Urteil des EuGH vom 09.02.1999

EuGH: ware, verordnung, zollrechtliche tarifierung, kommission, stahl, zusammenarbeit, aluminium, form, stoff, zolltarif

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)
9. Februar 1999
„Kombinierte Nomenklatur — Tarifpositionen — Verbindungskasten ohne Kabel und Anschlußkontakte“
In der Rechtssache C-280/97
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) in
dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
ROSE Elektrotechnik GmbH & Co. KG
gegen
Oberfinanzdirektion Köln
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur in der
Fassung des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1734/96 der Kommission vom 9. September 1996 zur
Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische
Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 238, S. 1)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters D. A. O. Edward in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie
der Richter L. Sevón (Berichterstatter) und M. Wathelet,
Generalanwalt: N. Fennelly
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
— der ROSE Elektrotechnik GmbH & Co. KG, vertreten durch Gert Schemmann, Außenwirtschaftsberater,
Hamburg,
— der Oberfinanzdirektion Köln, vertreten durch Regierungsrätin Elke Schmidt, Köln,
— der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Fernando Castillo de la Torre,
Juristischer Dienst, und Karin Schreyer, zum Juristischen Dienst abgeordnete nationale Beamtin, als
Bevollmächtigte, Beistand: Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Marco Núñez Müller, Hamburg,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Mai 1998,
folgendes
Urteil
1.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 22. Juli 1997, beim Gerichtshof eingegangen am
1. August 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Kombinierten
Nomenklatur in der Fassung des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1734/96 der Kommission vom 9.
September 1996 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die
zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 238, S. 1) zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der ROSE Elektrotechnik GmbH & Co. KG
(im folgenden: Klägerin) und der Oberfinanzdirektion Köln über die Tarifierung einer als
Schaltverbindungskasten bezeichneten Ware. Dabei handelt es sich um einen rechteckigen Behälter
(etwa 21,7 cm lang, 8 cm hoch und 11,7 cm breit) mit einem Deckel aus lackiertem
Aluminiumdruckguß (Aluminium-Silicium-Legierung mit gewichtsmäßig vorherrschendem
Aluminiumgehalt). In dem Deckel, in den eine Dichtung aus Kunststoffmasse eingelassen ist, befinden
sich vier Verbindungsschrauben aus Stahl. Diese zur Aufnahme von Elektroklemmen (Reihenklemmen)
verschiedener Typen und Abmessungen bestimmte Ware weist neben Lochungen für
Schraubverbindungen weitere Lochungen zur Befestigung auf. Ferner sind in der Ware vier
Gewindebohrungen für vier Erdungsschrauben aus verkupfertem Stahl vorhanden. Diese vier
Erdungsschrauben befinden sich lose verpackt in der Ware. Weitere Anschlußvorrichtungen sind nicht
vorhanden.
3.
Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts sind folgende Tarifpositionen der Kombinierten
Nomenklatur (im folgenden: KN) maßgeblich:
„7616 Andere Waren aus Aluminium:
...
— andere:
...
7616 99 — — andere:
7616 99 10 — — — gegossen
...
8536 Elektrische Geräte zum Schließen, Unterbrechen, Schützen oder Verbinden von elektrischen
Stromkreisen (z. B. Schalter, Relais, Sicherungen, Wanderwellenausgleicher, Steckvorrichtungen,
Lampenfassungen und Verbindungskästen), für eine Spannung von 1 000 V oder weniger:
...
8536 90 — andere Geräte:
...
8536 90 85 — — andere
...
8538 Teile, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Geräte der Position 8535, 8536 oder
8537 bestimmt:
8538 10 00 — Tafeln, Felder, Konsolen, Pulte, Schränke und andere Träger für Waren der Position
8537, nicht mit den zugehörigen Geräten ausgerüstet
8538 90 — andere
8538 90 10 — — zusammengesetzte elektronische Schaltungen (Baugruppen)
8538 90 90 — — andere“.
4.
Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, enthalten in deren Teil I Titel I Buchstabe A,
sehen insbesondere vor:
„Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:
...
2. a) Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige
Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen
oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden
Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht
zusammengesetzt gestellt wird.
b) Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als
auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem
bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche
Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehenden Waren werden nach den Grundsätzen der
Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.
3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in
irgendeinem anderen Fall zwei oder mehrere Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:
a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner
Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehrere Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in
einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere
Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im
Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder
vollständigere Warenbezeichnung enthält.
b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den
Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht
eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren
wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.
...“
5.
