Urteil des EuGH vom 02.10.2003

EuGH: kommission, schutz der gewässer, nummer, ablauf der frist, regierung, stickstoff, niederlande, düngemittel, verunreinigung, landwirtschaft

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
2. Oktober 200
„Vertragsverletzung - Richtlinie 91/676/EWG - Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus
landwirtschaftlichen Quellen - Artikel 5 Absätze 4 und 5 und Anhänge II Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 sowie III
Nummer 1 Ziffern 2 und 3 und Nummer 2 - Fassungsvermögen von Behältern zur Lagerung von Dung -
Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln im Hinblick auf ein Gleichgewicht zwischen dem
voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und deren Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der
Düngung - Gewähr, dass die ausgebrachte Dungmenge einen bestimmten Wert pro Jahr und Hektar nicht
überschreitet - Bestimmungen zu den Zeiträumen, Bedingungen und Verfahren des Ausbringens von
Düngemitteln nach den Regeln einer guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft - Verpflichtung zur
Durchführung von erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkten Aktionen“
In der Rechtssache C-322/00
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Hauwaert als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich der Niederlande,
Beklagter,
wegen Feststellung, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der
Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch
Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 375, S. 1) verstoßen hat, dass es nicht die in den Artikeln 4
und 5 Absätze 4 und 5 sowie in den Anhängen II Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 und III Nummer 1 Ziffern 2 und
3 und Nummer 2 genannten erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, der Richter C. Gulmann und V. Skouris sowie der
Richterinnen F. Macken (Berichterstatterin) und N. Colneric,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 20. Juni 2002, in der die Kommission durch G. Valero Jordana
und durch H. Van Vliet als Bevollmächtigten und das Königreich der Niederlande durch J. G. M. van Bakel und
H. G. Sevenster als Bevollmächtigte vertreten waren,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. November 2002
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. August 2000
beim Gerichtshof eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das
Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/676/EWG des
Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus
landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 375, S. 1) verstoßen hat, dass es nicht die in den Artikeln 4 und 5
Absätze 4 und 5 sowie in den Anhängen II Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 und III Nummer 1 Ziffern 2 und
3 und Nummer 2 genannten erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat.
Rechtlicher Rahmen
2.
Artikel 3 Absätze 1, 2 und 5 der Richtlinie lautet:
„(1) Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind, und Gewässer, die von Verunreinigung
betroffen werden könnten, falls keine Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, werden von den
Mitgliedstaaten nach den Kriterien des Anhangs I bestimmt.
(2) Die Mitgliedstaaten weisen innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie alle in
ihrem Gebiet bekannten Flächen, die in nach Absatz 1 bestimmte Gewässer entwässern und die zur
Verunreinigung beitragen, als gefährdete Gebiete aus. Sie unterrichten die Kommission hiervon
innerhalb von sechs Monaten nach erster Ausweisung.
...
(5) Die Mitgliedstaaten sind von der Verpflichtung, bestimmte gefährdete Gebiete auszuweisen,
befreit, wenn sie die in Artikel 5 genannten Aktionsprogramme nach den Vorgaben dieser Richtlinie in
ihrem gesamten Gebiet durchführen.“
3.
Um für alle Gewässer einen allgemeinen Schutz vor Verunreinigung zu gewährleisten, stellen die
Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie binnen zwei Jahren nach deren
Bekanntgabe Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft auf, die von den Landwirten auf
freiwilliger Basis anzuwenden sind und Bestimmungen enthalten sollten, die mindestens die in Anhang
II Punkt A der Richtlinie enthaltenen Punkte umfassen.
4.
Artikel 5 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Zur Verwirklichung der in Artikel 1 genannten Ziele legen die Mitgliedstaaten innerhalb von zwei
Jahren nach der ersten Ausweisung der gefährdeten Gebiete nach Artikel 3 Absatz 2 oder innerhalb
eines Jahres nach jeder ergänzenden Ausweisung nach Artikel 3 Absatz 4 Aktionsprogramme für die
als gefährdet ausgewiesenen Gebiete fest.
(2) Ein Aktionsprogramm kann sich auf alle gefährdeten Gebiete im Gebiet eines Mitgliedstaates
erstrecken, oder es können verschiedene Programme für verschiedene gefährdete Gebiete oder
Teilgebiete festgelegt werden, wenn der Mitgliedstaat dies für angebracht hält.
(3) In den Aktionsprogrammen werden berücksichtigt:
a) die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten, insbesondere über die jeweiligen
Stickstoffeinträge aus landwirtschaftlichen und anderen Quellen;
b) die Umweltbedingungen in den jeweiligen Regionen des Mitgliedstaates.
(4) Die Aktionsprogramme werden innerhalb von vier Jahren nach Aufstellung durchgeführt und
enthalten folgende verbindlich vorgeschriebene Maßnahmen:
a) die Maßnahmen nach Anhang III;
b) Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten in den Regeln der guten fachlichen Praxis in der
Landwirtschaft nach Maßgabe von Artikel 4 vorgeschrieben haben, ausgenommen diejenigen, die
durch die Maßnahmen nach Anhang III ersetzt wurden.
(5) Die Mitgliedstaaten treffen darüber hinaus im Rahmen der Aktionsprogramme die zusätzlichen
Maßnahmen oder verstärkten Aktionen, die sie für erforderlich halten, wenn von Anfang an oder
anhand der Erfahrungen bei der Durchführung der Aktionsprogramme deutlich wird, dass die
Maßnahmen nach Absatz 4 zur Verwirklichung der in Artikel 1 genannten Ziele nicht ausreichen. Bei
der Wahl dieser Maßnahmen oder Aktionen tragen die Mitgliedstaaten deren Wirksamkeit und den
damit verbundenen Kosten im Vergleich zu anderen möglichen Vorbeugungsmaßnahmen Rechnung.
(6) ...
(7) Mindestens alle vier Jahre überprüfen die Mitgliedstaaten ihre Aktionsprogramme und schreiben
sie, falls erforderlich, einschließlich zusätzlicher Maßnahmen nach Artikel 5 fort. Sie unterrichten die
Kommission von allen Änderungen der Aktionsprogramme.“
5.
Anhang II der Richtlinie - „Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft“ - sieht in Punkt
A vor:
„Die Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, mit denen die Verringerung der
Nitratverunreinigung erreicht werden soll und die die Verhältnisse in den verschiedenen Regionen der
Gemeinschaft berücksichtigen, sollten Bestimmungen zu folgenden Punkten enthalten, soweit diese
von Belang sind:
1. Zeiträume, in denen Düngemittel nicht auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden
sollten;
2. Ausbringen von Düngemitteln auf stark geneigten landwirtschaftlichen Flächen;
...
4. Bedingungen für das Ausbringen von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen in der Nähe
von Wasserläufen;
...
6. Verfahren für das Ausbringen auf landwirtschaftlichen Flächen - einschließlich der Häufigkeit und
Gleichmäßigkeit des Ausbringens - von sowohl Mineraldünger als auch Dung, bei denen die
Nährstoffverluste in die Gewässer auf ein annehmbares Maß beschränkt bleiben.“
6.
Anhang III der Richtlinie - „Maßnahmen, die in die Aktionsprogramme nach Artikel 5 Absatz 4
Buchstabe a aufzunehmen sind“ - lautet:
„1. Diese Maßnahmen umfassen Vorschriften betreffend:
1. die Zeiträume, in denen das Ausbringen bestimmter Arten von Düngemitteln auf
landwirtschaftlichen Flächen verboten ist;
2. das Fassungsvermögen von Behältern zur Lagerung von Dung; dieses muss größer sein als die
erforderliche Kapazität für die Lagerung von Dung während des längsten Zeitraums, in dem das
Ausbringen von Dung auf landwirtschaftlichen Flächen in den gefährdeten Gebieten verboten ist, es
sei denn, der zuständigen Behörde gegenüber kann nachgewiesen werden, dass die das gegebene
Fassungsvermögen übersteigende Menge umweltgerecht entsorgt wird;
3. Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen entsprechend
den Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft unter Berücksichtigung der besonderen
Merkmale des betroffenen gefährdeten Gebiets, insbesondere von
a) Bodenbeschaffenheit, Bodenart und Bodenneigung;
b) klimatischen Verhältnissen, Niederschlägen und Bewässerung;
c) Bodennutzung und Bewirtschaftungspraxis, einschließlich Fruchtfolgen,
ausgerichtet auf ein Gleichgewicht zwischen
i) dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen
und
ii) der Stickstoffversorgung der Pflanzen aus dem Boden und aus der Düngung, und zwar aus
- der im Boden vorhandenen Stickstoffmenge zu dem Zeitpunkt, zu dem die Pflanzen
anfangen, den Stickstoff in signifikantem Umfang aufzunehmen (Reste am Ende des Winters);
- der Stickstoffnachlieferung aus der Nettomineralisation der organisch gebundenen
Stickstoffvorräte im Boden;
- den Einträgen von Stickstoffverbindungen aus Dung;
- den Einträgen von Stickstoffverbindungen aus Mineraldünger und anderen Düngemitteln.
2. Mit diesen Maßnahmen wird sichergestellt, dass bei jedem Ackerbau- oder Tierhaltungsbetrieb die
auf den Boden ausgebrachte Dungmenge, einschließlich des von den Tieren selbst ausgebrachten
Dungs, eine bestimmte Menge pro Jahr und Hektar nicht überschreitet.
Als Höchstmenge pro Hektar gilt die Menge Dung, die 170 kg Stickstoff enthält. Jedoch
a) können die Mitgliedstaaten für das erste Vierjahresprogramm eine Dungmenge zulassen, die
bis zu 210 kg Stickstoff enthält;
b) können die Mitgliedstaaten während und nach dem ersten Vierjahresprogramm andere als die
oben genannten Mengen zulassen. Diese Mengen müssen so festgelegt werden, dass sie die
Erreichung der in Artikel 1 genannten Ziele nicht beeinträchtigen; sie sind anhand objektiver Kriterien
zu begründen, wie z. B.:
- lange Wachstumsphasen;
- Pflanzen mit hohem Stickstoffbedarf;
- hoher Nettoniederschlag in dem gefährdeten Gebiet;
- Böden mit einem außergewöhnlich hohen Denitrifikationsvermögen.
Lässt ein Mitgliedstaat nach Maßgabe des vorliegenden Buchstabens b) eine andere Menge zu,
so unterrichtet er davon die Kommission, die die Begründung nach dem in Artikel 9 festgelegten
Verfahren prüft.
...“
7.
Nach Artikel 12 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe
nachzukommen. Da die Richtlinie den Mitgliedstaaten am 19. Dezember 1991 bekannt gegeben
worden war, hatten diese sie spätestens am 19. Dezember 1993 in innerstaatliches Recht
umzusetzen.
8.
Die niederländische Regelung über Dünger und Mineralstoffe, die eine Kontrolle der Erzeugung von
Dung bewirken soll, umfasst zwei Systeme. Das eine soll den umweltgerechten Einsatz von
Düngemitteln gewährleisten. Das andere regelt Höchstmengen für die Dungerzeugung.
9.
Das erstgenannte System, das hier allein von Belang ist, beruht auf einer Besteuerung von
Mineralstoffen, dem so genannten „Mineralenaangiftesysteem“ (Mineralstofferklärungssystem, im
Folgenden: MINAS-System).
