Urteil des EuGH vom 06.12.2001

EuGH: zugang, europäische union, rat der europäischen union, kommission, internationale beziehungen, öffentliche sicherheit, vertrag von amsterdam, recht auf information, verbreitung, luxemburg

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
6. Dezember 2001
„Rechtsmittel - Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Ratsdokumenten - Beschluss 93/731/EG des Rates -
Ausnahmen vom Zugang zu Dokumenten - Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen
Beziehungen - Teilweiser Zugang“
In der Rechtssache C-353/99 P
Rat der Europäischen Union,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführer,
unterstützt durch
Königreich Spanien,
Luxemburg,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
(Erste Kammer) vom 19. Juli 1999 in der Rechtssache T-14/98 (Hautala/Rat, Slg. 1999, II-2489) wegen
Aufhebung dieses Urteils,
andere Verfahrensbeteiligte:
Heidi Hautala
Janssens, advocaaten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin im ersten Rechtszug,
unterstützt durch
Königreich Dänemark,
und
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,
Bevollmächtigten im Beistand von H. Davies, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
Republik Finnland,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Königreich Schweden,
und
Französische Republik,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der
Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric und des Kammerpräsidenten S. von Bahr sowie der Richter
C. Gulmann, D. A. O. Edward,A. La Pergola, J.-P. Puissochet, M. Wathelet, V. Skouris, J. N. Cunha Rodrigues
(Berichterstatter) und C. W. A. Timmermans,
Generalanwalt: P. Léger
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Beteiligten in der Sitzung vom 13. März 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juli 2001,
folgendes
Urteil
1.
Der Rat der Europäischen Union hat mit Rechtsmittelschrift, die am 22. September 1999 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein
Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Juli 1999 in der Rechtssache T-
14/98 (Hautala/Rat, Slg. 1999, II-2489, nachfolgend: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das
Gericht die Entscheidung des Rates vom 4. November 1997 für nichtig erklärt hat, mit der Heidi
Hautala, der Klägerin im ersten Rechtszug, der Zugang zum Bericht der Arbeitsgruppe „Ausfuhr
konventioneller Waffen“ verweigert wurde (nachfolgend: streitige Entscheidung).
2.
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 10. Februar 2000 sind das Königreich
Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates und das Königreich Dänemark sowie
das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der
Anträge der Klägerin zugelassen worden.
Rechtlicher Rahmen
3.
Hinsichtlich des rechtlichen Rahmens hat das Gericht Folgendes festgestellt:
„1 Die Schlussakte des am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrages über die
Europäische Union enthält folgende Erklärung (Nr. 17) zum Recht auf Zugang zu Informationen (im
Folgenden: Erklärung Nr. 17):
.Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Transparenz des Beschlussverfahrens den
demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt.
Die Konferenz empfiehlt daher, dass die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen Bericht
überMaßnahmen vorlegt, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen der Öffentlichkeit
besser zugänglich gemacht werden sollen.'
2 Zum Abschluss der Tagung des Europäischen Rates von Birmingham am 16. Oktober 1992 gaben
die Staats- und Regierungschefs eine Erklärung mit dem Titel .Eine bürgernahe Gemeinschaft' ab
(Bull. EG 10-1992, S. 9), in der sie die Notwendigkeit hervorhoben, die Gemeinschaft transparenter zu
gestalten. Diese Verpflichtung wurde bei der Tagung des Europäischen Rates von Edinburgh am 12.
Dezember 1992 bekräftigt (Bull. EG 12-1992, S. 7).
3 Am 5. Mai 1993 richtete die Kommission an den Rat, das Parlament und den Wirtschafts- und
Sozialausschuss die Mitteilung 93/C 156/05 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten, die
sich im Besitz der Gemeinschaftsorgane befinden (ABl. C 156, S. 5). Sie gab darin die Ergebnisse einer
vergleichenden Untersuchung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten in den
verschiedenen Mitgliedstaaten und in einigen Drittländern wieder und kam zu dem Schluss, dass der
Zugang zu den Dokumenten auf Gemeinschaftsebene noch erweitert werden müsse.
4 Am 2. Juni 1993 erließ die Kommission die Mitteilung 93/C 166/04 über die Transparenz in der
Gemeinschaft (ABl. C 166, S. 4), in der sie die Grundprinzipien für den Zugang zu Dokumenten
darlegte.
