Urteil des EuGH vom 15.07.2004

EuGH: beihilfe, subvention, kommission, verordnung, dienstleistung, gegenleistung, lieferung, republik, finnland, luxemburg

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
15. Juli 2004
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 77/388/EWG – Mehrwertsteuer – Artikel 11 Teil A Absatz 1
Buchstabe a – Besteuerungsgrundlage – Unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subvention –
Verordnung (EG) Nr. 603/95 – Beihilfen für Trockenfutter“
In der Rechtssache C-144/02
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland,
Beklagte,
unterstützt durch
Republik Finnland,
Luxemburg,
und
Königreich Schweden,
Luxemburg,
Streithelfer,
wegen Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel
11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) verstoßen hat, dass sie den Betrag der
Beihilfen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 603/95 des Rates vom 21. Februar 1995 über die gemeinsame
Marktorganisation für Trockenfutter (ABl. L 63, S. 1) gezahlt werden, nicht der Mehrwertsteuer unterwirft,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), J.-
P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richterin N. Colneric,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Beteiligten in der Sitzung vom 16. Oktober 2003, in der die Kommission durch
E. Traversa, K. Gross, I. Koskinen und K. Simonsson als Bevollmächtigte, die Bundesrepublik Deutschland
durch M. Lumma, die Republik Finnland durch T. Pynnä und das Königreich Schweden durch A. Kruse
vertreten waren,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. November 2003,
folgendes
Urteil
1
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 17. April 2002 bei der Kanzlei
des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die
Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, dass sie den
Betrag der Beihilfen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 603/95 des Rates vom 21. Februar 1995 über die
gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter (ABl. L 63, S. 1) gezahlt werden, nicht der Mehrwertsteuer
unterwirft.
Rechtlicher Rahmen
2
Artikel 2 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie unterwirft „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen,
die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer.
3
Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Die Besteuerungsgrundlage ist:
a)
bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen … alles, was den Wert der Gegenleistung
bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder
Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der
unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen ...“
4
Artikel 3 der Verordnung Nr. 603/95 sieht vor, dass die Beihilfe in Höhe von 68,83 Euro pro Tonne für
künstlich getrocknetes Futter und in Höhe von 38,64 Euro für sonnengetrocknetes Futter gewährt wird.
5
Artikel 4 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1347/95 des Rates vom 9. Juni 1995 (ABl. L 131, S. 1)
geänderten Fassung führt für jedes Wirtschaftsjahr garantierte Höchstmengen ein, für die die Beihilfe
gewährt werden darf. Außerdem teilt diese Vorschrift die Höchstmengen auf die Mitgliedstaaten auf.
6
Artikel 5 bestimmt:
„Überschreitet die Menge Trockenfutter, für die die Beihilfe ... in einem gegebenen Wirtschaftsjahr beantragt
wird, die in Artikel 4 ... genannte GHM [garantierte Höchstmenge], so wird die in dem betreffenden
Wirtschaftsjahr zu zahlende Beihilfe folgendermaßen berechnet:
bei einer Überschreitung der GHM um bis zu 5 % wird die Beihilfe in allen Mitgliedstaaten um einen
Prozentsatz gekürzt, der dem Prozentsatz der Überschreitung entspricht,
bei einer Überschreitung um mehr als 5 % wird die Beihilfe in den Mitgliedstaaten, in denen die um 5
% erhöhte GEM [garantierte einzelstaatliche Menge] überschritten wurde, entsprechend der
Überschreitung zusätzlich gekürzt.
…“
7
Artikel 6 Absatz 2 macht die Zahlung eines Vorschusses auf die Beihilfe davon abhängig, dass das
Trockenfutter das Verarbeitungsunternehmen verlassen hat.
8
Artikel 8 bestimmt:
„Die Beihilfe gemäß Artikel 3 wird auf Antrag des Berechtigten für Trockenfutter gewährt, das die
Verarbeitungsunternehmen verlassen hat und folgenden Bedingungen entspricht:
a)
Der Feuchtigkeitshöchstgehalt muss zwischen 11 und 14 v. H. liegen; er kann je nach Aufmachung
des Erzeugnisses variieren.
b)
Der gesamte Roheiweißmindestgehalt in der Trockenmasse muss betragen:
mindestens 15 v. H. für die in Artikel 1 Buchstabe a) und Artikel 1 Buchstabe b) zweiter
Gedankenstrich genannten Erzeugnisse;
mindestens 45 v. H. für die in Artikel 1 Buchstabe b) erster Gedankenstrich genannten
Erzeugnisse.
c)
Das Trockenfutter muss gesund und von handelsüblicher Qualität sein.
