Urteil des EuGH vom 25.11.1998

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WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
25. November 1998
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats — Nichtumsetzung der Richtlinie 76/464/EWG“
In der Rechtssache C-214/96
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
Wainwright und Fernando Castillo de la Torre, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-
Kirchberg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien
Zustellungsanschrift: Spanische Botschaft, 4-6, boulevard E. Servais, Luxemburg,
Beklagter,
wegen Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag
und aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge
der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (ABl. L 129, S. 23) verstoßen
hat, daß es die Programme zur Verringerung der Verschmutzung
der Gewässer für die Stoffe aus der in Artikel 7 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Liste II nicht
aufgestellt und mitgeteilt hat,
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn sowie der Richter G. Hirsch (Berichterstatter), J. L.
Murray, H. Ragnemalm und K. M. Ioannou,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Juni 1998,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 25. Juni 1996 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf
Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag
und aus Artikel 7 der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung
infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (ABl. L 129, S.
23; im folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, daß es die Programme zur Verringerung der
Verschmutzung der Gewässer für die Stoffe aus der in Artikel 7 Absatz 1 dieser Richtlinie
vorgesehenen Liste II nicht aufgestellt und mitgeteilt hat.
Die Richtlinie
2.
Die Richtlinie findet gemäß Artikel 1 Anwendung auf die oberirdischen Binnengewässer, das
Küstenmeer, die inneren Küstengewässer und das Grundwasser.
3.
Nach der siebten und der neunten Begründungserwägung sowie nach Artikel 2 bezweckt die
Richtlinie zum einen, die Verschmutzung der Gewässer infolge der Ableitung verschiedener in einer
ersten Liste, der „Liste I“, aufgeführter gefährlicher Stoffe zu beseitigen, und zum anderen, die
Verschmutzung dieser
Gewässer durch die in einer zweiten Liste, der „Liste II“, aufgeführten Stoffe zu verringern. Die beiden
Listen sind der Richtlinie als Anhang beigefügt.
4.
Die Liste I umfaßt Stoffe, die hauptsächlich aufgrund ihrer Toxizität, ihrer Langlebigkeit und ihrer
Bioakkumulation ausgewählt worden sind. Nach den Artikeln 3 und 6 der Richtlinie haben
Mitgliedstaaten jede Ableitung dieser Stoffe in die Gewässer von einer vorherigen Genehmigung durch
die zuständigen Behörden abhängig zu machen und Emissionsnormen festzusetzen, die Grenzwerte
nicht überschreiten dürfen; diese Grenzwerte werden vom Rat je nach den Auswirkungen der Stoffe
auf die Gewässer festgesetzt.
5.
Für die sonstigen Stoffe bestimmt diese Richtlinie in ihrem Anhang unter der Überschrift „Liste II der
Stoffamilien und Stoffgruppen“:
„Die Liste II umfaßt
— diejenigen Stoffe der in der Liste I aufgeführten Stoffamilien und Stoffgruppen, für die die in
Artikel 6 der Richtlinie vorgesehenen Grenzwerte nicht festgelegt werden,
— bestimmte einzelne Stoffe und bestimmte Stoffkategorien aus den nachstehend aufgeführten
Stoffamilien und Stoffgruppen,
die für die Gewässer schädlich sind, wobei die schädlichen Auswirkungen jedoch auf eine bestimmte
Zone beschränkt sein können und von den Merkmalen des aufnehmenden Gewässers und der
Lokalisierung abhängen.“
6.
Die Liste II enthält nach ihrem ersten Gedankenstrich demnach Stoffe, die unter die Liste I fallen
könnten, für die der Rat aber noch keine Grenzwerte gemäß Artikel 6 der Richtlinie festgesetzt hat.
Zur Liste II gehören derzeit 99 unter die Liste I fallende Stoffe.
7.
Was die in der Liste II aufgeführten Stoffe angeht, bestimmt Artikel 7 der Richtlinie:
„(1) Zur Verringerung der Verschmutzung der in Artikel 1 genannten Gewässer durch die Stoffe aus
der Liste II stellen die Mitgliedstaaten Programme auf, zu deren Durchführung sie insbesondere die in
den Absätzen 2 und 3 erwähnten Mittel anwenden.
(2) Jede Ableitung in die in Artikel 1 genannten Gewässer, die einen der Stoffe aus der Liste II
enthalten kann, bedarf einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des
betreffenden Mitgliedstaats, in der die Emissionsnormen festgesetzt werden. Diese sind nach den
gemäß Absatz 3 festgelegten Qualitätszielen auszurichten.
(3) Die Programme gemäß Absatz 1 umfassen Qualitätsziele für die Gewässer, die unter Beachtung
etwaiger Richtlinien des Rates festgelegt werden.
