Urteil des EuGH vom 07.01.2004

EuGH: kommission, spanien, regierung, zivilrechtliche haftung, erlass, betrug, besitz, strafgesetzbuch, eigentum, anbieter

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
7. Januar 200
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 98/84/EG – Informationsgesellschaft – Radiosendung –
Zugangskontrollierte Dienste – Zugangskontrolldienste – Geschützte Dienste – Rechtlicher Schutz –
Vorrichtungen, die einen unerlaubten Zugang ermöglichen“
In der Rechtssache C-58/02
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien,
Luxemburg,
Beklagter,
wegen Feststellung, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie
98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz
von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten (ABl. L 320, S. 54) verstoßen hat, dass
es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie
nachzukommen, oder die Kommission jedenfalls nicht vom Erlass dieser Vorschriften in Kenntnis gesetzt hat,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer
sowie der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter) und S. von Bahr,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juli 2003,
folgendes
Urteil
1
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 25. Februar 2002 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, nach Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das
Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 98/84/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten (ABl. L 320, S. 54, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass
es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie
nachzukommen, oder sie jedenfalls nicht vom Erlass dieser Vorschriften in Kenntnis gesetzt hat.
Rechtlicher Rahmen
2
Die Richtlinie verfolgt nach ihrem Artikel 1 das Ziel der „Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen illegale Vorrichtungen, die unerlaubten Zugang zu geschützten
Diensten ermöglichen“.
3
Nach Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie ist „geschützter Dienst“ „eine[r] der nachstehend aufgeführten
Dienste, soweit er gegen Entgelt erbracht wird und einer Zugangskontrolle unterliegt:
Fernsehsendung im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 89/552/EWG;
Radiosendung im Sinne der drahtgebundenen oder drahtlosen, einschließlich der durch Satelliten
vermittelten Sendung von Radioprogrammen, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt ist;
Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem
Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der
Informationsgesellschaft ...
sowie die Zugangskontrolle für die vorstehend genannten Dienste selbst, soweit sie als eigenständiger
Dienst anzusehen ist“.
4
Artikel 4 der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten verbieten in ihrem Hoheitsgebiet folgende Handlungen:
a)
Herstellung, Einfuhr, Vertrieb, Verkauf, Vermietung oder Besitz illegaler Vorrichtungen zu gewerblichen
Zwecken;
b)
Installierung, Wartung oder Austausch illegaler Vorrichtungen zu gewerblichen Zwecken;
c)
Einsatz der kommerziellen Kommunikation zur Förderung des Inverkehrbringens illegaler
Vorrichtungen.“
5
Um sicherzustellen, dass diese Verbote beachtet werden, sieht Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie vor, dass die
Mitgliedstaaten Sanktionen festlegen, die „wirksam, abschreckend und der potenziellen Wirkung der
Zuwiderhandlung angemessen“ sind.
6
Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, damit Anbieter von geschützten Diensten,
deren Interessen durch eine in ihrem Hoheitsgebiet begangene Zuwiderhandlung gemäß Artikel 4 verletzt
worden sind, Zugang zu geeigneten Rechtsbehelfen haben; hierzu zählen Klagen auf Schadenersatz und das
Erwirken einer einstweiligen Verfügung oder einer sonstigen Präventivmaßnahme sowie gegebenenfalls der
Antrag auf Herausnahme der illegalen Vorrichtungen aus dem gewerblichen Verkehr.“
7
Artikel 6 der Richtlinie lautet:
„(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser
Richtlinie bis zum 28. Mai 2000 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch
einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten der Bezugnahme.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die
sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.“
8
Artikel 270 des spanischen Strafgesetzbuchs (im Folgenden: Strafgesetzbuch) lautet:
„Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe von sechs bis zu vierundzwanzig
Monaten wird bestraft, wer mit Gewinnerzielungsabsicht und zum Nachteil eines Dritten ein literarisches,
künstlerisches oder wissenschaftliches Werk sowie dessen Umgestaltung, Interpretation oder künstlerische
Ausführung unabhängig von der Art des Trägers oder des Verbreitungsmittels ohne Zustimmung der
Inhaber der entsprechenden Rechte des geistigen Eigentums oder ihrer Rechtsnachfolger ganz oder
teilweise reproduziert, nachahmt, vertreibt oder öffentlich verbreitet.
...