10.
Die Rechte und Pflichten unter dem MINAS-System ergeben sich aus den Artikeln 14 bis 54 der Wet
vom 27. November 1986 houdende regelen inzaken het verhandelen van meststoffen en de afvoer van
mestoverschotten (Gesetz über den Düngemittelhandel und die Entsorgung überschüssigen Düngers)
(Stbl. 1986, Nr. 590) in der geänderten Fassung des Gesetzes vom 16. September 1999 (Stbl. 1999,
Nr. 406, im Folgenden: Meststoffenwet).
11.
Das MINAS-System sieht eine Steuerung des Düngemitteleinsatzes durch „Verlustnormen“ vor. Es
soll die Stickstoff- und Phosphatverluste aus landwirtschaftlichen Betrieben in die Umwelt verringern.
Zu diesem Zweck sollen die Landwirte veranlasst werden, keine umweltschädlichen Stickstoff- oder
Phosphatverluste zu verursachen.
12.
Das MINAS-System beruht auf dem Grundsatz einer ausgeglichenen Verwendung von Stickstoff und
Phosphat durch die Landwirte. Die Stickstoff- und Phosphatausbringung in einem landwirtschaftlichen
Betrieb darf nicht höher sein als die entsorgte Menge dieser Mineralstoffe zuzüglich einer
Verlusttoleranz. Die „Verlusttoleranz“ ergibt sich aus den in der Meststoffenwet enthaltenen Stickstoff-
und Phosphatverlustnormen, die unter Umweltschutzgesichtspunkten festgelegt worden sind.
13.
Die Betriebsinhaber müssen eine Abgabe entrichten, wenn die Stickstoff- und
Phosphatausbringung in ihrem Betrieb die entsorgte Menge dieser Mineralstoffe um mehr als die
gesetzlich zugelassenen Verlustgrenzen überschreitet. Das MINAS-System erfasst die Verwendung von
Dung ebenso wie den Gebrauch anderer organischer oder künstlicher Düngemittel.
14.
In Kapitel IV Artikel 14 bis 21 der Meststoffenwet ist eine Pauschalabgabe auf Mineralstoffe
geregelt. Die Artikel 14, 15, 16 und 18 sehen vor:
„Artikel 14
(1) Auf die Ausbringung von Düngemitteln oder die Erzeugung von Dung wird von natürlichen oder
juristischen Personen oder von Zusammenschlüssen natürlicher oder juristischer Personen, die einen
Betrieb führen, eine als .Pauschalabgabe auf Mineralstoffe‘ bezeichnete Regulierungsabgabe
erhoben.
...
Artikel 15
(1) Es wird eine Abgabe auf die in Kilogramm Phosphat ausgedrückte abgabepflichtige
Düngemittelmenge in einem Kalenderjahr erhoben.
(2) Es wird eine Abgabe auf die in Kilogramm Stickstoff ausgedrückte abgabepflichtige
Düngemittelmenge in einem Kalenderjahr erhoben.
Artikel 16
Die abgabepflichtige Düngemittelmenge entspricht der Gesamtmenge der ausgebrachten
Düngemittel und des erzeugten Dungs, von der nacheinander abgezogen werden:
a) die entsorgte Dungmenge;
b) die Düngemittelaufnahme durch die Pflanzen;
c) der zulässige Düngemittelverlust.
...
Artikel 18
Die Düngemittelaufnahme durch die Pflanzen im Sinne von Artikel 16 Buchstabe b beträgt pro
Kalenderjahr und pro Hektar der durchschnittlichen in dem betreffenden Kalenderjahr zu dem Betrieb
gehörenden landwirtschaftlichen Fläche:
- 65 Kilogramm Phosphat bzw. 300 Kilogramm Stickstoff für Weideland;
- 50 Kilogramm Phosphat bzw. 125 Kilogramm Stickstoff für Ackerland.“
15.
Artikel 19 der Meststoffenwet enthält die Grenzwerte für die zulässigen Verluste. Diese Werte
werden nach einem im Gesetz festgelegten Programm schrittweise verschärft.
16.
Nach Artikel 20 Absatz 1 der Meststoffenwet in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen
Fassung belief sich die Abgabe auf 1,50 NLG pro kg Stickstoff.
17.
Die Artikel 22 bis 28 der Meststoffenwet enthalten ähnliche Regelungen in Bezug auf Abgaben auf
verfeinerte Mineralstoffe.
18.
Anhang D der Meststoffenwet nennt abschließend die Ausbringungs- und Entsorgungsmengen, die
für die Festlegung der abgabepflichtigen Stickstoff- und Phosphatmenge maßgebend sind. Die in den
ausgebrachten und entsorgten Düngemitteln enthaltenen Stickstoff- und Phosphatmengen werden
anhand des Gewichts und des tatsächlichen Stickstoff- und Phosphatgehalts der Düngemittel
bestimmt. Für die Ausbringung und Entsorgung von Dung gelten strenge Verwaltungsvorschriften.
19.
Bis 1. Januar 2001 waren bestimmte Betriebe aufgrund der Artikel 38 bis 40 der Meststoffenwet von
den genannten Abgaben und damit auch von der Erklärungspflicht ausgenommen (im Folgenden:
nicht erklärungspflichtige Betriebe). Es handelte sich dabei um bestimmte Landwirtschafts- und
Gartenbaubetriebe sowie um Betriebe mit extensiver Tierhaltung, die eine Viehdichte von weniger als
2,5 Großvieheinheiten pro Hektar und eine mengenmäßig begrenzte Düngemittelausbringung (1998
und 1999 120 kg Phosphat pro Hektar Weidefläche und 100 kg Phosphat pro Hektar Anbaufläche)
aufwiesen. Bei einer Überschreitung der genannten Ausbringungsgrenzen wurden diese Betriebe
automatisch erklärungspflichtig.
Vorverfahren
20.
Die niederländischen Behörden teilten der Kommission mit Schreiben vom 5. Januar 1994 mit, dass
sie beabsichtigten, von Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie Gebrauch zu machen und die
Aktionsprogramme nach Artikel 5 im gesamten niederländischen Gebiet durchzuführen.
21.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 legten die niederländischen Behörden ein solches
Aktionsprogramm vor. Nach diesem Schreiben und dem ihm beigefügten Text des niederländischen
Aktionsprogramms sah das Programm eine Reihe von Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie vor.
22.
Mit Schreiben vom 11. Juni 1998 teilten die niederländischen Behörden jedoch der Kommission mit,
dass das Aktionsprogramm für Trockensandböden erst im Herbst 1998 zur Verfügung stehe.
23.
Die Kommission erwiderte mit Schreiben vom 9. Juli 1998, dass die Bewertung des niederländischen
Aktionsprogramms noch andauere und eine neue Bewertung erfolge, sobald die Maßnahmen für
Trockensandböden zur Verfügung stünden.
24.
Mit Schreiben an die Kommission vom 17. Juli 1998 erläuterten die niederländischen Behörden den
von ihnen im Hinblick auf die verschiedenen Teile der Richtlinie verfolgten Ansatz und kündigten den
Erlass von Maßnahmen an, mit denen die niederländischen Rechtsvorschriften richtlinienkonform
gestaltet werden sollten.
25.
Nach Prüfung der niederländischen Umsetzungsmaßnahmen gelangte die Kommission zu der
Auffassung, dass das Königreich der Niederlande seinen Verpflichtungen aus den folgenden
Bestimmungen der Richtlinie nicht nachgekommen sei:
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffern 2 und 3 und Nummer
2,
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang II Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 sowie
- Artikel 5 Absatz 5.
26.
Die Kommission forderte daher das Königreich der Niederlande mit Schreiben vom 29. September
1998 auf, sich hierzu innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu äußern.
27.
Mit Schreiben vom 8. Oktober 1998 übermittelten die niederländischen Behörden der Kommission
gemäß Artikel 12 Absätze 1 und 3 der Richtlinie eine Liste sowie den Wortlaut der innerstaatlichen
Rechtsvorschriften, die auf dem unter die Richtlinie fallenden Gebiet erlassen worden waren.
Außerdem beantworteten sie das Mahnschreiben mit einem Schreiben vom 7. Dezember 1998 und
übermittelten der Kommission am 4. April 1999 in Ergänzung hierzu einen Entwurf zur Änderung der
Meststoffenwet.
28.
Da die Kommission die Antwort der niederländischen Behörden nicht als befriedigend ansah, gab
sie mit Schreiben vom 3. August 1999 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie das
Königreich der Niederlande aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den
Verpflichtungen aus der Richtlinie binnen zwei Monaten nach Mitteilung der Stellungnahme
nachzukommen.
29.
Mit Schreiben vom 28. September 1999 baten die niederländischen Behörden um eine
Fristverlängerung von zwei Monaten, um die mit Gründen versehene Stellungnahme zu beantworten.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 antworteten sie auf die Stellungnahme.
30.
Die Kommission hat sich in der Erwiderung für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens damit
einverstanden erklärt, dass die dem Königreich der Niederlande zur Last gelegte Vertragsverletzung
zum Zeitpunkt der Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme, d. h. zum 6. Dezember
1999, beurteilt wird. Damit ist dieses Datum für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens als das Ende
der Frist anzusehen, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war.
31.
Da die Kommission die Antwort der niederländischen Behörden auf die mit Gründen versehene
Stellungnahme für unbefriedigend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Die Klage
32.
Die Kommission stützt ihre Klage auf sechs Klagegründe. Sie hat allerdings in der mündlichen
Verhandlung auf die Geltendmachung des zweiten Klagegrundes verzichtet, so dass dieser nicht mehr
zu prüfen ist.
33.
Vor der Prüfung der verbleibenden Klagegründe ist zunächst auf die in der Richtlinie
vorgeschriebene Abfolge der Regelungen einzugehen.
34.
Aus den Artikeln 3 Absätze 1 und 2 und 5 der Richtlinie in Verbindung mit deren Anhang III ergibt
sich, dass die Mitgliedstaaten u. a. folgende Verpflichtungen zu erfüllen haben:
- Nicht nur das zum menschlichen Gebrauch bestimmte Wasser, sondern sämtliche Binnengewässer
sowie das Grundwasser sind, wenn sie mehr als 50 mg/l Nitrat enthalten oder enthalten könnten, als
Gewässer auszuweisen, die von Verunreinigung betroffen sind oder betroffen werden könnten, falls
keine Maßnahmen nach Artikel 5 der Richtlinie ergriffen werden (Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit
Anhang I).
- Bis spätestens 20. Dezember 1993 haben sie alle in ihrem Gebiet bekannten Flächen, die in nach
Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie als von Verunreinigung betroffen oder möglicherweise von
Verunreinigung betroffen ausgewiesene Gewässer entwässern, als gefährdete Gebiete auszuweisen
(Artikel 3 Absatz 2) oder sich dafür zu entscheiden, die Aktionsprogramme nach Artikel 5 der Richtlinie
in ihrem gesamten Gebiet aufzustellen und durchzuführen (Artikel 3 Absatz 5).
- Bis spätestens 20. Dezember 1993 sind Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft
aufzustellen (Artikel 4 Absatz 1).