(4) Die Programme können auch spezifische Vorschriften für die Zusammensetzung und Verwendung
von Stoffen und Stoffgruppen sowie Produkten enthalten; sie berücksichtigen die letzten wirtschaftlich
realisierbaren technischen Fortschritte.
(5) In den Programmen werden die Fristen für ihre Durchführung festgelegt.
(6) Die Programme und die Ergebnisse ihrer Durchführung werden der Kommission in
zusammenfassenden Übersichten mitgeteilt.
(7) Die Kommission nimmt mit den Mitgliedstaaten regelmäßig eine Gegenüberstellung dieser
Programme im Hinblick auf eine ausreichende Harmonisierung ihrer Durchführung vor. Sie unterbreitet
dem Rat, wenn sie es für erforderlich hält, einschlägige Vorschläge.“
Das Vorverfahren
8.
Mit zwei Schreiben vom 26. September 1989 und vom 4. April 1990 forderte die Kommission vom
Königreich Spanien Informationen über die in Artikel 7 der Richtlinie vorgesehenen Programme zur
Verringerung der Verschmutzung für einige der Stoffe aus der Liste II, die die Kommission der
größeren Klarheit halber in einer prioritären, aber nicht erschöpfenden Liste zusammengefaßt hatte,
die dem ersten Schreiben als Anlage beigefügt war. Die Kommission verlangte außerdem die
Mitteilung der Programme, die für andere Stoffe, die zur Liste II gehörten, aber in der Anlage nicht
aufgezählt waren, aufgestellt worden waren.
9.
Im zweiten Schreiben dehnte die Kommission ihr Auskunftsersuchen auf die 99 Stoffe aus, die in die
Liste I aufgenommen werden könnten, die aber gegenwärtig in der Liste II verzeichnet sind, da es für
sie keine Grenzwerte gibt. In bezug auf diese Stoffe verlangte sie u. a. von den spanischen Behörden
eine aktualisierte Liste der Ableitungen in spanische Gewässer und die Angabe der für die Erteilung
von Ableitungsgenehmigungen für eine oder mehrere dieser Stoffe festgelegten Qualitätsziele oder
für den Fall, daß es solche Qualitätsziele nicht gebe, die Angabe der Gründe, aus denen das
Königreich Spanien diese Ziele nicht festgelegt habe.
10.
Aus der Antwort der spanischen Regierung, die in einem auf den 26. Juli 1990 datierten Schreiben
enthalten ist, das der Kommission aber in einem Schreiben vom 29. Januar 1991 zugegangen ist, geht
hervor, daß die Programme im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie für die Binnengewässer Teil der Pläne
über die Wassereinzugsgebiete sind, die von den Wasserverbänden zu erlassen sind; die Programme
für Ableitungen von gefährlichen Stoffen ins Meer werden von den autonomen Regionen
ausgearbeitet. Zwar werden derartige Programme von den Wasserverbänden derzeit ausgearbeitet,
aber weder diese noch die autonomen
Regionen haben bereits derartige Programme zur Verringerung der Ableitungen von gefährlichen
Stoffen aufgestellt.
11.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 1990 und mit einem zusätzlichen Schreiben vom 30. November
1993 forderte die Kommission die spanische Regierung auf, sich zur Ausarbeitung und Durchführung
der in Artikel 7 der Richtlinie genannten Programme zu äußern.
12.
In ihrer Antwort vom 3. März 1994 führte die spanische Regierung u. a. aus, daß es
Richtlinienentwürfe für Wassereinzugsgebiete des spanischen Nordens, des Duero, des Tajo, des
Guadiana, des Guadalquivir, des Segura, des Júcar und des Ebro gebe. Sie erwähnte auch ein Projekt
für die ständige Überwachung der Gewässerqualität (SAICA-Projekt).
13.
Die Kommission hielt die Antworten der spanischen Regierung für nicht ausreichend und gab am
17. November 1994 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie der spanischen
Regierung für den Erlaß der erforderlichen Maßnahmen, um dieser Stellungnahme nachzukommen,
eine Frist von zwei Monaten setzte. Auf Antrag der spanischen Regierung wurde diese Frist durch
Schreiben der Kommission vom 18. Januar 1995 dann um zwei Monate verlängert.
14.
Die spanische Regierung antwortete erst mit Schreiben vom 8. September 1995 und vom 16.
Oktober 1995. Sie führte darin einen zusätzlichen Bericht über die Programme zur Verringerung der
Verschmutzung für die Binnengewässer und, was die Ableitungen ins Meer angeht, Berichte der
Regionalregierung von Andalusien, des Fürstentums Asturien, der Regionalregierung von Katalonien
und der Region Murcia an, wobei sie mit dem zweiten Schreiben eine Kopie der von der
Regionalregierung von Valencia und von der baskischen Regierung ausgearbeiteten Berichte
übersandte.