Jedoch können ergänzende Bedingungen, insbesondere in Bezug auf den Karotingehalt und den
Rohfasergehalt … festgelegt werden.“
9
Artikel 9 Buchstabe c bestimmt:
„Die Beihilfe nach Artikel 3 wird ... nur den Verarbeitungsunternehmen gewährt,
c)
auf die mindestens eine der folgenden Möglichkeiten zutrifft:
Sie haben mit den Erzeugern des zur Trocknung bestimmten Futters Verträge abgeschlossen;
sie haben ihre eigene Produktion oder, im Fall von Zusammenschlüssen, die Produktion ihrer
Mitglieder verarbeitet;
sie haben das Futter von juristischen oder natürlichen Personen bezogen, die bestimmte noch
festzulegende Garantien bieten und mit den Erzeugern des zur Trocknung bestimmten Futters
Verträge abgeschlossen haben. Diese juristischen oder natürlichen Personen sind Käufer, die
von der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats, in dem das Futter geerntet wurde, ... zugelassen
wurden ...“
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In Artikel 11 Absatz 2 heißt es:
„Handelt es sich bei den in Artikel 9 Buchstabe c) erster Gedankenstrich genannten Verträge[n] um
Werkverträge, die die Verarbeitung des von den Erzeugern gelieferten Futters betreffen, so enthalten sie
zumindest Angaben zu der Fläche, deren Ernte zu liefern ist, und eine Klausel betreffend die Verpflichtung
des Verarbeitungsunternehmens, dem Erzeuger die Beihilfe nach Artikel 3 zu zahlen, die sie für die im
Rahmen der Verträge verarbeiteten Mengen erhalten.“
Das Vorverfahren und die Klage
11
Die Kommission stellte fest, dass die Bundesrepublik Deutschland den Betrag der Beihilfen, die gemäß der
Verordnung Nr. 603/95 gezahlt werden, nicht der Mehrwertsteuer unterwirft. Sie sah darin einen Verstoß
gegen Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie und richtete deshalb am 20. November
1998 gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) ein Mahnschreiben an diesen Mitgliedstaat, in dem
sie ihn aufforderte, sich binnen zwei Monaten zu äußern.
12
Mit Schreiben vom 25. März 1999 antwortete die deutsche Regierung, dass eine Subvention nur dann in die
Besteuerungsgrundlage einzubeziehen sei, wenn sie einen Teil der von einem Dritten erbrachten
Gegenleistung darstelle. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der
Gewährung der Subvention und den Lieferungen von Trockenfutter von den Erzeugungsunternehmen an die
Abnehmer bestünde. Die Trockenfutterbeihilfe müsste den verschiedenen Futterlieferungen zugeordnet
werden können. Die streitige Beihilfe könne jedoch nicht dem Verkauf einer bestimmten Trockenfuttermenge
zugeordnet werden.
13
Am 15. September 1999 richtete die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die
Bundesrepublik Deutschland und forderte sie auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieser
binnen zwei Monaten nachzukommen. Zusätzlich machte sie geltend, dass das Trockenfutter ohne Beihilfe zu
einem höheren Preis verkauft würde, der in voller Höhe mehrwertsteuerpflichtig sei.
14
Die Bundesregierung beantwortete diese mit Gründen versehene Stellungnahme nicht. Daraufhin hat die
Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
15
Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 16. September 2002 sind die Republik Finnland
und das Königreich Schweden als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen
worden.
Zur Begründetheit
16
Nach Ansicht der Kommission besteht die Mehrwertsteuerpflicht für Umsätze, die von den
Verarbeitungsunternehmen für Futtermittel nach zwei von drei möglichen Arten der Ausübung ihrer Tätigkeit
erzielt wurden, nämlich
durch den Kauf von Grünfutter bei den Erzeugern und den Weiterverkauf des
Verarbeitungserzeugnisses an Dritte;
durch den Abschluss von Werkverträgen mit den Erzeugern von Grünfutter, ohne dass das Eigentum
daran übergeht, und die anschließende Rückgabe des Verarbeitungserzeugnisses an diese Erzeuger.
17
Bei Verarbeitungsunternehmen, die bei den Erzeugern Futter ankauften, um es danach an Dritte
weiterzuverkaufen, liege ein Abschluss von Verträgen über den Kauf und Weiterverkauf von Gegenständen
vor. Diese Umsätze seien offensichtlich als Lieferungen von Gegenständen im Sinne der Sechsten Richtlinie
anzusehen und daher steuerpflichtig.