- Bis spätestens 20. Dezember 1995 haben die Mitgliedstaaten das erste vierjährige
Aktionsprogramm zur Verringerung der Gewässerverunreinigung durch Nitrat und zur Vorbeugung
gegen weitere Gewässerverunreinigung dieser Art aufzustellen (Artikel 5). Am 20. Dezember 1995
müssen grundsätzlich alle in Anhang III genannten Maßnahmen erlassen sein.
- Bis spätestens 20. Dezember 1999 ist das zweite vierjährige Aktionsprogramm aufzustellen.
Vorbringen der Parteien
35.
Mit dem ersten Klagegrund macht die Kommission geltend, das Königreich der Niederlande habe es
versäumt, in sein Aktionsprogramm zwingende Vorschriften aufzunehmen, nach denen das
Fassungsvermögen der Behälter zur Lagerung von Dung in jedem Ackerbau- oder Tierhaltungsbetrieb
größer sein müsse als die erforderliche Kapazität für die Lagerung während des längsten Zeitraums,
in dem das Ausbringen von Dung in den Niederlanden verboten sei. Insoweit sei es ohne Bedeutung,
dass die Lagerkapazität auf nationaler oder regionaler Ebene oder in einem einzelnen Sektor
insgesamt ausreiche, da nur die Lagerkapazität in den einzelnen Betrieben maßgeblich sei.
36.
Erst wenn die niederländischen Behörden verbindliche Rechtsvorschriften über die
Mindestlagerkapazität in den einzelnen Betrieben aufgestellt hätten, könnten sie im Einzelfall
Betrieben, die nachgewiesen hätten, dass überschüssige Dungmengen umweltgerecht entsorgt
würden, gemäß Anhang III Nummer 1 Ziffer 2 a. E. der Richtlinie die Verwendung von Behältern mit
einer geringeren Lagerkapazität gestatten.
37.
Die niederländischen Behörden hätten jedenfalls in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene
Stellungnahme eingeräumt, dass ihre Rechtsvorschriften nicht Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in
Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffer 2 der Richtlinie genügten, und die Aufnahme eines neuen
Artikels in die Meststoffenwet angekündigt, der als Rechtsgrundlage für den Erlass einer Verordnung
bestimmt gewesen sei, mit der die Betriebe verpflichtet werden sollten, eine Mindestlagerkapazität für
einen Zeitraum von sechs Monaten vorzuhalten. Die geplante Änderung der Meststoffenwet und der
Erlass der Verordnung hätten am 6. Dezember 1999 jedoch noch immer ausgestanden.
38.
Die niederländische Regierung verweist auf das niederländische System zur Beseitigung
überschüssiger Dungmengen und macht geltend, auf nationaler Ebene sei eine Gesamtkapazität für
die Dunglagerung verfügbar, die wesentlich größer sei als die erforderliche Kapazität zur Lagerung von
Dung während des längsten Zeitraums, in dem das Ausbringen von Dung verboten sei, der sich in den
Niederlanden vom 1. September bis zum 1. Februar erstrecke und damit fünf Monate betrage.
Außerdem sei die gesamte anfallende Dungmenge aufgrund der Maßnahmen zur Verringerung des
Viehbestands und der Dungerzeugung zurückgegangen. Je größer die von einem Betrieb entsorgten
Dungmengen seien, desto geringer sei auch das Risiko einer Besteuerung nach dem MINAS-System.
Schließlich führe die Anwendung der gesamten nationalen Rechtsvorschriften unmittelbar dazu, dass
in einem Betrieb anfallende Dungmengen, die keine Verwendung fänden oder nicht gelagert werden
könnten, von dem Betrieb umweltgerecht entsorgt würden.
39.
Die niederländische Regierung wendet sich gegen die Auffassung der Kommission, nach der das
Fassungsvermögen der Lagerungsbehälter gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit
Anhang III Nummer 1 Ziffer 2 der Richtlinie zwingend durch eine ausdrückliche, besondere und
selbständige gesetzliche Maßnahme geregelt werden müsse. In den Niederlanden bestünden
zwingende Rechtsvorschriften, die ein ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie im Hinblick auf das
Fassungsvermögen der Behälter zur Lagerung von Dung sicherstellten.
40.
Die niederländische Regierung vertritt daher die Auffassung, dass die Niederlande am 6. Dezember
1999 über die erforderliche Lagerkapazität für Dung verfügt hätten und die damals bestehenden
niederländischen Rechtsvorschriften die mit der Richtlinie angestrebte Wirkung entfaltet hätten. In
Bezug auf das der Kommission im Vorverfahren mitgeteilte Gesetzesänderungsvorhaben trägt die
niederländische Regierung vor, sie habe beschlossen, künftig eine neue Politik anzuwenden, um die
einzelnen Tierhalter für die Kapazität zur Lagerung des in ihrem Betrieb erzeugten Dungs
verantwortlich zu machen. Die Änderung der Meststoffenwet sei im Dezember 2000 verabschiedet und
veröffentlicht sowie der Kommission mit Schreiben vom 22. März 2001 mitgeteilt worden; im zweiten
Halbjahr 2001 werde eine auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassene Verordnung in Kraft treten,
die die Tierhalter verpflichte, Lagerkapazitäten für die in ihrem Betrieb während sechs Monaten
anfallende Dungmenge vorzuhalten, soweit sie nicht nachgewiesen hätten, dass Dungmengen, die
nicht gelagert werden könnten, umweltgerecht entsorgt würden.
Würdigung durch den Gerichtshof
41.
Die Richtlinie soll die erforderlichen Mittel bereitstellen, um den Schutz der Gewässer vor der
Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen in der Gemeinschaft sicherzustellen
(Urteile vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-293/97, Standley u. a., Slg. 1999, I-2603, Randnr. 39,
und vom 14. März 2002 in der Rechtssache C-161/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-2753,
Randnr. 42).
42.
So sind die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet, gefährdete Gebiete auszuweisen (Artikel
3), die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft zu fördern (Artikel 4) und insbesondere
Aktionsprogramme zur Verringerung der in diesen Gebieten durch Stickstoffverbindungen
verursachten Gewässerverunreinigung durchzuführen (Artikel 5).
43.
Wie aus der elften Begründungserwägung der Richtlinie hervorgeht, müssen solche
Aktionsprogramme Maßnahmen umfassen, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von
stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen begrenzt wird und insbesondere
spezifische Grenzwerte für das Ausbringen von Dung festgelegt werden.
44.
Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie müssen diese Aktionsprogramme, deren
Durchführung den Mitgliedstaaten obliegt, bestimmte verbindlich vorgeschriebene Maßnahmen
enthalten, die in Anhang III der Richtlinie aufgeführt sind.
45.
Diese verbindlich vorgeschriebenen Maßnahmen umfassen gemäß Anhang III Nummer 1 Ziffer 2 der
Richtlinie u. a. Vorschriften über das Fassungsvermögen von Behältern zur Lagerung von Dung. Nach
dieser Bestimmung muss das Fassungsvermögen solcher Behälter größer sein als die erforderliche
Kapazität für die Lagerung von Dung während des längsten Zeitraums, in dem das Ausbringen von
Dung in den gefährdeten Gebieten verboten ist, es sei denn, der zuständigen Behörde gegenüber
kann nachgewiesen werden, dass die das gegebene Fassungsvermögen übersteigende Menge
umweltgerecht entsorgt wird.
46.
Auch wenn die Richtlinie den Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum bei den
genauen Modalitäten der Durchführung dieser Bestimmung belässt, ändert dies nichts an der
Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Ziele der Richtlinie und insbesondere des Zieles,
dass bei jedem Ackerbau- oder Tierhaltungsbetrieb die auf den Boden ausgebrachte Dungmenge
einschließlich des von den Tieren selbst ausgebrachten Dungs eine bestimmte Menge pro Jahr und
Hektar nicht überschreitet.
47.
Folglich ist - wie die Kommission vorgetragen hat - der letzte Satzteil in Anhang III Nummer 1 Ziffer 2
der Richtlinie so auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, sich der ihnen nach der
Richtlinie auferlegten Verpflichtung zum Erlass verbindlicher Rechts- und Verwaltungsvorschriften über
die Lagerkapazität für Dung in den einzelnen Betrieben zu entziehen, sondern ihnen lediglich die
Möglichkeit gibt, im Einzelfall bestimmten Betrieben Abweichungen von den in diesen Bestimmungen
enthaltenen Mindestvorschriften zu gestatten, wenn nachgewiesen ist, dass Dungmengen, die nicht
im Betrieb gelagert werden können, umweltgerecht entsorgt werden.
48.
Dem Vorbringen der niederländischen Regierung, die Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten nicht
zum Erlass verbindlicher Vorschriften, um den Erfordernissen des Anhangs III Nummer 1 Ziffer 2 zu
genügen, kann somit nicht gefolgt werden. Unvollständige Regelungen können die Verpflichtung eines
Mitgliedstaats zur Aufstellung eines Aktionsprogramms mit verbindlich vorgeschriebenen Maßnahmen
zur Erreichung der in der Richtlinie aufgestellten Ziele nicht erfüllen (in diesem Sinne Urteil vom 8.
März 2001 in der Rechtssache C-266/99, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-1981, Randnr. 30).
49.
Auch der Hinweis, dass ein Betrieb, der die entsprechenden Voraussetzungen nicht einhält, nach
dem MINAS-System zur Entrichtung einer Abgabe verpflichtet sein könnte, reicht nicht aus, um
darzutun, dass überschüssige Dungmengen im Sinne der genannten Bestimmung umweltgerecht
entsorgt werden. Die Erhebung einer solchen Abgabe beseitigt nämlich nicht den Verstoß gegen die
Verpflichtung aus der Richtlinie; sie belegt vielmehr, dass die Gewässerverschmutzung, die durch die
Richtlinie verhindert werden soll, tatsächlich eingetreten ist.
50.
Was die geplante Änderung der Meststoffenwet und Verabschiedung einer Verordnung über die
Lagerkapazität für Dung angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer
Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist
befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene
Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteile vom 8. November
2001 in der Rechtssache C-127/99, Kommission/Italien, Slg. 2001, I-8305, Randnr. 38, und vom 16.
Januar 2003 in der Rechtssache C-122/02, Kommission/Belgien, Slg. 2003, I-833, Randnr. 11).
51.
Da die von der niederländischen Regierung angekündigte Verordnung nicht vor Ablauf der in der
mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist erlassen worden ist, braucht nicht geprüft zu
werden, ob sie als ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtungen aus Anhang III Nummer 1 Ziffer 2
der Richtlinie angesehen werden könnte.
52.
Der erste Klagegrund der Kommission erweist sich damit als begründet.
53.
Mit ihrem dritten Klagegrund macht die Kommission geltend, das niederländische Aktionsprogramm
enthalte keine Vorschriften zur Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln, die auf ein
Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und deren
Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der Düngung ausgerichtet seien. Dieser Klagegrund
besteht aus fünf Teilen:
- Unvereinbarkeit eines auf Verlustnormen basierenden Systems mit der Richtlinie,
- unangemessene Höhe der Verlustnormen,
- Unvereinbarkeit der Höhe der Regulierungsabgabe auf Mineralstoffe mit der Richtlinie,
- mangelnde Berücksichtigung der Nettomineralisation der organisch gebundenen Stickstoffvorräte
im Boden und
- mangelnde Berücksichtigung der Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende
Bodenorganismen.