Die vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens veröffentlichten
Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Bezeichnung und Kodierung der Waren (Ausgabe 1996)
sehen in Erläuterung II Absatz 1 der Allgemeinen Vorschrift 2 a „Unvollständige oder unfertige Waren“
vor:
„Diese Allgemeine Vorschrift wird auch auf angewendet, wenn diese nicht in einer
bestimmten Position besonders genannt sind. Als sind solche Waren anzusehen, die
unverändert nicht verwendet werden können, ungefähr die Form oder den Umriß der fertigen Ware
oder des fertigen Teils aufweisen und — von Ausnahmefällen abgesehen — nur zur Herstellung der
fertigen Ware oder des fertigen Teils verwendet werden können.“
6.
Nach Erläuterung III C des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zu
Position 8536 sind Verbindungskästen „Kästen ... in die Klemmen oder andere Anschlußvorrichtungen
für elektrische Leitungen eingebaut sind. Kästen ... ohne Anschlußvorrichtungen, die nur als Behälter
zum Schützen oder Isolieren einer bereits auf andere Weise hergestellten Leitungsverbindung dienen,
sind nach ihrer Stoffbeschaffenheit einzureihen.“
7.
Die Klägerin beantragte, die fragliche Ware als Verbindungskasten in die Unterposition 8536 90 85
der KN einzureihen. Die Oberfinanzdirektion wies diesen Antrag am 11. Juli 1996 zurück und reihte die
Ware in die Unterposition 7616 99 10 „Andere Waren aus Aluminium: gegossen“ der KN ein,
hauptsächlich deswegen, weil sie keine Anschlußvorrichtungen aufweise, sondern lediglich als
Behälter zum Schützen oder Isolieren einer bereits auf andere Weise hergestellten
Leitungsverbindung vor Umwelteinflüssen diene.
8.
Die Klägerin erhob daraufhin gegen diese Entscheidung Klage beim Finanzgericht.
9.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Ware bis auf die fehlenden Klemmen, Anschlüsse und
Bohrungen der äußeren Form nach als Verbindungskasten im Sinne der Position 8536 ohne
vollständigen Inhalt erkennbar. Die Einreihung der Ware sei zweifelhaft, da einerseits aus der
Zweckbestimmung der Waren der Position 8536 zu schließen sein könnte, daß wesentliches
Beschaffenheitsmerkmal eines Verbindungskastens das Vorhandensein von Anschlußvorrichtungen
für das Verbinden von Stromkreisen sei, während andererseits die Definition des Begriffes der
Warenrohlinge in Erläuterung II der Allgemeinen Vorschrift 2 a weiter sei.
10.
Außerdem hält es das Finanzgericht für fraglich, für welche elektrischen Leitungen die in den
Erläuterungen zu Position 8536 genannten Anschlußvorrichtungen eingebaut sein müßten. Die
verkupferten Erdungsschrauben mit den vorhandenen Gewindebohrungen dienten im vorliegenden
Fall dem Anschluß eines sogenannten
Schutzleiters; es sei jedoch bekannt und stehe außer Zweifel, daß eine solche Erdungsverbindung
keinen Stromkreis schließe oder verbinde.
11.
Da nach Auffassung des Finanzgerichts die Beilegung des Rechtsstreits von der Auslegung des
Gemeinschaftsrechts abhängt, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende
Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist der Gemeinsame Zolltarif in der Fassung des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1734/96 der
Kommission vom 9. September 1996 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87
des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif
(Kombinierte Nomenklatur 1997) dahin auszulegen, daß eine als Schaltverbindungskasten
bezeichnete Ware bestehend aus einem rechteckigen Behälter mit Deckel aus lackiertem
Aluminiumdruckguß (Aluminium-Silicium-Legierung mit gewichtsmäßig vorherrschendem
Aluminiumgehalt) mit vier Verbindungsschrauben aus Stahl und vier Erdungsschrauben aus
verkupfertem Stahl (die sich lose verpackt in der Ware befinden und in hierfür vorgesehene
Gewindebohrungen noch einzubringen sind) in die Position 8538 einzureihen ist?
2. Bei Verneinung der Frage 1: Ist der Gemeinsame Zolltarif (Kombinierte Nomenklatur 1997) dahin
auszulegen, daß eine solche Ware nach Satz 1 der Allgemeinen Vorschrift 2 a für die Auslegung der
Kombinierten Nomenklatur in die Position 8536 einzureihen ist?
Zur zweiten Frage
12.
Mit der zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen
wissen, ob die KN dahin auszulegen ist, daß eine Ware wie die im Ausgangsverfahren fragliche als
unvollständiger Verbindungskasten in die Position 8536 einzureihen ist.
13.