5 Beim Europäischen Rat von Kopenhagen vom 22. Juni 1993 wurden der Rat und die Kommission
aufgefordert, .ihre Arbeiten im Einklang mit dem Grundsatz, dass die Bürger möglichst umfassenden
Zugang zu Informationen erhalten, fortzusetzen' (Bull. EG 6-1993, S. 16, Nr. I.22).
6 Im Rahmen dieser Vorarbeiten für die Verwirklichung des Transparenzprinzips billigten der Rat und
die Kommission am 6. Dezember 1993 einen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu
Rats- und Kommissionsdokumenten (ABl. L 340, S. 41; im Folgenden: Verhaltenskodex), der die
Grundsätze für den Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates festlegt.
7 Der Verhaltenskodex stellt folgenden allgemeinen Grundsatz auf:
.Die Öffentlichkeit erhält möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission und
des Rates.'
8 Dokument im Sinne des Verhaltenskodex ist .unabhängig vom Datenträger jedes im Besitz des
Rates oder der Kommission befindliche Schriftstück mit bereits vorhandenen Informationen'.
9 Zur Rechtfertigung der Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten kann sich ein
Gemeinschaftsorgan nach dem Verhaltenskodex auf folgende Umstände berufen:
.Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch deren Verbreitung eine
Beeinträchtigung ergeben könnte in Bezug auf
- den Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen,
Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten);
- ...
Die Organe können ferner den Zugang verweigern, um den Schutz des Interesses des Organs in
Bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen zu gewährleisten.'
10 Darüber hinaus bestimmt der Verhaltenskodex: Die Kommission und der Rat ergreifen vor dem 1.
Januar 1994 jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung
dieser Grundsätze.
11 Zur Erfüllung dieser Verpflichtung erließ der Rat am 20. Dezember 1993 den Beschluss
93/731/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten (ABl. L 340, S. 43).
12 Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 lautet:
.Der Zugang zu einem Ratsdokument darf nicht gewährt werden, wenn durch die Verbreitung des
Dokuments Folgendes verletzt werden könnte:
- der Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen,
Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektions- und Untersuchungstätigkeiten);
- ...'“
Sachverhalt
4.
Zum Sachverhalt hat das Gericht Folgendes ausgeführt:
„13 Die Klägerin ist Mitglied des Europäischen Parlaments.
14 Am 14. November 1996 stellte sie eine schriftliche Anfrage an den Rat (schriftliche Anfrage P-
3219/96, ABl. 1997, C 186, S. 48), mit der sie um Erläuterungen zu den acht Kriterien für
Waffenausfuhren bat, die vomEuropäischen Rat im Juni 1991 in Luxemburg und im Juni 1992 in
Lissabon festgelegt worden waren. Sie stellte insbesondere folgende Fragen:
.Was beabsichtigt der Rat zu unternehmen, damit die auf den Waffenexport der Mitgliedstaaten
gestützten Menschenrechtsverletzungen aufhören? Warum sind die Anweisungen zur Präzisierung der
Kriterien, die von der Arbeitsgruppe des Rates zu Exporten konventioneller Waffen dem politischen
Komitee vorgelegt wurden, geheim?'
15 Der Rat antwortete am 10. März 1997 u. a. wie folgt:
.Eines der acht Kriterien betrifft die Achtung der Menschenrechte durch das Land der
Endbestimmung, ein für alle Mitgliedstaaten wichtiges Anliegen. Ein Austausch zwischen den
Mitgliedstaaten über diesen und andere Aspekte der Waffenexportpolitik findet in der im Rahmen der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) eingesetzten Gruppe .Ausfuhr konventioneller
Waffen' statt, die damit beauftragt wurde, sich besonders mit der Anwendung der acht Kriterien zu
befassen, um zu einer gemeinsamen Auslegung derselben zu gelangen.
Das Politische Komitee hat in seiner Sitzung am 14./15. November 1996 einen Bericht der Gruppe
.Ausfuhr konventioneller Waffen' gebilligt, womit die konsequente Anwendung der gemeinsamen
Kriterien weiter gefördert werden soll. Das politische Komitee vereinbarte ferner, dass die Gruppe
diese Frage aufmerksam weiterverfolgen sollte.
Die konkreten Entscheidungen über die Gewährung von Ausfuhrlizenzen obliegen jedoch nach wie
vor den einzelstaatlichen Behörden. Der Rat kann sich deshalb nicht zu einzelnen
Exportgenehmigungen oder zur einzelstaatlichen Informationspolitik in diesem Bereich äußern.'