Zur Unvereinbarkeit des Systems und der Höhe der Verlustnormen sowie der Höhe der Abgaben bei
Überschreitung dieser Normen mit der Richtlinie
- Vorbringen der Parteien
54.
Im ersten Teil des dritten Klagegrundes macht die Kommission geltend, die Richtlinie verlange, dass
die Aktionsprogramme Vorschriften zur Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln enthalten
müssten. Nach Auffassung der Kommission müssen diese Vorschriften „Eintragungs- oder
Verwendungsnormen“ umfassen, d. h. Normen, mit denen Höchstmengen für Düngemittel festgelegt
würden, die auf den Böden ausgebracht werden dürften. Diese Höchstmengen müssten auf einem
Gleichgewicht zwischen Stickstoffein- und -austrägen beruhen.
55.
Die niederländischen Rechtsvorschriften seien nicht mit der Richtlinie vereinbar, da sie keine
Verwendungs-, sondern Verlustnormen enthielten. Nach dem MINAS-System hätten die
Betriebsinhaber Erklärungen über die im Betrieb ausgebrachte und über die entsorgte
Mineralstoffmenge abzugeben, wobei die Differenz zwischen den beiden Werten (der „Verlust“)
bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfe, wenn der Betriebsinhaber eine Abgabe vermeiden
wolle.
56.
Die Kommission macht geltend, das MINAS-System beruhe im Wesentlichen auf einer
Datenerfassung auf der Ebene des einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes, während die Richtlinie
Verwendungsnormen vorsehe, die anhand der Besonderheiten jeder einzelnen Fläche eines Betriebes
festzulegen seien, wobei beispielsweise die Art der Bepflanzung und des Bodens berücksichtigt
werden müsse.
57.
Im zweiten Teil des dritten Klagegrundes, der sich auf die Höhe der Verlustnormen bezieht, trägt die
Kommission vor, selbst wenn solche Normen nach der Richtlinie zulässig wären, seien sie auf jeden Fall
zu hoch angesetzt. Sie erlaubten eine erhebliche Differenz zwischen den ausgebrachten und den
entsorgten Mengen, ohne dass eine Sanktion in Form einer Abgabe verhängt würde. Die in Aussicht
genommene Änderung der Meststoffenwet sehe eine Herabsetzung der zugelassenen Verluste vor,
die jedoch nicht ausreiche.
58.
Im dritten Teil des dritten Klagegrundes, der die Höhe der Abgaben bei Überschreitung der
Verlustnormen betrifft, macht die Kommission geltend, mit dem erhobenen Betrag werde das von der
Richtlinie angestrebte Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und
der Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der Düngung nicht gesichert, da der
Betriebsinhaber sich dafür entscheiden könne, die Abgabe zu zahlen anstatt die vorgeschriebenen
Normen einzuhalten. Während des ersten vierjährigen Aktionsprogramms seien die Abgaben nicht
hoch genug gewesen, um die Einhaltung der Vorschriften der Richtlinie sicherzustellen, und auch am
6. Dezember 1999 hätten sie keinerlei Abschreckungswirkung gehabt. Die Kommission habe aus den
betreffenden Bereichen der niederländischen Landwirtschaft Informationen erhalten, nach denen
mindestens 10 % der befragten Betriebsinhaber es vorzögen, die Abgabe zu zahlen anstatt die
vorgeschriebenen Normen einzuhalten, da die Abgabe nur unwesentlich höher sei als die
Transportkosten. Die Kommission weist darauf hin, dass eine Erhöhung der Abgaben erst ab 1. Januar
2002 vorgesehen sei.
59.
Gegenüber dem ersten Teil des dritten Klagegrundes erhebt die niederländische Regierung die
Einrede der Unzulässigkeit, da er erstmals in der Klageschrift vorgebracht worden sei, während sich
die Kommission im Vorverfahren darauf beschränkt habe, die Höhe der Verlustnormen zu
beanstanden.
60.
In materiell-rechtlicher Hinsicht macht die niederländische Regierung geltend, die in Anhang III
Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie vorgeschriebene Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln
könne auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. Die Anwendung von Verlustnormen stelle eine
zulässige Methode der Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln dar.
61.
Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie sehe zwei Bezugspunkte für die Normen zur Begrenzung
des Ausbringens von Düngemitteln vor, nämlich den Stickstoffeintrag und das Gleichgewicht zwischen
Stickstoffversorgung und Stickstoffbedarf. Die niederländische Regelung beruhe auf dem zweiten
Bezugspunkt. Die Verlustnormen stellten nämlich einen guten Maßstab dar, um die Belastung der
Umwelt durch Stickstoffverbindungen zu ermitteln, und seien auch geeignet, die Einhaltung der Ziele
der Richtlinie zu gewährleisten.
62.
Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes, mit dem die Höhe der Verlustnormen beanstandet wird,
trägt die niederländische Regierung vor, Stickstoffverluste ließen sich in der Landwirtschaft nicht völlig
vermeiden und würden auch von der Richtlinie gestattet. Dies ergebe sich u. a. aus Anhang II Punkt A
Ziffer 6 der Richtlinie, in dem Verfahren für das Ausbringen von Mineraldünger und Dung
vorgeschrieben würden, bei denen die Nährstoffverluste in die Gewässer auf ein annehmbares Maß
beschränkt würden.
63.
Jedenfalls hätten die niederländischen Behörden auf die mit Gründen versehene Stellungnahme hin
die Entscheidung getroffen, die Durchführung des gesetzgeberischen Programms zur Verschärfung
der Verlustnormen zu beschleunigen, so dass die verschärften Normen, die an sich erst für 2008
vorgesehen wären, bereits 2003 in Kraft träten.
64.
In Bezug auf den dritten Teil des dritten Klagegrundes, der sich auf das System der Abgaben
bezieht, erläutert die niederländische Regierung die verschiedenen Abgabensätze und macht geltend,
dass die bei Überschreitung der Verlustnormen verhängten Abgaben für die Erreichung des mit der
Richtlinie verfolgten Zieles wirkungsvoller seien als straf- oder verwaltungsrechtliche Sanktionen.
Außerdem sei eine Erhöhung der Abgaben auf Stickstoff und Phosphat vorgesehen, die am 1. Januar
2002 in Kraft trete und sicherstelle, dass überschüssige Düngemittel von den Betrieben entsorgt
würden und keine Überschreitung der Verlustnormen eintrete.
- Würdigung durch den Gerichtshof
65.
Zu der von der niederländischen Regierung erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des ersten Teils
des dritten Klagegrundes ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand der nach Artikel 226 EG
erhobenen Klage nach ständiger Rechtsprechung durch das in dieser Vorschrift vorgesehene
vorprozessuale Verfahren umschrieben wird, so dass die mit Gründen versehene Stellungnahme und
die Klage auf dieselben Rügen gestützt werden müssen (vgl. Urteile vom 20. Juni 2002 in der
Rechtssache C-287/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-5811, Randnr. 18, und vom 11. Juli 2002
in der Rechtssache C-139/00, Kommission/Spanien, Slg. 2002, I-6407, Randnr. 18).
66.
Dieses Erfordernis kann jedoch nicht so weit gehen, dass in jedem Fall eine völlige
Übereinstimmung zwischen der Darstellung des Streitgegenstands in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme und in den Anträgen in der Klageschrift bestehen muss, sofern nur der
Streitgegenstand nicht erweitert oder geändert worden ist (in diesem Sinne Urteile vom 16.
September 1997 in den Rechtssachen C-279/94, Kommission/Italien, Slg. 1997, I-4743, Randnr. 25,
und Kommission/Spanien, Randnr. 19).
67.
Vorliegend ergibt sich bei einer Prüfung der Akten, dass die Kommission den Streitgegenstand, wie
er in der mit Gründen versehenen Stellungnahme umschrieben ist, weder geändert noch erweitert
hat.
68.
Aus der mit Gründen versehenen Stellungnahme geht nämlich eindeutig hervor, dass die
Kommission dem Königreich der Niederlande u. a. vorwirft, dass es in seinem Aktionsprogramm keine
Maßnahmen vorgesehen habe, die sicherstellen, dass die Begrenzung des Ausbringens von
Düngemitteln auf einem Gleichgewicht beruht, und dass die Meststoffenwet - und damit auch das
MINAS-System - durch die Gestattung von Verlusten gegen das in der Richtlinie aufgestellte
Gleichgewichtserfordernis verstößt.
69.
Zwar werden die Argumente zu diesem Teil des dritten Klagegrundes in der Klageschrift etwas
anders dargestellt als in der mit Gründen versehenen Stellungnahme; das ändert jedoch nichts
daran, dass die Kommission gegenüber dem Königreich der Niederlande nach wie vor den Vorwurf
erhebt, das System der Meststoffenwet beruhe nicht auf einem Gleichgewicht zwischen dem
Stickstoffbedarf und den Stickstoffeinträgen und gestatte Stickstoffverluste in die Umwelt.
70.
Die von der niederländischen Regierung erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher
zurückzuweisen.
71.
In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen der Aktionsprogramme
gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie
Vorschriften zur Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln umfassen müssen, die auf ein
Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und deren
Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der Düngung ausgerichtet sind.
72.
Nach Anhang III Nummer 2 der Richtlinie muss mit den Maßnahmen sichergestellt werden, dass die
ausgebrachte Dungmenge eine bestimmte Menge pro Jahr und Hektar nicht überschreitet. Da zu den
ausgebrachten Düngemitteln nach Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie auch Dung zählt, kann dieses
Erfordernis nur mit Hilfe von Normen über die Verwendung von Düngemitteln eingehalten werden.
Verlustnormen wie im MINAS-System vorgesehen können das Ausbringen von Düngemitteln nur
indirekt begrenzen, erlauben jedoch nicht die Begrenzung der Verwendung eines bestimmten
Düngemittels.
73.
Diese Auslegung von Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie wird im Übrigen durch das - in
Randnummer 41 des vorliegenden Urteils wiedergegebene - Ziel der Richtlinie bestätigt, die die
notwendigen Mittel bereitstellen soll, um den Schutz der Gewässer vor der Verunreinigung durch Nitrat
aus landwirtschaftlichen Quellen in der Gemeinschaft sicherzustellen.
74.
Verwendungsnormen, wie sie die Richtlinie verlangt, werden nämlich bereits im Vorfeld wirksam und
erweisen sich als notwendig, um die Verunreinigung zu verringern und weiteren Verunreinigungen
vorzubeugen, während die nach dem MINAS-System vorgesehenen Verlustnormen erst in einer
späteren Phase des Stickstoffzyklus eingreifen, so dass jede Überschreitung dieser Normen
zwangsläufig eine Verunreinigung mit sich bringt.
75.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Umweltbeeinträchtigungen nach Artikel 174 Absatz 2 EG mit
Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen sind. Im Kontext der Richtlinie bedeutet das, dass
Stickstoffeinträge soweit wie möglich verringert werden müssen, was ebenfalls die Festlegung von
Verwendungsnormen rechtfertigt. Verlustnormen wie im MINAS-System vorgesehen sind insoweit auch
dann nicht ausreichend, wenn bei ihrer Überschreitung Abgaben zu entrichten sind.
76.
Somit ist der erste Teil des dritten Klagegrundes begründet.
77.