Mit der gleichen Strafe werden bestraft die Herstellung, das Inverkehrbringen und der Besitz jeder
Vorrichtung, die dazu bestimmt ist, die unbefugte Unterdrückung oder die Neutralisierung jeder technischen
Vorrichtung zum Schutz von Informatikprogrammen zu erleichtern.“
9
Artikel 248 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs bestimmt:
„Des Betrugs macht sich auch schuldig, wer mit Gewinnerzielungsabsicht und durch eine
Datenverarbeitungsmanipulation oder ein ähnliches Mittel die unbefugte Übertragung eines
Vermögenswertes zum Nachteil eines Dritten bewirkt“.
10
Artikel 255 des Strafgesetzbuchs sieht vor:
„Mit Geldstrafe von drei bis zu zwölf Monaten wird bestraft, wer einen Betrug im Wert von über 50 000 ESP
unter Verwendung von elektrischer Energie, Gas, Wasser, Telekommunikationsdiensten oder anderer
Gegenstände, Energie oder Flüssigkeiten eines anderen mit einem der folgenden Mittel begeht:
1.
durch Verwendung von Vorrichtungen, die zur Durchführung des Betrugs installiert worden sind;
2.
durch arglistige Abänderung von Abrechnungsangaben oder Zählern;
3.
durch Verwendung jedes anderen unerlaubten Mittels.“
Vorverfahren
11
Da die für den Erlass der Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie festgesetzte Frist abgelaufen war, ohne
dass diese der Kommission mitgeteilt worden wären, richtete die Kommission am 8. August 2000 ein
Mahnschreiben an das Königreich Spanien. In ihrer Antwort vom 7. November 2000 gaben die spanischen
Behörden an, dass die Richtlinie durch eine Änderung des Strafgesetzbuchs umgesetzt werde und sich die
Umsetzungsarbeiten aufgrund der Wahlen im März 2000 und der anschließenden ministeriellen
Umstrukturierung verzögert hätten.
12
Mit Schreiben vom 26. Juli 2001 stellte die Kommission dem Königreich Spanien eine mit Gründen versehene
Stellungnahme zu, in der sie den Standpunkt vertrat, dass das Königreich dadurch gegen seine
Verpflichtungen aus Artikel 6 der Richtlinie verstoßen habe, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften erlassen habe, um der Richtlinie nachzukommen, oder sie jedenfalls nicht vom
Erlass dieser Vorschriften in Kenntnis gesetzt habe. In dieser Stellungnahme wurde der Mitgliedstaat
aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten nach deren Zustellung die erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen, um ihr nachzukommen.
13
In ihrer Antwort vom 1. Oktober 2001 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelten die
spanischen Behörden der Kommission eine Kopie des Vorentwurfs der Ley Orgánica über die Reform des
Strafgesetzbuchs, die insbesondere die Umsetzung der Richtlinie bezwecke. Danach erhielt die Kommission
keine weitere Mitteilung der spanischen Regierung über den Fortschritt der Gesetzgebungsarbeiten.
14
Da die Kommission der Ansicht war, dass das Königreich Spanien die Vertragsverletzung nicht abgestellt
habe, hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Vertragsverletzung
15
Die Kommission wirft dem Königreich Spanien vor, die Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht erfüllt zu
haben, da die zu ihrer Umsetzung erforderlichen Maßnahmen nicht innerhalb der festgesetzten Frist
erlassen worden seien oder die Kommission jedenfalls nicht vom Erlass dieser Maßnahmen in Kenntnis
gesetzt worden sei.
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Die spanische Regierung macht erstens geltend, dass der Vorentwurf der Ley Orgánica über die Reform des
Strafgesetzbuchs, der die Definition der in der Richtlinie beschriebenen Tätigkeiten fast wörtlich übernehme,
ausgearbeitet und von den zuständigen Stellen geprüft worden sei, und beruft sich zweitens darauf, dass
die geltende spanische Regelung bereits Sanktionen vorsehe, die es erlaubten, einen Schutz wie den von
der Richtlinie verlangten zu gewährleisten.