15.
Nachdem die Kommission keine weitere Mitteilung erhalten hatte, anhand deren sie hätte prüfen
können, ob das Königreich Spanien den Verpflichtungen aus Artikel 7 der Richtlinie nachgekommen
war, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Zur Begründetheit
16.
Die spanische Regierung trägt zunächst vor, zwar sei die Richtlinie für das Königreich Spanien seit
dessen Beitritt zur Gemeinschaft gemäß Artikel 395 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des
Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Verträge verbindlich,
das Königreich Spanien sei aber seit der Verkündung der Verfassung vom 6. Dezember 1978 zum
einen und wegen seines Beitritts zur Gemeinschaft am 1. Januar 1986
zum anderen mit zahlreichen und tiefgreifenden Veränderungen in seiner Verwaltung konfrontiert
gewesen.
17.
Außerdem habe die spanische Umweltschutzgesetzgebung zur Zeit des Beitritts noch nicht das
Niveau des Umweltschutzrechts der Europäischen Gemeinschaft erreicht gehabt.
18.
Was dieses Vorbringen zu den innerstaatlichen Schwierigkeiten angeht, genügt es, auf die ständige
Rechtsprechung des Gerichtshofes zu verweisen, wonach ein Mitgliedstaat sich nicht auf
Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die
Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (siehe
u. a. Urteile vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-259/94, Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I-
1947, Randnr. 5, und vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-298/95, Kommission/Deutschland,
Slg. 1996, I-6747, Randnr. 18).
19.
Diesem Vorbringen der spanischen Regierung ist daher nicht zu folgen.
20.
In bezug auf die für die Binnengewässer geltende spanische Regelung trägt die spanische
Regierung erstens vor, das Gesetz Nr. 29/85 vom 2. August 1985 über die Überwachung der Gewässer
sowie die durch das Königliche Dekret Nr. 849/86 vom 11. April 1986 ratifizierte und in Kraft gesetzte
Verordnung über die öffentlichen Gewässer enthielten zwei Verzeichnisse von Schadstoffen, die mit
den Schadstoffen aus den Listen I und II der Richtlinie übereinstimmten.
21.
Die spanische Regierung räumt jedoch ein, daß die Qualitätsziele gemäß der Königlichen
Verordnung Nr. 927/88 vom 29. Juli 1988, durch die die Verordnung über die staatliche
Gewässerverwaltung und die hydrologische Planung gebilligt werde, und gemäß dem Königlichen
Dekret Nr. 650/87 vom 8. Mai 1987 zur Festlegung der örtlichen Zuständigkeit der für die
Wassereinzugsgebiete zuständigen Stellen und des räumlichen Geltungsbereichs der Pläne für die
Wassereinzugsgebiete im Rahmen des jeweiligen Plans für ein Wassereinzugsgebiet festzulegen seien
und daß die Pläne für alle Wassereinzugsgebiete, von denen dieProgramme im Sinne von Artikel 7 der
Richtlinie nur einen Teil bildeten, nicht endgültig gebilligt seien.
22.
Es ist daher zunächst festzustellen, daß die spanische Regierung selbst einräumt, daß die
Verpflichtung, die in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie vorgesehenen Programme aufzustellen, durch die
hydrologischen Pläne, die im übrigen auch noch nicht gebilligt sind, nicht erfüllt wird.
23.
Zweitens ist die spanische Regierung der Ansicht, durch das Königliche Dekret Nr. 484/95 vom 7.
April 1995 zur Festlegung zusätzlicher Maßnahmen zur Regulierung und Kontrolle von Ableitungen
hätten die mit den Programmen im Sinne von
Artikel 7 der Richtlinie angestrebten Ziele erreicht werden können, auch wenn dieser Rechtsakt nicht
die Bezeichnung „Programm zur Verringerung der Verschmutzung“ trage.
24.
Die spanische Regierung gibt dazu an, die zur Umsetzung der Regulierungsmaßnahmen
erforderlichen Vorstudien hätten gezeigt, daß es in den spanischen Binnengewässern nur 30 der 99
Stoffe gebe. Aufgrund dieser Studien hätten auch für jeden der Stoffe aus der Liste II die
Qualitätsziele festgelegt werden können, die bei der Entscheidung, ob eine Ableitungsgenehmigung
zu erteilen oder abzulehnen sei, zu berücksichtigen seien. Diese Qualitätsziele bestehen nach den
Erklärungen der spanischen Regierung aus der niedrigsten Konzentration, mit der u. a. die Einhaltung
der Grenzwerte gewährleistet werden könne, die nach den einzelnen Richtlinien, z. B. für Trinkwasser,
für Fischgewässer und für Badegewässer, zugelassen seien.
25.
