Urteil des EuGH vom 23.02.1999

EuGH: inhaber, wartung, werbung, unternehmen, wiederverkauf, unterscheidungskraft, regierung, gemeinschaftsrecht, mitgliedstaat, zubehör

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
23. Februar 1999
„Markenrichtlinie — Nicht genehmigte Benutzung der Marke BMW in den Anzeigen einer Kfz-Werkstatt“
In der Rechtssache C-63/97
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Hoge Raad der Nederlanden in dem bei
diesem anhängigen Rechtsstreit
Bayerische Motorenwerke AG (BMW) und BMW Nederland BV
gegen
Ronald Karel Deenik
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 5 bis 7 der Ersten Richtlinie
89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Marken (ABl. L 40, S. 1, berichtigt: ABl. 1989, L 159, S. 60)
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn, J.-P.
Puissochet und P. Jann sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), J. L. Murray, D. A. O. Edward, H.
Ragnemalm, L. Sevón, M. Wathelet und R. Schintgen,
Generalanwalt: F. G. Jacobs
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
— der Bayerische Motorenwerke AG (BMW) und BMW Nederland BV, vertreten durch Rechtsanwälte G. van
der Wal, Brüssel, und H. Ferment, Den Haag,
— der italienischen Regierung, vertreten durch Professor U. Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso
diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten, Beistand: Avvocato dello Stato O. Fiumara,
— der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Lindsey Nicoll, Treasury Solicitor's
Department, als Bevollmächtigte, und Barrister Daniel Alexander,
— der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. J. Drijber, Juristischer Dienst, als
Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Bayerischen Motorenwerke AG und BMW Nederland BV,
vertreten durch Rechtsanwalt G. van der Wal, des Beklagten Deenik, vertreten durch Rechtsanwalt J. L.
Hofdijk, Den Haag, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ridley vom Treasury
Solicitor's Department als Bevollmächtigte, im Beistand von D. Alexander, und der Kommission, vertreten
durch B. J. Drijber in der Sitzung vom 13. Januar 1998,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. April 1998,
folgendes
Urteil
1.
Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 7. Februar 1997, beim Gerichtshof eingegangen
am 13. Februar 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag fünf Fragen nach der Auslegung der Artikel 5 bis
7 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG
des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Marken (ABl. L 40, S. 1, berichtigt: ABl. 1989, L 159, S. 60; Richtlinie) zur Vorabentscheidung
vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der deutschen Firma Bayerische
Motorenwerke AG (BMW) und der niederländischen Firma BMW Nederland BV (BMW AG bzw. BMW BV
oder Klägerinnen) einerseits und dem Beklagten Deenik, Inhaber einer Kfz-Werkstatt in Almere
(Niederlande), wegen Werbung, die der Beklagte für den Verkauf von BMW-Gebrauchtfahrzeugen
sowie für die Instandsetzung und die Wartung von BMW-Fahrzeugen betrieben hat.
3.
Artikel 5 der Richtlinie betrifft die Rechte aus der Marke. Er lautet:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht
gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit
denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der
Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder
Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt,
daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
(2) Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, daß es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu
verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr
ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die
die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die
Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne
rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:
a) das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;
b) unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten
Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;
c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;
d) das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen.
(4) Konnte vor dem Zeitpunkt, zu dem die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen
Vorschriften in einem Mitgliedstaat in Kraft treten, nach dem Recht dieses Mitgliedstaats die
Benutzung eines Zeichens gemäß Absatz l Buchstabe b) und Absatz 2 nicht verboten werden, so kann
das Recht aus der Marke der Weiterbenutzung dieses Zeichens nicht entgegengehalten werden.
(5) Die Absätze 1 bis 4 berühren nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den
Schutz gegenüber der Benutzung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von
Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die
Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder
beeinträchtigt.“
4.
Artikel 6 der Richtlinie betrifft die Beschränkung der Wirkungen der Marke. Dort heißt es u. a.:
„(1) Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten,
...
c) die Marke, falls dies notwendig ist, als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als
Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung
im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in
Gewerbe oder Handel entspricht.“
5.
Artikel 7 der Richtlinie betrifft die Erschöpfung des Rechts aus der Marke. Er lautet:
„(1) Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für
Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft
in den Verkehr gebracht worden sind.
(2) Absatz l findet keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, daß der Inhaber sich
dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem
Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.“
6.
Die BMW AG vertreibt in zahlreichen Ländern, seit 1930 in den Beneluxländern, von ihr hergestellte
Kraftfahrzeuge. Sie hat beim Beneluxmarkenamt den Markennamen BMW sowie zwei Bildzeichen u. a.
für Motoren und Kraftfahrzeuge sowie Bestandteile und Zubehör von Motoren und Kraftfahrzeugen
eintragen lassen (zusammengefaßt: BMW-Marken).
7.
