Urteil des EuGH vom 25.10.2001

EuGH: kommission, öffentliche sicherheit, republik, regierung, versorgung, mitgliedstaat, raffinerie, diskriminierung, hindernis, luxemburg

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
25. Oktober 2001
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) -
Obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen“
In der Rechtssache C-398/98
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Castéra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Hellenische Republik,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-
Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verstoßen hat, dass sie eine Regelung über die Haltung von
Vorräten an Erdölerzeugnissen erlassen und aufrechterhalten hat, die die Möglichkeit der Übertragung der
Pflicht zur Vorratshaltung auf in Griechenland niedergelassene Raffinerien unmittelbar mit der Verpflichtung
verknüpft, Erdölerzeugnisse bei diesen Raffinerien zu beziehen, und den Tankstellen verbietet, sich bei
Raffinerien oder bei einem anderen Mitgliedstaat einzudecken,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter), A. La
Pergola, L. Sevón und M. Wathelet,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 21. September 2001, in der die Kommission durch D.
Triantafyllou und die Hellenische Republik durch P. Mylonopoulos, N. Dafniou, I. Prodomidis und C.
Kontogianni als Bevollmächtigte vertreten war,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 2001,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 6. November 1998
bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG)
Klage erhoben auf Feststellung, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen
aus Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verstoßen hat, dass sie eine Regelung
über die Haltung von Vorräten an Erdölerzeugnissen erlassen und aufrechterhalten hat, die die
Möglichkeit der Übertragung der Bevorratungspflicht auf in Griechenland niedergelassene Raffinerien
unmittelbar mit der Verpflichtung verknüpft, Erdölerzeugnisse bei diesen Raffinerien zu beziehen, und
den Tankstellen verbietet, sich bei Raffinerien oder bei einem anderen Mitgliedstaat einzudecken.
Rahmen des Rechtsstreits
2.
Die Richtlinie 68/414/EWG des Rates vom 20. Dezember 1968 zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten
der EWG, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten (ABl. L 308, S. 14), in der
durch die Richtlinie 72/425/EWG des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. L 291, S. 154) geänderten
Fassung (im Folgenden: Richtlinie 68/414) verpflichtet die Mitgliedstaaten, Sicherheitsvorräte an
Erdölerzeugnissen zu halten. Die Höhe dieser Vorräte muss dem nach dem Tagesdurchschnitt
errechneten Inlandsverbrauch an 90 Tagen des vorhergehenden Kalenderjahres entsprechen.
3.
Nach Artikel 6 der Richtlinie 68/414 sind nur die Mengen als Vorräte im Sinne dieser Richtlinie
anzusehen, die einem Mitgliedstaat bei Schwierigkeiten in der Erdölversorgung uneingeschränkt zur
Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten können sich dafür entscheiden, die Vorräte in ihrem
Hoheitsgebiet zu halten. Im Rahmen besonderer zwischenstaatlicher Übereinkünfte können Vorräte
auch im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats für Rechnung von Unternehmen angelegt sein, die ihren
Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, wobei die Richtlinie 68/414 es den Mitgliedstaaten
überlässt, die Unternehmen zu bestimmen, die diese Vorräte anzulegen haben.
4.
Die Anlegung von Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen ist in Griechenland in den Artikeln 8
Absatz 2 und 10 des Gesetzes Nr. 1571/85 in der Fassung des Gesetzes Nr. 2289/95, in der
Marktordnungsverordnung und in Artikel 10 des Präsidialdekrets Nr. 1224/81 geregelt.
5.
Nach diesen Vorschriften müssen die Sicherheitsvorräte an Erdölerzeugnissen sich im Inland
befinden und von den Vertriebsgesellschaften für Erdölerzeugnisse (im Folgenden:
Vertriebsgesellschaften) in Lagern, die ihnen gehören oder die sie anmieten, außerhalb der
Raffinerien angelegt werden.
6.
Sei dem 1. Januar 1996 sind die Vertriebsgesellschaften berechtigt, ihre Pflicht zur Vorratshaltung
ganz oder teilweise auf in Griechenland niedergelassene Raffinerien zu übertragen, bei denen sie
während des vorhergehenden Kalenderjahres Erzeugnisse gekauft haben. Diese Übertragung kann
bis zu einer Gesamtmenge vorgenommen werden, die dem Volumen der Erdölerzeugnisse jeder
Kategorie entspricht, die den Vertriebsgesellschaften über einen Zeitraum von 90 Tagen im Laufe des
vorhergehenden Kalenderjahrs von jeder der Raffinerien geliefert worden sind, mit denen sie
Geschäfte tätigen.
