Urteil des EuGH vom 08.05.2003

EuGH: freizügigkeit der arbeitnehmer, slowakei, verbot der diskriminierung, staatsangehörigkeit, republik, arbeitsbedingungen, regierung, sportverband, kommission, mitgliedstaat

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
8. Mai 200
„Auswärtige Beziehungen - Assoziierungsabkommen Gemeinschaften--Slowakei - Artikel 38 Absatz 1 -
Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Diskriminierungsverbot - Handball - Begrenzung der Zahl von aus
Drittstaaten stammenden Profispielern, die pro Mannschaft in der Meisterschaft eines Sportverbands
aufgestellt werden können“
In der Rechtssache C-438/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Oberlandesgericht Hamm (Deutschland) in dem bei
diesem anhängigen Rechtsstreit
Deutscher Handballbund e. V.
gegen
Maros Kolpak
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 38 Absatz 1 des mit dem
Beschluss 94/909/EGKS, EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 19. Dezember 1994 (ABl. L 359, S.
1) im Namen der Gemeinschaften genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen
den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Slowakischen Republik
andererseits
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters D. A. O. Edward in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie
der Richter A. La Pergola (Berichterstatter), P. Jann, S. von Bahr und A. Rosas,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- des Deutschen Handballbundes e. V., vertreten durch die Rechtsanwälte P. Seydel, H. J. Bodenstaff und
R. Jersch,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und B. Muttelsee-Schön als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch R. Silva de Lapuerta als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von D. Del Gaizo,
avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M.-J. Jonczy, D. Martin und H. Kreppel
als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Deutschen Handballbundes e. V., vertreten durch R.
Jersch, von Herrn Kolpak, vertreten durch Rechtsanwalt M. Schlüter, der griechischen Regierung, vertreten
durch V. Pelekou und S. Spyropoulos als Bevollmächtigte, der spanischen Regierung, vertreten durch R. Silva
de Lapuerta, der italienischen Regierung, vertreten durch G. Aiello, avvocato dello Stato, und der
Kommission, vertreten durch M.-J. Jonczy und H. Kreppel, in der Sitzung vom 20. Juni 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. Juli 2002
folgendes
Urteil
1.
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 15. November 2000, beim Gerichtshof
eingegangen am 28. November 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von
Artikel 38 Absatz 1 des am 4. Oktober 1993 in Luxemburg unterzeichneten und mit dem Beschluss
94/909/EGKS, EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 19. Dezember 1994 (ABl. L 359, S. 1) im
Namen der Gemeinschaften genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation
zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Slowakischen Republik andererseits (im Folgenden: Assoziierungsabkommen Gemeinschaften--
Slowakei) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Handballbund e. V. (im
Folgenden: DHB) und Herrn Kolpak wegen der Erteilung eines Spielausweises für Profispieler.
Das Assoziierungsabkommen Gemeinschaften--Slowakei
3.
Nach seinem Artikel 1 Absatz 2 hat das Assoziierungsabkommen Gemeinschaften--Slowakei u. a.
zum Ziel, einen geeigneten Rahmen für den politischen Dialog zu schaffen, der die Entwicklung enger
politischer Beziehungen zwischen den Vertragsparteien ermöglicht, die Ausweitung des Handels und
ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien zu fördern und so die
dynamische wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand in der Slowakischen Republik zu
begünstigen sowie einen geeigneten Rahmen für die schrittweise Integration der Slowakischen
Republik in die Gemeinschaft zu bieten, da dieses Land der letzten Begründungserwägung des
Abkommens zufolge letztlich die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft anstrebt.
4.
Die im Ausgangsverfahren einschlägigen Bestimmungen des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei befinden sich in dessen Titel IV „Freizügigkeit der Arbeitnehmer,
Niederlassungsrecht und Dienstleistungsverkehr“.
5.