Die BMW AG vertreibt ihre Kraftfahrzeuge über eine Vertriebsorganisation von Vertragshändlern. In
den Niederlanden überwacht sie die Vertriebsorganisation mit Hilfe der BMW BV. Die Vertragshändler
dürfen die BMW-Marken für ihre Geschäftstätigkeit benutzen, müssen aber beim Kundendienst, der
Garantiegewährung und der Absatzförderung die hohen, von den Klägerinnen für notwendig
erachteten technischen Qualitätsstandards einhalten.
8.
Der Beklagte betreibt eine Kfz-Werkstatt. Er hat sich auf den Verkauf von BMW-
Gebrauchtfahrzeugen sowie auf die Instandsetzung und Wartung von Fahrzeugen dieser Marke
spezialisiert. Er ist kein Vertragshändler der Klägerinnen.
9.
Im Ausgangsverfahren machen die Klägerinnen geltend, der Beklagte benutze im Rahmen seiner
Geschäftstätigkeit die BMW-Marken, zumindest aber diesen ähnliche Zeichen, in unzulässiger Weise zu
Werbezwecken. Aus diesem Grund haben sie mit Klageschrift vom 21. Februar 1994 bei der Rechtbank
Zwolle beantragt, dem Beklagten zu untersagen, die BMW-Marken oder ähnliche Zeichen in der
Werbung, in Anzeigen oder anderen Bekanntmachungen und auf sonstige Weise für oder im
Zusammenhang mit seinem Geschäft zu benutzen und ihn zu Schadensersatz zu verurteilen. Die
Klägerinnen haben sich auf ihre Rechte aus Artikel 13a des einheitlichen Beneluxgesetzes über
Marken in der damals geltenden Fassung berufen.
10.
Die Rechtbank sah eine Reihe der vom Beklagten in Anzeigen gemachten Äußerungen als eine
verbotene Benutzung der BMW-Marken an, da diese Äußerungen den Eindruck erwecken könnten, sie
stammten von einem Unternehmen, das zur Benutzung dieser Marken berechtigt und demnach der
Vertriebsorganisation der Klägerinnen angeschlossen sei. Sie hat dem Beklagten untersagt, die BMW-
Marken in dieser Weise zu benutzen. Sie entschied jedoch ferner, daß der Beklagte in Werbeanzeigen
zu Äußerungen wie „Instandsetzung und Wartung von BMW-Fahrzeugen“ berechtigt sei, da hinreichend
zum Ausdruck komme, daß sich diese Äußerungen lediglich auf Waren der Marke BMW bezögen.
Darüber hinaus hat die Rechtbank die Benutzung von Äußerungen wie „Fachmann für BMW“ oder
„spezialisiert auf BMW“ als zulässig angesehen, da die Klägerinnen nicht bestritten hätten, daß der
Beklagte besondere Erfahrung mit BMW-Fahrzeugen habe, und nicht darüber zu entscheiden hätten,
wer sich selbst als Fachmann für BMW-Fahrzeuge bezeichnen dürfe. Die Rechtbank hat außerdem die
Schadensersatzklage der Klägerinnen abgewiesen.
11.
Die Klägerinnen haben gegen dieses Urteil Berufung zum Gerechtshof Arnheim eingelegt und u. a.
die Feststellung beantragt, daß der Beklagte ihre Markenrechte dadurch verletze, daß er in Anzeigen
auf die „Instandsetzung und Wartung von BMW-Fahrzeugen“ hinweise und sich als „Fachmann für
BMW“ oder „spezialisiert auf BMW“ bezeichne. Der Gerechtshof bestätigte die Entscheidung der
Rechtbank. Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen am 10. November 1995 eine
Kassationsbeschwerde zum Hoge Raad eingelegt.
12.
Der Hoge Raad hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Steht es den Mitgliedstaaten in Anbetracht der Tatsache, daß die Richtlinie 89/104/EWG
hinsichtlich der mit der Marke verbundenen Rechte nur für den in Artikel 5 Absatz 4 genannten Fall
eine Übergangsregelung enthält, im übrigen frei, solche Regelungen zu treffen, oder ergibt sich aus
dem Gemeinschaftsrecht im allgemeinen oder aus Ziel und Zweck der Richtlinie 89/104 im
besonderen, daß die Mitgliedstaaten insoweit nicht völlig frei sind, sondern bestimmte
Beschränkungen zu beachten haben und gegebenenfalls welche?
2. Wenn jemand ohne Zustimmung des Markeninhabers dessen ausschließlich für bestimmte Waren
eingetragene Marke benutzt, um in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß er (A) Instandsetzungs-
und Wartungsarbeiten für die Waren ausführt, die durch oder mit Zustimmung des Markeninhabers
unter dieser Marke in den Verkehr gebracht wurden, oder daß er (B) Fachmann für solche Waren bzw.
auf diese spezialisiert ist, ist dann nach der Regelung des Artikel 5 der Richtlinie gegeben:
i) eine Benutzung der Marke für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen
ist, im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a,
ii) eine Benutzung dieser Marke für Dienstleistungen, die als Benutzung der Marke im Sinne von
Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a anzusehen ist, oder eine Benutzung der Marke im Sinne von Artikel 5
Absatz 1 Buchstabe b, in der Annahme, daß diese Dienstleistungen und die Waren, für die die Marke
eingetragen ist, als gleichartig angesehen werden können,
iii) eine Benutzung der Marke im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 oder
iv) eine Benutzung der Marke im Sinne von Artikel 5 Absatz 5?