7.
Der griechische Markt für Erdölerzeugnisse ist in drei Ebenen gegliedert. Die erste Ebene bilden die
Raffinerien, die die raffinierten Erzeugnisse an die Vertriebsgesellschaften verkaufen. Nach Artikel 8
Absatz 2 des Gesetzes Nr. 1571/85 sind die in Griechenland niedergelassenen Raffinerien nämlich
vorbehaltlich des Artikels 6 Absatz 3 dieses Gesetzes, der die Versorgung der Streitkräfte betrifft,
nicht berechtigt, Erdölerzeugnisse unmittelbar ohne Rückgriff auf diese Vertriebsgesellschaften zu
verkaufen. Die zweite Ebene besteht aus den Vertriebsgesellschaften, die Erdölerzeugnisse bei den
Raffinerien kaufen oder sie einführen können und die die Versorgung der Tankstellen übernehmen.
Die dritte Ebene wird durch die Tankstellen gebildet, die weder unmittelbar bei den Raffinerien
einkaufen noch Erdölerzeugnisse einführen dürfen und die diese Erzeugnisse daher bei den
Vertriebsgesellschaften erwerben müssen.
Vorprozessuales Verfahren
8.
Im September 1982 teilte die Kommission den griechischen Behörden mit, dass einige Aspekte der
griechischen Regelung über die obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen
gegen Artikel 30 des Vertrages verstoßen könnten.
9.
Nach einem langen Schriftwechsel und einer Reihe von bilateralen Treffen unterrichteten die
griechischen Behörden die Kommission im Mai 1994 von den Arbeiten, die zur Änderung der
griechischen Regelung über die Bevorratung und den Vertrieb von Erdölerzeugnissen durchgeführt
würden. Im Dezember 1994 übermittelten sie der Kommission den Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Artikels 10 des Gesetzes Nr. 1571/85 in der Fassung der Gesetze Nrn. 1769/88 und
2008/92. Dieser Gesetzentwurf wurde Anfang 1995 zum Gesetz Nr. 2289/95.
10.
Am 19. September 1995 richtete die Kommission ein Mahnschreiben an die griechischen Behörden,
in dem sie ausführte, dass die griechische Regelung über die Bevorratung und den Vertrieb von
Erdölerzeugnissen trotz der Änderungen ihrer Ansicht nach immer noch gegen Artikel 30 des
Vertrages verstoße. Die Kommission forderte die griechischen Behörden auf, sich dazu zu äußern.
11.
Die griechische Regierung antwortete mit Schreiben vom 1. Dezember 1995, die griechische
Regelung über die obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen stehe im
Einklang mit Artikel 30 des Vertrages, durch sie werdekeine diskriminierende Unterscheidung zwischen
inländischen und eingeführten Erzeugnissen getroffen und sie wirke sich nicht auf die Preise aus.
12.
Nach einem bilateralen Treffen übermittelten die griechischen Behörden der Kommission mit
Schreiben vom 11. Juli 1996 den Entwurf einer Änderung des Artikels 10 Absatz 3 des Gesetzes Nr.
1571/85 in der Fassung des Gesetzes Nr. 2289/95.
13.
Die Kommission hielt die von den griechischen Behörden vorgebrachten Argumente für nicht
überzeugend und erließ daher am 17. Juni 1997 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, mit der
sie die Hellenische Republik aufforderte, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser
Stellungnahme binnen zwei Monaten nachzukommen. Die griechische Regierung blieb in der Antwort
auf diese Stellungnahme bei ihrer früheren Argumentation.
14.
Unter diesen Umständen hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Vorbringen de Parteien
15.
Die Kommission macht geltend, das System, das die Hellenische Republik geschaffen habe, um der
durch die Richtlinie 68/414 begründeten Pflicht zur Vorratshaltung nachzukommen, verstoße gegen
Artikel 30 des Vertrages, weil die den Vertriebsgesellschaften nach dem griechischen Recht gebotene
Möglichkeit, ihre Vorratspflicht auf die in Griechenland niedergelassenen Raffinerien zu übertragen,
von Käufen bei diesen Raffinerien im Laufe des vorhergehenden Kalenderjahres abhängig gemacht
werde.
16.