16 Mit Schreiben vom 17. Juni 1997 an den Generalsekretär des Rates verlangte die Klägerin, ihr
den in der Antwort des Rates erwähnten Bericht (im Folgenden: der streitige Bericht) zu übermitteln.
17 Der streitige Bericht wurde vom Politischen Komitee, jedoch niemals vom Rat gebilligt. Er wurde
im Rahmen des besonderen europäischen Korrespondentennetzes .COREU' erstellt, das im Rahmen
der GASP gemäß den Bestimmungen des Titels V des Vertrages über die Europäische Union 1995 von
den Mitgliedstaaten und der Kommission eingerichtet wurde und von den üblichen Verteilungskanälen
für Dokumente des Rates getrennt ist. In der Praxis des Rates ist das COREU-Netz Fragen vorbehalten,
die unter den Titel V fallen. Die Verbreitung von Dokumenten über das COREU-Netz ist auf wenige
hierzu zugelassene Empfänger in den Mitgliedstaaten, auf die Kommission und das Generalsekretariat
des Rates begrenzt.
18 Das Generalsekretariat des Rates verweigerte mit Schreiben vom 25. Juli 1997 den Zugang zu
dem streitigen Bericht gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 mit der Begründung, dieser
Bericht enthalte .äußerst sensible Informationen, deren Verbreitung das öffentliche Interesse im
Bereich der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigen würde'.
19 Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 1. September 1997 einen Zweitantrag gemäß Artikel 7
Absatz 1 des Beschlusses 93/731.
20 Der Zweitantrag wurde von der Arbeitsgruppe .Information' des Ausschusses der Ständigen
Vertreter in ihrer Sitzung vom 24. Oktober 1997 und von den Mitgliedern des Rates bei der Tagung
vom 3. November 1997 behandelt; auf dieser Tagung wurde mit der hierfür erforderlichen einfachen
Mehrheit beschlossen, den Antrag abzulehnen. Vier Delegationen sprachen sich für die Verbreitung
aus.
21 Mit Schreiben vom 4. November 1997 (im Folgenden: [streitige] Entscheidung) lehnte der Rat
den Zweitantrag wie folgt ab:
.Ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 1. September 1997, in dem Sie gemäß Artikel 7 Absatz 1
des Beschlusses 93/731/EG einen Zweitantrag auf Zugang zu dem [streitigen] Bericht stellen.
Ihr Antrag ist vom Rat auf der Grundlage einer Prüfung dieses Dokuments erneut behandelt
worden.
Der Rat ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbreitung des [streitigen] Berichts die Beziehungen
der Europäischen Union zu Drittländern beeinträchtigen könnte.
Daher kann zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen
gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731/EG zu diesem Dokument kein Zugang gewährt
werden.'
22 Aufgrund des streitigen Berichts erließ der Rat am 8. Juni 1998 einen Verhaltenskodex für
Waffenausfuhren. Dieser Kodex wurde bekannt gemacht.“
Das angefochtene Urteil
5.
Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 13. Januar 1998 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen
ist, die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung beantragt.
6.
Die Klägerin hat ihre Klage auf drei Gründe gestützt, nämlich auf einen Verstoß gegen Artikel 4
Absatz 1 des Beschlusses 93/731 (erster Klagegrund), auf eine Missachtung von Artikel 190 EG-
Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) (zweiter Klagegrund) und auf einenVerstoß gegen das
gemeinschaftsrechtliche Grundprinzip eines möglichst umfassenden und vollständigen Zugangs der
Bürger der Europäischen Union zu den Dokumenten der Gemeinschaftsorgane sowie gegen den
Grundsatz des Vertrauensschutzes (dritter Klagegrund).
7.
Das Gericht hat zunächst seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Klage bejaht. Dazu hat
es Folgendes ausgeführt:
„40 Das Gericht kann nach Artikel 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen, ob
unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen.
41 Dass der streitige Bericht unter Titel V des Vertrages über die Europäische Union fällt, hat
keinen Einfluss auf die Zuständigkeit des Gerichts. Das Gericht hat in seinem Urteil [vom 17. Juni 1998
in der Rechtssache T-174/95 (Svenska Journalistförbundet/Rat, Slg. 1998, II-2289)] (Randnrn. 81 und
82) bereits entschieden, dass der Beschluss 93/731 auf alle Dokumente des Rates unabhängig von
ihrem Inhalt Anwendung findet. Es hat weiter festgestellt, dass nach Artikel J 11 Absatz 1 des
Vertrages über die Europäische Union (die Artikel J bis J 18 des Vertrages über die Europäische Union
sind durch die Artikel 11 EU bis 28 EU ersetzt worden) die Maßnahmen, die in Durchführung von Artikel
151 Absatz 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 207 Absatz 3 EG), der die Rechtsgrundlage des
Beschlusses 93/731 bildet, erlassen worden sind, auf die Bestimmungen über die in Titel V des
Vertrages genannten Bereiche Anwendung finden.