3. Kommt es für die Beantwortung von Frage 2 darauf an, ob es sich um einen Hinweis im Sinne von
A oder im Sinne von B handelt?
4. Kommt es unter Berücksichtigung von Artikel 7 der Richtlinie für die Frage, ob sich der
Markeninhaber der Benutzung seiner ausschließlich für bestimmte Waren eingetragenen Marke
widersetzen kann, darauf an, ob eine Benutzung im Sinne von Frage 2 i, ii, iii oder iv vorliegt?
5. Falls in beiden oder in einem der in Frage 2 eingangs beschriebenen Fälle eine Benutzung der
Marke des Markeninhabers im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a oder b vorliegt: Kann sich der
Markeninhaber dieser
Benutzung nur widersetzen, wenn derjenige, der die Marke benutzt, dadurch den Eindruck erweckt,
sein Unternehmen gehöre der Vertriebsorganisation des Markeninhabers an, oder auch dann, wenn
eine ernstzunehmende Möglichkeit besteht, daß durch die Art und Weise, in welcher die Marke
fürdiese Hinweise benutzt wird, bei der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, daß die Marke dabei in
erheblichem Umfang dazu benutzt wird, für das eigene Unternehmen als solches zu werben, indem
eine besondere Qualitätsvorstellung hervorgerufen wird?
Die erste Frage
13.
Zunächst ist die Rechts- und Sachlage darzulegen, die dieser Frage zugrunde liegt.
14.
Nach der Entscheidung 92/10/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über die Verschiebung des
Zeitpunkts, bis zu dem die Mitgliedstaaten der Richtlinie 89/104/EWG nachkommen müssen (ABl. 1992,
L 6, S. 35), hatten die Mitgliedstaaten die Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1992 umzusetzen.
Die Vorschriften über die Anpassung des einheitlichen Beneluxmarkengesetzes an die Richtlinie sind
nach dem Beneluxprotokoll vom 2. Dezember 1992 erst am 1. Januar 1996 in Kraft getreten
(geändertes Beneluxgesetz bzw. früheres Beneluxgesetz).
15.
Das Ausgangsverfahren ist ein Rechtsstreit zwischen Privaten. Die Klage wurde nach Ablauf der in
der Entscheidung 92/10 für das Inkrafttreten der nationalen Durchführungsvorschriften der Richtlinie
niedergelegten Frist, aber vor dem Inkrafttreten des geänderten Beneluxgesetzes eingereicht. Auch
die Kassationsbeschwerde zum Hoge Raad wurde vor dem letzteren Termin eingereicht.
16.
Der Generalanwalt beim Hoge Raad ist daher in seinen Schlußanträgen der Frage nachgegangen,
ob der Hoge Raad das frühere Beneluxgesetz anwenden müsse, das bei Klageerhebung wie bei
Einreichung der Kassationsbeschwerde in Kraft war, oder das geänderte Beneluxgesetz, das im
Zeitpunkt der Urteilsverkündung des Hoge Raad in Kraft war. Nach seiner Auffassung hatte der Hoge
Raad vorbehaltlich des Grundsatzes, daß nach Ablauf der Umsetzungsfrist für eine Richtlinie
nationales Recht soweit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie auszulegen sei, in Analogie zu Artikel
74 Absatz 4 der Übergangsregelung für das neue niederländische Zivilgesetzbuch das frühere
Beneluxgesetz anzuwenden.
17.
Im Vorlageurteil führt der Hoge Raad aus,
— daß das Beneluxprotokoll vom 2. Dezember 1992 über die Anpassung des einheitlichen
Beneluxmarkengesetzes für dessen Artikel 13a, dessen Absatz 1 Artikel 5 Absätze 1, 2 und 5 der
Richtlinie in Beneluxrecht umsetze, keine Übergangsvorschriften enthalte, und
— daß er dem Beneluxgerichtshof die Frage vorgelegt habe, ob nach Beneluxmarkenrecht das vor
dem 1. Januar 1990 anwendbare Recht anwendbar bleibe, wenn das Rechtsmittel in einem Verfahren,
das der Markeninhaber nach dem alten Beneluxgesetz eingeleitet habe, gegen eine vor diesem
Datum ergangene Entscheidung gerichtet sei.
18.
Der Hoge Raad fragt, ob das Gemeinschaftsrecht bei der Beantwortung der dem
Beneluxgerichtshof vorgelegten Frage berücksichtigt werden müsse.
19.