Artikel 38 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei, der zu Titel IV Kapitel I
„Freizügigkeit der Arbeitnehmer“ gehört, bestimmt in seinem Absatz 1:
„Vorbehaltlich der in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen und Modalitäten
- wird den Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit der Slowakischen Republik, die im Gebiet eines
Mitgliedstaats rechtmäßig beschäftigt sind, eine Behandlung gewährt, die hinsichtlich der
Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung keine auf der Staatsangehörigkeit
beruhende Benachteiligung gegenüber den eigenen Staatsangehörigen bewirkt;
- haben die rechtmäßig im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnhaften Ehegatten und Kinder eines dort
rechtmäßig beschäftigten Arbeitnehmers Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats während der
Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis dieses Arbeitnehmers; eine Ausnahme bilden Saisonarbeitnehmer
und Arbeitnehmer, die unter bilaterale Abkommen im Sinne von Artikel 42 fallen, sofern diese
Abkommen nichts anderes bestimmen.“
6.
Artikel 42 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei, der zu demselben Kapitel
gehört, lautet:
„(1) Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage in dem Mitgliedstaat und vorbehaltlich seiner
Rechtsvorschriften und der Einhaltung seiner Bestimmungen über die Mobilität der Arbeitnehmer
- sollten die bestehenden Erleichterungen für den Zugang zur Beschäftigung für Arbeitnehmer der
Slowakischen Republik, die die Mitgliedstaaten im Rahmen bilateraler Abkommen gewähren,
beibehalten und nach Möglichkeit verbessert werden;
- werden die anderen Mitgliedstaaten den möglichen Abschluss ähnlicher Abkommen wohlwollend
prüfen.
(2) Der Assoziationsrat prüft die Gewährung weiterer Verbesserungen, einschließlich
Erleichterungen für den Zugang zur Berufsausbildung, im Einklang mit den geltenden
Rechtsvorschriften und Verfahren der Mitgliedstaaten und unter Berücksichtigung der
Arbeitsmarktlage in den Mitgliedstaaten und in der Gemeinschaft.“
7.
Artikel 59 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei, der zu Titel IV Kapitel IV
„Allgemeine Bestimmungen“ gehört, sieht in seinem Absatz 1 vor:
„Für die Zwecke des Titels VI dieses Abkommens werden die Vertragsparteien durch keine
Bestimmung dieses Abkommens daran gehindert, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über
Einreise und Aufenthalt, Beschäftigung, Beschäftigungsbedingungen, Niederlassung von natürlichen
Personen und Erbringung von Dienstleistungen anzuwenden, sofern sie dies nicht in einer Weise tun,
durch die die Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Abkommensbestimmung erwachsen, zunichte
gemacht oder verringert werden. ...“
Die nationale Regelung
8.
Der DHB hat eine Spielordnung (im Folgenden: SpO) erlassen, deren § 15 in der zum Zeitpunkt des
Vorlagebeschlusses geltenden Fassung Folgendes vorsah:
„(1) Mit dem Buchstaben .A‘ hinter der Spielausweisnummer sind die Spielausweise der Spieler zu
versehen,
a) die nicht die Staatsangehörigkeit eines Staates der Europäischen Union (EU-Staates) besitzen,
b) die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-assoziierten Drittstaats besitzen, dessen Staatsbürger
hinsichtlich der Freizügigkeit gem. Art. 48 Abs. 1 EG-Vertrag gleichgestellt sind,
c) ...
(2) In Mannschaften der Bundesligen und Regionalligen dürfen bei Meisterschafts- und Pokalspielen
jeweils höchstens zwei Spieler eingesetzt werden, deren Spielausweis mit dem Buchstaben .A‘
gekennzeichnet ist.
...
(5) Die Kennzeichnung des Spielausweises mit dem Buchstaben .A‘ ist zum 1. 7. eines Jahres
aufzuheben, wenn das Herkunftsland des Spielers bis zu diesem Datum i. S. von Abs. 1b assoziiert
worden ist. Der DHB veröffentlicht und aktualisiert laufend die Liste der entsprechend assoziierten
Staaten.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
9.
Herr Kolpak ist slowakischer Staatsbürger. Im März 1997 schloss er einen bis zum 30. Juni 2000
befristeten und im Februar 2000 einen weiteren bis zum 30. Juni 2003 befristeten Arbeitsvertrag, um
als Torwart in der Handballmannschaft des deutschen Zweitligisten TSV Östringen e. V. zu spielen. Er
bezieht ein monatliches Gehalt, hat seinen Wohnsitz in Deutschland und ist im Besitz einer gültigen
Aufenthaltserlaubnis.