Die Kommission beanstandet nicht, dass die Sicherheitsvorräte in den Raffinerien angelegt werden
können, vertritt aber der Auffassung, dass die Verpflichtung, Erdölerzeugnisse bei den in
Griechenland niedergelassenen Raffinerien zu kaufen, die den Vertriebsgesellschaften als
Voraussetzung dafür auferlegt werde, dass sie ihre Pflicht zur Vorratshaltung übertragen könnten, ein
Hindernis für den freien Warenverkehr darstelle. Die Kommission macht in diesem Zusammenhang
geltend, in der Praxis bewirke diese Verpflichtung dadurch eine offenkundige Diskriminierung, dass
inländische Erzeugnisse zum Nachteil ausländischer Erzeugnisse begünstigt würden. Die Einfuhr von
Erdölerzeugnissen sei zwar nicht verboten, es werde aber von ihr stark abgehalten, denn die
Vertriebsgesellschaften verlören die Möglichkeit, ihre Vorratspflicht auf Raffinerien zu übertragen,
wenn sie sich in anderen Mitgliedstaaten eindeckten.
17.
Außerdem werde die Diskriminierung gegenüber den Einfuhren von Erdölerzeugnissen dadurch
verstärkt, dass die Tankstellen verpflichtet seien, über die Vertriebsgesellschaften einzukaufen.
18.
Die streitige Regelung könne nicht nach Artikel 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG)
gerechtfertigt werden, da das von den griechischen Behörden verfolgte Ziel, eine kontinuierliche
Versorgung mit Erdölerzeugnissen zu gewährleisten, mit weniger einschneidenden Maßnahmen
erreicht werden könnte.
19.
Die griechische Regierung macht dagegen geltend, die streitige Regelung schaffe keine
Diskriminierung gegenüber den Einfuhren von Erdölerzeugnissen und berühre den Vertrieb von
inländischen Erzeugnissen in gleicher Weise wie den von eingeführten Erzeugnissen.
20.
Die Vertriebsgesellschaften deckten sich nicht wegen der von der Kommission beanstandeten
Regelung, sondern aufgrund der Marktbedingungen bei den in Griechenland niedergelassenen
Raffinerien ein. Erstens seien die Raffinerien durch Ölleitungen mit den meisten großen Anlagen der
Vertriebsgesellschaften verbunden, was eine unmittelbare Versorgung zu niedrigen Kosten
ermögliche. Sodann lägen die Raffinerien in der Nähe der großen Verbrauchszentren, wo die
Vertriebsgesellschaften tätig seien. Schließlich seien die Raffinerien in der Lage, fristgemäß und in
kleinen Ladungen die Erzeugnismengen zu liefern, die die über das griechische Hoheitsgebiet
verstreuten regionalen Anlagen mit geringer Kapazität der Vertriebsgesellschaften benötigten.
21.
Wenn man annehme, dass die streitige Regelung ein Hindernis für den freien Warenverkehr
darstelle, sei dieses Hindernis durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, nämlich die Sicherheit
der Versorgung mit Erdölerzeugnissen, gerechtfertigt, für das die Ausnahmeregelung des Artikels 36
des Vertrages gelte. Dieses Ziel könne mit weniger einschneidenden Maßnahmen nicht erreicht
werden. Das Grundrecht der Raffinerien auf wirtschaftliche Freiheit würde nämlich übermäßig
eingeschränkt, wenn sie Sicherheitsvorräte an Erdölerzeugnissen halten und damit eine Verpflichtung
der Vertriebsgesellschaften übernehmen müssten, ohne die Gegenleistung zu erhalten, dass diese
Gesellschaften sich bei ihnen eindeckten.
Beurteilung durch den Gerichtshof
22.
Artikel 30 des Vertrages soll jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten verbieten, die geeignet ist,
den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu
behindern (Urteil vom 11. Juni 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5).
23.
Unstreitig bietet die den Vertriebsgesellschaften nach der streitigen Regelung gebotene
Möglichkeit, ihre Pflicht zur Haltung eines Vorrats an Erdölerzeugnissen auf die Raffinerien zu
übertragen, diesen Gesellschaften Vorteile.
24.
Die griechische Regelung über die obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an
Erdölerzeugnissen hat jedoch zur Folge, dass die Vertriebsgesellschaften, die ihre Vorratspflicht
übertragen wollen, gezwungen sind, sich zu einem erheblichen Teil bei den im griechischen
Hoheitsgebiet niedergelassenen Raffinerien einzudecken.
25.
Im Einzelnen kann eine Vertriebsgesellschaft die Verpflichtung, Vorräte an Erdölerzeugnissen zu
halten, auf eine in Griechenland niedergelassene Raffinerie nur für die Menge an Erzeugnissen
übertragen, die diese Raffinerie ihr in einem Zeitraum von 90 Tagen während des vorhergehenden
Kalenderjahres geliefert hat. Eine Vertriebsgesellschaft muss daher bei einer in Griechenland
niedergelassenen Raffinerie jedes Jahr eine erhebliche Menge Erdölerzeugnisse kaufen, um im darauf
folgenden Jahr das Recht zu haben, ihre Vorratspflicht auf diese Raffinerie zu übertragen.