Hierzu führt er aus, die Artikel 5 bis 7 der Richtlinie enthielten außer Artikel 5 Absatz 4 keine
Übergangsvorschriften. Fraglich sei daher, ob die Mitgliedstaaten nationale Übergangsregelungen für
Fallgestaltungen erlassen könnten, die nicht unter diese Bestimmung fielen. Zu fragen sei
namentlich, ob eine nationale Übergangsvorschrift gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, nach der ein
Rechtsmittel gegen eine Entscheidung, die vor der verspäteten Inkraftsetzung der Bestimmungen zur
Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ergangen war, gemäß dem vor diesem Datum
anwendbaren Recht zu entscheiden sei, selbst wenn das Urteil nach diesem Datum ergehe.
20.
Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie soll die zeitlichen Wirkungen der neuen nationalen Bestimmungen,
mit denen die Richtlinie umgesetzt wurde, beschränken. Nach dieser Bestimmung kann das Recht aus
der Marke, wenn vor dem Zeitpunkt, zu dem die zur Durchführung der Richtlinie erforderlichen
Vorschriften in einem Mitgliedstaat in Kraft traten, nach dem Recht dieses Mitgliedstaats die
Benutzung eines Zeichens gemäß Artikel 1 Buchstabe b und Absatz 2 nicht verboten werden, der
Weiterbenutzung dieses Zeichens nicht entgegengehalten werden.
21.
Die Übergangsfrage, die sich konkret vor dem Hoge Raad stellt, ist anders geartet als die von
Artikel 5 Absatz 4 geregelte. Welches nationale Recht in einem solchen Fall anwendbar ist, ist von der
Richtlinie nicht entschieden. Da sich auch aus der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts im
allgemeinen oder der Richtlinie im besonderen keine bestimmte Lösung ergibt, ist es Sache des
vorlegenden Gerichts, nach nationalem Recht zu bestimmen, ob das bei ihm anhängige Rechtsmittel
nach dem früheren oder nach dem geänderten Beneluxgesetz zu entscheiden ist (in diesem Sinne
Urteil vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-349/95, Loendersloot, Slg. 1997, I-6227, Randnr.
18).
22.
Jedoch ist das anwendbare nationale Recht, soweit irgend möglich, im Lichte des Wortlauts und der
Ziele der Richtlinie auszulegen, um das von dieser angestrebte Ziel zu erreichen und damit Artikel 189
Absatz 3 EG-Vertrag gerecht zu werden (s. insbesondere Urteile vom 13. November 1990 in der
Rechtssache C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Randnr. 8; und vom 14. Juli 1994 in der
Rechtssache C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325, Randnr. 26).
23.
Diese Verpflichtung gilt auch für nationale Übergangsvorschriften. Das nationale Gericht muß daher
diese Vorschriften, soweit irgend möglich, derart auslegen, daß
die volle Wirksamkeit der Artikel 5 bis 7 der Richtlinie für die Benutzung einer Marke nach dem Tag
gewährleistet ist, an dem die Richtlinie hätte umgesetzt werden müssen.
24.
Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß eine nationale Übergangsvorschrift vorbehaltlich
der Verpflichtung des vorlegenden Gerichts, nationales Recht, soweit irgend möglich,
gemeinschaftsrechtskonform auszulegen, nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, nach der ein
Rechtsmittel gegen eine Entscheidung, die vor der verspäteten Umsetzung der Richtlinie in nationales
Recht erlassen worden war, nach den vor diesem Tag anwendbaren Bestimmungen zu entscheiden
ist, selbst wenn das Urteil nach diesem Tag ergeht.
Vorbemerkungen zur zweiten bis fünften Frage
25.
Die zweite bis fünfte Frage des Hoge Raad betrifft die Auslegung der Artikel 5 bis 7 der Richtlinie.
Diese Auslegung soll dem vorlegenden Gericht die Beantwortung der Frage ermöglichen, ob eine
Benutzung von BMW-Marken in Anzeigen wie „Instandsetzung und Wartung von BMW“, „Fachmann für
BMW“ und „spezialisiert auf BMW“ diese Marke verletzt.
26.
Der Hoge Raad stellt zunächst Fragen danach, an welcher Bestimmung des Artikels 5 der Richtlinie
die Benutzung der fraglichen Marke zu messen ist. Anschließend stellt er Fragen dahin, ob die derart
eingeordnete Benutzung nach der Regelung der Richtlinie erlaubt ist.
27.
— Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie betrifft die Benutzung eines mit der Marke
identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie
eingetragen ist.
— Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b betrifft die Benutzung eines Zeichens, wenn wegen der Identität
oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die
Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen besteht.
— Artikel 5 Absatz 2 betrifft die Benutzung eines mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen
Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke
eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist.
— Artikel 5 Absatz 5 betrifft die Benutzung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der
Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen.
28.
Weitere Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 5 Absätze 2 und 5 der Richtlinie ist es, daß
die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die
Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.
29.
Die Artikel 6 und 7 der Richtlinie enthalten Bestimmungen, die das Recht des Markeninhabers aus
Artikel 5, die Benutzung seiner Marke einem Dritten zu verbieten, beschränken. Artikel 6 schreibt
insoweit vor, daß die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht gewährt, einem Dritten die Benutzung der
Marke zu verbieten, falls diese als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware notwendig ist, sofern die
Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Nach Artikel 7 kann
der Inhaber die Benutzung einer Marke für Waren nicht verbieten, die unter dieser Marke von ihm oder
mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind, sofern nicht
berechtigte Gründe es rechtfertigen, daß der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren
widersetzt.