10.
Der DHB, der die Meisterschafts- und Pokalspiele der Handballbundesliga ausrichtet, erteilte ihm
gemäß § 15 SpO einen Spielausweis, der wegen seiner slowakischen Staatsangehörigkeit mit dem
Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist.
11.
Herr Kolpak, der die Erteilung eines Spielausweises ohne den Zusatz für Staatsangehörige aus
Drittstaaten beantragt hatte, erhob gegen diese Entscheidung des DHB Klage beim Landgericht
Dortmund (Deutschland). Er machte geltend, dass die Slowakische Republik zu denjenigen
Drittstaaten gehöre, deren Staatsangehörige aufgrund des sich aus den Bestimmungen des EG-
Vertrags in Verbindung mit denen des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei
ergebenden Diskriminierungsverbots unter denselben Bedingungen wie deutsche Spieler und Spieler
aus der übrigen Gemeinschaft Anspruch auf eine unbeschränkte Teilnahme an den Wettkämpfen
hätten.
12.
Das Landgericht verurteilte den DHB, Herrn Kolpak einen Spielausweis ohne den Buchstaben „A“ zu
erteilen, da Herr Kolpak nach § 15 SpO nicht wie ein Spieler mit der Staatsangehörigkeit eines
Drittstaats zu behandeln sei. Der DHB legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht
Hamm ein.
13.
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die Verweisung in § 15 Absatz 1 Buchstabe b SpO auf
Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG) dahin auszulegen sei, dass erstere Vorschrift
nur die Spieler erfasse, die im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer den
Gemeinschaftsangehörigen völlig gleichgestellt seien. Nach dieser Auslegung habe Herr Kolpak
keinen Anspruch auf Erteilung eines Spielausweises ohne die Beschränkungen, die sich aus dem
Zusatz „A“ ergäben, da eine solche umfassende Gleichstellung in den Assoziierungsabkommen mit
den Osteuropa- und Mittelmeerstaaten und insbesondere mit der Slowakei nicht enthalten sei.
14.
Es stelle sich daher die Frage, ob § 15 Absatz 1 Buchstabe b SpO gegen Artikel 38 des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei verstoße. Wenn dies der Fall sei und die
letztgenannte Bestimmung auch gegenüber Einzelnen unmittelbare Wirkung entfalte, könne Herr
Kolpak die Erteilung eines unbeschränkten Spielausweises beanspruchen.
15.
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass der DHB dadurch, dass er Herrn Kolpak wegen dessen
Staatsangehörigkeit einen unbeschränkten Spielausweis verweigere, gegen das in Artikel 38 des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei enthaltene Diskriminierungsverbot verstoße.
16.
Insoweit sei zum einen festzuhalten, dass es sich bei dem Vertrag von Herrn Kolpak, der § 15 SpO
unterliege, um einen Arbeitsvertrag handele, da sich dieser Spieler darin gegen ein festes
monatliches Gehalt zur unselbständigen Erbringung von sportlichen Diensten im Rahmen des von
seinem Verein organisierten Trainings- und Spielbetriebs verpflichte und es sich hierbei um seine
hauptberufliche Tätigkeit handele.
17.
Zum anderen nehme § 15 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO eine
Ungleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen vor. Herr Kolpak sei nämlich bereits
rechtmäßig im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wo er wohne, beschäftigt, er sei im Besitz
einer gültigen Aufenthaltserlaubnis, bedürfe nach deutschem Recht keiner Arbeitserlaubnis und
werde selbst von einem, sei es auch nur mittelbaren, Beschäftigungshindernis nicht mehr berührt,
und dennoch werde ihm aufgrund dieser Vorschriften nicht in gleicher Weise wie anderen Personen
die Möglichkeit gewährt, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit an offiziellen Spielen teilzunehmen.
18.