Dass in den Niederlanden nach Darstellung der niederländischen Regierung zum 1. Januar 2002
Eintragungsnormen in Kraft treten sollten, ändert aus den in Randnummer 50 des vorliegenden Urteils
wiedergegebenen Gründen nichts an der vorstehenden Beurteilung.
78.
Da sich der erste Teil des dritten Klagegrundes als begründet erwiesen hat, sind der zweite und der
dritte Teil dieses Klagegrundes gegenstandslos geworden. Ist nämlich die Aufstellung von
Verlustnormen, wie sie im MINAS-System erfolgt, nicht mit der Richtlinie vereinbar, so kommt es nicht
darauf an, ob die Normen in diesem System zu hoch angesetzt sind oder ob die Abgabe bei
Überschreitung der Normen zu niedrig ist.
Zur mangelnden Berücksichtigung der Nettomineralisation der organisch gebundenen
Stickstoffvorräte im Boden
- Vorbringen der Parteien
79.
Mit dem vierten Teil des dritten Klagegrundes macht die Kommission geltend, die Meststoffenwet
schreibe nicht zwingend vor, dass der Betriebsinhaber die Stickstoffnachlieferung aus der
Nettomineralisation der organisch gebundenen Stickstoffvorräte im Boden zu berücksichtigen habe;
dies sei unvereinbar mit der Richtlinie, die den entsprechenden Wert ausdrücklich in Anhang III
Nummer 1 Ziffer 3 Buchstabe ii zweiter Gedankenstrich erwähne.
80.
Die Nettomineralisation sei definiert als Stickstofffreisetzung infolge des Abbaus von organisch
gebundenen Stickstoffvorräten im Boden einschließlich des Abbaus von Düngemitteln, die in den
vorangegangenen zwei oder drei Jahren in den Boden eingebracht worden seien. Die
Nettomineralisation betreffe nicht nur die Spätfolgen der Düngemittelausbringung, sondern erfasse
auch den Stickstoffeintrag aufgrund der Eigenmineralisierung des Bodens, der eine erhebliche Rolle
spielen könne.
81.
Das MINAS-System beruhe auf den Verlusten auf der Ebene des einzelnen Betriebes und
berücksichtige nur die gesamte Nettomineralisation des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes. Die
Richtlinie knüpfe dagegen insbesondere bei der Bilanz, auf deren Grundlage gemäß Anhang III
Nummer 1 Ziffer 3 die Verwendungsnormen festzulegen seien, auch im Hinblick auf die
Nettomineralisation an die einzelne landwirtschaftliche Fläche an. In der Bilanz seien für jede Fläche
die Stickstoffein- und -austräge zu ermitteln. Dabei spiele die Art der verwendeten Düngemittel und
der angebauten Pflanzen auch im Hinblick auf die Nettomineralisation offensichtlich eine wesentliche
Rolle.
82.
Im Ergebnis vertritt die Kommission die Auffassung, dass bei der Erstellung der Bilanz, auf deren
Grundlage gemäß Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie die Verwendungsnormen festzulegen
seien, die Nettomineralisation auf der Ebene der einzelnen landwirtschaftlichen Fläche herangezogen
werden müsse. Da dies in den Niederlanden noch nicht vorgesehen sei, sei die niederländische
Regelung insoweit mit der Richtlinie unvereinbar.
83.
Die niederländische Regierung trägt vor, die Nettomineralisation entspreche der Differenz zwischen
dem Rückgang der organisch gebundenen Stickstoffvorräte und der Einbringung neuer organisch
gebundener Stickstoffvorräte. In den meisten niederländischen Landwirtschaftsbetrieben entspreche
die Einbringung dem Rückgang, so dass die Nettomineralisation bei null liege. In diesem Fall bestehe
kein Anlass, die Nettomineralisation in der Betriebsbilanz der Ein- und Austräge gesondert zu
berücksichtigen. Die Mineralisation infolge der in früheren Jahren ausgebrachten Düngung werde im
MINAS-System vollauf berücksichtigt.
- Würdigung durch den Gerichtshof
84.
Wie bereits in Randnummer 71 des vorliegenden Urteils festgestellt, ergibt sich aus Artikel 5 Absatz
4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie, dass die Maßnahmen der
Aktionsprogramme Vorschriften zur Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln umfassen müssen,
die auf ein Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und deren
Stickstoffversorgung aus dem Boden und der Düngung ausgerichtet sind, wobei diese Vorschriften in
Form von Verwendungsnormen ergehen müssen.
85.
Bei der Bestimmung dieses Gleichgewichts, dem bei der Festlegung der Verwendungsnormen
entscheidende Bedeutung zukommt, haben die Mitgliedstaaten gemäß Anhang III Nummer 1 Ziffer 3
Buchstabe ii zweiter Gedankenstrich der Richtlinie insbesondere die Stickstoffnachlieferung aus der
Nettomineralisation der organisch gebundenen Stickstoffvorräte im Boden zu berücksichtigen.
86.
Vorliegend hat die Kommission ohne Widerspruch seitens der niederländischen Regierung
festgestellt, dass die einschlägigen niederländischen Rechtsvorschriften und insbesondere die
Meststoffenwet keine verbindliche Verpflichtung des Betriebsinhabers vorsehen, bei der Bestimmung
des Gleichgewichts, auf das die Verwendungsnormen zur Begrenzung der Düngemittelausbringung
gemäß Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie gestützt sein müssen, die Nettomineralisation zu
berücksichtigen.
87.
Die niederländische Regierung hat insoweit lediglich auf der Grundlage einer engen Definition der
möglichen Ursachen der Mineralisation geltend gemacht, dass die Nettomineralisation in den meisten
niederländischen Landwirtschaftsbetrieben bei null liege und dass die Folgen der in den früheren
Jahren ausgebrachten Düngung im MINAS-System vollauf berücksichtigt würden.
88.
Angesichts der maßgebenden Bedeutung, die dem in Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie
bezeichneten Gleichgewicht bei der Aufstellung von Regeln zur Begrenzung der
Düngemittelausbringung zukommt, liegt es auf der Hand, dass ein solches Argument nicht ausreicht,
um das unbestrittene Fehlen zwingender Vorschriften über die Berücksichtigung der
Nettomineralisation zu rechtfertigen.
89.
Was das MINAS-System angeht, so folgt aus den Randnummern 71 bis 75 des vorliegenden Urteils,
dass die darin vorgesehenen Verlustnormen nicht geeignet sind, den Erfordernissen nach Anhang III
Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie zu genügen.
90.
Damit ist auch der vierte Teil des dritten Klagegrundes begründet.
Zur mangelnden Berücksichtigung der Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende
Bodenorganismen
- Vorbringen der Parteien
91.
In Bezug auf das Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und
deren Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der Düngung macht die Kommission im fünften
Teil des dritten Klagegrundes geltend, die nationalen Vorschriften im Sinne von Anhang III Nummer 1
Ziffer 3 der Richtlinie müssten vorsehen, dass bei der Erstellung der in dieser Bestimmung geregelten
Bilanz auch die Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende Bodenorganismen zu berücksichtigen
sei, die bei vielen landwirtschaftlichen Flächen in den Niederlanden eine wesentliche Rolle für die
Stickstoffversorgung spielten. Bei diesen Organismen handele es sich um Bakterien in den Wurzeln
bestimmter Pflanzen wie etwa der Schmetterlingsblütler, die Stickstoff aus der Luft aufnehmen
könnten und auf diese Weise die Stickstoffversorgung der Pflanze sicherten. Wegen ihrer Fähigkeit zur
Stickstoffbindung hätten die Schmetterlingsblütler einen beschränkten Stickstoffbedarf, was gemäß
Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 Buchstabe i der Richtlinie berücksichtigt werden müsse.
92.
Die niederländische Regierung lehnt die von der Kommission vorgeschlagene Auslegung von
Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie hinsichtlich der Erforderlichkeit der Berücksichtigung der
Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende Bodenorganismen ab.
93.
Jedenfalls habe die Stickstoffbindung durch die Schmetterlingsblütler am 6. Dezember 1999 für das
MINAS-System noch keine Rolle gespielt. Diese Pflanzen würden hauptsächlich in Betrieben angebaut,
die 1999 unter die allgemeine Ausnahme von der Erklärungspflicht gefallen seien. Im Übrigen werde
zurzeit eine Änderung der Meststoffenwet geprüft, nach der die Stickstoffbindung durch
Schmetterlingsblütler als Stickstoffeintrag berücksichtigt werden solle.
- Würdigung durch den Gerichtshof
94.
Bei der Bestimmung des Gleichgewichts nach Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie müssen
sämtliche Stickstoffein- und -austräge berücksichtigt werden. Da die Schmetterlingsblütler Stickstoff
binden können, sind sie nach der Richtlinie zu berücksichtigen.
95.
Das Argument der niederländischen Regierung, dass die Stickstoffbindung durch
Schmetterlingsblütler in den Rinderhaltungsbetrieben in den Niederlanden im Allgemeinen nur eine
untergeordnete Rolle spiele und diese Pflanzen hauptsächlich in Betrieben angebaut würden, die
nicht unter das MINAS-System fielen, reicht nicht aus, um darzutun, dass bei der Bestimmung des
Gleichgewichts die Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende Bodenorganismen
unberücksichtigt bleiben kann.
96.
Sowohl aus der Antwort der niederländischen Behörden auf die mit Gründen versehene
Stellungnahme als auch aus den Erklärungen der niederländischen Regierung vor dem Gerichtshof
geht hervor, dass die niederländische Regelung, wie sie bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme gesetzten Frist galt, bei der Bestimmung des Gleichgewichts zwischen dem
voraussichtlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen und deren Stickstoffversorgung aus dem Boden und
aus der Düngung die Stickstoffnachlieferung durch stickstoffbindende Bodenorganismen wie die
Bakterien in den Wurzeln der Schmetterlingsblütler nicht berücksichtigte und dass es dafür einer
Änderung der Meststoffenwet bedurfte. Da diese Änderung am 6. Dezember 1999 noch nicht in Kraft
getreten war, ist auch der fünfte Teil des dritten Klagegrundes begründet.
97.
Nach alledem ist festzustellen, dass der dritte Klagegrund insgesamt begründet ist.
Vorbringen der Parteien
98.
Mit ihrem vierten Klagegrund wirft die Kommission dem Königreich der Niederlande vor, es habe in
seinem Aktionsplan keine Maßnahmen vorgesehen, mit denen sichergestellt werde, dass die
ausgebrachte Dungmenge pro Jahr und Hektar nicht die von der Richtlinie zugelassene Menge
überschreite. In diesem Zusammenhang befassen sich sowohl die Kommission wie auch die
niederländische Regierung getrennt mit der Regelung für die einer Erklärungspflicht unterliegenden
Betriebe, für die das MINAS-System gilt, sowie mit der Regelung für die nicht erklärungspflichtigen
Betriebe, für die dieses System nicht gilt.
- Erklärungspflichtige Betriebe
99.