30.
Der Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof läßt den Hinweis angebracht
erscheinen, daß die Subsumtion der fraglichen Benutzung der Marke unter die eine oder die andere
Bestimmung des Artikels 5 nicht unbedingt über die Frage entscheidet, ob diese Benutzung erlaubt
ist.
Die zweite und die dritte Frage
31.
Die zweite und die dritte Frage sind zusammen zu erörtern. Sie gehen dahin, ob die Benutzung einer
Marke ohne Zustimmung des Inhabers mit dem Ziel, in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß ein
Unternehmer Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten an Erzeugnissen dieser Marke vornimmt oder
daß er ein Fachmann für diese Erzeugnisse oder auf diese spezialisiert ist, eine Benutzung der Marke
im Sinne einer der Bestimmungen des Artikels 5 der Richtlinie darstellt.
32.
Der Hoge Raad hebt zu Recht hervor,
— daß die fragliche Marke ausschließlich für bestimmte Erzeugnisse (namentlich Kraftfahrzeuge)
eingetragen ist;
— daß die benutzten Werbeaussagen — „Instandsetzung und Wartung von BMW“, „Fachmann für
BMW“ und „spezialisiert auf BMW“ — Erzeugnisse betreffen, die unter dieser Marke vom Inhaber oder
mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, und
— daß sich die Ausdrücke „Fachmann für BMW“ und „spezialisiert auf BMW“ sowohl auf den Verkauf
von BMW-Gebrauchtfahrzeugen als auch auf die Instandsetzung und die Wartung von Fahrzeugen
dieser Marke beziehen.
33.
Es geht also um eine Fallgestaltung, in der die Benutzung der BMW-Marken zu dem Zweck erfolgt,
die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß der Werbende BMW-Fahrzeuge instandsetzt und wartet oder
daß er ein Fachmann für den
Verkauf oder die Instandsetzung und Wartung solcher Fahrzeuge oder auf diese spezialisiert ist.
34.
Es handelt sich somit um eine Sachlage, in der zumindest auf den ersten Blick, wie die Regierung
des Vereinigten Königreichs hervorhebt, die fragliche Benutzung unter Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a
der Richtlinie fällt, da die BMW-Marken für authentische BMW-Erzeugnisse benutzt werden.
35.
Diese Subsumtion wird in Erklärungen, die beim Gerichtshof eingereicht wurden, namentlich unter
zwei Gesichtspunkten bestritten.
36.
Zum einen würden die fraglichen Aussagen, namentlich „Fachmann oder spezialisiert auf BMW“, die
BMW-Marken zu anderen Zwecken als zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzen
und fielen daher unter Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie.
37.
Zum anderen würden die BMW-Marken in der Aussage „Instandsetzung und Wartung von BMW“
nicht für Waren benutzt, sondern als Bezeichnung einer Dienstleistung, für die die Marke nicht
eingetragen sei. Daher sei Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie nicht anwendbar; zu prüfen
sei, ob Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b oder Absatz 2 anwendbar seien.
38.
Ob Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Richtlinie oder Artikel 5 Absatz 5 Anwendung findet, hängt in der
Tat davon ab, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solchen eines
bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt wird, oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken
erfolgt. Im vorliegenden Fall geht es um die Benutzung der Marke zur Unterscheidung der fraglichen
Waren als Gegenstand der vom Werbenden erbrachten Dienstleistungen.
39.
Die BMW-Marken werden vom Werbenden benutzt, um die Herkunft der Waren zu bestimmen, die
Gegenstand der Dienstleistung sind, um also diese Waren von anderen Waren zu unterscheiden, die
Gegenstand derselben Dienstleistungen sein könnten. Die Benutzung der Marke in Anzeigen
betreffend die Dienstleistung des Verkaufs von BMW-Gebrauchtfahrzeugen hat zweifellos den Zweck,
den Gegenstand der geleisteten Dienste zu unterscheiden. Die Anzeigen hinsichtlich der
Dienstleistung der Instandsetzung und der Wartung von BMW-Fahrzeugen ist nicht anders zu
behandeln. Auch hier wird die Marke benutzt, um die Herkunft der Waren zu bezeichnen, die
Gegenstand der Dienstleistung sind.
40.
Die Frage, ob die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne
rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, indem etwa bei der
Öffentlichkeit ein falscher Eindruck über die Beziehungen zwischen dem Werbenden und dem
Markeninhaber erweckt wird,stellt sich nur in den Fällen, die unter Artikel 5 Absatz 2 oder 5 fallen.
Solche Gesichtspunkte sind daher nicht bei der Subsumtion der fraglichen Benutzung im
Rahmen des Artikels 5 zu berücksichtigen, sondern bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der
Benutzung in den Fällen des Artikels 5 Absatz 2 oder 5.
41.