18
Bei Werkverträgen sei die Tätigkeit als Dienstleistung anzusehen, die in der Trocknung des Futters bestehe,
weil das Verarbeitungsunternehmen dem Erzeuger des Grünfutters das getrocknete Futter zurückgebe.
Diese Dienstleistung sei also als solche gemäß der Sechsten Richtlinie steuerpflichtig.
19
Da es sich um steuerbare Umsätze handele, müsse nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der
Sechsten Richtlinie auch auf die Beihilfen, die im Rahmen der Verordnung Nr. 603/95 gezahlt worden seien,
Mehrwertsteuer erhoben werden.
20
Artikel 9 der Verordnung Nr. 603/95 bestimme: „Die Beihilfe nach Artikel 3 wird ... nur den
Verarbeitungsunternehmen gewährt.“ Diese seien damit im rechtlichen Sinne die Subventionsempfänger,
die der Gemeinschaftsgesetzgeber gemeint habe, als er in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der
Sechsten Richtlinie von der „Gegenleistung ..., die der Lieferer oder Dienstleistende ... erhalten soll“,
gesprochen habe. Die Verordnung Nr. 603/95 führe keinen weiteren im rechtlichen Sinne Begünstigten der
Vermarktungsbeihilfe für Trockenfutter auf.
21
Zwar könne eine Subvention für eine bestimmte Kategorie von Unternehmen wirtschaftlich positive
Auswirkungen sowohl für die den subventionierten Unternehmen im Produktionszyklus vorgelagerten
Wirtschaftsbeteiligten (hier die Erzeuger des Grünfutters) als auch für die den subventionierten
Unternehmen nachgelagerten Wirtschaftsbeteiligten (hier die Viehzüchter) haben. Bei Werkverträgen
verlange der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 603/95 aber selbst, dass
das Verarbeitungsunternehmen die von der Interventionsstelle erhaltene Beihilfe dem Erzeuger zahle.
22
Die Möglichkeit, dass eine Subvention anderen Wirtschaftsteilnehmern zugute kommen könne, oder die
Pflicht, eine Subvention ganz oder teilweise an andere Wirtschaftsteilnehmer abzuführen, ändere in keiner
Weise die rechtliche Beurteilung des Problems. Der Beihilfeempfänger im rechtlichen Sinne, d. h. das
Verarbeitungsunternehmen, sei vom mittelbaren Beihilfebegünstigten im wirtschaftlichen Sinne zu
unterscheiden.
23
Mit der Verwendung des Begriffes „unmittelbar mit dem Preis … zusammenhängenden Subventionen“ in
Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie habe der Gemeinschaftsgesetzgeber
beabsichtigt, alle Beihilfen in die Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer einzubeziehen, die sich
unmittelbar auf den Betrag der Gegenleistung auswirkten, die der Lieferer oder der Dienstleister erhielten.
Diese Subventionen müssten einen unmittelbaren und sogar einen kausalen Zusammenhang mit der
Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistung haben, der genau beziffert oder
bezifferbar sein müsse: Die Beihilfe werde gewährt, soweit diese Gegenstände oder Dienstleistungen
tatsächlich auf dem Markt verkauft würden. Dies sei hier der Fall.
24
Die deutsche Regierung ist der Ansicht, dass die „unmittelbar mit dem Preis … zusammenhängenden
Subventionen“ im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie nur steuerbar
seien, wenn sie
die Gegenleistung für eine Lieferung oder Dienstleistung des Subventionsempfängers darstellten und
in engem Zusammenhang mit dem Preis stünden.
25
Unterstützt von der finnischen und der schwedischen Regierung trägt sie vor, dass diese Voraussetzungen
hier nicht erfüllt seien.
26
Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie umfasst die Besteuerungsgrundlage für
die Mehrwertsteuer in den dort genannten Fällen die an die Steuerpflichtigen gezahlten Subventionen. Diese
Regelung zielt darauf ab, den gesamten Wert der Gegenstände und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer zu
unterwerfen und somit zu vermeiden, dass die Zahlung einer Subvention zu einem geringeren Steuerertrag
führt.
27
Diese Vorschrift ist gemäß ihrem Wortlaut anwendbar, wenn die Subvention unmittelbar mit dem Preis dieser
Umsätze zusammenhängt.
28
Das ist zunächst nur dann der Fall, wenn die Subvention an den subventionierten Wirtschaftsteilnehmer
gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstandes oder die Erbringung einer bestimmten
Dienstleistung gezahlt wird. Nur in diesem Fall kann die Subvention als Gegenleistung für die Lieferung eines
Gegenstandes oder der Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden und ist damit steuerbar.