42 Daher werden im Einklang mit der Entscheidung im Urteil [Svenska Journalistförbundet/Rat]
(Randnr. 85) die Dokumente, die unter Titel V des Vertrages über die Europäische Union fallen, in
Ermangelung entgegenstehender Bestimmungen vom Beschluss 93/731 erfasst. Dass das Gericht
gemäß Artikel L des Vertrages über die Europäische Union [(nach Änderung jetzt Artikel 46 EU)] nicht
für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der unter Titel V des Vertrages fallenden Maßnahmen
zuständig ist, steht folglich seiner Zuständigkeit für Entscheidungen über den Zugang der
Öffentlichkeit zu diesen Maßnahmen nicht entgegen.“
8.
Das Gericht hat dann die streitige Entscheidung für nichtig erklärt. Dabei hat es dem ersten
Klagegrund der Klägerin insoweit stattgegeben, als damit dem Rat vorgeworfen wurde, er sei der
Ansicht gewesen, dass er nicht habe in Erwägung ziehen müssen, ob er einen teilweisen Zugang
gewähren könne, indem er die Verbreitung derjenigen Teile des streitigen Berichtes erlaube, die nicht
von der Ausnahme des Schutzes des öffentlichen Interesses gedeckt gewesen seien. Dazu hat das
Gericht Folgendes ausgeführt:
„75 Gegen das dritte, von der schwedischen Regierung unterstützte Argument [des ersten
Klagegrundes], der Rat habe Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 verletzt, indem er den Zugang
zu den Teilen des streitigen Berichts verweigert habe, die nicht von der Ausnahme des Schutzes des
öffentlichen Interessesgedeckt seien, hat der Rat eingewendet, der Grundsatz des Zugangs zu den
Dokumenten gelte nur für die Dokumente als solche und nicht für einzelne dort enthaltene
Informationen.
76 Somit muss das Gericht klären, ob der Rat die Möglichkeit eines teilweisen Zugangs hätte prüfen
müssen. Da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, ist die Kontrolle durch das Gericht nicht
beschränkt.
77 Der Beschluss 93/731 ist eine Geschäftsordnungsmaßnahme, die der Rat auf der Grundlage von
Artikel 151 Absatz 3 EG-Vertrag erlassen hat. Solange es keine spezifische Gemeinschaftsregelung
gibt, legt der Rat die Bedingungen für die Behandlung von Anträgen auf Zugang zu seinen
Dokumenten fest (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-58/94,
Niederlande/Rat, Slg. 1996, I-2169, Randnrn. 37 und 38). Daher könnte der Rat, wenn er dies wollte,
beschließen, im Rahmen einer neuen Praxis den teilweisen Zugang zu seinen Dokumenten zu
gewähren.
78 Der Beschluss 93/731 verpflichtet den Rat nicht ausdrücklich zu der Prüfung, ob ein teilweiser
Zugang zu den Dokumenten gewährt werden kann. Er schließt aber eine solche Möglichkeit auch
nicht ausdrücklich aus, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
79 In Anbetracht dessen ist für die Auslegung des Artikels 4 des Beschlusses 93/731 die Grundlage
ins Gedächtnis zu rufen, auf der der Rat diesen Beschluss erlassen hat.
80 In der Erklärung Nr. 17 wurde empfohlen, dass die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen
Bericht über Maßnahmen vorlegt, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen der
Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden sollen. Diese Verpflichtung wurde beim
Europäischen Rat in Kopenhagen am 22. Juni 1993 bestätigt, der den Rat und die Kommission
aufforderte, .ihre Arbeiten im Einklang mit dem Grundsatz, dass die Bürger möglichst umfassenden
Zugang zu Informationen erhalten, fortzusetzen'.
81 In der Präambel des Verhaltenskodex nehmen der Rat und die Kommission ausdrücklich auf die
Erklärung Nr. 17 und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Kopenhagen als Grundlage
ihrer Initiative Bezug. Der Verhaltenskodex stellt den allgemeinen Grundsatz eines möglichst
umfassenden Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten auf.