17
Die Artikel 248 Absatz 2, 255 und 270 des Strafgesetzbuchs stellten insoweit die Umsetzung der Richtlinie
sicher, insbesondere was die Strafbewehrung der Verbote nach Artikel 4 der Richtlinie betreffe. Zusätzlich
seien die Artikel 28 und 29 des Strafgesetzbuchs allgemein auf Personen anwendbar, die öffentlich auf die
Site hinwiesen, auf der man die zur Dekodierung von Signalen in Betrugsabsicht erforderlichen Programme
und Mittel erhalten könne. Zudem sehe Artikel 127 des Strafgesetzbuchs die Einziehung der Mittel vor, mit
denen die Straftat begangen worden sei. Weiterhin sähen die Artikel 721 bis 747 der Zivilprozessordnung
den Erlass von Sicherungsmaßnahmen vor, und die Artikel 334 ff. der Strafprozessordnung ermöglichten die
Beschlagnahme und die Sicherung von Werkzeugen und Gegenständen, die im Zusammenhang mit der
Straftat stünden. Schließlich finde Artikel 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die zivilrechtliche Haftung
Anwendung auf Nutzer, die in betrügerischer Absicht von zugangskontrollierten Diensten profitierten, sowie
auf Personen, die Software herstellten oder ins Netz stellten, deren Zweck es sei, technologische Mittel zum
Schutz eines Dienstes vor unbefugtem Gebrauch zu umgehen.
18
Die Kommission verweist darauf, dass die Ausarbeitung eines Vorentwurfs für eine Ley Orgánica nicht als
taugliche und hinreichende Maßnahme zur Umsetzung einer Richtlinie angesehen werden könne. Die
Bestimmungen, auf die sich die spanische Regierung berufe, seien eindeutig unzureichend für eine
ordnungsgemäße und vollständige Umsetzung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie in die spanische
Rechtsordnung, zumal Artikel 4 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs es nicht zulasse, dass „die Strafgesetze“„auf
andere als die darin ausdrücklich vorgesehenen Fälle“ angewandt würden.
19
Zu Artikel 270 des Strafgesetzbuchs führt die Kommission aus, dass er das geistige Eigentum betreffe,
während mit der Richtlinie das Interesse der Anbieter von zugangskontrollierten Diensten daran geschützt
werden solle, eine Vergütung für ihre Dienstleistungen zu erhalten. Was die Straftat des Computerbetrugs
nach Artikel 248 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs angehe, so setze diese eine unbefugte
Vermögensübertragung zum Nachteil eines Dritten voraus, während die Richtlinie auf die Herstellung, die
Einfuhr, den Vertrieb, den Verkauf, die Vermietung oder den Besitz illegaler Vorrichtungen zu gewerblichen
Zwecken sowie auf den Einsatz der kommerziellen Kommunikation zur Förderung ihres Inverkehrbringens
abstelle. Zu Artikel 255 des Strafgesetzbuchs trägt die Kommission vor, dass er auf betrügerische
Entwendungen zum Privatgebrauch Anwendung finde, während die Richtlinie auf Straftaten kommerziellen
Charakters abstelle.
20
In Bezug auf die von der spanischen Regierung hilfsweise genannten Bestimmungen macht die Kommission
geltend, dass mit keiner von ihnen die den Mitgliedstaaten auferlegte Verpflichtung umgesetzt werde, durch
Maßnahmen zu gewährleisten, dass Anträgen der Anbieter von geschützten Diensten auf Herausnahme der
illegalen Vorrichtungen aus dem gewerblichen Verkehr nachgegangen werde.
21
Zur Untermauerung ihres Vorbringens, dass das spanische Recht bereits die Maßnahmen zur Umsetzung
der Richtlinie enthalte, beruft sich die spanische Regierung auch auf zwei Urteile verschiedener Gerichte, mit
denen von der Richtlinie erfasste Straftaten geahndet würden. Es handelt sich zum einen um das Urteil des
Juzgado de lo Penal Nr. 1 von Cordoba (Spanien) vom 11. Februar 2002, in dem der Vertrieb von so
genannten „Piratenkarten“ zum Nachteil der Canal Satélite Digital SL als Betrug und Verletzung von
geistigem Eigentum qualifiziert worden sei, wofür der Täter zu Haft- und Geldstrafe sowie zum
Schadensersatz an die genannte Gesellschaft verurteilt worden sei. Zum anderen wird ein Urteil des Juzgado
de lo Penal Nr. 9 von Barcelona (Spanien) angeführt, in dem der Verkauf von „Piratenkarten“, die die
unbefugte Dekodierung des Signals eines Kabelfernsehanbieters ermöglichten, an Dritte als Betrug
qualifiziert worden sei.
22
Der Schutz des Anbieters von zugangskontrollierten Diensten, der sich aus dem Strafgesetzbuch ergebe, sei
sogar noch wirksamer als der von der Richtlinie verlangte, und die Einführung neuer Klassifizierungen im
Strafgesetzbuch könne Verwirrung stiften.