Daher greife das in Artikel 38 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei normierte
Diskriminierungsverbot ein, sofern dem nicht der Vorbehalt in dieser Bestimmung hinsichtlich der in
den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen und Modalitäten entgegenstehe. Insoweit
meint das vorlegende Gericht, dass zu solchen Bedingungen und Modalitäten nur Rechtsnormen mit
einem allgemeinen Regelungsgegenstand zählten, nicht aber solche Normen, die je nach
Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers zur Anwendung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen
führten. Daher neige es der Ansicht zu, dass die vom DHB im Rahmen seiner Verbandsautonomie
aufgestellten Regeln nicht zu diesen Bedingungen und Modalitäten zählten. Andernfalls liefe das im
Assoziierungsabkommen enthaltene Diskriminierungsverbot leer.
19.
Außerdem sei Artikel 38 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei ebenso wie Artikel
48 EG-Vertrag unmittelbar anwendbar, da er unter Berücksichtigung seines Wortlauts und von Sinn
und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthalte, deren Erfüllung oder
deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhingen. Artikel 38 des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei habe auch Drittwirkung, da er nicht nur für
behördliche Maßnahmen gelte, sondern sich auch auf die kollektive Regelung unselbständiger Arbeit
erstrecke.
20.
Das vorlegende Gericht leitet aus alledem ab, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot
des Artikels 38 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei vorliege, der dazu führen
müsse, dass § 15 Absatz 1 Buchstabe b SpO auf Herrn Kolpak nicht anwendbar sei.
21.
Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Hamm das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Widerspricht es Artikel 38 Absatz 1 des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen
den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Slowakischen
Republik andererseits - Schlussakte -, wenn ein Sportverband auf einen Berufssportler slowakischer
Staatsangehörigkeit eine von ihm aufgestellte Regel anwendet, nach der die Vereine bei
Meisterschafts- und Pokalspielen nur eine begrenzte Anzahl von Spielern einsetzen dürfen, die aus
nicht zu den Europäischen Gemeinschaften gehörenden Drittstaaten kommen?
Zur Vorlagefrage
22.
Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Vorlagefrage wissen, ob Artikel 38 Absatz 1 erster
Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei dahin auszulegen ist, dass
er es verbietet, auf einen Berufssportler slowakischer Staatsangehörigkeit, der bei einem Verein mit
Sitz in einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß beschäftigt ist, eine von einem Sportverband dieses
Mitgliedstaats aufgestellte Regel anzuwenden, wonach die Vereine bei Meisterschafts- und
Pokalspielen nur eine begrenzte Anzahl von Spielern einsetzen dürfen, die aus Drittstaaten kommen,
die nicht Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden:
EWR) sind.
23.
Im Hinblick auf die Beantwortung der so umformulierten Frage ist zunächst zu prüfen, ob sich ein
Einzelner vor einem nationalen Gericht auf Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei berufen kann. Bejahendenfalls ist anschließend
zu prüfen, ob diese Bestimmung hinsichtlich einer Regel geltend gemacht werden kann, die von einem
nationalen Sportverband wie dem DHB aufgestellt worden ist. Schließlich ist die Tragweite des in
dieser Bestimmung aufgestellten Diskriminierungsverbots zu prüfen.
24.
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Randnummer 30 des Urteils vom 29.
Januar 2002 in der Rechtssache C-162/00 (Pokrzeptowicz-Meyer, Slg. 2002, I-1049) bereits Artikel 37
Absatz 1 erster Gedankenstrich des am 16. Dezember 1991 in Brüssel unterzeichneten und vom Rat
und der Kommission durch den Beschluss 93/743/Euratom, EGKS, EG vom 13. Dezember 1993 (ABl. L
348, S. 1) im Namen der Gemeinschaften genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer
Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Republik Polen andererseits (im Folgenden: Assoziierungsabkommen Gemeinschaften-Polen)
unmittelbare Wirkung zuerkannt hat.
25.
Erstens entspricht der Wortlaut von Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei dem des Artikels 37 Absatz 1 erster
Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen.
26.
Zweitens unterscheiden sich das Assoziierungsabkommen Gemeinschaften--Slowakei und das
Assoziierungsabkommen Gemeinschaften-Polen nicht hinsichtlich ihrer Ziele und des
Zusammenhangs, in dem sie geschlossen wurden. Beide haben nämlich nach ihrer letzten
Begründungserwägung und ihrem Artikel 1 Absatz 2 u. a. zum Ziel, eine Assoziation zu errichten, die
die Ausweitung des Handels und ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen zwischen den
Vertragsparteien fördern und so die dynamische wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand, im
einen Fall in der Republik Polen, im anderen Fall in der Slowakischen Republik, begünstigen soll, um
den Beitritt dieser Länder zu den Gemeinschaften zu erleichtern.