82 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil Niederlande/Rat (Randnr. 35) die Bedeutung des Rechts der
Öffentlichkeit auf Zugang zu den im Besitz der Behörden befindlichen Dokumenten unterstrichen. So
hat er darauf hingewiesen, dass in der Erklärung Nr. 17 dieses Recht .mit dem demokratischen
Charakter der Organe' verknüpft wird. Der Generalanwalt hatin seinen Schlussanträgen in dieser
Rechtssache (Slg. 1996, I-2171, Nr. 19) zum subjektiven Informationsrecht ausgeführt:
.Die Grundlage eines solchen Rechts ist eher in dem Prinzip der Demokratie zu suchen, das eines
der grundlegenden Gestaltungselemente der Gemeinschaft ist, wie es jetzt in der Präambel des
Vertrags von Maastricht und in Artikel F [nach Änderung jetzt Artikel 6 EU] der gemeinsamen
Bestimmungen niedergelegt ist.'
83 Unter Berufung auf das Urteil Niederlande/Rat hat das Gericht vor kurzem im Urteil [Svenska
Journalistförbundet/Rat] (Randnr. 66) ausgeführt:
.Der Beschluss 93/731 dient der Umsetzung des Grundsatzes eines weitestmöglichen Zugangs der
Bürger zur Information zum Zweck der Stärkung des demokratischen Charakters der Organe sowie des
Vertrauens der Öffentlichkeit in die Verwaltung.'
84 Besteht ein allgemeiner Grundsatz und sind Ausnahmen von diesem Grundsatz vorgesehen, so
müssen diese Ausnahmen eng ausgelegt und angewandt werden, um die Anwendung des
allgemeinen Grundsatzes nicht zu beeinträchtigen (vgl. Urteile [des Gerichts vom 5. März 1997 in der
Rechtssache T-105/95,] WWF UK/Kommission, [Slg. 1997, II-313,] Randnr. 56, und [vom 6. Februar
1998 in der Rechtssache T-124/96,] Interporc/Kommission, [Slg. 1998, II-231,] Randnr. 49). Im
vorliegenden Fall geht es um die Auslegung von Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731, der die
Ausnahmen von dem erwähnten allgemeinen Grundsatz aufführt.
85 Zudem verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass .Ausnahmen nicht über das zur
Erreichung des verfolgten Zieles angemessene und erforderliche Maß hinausgehen' (Urteil des
Gerichtshofes vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnr. 38).
Im vorliegenden Fall ist das vom Rat mit der Verweigerung des Zugangs zu dem streitigen Bericht
verfolgte Ziel laut der Begründung der [streitigen] Entscheidung, .das öffentliche Interesse im Bereich
der internationalen Beziehungen zu schützen'. Dieses Ziel könnte jedoch auch dann erreicht werden,
wenn der Rat nach einer Prüfung nur diejenigen Teile des streitigen Berichts unkenntlich macht, die
die internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnten.
86 Dabei würde der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem Rat erlauben, in besonderen Fällen, in
denen der Umfang des Dokuments oder der unkenntlich zu machenden Teile für ihn zu einem
unangemessenen Verwaltungsaufwand führen würde, die Bedeutung des Zugangs der Öffentlichkeit
zu diesen gekürzten Teilen und die daraus sich ergebende Arbeitsbelastung gegeneinander
abzuwägen. Der Rat könnte auf diese Weise in solchen Fällen die Interessen einer ordnungsgemäßen
Verwaltung schützen.
87 Nach allem ist Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 unter Berücksichtigung der Grundsätze
des Rechts auf Information und der Verhältnismäßigkeit auszulegen. Infolgedessen muss der Rat
prüfen, ob ein teilweiser Zugang zu den nicht von den Ausnahmen gedeckten Informationen zu
gewähren ist.
88 Wie sich aus Randnummer 75 ergibt, hat der Rat dies nicht geprüft, denn nach seiner Ansicht gilt
der Grundsatz des Zugangs zu den Dokumenten nur für die Dokumente als solche und nicht für
einzelne dort enthaltene Informationen. Folglich ist die [streitige] Entscheidung mit einem
Rechtsfehler behaftet und daher für nichtig zu erklären.
89 Somit braucht das Gericht über die beiden anderen Klagegründe, die die Klägerin geltend
gemacht hat, nicht zu entscheiden.“
Das Rechtsmittel
9.