Nach Auffassung der Klägerin ist diese Frage zu bejahen, da charakterbestimmende Merkmale
dieser Ware die standardisierte Form mit ihren technischen Vorbereitungen seien und da die Ware für
bestimmte industrielle Verwendungszwecke angefertigt werde und nicht zu einem anderen als ihrem
eigentlichen Bestimmungszweck verwendet werden könne. Die Reihenklemmen seien keine
charakterbestimmenden Merkmale, und wegen der Vielfalt der möglichen Klemmenausstattungen
würden Reihenklemmen oder Klemmleisten je nach dem industriellen Verwendungszweck hinzugefügt
und die erforderlichen Bohrungen angebracht. Schließlich werde selbst durch die Bestückung eines
Verbindungskastens mit den dazu passenden Klemmen nicht sichergestellt bzw. bewirkt, daß auch
tatsächlich ein Stromkreis hergestellt bzw. geschlossen werde, und ein Erdleiter, der im Notfall als
Bedarfsfall Strom führe, dürfe deshalb nicht von dem Begriff der Herstellung eines Stromkreises bzw.
einer elektrisch-leitenden Verbindung abgekoppelt werden.
14.
Die Oberfinanzdirektion bestreitet, daß es sich um einen, wenn auch nur unvollständigen
Verbindungskasten handle, da die der Ware beigefügten Erdungsschrauben keine
Anschlußvorrichtungen für elektrische Leitungen seien, denn bei einer Erdungsverbindung bestehe
weder ein Stromkreis noch ein Leitungsnetz. An der Ware seien keine anderen Anschlußvorrichtungen
vorhanden,da sie nur auf speziellen Kundenwunsch und jedenfalls erst nach der Einfuhr mit
Klemmleisten bestückt werde.
15.
Die Kommission weist ebenfalls darauf hin, daß in die streitige Ware keine Anschlußvorrichtungen
für elektrische Leitungen eingebaut seien und daß die der Ware beiliegenden Erdungsschrauben
keinen Stromkreis verbinden und damit funktionsfähig machen sollten. Nach ihrer Zusammensetzung,
ihrer Installierung und ihren objektiven Eigenschaften diene diese Ware hauptsächlich dem Schutz
einer bereits hergestellten Leitung gegen Schlag- bzw. Feuchtigkeitseinwirkungen.
16.
Nach ständiger Rechtsprechung sind im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten
Nachprüfbarkeit grundsätzlich die objektiven Merkmale und Eigenschaften einer Ware, wie sie im
Wortlaut der Position der Kombinierten Nomenklatur festgelegt sind, das entscheidende Kriterium für
deren zollrechtliche Tarifierung. Außerdem sind die bezüglich der Kombinierten Nomenklatur von der
Kommission und bezüglich des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Kodierung der Waren vom
Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens ausgearbeiteten Erläuterungen ein
wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen
Tarifpositionen (vgl. insbesondere Urteile vom 6. November 1997 in der Rechtssache C-201/96, LTM,
Slg. 1997, I-6147, Randnr. 17, und vom 10. Dezember 1998 in der Rechtssache C-328/97, Slg. 1998, I-
0000, Randnr. 26).
17.
Nach Erläuterung III C des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zu
Position 8536 müssen in Verbindungskästen Klemmen oder andere Anschlußvorrichtungen für
elektrische Leitungen eingebaut sein, während Kästen ohne Anschlußvorrichtungen, die nur als
Behälter zum Schützen oder Isolieren einer bereits auf andere Weise hergestellten
Leitungsverbindung dienen, nach ihrer Stoffbeschaffenheit einzureihen sind.
18.
Überdies geht aus der Allgemeinen Vorschrift 2 a für die Auslegung der KN hervor, daß eine
unvollständige oder unfertige Ware der vollständigen oder fertigen Ware gleichzustellen ist, wenn sie
deren wesentliche Beschaffenheitsmerkmale hat. Zu dieser Auslegungsvorschrift ist wiederum in den
Erläuterungen des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens ausgeführt, daß
die Position für die fertige Ware auch auf die Warenrohlinge angewendet wird, d. h. solche Waren, die
unverändert nicht verwendet werden können, ungefähr die Form oder den Umriß der fertigen Ware
aufweisen und nur zur Herstellung der fertigen Ware verwendet werden können.
19.
Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ist die Ware der äußeren Form nach als
Verbindungskasten erkennbar und zur Aufnahme von Elektroklemmen bestimmt. Vorbehaltlich der vom
vorlegenden Gericht gegebenenfalls insoweit zu treffenden tatsächlichen Feststellungen und
angesichts der technischen Angaben, die es dem Gerichtshof übermittelt hat, ist mit dem
Generalanwalt (vgl. Nr. 30 seiner Schlußanträge) darauf hinzuweisen, daß diese Ware offensichtlich
nicht anders denn als Verbindungskasten verwendet werden kann.
20.