Namentlich muss festgestellt sein, dass das Recht auf Auszahlung der Subvention dem Begünstigten
zusteht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat (Urteil vom 22. November 2001 in der Rechtssache
C‑184/00, Office des produits wallons, Slg. 2001, I‑9115, Randnrn. 12 und 13).
29
Weiter muss die Subvention des Subventionsempfängers dem Abnehmer des Gegenstandes oder dem
Dienstleistungsempfänger zugute kommen. Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende
Preis muss nämlich so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstandes
oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises
einfließt, den der Letztgenannte verlangt. Die Zahlung der Subvention an den Verkäufer oder
Dienstleistungserbringer muss diesem also objektiv gesehen den Verkauf des Gegenstandes bzw. die
Erbringung der Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis als dem ermöglichen, den er ohne Subvention
verlangen müsste (Urteil Office des produits wallons, Randnr. 14).
30
Die von der Subvention verkörperte Gegenleistung muss zumindest bestimmbar sein. Dabei ist nicht
erforderlich, dass die Höhe der Subvention genau dem Betrag entspricht, um den der Preis des gelieferten
Gegenstandes oder der erbrachten Dienstleistung sich ermäßigt. Es genügt, dass ein Zusammenhang
zwischen dieser Ermäßigung und der Subvention, die pauschal festgelegt sein kann, erkennbar ist (Urteil
Office des produits wallons, Randnr. 17).
31
Schließlich erfasst der Begriff „unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subventionen“ im Sinne von
Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie nur die Subventionen, die vollständig oder
teilweise die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder von Dienstleistungen sind und dem
Verkäufer oder Dienstleistungserbringer von einem Dritten gezahlt werden (Urteil Office des produits
wallons, Randnr. 18).
32
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die
streitigen Beihilfen für keine der beiden von der Kommission genannten Umsatzkategorien – den Verkauf von
beim Grünfuttererzeuger gekauftem Futter nach der Trocknung durch ein Verarbeitungsunternehmen und
den Werkvertrag zwischen einem Verarbeitungsunternehmen und einem Grünfuttererzeuger – erfüllt sind.
Verkauf nach der Trocknung des Futters, das bei den Erzeugern gekauft wurde
33
Wie die Kommission ausgeführt hat, stellt der Verkauf von Trockenfutter durch ein
Verarbeitungsunternehmen, das das Ausgangsmaterial zuvor beim Grünfuttererzeuger gekauft hat, eine
Lieferung von Gegenständen im Sinne der Sechsten Richtlinie dar.
34
Die Beihilfe wird dem Verarbeitungsunternehmen gezahlt, das über sie verfügen kann.
35
Sie hängt jedoch nicht unmittelbar mit dem Preis des steuerpflichtigen Umsatzes im Sinne von Artikel 11 Teil
A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zusammen.
36
Sie wird dem Verarbeitungsunternehmen nämlich nicht spezifisch dafür gezahlt, dass es einem Abnehmer
Trockenfutter liefert.
37
Nach übereinstimmender Meinung der Beteiligten herrscht auf dem Weltmarkt kein Mangel an Trockenfutter.
Unstreitig ist auch, dass das Beihilfesystem zum einen, um eine interne Versorgungsquelle zu garantieren,
trotz der gegenüber dem Weltmarkt höheren Produktionskosten die Erzeugung in der Gemeinschaft und zum
anderen die Erzeugung hochwertigen Trockenfutters fördern soll. Hierzu heißt es in der elften
Begründungserwägung der Verordnung Nr. 603/95, dass „die regelmäßige Versorgung der
Grünfutterverarbeitungsunternehmen … [gefördert werden] und … die Beihilferegelung den Erzeugern
zugute kommen [soll]“; und in der zehnten Begründungserwägung wird festgestellt, dass Kriterien für die
Mindestqualität des Trockenfutters festzulegen sind, für das eine Beihilfe gewährt werden kann; diese
Kriterien finden sich in Artikel 8 der Verordnung.
38
In diesem Kontext stellt sich die Beihilferegelung nicht als Verbrauchsförderung dar. Sie soll nicht Dritte zum
Kauf von Trockenfutter veranlassen, dessen Preis aufgrund der Beihilfe unter dem Weltmarktpreis läge, was
zur Folge hätte, dass eine auf den gezahlten Preis beschränkte Bemessungsgrundlage für die
Mehrwertsteuer nicht dem gesamten Wert des gelieferten Gegenstandes entspräche. Die Regelung soll
Dritten vielmehr ermöglichen, sich in der Gemeinschaft zu einem dem Weltmarktpreis entsprechenden Preis
zu versorgen, zu dem sie sich zudem außerhalb der Gemeinschaft versorgen könnten, wenn ohne Beihilfe
innerhalb der Gemeinschaft kein oder kein ausreichendes Angebot vorhanden wäre. Die auf diesen Preis
erhobene Mehrwertsteuer erfasst also den gesamten Marktwert des Gegenstandes.