Nach Auffassung der Kommission muss mit den Maßnahmen der Aktionsprogramme sichergestellt
werden, dass bei jedem Ackerbau- oder Tierhaltungsbetrieb die auf dem Boden ausgebrachte
Dungmenge eine bestimmte Menge pro Hektar und Jahr nicht überschreitet. Während die
Mitgliedstaaten nach dem ersten vierjährigen Aktionsprogramm, das spätestens bis 20. Dezember
1995 aufzustellen gewesen sei, für das Ausbringen von Dung noch eine Verwendungsnorm in Höhe
von 210 kg Stickstoff pro Hektar hätten vorsehen dürfen, seien sie ab dem zweiten vierjährigen
Aktionsprogramm, das spätestens bis 20. Dezember 1999 hätte aufgestellt werden müssen,
verpflichtet gewesen, diese Norm auf 170 kg Stickstoff pro Hektar herabzusetzen.
100.
Für erklärungspflichtige Betriebe seien die Bestimmungen des MINAS-Systems die Maßnahmen zur
Umsetzung von Anhang III Nummer 2 der Richtlinie in niederländisches Recht. Nach Auffassung der
Kommission lässt sich dieses System jedoch nicht mit der Richtlinie vereinbaren, die
Verwendungsnormen auf der Grundlage eines Gleichgewichts zwischen Stickstoffein- und -austrägen
verlange. Die Verlustnormen des MINAS-Systems beruhten nicht auf einem solchen Gleichgewicht, da
erhebliche strukturelle Verluste zugelassen seien. Außerdem enthalte das MINAS-System Normen, die
in Phosphatmengen und nicht in Stickstoffmengen ausgedrückt seien, wie das die Richtlinie verlange.
Wenn das Königreich der Niederlande die Verlustnormen des MINAS-Systems anwende, führe dies zu
einer erheblichen Überschreitung der zulässigen Stickstoffmenge aus Dung.
101.
Im Hinblick auf die verschärften Verlustnormen, die die niederländischen Behörden auf die mit
Gründen versehene Stellungnahme hin in Aussicht gestellt hatten, und auf die geplante Einführung
von Verwendungsnormen macht die Kommission geltend, dass diese Bestimmungen noch nicht in die
nationalen Rechtsvorschriften aufgenommen worden seien und dass sie bei Ablauf der in der mit
Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht in Kraft gewesen seien, so dass sie bei der
Prüfung der gerügten Vertragsverletzung nicht zu berücksichtigen seien.
102.
Die niederländische Regierung betont zunächst, dass zur Erfüllung der Voraussetzungen aus
Anhang III Nummer 2 der Richtlinie verschiedene Systeme denkbar seien, zu denen auch das MINAS-
System gehöre. Anhang III Nummer 2 der Richtlinie solle lediglich die Wirkung aufzeigen, die die in den
Aktionsprogrammen vorgesehenen Maßnahmen zu entfalten hätten; entgegen dem Vorbringen der
Kommission verpflichte die Bestimmung die Mitgliedstaaten nicht zum Erlass von Verwendungsnormen.
103.
Die Verwendung von Dung werde in den Niederlanden durch Phosphatnormen geregelt, durch die
die Ausbringung von Dung und folglich die Stickstoffmenge begrenzt werde, die mit den Düngemitteln
ausgebracht oder in den Boden eingebracht werden könne. Die Phosphatnormen ließen sich im
Verhältnis Stickstoff/Phosphat leicht in Stickstoffmengen umwandeln.
104.
Im Rahmen der Darstellung der Methode zur Errechnung der in den Niederlanden ausgebrachten
Stickstoffmenge auf der Grundlage der Normen für die Phosphatverluste führt die niederländische
Regierung aus, aus diesen Berechnungen gehe hervor, dass die Stickstoffmenge, die auf
Anbauflächen ausgebracht werden dürfe, nämlich 210 kg pro Hektar, mit der Menge übereinstimme,
die in der Richtlinie für das erste Aktionsprogramm vorgesehen sei.
105.
Hinsichtlich der Weideflächen räumt die niederländische Regierung indessen ein, dass die in den
Niederlanden zum Ausbringen freigegebene Stickstoffmenge, nämlich 300 kg pro Hektar, über die
nach der Richtlinie zulässige Höchstmenge von 210 kg pro Hektar hinausgehe. Sie habe der
Kommission nicht mitgeteilt, dass sie diese abweichende Menge zulassen wolle, wie dies Anhang III
Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der Richtlinie verlange, da sie seinerzeit davon ausgegangen
sei, dass eine alternative Umsetzung der Richtlinie vertretbar sei, sofern deren Ziele eingehalten
würden.
106.
Auf jeden Fall könne ein Mitgliedstaat gemäß Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der
Richtlinie von den in Anhang III Nummer 2 vorgesehenen Mengen abweichen, sofern die dort
genannten Ziele eingehalten würden. Ein solcher Mitgliedstaat sei lediglich zur Unterrichtung der
Kommission verpflichtet.
- Nicht erklärungspflichtige Betriebe
107.
Nach Auffassung der Kommission genügen die Maßnahmen des niederländischen
Aktionsprogramms für nicht unter das MINAS-System fallende Betriebe nicht den Anforderungen von
Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 2 der Richtlinie. Die betreffenden
Verwendungsnormen legten die Phosphathöchstmenge fest, die der ausgebrachte Dung enthalten
dürfe, nicht jedoch die Höchstmenge an Stickstoff, wie in der Richtlinie vorgesehen, und überschritten
jedenfalls die nach der Richtlinie zugelassene Höchstmenge.
108.
In Bezug auf das Vorbringen der niederländischen Regierung, wonach es bei Anbauflächen möglich
sei, die Phosphatverwendungsnormen, die für nicht erklärungspflichtige Betriebe gälten, in die in
Stickstoff ausgedrückten Verwendungsnormen der Richtlinie umzurechnen, macht die Kommission
geltend, selbst wenn eine solche Umrechnung möglich sei, würden dabei Variablen herangezogen, bei
denen entgegen Anhang III Nummer 2 der Richtlinie nicht sichergestellt sei, dass die für die einzelnen
landwirtschaftlichen Flächen geltenden nationalen Vorschriften den Vorgaben der Richtlinie
entsprächen.
109.
Hinsichtlich der Weideflächen räumten die niederländischen Behörden ein, dass die nationalen
Normen für die Phosphatverwendung höher angesetzt seien, als es die Richtlinie in den Jahren 1998
und 1999 erlaubt habe. Die Kommission lehnt die Auffassung der niederländischen Regierung ab,
dass eine Abweichung gemäß Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der Richtlinie zulässig
gewesen sei.
110.
Die niederländische Regierung vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Phosphatverwendungsnormen
die Stickstoffeintragung begrenzen könnten. Bei der Umrechnung der Phosphat- in
Stickstoffverwendungsnormen ergebe sich, dass die Stickstoffmenge, die in den Jahren 1998 und
1999 in den Niederlanden auf Anbauflächen habe ausgebracht werden dürfen, nicht unvereinbar mit
der Menge sei, die die Richtlinie für die Zeit vom 20. Dezember 1998 bis 20. Dezember 2002 zulasse.
111.
Die für Weideflächen zugelassene Menge, die die Höchstmenge von 210 kg Stickstoff pro Hektar
überschreite, sei durch die hohe Stickstoffabsorption der Weideflächen in den Niederlanden und
durch den Übergang von der Verwendungsnormenregelung zur Verlustnormenregelung gerechtfertigt.
Im Übrigen sei diese Differenz der Kommission mitgeteilt worden und durch die in Anhang III Nummer 2
Unterabsatz 2 Buchstabe b der Richtlinie vorgesehene Abweichungsmöglichkeit gedeckt.
112.
Schließlich weist die niederländische Regierung darauf hin, dass ab 2001 sämtliche Betriebe dem
MINAS-System unterlägen.
Würdigung durch den Gerichtshof
- Erklärungspflichtige Betriebe
113.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die in Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie vorgesehenen
Aktionsprogramme die in Anhang III aufgeführten Maßnahmen enthalten müssen. Zu diesen
Maßnahmen gehören Vorschriften über „die Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln“, mit
denen gemäß Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 1 sichergestellt werden muss, dass „bei jedem
Ackerbau- oder Tierhaltungsbetrieb die auf dem Boden ausgebrachte Dungmenge, einschließlich des
von den Tieren selbst ausgebrachten Dungs, eine bestimmte Menge pro Jahr und Hektar nicht
überschreitet“. Als Höchstmenge gilt dabei die Menge Dung, die 170 kg Stickstoff enthält, wobei die
Mitgliedstaaten jedoch für das erste Vierjahresprogramm eine Dungmenge zulassen können, die bis
zu 210 kg Stickstoff enthält.
114.
Da das Königreich der Niederlande - wie aus den Randnummern 71 bis 78 des vorliegenden Urteils
hervorgeht - seiner Verpflichtung zur Aufnahme der in Anhang III Nummer 1 Ziffer 3 der Richtlinie
aufgeführten verbindlich vorgeschriebenen Maßnahmen in das Aktionsprogramm insofern nicht
nachgekommen ist, als die im MINAS-System vorgesehenen Verlustnormen keine ordnungsgemäße
Umsetzung der Richtlinie darstellen, kann dieses System folglich auch nicht die Einhaltung der in
Anhang III Nummer 2 vorgesehenen Grenzen für das Ausbringen von Dung sicherstellen.
115.
Aus dem Wortlaut von Anhang III Nummer 2 der Richtlinie geht nämlich klar hervor, dass diese
Bestimmung die Aufstellung von Verwendungsnormen verlangt, damit die Mitgliedstaaten im Voraus
feststellen können, dass die ausgebrachte Dungmenge die zugelassene Menge pro Hektar nicht
überschreitet.
116.
Damit erweist sich der vierte Klagegrund in Bezug auf die erklärungspflichtigen Betriebe, die dem
MINAS-System unterliegen, als begründet.
- Nicht erklärungspflichtige Betriebe
117.
In Bezug auf diejenigen Betriebe, die nicht dem MINAS-System unterliegen und daher von der
niederländischen Erklärungspflicht ausgenommen sind, ist darauf hinzuweisen, dass die von den
Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Anhang III Nummer 2 der Richtlinie getroffenen
Maßnahmen dazu führen müssen, dass die Dungausbringung im Einklang mit den in der Richtlinie
enthaltenen Höchstgrenzen beschränkt wird.
118.
Auch wenn es einem Mitgliedstaat freisteht, die Dungausbringungen mit Normen über die
Verwendung oder Einbringung von Phosphat zu begrenzen, so muss er doch den Nachweis erbringen,
dass die angewandte Umrechnungsmethode gewährleisten kann, dass die nach den
Phosphatnormen zur Ausbringung zugelassene Dungmenge nicht eine Stickstoffmenge enthält, die
die in der Richtlinie festgelegte Höchstmenge überschreitet.
119.
Selbst wenn man die von der niederländischen Regierung vorgeschlagene Umrechnungsmethode
für zulässig hält, ergibt sich aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen, dass die bei der
Umrechnung verwendeten Werte nur Mittelwerte darstellen und bei den einzelnen Betrieben
Abweichungen auftreten können, die auf Unterschieden bei der Einbringung, beim Stickstoff-
Phosphat-Verhältnis der verwendeten Düngemittel oder bei den angebauten Pflanzen beruhen
können. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Umrechnungsmethode, die zudem nur auf
Näherungswerten beruht, nicht ausreicht, um zu gewährleisten, dass die zur Ausbringung zugelassene
Dungmenge nicht eine Stickstoffmenge enthält, die die in der Richtlinie festgelegte Höchstmenge
überschreitet.