Schließlich ist die fragliche Benutzung eine Benutzung „im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne des
Artikels 5 Absätze 1 und 2 der Richtlinie. Als Beispiel für eine Benutzung von Marken, die nach Artikel 5
Absätze 1 und 2 verboten werden kann, erwähnt Absatz 3 ausdrücklich die Benutzung der Marke in
der Werbung.
42.
Auf die zweite und die dritte Frage ist daher zu antworten, daß die Benutzung einer Marke ohne
Zustimmung des Inhabers zu dem Zweck, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß ein Unternehmer
Waren dieser Marke instandsetzt und wartet oder daß er Fachmann für solche Waren oder auf sie
spezialisiert ist, unter Umständen wie den vorliegenden eine Benutzung der Marke im Sinne des
Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie ist.
Die vierte und die fünfte Frage
43.
Die vierte und die fünfte Frage sind zusammen zu erörtern. Sie gehen dahin, ob die Artikel 5 bis 7
der Richtlinie es dem Inhaber einer Marke erlauben, einem Dritten die Benutzung seiner Marke mit
dem Ziel, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß er Waren instandsetzt und wartet, die mit der
Marke versehen von deren Inhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, oder
daß er Fachmann für den Verkauf oder die Instandsetzung und Wartung dieser Waren oder auf diese
spezialisiert ist, zu verbieten.
44.
Zu entscheiden ist insbesondere, ob der Inhaber diese Benutzung nur verbieten kann, wenn der
Werbende den Eindruck erweckt, daß sein Unternehmen dem Vertriebsnetz des Markeninhabers
angehört, oder auch dann, wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, daß durch die Art und Weise, in
welcher die Marke für diese Hinweise benutzt wird, bei der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird,
daß der Werbende die Marke in erheblichem Umfang dazu benutzt, für das eigene Unternehmen als
solches zu werben, indem eine besondere Qualitätsvorstellung hervorgerufen wird.
45.
Da die Benutzung der Marke in den fraglichen Anzeigen nach der Antwort auf die zweite und die
dritte Frage unter Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie fällt, kann der Markeninhaber sie
verbieten, soweit nicht Artikel 6 — Beschränkung der Wirkungen der Marke — oder Artikel 7 —
Erschöpfung des Rechts aus der Marke — Anwendung finden.
46.
Diese Frage ist zunächst im Hinblick auf Anzeigen betreffend den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen
und anschließend im Hinblick auf Anzeigen betreffend die Instandsetzung und Wartung von
Fahrzeugen zu beantworten.
47.
Für die Anzeigen betreffend den Verkauf von BMW-Gebrauchtfahrzeugen, die unter dieser Marke
vom Inhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, ist die Rechtsprechung
des Gerichtshofes über die Benutzung einer Marke zu dem Zweck einschlägig, die Öffentlichkeit auf
den Wiederverkauf von Markenwaren hinzuweisen.
48.
In Randnummer 36 des Urteils vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-337/95 (Parfums
Christian Dior, Slg. 1997, I-6013) hat der Gerichtshof ausgeführt, daß die Artikel 5 und 7 der Richtlinie
dahin auszulegen seien, daß ein Wiederverkäufer nicht nur das Recht habe, mit einer Marke
versehene Waren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den
Verkehr gebracht worden seien, weiterzuverkaufen, sondern auch das Recht, die Marke zu benutzen,
um in der Öffentlichkeit für diese Waren zu werben.
49.
In Randnummer 43 jenes Urteils hat der Gerichtshof ausgeführt, die Schädigung des Rufes der
Marke könne für einen Markeninhaber grundsätzlich ein berechtigter Grund im Sinne von Artikel 7
Absatz 2 der Richtlinie sein, sich der Benutzung der Marke zu Zwecken der Werbung für den
Wiederverkauf der Waren zu widersetzen, die von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft
in den Verkehr gebracht worden seien. In Randnummer 45 heißt es dann zu Waren mit
Prestigecharakter, der Wiederverkäufer dürfe nicht in unlauterer Weise dem berechtigten Interesse
des Markeninhabers zuwiderhandeln. Er müsse also darauf bedacht sein, mit seiner Werbung die
Wertschätzung der Marke nicht dadurch zu beeinträchtigen, daß er den Luxus- und Prestigecharakter
der betreffenden Waren beeinträchtige. In Randnummer 48 gelangte der Gerichtshof zu dem Schluß,
daß der Inhaber einer Marke deren Benutzung nicht gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie verbieten
könne, wenn diese Marke im Rahmen der für die Branche des Wiederverkäufers üblichen Werbeformen
benutzt werden, um in der Öffentlichkeit für diese Waren zu werben, sofern nicht erwiesen sei, daß
diese Benutzung der Marke ihren Ruf erheblich schädige.
50.
