kosten für Analysen, die von
Labors durchgeführt wurden, die ihre betriebliche Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben, sei
erforderlich, um das hohe Gesundheitsschutzniveau aufrechtzuerhalten.
95
Folglich ist festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 49
EG verstoßen hat, dass sie jegliche Erstattung der Kosten für biomedizinische Analysen ausschließt, die von
einem Labor für biomedizinische Analysen durchgeführt wurden, das in einem anderen Mitgliedstaat
niedergelassen ist.
Kosten
96
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu
verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jedoch die Kosten teilen oder
beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da
im vorliegenden Fall beide Parteien mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen sind, haben sie jeweils ihre
eigenen Kosten zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 49 EG
verstoßen, dass sie
in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Labors für biomedizinische Analysen
die erforderliche Betriebsgenehmigung nur erteilt, wenn sie ihre betriebliche
Niederlassung imf französischen Hoheitsgebiet haben, und
jegliche Erstattung der Kosten für biomedizinische Analysen ausschließt, die von
einem Labor für biomedizinische Analysen durchgeführt wurden, das in einem
anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Skouris
Gulmann
Puissochet
Schintgen
Colneric
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. März 2004.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
V. Skouris
Verfahrenssprache: Französisch.