120.
Zudem räumt die niederländische Regierung in Bezug auf Weideflächen ein, dass die nach den
nationalen Rechtsvorschriften zugelassenen Mengen die in der Richtlinie für das erste
Aktionsprogramm zugelassene Höchstmenge von 210 kg Stickstoff pro Hektar überschreiten.
121.
Wenn die niederländische Regierung geltend macht, dass diese Abweichung durch die Ausnahme in
Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der Richtlinie gedeckt sei, so kann dem nicht gefolgt
werden.
122.
Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der Richtlinie sieht vor, dass ein Mitgliedstaat, der
die Ausbringung anderer als der in dieser Bestimmung ausdrücklich angegebenen Dungmengen pro
Jahr und Hektar zulässt, hiervon die Kommission zu unterrichten hat, die die Begründung nach dem in
Artikel 9 der Richtlinie festgelegten Verfahren prüft. Diese Mengen müssen so festgelegt werden,
dass sie die Erreichung der Ziele der Richtlinie nicht beeinträchtigen; sie sind anhand objektiver
Kriterien zu begründen, wie z. B. langer Wachstumsphasen oder eines hohen Nettoniederschlags in
dem gefährdeten Gebiet.
123.
Aus dieser Bestimmung geht klar hervor, dass es sich nicht lediglich um ein Verfahren zur
Unterrichtung der Kommission über die Festlegung abweichender Mengen handelt, sondern vielmehr
um eine Verpflichtung zur Begründung eines Antrags auf Genehmigung einer Abweichung anhand
objektiver Kriterien gegenüber der Kommission. Diese kann den Antrag entweder - gegebenenfalls
unter Bedingungen - annehmen oder ihn ablehnen.
124.
Jedenfalls ergibt sich aus den Akten, dass die niederländischen Behörden erst im April 2000, d. h.
lange nach Ablauf des Zeitraums für die Durchführung des ersten Aktionsprogramms, einen Antrag
auf Genehmigung einer Abweichung nach Anhang III Nummer 2 Unterabsatz 2 Buchstabe b der
Richtlinie gestellt haben. Dem Argument der niederländischen Regierung, dass die Überschreitung der
zur Ausbringung zugelassenen Dungmengen von der Abweichungsmöglichkeit nach dieser
Bestimmung gedeckt sei, kann somit nicht gefolgt werden.
125.
Nach alledem ist der vierte Klagegrund insgesamt begründet.
126.
Die Kommission macht geltend, die niederländische Regierung habe in ihr Aktionsprogramm nicht
folgende Maßnahmen aufgenommen, die in den nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie
aufzustellenden Regeln einer guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft enthalten sein müssten:
- Bestimmungen über die Zeiträume, in denen Düngemittel außer Dung nicht auf
landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden sollten,
- Bestimmungen zum Ausbringen von Düngemitteln auf stark geneigten landwirtschaftlichen Flächen,
- Bestimmungen zu den Bedingungen für das Ausbringen von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen
Flächen in der Nähe von Wasserläufen und
- Bestimmungen zu Verfahren für das Ausbringen von Mineraldünger und Dung, bei denen die
Nährstoffverluste in die Gewässer beschränkt bleiben.
Zum Fehlen von Bestimmungen über die Zeiträume, in denen Düngemittel außer Dung nicht auf
landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden sollten
- Vorbringen der Parteien
127.
Die Kommission trägt vor, in den Niederlanden sei das Ausbringen von Dung vom 1. September bis
1. Februar durch Verordnung verboten. Das niederländische Aktionsprogramm enthalte jedoch keine
entsprechende Bestimmung für das Ausbringen von anderen Düngemitteln als Dung, d. h. von
nichtorganischen Düngemitteln wie Mineraldünger. Eine solche Bestimmung sei jedoch im Sinne von
Anhang II Punkt A der Richtlinie von Belang, da es in den Niederlanden Zeiträume gebe, in denen das
Ausbringen von Düngemitteln schädlich sei und somit als unangebracht angesehen werden müsse.
Die niederländischen Behörden hätten die Mitteilung von entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen an
die Kommission angekündigt; doch sei dies bis zum Ablauf der in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme gesetzten Frist nicht geschehen.
128.
Die niederländische Regierung führt aus, dass die niederländische Regelung, soweit dies von
Belang sei und unter Berücksichtigung der Verhältnisse in den einzelnen Regionen, ausführliche
Bestimmungen zu den Zeiträumen enthalte, in denen das Ausbringen oder die Eintragung von Dung
und anderen organischen Düngemitteln unangebracht sei.
129.
Zur Notwendigkeit des Erlasses von Bestimmungen über die Zeiträume, in denen nichtorganische
Düngemittel nicht auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden sollten, macht die
niederländische Regierung geltend, dass die Anwendung des MINAS-Systems die Betriebsinhaber
sowohl aus wirtschaftlicher wie auch aus agronomischer Sicht davon abhalte, Düngemittel in
Zeiträumen zu benutzen, in denen ihr Einsatz nicht angebracht sei, da sie nicht nur die Kosten für den
Mineraldünger, sondern auch die Abgabe zu gewärtigen hätten. Obwohl sie der Auffassung sei, dass
Bestimmungen über die Zeiträume, in denen nichtorganische Düngemittel nicht auf
landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden sollten, in den Niederlanden nicht von Belang seien,
habe die niederländische Regierung ein entsprechendes Gesetzesvorhaben in Angriff genommen.
- Würdigung durch den Gerichtshof
130.
Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Regeln der
guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft aufzustellen, um für alle Gewässer einen allgemeinen
Schutz vor Verunreinigung zu gewährleisten.
131.
Die Aktionsprogramme, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 der Richtlinie aufzustellen haben,
müssen bestimmte verbindlich vorgeschriebene Maßnahmen enthalten, zu denen die von den
Mitgliedstaaten im Rahmen der gemäß Artikel 4 ausgearbeiteten Regeln der guten fachlichen Praxis in
der Landwirtschaft vorgesehenen Maßnahmen gehören.
132.
Anhang II Punkt A Ziffer 1 der Richtlinie bestimmt, dass die Regeln der guten fachlichen Praxis, mit
denen die Verringerung der Nitratverunreinigung erreicht werden soll und die die Verhältnisse in den
verschiedenen Regionen der Gemeinschaft berücksichtigen, Bestimmungen zu verschiedenen Punkten
enthalten müssen, „soweit diese von Belang sind“; darunter fallen auch die Zeiträume, in denen
Düngemittel nicht auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden sollten.
133.
In Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie wird „Düngemittel“ definiert als jeder Stoff, der eine oder
mehrere Stickstoffverbindungen enthält und auf den Boden zur Förderung des Pflanzenwachstums
ausgebracht wird; hierunter kann auch Dung fallen. Artikel 2 Buchstabe f bestimmt, dass unter
„Mineraldünger“ alle industriell hergestellten Düngemittel zu verstehen sind.
134.
Anhang II Punkt A der Richtlinie betrifft somit sämtliche Düngemittel und nicht nur solche, die wie
Dung organischen Ursprungs sind.
135.
Wenn sich die niederländische Regierung auf das MINAS-System beruft, um darzulegen, dass
Bestimmungen zur Festlegung von Zeiträumen, in denen nichtorganische Düngemittel nicht
ausgebraucht werden sollten, in den Niederlanden nicht von Belang seien, so ist festzustellen, dass
das Königreich der Niederlande gegen seine Verpflichtungen aus Anhang II Punkt A der Richtlinie
verstoßen hat, indem es keine entsprechenden Bestimmungen für sämtliche Düngemittel erlassen
hat.
136.
Aus den vom Generalanwalt in den Nummern 101 bis 104 seiner Schlussanträge dargelegten
Gründen ist der Belang der in Anhang II Punkt A der Richtlinie genannten Bestimmungen anhand
objektiver Kriterien wie der geologischen und klimatischen Merkmale der einzelnen Regionen zu
beurteilen.
137.
Die Kommission hat unwidersprochen festgestellt, dass die klimatischen Gegebenheiten in den
Niederlanden durch einen Zeitraum mit starken Regenfällen zwischen September und Januar
gekennzeichnet seien. Wenn in dieser Zeit Düngemittel ausgebracht würden, so bestehe eine
erhebliche Gefahr, dass der Abfluss des Regenwassers über die Böden zu einer Nitratverunreinigung
der Gewässer führe. Dies mache es erforderlich, dass der Staat Zeiträume festlege, in denen
Düngemittel - auch solche nichtorganischer Art - nicht ausgebracht werden sollten.
138.
Die niederländische Regierung hat nicht dargetan oder auch nur behauptet, dass es bei Ablauf der
in der Richtlinie für die Aufstellung der Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft
vorgesehenen Frist oder bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme
gesetzt worden war, im nationalen Recht Bestimmungen über die Zeiträume gegeben habe, in denen
Mineraldünger nicht ausgebracht werden sollte.
139.
Da das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen ist, in der sich der
Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt
worden war, und spätere Änderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden können, kann ein
Gesetz zur Einführung einer Regelung für Mineraldünger nach Ablauf der genannten Frist nichts an der
gerügten Vertragsverletzung ändern.
140.
Somit ist der erste Teil des fünften Klagegrundes begründet.
Zum Fehlen von Bestimmungen zum Ausbringen von Düngemitteln auf stark geneigten
landwirtschaftlichen Flächen
- Vorbringen der Parteien
141.
Die Kommission macht geltend, dass Bestimmungen bezüglich des Ausbringens von Düngemitteln
auf stark geneigten landwirtschaftlichen Flächen nicht innerhalb der in der Richtlinie vorgesehenen
Frist, also vor dem 20. Dezember 1995, erlassen worden seien.
142.
Die niederländische Regierung trägt vor, dass der Erlass solcher Bestimmungen im Sinne von
Anhang II Punkt A der Richtlinie in den Niederlanden nicht von Belang sei. Zum einen seien die
Niederlande ein sehr flaches Land, und zum anderen veranlasse das MINAS-System die
Betriebsinhaber, Düngemittel auf stark geneigten Flächen vernünftig einzusetzen.
- Würdigung durch den Gerichtshof
143.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Anhang II Punkt A zwar verlangt, dass die von den
Mitgliedstaaten aufgestellten Regeln der guten Praxis in der Landwirtschaft Bestimmungen über das
Ausbringen von Düngemitteln auf stark geneigten landwirtschaftlichen Flächen enthalten, dass diese
Verpflichtung der Mitgliedstaaten jedoch von der Voraussetzung abhängt, dass diese Bestimmungen
von Belang sind.
144.
Somit ist zu prüfen, ob es im Sinne von Anhang II Punkt A Satz 1 der Richtlinie von Belang ist, dass
das Königreich der Niederlande Bestimmungen nach Anhang II Punkt A Nummer 2 erlässt.
145.
Die Niederlande sind zwar ein sehr flaches Land, doch ändert dies nichts daran, dass die
niederländische Regierung lediglich vorgetragen hat, dass das Ausbringen von Düngemitteln, ohne
dass deren Abfließen über Hänge durch entsprechende Vorschriften verhindert werde, nach dem
MINAS-System jedenfalls zu einer Überschreitung der Verlustnormen und damit zur Erhebung einer
Abgabe führen würde. Die Betriebsinhaber würden daher die entsprechenden Maßnahmen treffen, um
diese Folgen zu verhindern.