27.
Ebenso wenig wie Artikel 58 Absatz 1 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen der
unmittelbaren Wirkung von Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich dieses Abkommens
entgegensteht (Urteil Pokrzeptowicz-Meyer, Randnr. 28), kann daher aufgrund der Ähnlichkeit der
fraglichen Vorschriften Artikel 59 Absatz 1 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei
der unmittelbaren Wirkung von Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich dieses Abkommens
entgegenstehen.
28.
Außerdem erfordert die Durchführung von Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei ebenso wenig wie die des Artikels 37 Absatz 1
erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen den Erlass zusätzlicher
Durchführungsbestimmungen durch den mit dem Abkommen eingerichteten Assoziationsrat (Urteil
Pokrzeptowicz-Meyer, Randnr. 29).
29.
Schließlich kann wie bei Artikel 37 Absatz 1 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen die
Wendung „vorbehaltlich der in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Bedingungen und
Modalitäten“ in Artikel 38 Absatz 1 des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei nicht
dahin ausgelegt werden, dass es den Mitgliedstaaten gestattet ist, die Anwendung des in dieser
Bestimmung enthaltenen Diskriminierungsverbots an Voraussetzungen zu knüpfen oder nach freiem
Ermessen einzuschränken, da durch eine solche Auslegung diese Bestimmung ausgehöhlt und jeder
praktischen Wirksamkeit beraubt würde (Urteil Pokrzeptowicz-Meyer, Randnrn. 20 bis 24).
30.
Unter diesen Umständen ist Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei unmittelbare Wirkung zuzuerkennen, so dass
slowakische Staatsangehörige, die sich auf diese Bestimmung berufen, sie auch vor den Gerichten
des Aufnahmemitgliedstaats geltend machen können.
31.
Wie sich hinsichtlich Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag aus Randnummer 87 des Urteils vom 15.
Dezember 1995 in der Rechtssache C-415/93 (Bosman, Slg. 1995, I-4921) ergibt, gilt das in dieser
Bestimmung enthaltene Diskriminierungsverbot für von Sportverbänden aufgestellte Regeln, die die
Voraussetzungen für die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit durch Berufssportler festlegen.
32.
Insoweit hat der Gerichtshof in Randnummer 84 des Urteils Bosman darauf hingewiesen, dass die
Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten teilweise durch Gesetze oder
Verordnungen und teilweise durch von Privatpersonen geschlossene oder vorgenommene Verträge
oder sonstige Akte geregelt sind und dass sich aus einer Beschränkung des Gegenstands von Artikel
48 EG-Vertrag auf behördliche Maßnahmen Ungleichheiten bei seiner Anwendung ergeben könnten.
33.
Um festzustellen, ob Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei für eine von einem Sportverband wie dem DHB aufgestellte Regel gilt, ist zu
prüfen, ob sich die vom Gerichtshof in Bezug auf Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag vertretene Auslegung
im vorliegenden Fall auf diese Bestimmung des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei
übertragen lässt.
34.
Insoweit hat der Gerichtshof in den Randnummern 39 und 40 des Urteils Pokrzeptowicz-Meyer zu
Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen
ausgeführt, dass diese Bestimmung zwar keinen Grundsatz der Freizügigkeit polnischer Arbeitnehmer
in der Gemeinschaft aufstellt, während Artikel 48 EG-Vertrag den Grundsatz der Freizügigkeit der
Arbeitnehmer zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten begründet, dass sich aber aus dem
Vergleich von Gegenstand und Kontext des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften-Polen
einerseits und des EG-Vertrags andererseits ergibt, dass kein Grund besteht, Artikel 37 Absatz 1
erster Gedankenstrich dieses Abkommens eine andere Bedeutung zu geben als die, die nach seiner
Auffassung Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag zukommt.
35.