Der Rat beantragt, unterstützt vom Königreich Spanien, das angefochtene Urteil aufzuheben, die
Klage als unbegründet abzuweisen, der Klägerin die Kosten des ersten Rechtszugs aufzuerlegen und
über die Kosten des Rechtsmittels nach Rechtslage zu entscheiden.
10.
Nach Ansicht des Rates und der spanischen Regierung hat das Gericht einen Rechtsfehler
begangen, indem es den Beschluss 93/731 dahin ausgelegt habe, dass der Rat prüfen müsse, ob ein
Zugang zu denjenigen Informationen in einem Dokument zu gewähren sei, die nicht von den in Artikel
4 dieses Beschlusses genannten Ausnahmen gedeckt seien.
11.
Der Rat macht zunächst geltend, der Beschluss 93/731 stelle schon nach seinem Wortlaut, der den
Zugang zu „Dokumenten“ und nicht zu „Informationen“ vorsehe, nur auf die Ratsdokumente als
solche und nicht auf einzelne darin enthaltene Informationen ab. Er müsse lediglich prüfen, ob das
begehrte Dokument in seiner bestehenden Form und ohne die geringste Änderung zugänglich
gemacht werden könne. Vor diesem Hintergrund habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als
es aus dem Beschluss 93/731 die Verpflichtung des Rates abgeleitet habe, nicht einem Anspruch auf
Zugang zu einem Dokument stattzugeben, sondern, nur um „Informationen“ für die Öffentlichkeit
bereitzustellen, dieses Dokument zu ändern und somit ein neues Dokument zu erstellen, das nur die
Informationen umfasse, die verbreitet werden könnten. Eine solche Verpflichtung sei außerdem
schwer umzusetzen und bringe eine beträchtliche Verwaltungslast für den Rat mit sich.
12.
Entgegen den Ausführungen des Gerichts verfolge der Beschluss 93/731 nicht den Zweck, ein
Recht auf „Information“ zu gewähren, sondern ein spezifisches Recht aufZugang allein zu den
bestehenden „Dokumenten“ des Rates, die auch den Mitgliedern des Rates zur Verfügung gestanden
hätten und auf deren Grundlage er entschieden habe. Folglich habe das Gericht den Beschluss
93/731 zu Unrecht „unter Berücksichtigung [des Grundsatzes] des Rechts auf Information“ ausgelegt.
13.
Da es schließlich keinen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts gebe, nach dem die
Bürger ein uneingeschränktes Recht auf Zugang zu Ratsdokumenten hätten, habe das Gericht den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fehlerhaft angewandt. Dieser habe sich in der Aufzählung der
Umstände niedergeschlagen, die Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten rechtfertigten
(Artikel 4 des Beschlusses 93/731). Diese Aufzählung ermögliche es bei enger Auslegung unter
Berücksichtigung des mit diesem Beschluss verfolgten Zweckes, den Zugang zu „Dokumenten“ des
Rates vorzusehen, die Beachtung des genannten Grundsatzes voll und ganz zu gewährleisten. Ein
Recht auf teilweisen Zugang zu Ratsdokumenten könne dagegen aus diesem Grundsatz nicht
abgeleitet werden.
14.
Auch die spanische Regierung ist der Ansicht, dass es beim derzeitigen Stand des
Gemeinschaftsrechts keinen „Grundsatz des Rechts auf Information“ gebe, wie er im angefochtenen
Urteil aufgestellt worden sei. Im Übrigen könne der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Rat nicht
verpflichten, den teilweisen Zugang zu einem Dokument vorzusehen, dessen Verbreitung eines der
Interessen gefährden würde, die durch Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 geschützt seien,
nach dem der Rat in einem solchen Fall den Zugang zu dem betreffenden Dokument eindeutig
verweigern müsse.
15.
Die Klägerin beantragt demgegenüber, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rat die Kosten
des Verfahrens aufzuerlegen. Das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich, die Republik
Finnland und das Königreich Schweden schließen sich diesen Anträgen an.
16.
Nach ihrer Ansicht ist der Beschluss 93/731 im angefochtenen Urteil zutreffend dahin ausgelegt
worden, dass der Rat einen teilweisen Zugang zu Dokumenten vorsehen müsse, die Informationen
enthielten, die unter die Ausnahmen nach Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 fielen.
17.