Was dieses Vorbringen zum Königlichen Dekret Nr. 484/95 angeht, ist zunächst auf die ständige
Rechtsprechung des Gerichtshofes hinzuweisen, wonach das Vorliegen einer Vertragsverletzung
anhand der Lage zu beurteilen ist , die bei Ablauf der Frist besteht, die in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme gesetzt wurde, und wonach später eingetretene Veränderungen vom Gerichtshof nicht
berücksichtigt werden können (Urteile vom 17. September 1996 in der Rechtssache C-289/94,
Kommission/Italien, Slg. 1996, I-4405, Randnr. 20, und vom 11. Juni 1998 in den verbundenen
Rechtssachen C-232/95 und C-233/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1998, I-0000, Randnr. 38).
26.
Bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten und mit Schreiben der
Kommission vom 18. Januar 1995 um zwei Monate verlängerten Frist war das Dekret Nr. 484/95 aber
noch nicht in Kraft, denn es wurde erst am 7. April 1995 gebilligt.
27.
Sodann ist festzustellen, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes als Programme im Sinne
von Artikel 7 der Richtlinie nur die spezifischen Programme angesehen werden können, die gemäß
Artikel 7 Absatz 3 Qualitätsziele für die in Artikel 1 genannten Gewässer enthalten (Urteil vom 11. Juni
1998, Kommission/Griechenland, a. a. O., Randnr. 35).
28.
Wie der Generalanwalt in Nummer 20 seiner Schlußanträge festgestellt hat, ist ein derartiges
Programm nämlich ein Instrument, dessen Funktion darin besteht, den Schutz der Gewässer gegen
eine Verschmutzung durch Stoffe aus der Liste II eine gewisse Form in einem koordinierten Kontext zu
geben, in dem sich insbesondere die verschiedenen in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden
Gewässerschutzsysteme im Vergleich beurteilen lassen.
29.
Im Lichte der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie erscheint ein solcher formalisierter
Kontext um so notwendiger, als die schädliche Wirkung der Stoffe
aus der Liste II auf eine bestimmte Zone beschränkt sein kann und von den Merkmalen des
aufnehmenden Gewässers und ihrer Lokalisierung abhängt. Mit einem solchen Programm wird daher
eine einheitliche Erteilung der in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Ableitungsgenehmigungen
bezweckt, in denen Emissionsnormen nach Maßgabe der Qualitätsziele festgesetzt werden, die in Form
von Programmen für spezifische Wasserläufe und -flächen aufgestellt worden sind.
30.
Selbst wenn nach den Angaben der spanischen Regierung einige Grenzwerte für Ableitungen und
einige Qualitätsziele für etwa 30 Stoffe aus der Liste II im Rahmen des Dekrets Nr. 484/95 festgelegt
worden sind und mit ihnen das gleiche Ziel wie mit einem Programm im Sinne des Artikels 7 der
Richtlinie verfolgt wird, stellt eine derartige Regelung aber nur eine Reihe von punktuellen
Normierungen dar, die kein organisiertes oder gegliedertes System von Qualitätszielen für den
jeweiligen Wasserlauf oder die jeweilige Wasserfläche bildet und daher nicht als ein Programm im
Sinne von Artikel 7 der Richtlinie angesehen werden kann.
31.
Was die Binnengewässer angeht, ist folglich festzustellen, daß das Königreich Spanien keine
Programme im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie erlassen hat. In diesem Punkt ist der Klage der
Kommission daher stattzugeben.
32.
Was die Ableitungen ins Meer angeht, geht — wie der Generalanwalt in Nummer 19 seiner
Schlußanträge festgestellt hat — aus den Akten hervor, daß die autonomen Regionen, die für die
Ausarbeitung der allgemeinen Voraussetzungen für Ableitungen sowie für die Regelung der
Genehmigung dieser Ableitungen durch die Verwaltung zuständig sind, keine Programme zur
Verringerung der Verschmutzung im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie ausgearbeitet haben. Die
spanische Regierung hat im übrigen keine Einwände gegen diese Rüge der Kommission erhoben.
33.
Nach alledem ist festzustellen, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen
aus Artikel 7 der Richtlinie verstoßen hat, daß es keine Programme zur Verringerung der
Verschmutzung der Binnengewässer und des Küstenmeers für die Stoffe aus der Liste II der Richtlinie
erlassen hat.
Kosten
34.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Zahlung der
Kosten zu verurteilen. Da der Beklagte mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 7 der
Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der
Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft verstoßen,
daß es keine Programme zur Verringerung der Verschmutzung der Binnengewässer und
des Küstenmeers für die Stoffe aus der Liste II dieser Richtlinie erlassen hat.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
Kapteyn
Hirsch
Murray
Ragnemalm Ioannou
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. November 1998.
Der Kanzler
Der Präsident der Sechsten Kammer
R. Grass
P. J. G. Kapteyn
Verfahrenssprache: Spanisch.