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof in Randnummer 41 des Urteils Pokrzeptowicz-Meyer
die Ansicht vertreten, dass Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften-Polen den Arbeitnehmern, die die polnische Staatsangehörigkeit besitzen und
rechtmäßig in einem Mitgliedstaat beschäftigt sind, ein Recht auf Gleichbehandlung hinsichtlich der
Arbeitsbedingungen gewährt, das den gleichen Umfang wie das den Angehörigen der Mitgliedstaaten
durch Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag in ähnlichen Worten zuerkannte Recht hat.
36.
Aus dem Vorstehenden sowie aus den Erwägungen in den Randnummern 25 bis 30 dieses Urteils
folgt, dass sich die vom Gerichtshof im Urteil Bosman vertretene und in den Randnummern 31 und 32
dieses Urteils wiedergegebene Auslegung von Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag auf Artikel 38 Absatz 1
erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei übertragen lässt.
37.
Daher ist festzustellen, dass Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei für eine von einem Sportverband wie dem DHB
aufgestellte Regel gilt, die die Voraussetzungen für die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit
durch Berufssportler festlegt.
38.
Nach Ansicht des DHB sowie der griechischen, der spanischen und der italienischen Regierung
bezweckt die Tragweite der Nichtdiskriminierungsklausel des Artikels 38 des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei nicht, Arbeitnehmer, die Staatsangehörige der Slowakischen Republik sind,
den Arbeitnehmern, die Angehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, völlig
gleichzustellen. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Artikel 48 EG-Vertrag, wie sie im Sport nach
dem Urteil Bosman gelte, stehe nur Gemeinschaftsangehörigen oder Angehörigen eines
Mitgliedstaats des EWR zu.
39.
Ferner stimmen alle Beteiligten, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, darin
überein, dass das in Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei vorgesehene Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit
nur für Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit der Slowakischen Republik gilt, die im Gebiet eines
Mitgliedstaats bereits rechtmäßig beschäftigt sind, und zwar nur hinsichtlich der Arbeitsbedingungen,
der Entlohnung oder der Entlassung.
40.
Hierzu führen der DHB sowie die griechische, die spanische und die italienische Regierung aus,
dass die Regel des § 15 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO den Zugang zur
Beschäftigung der slowakischen Staatsangehörigen betreffe. Artikel 38 Absatz 1 des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei könne daher der Anwendung einer solchen Regel
nicht entgegenstehen.
41.
Herr Kolpak, die deutsche Regierung und die Kommission machen dagegen geltend, dass der
Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unter Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei falle, da Herr Kolpak nicht versuche, sich Zugang
zum deutschen Arbeitsmarkt zu verschaffen, sondern in Deutschland bereits eine Tätigkeit auf der
Grundlage des innerstaatlichen Rechts rechtmäßig ausübe und in diesem Rahmen aufgrund der SpO
hinsichtlich der Arbeitsbedingungen diskriminiert werde.
42.
In dieser Hinsicht ist einleitend festzustellen, dass nach dem Wortlaut von Artikel 38 Absatz 1 erster
Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei das darin vorgesehene
Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit zum einen nur für Arbeitnehmer mit
Staatsangehörigkeit der Slowakischen Republik gilt, die im Gebiet eines Mitgliedstaats bereits
rechtmäßig beschäftigt sind, und zum anderen nur hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der
Entlohnung oder der Entlassung gilt. Diese Bestimmung erstreckt sich somit anders als Artikel 48 EG-
Vertrag nicht auf die nationalen Regeln über den Zugang zum Arbeitsmarkt.
43.
Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass Herr Kolpak aufgrund eines Arbeitsvertrags, den er
mit einem deutschen Verein der zweiten Liga geschlossen hat, als Torwart ordnungsgemäß einer
unselbständigen Beschäftigung nachgeht, im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis ist und nach
deutschem Recht keiner Arbeitserlaubnis bedarf, um seinen Beruf auszuüben. Es zeigt sich somit,
dass er bereits ordnungsgemäß Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland hatte.
44.
In diesem Zusammenhang ist speziell hinsichtlich der Frage, ob eine Regel wie die des § 15 Absatz 1
Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO eine Arbeitsbedingung darstellt, darauf hinzuweisen,
dass das Ausgangsverfahren im Urteil Bosman u. a. ähnliche Ausländerregeln oder -klauseln betraf,
die die Union Européenne de Football Association (UEFA) aufgestellt hatte.
45.
