Urteil des EuGH vom 09.07.1998

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WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
9. Juli 1998
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats — Nichtumsetzung der Richtlinien 90/220/EWG und 94/51/EG“
In der Rechtssache C-343/97
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner,
Luxemburg-Kirchberg,
Klägerin,
gegen
Königreich Belgien
Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und
Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Belgische Botschaft, 4, rue des
Girondins, Luxemburg,
Beklagter,
wegen Feststellung, daß das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien
— 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter
Organismen in die Umwelt (ABl. L 117, S. 15) und
— 94/51/EG der Kommission vom 7. November 1994 zur ersten Anpassung der Richtlinie 90/219/EWG über
die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen an den technischen
Fortschritt (ABl. L 297, S. 29)
verstoßen hat, daß es nicht innerhalb der festgesetzten Frist alle erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um diesen Richtlinien nachzukommen,
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten H. Ragnemalm (Berichterstatter) sowie der Richter R. Schintgen, P.
J. G. Kapteyn, J. L. Murray und K. M. Ioannou,
Generalanwalt: A. La Pergola
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Mai 1998,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 1. Oktober 1997 bei
der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage auf Feststellung
erhoben, daß das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien
— 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch
veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 117, S. 15) und
— 94/51/EG der Kommission vom 7. November 1994 zur ersten Anpassung der Richtlinie 90/219/EWG
über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen an den
technischen Fortschritt (ABl. L 297, S. 29)
verstoßen hat, daß es nicht innerhalb der festgesetzten Frist alle erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um diesen Richtlinien nachzukommen.
2.
Nach Artikel 23 der Richtlinie 90/220 und Artikel 2 der Richtlinie 94/51 hatten die Mitgliedstaaten
die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um diesen Richtlinien vor dem 23.
Oktober 1991 und bis zum 30. April 1995 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon zu
unterrichten.
3.
Bei Ablauf dieser Fristen hatte die Kommission vom Königreich Belgien keine anderen Informationen
über Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinien 90/220 und 94/51 erhalten als über Maßnahmen der
Flämischen Region, die ausschließlich die Richtlinie 90/220 betrafen. Die Kommission forderte daher
die belgische Regierung hinsichtlich der Richtlinie 90/220 am 8. Februar 1994 und hinsichtlich der
Richtlinie 94/51 am 2. August 1995 auf, sich gemäß Artikel 169 des Vertrages innerhalb einer Frist von
zwei Monaten zu äußern.
4.
Im Hinblick auf die Richtlinie 90/220 teilte die belgische Regierung mit zwei Schreiben vom 22. März
und 12. Oktober 1994 mit, daß die Umsetzungsarbeiten im Gange seien, so daß die Richtlinie vor
Ablauf des Jahres 1994 im ganzen Königreich anwendbar sein werde. In bezug auf die Richtlinie 94/51
blieb das Aufforderungsschreiben unbeantwortet.
5.
Da der Kommission keine offizielle Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinien 90/220 und 94/51 in
belgisches Recht mitgeteilt worden war, übersandte sie der belgischen Regierung am 11. Oktober und
27. Dezember 1996 zwei mit Gründen versehene Stellungnahmen, in denen sie die Regierung
aufforderte, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um den Verpflichtungen aus diesen beiden
Richtlinien binnen zwei Monaten nachzukommen.
6.
Im Hinblick auf die Richtlinie 90/220 übermittelte die belgische Regierung der Kommission den Text
einer Kooperationsvereinbarung zwischen den föderativen und den regionalen Stellen mit dem
Hinweis, daß die Wallonische Region dieser Vereinbarung bereits förmlich zugestimmt habe und die
anderen Regionen des Bundesstaats demnächst zustimmen würden. Für die Richtlinie 94/51 teilte die
belgische Regierung mit, daß die Umsetzung im Gange sei.
7.
Da die Kommission keine Mitteilung über den Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens zur
Umsetzung der Richtlinien 90/220 und 94/51 erhalten hatte, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
8.
Das Königreich Belgien bestreitet nicht, daß es nicht alle für die Umsetzung der Richtlinien 90/220
und 94/51 erforderlichen Vorschriften erlassen hat.
9.
Da die beiden Richtlinien nicht innerhalb der darin festgesetzten Fristen umgesetzt worden sind, ist
die Klage der Kommission als begründet anzusehen.
10.
Folglich ist festzustellen, daß das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus
Artikel 23 der Richtlinie 90/220 und Artikel 2 der Richtlinie 94/51 verstoßen hat, daß es nicht innerhalb
der festgesetzten Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um
diesen Richtlinien nachzukommen.
Kosten
11.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, dem Königreich Belgien die Kosten
aufzuerlegen, und dieses unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus
— Artikel 23 der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die
absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und
— Artikel 2 der Richtlinie 94/51/EG der Kommission vom 7. November 1994 zur ersten
Anpassung der Richtlinie 90/219/EWG über die Anwendung genetisch veränderter
Mikroorganismen in geschlossenen Systemen an den technischen Fortschritt
verstoßen, daß es nicht innerhalb der festgesetzten Frist alle erforderlichen Rechts-
und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um diesen Richtlinien nachzukommen.
2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.
Ragnemalm
Schintgen
Kapteyn
Murray
Ioannou
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Juli 1998.
Der Kanzler
Der Präsident der Sechsten Kammer
R. Grass
H. Ragnemalm
Verfahrenssprache: Französisch.