39
Bereits aus diesen Gründen ist festzustellen, dass die Rüge der Kommission in Bezug auf den Verkauf des
bei den Erzeugern gekauften Futters nach der Trocknung unbegründet ist; dahinstehen kann, ob die
anderen Voraussetzungen der Einbeziehung der Beihilfe in die Besteuerungsgrundlage für die
Mehrwertsteuer erfüllt sind.
Werkvertrag
40
Der Werkvertrag hat, wie die Kommission vorträgt, eine Trocknungsleistung zum Gegenstand, d. h. eine
Dienstleistung, die von einem Verarbeitungsunternehmen auf Rechnung des Grünfuttererzeugers erbracht
wird.
41
Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist die Subvention jedoch nur steuerbar,
wenn sie zugunsten des Lieferers eines Gegenstandes oder des Dienstleistenden zu zahlen ist, so dass er
darüber verfügen kann.
42
Bei Werkverträgen wird die Beihilfe, die das Verarbeitungsunternehmen erhält, nicht zu dessen Gunsten
ausgezahlt.
43
Zwar bestimmt Artikel 9 der Verordnung Nr. 603/95: „Die Beihilfe … wird ... nur den
Verarbeitungsunternehmen gewährt“.
44
Aber nach der 15. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 603/95 muss sich die Beihilfe bei
Werkverträgen zugunsten des Erzeugers auswirken, und nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung sind die
Verarbeitungsunternehmen verpflichtet, den Erzeugern die Beihilfe zu zahlen, die sie für die im Rahmen der
geschlossenen Verträge verarbeiteten Mengen erhalten.
45
Das Verarbeitungsunternehmen kann also nicht über die Beihilfe verfügen, die es erhalten hat. Es spielt nur
eine Mittlerrolle zwischen der Beihilfestelle und dem Futtererzeuger. Hierbei ist das von der Kommission
vorgeschlagene Kriterium, das sich auf den Begriff „rechtlicher Empfänger“ einer Subvention unabhängig
davon stützt, wem sie zugute kommt, zurückzuweisen.
46
Unter diesen Umständen kann die Beihilfe nicht als die Gegenleistung für die vom
Verarbeitungsunternehmen erbrachte Dienstleistung angesehen werden; sie erlaubt ihm nicht, diese
Leistung zu einem geringeren Preis zu erbringen.
47
Der Preis für die Dienstleistung der Trocknung muss also die generellen Verarbeitungskosten
berücksichtigen, so dass die auf diesen Preis erhobene Mehrwertsteuer den gesamten Wert der Leistung
umfasst.
48
Die Beihilfe, die sich zugunsten des Erzeugers auswirkt, senkt für diesen die Kosten des Trockenfutters. Die
Kostensenkung erfolgt jedoch nicht bei der Zahlung des Preises des steuerbaren Umsatzes. Sie erfolgt
nachträglich; der gezahlte Preis entspricht dem gesamten Wert der Leistung.
49
Würde die letztlich an den Grünfuttererzeuger gezahlte Beihilfe ebenfalls in die Besteuerungsgrundlage
einbezogen, hätte dies eine mit Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie unvereinbare
Steuermehrbelastung des mit der Trocknung erzielten Umsatzes zur Folge.
50
Bereits aus diesen Gründen ist festzustellen, dass die Rüge der Kommission in Bezug auf die Werkverträge
unbegründet ist; dahinstehen kann, ob die anderen Voraussetzungen einer Einbeziehung der Beihilfe in die
Besteuerungsgrundlage erfüllt sind.
51
Da keine der beiden Rügen der Kommission begründet ist, ist die Klage abzuweisen.
Kosten
52
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten
zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der
Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
53
Die Republik Finnland und das Königreich Schweden, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der
Beklagten beigetreten sind, haben gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten zu
tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.
3.
Die Republik Finnland und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.
Timmermans
Gulmann
Puissochet
Cunha Rodrigues
Colneric
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Juli 2004.
Der Kanzler
Der Präsident der Zweiten Kammer
R. Grass
C. W. A. Timmermans
Verfahrenssprache: Deutsch.