Aus diesem Urteil ergibt sich für die vorliegende Rechtssache, daß der Inhaber der BMW-Marken
nach Artikel 7 der Richtlinie einem Dritten die Benutzung seiner Marken zu dem Zweck, die
Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß er Fachmann für den Verkauf von BMW-Gebrauchtfahrzeugen
oder darauf spezialisiert sei, nicht verbieten kann, soweit die Werbung Fahrzeuge betrifft, die unter
dieser Marke von deren Inhaber oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr
gebracht wurden, und soweit die Art und Weise, in der die Marke in der Werbung benutzt wird, keinen
berechtigten Grund im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 darstellt, der es rechtfertigt, daß sich der Inhaber
dem widersetzt.
51.
Einen berechtigten Grund im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 der Richtlinie kann es darstellen, wenn
die Marke in der Werbung des Wiederverkäufers in einer Weise benutzt wird, die den Eindruck
erwecken kann, daß eine Handelsbeziehung zwischen dem Wiederverkäufer und dem Markeninhaber
besteht, insbesondere, daß
das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehört oder daß
zwischen den beiden Unternehmen eine besondere Beziehung besteht.
52.
Eine solche Werbung ist nämlich nicht erforderlich, um den Wiederverkauf der vom Markeninhaber
oder mit seiner Zustimmung unter der Marke in der Gemeinschaft in den Verkehr gebrachten Waren
und damit das Ziel der Erschöpfungsregel des Artikels 7 der Richtlinie sicherzustellen. Außerdem
verstößt sie gegen die Pflicht, den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer
Weise zuwiderzuhandeln, und beeinträchtigt den Wert der Marke, indem sie deren
Unterscheidungskraft oder Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt. Sie widerspricht damit dem
spezifischen Gegenstand des Markenrechts, der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes u. a.
darin besteht, den Inhaber vor Konkurrenten zu schützen, die die Stellung und den Ruf der Marke zu
mißbrauchen suchen (u. a. Urteil vom 17. Oktober 1990 in der Rechtssache C-10/89, Hag II, Slg. 1990,
I-3711, Randnr. 14).
53.
Besteht hingegen keine Gefahr, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, es bestehe eine
Handelsbeziehung zwischen dem Wiederverkäufer und dem Markeninhaber, so stellt es keinen
berechtigten Grund im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 dar, daß der Wiederverkäufer aus der Benutzung
der Marke einen Vorteil derart zieht, daß die Werbung für den Verkauf der Markenwaren, die im
übrigen korrekt und redlich ist, seiner eigenen Tätigkeit den Anschein hoher Qualität verleiht.
54.
Schließlich kann ein Wiederverkäufer, der BMW-Gebrauchtfahrzeuge verkauft und tatsächlich
Fachmann für den Verkauf solcher Fahrzeuge oder darauf spezialisiert ist, seine Kunden hierauf ohne
Benutzung der BMW-Marken praktisch nicht hinweisen. Eine solche informative Benutzung der BMW-
Marken ist daher erforderlich, um das Wiederverkaufsrecht sicherzustellen, das sich aus Artikel 7 der
Richtlinie ergibt, und nutzt die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke nicht in
unlauterer Weise aus.
55.
Ob eine Werbung den Eindruck erwecken kann, daß eine Handelsbeziehung zwischen dem
Wiederverkäufer und dem Markeninhaber besteht, ist eine Sachfrage, über die nach dem jeweiligen
Sachverhalt zu entscheiden Sache des nationalen Gerichts ist.
56.
Die Vorschrift über die Erschöpfung des Rechts aus der Marke in Artikel 7 der Richtlinie findet auf
die Anzeigen betreffend die Instandsetzung und Wartung von BMW-Fahrzeugen keine Anwendung.
57.
Artikel 7 soll die Interessen am Schutz der Markenrechte und diejenigen am freien Warenverkehr in
der Gemeinschaft in Einklang bringen, indem er den
Wiederverkauf von Markenwaren ermöglicht, ohne daß der Markeninhaber dem widersprechen könnte
(in diesem Sinne Urteil Parfums Christian Dior, Randnrn. 37 f.). Die Anzeigen betreffend die
Instandsetzung und die Wartung von Fahrzeugen betreffen den Wiederverkauf dieser Waren nicht.
58.
Für diese Anzeigen bleibt jedoch zu erörtern, ob die Benutzung der Marke angesichts der Vorschrift
des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie erlaubt sein kann, wonach der Inhaber einem
Dritten nicht verbieten kann, die Marke, falls dies notwendig ist, als Hinweis auf die Bestimmung einer
Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, sofern die
Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.
59.
Die Benutzung einer Marke zu dem Zweck, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß der Werbende
Markenwaren instandsetzt und wartet, stellt, wie insbesondere die Regierung des Vereinigten
Königreichs hervorgehoben hat, eine Benutzung als Hinweis auf die Bestimmung einer Dienstleistung
im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c dar. Ebenso wie die Benutzung einer Marke als Hinweis
auf die Fahrzeuge, für die ein bestimmtes, von Dritten stammendes Zubehör bestimmt ist, erfolgt die
fragliche Benutzung, um die Waren zu bezeichnen, die Gegenstand des geleisteten Dienstes sind.
60.