Diese Verpflichtung des Rates folge bereits aus dem Wortlaut des Beschlusses 93/731 wie aus dem
damit verfolgten Zweck, einen möglichst umfassenden Zugang der Bürger zu Informationen zu
gewährleisten, um den demokratischen Charakter der Gemeinschaftsorgane sowie das Vertrauen der
Öffentlichkeit in die Verwaltung zu stärken.
18.
Zum selben Ergebnis führe es, dass das Gemeinschaftsrecht unter Berücksichtigung seiner
allgemeinen Grundsätze auszulegen sei, zu denen der Grundsatz des Rechts auf Information gehöre.
Somit müsse der Rat zu Dokumenten, die nicht in vollem Umfang verbreitet werden könnten, einen
teilweisen Zugang gewähren, um einen möglichst umfassenden Zugang der Bürger zu Informationen
sicherzustellen.
19.
Die Klägerin und die Regierungen Dänemarks, des Vereinigten Königreichs, Finnlands und
Schwedens vertreten die Ansicht, die Verpflichtung, einen teilweisen Zugang zu Ratsdokumenten zu
gewähren, ergebe sich auch aus dem Grundsatz, dass die Ausnahmen von einer allgemeinen Regel
eng auszulegen seien, und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
20.
Nach Ansicht der Klägerin sei ein teilweiser Zugang schließlich - falls der Rat ihn nicht bereits nach
dem Beschluss 93/731 gewähren müsse - unmittelbar aus dem tragenden Grundsatz des
Gemeinschaftsrechts abzuleiten, dass die Unionsbürger einen möglichst umfassenden und
vollständigen Zugang zu den im Besitz der Unionsorgane befindlichen Dokumenten erhalten müssten.
Der durch den Vertrag von Amsterdam eingefügte Artikel 255 Absatz 1 EG bestätige das Grundrecht
der Bürger auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz der Organe befänden.
21.
Wie das Gericht in Randnummer 78 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, verpflichtet zwar der
Beschluss 93/731 den Rat nicht ausdrücklich zu der Prüfung, ob ein teilweiser Zugang zu den
Dokumenten gewährt werden kann; er schließt aber eine solche Möglichkeit auch nicht ausdrücklich
aus.
22.
Bei seiner Auslegung des Beschlusses 93/731 ist das Gericht in den Randnummern 80 und 81 des
angefochtenen Urteils zunächst zu Recht auf die Entstehungsgeschichte dieses Beschlusses
eingegangen. So war die Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten in der
Erklärung Nr. 17 „zum Recht auf Zugang zu Informationen“ der Auffassung, dass „die Transparenz des
Beschlussverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit
in die Verwaltung stärkt“, und empfahl, dass die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen Bericht
über Maßnahmen vorlegen sollte, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen „der
Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden sollen“. Diese Verpflichtung wurde beim
Europäischen Rat in Kopenhagen am 22. Juni 1993 bestätigt, der den Rat und die Kommission
aufforderte, „ihre Arbeiten im Einklang mit dem Grundsatz, dass die Bürger möglichst umfassenden
Zugang zu Informationen erhalten, fortzusetzen“. Ferner haben der Rat und die Kommission in der
Präambel des Verhaltenskodex ausdrücklich auf die Erklärung Nr. 17 und die Schlussfolgerungen des
Europäischen Rates von Kopenhagen als Grundlage ihrer Initiative Bezug genommen. Schließlich stellt
der Verhaltenskodex den allgemeinen Grundsatz eines „möglichst umfassenden Zugang[s] der
Öffentlichkeit zu den Dokumenten der Kommission und des Rates“ auf.
23.
Aus dem Umfeld, in dem der Beschluss 93/731 erlassen wurde, folgt also bereits, dass die
Auffassung des Rates und der spanischen Regierung, dieser Beschluss betreffe nur den Zugang zu
„Dokumenten“ als solchen und nicht zu einzelnen darin enthaltenen Informationen, nicht zutrifft.
24.
Wie das Gericht in Randnummer 82 des angefochtenen Urteils zutreffend angemerkt hat, hat der
Gerichtshof in Randnummer 35 seines Urteils Niederlande/Rat die Bedeutung des Rechts der
Öffentlichkeit auf Zugang zu den im Besitz der Behörden befindlichen Dokumenten unterstrichen und
darauf hingewiesen, dass in der Erklärung Nr. 17 dieses Recht mit dem „demokratischen Charakter
der Organe“ verknüpft wird.
25.