Aus Randnummer 120 des Urteils Bosman ergibt sich zum einen, dass solche Klauseln nicht die
Anstellung der Profispieler betreffen, die nicht eingeschränkt wird, sondern die Möglichkeit für ihre
Vereine, sie bei einem offiziellen Spiel aufzustellen, und zum anderen, dass die Teilnahme an diesen
Begegnungen das wesentliche Ziel ihrer Tätigkeit darstellt.
46.
Nach alledem betrifft eine sportliche Regel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die
Arbeitsbedingungen im Sinne des Artikels 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des
Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei, insofern als sie sich auf die Teilnahme eines
nach den nationalen Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats bereits ordnungsgemäß beschäftigten
slowakischen Profispielers an Meisterschafts- und Pokalspielen unmittelbar auswirkt.
47.
Unter diesen Umständen bleibt, um zu bestimmen, ob Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich
des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei der Anwendung einer Regel wie der des § 15
Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO entgegensteht, zu prüfen, ob diese Regel zu
einer Diskriminierung führt, die nach der genannten Bestimmung dieses Abkommens verboten ist.
48.
Insoweit ist vorab festzustellen, dass sich in Bezug auf Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag aus
Randnummer 137 des Urteils Bosman ergibt, dass diese Bestimmung der Anwendung von durch
Sportverbände aufgestellten Regeln entgegensteht, nach denen die Fußballvereine bei den Spielen
der von diesen Verbänden veranstalteten Wettkämpfe nur eine begrenzte Anzahl von Profispielern, die
Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, aufstellen können.
49.
Was die Auslegung von Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei anbelangt, so ergibt sich aus den Randnummern 25 bis 30, 34, 35 und 44
dieses Urteils zum einen, dass diese Bestimmung Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit der
Slowakischen Republik, die im Gebiet eines Mitgliedstaats rechtmäßig beschäftigt sind, ein Recht auf
Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen gewährt, das den gleichen Umfang wie das
den Angehörigen der Mitgliedstaaten durch Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag in ähnlichen Worten
zuerkannte Recht hat, und zum anderen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regel den
Ausländerklauseln entspricht, um die es im Urteil Bosman ging.
50.
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass sich die vom Gerichtshof im Urteil Bosman
vertretene und in Randnummer 48 dieses Urteils wiedergegebene Auslegung von Artikel 48 Absatz 2
EG-Vertrag auf Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens
Gemeinschaften--Slowakei übertragen lässt.
51.
Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei
steht somit der Anwendung einer Regel wie der des § 15 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit
Absatz 2 SpO auf Herrn Kolpak entgegen, da diese bewirkt, dass Herr Kolpak als slowakischer
Staatsangehöriger, obwohl er in einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß beschäftigt ist, im Vergleich zu
Spielern, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats oder eines dem EWR angehörenden Staates sind,
grundsätzlich nur über eine beschränkte Möglichkeit verfügt, an bestimmten Begegnungen, nämlich
an den Meisterschafts- und Pokalspielen der Bundesliga und der Regionalliegen, teilzunehmen, die
zudem das wesentliche Ziel seiner Tätigkeit als Profispieler darstellen.
52.
Dieser Auslegung steht nicht das Vorbringen des DHB entgegen, die Regel des § 15 Absatz 1
Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO sei durch ausschließlich sportliche Erwägungen
gerechtfertigt, denn sie bezwecke den Schutz der Ausbildung der Nachwuchsspieler mit deutscher
Staatsangehörigkeit und die Förderung der deutschen Nationalmannschaft.
53.
Der Gerichtshof hat zwar in Randnummer 127 des Urteils Bosman daran erinnert, dass er im Urteil
vom 14. Juli 1976 in der Rechtssache 13/76 (Donà, Slg. 1976, 1333, Randnrn. 14 und 15) anerkannt
hat, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit Regelungen oder Praktiken nicht
entgegenstehen, die ausländische Spieler von bestimmten Begegnungen aus nichtwirtschaftlichen
Gründen ausschließen, die mit dem spezifischen Charakter und Rahmen dieser Begegnungen
zusammenhängen und deshalb nur den Sport als solchen betreffen, wie es bei Spielen zwischen den
Nationalmannschaften verschiedener Länder der Fall ist.