Diese Benutzung ist auch erforderlich, um den Zweck der Dienstleistung zu bezeichnen. Wie der
Generalanwalt in Nummer 54 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, ist nicht zu sehen, wie ein
unabhängiger Unternehmer, der tatsächlich auf die Instandsetzung und Wartung von BMW-
Fahrzeugen spezialisiert ist, dies seinen Kunden in der Praxis mitteilen soll, ohne die BMW-Marken zu
benutzen.
61.
Schließlich entspricht das Tatbestandsmerkmal, daß die Benutzung der Marke den anständigen
Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entsprechen muß, der Sache nach der Pflicht, den
berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderzuhandeln, und damit
derjenigen, der der Wiederverkäufer unterworfen ist, wenn er die Marke eines anderen benutzt, um
auf den Wiederverkauf von Waren dieser Marke hinzuweisen.
62.
Ebenso wie Artikel 7 dient nämlich auch Artikel 6 der Richtlinie dazu, die grundsätzlichen Interessen
des Markenschutzes einerseits und des freien Warenverkehrs sowie der Dienstleistungsfreiheit im
Gemeinsamen Markt andererseits in der Weise in Einklang zu bringen, daß das Markenrecht seine
Rolle als wesentlicher Teil eines Systems unverfälschten Wettbewerbs spielen kann, das der EG-
Vertrag errichten und aufrechterhalten will (s. insbesondere Urteil Hag II, Randnr. 13).
63.
Die Ausführungen in den Randnummern 51 bis 54 gelten daher hier entsprechend. Die Benutzung
der Marke eines anderen mit dem Ziel, die Öffentlichkeit auf die Instandsetzung und Wartung von
Waren dieser Marke hinzuweisen, ist also unter
denselben Bedingungen zulässig wie die Benutzung der Marke mit dem Ziel, die Öffentlichkeit auf den
Wiederverkauf von Waren dieser Marke hinzuweisen.
64.
Auf die vierte und fünfte Frage ist daher zu antworten, daß der Inhaber einer Marke einem Dritten
nach den Artikeln 5 bis 7 der Richtlinie die Benutzung dieser Marke zu dem Zweck, die Öffentlichkeit
darauf hinzuweisen, daß er Waren dieser Marke, die unter der Marke von deren Inhaber oder mit
seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, instandsetzt und wartet oder daß er auf den
Verkauf, die Instandsetzung oder Wartung dieser Waren spezialisiert oder für diese Fachmann ist,
nicht verbieten kann, sofern die Marke nicht in einer Weise benutzt wird, die den Eindruck erwecken
kann, daß eine Handelsbeziehung zwischen dem Drittunternehmen und dem Markeninhaber besteht,
insbesondere das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers
angehört oder eine Sonderbeziehung zwischen den beiden Unternehmen besteht.
Kosten
65.
Die Auslagen der italienischen und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben
haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung
ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Hoge Raad der Nederlanden mit Urteil vom 7. Februar 1997 vorgelegten Fragen für
Recht erkannt und entschieden:
1. Vorbehaltlich der Verpflichtung des vorlegenden Gerichts, nationales Recht,soweit
irgend möglich, gemeinschaftsrechtskonform auszulegen, verstößt eine nationale
Übergangsvorschrift nicht gegen Gemeinschaftsrecht, nach der ein Rechtsmittel gegen
eine Entscheidung, die vor der verspäteten Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG
des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken in nationales Recht erlassen worden war, nach den vor
diesem Tag anwendbaren Bestimmungen zu entscheiden ist, selbst wenn das Urteil nach
diesem Tag ergeht.
2. Die Benutzung einer Marke ohne Zustimmung des Inhabers zu dem Zweck, die
Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß ein Unternehmer Waren dieser Marke instandsetzt
und wartet oder daß er Fachmann für solche Waren oder auf sie spezialisiert ist, ist unter
Umständen, wie sie im Vorlagebeschluß wiedergegeben sind, eine Benutzung der Marke
im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe a der Ersten Richtlinie 89/104.
3. Der Inhaber einer Marke kann einem Dritten nach den Artikeln 5 bis 7 der Ersten
Richtlinie 89/104 die Benutzung dieser Marke zu dem Zweck, die Öffentlichkeit darauf
hinzuweisen, daß er Waren dieser Marke, die unter der Marke von deren Inhaber oder mit
seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, instandsetzt und wartet oder daß er
auf den Verkauf, die Instandsetzung oder Wartung dieser Waren spezialisiert oder für
diese Fachmann ist, nicht verbieten, sofern die Marke nicht in einer Weise benutzt wird,
die den Eindruck erwecken kann, daß eine Handelsbeziehung zwischen dem
Drittunternehmen und dem Markeninhaber besteht, insbesondere das Unternehmen des
Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehört oder eine
Sonderbeziehung zwischen den beiden Unternehmen besteht.
Rodríguez Iglesias
Kapteyn
Puissochet
Jann
Gulmann
Murray
Edward
Ragnemalm
Sevón
Wathelet
Schintgen
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Februar 1999.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias
Verfahrenssprache: Niederländisch.