146.
Wie aus den Randnummern 71 bis 78 des vorliegenden Urteils hervorgeht, reichen die nach dem
MINAS-System vorgesehenen Verlustnormen und die Beträge der bei deren Überschreitung fälligen
Abgaben weder zur Verringerung der Verunreinigung noch zur Vorbeugung gegen weitere
Verunreinigungen aus, wie es die Richtlinie verlangt.
147.
Somit ist auch der zweite Teil des fünften Klagegrundes begründet.
Zum Fehlen von Bestimmungen zu den Bedingungen für das Ausbringen von Düngemitteln in der Nähe
von Wasserläufen
- Vorbringen der Parteien
148.
Die Kommission stellt fest, sie habe keine Mitteilung über in den Niederlanden erlassene
Vorschriften zur Umsetzung von Anhang II Punkt A Nummer 4 der Richtlinie erhalten, wonach die
Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft Bestimmungen zu den Bedingungen für das
Ausbringen von Düngemitteln in der Nähe von Wasserläufen enthalten müssten. Selbst wenn solche
Bestimmungen erlassen worden seien, hätte dies jedenfalls vor dem 20. Dezember 1995 geschehen
müssen, und die Regelung hätte während des ersten Aktionsprogramms durchgeführt werden
müssen.
149.
Die niederländische Regierung macht geltend, die in der Richtlinie festgesetzte Frist für den Erlass
der von diesem Teil des fünften Klagegrundes betroffenen Bestimmungen sei erst am 20. Dezember
1999 abgelaufen und nicht bereits am 20. Dezember 1995, wie die Kommission behaupte. Die von der
Kommission geforderten Vorschriften seien bereits erlassen und der Kommission auch mitgeteilt
worden. Es handele sich dabei zum einen um eine lange vor dem 20. Dezember 1999 in Kraft
getretene nationale Bestimmung, nach der Düngemittel nicht in Oberflächengewässer eingeleitet
werden dürften, und zum anderen um den Lozingenbesluit open teelt en veehouderij, der am 27.
Januar 2000 erlassen worden sei.
- Würdigung durch den Gerichtshof
150.
Selbst wenn die niederländische Bestimmung über das Verbot der Einleitung von Düngemitteln in
Oberflächengewässer als eine zumindest teilweise ordnungsgemäße Umsetzung von Anhang II Punkt A
Nummer 4 der Richtlinie angesehen werden kann, so ändert dies doch nichts an der Tatsache, dass
die andere Regelung, die von der niederländischen Regierung angeführt wird, um den Vorwurf der
fehlenden Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung zu widerlegen, erst am 27. Januar 2000 erlassen
worden ist und das Königreich der Niederlande folglich jedenfalls bis zum Ablauf der in der mit
Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keine Vorschriften über die Bedingungen für das
Ausbringen von Düngemitteln in der Nähe von Wasserläufen erlassen hat.
151.
Damit erweist sich auch der dritte Teil des fünften Klagegrundes als begründet.
Zum Fehlen von Bestimmungen zu Verfahren für das Ausbringen von Mineraldünger und Dung, bei
denen die Nährstoffverluste in die Gewässer beschränkt bleiben
- Vorbringen der Parteien
152.
Gemäß Anhang II Punkt A Nummer 6 der Richtlinie müssen die Regeln der guten fachlichen Praxis in
der Landwirtschaft Bestimmungen zu Verfahren für das Ausbringen von Mineraldünger und Dung
enthalten, bei denen die Nährstoffverluste in die Gewässer beschränkt bleiben. Die Kommission macht
geltend, ihr seien bis zur Einreichung der Klageschrift keine niederländischen Bestimmungen bezüglich
stickstoffhaltiger Mineraldünger mitgeteilt worden.
153.
Die niederländische Regierung trägt vor, dass derartige Bestimmungen in den Niederlanden in
Anbetracht des MINAS-Systems im Sinne von Anhang II Punkt A der Richtlinie nicht von Belang seien.
Nach diesem System würden Betriebsinhaber, die Dung oder Mineraldünger nicht gleichmäßig oder in
unrichtigen Mengen ausbrächten und dabei die Verlustnormen überschritten, mit einer Abgabe
belegt.
154.
Gleichwohl sei eine Änderung der Rechtsvorschriften über Dung in Vorbereitung; zudem seien
besondere Bestimmungen für den Einsatz von Mineraldünger geplant.
- Würdigung durch den Gerichtshof
155.
Vorab ist daran zu erinnern, dass bei der Prüfung der Frage, ob die in Anhang II Punkt A der
Richtlinie aufgeführten Gesichtspunkte von Belang sind, - wie in Randnummer 136 des vorliegenden
Urteils ausgeführt - nur objektive Kriterien im Zusammenhang mit den physischen, geologischen und
klimatischen Merkmalen der einzelnen Regionen berücksichtigt werden können.
156.
Wirtschaftliche Argumente, wie sie die niederländische Regierung aus der Wirkung des MINAS-
Systems ableitet, reichen folglich nicht aus, um darzutun, dass der Erlass von Bestimmungen über
Ausbringungsverfahren für Mineraldünger und Dung nicht von Belang ist.
157.
Was die von der niederländischen Regierung in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof angeführten
Gesetzesänderungen angeht, so genügt der Hinweis, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung -
wie in Randnummer 50 des vorliegenden Urteils dargelegt - anhand der Situation des Mitgliedstaats
bei Ablauf der Frist zu beurteilen ist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde.
Die Gesetzgebungsmaßnahmen zu Verfahren für das Ausbringen von Mineraldünger waren jedoch am
6. Dezember 1999 noch nicht erlassen.
158.
Somit ist festzustellen, dass auch der vierte Teil des fünften Klagegrundes und damit der fünfte
Klagegrund insgesamt begründet ist.
Vorbringen der Parteien
159.
Die Kommission weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie im
Rahmen der Aktionsprogramme die zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkten Aktionen zu treffen
haben, die sie für erforderlich halten, wenn von Anfang an oder anhand der Erfahrungen bei der
Durchführung der Aktionsprogramme deutlich wird, dass die Maßnahmen nach Artikel 5 Absatz 4 der
Richtlinie zur Verwirklichung der in Artikel 1 genannten Ziele nicht ausreichen.
160.
Die niederländischen Behörden hätten in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene
Stellungnahme eingeräumt, dass ihre gegenwärtige Gesamtpolitik für Trockensandböden nicht
ausreiche und zusätzliche Maßnahmen erforderlich seien. Sie hätten die Anwendung strengerer
Vorschriften hinsichtlich der zulässigen Überschreitungen zunächst ab 2008/2010 ins Auge gefasst
und diesen Zeitpunkt nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission auf 2003
vorgezogen.
161.
Nach Ansicht der Kommission erlauben es die vorgeschlagenen Maßnahmen für Trockensandböden
nicht, die angestrebten Ziele innerhalb der vorgegebenen Fristen zu erreichen. Solche Maßnahmen
hätten nach Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie bereits im ersten Aktionsprogramm getroffen werden
müssen.
162.
Die niederländische Regierung macht geltend, dass Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie keine Frist für
zusätzliche Maßnahmen oder verstärkte Aktionen enthalte. Diese Maßnahmen oder Aktionen müssten
lediglich im Rahmen von Aktionsprogrammen durchgeführt werden.
163.
Die zusätzlichen Maßnahmen und verstärkten Aktionen für Sand- und Lehmböden würden jedenfalls
ab 2003 durchgeführt. Das Königreich der Niederlande habe bei Ablauf der Frist, die in der mit
Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden sei, seine zu diesem Zeitpunkt bestehenden
Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie erfüllt. Die niederländischen Vorschriften würden
auch in den kommenden Jahren - bis spätestens 20. Dezember 2002 - dieser Bestimmung genügen.
Würdigung durch den Gerichtshof
164.
Die Richtlinie soll nach Artikel 1 die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte oder
ausgelöste Gewässerverunreinigung verringern und weiterer Gewässerverunreinigung dieser Art
vorbeugen.
165.
Gemäß Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten im Rahmen der
Aktionsprogramme die zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkten Aktionen, die sie für erforderlich
halten, wenn „von Anfang an oder anhand der Erfahrungen bei der Durchführung der
Aktionsprogramme“ deutlich wird, dass die Maßnahmen nach Artikel 5 Absatz 4 zur Verwirklichung der
in Artikel 1 genannten Ziele nicht ausreichen.
166.
Entgegen dem Vorbringen der niederländischen Regierung gibt diese Vorschrift den
Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, zu bestimmen, in welches Aktionsprogramm die zusätzlichen
Maßnahmen oder verstärkten Aktionen aufgenommen werden. Vielmehr müssen sie diese
Maßnahmen oder Aktionen ab dem Beginn des ersten Aktionsprogramms oder anhand der
Erfahrungen bei der Durchführung der Aktionsprogramme durchführen, d. h. sobald festgestellt wird,
dass sie erforderlich sind.
167.
Vorliegend ergibt sich aus den Akten, dass sich die niederländischen Behörden bereits bei der
Durchführung des ersten Aktionsprogramms gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie der Notwendigkeit
bewusst waren, zusätzliche Maßnahmen oder verstärkte Aktionen zumindest für Trockensandböden zu
ergreifen. Die niederländischen Behörden haben nämlich im Vorverfahren eingeräumt, dass ihre
gegenwärtige Politik für diese Böden nicht ausreiche und zusätzliche Maßnahmen vorgesehen seien.
168.
Soweit sich die niederländische Regierung im vorliegenden Verfahren darauf beruft, dass ab 2003
zusätzliche Maßnahmen und verstärkte Aktionen für Sand- und Lehmböden in Kraft träten, so ergibt
sich klar aus der in Randnummer 50 des vorliegenden Urteils zitierten Rechtsprechung, dass diese
Maßnahmen und Aktionen jedenfalls bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme
gesetzten Frist noch nicht in Kraft waren, so dass sie vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden
können, da das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der
Mitgliedstaat bei Ablauf der genannten Frist befand.
169.
Ohne dass der Frage nachzugehen wäre, ob die Durchführung dieser Maßnahmen und Aktionen als
ordnungsgemäße Umsetzung von Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie angesehen werden kann, ist somit
festzustellen, dass der sechste Klagegrund begründet ist.
170.
Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine
Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass es nicht die in
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffer 2 und 3 und Nummer 2
der Richtlinie,
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a und Anhang II
Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 der Richtlinie und
- Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie
genannten erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat.
Kosten
171.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs der Niederlande beantragt
hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der
Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor
Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verstoßen, dass es nicht die
in
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang III Nummer 1 Ziffern 2 und 3
und Nummer 2 dieser Richtlinie,
- Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a und
Anhang II Punkt A Ziffern 1, 2, 4 und 6 dieser Richtlinie und
- Artikel 5 Absatz 5 dieser Richtlinie
genannten erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat.
2. Das Königreich der Niederlande trägt die Kosten des Verfahrens.
Puissochet
Gulmann
Skouris
Macken
Colneric
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. Oktober 2003.
Der Kanzler
Der Präsident der Sechsten Kammer
R. Grass
J.-P. Puissochet
Verfahrenssprache: Niederländisch.