26.
Dass die Übertragung der Vorratspflicht von dem Kauf von Erdölerzeugnissen bei in der
Hellenischen Republik niedergelassenen Raffinerien abhängig gemacht wird, stellt folglich eine
diskriminierende Behandlung der Erdölerzeugnisse der in anderen Mitgliedstaaten gelegenen
Raffinerien dar, da es den Vertrieb dieser Erzeugnisse erschwert. Zwar können die
Vertriebsgesellschaften sich nämlich von ihrer Verpflichtung, Erdölerzeugnisse in ihren Anlagen zu
lagern, befreien, wenn sie sich bei den in der Hellenischen Republik niedergelassenen Raffinerien
eindecken, sie können dies aber nicht, wenn sie ihre Erdölerzeugnisse in den in anderen
Mitgliedstaaten gelegenen Raffinerien kaufen.
27.
Die griechische Regelung über die obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an
Erdölerzeugnissen stellt daher eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages dar.
28.
Zu der Frage, ob die streitige Regelung dennoch nach Artikel 36 des Vertrages gerechtfertigt
werden kann, wie es die griechische Regierung geltend macht, ist zu bemerken, dass eine nationale
Regelung, die zum Schutz eines der in dieser Vorschrift genannten Ziele eingeführt wurde, nach
ständiger Rechtsprechung mit dem Vertrag nur vereinbar ist, soweit sie nicht die Grenzen dessen
überschreitet, was zum Erreichen des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist (siehe Urteil
vom 12. Juli 1990 in der Rechtssache C-128/89, Kommission/Italien, Slg. 1990, I-3239, Randnr. 18).
29.
Die griechische Regierung beruft sich auf das Ziel der Haltung eines Vorrats an Erdölerzeugnissen
im griechischen Hoheitsgebiet aus Gründen der öffentlichen Sicherheit. Es trifft zu, dass die Haltung
eines Vorrats an Erdölerzeugnissen im Inland, durch die die Kontinuität der Versorgung gewährleistet
werden kann, ein unter die öffentliche Sicherheit fallendes Ziel im Sinne von Artikel 36 des Vertrages
darstellt (siehe Urteil vom 10. Juli 1984 in der Rechtssache 72/83, Campus Oil u. a., Slg. 1984, 2727,
Randnr. 35).
30.
Die in Randnummer 21 dieses Urteils genannten Argumente der griechischen Regierung sind
jedoch nur Argumente wirtschaftlicher Art, die auf keinen Fall als Rechtfertigung für eine
mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages dienen können (siehe in diesem
Sinn Urteil Campus Oil u. a., Randnr. 35).
31.
Jedenfalls ist - insbesondere in Anbetracht der Angaben, die der Generalanwalt in den Nummern 43,
44 und 46 bis 48 seiner Schlussanträge gemacht hat - festzustellen,dass das unter die öffentliche
Sicherheit fallende Ziel mit weniger einschneidenden Maßnahmen hätte erreicht werden können,
ohne dass es erforderlich wäre, die Übertragung der Vorratspflicht auf in Griechenland
niedergelassene Raffinerien von der Verpflichtung abhängig zu machen, sich bei diesen Raffinerien mit
Erdölerzeugnissen einzudecken.
32.
Somit ist festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus
Artikel 30 des Vertrages verstoßen hat, dass sie eine Regelung über die obligatorische Haltung von
Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen erlassen und aufrechterhalten hat, die die den
Vertriebsgesellschaften gebotene Möglichkeit, ihre Pflicht zur Vorratshaltung auf in Griechenland
niedergelassene Raffinerien zu übertragen, unmittelbar mit der Verpflichtung verknüpft,
Erdölzeugnisse bei diesen Raffinerien zu beziehen.
Kosten
33.
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr
dem Antrag der Kommission gemäß die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-
Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verstoßen, dass sie eine Regelung über die
obligatorische Haltung von Sicherheitsvorräten an Erdölerzeugnissen erlassen und
aufrechterhalten hat, die die den Vertriebsgesellschaften gebotene Möglichkeit, ihre
Pflicht zur Vorratshaltung auf in Griechenland niedergelassene Raffinerien zu übertragen,
unmittelbar mit der Verpflichtung verknüpft, Erdölerzeugnisse bei diesen Raffinerien zu
beziehen.
2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Jann
Edward
La Pergola
Sevón
Wathelet
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Oktober 2001.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
P. Jann
Verfahrenssprache: Griechisch.