Außer der Gewährleistung des reibungslosen Arbeitens der Dienststellen des Rates im Interesse
einer ordnungsgemäßen Verwaltung (Urteil Niederlande/Rat, Randnr. 37) liegt der Zweck des
Beschlusses 93/731 darin, der Öffentlichkeit einen möglichst umfassenden Zugang zu
Ratsdokumenten zu eröffnen, so dass jede Ausnahme von diesem Recht eng ausgelegt und
angewandt werden muss (so zum Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom der Kommission vom 8. Februar
1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten [ABl. L 46,
S. 58] das Urteil vom 11. Januar 2000 in den Rechtssachen C-174/98 P und C-189/98 P, Niederlande
und Van der Wal/Kommission, Slg. 2000, I-1, Randnr. 27).
26.
Die vom Rat und der spanischen Regierung vertretene Auslegung würde dazu führen, dass das
Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Informationen in einem Dokument, die nicht unter eine der
Ausnahmen in Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 fallen, ohne die geringste Rechtfertigung
beeinträchtigt würde. Die praktische Wirksamkeit dieses Rechts würde damit beträchtlich
geschmälert.
27.
Entgegen der Auffassung des Rates und der spanischen Regierung hat das Gericht schließlich
keinen Rechtsfehler begangen, als es entschieden hat, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
den Rat auch verpflichte, den teilweisen Zugang zu einem Dokument vorzusehen, das u. a.
Informationen enthalte, deren Verbreitung eines der durch Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731
geschützten Interessen gefährden würde.
28.
Dazu hat das Gericht in Randnummer 85 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt, dass der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes verlange, dass
Ausnahmen nicht über das zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessene und erforderliche Maß
hinausgingen.
29.
Abgesehen davon, dass nichts vorgetragen worden ist, was es rechtfertigen könnte, dass ein
Organ die Informationen in einem Dokument, die nicht unter die Ausnahmen in Artikel 4 Absatz 1 des
Beschlusses 93/731 fallen, geheim hielte, stünde die Ablehnung eines teilweisen Zugangs
offenkundig außer Verhältnis zu dem Zweck, die Vertraulichkeit der von einer dieser Ausnahmen
gedeckten Informationen zu gewährleisten. Wie das Gericht in Randnummer 85 des angefochtenen
Urteils ausgeführt hat, könnte das vom Rat mit der Verweigerung des Zugangs zu dem streitigen
Bericht verfolgte Ziel auch dadurch erreicht werden, dass der Rat nach einer Prüfung diejenigen Teile
dieses Berichts unkenntlich machte, die die internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnten.
30.
Das Gericht hat den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch insoweit sorgfältig angewandt, als es bei
der Würdigung des Vorbringens des Rates, dass die Verpflichtung zur Gewährleistung eines teilweisen
Zugangs zu den in seinem Besitz befindlichen Dokumenten einen übermäßigen Verwaltungsaufwand
nach sich ziehen würde, in Randnummer 86 des angefochtenen Urteils die Möglichkeit vorbehalten
hat, in besonderen Fällen die Interessen einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu schützen.
31.
Nach alledem hat das Gericht zu Recht in Randnummer 87 des angefochtenen Urteils entschieden,
dass der Rat nach Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 93/731 prüfen muss, ob ein teilweiser Zugang
zu den nicht von den Ausnahmen gedeckten Informationen zu gewähren ist, und die streitige
Entscheidung für nichtig erklärt, nachdem es festgestellt hat, dass der Rat dies nicht geprüft hat, weil
nach seiner Ansicht der Grundsatz des Zugangs zu den Dokumenten nur für die Dokumente als solche
und nicht für die darin enthaltenen Informationen gilt. Daher kann dahinstehen, ob sich das Gericht,
wie vom Rat und der spanischen Regierung geltend gemacht wird, zu Unrecht auf das Bestehen eines
„Grundsatzes des Rechts auf Information“ gestützt hat.
32.
Folglich ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kosten
33.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren
entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu
verurteilen. Da die Klägerin die Verurteilung des Rates beantragt hat und dieser mit seinem
Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Das Königreich Spanien,
das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich, die Republik Finnland und das Königreich
Schweden tragen nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Königreich Spanien, das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich
Großbritannien und Nordirland, die Republik Finnland und das Königreich Schweden
tragen ihre eigenen Kosten.
Rodríguez Iglesias Jann
Macken
Colneric von Bahr Gulmann
Edward
La Pergola Puissochet
Wathelet
Skouris Cunha Rodrigues
Timmermans
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Dezember 2001.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias
Verfahrenssprache: Englisch.