54.
In Randnummer 128 des Urteils Bosman hat der Gerichtshof jedoch festgestellt, dass sich die
Ausländerklauseln nicht auf spezielle Begegnungen zwischen Mannschaften, die ihre Länder
repräsentieren, bezogen, sondern für alle offiziellen Begegnungen zwischen Vereinen galten und somit
den Kern der von den Profispielern ausgeübten Tätigkeit betrafen.
55.
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Bindung eines Fußballvereins
an den Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, nicht als mit der sportlichen Tätigkeit notwendig
verbunden angesehen werden kann, ebenso wenig wie dies auf die Bindung dieses Vereins an sein
Stadtviertel, seine Stadt oder seine Region zutrifft. Obwohl sich nämlich bei den nationalen
Meisterschaften Vereine aus verschiedenen Regionen, Städten oder Stadtvierteln gegenüberstehen,
wird das Recht der Vereine, bei diesen Begegnungen Spieler aus anderen Regionen, Städten oder
Stadtvierteln aufzustellen, durch keine Regel eingeschränkt. Im Übrigen ist bei internationalen
Wettkämpfen die Teilnahme solchen Vereinen vorbehalten, die in ihren Heimatländern bestimmte
sportliche Ergebnisse erzielt haben, ohne dass die Staatsangehörigkeit ihrer Spieler eine besondere
Rolle spielt (Urteil Bosman, Randnrn. 131 und 132).
56.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass die Diskriminierung, zu der im
vorliegenden Fall § 15 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO führt, nicht als durch
ausschließlich sportliche Erwägungen gerechtfertigt angesehen werden kann, da sich aus diesen
Regeln ergibt, dass es den Vereinen bei vom DHB ausgerichteten Spielen freisteht, eine unbegrenzte
Zahl von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten des EWR aufzustellen.
57.
In den vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen ist kein weiteres Argument vorgetragen
worden, das den Unterschied in der Behandlung von Profispielern mit Staatsangehörigkeit eines
Mitgliedstaats oder eines Mitgliedstaats des EWR und Profispielern slowakischer Staatsangehörigkeit,
der sich aus § 15 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 2 SpO ergibt und die
Arbeitsbedingungen der Letztgenannten beeinträchtigt, sachlich rechtfertigen könnte.
58.
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich
des Assoziierungsabkommens Gemeinschaften--Slowakei dahin auszulegen ist, dass er es verbietet,
auf einen Berufssportler slowakischer Staatsangehörigkeit, der bei einem Verein mit Sitz in einem
Mitgliedstaat ordnungsgemäß beschäftigt ist, eine von einem Sportverband dieses Mitgliedstaats
aufgestellte Regel anzuwenden, wonach die Vereine bei Meisterschafts- und Pokalspielen nur eine
begrenzte Anzahl von Spielern einsetzen dürfen, die aus Drittstaaten kommen, die nicht
Vertragspartei des EWR-Abkommens sind.
Kosten
59.
Die Auslagen der deutschen, der griechischen, der spanischen und der italienischen Regierung
sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in
dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache
dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
auf die ihm vom Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 15. November 2000 vorgelegte Frage für
Recht erkannt:
Artikel 38 Absatz 1 erster Gedankenstrich des am 4. Oktober 1993 in Luxemburg
unterzeichneten und mit dem Beschluss 94/909/EGKS, EG, Euratom des Rates und der
Kommission vom 19. Dezember 1994 im Namen der Gemeinschaften genehmigten Europa-
Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Slowakischen Republik andererseits ist
dahin auszulegen, dass er es verbietet, auf einen Berufssportler slowakischer
Staatsangehörigkeit, der bei einem Verein mit Sitz in einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß
beschäftigt ist, eine von einem Sportverband dieses Mitgliedstaats aufgestellte Regel
anzuwenden, wonach die Vereine bei Meisterschafts- und Pokalspielen nur eine
begrenzte Anzahl von Spielern einsetzen dürfen, die aus Drittstaaten kommen, die nicht
Vertragspartei des EWR-Abkommens sind.
Edward
La Pergola
Jann
von Bahr
Rosas
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Mai 2003.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
M. Wathelet
Verfahrenssprache: Deutsch.