Insoweit ist es infolge des Fehlens von Reihenklemmen nicht etwa deshalb ausgeschlossen, die
Ware als unvollständigen Verbindungskasten anzusehen, weil sie nicht die wesentlichen
Beschaffenheitsmerkmale eines solchen Kastens aufweist. Es ist nämlich unstreitig, daß diese
Reihenklemmen nur deshalb später eingebaut werden, weil ihre Form und Abmessungen vom
industriellen Verwendungszweck abhängen, für den der Abnehmer den Verbindungskasten einsetzt.
Ihr Fehlen bewirkt also keine Änderung der Zweckbestimmung der Ware.
21.
Außerdem wäre die Ware selbst dann in die Position 8536 einzureihen, wenn sie zum Schutz einer
Leitungsverbindung dienen würde, die anders als durch an ihrem Gehäuse befestigte Klemmen
hergestellt würde, denn der Wortlaut dieser Position erwähnt ausdrücklich elektrische Geräte zum
Schützen von elektrischen Stromkreisen.
22.
Dieser Feststellung stehen die Erläuterungen des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete
des Zollwesens nicht entgegen, nach denen eine solche Ware nach ihrer Stoffbeschaffenheit
einzureihen ist.
23.
Denn nach ständiger Rechtsprechung können diese Erläuterungen zwar als wertvolles
Erkenntnismittel für die Auslegung der KN angesehen werden, sind jedoch rechtlich nicht verbindlich,
so daß gegebenenfalls zu prüfen ist, ob ihr Inhalt mit den Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs
im Einklang steht und deren Bedeutung nicht verändert (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Juni 1994
in der Rechtssache C-35/93, Develop Dr. Eisbein, Slg. 1994, I-2655, Randnr. 21, LTM, Randnr. 17, und
Glob-Sped, Randnr. 26).
24.
Im vorliegenden Fall widersprechen diese Erläuterungen dem Wortlaut der Position 8536 und
verändern deren Bedeutung, soweit sie verlangen, daß in Verbindungskästen Anschlußvorrichtungen
für elektrische Leitungen eingebaut sind, und vorschreiben, daß Kästen, die nur zum Schützen oder
Isolieren einer bereits auf andere Weise hergestellten Leitungsverbindung dienen, nach ihrer
Stoffbeschaffenheit einzureihen sind.
25.
Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, daß die KN in der Fassung des Anhangs I der
Verordnung Nr. 1734/96 dahin auszulegen ist, daß eine Ware bestehend aus einem rechteckigen
Behälter mit Deckel aus lackiertem Aluminiumdruckguß (Aluminium-Silicium-Legierung mit
gewichtsmäßig vorherrschendem Aluminiumgehalt) mit vier Verbindungsschrauben aus Stahl und
vier Erdungsschrauben aus verkupfertem Stahl (die sich lose verpackt in der Ware befinden und in
hierfür vorgesehene Gewindebohrungen noch einzubringen sind), die zur Ergänzung durch
Klemmleisten und Bohrungen bestimmt ist, anhand deren elektrische Stromkreise verbunden werden
können, entsprechend der Allgemeinen Vorschrift 2 a für die Auslegung der KN als unvollständiger
Verbindungskasten in die Unterposition 8536 90 85 einzureihen ist.
Zur ersten Frage
26.
In Anbetracht der Antwort auf die zweite Frage braucht die erste Frage nicht beantwortet zu
werden.
Kosten
27.
Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in
dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache
dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
auf die ihm vom Finanzgericht Düsseldorf mit Beschluß vom 22. Juli 1997 vorgelegten Fragen für Recht
erkannt:
Die Kombinierte Nomenklatur in der Fassung des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr.
1734/96 der Kommission vom 9. September 1996 zur Änderung des Anhangs I der
Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische
Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ist dahin auszulegen, daß eine Ware
bestehend aus einem rechteckigen Behälter mit Deckel aus lackiertem Aluminiumdruckguß
(Aluminium-Silicium-Legierung mit gewichtsmäßig vorherrschendem Aluminiumgehalt) mit
vier Verbindungsschrauben aus Stahl und vier Erdungsschrauben aus verkupfertem Stahl
(die sich lose verpackt in der Ware befinden und in hierfür vorgesehene
Gewindebohrungen noch einzubringen sind), die zur Ergänzung durch Klemmleisten und
Bohrungen bestimmt ist, anhand deren elektrische Stromkreise verbunden werden
können, entsprechend der Allgemeinen Vorschrift 2 a für die Auslegung der Kombinierten
Nomenklatur als unvollständiger Verbindungskasten in die Unterposition 8536 90 85
einzureihen ist.
Edward
Sevón
Wathelet
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Februar 1999.
Der Kanzler
Der Präsident der Ersten Kammer
R. Grass
P. Jann
Verfahrenssprache: Deutsch.