23
Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Urteile begrenzte Einzelfälle seien und außerdem nur die
Anwendung von Artikel 248 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs auf den Verkauf oder den Vertrieb von nicht
autorisierten Dekoderkarten oder „Piratenkarten“ beträfen, was als Betrug qualifiziert werde. Zudem gebe
es keine Rechtsprechung des spanischen Tribunal Supremo, die die von der spanischen Regierung
vertretene Auslegung der nationalen Rechtsordnung stützen würde.
24
Entgegen dem Vorbringen der spanischen Regierung können die beiden von ihr angeführten
Gerichtsentscheidungen als solche keinen Beweis für die Umsetzung der Richtlinie in die spanische
Rechtsordnung erbringen.
25
Wie die Kommission ausgeführt hat, handelt es sich um isolierte, begrenzte Urteile, die nur die Anwendung
von Artikel 248 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs auf den Verkauf oder den Vertrieb von nicht autorisierten
Dekoderkarten betreffen. Auch wenn es dabei um höchstrichterliche Entscheidungen ginge, müsste doch
jedenfalls dargetan werden, dass die spanische Rechtsordnung Bestimmungen enthält, die die
Verwirklichung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele dadurch ermöglichen, dass alle von der Richtlinie und
insbesondere von Artikel 4 erfassten Handlungen verboten werden.
26
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erfordert die Umsetzung einer Richtlinie zwar nicht unbedingt
eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche spezifische
Rechtsvorschrift, sondern es kann ihr durch einen allgemeinen rechtlichen Kontext Genüge getan werden,
wenn er tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet
(vgl. u. a. Urteile vom 23. Mai 1985 in der Rechtssache 29/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1985, 1661,
Randnr. 23, vom 8. Juli 1987 in der Rechtssache 247/85, Kommission/Belgien, Slg. 1987, 3029, Randnr. 9,
und vom 9. September 1999 in der Rechtssache C-217/97, Kommission/Deutschland, Slg. 1999, I-5087,
Randnr. 31).
27
Was aber die von der spanischen Regierung angeführten Bestimmungen angeht, so braucht nur darauf
hingewiesen zu werden, dass sich Artikel 270 des Strafgesetzbuchs lediglich auf die Verletzung der Rechte
des Inhabers eines Rechts am geistigen Eigentum bezieht, während die Richtlinie nicht für das geistige
Eigentum gilt, sondern unzulässige Vorrichtungen betrifft. Artikel 248 des Strafgesetzbuchs verlangt eine
Vermögensübertragung, während die Richtlinie allein auf den Besitz der genannten Vorrichtungen abstellt.
Zu Artikel 255 des Strafgesetzbuchs ist festzustellen, dass er sich auf Betrug bezieht, während mit der
Richtlinie objektive Handlungen verboten werden. Nach Artikel 4 Buchstabe c der Richtlinie müssen die
Mitgliedstaaten zudem die Förderung illegaler Vorrichtungen verbieten, doch gibt es im spanischen Recht
kein entsprechendes Verbot. Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, können die von der spanischen
Regierung ergänzend angeführten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Strafgesetzbuchs
sowie der Zivil- und der Strafprozessordnung diesem Mangel nicht abhelfen.
28
Daraus folgt, dass nach der spanischen Regelung nicht alle in der Richtlinie aufgeführten illegalen
Tätigkeiten verboten sind und dass die von der spanischen Regierung genannten Bestimmungen für eine
ordnungsgemäße und vollständige Umsetzung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie in die spanische
Rechtsordnung unzureichend sind. Auch wenn man das Strafrecht richtlinienkonform auslegt, so können
doch die von der Kommission angeführten Lücken und Unzulänglichkeiten nicht ausgeglichen werden, ohne
gegen die Grundsätze der Gesetzlichkeit und der Rechtssicherheit zu verstoßen, die es verhindern, dass
Verhaltensweisen, die im Strafgesetzbuch nicht klar bezeichnet und ausdrücklich als Straftaten qualifiziert
sind, bestraft werden.
29
Im Übrigen kann, wie die Kommission ebenfalls ausgeführt hat, die Ausarbeitung eines Vorentwurfs für eine
Ley Orgánica nicht als taugliche und hinreichende Maßnahme zur Umsetzung einer Richtlinie angesehen
werden.
30
Somit ist festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie
verstoßen hat, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der
Richtlinie nachzukommen.
Kosten
31
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu
verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien beantragt hat und dieses mit
seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie
98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den
rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten
verstoßen, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen
hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.
2.
Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
Jann
Edward
von Bahr
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Januar 2004.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
V. Skouris
Verfahrenssprache: Spanisch.